Briefwechsel

von Frank Wedekind und Walther Rathenau

Walther Rathenau schrieb am 25. September 1904 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Verehrter Herr Wedekind,

Harden, der Ihnen sonst gewiss nicht übel will, veranlasst mich, Ihnen dies schlechte BuchWalther Rathenau schickte Wedekind auf Anraten seines Freundes Maximilian Harden als Beilage zu dem vorliegenden Brief sein erstes Buch, den bei S. Hirzel in Leipzig erschienenen Prosaband „Impressionen“ (1902), wie aus Wedekinds Reaktion auf das Buch hervorgeht [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 6.10.1904]. zu schicken.

Ich bitte weder, noch erwarte ich, dass Sie es lesen. Genug, wenn es Sie an Ihre glückliche Errettung aus den Krallen der FinanzAnspielung auf Wedekinds langjährige finanzielle Abhängigkeit von seinem Verleger Albert Langen und die seit dem Sommer für ihn günstigeren Verlagsverträge, von denen er am 22.9.1904 (siehe unten) berichtet haben dürfte, sowie zugleich auf den thematisch hier einschlägigen Essay „Physiologie der Geschäfte“ im übersandten Essayband [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 165-206]. erinnert.

Wir beide danken Ihnen zwei schöne AbendeWedekind, der sich vom 22. bis 26.9.1904 zu einem Gastspiel in Berlin aufhielt (er sprach am 23. und 25.9.1904 den „Erdgeist“-Prolog im Rahmen der „Erdgeist“-Inszenierung am Neuen Theater), war gleich am ersten Abend in Begleitung von Maximilian Harden zu Gast bei Walther Rathenau, wie er am 22.9.1904 notierte: „Abends mit M Harden bei Dr. Ratenau diniert.“ [Tb] Er hat Walther Rathenau (und Maximilian Harden) bei dieser Gelegenheit persönlich kennengelernt [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 6.10.1904]. Walther Rathenau und Maximilian Harden dürften am 23.9.1904 im Neuen Theater die „Erdgeist“-Vorstellung mit Wedekinds Premieren-Auftritt im Prolog zum „Erdgeist“ besucht haben – der zweite Abend. voll Freude und Bewunderung.

Ich grüsse Sie in aufrichtiger Verehrung
W Rathenau.


Berlin, 3. Victoriastr., 25.9.04 –

Frank Wedekind schrieb am 6. Oktober 1904 in München folgenden Brief
an Walther Rathenau

Sehr geehrter Herr Doctor,

Obschon ich mit den „Impressionen“ noch nicht ganz zu Ende bin, kann ich nicht mehr länger warten, Ihnen meinen herzlichen Dank für das geistvolle BuchWalther Rathenau hatte Wedekind seinen Prosaband „Impressionen“ (1902) gesandt [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 25.9.1904]. auszusprechen. Die Talmudischen Geschichten„Talmudische Geschichten“ (Erstdruck teilweise 1899 in der „Zukunft“ unter dem Pseudonym W. Hartenau) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 101-120]. finde ich entzückend, die von der Thamar und dem Tod„Der Engel des Todes“ (Erstdruck 1899) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 111-114]. ein herrliches Symbol. „Höre Israel„Höre, Israel!“ (Erstdruck 1897 in der „Zukunft“ unter dem Pseudonym W. Hartenau), das berühmte und umstrittene Plädoyer für jüdische Assimilation, um antisemitischen Diskriminierungen entgegenzuwirken, ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 1-20].“ hat mich im höchsten Grad gefesselt, zumal da es Dinge behandelt, über die ich auch schon nachgedachtWedekinds Überlegungen zu jüdischem Selbstverständnis haben sich beispielsweise 1897 in der Erzählung „Rabbi Esra“ [KSA 5/I, S. 214-218; vgl. KSA 5/I, S. 756-763] niedergeschlagen. zu haben glaube und über die ich Ihnen meine Ansichten gerne gelegentlich vorlegen | möchte, da es sich hier doch wohl um Kulturgeschichte im allerweitesten Sinn handelt. Daß mir die Resurrection Co.„Die Resurrection Co.“ (Erstdruck 1898 unter dem Pseudonym W. Hartenau) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 121-136]. und die Schönste Stadt der Welt„Die schönste Stadt der Welt“ (Erstdruck des Berlin-Essays 1899) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 137-163]. sehr gefallen haben, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Jetzt bin ich höchst gespannt auf den Aufsatz Phi/y/siologie der Geschäfte„Physiologie der Geschäfte“ (Erstdruck des Essays 1901 anonym in der „Zukunft“) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 165-206]., von dem ich mir Antworten auf Fragen verspreche, die mir von jeher am Herzen gelegen haben. – Sie haben jedenfalls von berufene/st/er Seite uneingeschränkte Anerkennungen die Menge über die „Impressionen“ gehört und gelesen; vielleicht mag es Sie aber doch interessieren, daß mir an Ihren Worten vor allem | eine große ruhige Vornehmheit auffällt, der die Gedrungenheit des Inhaltes eigentlich im Wege stehen müßte.

Es erübrigt mir noch, geehrter Herr Doctor, für die Liebenswürdigkeit, mit der Sie mich in Ihrem Hause empfangenWedekind, der sich vom 22. bis 26.9.1904 zu einem Gastspiel in Berlin aufgehalten hat, war am 22.9.1904 in Begleitung von Maximilian Harden zu Gast bei Walther Rathenau (Viktoriastraße 3, 2. Stock) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1905, Teil I, S. 1643]: „Abends mit M Harden bei Dr. Ratenau diniert.“ [Tb] haben, Ihnen meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Die Stunden, die ich mit Ihnen und Herrn Harden in Berlin verbringen durfte, sind die anregenstenSchreibversehen, statt: anregendsten., die ich seit langer Zeit erlebt habe und Sie werden es meinem Interesse für Menschen von großen Horizonten und geistiger | Eigenart gerne glauben, daß ich mich danach zurücksehne.

Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


München 6. Oktober 04Wedekind notierte am 6.10.1904: „Briefe an Rathenau [...] Harden“ [Tb]..
Franz Josefstraße 42.

Walther Rathenau schrieb am 11. Oktober 1904 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Sehr geehrter Herr Wedekind,

Sie haben mir eine grosse Freude gemacht. Dass Sie dies Buch gelesenWalther Rathenaus „Impressionen“ (1902) [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 6.10.1904]. haben, ist weit mehr als ich hoffte; ich danke Ihnen herzlich.

