Briefwechsel

von Frank Wedekind und Carl Rößler

Carl Rößler schrieb am 10. Januar 1901 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Carl Rößler vom 12.1.1901 aus München:]


Ich habe Deinen Brief [...]

Frank Wedekind schrieb am 12. Januar 1901 in München folgenden Brief
an Carl Rößler

München, 12.I.1901.


Lieber FreundCarl Rößler, mit dem „Wedekind seit 1900 in Kontakt“ [KSA 1/III, S. 650] stand und der unter seinem Pseudonym Franz Ressner Oberregisseur und Schauspieler an Ernst von Wolzogens Buntem Theater (Überbrettl) war [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 263], das kurz vor der Eröffnung stand (siehe unten).,

mit gleicher PostHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zu den übersandten Dramenmanuskripten Carl Rößlers (siehe unten); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Carl Rößler, 12.1.1901. übersende ich Dir März“ und „Hinterm ZaunFritz Strich kommentierte: „Dramen von Karl Rössler.“ [GB 2, S. 358] Wedekind hat dem Brief zwei Dramenmanuskripte Carl Rößlers beigelegt (unklar ist, wann und unter welchen Umständen er sie erhalten hat), von denen das eine – „März“, wohl ein Stück über den Vormärz, ein „Revolutionsstück aus dem Jahr 1848“ [Mühsam 2003, S. 38], von dem Erich Mühsam in seiner Berliner Zeit gehört hatte – ungedruckt blieb, das andere – „Hinterm Zaun. Ein Stilleben in drei Bildern“ (1908) – erst Jahre später veröffentlicht wurde [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 75, Nr. 195, 22.8.1908, S. 8885], worum der Autor sich lange bemüht und Wedekind ihn dabei unterstützte hatte [vgl. Wedekind an Carl Rößler, 7.9.1904]. eingeschrieben. Ich wünsche Dir aufrichtig und herzlich die besten Erfolge, muß aber zugleich eine sehr dringende Bitte aussprechen; nämlich die, das Gedicht „Tantenmörder“Wedekinds Schauerballade „Der Tantenmörder“ [KSA 1/I, S. 432], zuerst in der Sammlung „Die Fürstin Russalka“ (1897) abgedruckt [vgl. KSA 1/II, S. 1285], soeben nachgedruckt in Otto Julius Bierbaums Anthologie „Deutsche Chansons (Brettl-Lieder)“ (1900) [vgl. KSA 1/II, S. 1287], in Berlin rezensiert unter Hinweis auf die baldige Eröffnung des Bunten Theaters (siehe unten) und Wedekinds Gedicht: „Sie scheint wirklich in der Luft zu liegen, die Idee zu einem ästhetischen Ueberbrettl oder zu einem bunten Theater [...]. Etwas wie die besten Nummern der Guilbert hätten die deutschen Chansons werden müssen: groteske Balladen. Aber nur die wenigsten von den vereinigten Brettldichtern machen überhaupt Anläufe zu so gewagten Sprüngen: der Herausgeber Bierbaum selbst, ferner Ernst v. Wolzogen, der künftige Leiter des Ueberbretts, endlich Frank Wedekind, dem die Palme oder der Lorbeer gebührt, wenn man für den Wettbewerb um das beste Brettllied nicht ein neues Symbol des Sieges einführen will. [...] Den Texten der Guilbert noch näher kommt mit einer starken bösartigen Genialität, die Mancher sich fünf Schritte vom Leibe wünscht, um sie da nach Gebühr aus der Entfernung zu bewundern, Frank Wedekind. Seine Ballade ‚Der Tantenmörder‘ ist gräulich und dennoch suggestiv, als Parodie für ein Ueberbrettl wohl geeignet“ [Fritz Mauthner: Deutsche Chanson (Brettllieder) von Bierbaum, Dehmel, Falke, Finckh, Heymel, Holz, Liliencron, Schröder, Wedekind, Wolzogen. Mit den Porträts der Dichter und einer Einleitung von O. J. Bierbaum. (Im Verlag von Schuster u. Loeffler, Berlin und Leipzig, Weihnachten 1900.) In: Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 8, 5.1.1901, Abend-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (1)]. auf keinen Fall auf dem UeberbrettlDas Bunte Theater (Überbrettl) – Überbrettl ist der von Ernst von Wolzogen „erfundene Begriff für das, was ihm als deutsche Variante des literarisch-künstlerischen Cabarets Pariser Prägung vorschwebte“, abgeleitet „von Nietzsches Begriffsprägung ‚Übermensch‘“ in Verbindung mit der süddeutschen Bezeichnung Brettl für „Vergnügungsetablissements“ [Budzinski/Hippen 1996, S. 400] – wurde am 18.1.1901 in Berlin eröffnet [vgl. Budzinski/Hippen 1996, S. 437], und zwar in der Secessionsbühne (Alexanderstraße 40): „Gestern Abend wurde Ernst v. Wolzogens ‚Buntes Theater (Ueberbrettl)‘ in den Räumen der Sezessionsbühne eröffnet.