Briefwechsel

von Annie Neumann-Hofer und Frank Wedekind

Annie Neumann-Hofer schrieb am 31. Januar 1897 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

ANHDas aus drei ineinander verschlungenen Großbuchstaben gebildete Monogramm steht für die aus den USA stammende Schriftstellerin und Konzertpianistin Annie Neumann-Hofer (geb. Bock), die am 15.10.1891 in Berlin den Schriftsteller, Journalisten und Theaterkritiker Otto Neumann-Hofer geheiratet hat, mit dem sie in Charlottenburg wohnte (siehe unten). Otto Neumann-Hofer war im Begriff, als Direktor das Berliner Lessingtheater zu übernehmen; die Presse meldete, „Otto Neumann-Hofer“ werde Oskar Blumenthals „Nachfolger in der Leitung des Lessing-Theaters“, der „Vertrag“ sei am 6.2.1897 „perfekt geworden“ [Berliner Tageblatt, Jg. 26, Nr. 68, 7.2.1897, 1. Beiblatt, S. (2)], unterzeichnet wurde er wohl am 4.2.1897: „Otto Neumann-Hofer und Oskar Blumenthal werden heute endgiltig den Vertrag vollziehen, wonach der Erstgenannte am 1. November dieses Jahres die Leitung des Lessing-Theaters übernimmt. [...] Neumann-Hofer [...] wird gerade am heutigen Donnerstag – dem Tage der Vertragsunterzeichnung – vierzig Jahre alt. [...] Seine Gattin ist unter ihrem Mädchennamen Annie Bock schriftstellerisch bekannt.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 26, Nr. 62, 4.2.1897, Morgen-Ausgabe, S. (2-3)]


Carmerstr. 10Adresse des Ehepaars Annie und Otto Neumann-Hofer in Charlottenburg (Carmerstraße 10) [vgl. Berliner Adreßbuch 1897, Teil I, S. 907].

31/1 1897


My dear.

I am sorry to say that the circumstances under which you are hereWedekind war seit Anfang Dezember 1896 in Berlin, um Kontakte zu knüpfen oder wiederaufzunehmen und trat mit Lesungen auf, zuletzt am 4.1.1897, wie die Presse meldete: „Autoren-Abend nennt die Freie Literarische Gesellschaft ihre nächste Veranstaltung im Festsaal des Kaiserhofes am Montag, den 4. Januar, Abends 8 Uhr. Dem Titel entsprechend ist dieser Vortragsabend dazu bestimmt, zwei jüngeren Schriftstellern Gelegenheit zu geben, engere Fühlung mit dem Berliner Publikum zu gewinnen. Zunächst wird Ernst Hardt und dann Frank Wedekind je drei kleinere neue Arbeiten vorlesen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 26, Nr. 3, 3.1.1897, S. (3)], make it impossible for me to see youWedekind dürfte mit Annie Neumann-Hofer schon länger bekannt gewesen sein – entweder seit seinem letzten Aufenthalt in Berlin Anfang 1895 oder seit seinem ersten Aufenthalt in Berlin Mitte 1889, vielleicht aber auch schon seit ihrem einjährigen Aufenthalt in der Schweiz 1888/89 [vgl. Brümmer 1913, Bd. 5, S. 123].! It is a pity that you never will esteem | yourself highly enough to go to the trouble of at least saving appearances!

You see, I am frankly outspoken – but you know that I cannot be otherwise.

Chacun selon sa nature!(frz.) Jeder nach seiner Natur! I tho suppose that this is also the reason why you are going on | at this rate!

I can find plenty, plenty of excuses for you – – but go with you on this road I cannot, not in reality – and not even in thought.

I can say honestly that I am very very sorry!

Yours
Annie.


[Übersetzung:]


Mein Lieber,

Ich bedaure dir sagen zu müssen, dass die Umstände, unter welchen du hier bist, es für mich unmöglich machen, dich zu sehen! Es ist schade, dass du dich niemals so hochschätzen wirst, dass du die Schwierigkeit auf dich nimmst, wenigstens den Anschein zu wahren!

Du siehst, ich bin geradeheraus – aber du weißt, dass ich nicht anders sein kann.

Chacun selon sa nature! Ich nehme an, dass dies auch der Grund ist, warum du so weitermachst!

Ich kann viele, viele Ausreden für dich finden – – aber ich kann nicht mit dir diesen Weg gehen, nicht in Wirklichkeit – und auch nicht in Gedanken.