Güte macht unbescheidenanspielungsreiches Zitat einer Formulierung aus Christian Gottfried Körners Brief an Goethe vom 17.12.1796: „Wie begierig muss man nun auf das grössere Gedicht werden, und wie sehr müssen Sie verzeihen, wenn Ihre Güte uns unbescheiden macht.“ [Goethe-Jahrbuch 4 (1883), S. 300]. Hier sind zwei Aufsätzenicht eindeutig ermittelt; in Frage kommen die unter dem Pseudonym Renatus veröffentlichten Aufsätze „Zur Physiologie der Moral“ [in: Die Zukunft, Jg. 11, Nr. 49, 5.9.1903, S. 383-396] und „Die Schaubühne als industrielle Anstalt“ [in: Die Zukunft, Jg. 11, Nr. 51, 19.9.1903, S. 471-473] sowie der unter dem Pseudonym Ernst Rainer gedruckte Aufsatz „Ein Traktat vom bösen Gewissen“ [in: Die Zukunft, Jg. 12, Nr. 12, 19.12.1903, S. 449-453]., die meiner heutigen Denkweise näher stehen, als die Sachen aus den neunziger Jahrendie in den „Impressionen“ (siehe oben) versammelten, in den Jahren 1897 bis 1901 erstveröffentlichten Prosatexte und Essays.. Ich schicke sie nicht um Ihre Feder zu bemühen, so sehr auch Ihre guten und allzunachsichtigen Worte mich erfreut haben. Aber es macht | mich sehr stolz, zu denken, dass ein Geist, den ich seit Jahren bewundre und mit keinem Deutschen Zeitgenossen mehr vergleiche, Zeit findet, ein paar Curven meiner Deductionen zu durchlaufen.

Es war für mich ein glückliches Ereigniss, dass ich Sie begrüssen durfteWedekind war am 22.9.1904 in Berlin in Begleitung von Maximilian Harden abends zu Gast bei Walther Rathenau gewesen [vgl. Tb] – das persönliche Kennenlernen., und es würde mich schmerzen, wenn es nur ein Ereigniss bliebe. Deshalb halte ich Sie an Ihrem Versprechen, mich wieder aufzusuchen, | fest, und warne Sie, dass ich selbst zw/u/weilen, wenn auch nur unstet, nach München komme.

In aufrichtiger Ergebenheit
W Rathenau.


– 11.10.04 –
Berlin, 3. Victoriastr.

Walther Rathenau schrieb am 12. November 1904 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Sehr geehrter Herr Wedekind,

ich kann mir nicht versagen, Ihnen diese Arbeit zu überreichenBeilage war Walther Rathenaus unter Pseudonym soeben in der „Zukunft“ veröffentlichter Aufsatz [vgl. Ernst Reinhart: Von Schwachheit, Furcht und Zweck. Ein Beitrag zur Erkenntnis menschlichen Wesens. In: Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 223-239]., die ein paar WorteWalther Rathenau hat in seinem Aufsatz (siehe oben) über Wedekinds Werk, ohne den Namen zu nennen, in historischer Perspektive geschrieben: „Die Dichtung begann mit Göttern und Heroen. [...] Von den jüngeren Meistern dieser Kunst hat Einer, den allein von allen vielleicht ein Hauch neuzeitlicher Genialität beseelt, Werke geschaffen, deren Kraft, unabhängig von aller Ethik, im naturgeschichtlichen Vorgang sozusagen und in der bloßen Tragik der Situation zu ruhen scheint, so daß seine Dramen mehr eine Reihe tragischer Bilder denn Tragoedien im früheren Sinn genannt werden müssen.“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 236] über meine Vorstellung von Ihrem Werk enthält.

Meiner Abneigung gegen P. persönliche Dinge zum Trotz hätte ich vielleicht gewagt, Ihren Namen zu nennen, wenn ich hätte glauben dürfen, dass diese Vorstellung Ihrer eigenen sich nähert. |

Ich hoffe dass Ihre nächste Anwesenheit in Berlin mir die Freude bringt, Sie zu sehen, und begrüsse Sie
in Hochachtung und Ergebenheit
Dr W Rathenau.


– 12.11.04 –
3. Victoriastr.
Berlin.

Walther Rathenau schrieb am 17. November 1904 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Walther Rathenau vom 19.11.1904 aus München:]


[...] als ich gestern Ihre liebenswürdigen Zeilen erhielt [...]

Frank Wedekind schrieb am 19. November 1904 in München folgenden Brief
an Walther Rathenau

Sehr geehrter Herr Doctor!

als ich gestern Ihre liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Walther Rathenau an Wedekind, 17.11.1904. erhielt, hatte ich mich schon mehrere Tage intensiv mit Ihrer Arbeit beschäftigtmit Walther Rathenaus unter Pseudonym in der „Zukunft“ veröffentlichtem Aufsatz [vgl. Ernst Reinhart: Von Schwachheit, Furcht und Zweck. Ein Beitrag zur Erkenntnis menschlichen Wesens. In: Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 223-239], den der Verfasser Wedekind zugesandt hatte [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 12.11.1904]. „Unter dem Einfluß von Schopenhauer und Chamberlain erweiterte Rathenau darin die [...] auf Nietzsches Herren- und Slavenmoral zurückgehende Polarität des starken Mut- und des schwachen Furchtmenschen durch die Einbeziehung des Zweckbegriffs zu dem [...] Kontrast des ästhetischen und ethischen Menschen, der auch bei ihm zugleich als der Rassengegensatz von Ariern und Nicht-Ariern zu verstehen ist, und verknüpfte sie mit Gobineaus Geschichtstheorie“ [Hellige 1983, S. 385]. und schon mehrfach daran gedacht, Ihnen über den Eindruck, den sie bei mir hervorgerufen, zu schreiben.