“ [F.M. (= Fritz Mauthner): Das Ueberbrettl. In: Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 33, 19.1.1901, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (1)]. Carl Rößler trat bei der Eröffnungsvorstellung, die mit zahlreichen Beteiligten ein umfangreiches Programm bot, als Schauspieler in einer Szene von Arthur Schnitzler auf. vorzulesen. Du weißt, daß ich damit beschäftigt bin, für meine Gedichte entsprechende Vortragsweisen zu schaffenso auch für das Gedicht „Der Tantenmörder“ (siehe oben). „Zwischen Frühjahr und Sommer 1901 entsteht das Lied ‚Der Tantenmörder‘, das Wedekind als ‚Opus I‘ in das Konvolut ‚Brettl Lieder‘ aufnimmt.“ [KSA 1/III, S. 649]. Wenn mir ein Fremder die Gelegenheit, damit an die Oeffentlichkeit zu gelangen, vor der Nase wegschnappt, dann kann ich mich nicht dagegen wehren. Bei seinen Freunden sollte man aber vor solchen Streichen doch wol sicher sein. Dazu kommt folgendes, daß der „Tantenmörder“ ausgesucht das bedenklichste und gefährlichste meiner Sachen ist. Ich würde mich damit eventuell hervorwagen, wenn ich das Publicum durch vorhergegangene Productionen vollkommen in meiner Gewalt hätte und sicher wäre, ihm etwas starkes zumuthen zu können. Wenn Du mich aber mit dem Gedicht beim Publicum einführst, so kann mir das auch beim besten Erfolg nur schaden, indem ich dann auch von denjenigen Menschen, denen es vielleicht gefällt, um vieles tiefer qualifizirt werde, als ich qualifizirt sein will und als ich qualifizirt zu werden alle Ansprüche habe. Daß Du Dir das nicht selber sagst, ist mir unfaßbar. Ich habe Deinen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Rößler an Wedekind, 10.1.1901. Carl Rößler dürfte Wedekind in diesem Brief sein Vorhaben mitgeteilt haben, Wedekinds Gedicht „Der Tantenmörder“ bei der Eröffnung des Bunten Theaters (Überbrettl) am 18.1.1901 vorzutragen, möglicherweise inspiriert durch die Besprechung von Otto Julius Bierbaums Anthologie „Deutsche Chansons (Brettl-Lieder)“ am 5.1.1901 im „Berliner Tageblatt“ (siehe oben). Halbe und Keyserling gezeigt, die Dein Vorhaben für ebenso taktlos und rücksichtslos halten wie ich. Solltest Du also meine Bitte nicht berücksichtigen, dann gebe ich Dir mein Wort, daß ich Dich in der allerunzweideutigsten Weise durch die Presse desavouiren werde. Bei uns in München ist es ziemlich still. Halbe fährt am Montagam 14.1.1901. Max Halbes Drama „Jugend“ (1893), das in Österreich bis dahin von der Zensur verboten war, hatte am 23.1.1901 am Deutschen Volkstheater in Wien Premiere [vgl. Wedekind an Max Halbe, 5.2.1901]. nach Wien und gegen Ende des Monats nach DresdenMax Halbe reiste einige Tage vor der Uraufführung seines Schauspiels „Haus Rosenhagen“ (1901) am 14.2.1901 am Dresdner Hoftheater nach Dresden [vgl. Wedekind an Max Halbe, 5.2.1901].. Ich selber brauche noch 14 Tage bis drei Wochen, um mein StückWedekinds dreiaktige Tragödie „Die Büchse der Pandora“ [vgl. KSA 3/II, S. 835]. fertig zu schreiben. Vorher nach Berlin zu kommen wird mir nicht möglich sein. Ich würde zu viel dabei verlieren. Nimm mir bitte diese Zeilen nicht übel. Ich konnte wirklich nicht gewärtigen, daß Du auf den Gedanken kommen würdest, in Berlin meine Sachen zum Besten zu geben. Mit den herzlichsten Grüßen und besten Wünschen Dein
Frank.

