Kennung: 664

München, 17. Juni 1915 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Harden, Maximilian

Inhalt

München 17. Juni 1915.

Lieber verehrter Herr Harden!

Glauben Sie bitte nicht, daß ich die große Bevorzugung, die Sie mir am 24. April am Nachmittags Ihres VortragesMaximilian Harden hatte am 24.4.1915 in München einen Vortrag gehalten, den Wedekind nicht besuchen konnte [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1915]. durch Ihren ausführlichen lieben Briefvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1915. zuteil werden ließen, nicht in vollem Maße zu schätzen wußte. Aber seit jener Zeit verschob sich meine Entlassung aus der KlinikWedekind, der einer zweiten Blinddarmoperation wegen seit dem 14.4.1915 in der Klinik war, in der Privatheilanstalt Josephinum (Schönfeldstraße 16) [vgl. Adreßbuch für München 1915, Teil III, S. III], notierte am 9.6.1915: „Aus der Heilanstalt Josephinum entlassen, fahre mit Tilly nach Haus.“ [Tb] immer von einer Woche zur andern. Heute bin ich seit acht Tagenseit dem 9.6.1915 (siehe oben). zu Haus, kann ausgehen aber immer noch mit zwei | Wunden im Leib die stark absondern. Dies ist der erste Brief, den ich schreibe um Ihnen, verehrter Herr Harden für Ihre lieben Worte und Ihre weitblickenden Mitteilungen, die seitdem alle bestätigt wurden zu danken. Wollen Sie mir jetzt eine Bitte erlauben. Seit einem halben Jahr arbeite ich an einem Drama, das nur den Zweck hat die diplomatischen Verhandlungen Bismarcks in den Jahren 1863 ‒ 66, so wie sie uns historisch überliefert sind, in aufführbare Scenen zu konzentrieren. Wollen Sie mir die Freude machen, Ihnen | diese Arbeit in der Buchausgabe, die voraussichtlich im HerbstDie Buchausgabe „Bismarck. Historisches Schauspiel von Frank Wedekind“ im Verlag Georg Müller konnte, vordatiert auf 1916, erst „im Dezember 1915 ausgeliefert werden.“ [KSA 8, S. 691] erscheinen wird, widmenDie gedruckte Widmung in der Buchausgabe von „Bismarck“ lautet: „Maximilian Harden in größter Verehrung gewidmet“ [KSA 8, S. 154]. zu dürfen. Die bis jetzt erschienenen zwei ersten BilderWedekinds Drama erschien unter dem Titel „Bismarck. Bilder aus der deutschen Geschichte“ in der von Efraim Frisch herausgegebenen Monatsschrift „Der Neue Merkur“ (Georg Müller Verlag in München) im Zeitschriftenvorabdruck [vgl. KSA 8, S. 683, 685-687, 689-691]. Die ersten zwei von später insgesamt acht Bildern in fünf Akten lagen vor, das Erste Bild „Bismarck und Karolyi. 24. November 1863“ [vgl. Der Neue Merkur, Jg. 2, Heft 1, April 1915, S. 1-12], in der Buchausgabe: „Bündnis. 24. November 1863“ [vgl. KSA 8, S. 157], und das Zweite Bild „Die Londoner Konferenz. 17. Mai 1864“ [vgl. Der Neue Merkur, Jg. 2, Heft 2, Mai 1915, S. 129-137]. des Stückes werde ich mir erlauben Ihnen in den nächsten Tagen zuzusenden. Wenn Sie auch das übrige gelesen haben, mögen Sie dann über die Annahme der Widmung entscheiden. Übrigens fehlen mir infolge der Krankheit bis jetzt noch die letzten zwei Akte die natürlich die Hauptsache sind.

Ihrer verehrten Frau Gemahlin, bitte ich Sie für die freundlichen Wortenicht überliefert. Selma Isaac, die Lebensgefährtin von Maximilian Harden, dürfte auf Tilly Wedekinds Brief an sie vom 3.6.1915 geantwortet haben; in diesem Brief, der auch Hardens letzten Brief [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1915] anspricht, schrieb Tilly Wedekind: „Frank hat sich auch seinerzeit über Herrn Harden’s Brief so sehr gefreut. Verzeihen Sie wenn er noch nicht selbst antwortet, er ist immer noch in der Klinik und bedarf noch sehr der Schonung. Er ist täglich einige Stunden ausser Bett und macht die Heilung stetige, wenn auch sehr, sehr langsame Fortschritte.“ [Martin 1996, S. 118], die sie | an meine Frau zu richten die Güte hatte, meinen allerherzlichsten Dank zu sagen. Wie sehr Sie selber unter dieser schauerlichen Zeit leiden steht mir lebendig vor Augen. Dabei darf sich angesichts der Schrecknisse, die die Welt verwüsten, bei Keinem eine Klage hervorwagen. Und die Aussicht, daß Sie Ihrer geistigen FesselnMaximilian Harden stand unter dem Druck der Zensur, der sich ihm gegenüber, auch was seine Vortragstätigkeit anging, in der zweiten Jahreshälfte 1915 verstärkte. endlich entledigt werden, täglich geringer.

Mit ergebensten Empfehlungen an Ihre verehrten DamenSelma Isaak, die Lebensgefährtin von Maximilian Harden, und die gemeinsame Tochter Maximiliane Harden. und herzlichen Grüßen von meiner Frau und mir
Ihr getreuer
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14,5 x 18 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    17. Juni 1915 (Donnerstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Pharus V. Frank Wedekind, Thomas Mann, Heinrich Mann – Briefwechsel mit Maximilian Harden

Herausgeber:
Ariane Martin
Ort der Herausgabe:
Darmstadt
Verlag:
Verlag Jürgen Häusser
Jahrgang:
1996
Seitenangabe:
118-119
Briefnummer:
83
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Bundesarchiv Koblenz

Potsdamer Straße 1
56075 Koblenz
Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Maximilian Harden
Signatur des Dokuments:
Nr. 109
Standort:
Bundesarchiv Koblenz (Koblenz)

Danksagung

Wir danken dem Bundesarchiv Koblenz für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Maximilian Harden, 17.6.1915. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

29.10.2023 10:29