Bei Ihrer Analyse des Zweck- oder FurchtmenschenDer vierte Abschnitt des Aufsatzes (siehe oben) – „Physiologie des Zweckmenschen“ – bildet den Hauptteil, in dem Walther Rathenau die „zweckorientiert“ handelnden „Furchtmenschen“ charakterisiert [vgl. Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 224-230]. schlug ich mich mehrfach schuldbewußt vor die Brust. Das werden Sie selber wol aber | auch gethan haben. Sie hätten diesen Menschen sonst wol kaum mit so viel Liebe behandelt. Die herbe rücksichtslose Kritik, die Sie dabei an diesen Menschen anlegen, führt meiner Ansicht nach in die tiefsten Tiefen der Psychologie und wenn Sie dem Menschen mit dieser Kritik vielfach Unrecht thun, so verleiht das der Schilderung meinem Gefühl nach einen hohen Grad von Schönheit. Sie werden auf diesen Theil der Arbeit wol auch am stolzesten sein. Jetzt, wo ich den Text wieder vor Augen habe, treten mir Tiefe und Feinheit so massenhaft entge|gen, daß ich Ihnen unmöglich über alles schreiben kann. Aber wozu auch? Es ist ja geschrieben. Ich lese eben wieder den Abschnitt „Menschensucht“„Menschensucht“ bildet einen der „Striche“ im Abschnitt „Physiologie des Zweckmenschen“ (siehe oben), die das entworfene „Bild“ des Zweckmenschen „ergänzen“; der Abschnitt beginnt: „Einsamkeit nährt die Furcht. Deshalb flüchtet er unter Menschen, zumal Seinesgleichen, die ihm zu Allerlei dienen.“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 227]. Es liegt mir ganz fern Ihnen Schmeicheleien sagen zu wollen. Sie werden mir das auch aufs Wort glauben, wenn ich Ihnen sage, daß ich mich in dem Aufsatz, obschon er ja keineswegs ganz leicht zu lesen ist, sofort vom ersten bis zum letzten Wort heimisch fühlte, obgleich ich gar nicht überall Ihrer Ansicht bin. Aber Ansichten sind ja ganz gleichgültig; es kommt darauf an, was für positive Wahrheiten dabei ans Licht treten. Zum Beispiel vermisse | ich in Ihrer Gegenüberstellung von Zweck- und Furchtmenschen einerseits und Starken anderseits einen würdigen Platz für die Dummheit. Wenn ich Ihrem System Recht gebe, dann muß ich Sie notwendig bei den StarkenDer siebte Abschnitt („Historie“) beginnt: „Alle Geschichte ist ein Kampf der Klugen gegen die Starken.“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 236] Walther Rathenau hat im zweiten Abschnitt („Zweck und Verstand“) seines Aufsatzes (siehe oben) „Schwachheit, Furcht, Zweck, Verstand“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 224] als zusammengehörig aufgelistet. suchen. Aber s Sie haben sie aus Großmut übersehen. Und dann frage ich mich weiter: Sollten die „Starken“ nicht bei Ihnen ein Idealbild sein, ähnlich wie der Begriff „Gott“findet sich in Walther Rathenaus Aufsatz (siehe oben) in den Ausführungen zur Kunst [vgl. Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 232, 236].? Ich frage mich: Haben Napoleon und Bismark nicht Augenblicke die Menge h gehabt, wo alles auf sie zutraf was Sie von den Zweck- und Furchtmenschen sagen? Hat Friedrich der Große den ersten Schlesischen KriegNach dem Tod des deutschen Kaisers Karl VI. (20.10.1740) erhob Friedrich II. von Preußen Anspruch auf die österreichische Provinz Schlesien; am 16.12.1740 begann der Erste Schlesische Krieg, er endete am 28.7.1742 mit dem Frieden von Berlin, in dem Österreich fast das gesamte schlesische Territorium an Preußen abtreten musste. nicht vielleicht nur deshalb be- vom Zaun gebrochen, weil er | ein unglücklicher Mensch war? Ich will damit übrigens keineswegs an Ihrem System rütteln. Dazu ist es mir viel zu schön, viel zu werthvoll. Wer weiß, ob ohne die Vergötterung, die Sie für die „Starken“ empfinden, und die ich gerne mitmache, jemals irgend etwas zustande gekommen wäre.

Die Phisiognomik pag 231Walther Rathenaus Aufsatz (siehe oben) sind im fünften Abschnitt („Das Kainszeichen“) „selbstgezeichnete Profilskizzen beigefügt“ [Hellige 1983, S. 387], die im Druck eine ganze Seite einnehmen [vgl. Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 231] und zum Ausschneiden drei griechische Profile (die Büste des Menelaos im Vatikan, den Apollo von Belvedere und den Apoll von Olympia) in doppelter Ausführung gegenüberstellen; durch punktierte Linien (in die Profile der zweiten Reihe eingezeichnet) sind Unterschiede in der Physiognomie ihrer Nasen dargestellt, um „Furcht- und Zweckmenschen“ von „Furcht- und Zweckfreien“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 232] zu unterscheiden. finde ich sehr fein und gleichfalls sehr zweckmäßig. Natürlich möchte ich lieber Kinder aus der ersten Reihe als aus der zweiten haben. Im Stillen frage ich mich d aber doch, ob diese Kinder dann überhaupt noch Zeit zu ähnlichen Gedanken, | überhaupt zu Gedanken finden werden. Aber glücklicher werden sie ja höchst wahrscheinlich sein. Sie vindizierendie Herausgabe einer Sache vom Eigentümer gegenüber dem Besitzer einer Sache verlangen (in der Rechtswissenschaft). das ganze große Gebiet der KunstWedekind bezieht sich hier auf den sechsten Abschnitt von Walther Rathenaus Aufsatz (siehe oben): „Entstehung der Kunst“ [vgl. Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 233-236]. für die Furchtmenschen. Aber welcher große Schritt ist vom Künstler zum Feldherrn oder Staatsmann. Trotzdem ist mir wie gesagt Ihre Theorie sehr lieb, ich möchte sagen, ans Herz gewachsen. Wenn die Klugen die Starken nicht beneideten, dann wären sie ihres Namens nicht würdig. „Zwar hab’ ich vielals angebliches Zitat in Anführungszeichen gesetzt witzige Variante zu Wagners Wunsch nach Wissen in Goethes „Faust. Der Tragödie erster Teil“ (zugleich geflügeltes Wort): „Zwar weiß ich viel, doch möcht’ ich alles wissen.“ [V. 601], doch möcht ich alles haben.“