Frank Wedekind schrieb am 12. Januar 1901 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Carl Rößler

[Hinweis in Wedekinds Brief an Carl Rößler vom 12.1.1901 aus München:]


[...] mit gleicher Post übersende ich Dir „März“ und „Hinterm Zaun“ eingeschrieben.

Carl Rößler schrieb am 28. Februar 1901 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

An deine Frau Schwester habe einen höfl. BriefDer Brief von Carl Rößler (Pseudonym: Franz Ressner) an Erika Wedekind ist nicht überliefert. geschrieben und mich entschuldigt.

Dein neues StückWedekinds dreiaktige Tragödie „Die Büchse der Pandora“ [vgl. KSA 3/II, S. 835]. hoffe ich baldigst kennen zu lernen. Verlasse Dich um Himmels willen auf nicht auf die Agentur Blochdie Theateragentur Felix Bloch Erben in Berlin (Dorotheenstraße 61) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1901, Teil I, S. 131], die den Bühnenvertrieb des „Marquis von Keith“ (1901) hatte [vgl. Wedekind an Felix Bloch Erben, 19.1.1905].. Eine elende Schweinebande. Die tut nur für Hirschfeldder Schriftsteller Georg Hirschfeld, dessen im S. Fischer Verlag in Berlin erschienene Stücke von Felix Bloch Erben (siehe oben) vertrieben wurden, wie in den Bänden angezeigt ist: „Für sämtliche Bühnen im ausschließlichen Debit von Felix Bloch Erben in Berlin, von welchen allein das Recht der Aufführung zu erwerben ist.“ [Georg Hirschfeld: Die Mütter. Schauspiel. Berlin 1896, Impressum] oder solche ähnliche Cliquegeschöpfe etwas.. Deinen Marquis v. Keith hat er weder der Secessionsbühnedie Secessionsbühne (Leitung: Paul Martin) in Berlin (Alexanderstraße 40) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 254]. noch dem Lessingtheaterdem Lessingtheater (Direktion: Otto Neumann-Hofer) in Berlin, wo Dr. phil. Ernst Welisch (Schiffbauerdamm 36) als Dramaturg und Regisseur tätig war [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 248] – wohl seit dem Frühjahr 1901, wie Pressehinweise zum Lessingtheater belegen: „Die Regie liegt in den Händen des Dramaturgen Dr. Ernst Welisch.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 180, 10.4.1901, Abend-Ausgabe, S. (3)]. eingereicht. Welisch | erfuhr erst nach Monaten von dem Stück ließ es sich schicken, und erfuhr dann bei Bloch auf eine Anfrage dass es für MessthalerWedekind wartete seit längerer Zeit darauf, dass Emil Meßthaler „Marquis von Keith“ in Berlin inszenieren werde [vgl. Wedekind an Beate Heine, 29.12.1900], was dann nicht geschah. „Marquis von Keith“ wurde am 11.10.1901 unter der Regie von Martin Zickel am Berliner Residenztheater uraufgeführt [vgl. KSA 4, S. 533].reservirt“ sei!!! Welisch bitteSchreibversehen, statt: bittet. dich es zu schicken es wird sofort gelesen. Ebenso Dr ZickelDr. phil. Martin Zickel war noch Oberregisseur an der Secessionsbühne [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 254]. (Berlin Secessionsbühne Alexanderplatz) der zu Lautenburgan das Residenztheater (Direktion: Sigmund Lautenburg) in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 251]. für nächsten Winter engagirtDie Presse meldete: „Dr. Martin Zickel, der bisherige Oberregisseur der ‚Sezessionsbühne‘, ist, wie wir erfahren, als Dramaturg und Regisseur von Direktor Lautenburg für das Residenztheater gewonnen worden.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 106, 27.2.1901, Abend-Ausgabe, S. (2)] „Dr. Martin Zickel ist vom Residenz-Theater engagiert worden. Er soll die Bühnenwerke neuer und unbekannter Autoren in Mittagsvorstellungen, meistens Sonntags, in Scene setzen.“ [Unterhaltungsblatt des Vorwärts, Nr. 42, 28.2.1901, S. 168] Sein Engagement begann bereits am 4.5.1901 mit der Uraufführung von Eduard von Keyserlings Stück „Der dumme Hans“ [vgl. Gräbner/Lauinger 2021, S. 540-542], seiner erster Inszenierung am Berliner Residenztheater – „Der erste Akt vor Allem zeigte, wie viel der neue Regisseur, Dr. Zickel, für den die Vorstellung die erste Probe im neuen Amt bedeutete, zu leisten vermag“ [Beilage zur Norddeutschen Allgemeinen Zeitung, Nr. 105a, 5.5.1901, S. 2], eine Nachmittagsvorstellung, die entsprechend „von Dr. Martin Zickel in Scene gesetzt“ [vgl. Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 191, 25.4.1901, Morgen-Ausgabe, S. 11] angekündigt war. ist.

Mit meinem Stückvermutlich Carl Rößlers Schauspiel „Der reiche Jüngling“ [vgl. Wedekind an Carl Rößler, 20.11.1903]. hat es noch gute Wege..! Es ist hier schwer zu arbeiten. | Mit herzlichstenSchreibversehen, statt: herzlichstem. Gruß
dein
Ressner

Carl Rößler und Peter Altenberg schrieben am 13. Mai 1901 in Wien folgende Bildpostkarte
an Frank Wedekind

Post-Karte.


An Herrn
F/F/rank Wedekind
Schauspielerin
in München
Franz Josefstr 42II |


Wiener Rathhaus-Keller. Schuster-Loge.


Unerhört schön ist’s in WienCarl Rößler (Pseudonym: Franz Ressner) war als Ensemblemitglied zu einem Gastspiel mit Ernst von Wolzogens Buntem Theater (Überbrettl) vom 2. bis 11.5.1901 am Carl-Theater [vgl. Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 6943, 3.5.1901, S. 8; Nr. 6950, 11.5.1901, S. 8] in Wien.! Wann kommt da das Ueberbrettl

Ressner


Herzlichsten Gruß Peter Altenberg


Carl Rößler schrieb am 22. November 1902 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Carl Rößler vom 23.11.1902 aus München:]


Herzlichen Dank für Deine freundlichen Zeilen.

Frank Wedekind schrieb am 23. November 1902 in München folgenden Brief
an Carl Rößler

München, 22recte: 23 (der 23.11.1902 war dem Briefinhalt zufolge das Schreibdatum)..XI.1902.


Lieber Freund!