Ich kann ehrlich sagen, dass es mir sehr, sehr leid tut!

Deine
Annie

Frank Wedekind schrieb am 27. April 1904 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Annie Neumann-Hofer

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 27.4.1904 in München:]


BriefWedekinds nicht überlieferter Brief an die Schriftstellerin und Pianistin Annie Neumann-Hofer (geb. Bock), seit dem 15.10.1891 mit Otto Neumann-Hofer (Hindersinstraße 11) [vgl. Berliner Adreßbuch 1905, Teil I, S. 1469], Schriftsteller, Journalist und Direktor des Lessingtheaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 241], verheiratet (Scheidung am 8.7.1905 in Berlin), die er seit langem kannte [vgl. Annie Neumann-Hofer an Wedekind, 31.1.1897], dürfte ein Gerücht angesprochen haben, das im Umlauf war. Die Presse hatte gemeldet: „Direktor Dr. Otto Neumann-Hofer, dessen Name neuerdings wieder mit einem in Frankfurt a.M. zu gründenden Lessing-Theater in Verbindung gebracht wird, teilt uns mit, daß von einer Abmachung in dieser Hinsicht keine Rede sein könne. Es handle sich lediglich um Vorschläge, die ihm für Frankfurt [...] gemacht seien und die er natürlich reiflich überlegen müsse.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 33, Nr. 139, 16.3.1904, Abend-Ausgabe, S. (2)] Er verließ dann Berlin – „Heute Abend schließt [...] die Spielzeit des Lessing-Theaters und damit die Direktion Otto Neumann-Hofer“ [F.E. (Fritz Engel): Sechs Jahre Neumann-Hofer. In: Berliner Tageblatt, Jg. 33, Nr. 328, 30.6.1904, Abend-Ausgabe, S. (2)] – und ging nach Frankfurt am Main: „Das Lessing-Theater in Frankfurt a.M., als dessen, Direktor Dr. Otto Neumann-Hofer im nächsten Jahre wieder in die Oeffentlichkeit treten wird, soll [...] in der Nähe des Bahnhofs erbaut werden und über tausend Plätze erhalten.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 33, Nr. 328, 30.6.1904, Abend-Ausgabe, S. (2)]. an Frau Neumann Hofer [...]

Frank Wedekind schrieb am 30. April 1904 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Annie Neumann-Hofer

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 30.4.1904 in München:]


Briefeein nicht überlieferter Brief Wedekinds an die Schriftstellerin Annie Neumann-Hofer, Gattin von Otto Neumann-Hofer (Hindersinstraße 11) [vgl. Berliner Adreßbuch 1905, Teil I, S. 1469], der er drei Tage zuvor bereits geschrieben hatte [vgl. Wedekind an Annie Neumann-Hofer, 27.4.1904]. Der Brief könnte die Pressekritik der Premiere eines Stücks von Annie Neumann-Hofer im Berliner Lessingtheater (Direktion: Otto Neumann-Hofer) angesprochen haben: „Herr Direktor Neumann-Hofer ist ein gefälliger Ehemann. Hat er doch das sichere, theaterfüllende Zapfenstreich-Blasen in Beyerleinscher Tonart unterbrochen, um seiner Gemahlin mit ihrem Schauspiel ‚Das Wunderkind‘ das Wort zu geben, trotzdem selbst er wissen mußte, daß mit diesem Werk sonderliche Ehren nicht einzuheimsen sind. Frau Annie Neumann-Hofer hat Romane geschrieben, die Besseres sind als leichte Unterhaltungsware; ihr Schauspiel ‚Das Wunderkind‘ aber, das, wenn der Schein nicht trügt, einem dieser Romane entsprossen, ist nur ein schnell verpuffendes Theaterfeuerwerk.“ [E.H.: Lessing-Theater. In: Berliner Tageblatt, Jg. 33, Nr. 216, 29.4.1903, Morgen-Ausgabe, S. (3)] an A. Neumann-Hofer [...]

Annie Neumann-Hofer schrieb am 8. Mai 1904 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 9.5.1904 in München:]


BriefAnnie Neumann-Hofers nicht überlieferter Brief antwortete auf zwei Briefe Wedekinds [vgl. Wedekind an Annie Neumann-Hofer, 27.4.1904 und 30.4.1904], die ebenfalls verschollen sind. von Frau Neumann Hofer [...]