Und nun, nach allem was mir lieb und schön und tief an Ihrem/r/ Arbeit ist, r/e/rlauben Sie mir | auf die für mich praktisch wertvolle Seite zu kommen. Das sind die Auseinandersetzungen auf Seite 237Wedekind bezieht sich hier auf eine Passage im siebten Abschnitt („Historie“) von Walther Rathenaus Aufsatz (siehe oben), deren Auftakt lautet: „Heutzutage ist die Welt der Abenteuer und Gefahren, der Kämpfe und Eroberungen, der Tapferkeiten und Herrschgewalten in nichts zerronnen. [...] Daher ist diese Zeit das Goldene Zeitalter der Zweckmenschen.“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 237] Die Passage schließt: „Vor allem regt sich halb unbewußte Erkenntniß in der Seele stark gearteter Völkerschaften. [...] Aber dieser trübe Instinkt wird allgemach zu heller Einsicht aufleuchten und manch nächtlichen Eroberungszug der Schwachen mit keckem Lichtblitz aufstören.“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 238]. „Heutzutage ist die Welt“ bis „mit kecken Lichtblitz aufstören“. Das scheint mir der Punkt, wo eine neue dramatische KunstWedekind notierte in seinen 1912, 1913 und 1916 entstandenen „Niggerjud“-Entwürfen über diese Figur: „Er ist die Vereinigung von Rathenaus Zweck- und Furchtmensch mit dem Zweckherren {Mitmenschen}.“ [KSA 7/I, S. 600] einzusetzen hat, denn das sind doch wol die Faktoren, die für die alten Griechen und für Shakespeare die Könige waren. Über diese Geheimnisse habe ich viel nachgedacht, natürlich ohne Kenntnisse und Überblick zu haben. Für jedes Wort, was Sie mir hierüber zur Orientierung sagen wollen, wäre ich Ihnen sehr dankbar. Die Fragen liegen mir auf der Zunge. Ich brauche nicht hinzuzufügen | daß es mir dabei um Weltanschauung, nicht um Geheimnisse zu thun wäre. Deshalb danke ich Ihnen für Ihre liebenswürdige Aufforderung, Sie wieder zu besuchen. Darüber zu korrespondieren hat für uns Beide wol wenig Sinn. Aber meine Bemerkung ermuntert Sie vielleicht zu einem neuen Aufsatz für die Zukunft, der auf diesem Gebiet grundlegend werden könnte.

Ihre Bemerkung über den Dramatiker hatte ich offen und ehrlich auf Hauptmann bezogenauf Gerhart Hauptmann. Walther Rathenau hatte dagegen Wedekind im Blick, wie er ihm ausdrücklich schrieb [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 12.11.1904]. wegen des Ausdrucks „Unabhängig von aller EthikZitat aus Walther Rathenaus Aufsatz (siehe oben), der den genialen modernen Dramatiker als „unabhängig von aller Ethik“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 236] charakterisiert.“. Es erübrigt mir, Ihnen für die schönen Worte, noch mehr für all die Herzlichkeit, die Sie mir entgegenbringen, aufrichtig zu danken.

Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


München 19. Novem. 1904Wedekind notierte am 19.11.1904: „Brief an Rathenau.“ [Tb].


[am linken Rand:]

Franz Josefstraße 42.

Walther Rathenau schrieb am 21. November 1904 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Sehr geehrter Herr Wedekind,

ich möchte Ihnen viel dankenfür einen ausführlichen Brief, der zu Walther Rathenaus unter Pseudonym zuletzt in der „Zukunft“ veröffentlichtem Aufsatz [vgl. Ernst Reinhart: Von Schwachheit, Furcht und Zweck. Ein Beitrag zur Erkenntnis menschlichen Wesens. In: Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 223-239] Stellung nimmt [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 19.11.1904]. und viel schreiben. Verzeihen Sie deshalb die ungewohnte Fassung und das „gelind PapierZitat aus Goethes Gedicht „Ultimatum“ (Invektive aus dem Nachlass): „Grobe Worte, gelind Papier“ [Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Bd. 56. Stuttgart, Tübingen 1842, S. 87]; gelind = schwach, unscheinbar.“ meines Briefes. Dass Sie mich über Verdienst behandeln, thut mir sehr wohl; aber dass Sie mir so viel Nachdenken und Mühe gewidmet haben, macht mich stolz und froh.

Form. Sie haben sicher wahrgenommen, dass unsere Mutter Sprache mir diesmal unhold war. Das Wort „ZweckmenschDer Begriff wird in Rathenaus Aufsatz (siehe oben) am Ende des dritten Abschnitts („Zweck und Verstand“) eingeführt [vgl. Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 224]. Walther Rathenau hatte gegenüber Maximilian Harden am 26.10.1904 dargelegt, wie überzeugt er von der Tragfähigkeit seines Begriffs war: „Halten Sie’s nicht für Grübelei und Sophistik. Ich schwöre Ihnen: es ist alles wahr. [...] Glauben Sie mir: von nun an wird Wort, Begriff und Vorstellung des Zweckmenschen nie mehr aus dem Bewußtsein der Welt schwinden: und manches was geschieht, wird unter diesem Gedanken geschehen. Das ist, was ich will.“ [Hellige 1983, S. 385]“ hat sie mir bewilligt, den Gegennamen versagt. „ZweckfreierDer Begriff findet sich in Rathenaus Aufsatz (siehe oben) an mehreren Stellen [vgl. Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 229, 232].“, „Daseins“- oder „Gegenwartsmensch“ „naiver Mensch“, „Augenblicksmensch“ – alles das musste als halbfalsch und unverständlich verworfen werden. Der Gegensatz „klug“ und „stark“Zu Beginn des siebten Abschnitts („Historie“) in Rathenaus Aufsatz (siehe oben) heißt es: „Alle Geschichte ist ein Kampf der Klugen gegen die Starken.“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 236] blieb übrig und ist doch unzulänglich. „Klugheit“ ist natürlich mehr „prudentia“ als „sapientia“(lat.) mehr ‚Klugheit‘ als ‚Weisheit‘ – nach der antiken Ethik des Cicero in seiner Schrift „De officiis“ („Von den Pflichten“) vorgenommene Unterscheidung.; Stärke „virtus“ mehr als „fortitudo“(lat.) ‚Tugend‘ mehr als ‚Tapferkeit‘– nach der antiken Ethik des Cicero in seiner Schrift „De officiis“ („Von den Pflichten“) vorgenommene Unterscheidung..

Dummheit. Der Gegensatz des „Klugen“ (in meinem Sinne) ist nicht der Dumme sondern der Unkluge. Unter „DummheitWedekind vermisste in der Systematik, die Rathenaus Aufsatz (siehe oben) entwickelt, „einen würdigen Platz für die Dummheit“ [Wedekind an Walther Rathenau, 19.11.1904].Der ethymologische Sinn ist „taub“, „stumm“. möchte ich Dumpfheit | des Sinns, Urtheils und Verstandes mir vorstellen. Ist der Starke dumm, so ist’s ein Junker; ist der Zweckmensch dumm, so ist’s ein Schlaumeier. „Dummheit“ und deren Physiologie – die Anregung ist mir viel werth – kann daher nicht ein Theil meines Bildes sein, sondern eine Neutraltinte, die die Contraste gleichmäßig abschattirt.