Herzlichen Dank für Deine freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Rößler an Wedekind, 22.11.1902. Carl Rößler, der zuvor in München gewohnt hat (Türkenstraße 87) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1902, Teil I, S. 516], lebte nun als Schauspieler in Berlin (siehe unten).. Der Artikel von Brandesnicht ermittelt; vielleicht handelte es sich um eine Besprechung von Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ (im Juli 1902 in der Zeitschrift „Die Insel“ erschienen), die Georg Brandes später im ersten Kapitel „Deutsche Dramatiker“ seiner Essaysammlung „Gestalten und Gedanken“ (1903) ausführlich würdigte und Wedekind auch darauf hinwies [vgl. Georg Brandes an Wedekind, 3.11.1904]. ist ja ganz nett. Im Fall noch eine gerichtliche VerfolgungAnspielung auf mögliche Zensurmaßnahmen, die dann für die Buchausgabe von Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ (1903) tatsächlich erfolgten [vgl. KSA 3/II, S. 1102]. eintritt, wird er mir eine sehr brauchbare Waffe sein. Ich bin noch sehr aufgeregt von der gestrigen PremiereMax Halbes bei Hermann Bong in Berlin veröffentlichtes Stück „Walpurgistag. Eine Dichter-Komödie“ (1903) hatte am 22.11.1902 im Münchner Schauspielhaus Premiere (Beginn: 19.30 Uhr, Ende: 22.30 Uhr): „Samstag, den 22. November. Zum ersten Male: Walpurgistag. Komödie in 5 Akten von Mar Halbe“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 55, Nr. 544, 22.11.1902, General-Anzeiger, S. 1]. Die nächste Vorstellung fand am 23.11.1902 statt: „Sonntag, den 23. November. [...] Zum ersten Male wiederholt: Walpurgistag.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 55, Nr. 546, 24.11.1902, General-Anzeiger, S. 1] von Walpurgistag. Ich halte das Stück für das gehaltvollste, was Halbe seit der Jugend geschrieben hat. Leider sind Trivialitäten darin, die der Wirkung der ernsten Scenen ein Bein stellen. Es soll jetzt eine „Wandernde Freibühne“ oder eine „Freie WanderbühneOtto Julius Bierbaum hatte vor Jahren für die Gesellschaft für modernes Leben in München eine solche Bühne zur Debatte gestellt [vgl. Otto Julius Bierbaum: Eine freie Wanderbühne. In: Das Magazin für Litteratur, Jg. 61, Nr. 14, 2.4.1892, S. 232].geschaffen werdenZusammenhang nicht ermittelt.. An mir soll es nicht fehlen, daß auch der darauf zu Wort kommt, denn der gehört zu uns. Augenblicklich kann ich nicht nach Berlin kommen, da ich die Hauptrolle in einem EinakterWedekind hat die männliche Hauptrolle des Studenten Max in Eduard von Keyserlings ironischem Einakter „Die schwarze Flasche“ (möglicherweise hatte er zunächst den von Wedekind genannten Titel „Die dunkle Flasche“) nur auf den Proben gespielt; er wurde am 20.12.1902 bei den Elf Scharfrichtern uraufgeführt, die öffentliche Vorstellung fand am 21.12.1902 statt: „Wie bereits gemeldet, findet heute, Samstag, die Ehrenexekution des neuen Programms, Sonntag, 21., die erste öffentliche Exekution statt. Das Programm wird an dramatischen Ensemblenummern enthalten: ‚Die schwarze Flasche‘. Drama in einem Aufzug von E. v. Keyserling.“ [Die Elf Scharfrichter. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 55, Nr. 593, 21.12.1902, S. 4] Der Einakter wurde als eine der „Neuheiten“ wohlwollend beurteilt: „Als erste Die schwarze Flasche von E. v. Keyserling, eine Satire auf die grassierende Selbstmordmanie. Diese freiwilligen Todeskandidaten, die noch mit allen Fasern an den vulgärsten irdischen Dingen hängen, sind nicht übel gezeichnet und wurden auch von den Darstellern recht wacker wiedergegeben.“ [Allgemeine Zeitung, Jg. 105, Nr. 353, 23.12.1902, 3. Abendblatt, S. 3] Die männliche Hauptrolle spielte der Schauspieler Carl Neubert [vgl. Kemp 2017, Anhang Repertoire, S. 27].Die dunkle Flasche“ von Keyserling spiele, der im nächsten Programm der Scharfrichter zur Aufführung gelangt. Zur Premierezur „Erdgeist“-Premiere am 17.12.1902 unter der Regie von Richard Vallentin im Kleinen Theater (Direktion: Hans Oberländer) in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1903, S. 259], Wedekinds erster größerer Theatererfolg (mit Gertrud Eysoldt als Lulu). „Erst dank des Erfolgs der Berliner Premiere (1902) hält sich das Stück konstant im Spielplan der deutschen Bühnen.“ [KSA 3/II, S. 1203] werde ich jedenfalls dort sein. Wenn Du die Herrendie Herren vom Kleinen Theater (siehe oben), darunter Max Reinhardt, der noch im Hintergrund wirkte. siehst, dann grüße sie herzlich von mir. Es war noch keine Premiere für mich von solcher Bedeutung wie diese, zumal ich nachher keine Ursache mehr haben werde, mich über Ungunst des Schicksals, schlechte Kräfte oder sonst etwas zu beklagen. Nach dieser Premiere muß ich die Schuld lediglich auf mich nehmen. Ich zittere ihr deshalb entgegen wie einem Urtheilsspruch über mein ganzes bisheriges Thun und Treiben. Max und Keyserling lassen Dich bestens grüßen. Meinen herzlichsten Glückwunsch spreche ich Dir dazu aus, daß Du Dich so glücklich von der Ueberbretteleivom Kabarett. Carl Rößler (Pseudonym: Franz Ressner) war als Oberregisseur und Schauspieler an Ernst von Wolzogens Buntem Theater (Überbrettl) in Berlin engagiert gewesen [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 263]. auf ein besseres UferCarl Rößler (Pseudonym: Franz Ressner) war inzwischen als Schauspieler am Deutschen Theater (Direktion: Otto Brahm) zu Berlin engagiert [vgl. Neuer Theater-Almanach 1903, S. 250]. hinüber gerettet hast. Ich stehe noch diesseits und komme eben von der Arbeitvon einem Auftritt bei den Elf Scharfrichtern, deren Ensemblemitglied Wedekind war; das Kabarett gab täglich um 20 Uhr Vorstellungen. „Die Elf Scharfrichter. Türkenstraße 28. Täglich 8 Uhr Abends Exekutionen.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 55, Nr. 545, 23.11.1902, S. 5]. Grüße Schaumberger und meinen lieben Bruder Donald, wenn Du ihn siehst.

Auf baldiges Wiedersehen freut sich Dein
Frank.


Carl Rößler schrieb am 19. November 1903 folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Carl Rößler vom 20.11.1903 aus München:]


[...] aufrichtigen Dank für Deine freundliche Theilnahme.


Frank Wedekind schrieb am 20. November 1903 in München folgenden Brief
an Carl Rößler

München, 20.XI.1903.


Lieber Freund!