Der Starke. Gewiss; ein IdealbildWedekind hatte nach dem „Idealbild“ [Wedekind an Walther Rathenau, 19.11.1904] in der in Rathenaus Aufsatz (siehe oben) entwickelten Systematik gefragt.! Wie auch sein Gegenpart. Denn beide sind „Polaritäten“, wenn ich so sagen darf, wie warm und kalt, positive und negative Elektricität und ähnliche Contraste. Die absoluten Pole sind undenkbar, und alle Specimina sind Stufen. An die Brust schlagen mögen wir daher alle, – et moi pas mal(frz.) auch ich nicht selten.. Dennoch giebt es und kennen wir königliche Exemplare, aller Anbetung und alles Zornes würdig.

Ich liesse wohl mich rührenAuftakt des Zitats der Worte Cäsars vor seiner Ermordung aus William Shakespeares Schauspiel „Julius Cäsar“ (Szene III/1): „Ich ließe wohl mich rühren, glich’ ich euch: / Mich rührten Bitten, bät’ ich um zu rühren. / Doch ich bin standhaft wie des Nordens Stern, / Deß unverrückte, ewig stäte Art / Nicht ihres Gleichen hat am Firmament. / [...] / So in der Welt auch: sie ist voll von Menschen, / Und Menschen sind empfindlich, Fleisch und Blut; / Doch in der Menge weiß ich Einen nur, / Der unbesiegbar seinen Platz bewahrt, / Vom Andrang unbewegt; daß ich der bin, / Auch hierin laßt es mich ein wenig zeigen, / Daß ich auf Cimbers Banne fest bestand. / Und drauf besteh’, daß er im Banne bleibe.“ [Shakspeare’s dramatische Werke, übersetzt von August Wilhelm Schlegel. Zweyter Theil. Berlin 1797, S. 71f.], glich’ Ich Euch:
„Mich rührten Bitten, bät Ich um zu rühren.
„Doch Ich bin standhaft wie des Nordens Stern,
„Des unverrückte, ewig stäte Art
„Nicht ihres Gleichen hat am Firmament.
.........
„So in der Welt auch. Sie ist voll von Menschen,
„Und Menschen sind empfindlich, Fleisch und Blut. |
„Doch in der Menge weiss Ich Einen nur,
„Der unbesiegbar seinen Platz bewahrt,
„Vom Andrang unbewegt. Dass Ich der bin,
„Auch hierin lasst es mich ein wenig zeigen,
„Dass Ich auf Cimbers Banne fest bestand,
„Und drauf besteh’: dass er im Banne bleibe.“
Akt III Sc. 1.

Der Furchtmensch. Nur ein idealer Leser und DivinatorSeher, mit hellseherischen Fähigkeiten Begabter. konnte fühlen, dass ich ihn liebeWedekind hatte gesehen, dass Rathenau den „Furchtmenschen [...] mit so viel Liebe behandelt“ [Wedekind an Walther Rathenau, 19.11.1904].. Schon um Gottes Ungerechtigkeit willen. Ist Er denn nicht der einzig Unglückliche? Und ist nicht Schmerz der – einzige Adel? Sind nicht LuciferGestalt aus der christlichen Mythologie, die gegen Gott rebellierte und daraufhin bestraft wurde. und PrometheusGestalt aus der griechischen Mythologie, die gegen Zeus rebellierte und daraufhin bestraft wurde. die höchsten Menschenträume? Sind nicht olympische Götter – und m/M/enschen – kalte, herzlose Idole?

Lassen Sie mich eins vertrauen, was ich glaube, nicht behaupte: alles Geniale ist engste Mischung der beiden Elemente. Woher sonst das Receptive, Divinatorische, das Mitklingen aller Schmerzen? – Und alle Profiledie gezeichneten Profilskizzen [vgl. Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 231] in Rathenaus Aufsatz (siehe oben), die Wedekind gefallen haben [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 19.11.1904]. beweisen’s. Die Griechen waren Furchtmenschenin Rathenaus Aufsatz (siehe oben) vager formuliert: „Als aber in späterer Zeit man häufiger vom Künstler die accidentelle Aehnlichkeit des Portraits verlangte, da begannen die naturalistischen Bildnisse das Kainszeichen zu verrathen, so daß es scheinen möchte, als habe das Volk der Griechen in seiner Mehrzahl den Charakter des Furchtmenschen getragen.“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 232], das habe ich gesagt. Und Jesus war’s, das hab’ ich angedeutet. Damit stimmt auch die Legende, die einzige, die ich von seinem Angesicht kenne: dass er hässlich war. |

Kunst. Die Kunst haben sie erfunden, aber nicht zur Erhabenheit geführt. Ist das klar genug ausgesprochen worden? Ich fürchte, nicht recht. Zweckmenschenkunst ist die assyrische, die byzantinische, die arabische, die französische. [Die Neolatiner sind die Typen der Z.M. Denken Sie: Rumänen, Argentinier, Süditaliener! Die Franzosen sind es ganz seit der Revolution, die den fränkisch-germanischen Adel vernichtet und den keltischen Pöbel erhoben hat.] Erzvertreter der Z.M.-KunstEmile Zola zählt zu den Hauptvertretern naturalistischer Literatur, Edouard Manet zu denen der realistischen Malerei.: Zola, Manet.

Von diesem Gesichtspunkt ist zu erkennen, wie schief die Unterscheidungen waren, mit denen man sich ehemals quälte: „naiv“ und „sentimentalisch“dialektische Differenzkategorien ästhetischer Disposition aus Friedrich Schillers Abhandlung „Über naive und sentimentalische Dichtung“ (1795/96). sind kleine Einzelgebiete der Continente „zweckhaft“ und „frei“.

Der Grundgedanke. Wenn ich das Erste und Letzte meiner Bekenntnisse zusammenfassen soll, so ist es dies: Nicht Tugend und Laster, nicht Geist und Ungeist, nicht Wille und Trägheit, nicht Leidenschaft und Phlegma – kurz keines der je erwogenen philosophischen Principien entscheidet das innerste Wesen und den tiefsten Kern der menschlichen | Natur, sondern lediglich das Eine: Muth und Furcht.

Diese Trennungslinie geht durch die ganze belebte Schöpfung. Es giebt angreifende Thiere und flüchtende Thiere. Und alle Pflanzen, des bin ich sicher, sind Furchtwesen. Vielleicht (eine gleichgültige und rationalistisch seichte Hypothese) waren die Vorfahren der Furchtmenschen pflanzenfressende, die Andern fleischfressende Geschöpfe.

Analyse der Gegenwart. In diesem Punkt muss ich Sie, fürchte ich, enttäuschen. Mein Bild hat vielleicht nicht die grossen Züge, die Sie erwarten.

Der Starke hat in dieser Welt nichts mehr zu schaffen. KämeSchreibversehen, statt: Kämen. Hercules und Ajaxfür ihre Stärke gerühmte Heldengestalten der griechischen Mythologie, (unter anderem dargestellt in Homers „Ilias“). wieder, so fänden sie ihr Brod nur noch als Athleten. Thersiteskörperlich missgestalteter Schmähredner in Homers „Ilias“-Epos. aber, und allenfalls UlyssOdysseus, König von Ithaka. Heldengestalt der griechischen Mythologie, unter anderem dargestellt in Homers „Odyssee“, der sich weniger durch körperliche Stärke, vielmehr durch List und Verstand auszeichnete. spreizten sich als hundertfache Millionäre. Nicht einmal den Krieg im Ostender russisch-japanische Krieg 1904/05. entscheidet persönliche Tapferkeit: sondern die Klugheit des Schiffsconstructeurs, des Verpflegungsorganisators; Disciplin, die auf Furcht beruht – und Geld.

Das bürgerliche Leben aber wird einzig und allein vom Verstande beherrscht. Der Kluge combinirt und organisirt, arbeitet, strebt und erwirbt. | Was bedeuten heute die adligen Nachkommen und Erben der Starken? Als Schatten sitzen sie auf den letzten Thronen, commandiren ein paar Exercirplatztruppen und „bekleiden“ Hofchargen. Die wahre Macht halten die klugen Emporkömmlingedie reich und mächtig gewordenen ‚Industriebarone‘ Cornelius Vanderbilt, John D. Rockefeller, Andrew Carnegie und Alfred Krupp.. Vanderbilt, Rockefeller, Carnegie, Krupp sind die Könige und das Schicksal unserer Zeit. Kein Xerxes und Attilalegendäre, als kriegerisch bekannte Könige von Persien (Xerxes) und des Hunnenreichs (Attila). ist so angebetet worden und hat so effektive Macht besessen. Wie ein brünstiges Thier stürmt die Epoche in die Sklaverei des Plutokratismusabgeleitet von Plutokratie: Herrschaft des Geldes; Staatsform, in der die politische Macht an Besitz und Reichtum gekoppelt ist..

Jene Antiken konnten jeden einzelnen Menschen tödten. Das können unsere Dynasten freilich nicht: aber sie können Zehntausende Hungers sterben lassen. Sie können auch den Purpur nicht auf eignen Schultern tragen: aber sie können jeden Strohmann damit behängen und ihm Krieg und Frieden diktiren. Wer hat den Transvaalkriegder Erste Burenkrieg 1880/81. geführt? Lombardstreet. Wer führt den Japanerkriegder russisch-japanische Krieg 1904/05.? Lombardstreet und WallstreetSitz der Börsen in London und New York..

Sind wir nun rettungslos diesem scheusäligen Ende verfallen? – Ein paar Trostgründe habe ich angeführt. Wichtig aber scheint mir Eines: öffnet den Menschen die Augen. Lasst sie erkennen, | welchenr Sklaven Sklaven sie sind. Lehrt sie das Lied von Furcht und Zweck und Verstand und Macht, – und sie werden sich helfen.

Zweckfreie Völker giebt es nicht mehr. s/d/ie besten sind noch: Schweden, Angelsachsen, Holsteiner, Friesen, Franken, Alemannen. Aber die bedrücktesten beginnen, sich ihrer selbst zu erinnern. Sie empfinden den Druck und Schmerz – aber natürlich localisiren sie ihn falsch. Sie wenden sich instinktiv gegen Bourgeoisie, oder Besitz, oder Verfassung, oder Börse, oder Industrie, oder Juden – alles richtig, und alles falsch! Gegen die Klugen, gegen die Zweckhaften, gegen die Heutemächtigen wollt Ihr Euch wappnen – und getraut Euch nicht es auszudenken und auszusprechen – weil – – Klugheit, Zähigkeit, Geschäftigkeit und Fleiss auch Euch noch heute als Tugenden gelten!!

Zum Schluss und zur Rechtfertigung.Unabhängig von aller EthikZitat aus Walther Rathenaus Aufsatz (siehe oben), der den genialen modernen Dramatiker als „unabhängig von aller Ethik“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 236] charakterisiert; von Rathenau auf Wedekind bezogen [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 12.11.1904].“ – dies hab’ ich sicherlich schlecht ausgedrückt, vielleicht falsch gedacht. Was ich selbst stark und mit ungeheurer Bewegung empfunden habe, das habe ich am Ende nur der Grösse des | Werkes zu verdanken, das wie die Natur selbst alle organischen Interpretationen zulässt und doch nach anderen, eigneren Gesetzen entsteht. Wenn ich denke, wie der Erdgeist auf mich wirkteWalther Rathenau dürfte am 23.9.1904 im Neuen Theater in Berlin die „Erdgeist“-Vorstellung mit Wedekinds Premieren-Auftritt im Prolog zum „Erdgeist“ besucht haben – er hat auf diesen für ihn als ‚schön‘ empfundenen Abend angespielt [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 25.9.1904]. Wilhelm Herzog, der ebenfalls im Publikum saß, hat am 23.9.1904 zu der Vorstellung notiert: „Frank Wedekinds ‚Erdgeist‘ im Neuen Theater. Fr. Wedekind aus München spricht als Stallmeister seiner Menagerie (Personen seiner Tragödie) den Prolog. Pathetisch, bajuvarisch, immer die letzten Silben betonend u. das so viermal schnarrend. Er macht das alles sehr schön! Er schimpft auf den Pöbel, der vor ihm sitzt; der Pöbel klatscht ihm Beifall! Gertrud Eysoldt als Lulu, Eva, Mignon, Nelly leistet das Höchste, was zu leisten ist. Sie ist noch um einige Nuancen reifer geworden! Schamlos ist sie in ihrer Nacktheit. Doch da sie wirklich keine weiblichen Reize hat, kann sie das Rien zeigen. Steinrück als Dr. Schön hatte nicht eine Spur von Reichers damaliger Größe und Schärfe. Er war schlaff und geistlos. Kayßler spielte den Prinzen fein und diskret, weit besser als der erste Darsteller dieser Rolle.“ [Tb Herzog]: wie ein Naturvorgang voll Gesetz und Nothwendigkeit rollte die Handlung nieder, die Menschen schöne Bestien, die Vorgänge Hahnenkämpfe, Schlangenopfer, Raubthierbrünste, die Entwicklung ein Sturzbach der unaufhaltsam dem letzten Katarakt entgegenstürmt – da waren allen alten Fragen von gut und schlecht, von recht und unrecht ausgelöscht und verflüchtet. Dass auch so nebenher die alte Moral zu ihrem Erbtheil kommen konnte, wenn Menschen nur den innern, nicht den äussern Gesetzen gehorchten, ward kaum bemerkt. – Gleichviel: mag ich in diesem Punkte irren: das unberufne Gesammturtheil halt’ ich mit Überzeugung aufrecht. Und weiss: es ist schwerer, Werk und Menschen ganz zu begreifen als zu lieben.