Nimm meinen aufrichtigen Dank für Deine freundliche TheilnahmeHinweis auf nicht überlieferte Genesungswünsche; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Rößler an Wedekind, 19.11.1903.. Ich weiß nicht, ob die Geschichtedie Krankheitsgeschichte. Wedekind hatte sich bei seinem „Marquis von Keith“-Gastspiel in Nürnberg eine Lungenentzündung zugezogen [vgl. Kutscher 2, S. 112], die am 8.11.1903 in München diagnostiziert wurde, wie Max Halbe bei einem Besuch bei Wedekind notierte: „Arzt kommt u. diagnostiziert Lungenentzündung“ [Tb Halbe]; über deren Verlauf berichtete er seiner Mutter [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 3.12.1903]. Die Presse meldete: „Aus München wird uns geschrieben: Frank Wedekind liegt seit drei Tagen an Lungenentzündung nicht unbedenklich krank darnieder.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 32, Nr. 573, 11.11.1903, Abend-Ausgabe, S. (2)] „Frank Wedekind, der, wie wir berichteten, an einer schweren Lungenentzündung erkrankt war, befindet sich wieder auf dem Wege der Besserung.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 32, Nr. 585, 17.11.1903, Morgen-Ausgabe, S. (3)] so schlimm war, wie Du voraussetzt, ich kam natürlich in lauter Phantasien darüber hinweg, war ununterbrochen zu Pferde, nahm eine Hürde, einen Graben nach dem andern, so daß mir jetzt noch der Hintere davon schmerzt. Vor einiger Zeit hörte ich von irgend jemandem, Du habest Dein biblisches StückCarl Rößlers Drama „Der reiche Jüngling“ (1905), dessen Handlung auf der neutestamentarischen Episode vom reichen Jüngling (Lukas 18, 18-27) beruht, wurde als Buch erst 1905 im Insel-Verlag in Leipzig veröffentlicht. vollendet. Ich würde nun doch vor allen Dingen darauf sehen, daß es gedruckt wird. Wenn Du keinen Verleger von Namen findest, so muß sich doch in Berlin gewiß irgend ein anderer Verleger finden, der sich darauf einläßt. Für Dich handelt es sich doch nur darum, gedruckte Exemplare für die Bühnen in die Hände zu bekommen. Wie und wo es gedruckt ist, muß Dir ja gleichgültig sein. Der Aufführungdie anstehende Premiere von Wedekinds Schauspiel „So ist das Leben“ im Neuen Theater (Direktion: Max Reinhardt) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 245] in Berlin unter der Regie von Richard Vallentin, in der Presse angekündigt: „Die nächste Novität des Neuen Theaters – Frank Wedekinds fünfaktiges Schauspiel ‚So ist das Leben.‘“ [Berliner Tageblatt, Jg. 32, Nr. 569, 8.11.1903, Sonntags-Ausgabe, S. (2)] von So ist das Leben sehe ich mit ziemlicher Ruhe entgegen. Gefällt das Stück – umso besser. Gefällt es nicht, so kann ich den Berlinern nicht zu fürchterlich grollen. Das Stück hat den Kegelbahn HorizontAnspielung auf die Unterströmung, Max Halbes im Münchner Künstlerlokal Dichtelei (Türkenstraße 81) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1904, Teil II, S. 729] betriebene Kegelgemeinschaft, die ihm zufolge einen „Stamm tüchtiger Kegler“ hatte, „deren Namen [...] auf dem literarischen Felde [...] einen guten, vielfach sogar einen weithin hallenden Klang hatten.“ [Halbe 1935, S. 379] Wedekind verkehrte nur noch sporadisch dort, etwa am 30.9.1903: „Kegelabend, Dichtelei, wo plötzlich Wedekind auftaucht“ [Tb Halbe], ein Kreis, zu dem auch „der Schauspieler und Dichter Karl Rößler“ [Halbe 1935, S. 379] gehört hatte. der Münchner Dichter Zunft. Der Humor ist mir dabei so ziemlich vollständig ausgegangen und ich schäme mich des fünf Akte langen Gejammers. Immerhin – wenn Du mir Nachricht geben willst, werde ich Dir deshalb doch sehr dankbar sein. Man kann nicht wissen, es erspart mir ja vielleicht doch eine schlaflose Nacht. Wenn es Deiner Ansicht nach schief gegangen ist, dann genügt das Wort „Mißglückt“. Uebrigens weiß ich ja garnicht, ob Du thatsächlich an ein TelegrammCarl Rößler hat nach der Premiere von „So ist das Leben“ (siehe oben) in der Tat telegrafiert [vgl. Wedekind an Carl Rößler, 13.12.1903], das Telegramm ist aber nicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Rößler an Wedekind, 27.11.1903. Wedekind bittet ihn im vorliegenden Brief, „ihn am Premierenabend über die Aufnahme des Stücks in Berlin zu informieren.“ [KSA 4, S. 637] gedacht hast. Ich werde jedenfalls auch ohne Telegramm schlafen können, zumal, wenn sich nicht irgend jemand bemüßigt fühlt, mir mitzutheilen, an welchem TagWedekind war noch nicht über den Premierentermin von „So ist das Leben“ (siehe oben) informiert – schließlich der 27.11.1903 [vgl. KSA 4, S. 632]; zuerst war aber der 24.11.1903 gemeldet worden (die Gründe für die dreitägige Verzögerung sind nicht bekannt): „Die nächste Premiere des Neuen Theaters am Dienstag, den 24. d. ist ‚So ist das Leben‘, Schauspiel in neun Bildern von Frank Wedekind. Die Hauptrollen werden von Fräulein Tilla Durieux und den Herren Reicher, Klein, Ekert, Arnold, Sachs, Leopold dargestellt. Die Regie führt Herr Richard Wallentin.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 32, Nr. 589, 20.11.1903, Morgen-Ausgabe, S. (3)] die Premiere stattfindet. Also sei herzlichst bedankt. Mit den besten Wünschen für Dein Wohlergehen und in der Hoffnung, daß Du bald wieder hier in München bist, denn Du fehlst hier sehr,

Dein
Frank Wedekind.


Carl Rößler schrieb am 27. November 1903 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Postkarte an Carl Rößler vom 13.12.1903 aus München:]


Dank für Telegramm.

Frank Wedekind schrieb am 13. Dezember 1903 in München folgende Postkarte
an Carl Rößler

München, 13.XII.1903.


Lieber ReßnerWedekinds Freund Carl Rößler (Pseudonym: Franz Ressner).,

wie Du aus dieser Karteeine Postkarte oder Bildpostkarte. siehst, ist mir immer noch sehr schwachWedekind hatte bereits in seinem letzten Brief von der Lungenentzündung berichtet [vgl. Wedekind an Carl Rößler, 20.11.1903], die er sich bei seinem „Marquis von Keith“-Gastspiel in Nürnberg zugezogen hatte [vgl. Kutscher 2, S. 112] und die am 8.11.1903 in München diagnostiziert wurde, wie Max Halbe bei einem Besuch bei Wedekind notierte: „Arzt kommt u. diagnostiziert Lungenentzündung“ [Tb Halbe]; der Mutter meldete er ebenfalls, er fühle sich „noch sehr schwach“ [Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 3.12.1903]. zu Muthe. Die PneumatikTeilgebiet der Mechanik, das sich mit dem Verhalten der Gase beschäftigt; Anspielung auf Wedekinds Lungenentzündung (siehe oben). ist noch immer nicht in Ordnung, während ich den Berliner DurchfallDie Premiere von „So ist das Leben“ am 27.11.1903 im Neuen Theater (Direktion: Max Reinhardt) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 245] in Berlin mit Emanuel Reicher und Tilla Durieux in den Hauptrollen löste „bei Kritik und Publikum kühle bis ablehnende Reaktionen aus.“ [KSA 4, S. 632] Max Halbe, der gerade in Berlin war, notierte am 27.11.1903: „Abends ‚So ist das Leben‘ im N. Th. bis 11 Uhr. Äußerlicher Erfolg, der aber kaum Dauer verspricht. Reicher am Schluß immer wieder gerufen. Zwiespalt zwischen Karrikatur u. Menschlichkeit in der üppigen Inscenierung besonders deutlich.“ [Tb Halbe] Er notierte am 28.11.1903: „‚So ist das Leben‘ hat schlechte Presse, wird sich nicht halten.“ [Tb Halbe] Fritz Mauthner meinte: „Ich fürchte, ich habe die ernste Dichtung Frank Wedekinds nicht verstanden.“ [Fritz Mauthner: Neues Theater. „So ist das Leben.“ Schauspiel in 8 Bildern von Frank Wedekind. In: Berliner Tageblatt, Jg. 32, Nr. 605, 28.11.1903, Abend-Ausgabe, S. (1)] Das Stück „verschwindet nach 6 Vorstellungen vom Spielplan.“ [Seehaus 1973, S. 64] ziemlich leicht verschmerzt habe. Sage bitte KunoltHeinrich Kunolt, der Wedekind zuletzt wie in Aussicht genommen [vgl. Wedekind an Heinrich Kunolt, 26.9.1903] wohl während des „Marquis von Keith“-Gastspiels (Premiere: 31.10.1903) in Nürnberg gesehen hat, dürfte sich inzwischen wieder in Berlin aufgehalten haben; er hatte in Berlin engen Kontakt mit Carl Rößler (Pseudonym: Franz Ressner), wie Notizen Max Halbes dokumentieren, der zu seiner Ankunft in Berlin am 20.6.1903 festhielt: „Ressner erwartet mich am Anh. Bahnh. [...] Abends Stallmann m. Ressner, Welisch, Schaumberger, Kunolt“ [Tb Halbe], am 27.7.1903 in Berlin notierte: „Ressner, Schaumberger, Kunolt kommen“ [Tb Halbe] oder am 31.8.1903: „Abends bei Stallmann, wo Welisch, Kunolt, Ressner, Schaumberger“ [Tb Halbe]., ich hätte seine Briefenicht überliefert (mindestens zwei verschollene Briefe, davon der erste Brief vermutlich Genesungswünsche); erschlossene Korrespondenzstücke: Heinrich Kunolt an Wedekind, 11.11.1903 und 12.12.1903. längst beantwortet, wenn bessre Stimmung. Dank für Telegrammnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Rößler an Wedekind, 27.11.1903. Wedekind hatte um ein Telegramm zur Berliner Premiere von „So ist das Leben“ (siehe oben) gebeten [vgl. Wedekind an Carl Rößler, 20.11.1903]..
Frank.

Carl Rößler schrieb am 24. Juni 1904 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Carl Rößler vom 25.6.1904 aus München:]


Ich freue mich sehr, daß Du unterm Omnibus hervorgekrochen bist.

Frank Wedekind schrieb am 25. Juni 1904 in München folgenden Brief
an Carl Rößler

(München), 25.VI.1904.