Nochmals, Dank. Vergessen Sie mich nicht ganz. Denn ich habe den aufrichtigen Wunsch, Sie wiederzusehen und – verzeihen Sie der MenschensuchtIn Rathenaus Aufsatz (siehe oben) ist zum Stichwort „Menschensucht“ ausgeführt: „Einsamkeit nährt die Furcht. Deshalb flüchtet er unter Menschen, zumal Seinesgleichen, die ihm zu Allerlei dienen. [...] So groß ist bei Einzelnen die Menschensucht, daß sie kaum ihren Nächsten erblicken, ohne seiner im Geist zu begehren. Sie wollen wissen, wer er ist und was er treibt; sie wollen einen Eindruck irgendwelcher Art auf ihn machen, ihm gefallen, imponiren oder auffallen, und, wenn Alles versagt, wenigstens in ihrer Art ihn dadurch überwinden und besitzen, daß sie ihn kritisiren.“ [Die Zukunft, Jg. 13, Nr. 7, 12.11.1904, S. 227] Wedekind hatte diese Ausführungen angesprochen [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 19.11.1904]. – kennen zu lernen.

Mit ergebenstem Gruss
Ihr W Rathenau.


Berlin, 3 Victoriastr.
– 21.11.04 –

Walther Rathenau schrieb am 3. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Verehrter Herr Wedekind,

wollen Sie mir einen Ihrer nächsten AbendeWedekind ist am 8.9.1905 in Berlin eingetroffen [vgl. Tb]; er hatte seinen Aufenthalt in der Stadt inzwischen Maximilian Harden mitgeteilt und ein Treffen vorgeschlagen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 2.10.1905]. schenken? Ich bin ausser am nächsten Freitag und Sonntag zu jeder Abendstunde frei.

Wenn Sie einen Donnerstag, Freitag oder Sonnabend wählen, so kann ich, wenn Sie wollen, noch Harden bitten.

Seit zwei drei Tagen bin ich hierWalther Rathenau war zurück von Sylt seit dem 1.10.1905 wieder in Berlin. und habe mit grosser Freude von Ihrem doppelten ErfolgWedekind als Verfasser des Schauspiels „Hidalla“, das am 26.9.1905 im Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) Berliner Premiere hatte und seitdem fast täglich gespielt wurde, und Wedekind als Darsteller der Hauptrolle des Karl Hetmann – ein Publikumserfolg, während die Theaterkritik kaum Verständnis für die „Hidalla“-Inszenierung und das Stück zeigte [vgl. KSA 6, S. 551-558]. gehört.

In aufrichtiger Ergebenheit
W Rathenau


3.10.05.
3. Victoriastraße.

Walther Rathenau schrieb am 4. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Verehrter Herr Wedekind,

ich freue mich aufrichtig, Sie Sonnabend Abend 11hSamstag, den 7.10.1905 um 23 Uhr – das war nach der „Hidalla“-Vorstellung im Berliner Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky), wo Wedekind fast allabendlich in der Hauptrolle des Karl Hetmann auf der Bühne stand. Wedekind notierte nach der Vorstellung am 7.10.1905: „Triclinium mit Harden bei Rathenau.“ [Tb] zu sehen und werde Harden benachrichtigenWalther Rathenau schrieb am 4.10.1905 an Maximilian Harden: „Cher, ich habe Wedekind auf Sonnabend eingeladen; er spielt und kommt erst um 11h Wollen wir zusammen vorher das Stück sehen? Wir können ihn dann gleich mit nach Hause nehmen. Ein Telephonwort, damit ich Billets besorgen kann.“ [Hellige 1983, S. 424] Rathenau hat auf diesen Brief ein markantes Wedekind-Porträt gezeichnet [vgl. Hellige 1983, S. 430], das Harden „fabelhaft ähnlich“ [Hellige 1983, S. 428] fand..

Mit ergebenstem Gruss
Ihr
W Rathenau.


4.10.05.

Walther Rathenau schrieb am 6. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Verehrter Herr Wedekind,

pflichtgemäß muss ich Ihnen sagen, dass wir auf Harden nicht mit Sicherheit rechnenMaximilian Harden hatte Walther Rathenau am 5.10.1905 geschrieben (dabei einleitend das gezeichnete Porträt von Wedekind auf dem letzten Brief kommentiert): „Ihr Wedekindportrait ist einfach fabelhaft ähnlich und gut. [...] Aber das Original werde ich leider nicht sehen. Bisher konnte ich überhaupt noch nicht aus dem Haus (zwei Besuche beim Zahnarzt abgerechnet). Ob ichs Sonnabend kann, weiß Jahwe. [...] aber etwa orgiastisch zu schwärmen, wäre in meinem Zustand (3 Tage 40°) ganz unmöglich. Wie gräßlich leid mirs tut, wissen Sie. Hätten Sie, weniger despotisch, mich gefragt! Es ist fast stillos, daß ich nicht dabei sein soll. Übrigens auch für Sie nicht gut. Der Knabe kommt gegen 11½; es wird 3. Hätten Sie ihn, wie er mir vorschlug, für nachmittag gebeten! ‚Jause‘ nennt mans in Wien. Hidalla müssen wir jedenfalls zusammen sehen.“ [Hellige 1983, S. 428] Daraufhin schrieb Rathenau am 6.10.1905 an Harden, seinen Brief an Wedekind erwähnend: „Sie müssen morgen abend kommen, wenn Sie ein netter Kerl sind. Ich habe W.[edekind] ausdrücklich um einen Endtag gebeten, um Sie zu ‚sichern‘. Eben habe ich ihm notificiert, daß Sie auszubrechen suchten, weil ich weiß, daß er sich auf Sie spitzt, und anheimgestellt, zu verschieben, wenn er das Risico nicht will.“ [Hellige 1983, S. 430] können. Er ist von allerlei Übeln geplagt und fürchtet die späte Stunde.