Lieber Freund,

ich habe mit Marchlewski gesprochenWedekind hat mit dem Verleger Julian Marchlewski, in dessen Verlag Dr. J. Marchlewski & Co. in München (Franz Josephstraße 36) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1904, Teil I, S. 428] gerade sein Schauspiel „Hidalla“ erschienen ist, nachweislich zuletzt am 27.5.1904 gesprochen: „Besuch bei Marchlewski“ [Tb]., er sagt, Du möchtest ihm das Manuskript schickendas Manuskript von Carl Rößlers noch ungedruckten Stück „Hinterm Zaun“ [vgl. Wedekind an Carl Rößler, 7.9.1904], das Wedekind seit langem kannte [Wedekind an Carl Rößler, 12.1.1901].. Ueber die Mk. 500 habe ich noch nichts gesagt, und zwar deshalb, weil es gerade bei Marchlewski gar nicht ausgeschlossen ist, daß er sich in das Stück verliebt. Wenn er es gelesen hat und, was ich kaum bezweifle, es ihm gefällt, dann werde ich mit der geschäftlichen Frage kommen, aber erst zuletzt, nachdem ich ihn eventuell noch möglichst angefeuert habe. Ich freue mich sehr, daß Du unterm Omnibus hervorgekrochenZusammenhang nicht ermittelt; vermutlich eine Formulierung aus einem hier beantworteten nicht überlieferten Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Rößler an Wedekind, 24.6.1904. bist. Aber ist Omnibus(lat.) für alle; „vielsitziger Lohnwagen“ im „Fuhrwesen“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Aufl. Bd. 15. Leipzig 1906, S. 59]. nicht ein etwas hartes Wort? Willst Du meine besten ergebensten Grüße an den „schönen edlen Menschennicht identifiziert; vermutlich Zitat aus dem nicht überlieferten Schreiben von Carl Rößler (siehe oben).“ gelangen lassen. Was mich betrifft, so mache ich wacker TingeltangelWedekind trat – zuerst am 16.5.1904: „Auftreten bei den Tantenmördern“ [Tb] – bei den Sieben Tantenmördern auf, ein Kabarett unter der Leitung von Joseph Vallé, das am 31.1.1904 eröffnet worden ist [vgl. Künstler-Cabaret der 7 Tantenmörder. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 49, 31.1.1904, S. 4], ein Nachfolgeunternehmen der Elf Scharfrichter., bin für nächsten Winter auf einen ganzen Monat nach Breslau engagirtWedekind hat den Vertrag für sein Gastspiel in Liebichs Etablissement in Breslau von Joseph Vallé, dem Direktor der Sieben Tantenmörder (siehe oben), am 5.6.1904 erhalten – „Contrakt von Valle für Breslau erhalten“ [Tb] – und am 6.6.1904 unterschrieben: „Contrakt abgeschlossen für Breslau September zu M. 3000“ [Tb]. Das Gastspiel fand erst später statt. Die Presse meldete: „Frank Wedekind ist zum Variété übergegangen und hat sich, einem Privat-Telegramm aus Breslau zufolge, der Direktion des dortigen Etablissements Liebich für ein vierwöchentliches Gastspiel verpflichtet.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 33, Nr. 546, 26.10.1904, Morgen-Ausgabe, S. (3)] Es wurde mangels Erfolg nach sechs Vorstellungen abgebrochen und dauerte nur vom 1. bis 6.11.1904 [vgl. Tb]. und freue mich, dabei wieder dies und jenes Excentrische zu erleben. Augenblicklich stehen wir im Zeichen „ReinhartSchreibversehen, statt: Reinhardt.“. Das GastspielMax Reinhardts bei Publikum und Kritik erfolgreiches Gastspiel mit dem Ensemble des Berliner Kleinen Theaters am Münchner Volkstheater vom 17. bis 24.6.1904, in dessen Rahmen auch Wedekinds „Erdgeist“ gespielt wurde [vgl. Wedekind an Gertrud Eysoldt, 25.6.1904]. Wedekind besuchte dem Tagebuch zufolge die Gastspielpremiere mit Maxim Gorkis „Nachtasyl“ am 17.6.1904 („Abends Nachtasyl“), eine Vorstellung von Maurice Maeterlincks „Schwester Beatrix“ am 18.6.1904 („Abends Schwester Beatrix“), eine Matinee mit Friedrich Schillers „Kabale und Liebe“ am 23.6.1904 („Matinee v. Cabale u. Liebe“) und schließlich am 24.6.1904 die Inszenierung seines eigenen Stücks („Abends Erdgeist“). ist für München wirklich eine Erlabung, man begreift wieder, daß man sich auch am Theater freuen kann. Heute Abend giebt Halbe der ganzen Gesellschaft ein großes GelageMax Halbe notierte am 25.6.1904: „Vorbereitungen für die Gesellschaft heute Abend zu Ehren Reinhardts u. seiner Leute. [...] Von 10 Uhr ab Eintreffen der Gäste, darunter auch Wedekind, der später seine Balladen singt. Lustige Nacht, allgemeines Vergnügen.“ [Tb Halbe] Der Abend begann um 22 Uhr und dauerte die ganze Nacht hindurch, wie der Gastgeber am 26.6.1904 festhielt: „Ich komme erst um 7 Uhr früh in’s Bett.“ [Tb Halbe] Neben Wedekind haben sich an diesem Abend Max Reinhardt, Richard Vallentin, Eduard von Winterstein, Wilhelm Goldmann, Felix Hollaender, Hans Wassmann, Maria Blei, Annie Holm, Friedrich Kayßler, Max Langheinrich, Eduard von Keyserling, Emil Lind, August Weigert, Emmy Loewenfeld, Else Heims, Else Aram, Kurt Aram, Edgar Steiger, Hermann Popp und Centa Bré in Max Halbes Gästebuch eingetragen. Das Fest haben Max und Luise Halbe zum Abschluss des Berliner Gastspiels am Münchner Volkstheater (siehe oben) veranstaltet.. Ich werde auch hingehen, sobald ich im Tingeltangel fertig binWedekind notierte am 25.6.1904 seinen Auftritt bei den Sieben Tantenmördern mit Honorar: „Tantenmörder M. 17.20“ [Tb]. Max Halbe zufolge kam Wedekind wie die anderen Gäste nach 22 Uhr zu dem ‚Gelage‘ (siehe oben) aus Anlass des Berliner Gastspiels von Max Reinhardt und seinem Ensemble.. Voraussichtlich wird man vor Morgen früh acht Uhr nicht nach Hause kommen. Gertrud Eysoldt hat meiner Ansicht nach ungemein gewonnenAnspielung auf die „Erdgeist“-Vorstellung des Berliner Gastspiels (siehe oben) am 24.6.1904, die Wedekind besucht hat. Gertrud Eysoldt spielte in der Berliner Inszenierung (Premiere: 17.12.1902) die Lulu – Wedekind hatte sie in der Rolle schon früher „großartig“ [Wedekind an Beate Heine, 18.3.1903] gefunden.. Leider wird sie von einem weiblichen Zerberusmehrköpfiger Höllenhund in der griechischen Mythologie, der den Eingang zur Unterwelt bewacht; Antonomasie auf die nicht identifizierte Dame, die Gertrud Eysoldt begleitete. geführt.

Herzliche Grüße an Ruthnicht identifiziert. Ruth heißt eine Figur in Carl Rößlers Tauerspiel „Der reiche Jüngling“ (1905), das im Jahr darauf im Insel-Verlag erschien.. Also schicke das Manuscript bald. Auf baldiges Wiedersehen, mit besten Grüßen Dein
Frank.

Frank Wedekind schrieb am 7. September 1904 in München folgenden Brief
an Carl Rößler

München, 7.IX.1904.


Lieber Roeßler!

Inliegend ein Brief von Marchlewskynicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Julian Marchlewski an Wedekind, 3.9.1904. Es dürfte sich um einen Begleitbrief zu dem Manuskript von Carl Rößlers Stück „Hinterm Zaun“ gehandelt haben, für dessen Drucklegung sich Wedekind bei dem Verleger Julian Marchlewski eingesetzt hat [vgl. Wedekind an Carl Rößler, 25.6.1904]. „Hinterm Zaun. Ein Stilleben in drei Bildern“ (1908) erschien erst vier Jahres später im Spiegel-Verlag in München [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 75, Nr. 195, 22.8.1908, S. 8885].. Ich sprach daraufhin über „Hinterm Zaunmit Basilmit Fritz Basil, Münchner Hofschauspieler und Regisseur am Münchner Hoftheater [vgl. Neuer Theater-Almanach 1905, S. 499] sowie Schauspiellehrer Wedekinds, den Wedekind dem Tagebuch zufolge zuletzt am 4.9.1904 („Hole Basil beim Theater ab und suppiere mit ihm und Waldau bei Lili Marberg“) und 5.9.1904 („Stunde bei Basil“) gesprochen hat., der mir mit großer Begeisterung von Deinem „verlorenen SohnWedekind verwechselt den Titel von Carl Rößlers Drama „Der reiche Jüngling“ (siehe unten) mit dem biblischen Gleichnis vom verlorenen Sohn (Lukas 15, 11-32).“ vorschwärmte und mich bat, ihm auch „Hinterm Zaun“ zu lesen zu gehen. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß in der dramatischen GesellschaftDie Münchener Dramatische Gesellschaft, zu deren Beirat Fritz Basil (siehe oben) gehörte, hatte ihre konstituierende Sitzung mit Fritz Braumüller, Dramaturg am Münchner Schauspielhaus, als 1. Vorsitzenden am 1.12.1903 [vgl. Allgemeine Zeitung, Jg. 106, Nr. 346, 14.12.1903, 3. Abendblatt, S. 3]; inzwischen war Michael Georg Conrad der 1. Vorsitzende [vgl. Münchner Dramatische Gesellschaft. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 238, 22.5.1904, S. 5]. Eins von BeidenCarl Rößlers Stück „Der reiche Jüngling“ wurde am 17.3.1905 in einer geschlossenen Subskriptionsvorstellung im Münchner Volkstheater durch die Münchener Dramatische Gesellschaft (siehe oben), deren 2. Vorsitzender inzwischen Max Halbe war, und die Literarische Gesellschaft (ihr Mittun wurde ganz kurzfristig entschieden), uraufgeführt: „Subskriptions-Vorstellung der Münchner Dramatischen Gesellschaft und der Literarischen Gesellschaft. Uraufführung: Der reiche Jüngling. Ein biblisches Trauerspiel in vier Akten von Karl Roeßler. Regie: Ernst Schrumpf.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 129, 17.3.1905, General-Anzeiger, S. 3] Die weiteren Vorstellungen waren öffentlich. aufgeführt wird. Marchlewsky erwartet Antwort auf die in dem Briefe gestellten Fragen. Er gab mir das Buch nur für einige Tage für Basil und mir scheint, daß er sich sehr dafür interessirt. Wann kommst Du wieder nach MünchenWedekind hat Carl Rößler (Pseudonym: Franz Ressner) dem Tagebuch zufolge am 19.11.1904 („Abends mit [...] Reßner [...] in der Torggelstube“) und 3.12.1904 („Abends mit Reßner [...] im Hoftheaterrestaurant“) in München wiedergesehen, ihn davor in Berlin am 23.9.1904 („Nachts mit Reßner [...] bei Wittwe Helmer“) und 26.9.1904 („Donald und Reßner begleiten mich auf den Bahnhof“) getroffen. Carl Rößler zog im Jahr darauf zurück nach München, wo Wedekind ihn dann häufig sah.? Deine Gegenwart thut hier sehr noth. Mit herzlichen Grüßen Dein
Frank.

Frank Wedekind schrieb am 11. Mai 1909 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Carl Rößler

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 11.5.1909 in München:]


Schicke Halbes BriefMax Halbes Brief an Tilly Wedekind, den Frank Wedekind mit seiner Antwort an den Absender [vgl. Wedekind an Max Halbe, 12.4.1909] am 12.4.1909 im Tagebuch notierte („Brief von Max Halbe an Tilly Brief an Max Halbe“), ist nicht überliefert. Hintergrund war ein Vorfall mit Max Halbe am 3.4.1909 bei Fritz Schwartz („Abendgesellschaft bei Schwarz. Max Halbes Handgreiflichkeiten“) mit einem Nachklang am 11.4.1909 („Tillys Geburtstag [...] Begegnung auf der Post mit Max Halbe“), über den Wedekind am 10.5.1909 Carl Rößler (Franz Ressner) und Albert Steinrück befragt hat („In der Torggelstube treffe ich Steinrück und Reßner die ich über Halbes Beschwerde interpelliere“). Daraufhin schickte er am 11.5.1909 eine Abschrift von Max Halbes Brief nicht nur an Emil Meßthaler [vgl. Wedekind an Emil Meßthaler, 11.5.1909] und Albert Steinrück [vgl. Wedekind an Albert Steinrück, 11.5.1909], sondern mit dem hier erschlossenen Begleitbrief auch an Carl Rößler. an Reßner [...]