Um Ihnen Harden ungeschmälert aufzutischen, hatte ich sonst niemand gebeten. Wenns Sie mit mir allein vorlieb nehmen wollen, so freue ich mich aufrichtig. |

Auch bedarf es keiner Nachricht. Um Sie nicht zu enttäuschen fühlte ich mich aber verpflichtet, Ihnen die Möglichkeit zu geben, das Rendezvous zu verschiebenEs blieb bei dem vereinbarten Termin. Wedekind notierte am 7.10.1905 im Anschluss an die „Hidalla“-Vorstellung im Kleinen Theater: „Triclinium mit Harden bei Rathenau.“ [Tb].

Mit ergebenster Empfehlung
Ihr
W Rathenau.


6.10.05.

Frank Wedekind schrieb am 7. Oktober 1905 in Berlin folgende Widmung
an Walther Rathenau

Herrn Dr. Walther Rathenau
in memoriam triclinii (lat.) zur Erinnerung an das Triclinium (siehe unten).
7.X.5Wedekind notierte am 7.10.1905 in Berlin nach seinem abendlichen Auftritt als Karl Hetmann in der „Hidalla“-Inszenierung im Kleinen Theater sein anschließendes Beisammensein zu dritt mit Maximilian Harden bei Walther Rathenau: „Triclinium mit Harden bei Rathenau.“ [Tb] Er dürfte bei dieser Gelegenheit das druckfrische Exemplar der Erstausgabe von „Totentanz“ (siehe unten) mit der Widmung persönlich übergeben haben. Walther Rathenau schrieb Maximilian Harden am 8.10.1905 über den gemeinsamen Abend: „Lieber Maxim, es war doch ein famoser Abend, und ich muß Ihnen wieder einmal von Herzen danken. Wedekind, in seiner neuen Erscheinung, war weniger Rätsel, aber sympathischer. Auch hat der große Eindruck der Vorstellung mich für Ihn gestimmt.“ [Hellige 1983, S. 431]


Frank Wedekind


Totentanzdie druckfrische erste Buchausgabe „Totentanz. Drei Szenen“ im Albert Langen Verlag in München; im Buchhandel war die auf 1906 vordatierte Erstausgabe einige Tage später als erschienen gemeldet [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 245, 20.10.1905, S. 9451]. „Das 1. und das 2. Tausend der ersten Buchausgabe wurden bereits 1905 ausgeliefert, das 3. und 4. Tausend 1906.“ [KSA 6, S. 623]

Walther Rathenau schrieb am 9. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Verehrter Herr Wedekind,

Ihre gewaltigen drei Scenendie Buchausgabe von „Totentanz. Drei Szenen“ (1905) im Albert Langen Verlag [vgl. KSA 6, S. 523]. Wedekind hatte Walther Rathenau am 7.10.1905 abends ein Exemplar mit einer Widmung überreicht [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 7.10.1905]. habe ich mit Bewunderung gelesen.

Ihre Auffassung ist organisch und daher Wahrheit. Für mich bleibt (in der Spezialfrage der „DirnenverachtungIn „Totentanz“ äußert der Zuhälter Casti Piani: „Dirne hin, Dirne her! Der Name Dirne bleibt der Mutter eines unehelichen Kindes so wenig erspart wie einem Mädchen in diesem Hause!“ [KSA 6, S. 110]“) folgende Kette wahr:
I Die Eifersucht des Mannes verlangt Monogamie des Weibes.
II Da alle Congregationeneigentlich: Ordensgemeinschaften., | die sich einem Gesetz unterwerfen, die Ungebundenen hassen,
III so rächt das monogame Weib an der Dirne die männliche Eifersucht,
IV während der Mann unthätig zusieht und im Interesse seiner eifersüchtigen Wünsche dem gebundenen Weibe die Prämie gestattet.

Grundproblem bleibt mir somit die männliche Eifersucht. | Ich halte sie für die säculare Erinnerung der Rasse an kampfentrissene Weiber; sie ist daher Wuth.

Die Eifersucht der Weiber ist dagegen, wie mir scheint, kein Instinkt, sondern accidentelleakzidentiell = zufällig, unwesentlich. Reaction: Entbehrung und Missgunst. Daher ist sie nicht tragisch.

Ausser allem Zusammenhang füge ich ein Heft der ZukunftBeilage war das aktuelle Heft der „Zukunft“ mit Walther Rathenaus unter Pseudonym veröffentlichtem neuen Aufsatz [vgl. Ernst Reinhart: Von neuzeitlicher Malkunst. Zur Kritik der Moderne. In: Die Zukunft, Jg. 14, Nr. 1, 7.10.1905, S. 11-25]. bei, das meinen letzten Aufsatz enthält. |

Auf baldiges Wiedersehen!

Ihr sehr ergebener
W Rathenau


– 9.10.05 –

Frank Wedekind schrieb am 9. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Walther Rathenau

Sehr geehrter Herr Doctor!

erlauben Sie mir, Ihnen im Anschluß an unser Gespräch von vorgestern Abendam 7.10.1905, an dem Wedekind notierte: „Triclinium mit Harden bei Rathenau.“ [Tb] beiliegende kasuistische Erörterungkasuistisch (lat.) = durch Zufall entstanden. Die nicht identifizierte Beilage ist nicht überliefert. zu übersenden.

Mit besten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.

Walther Rathenau schrieb am 14. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

BERLINER HANDELS-GESELLSCHAFTWalther Rathenau war als Mitinhaber der Berliner Handels-Gesellschaft verzeichnet [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 136] und gehörte dem Direktorium dieser Bank an [vgl. Hellige 1983, S. 480]..
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DIRECTION.
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Telegr.-Adresse:
Vertraulich Handelschaft.


BERLIN W., 14.10.05.
Behrenstrasse 32.


Verehrter Herr Wedekind,

haben Sie nächste in der zweiten Hälfte der Woche einen Abend frei? Doppelt erfreulich wenn er auch spielfreiWedekind stand fast allabendlich als Karl Hetmann in der „Hidalla“-Inszenierung des Kleinen Theaters auf der Bühne – am 16.10.1905 (Montag), 19. und 20.10.1905 (Donnerstag und Freitag) sowie 22.10.1905 (Sonntag) fanden keine Vorstellungen statt [vgl. Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 485, 15.10.1905, Morgen-Ausgabe, S. 18]. wäre. Ich würde das Rendezvous wie das letzte Malder Abend Wedekinds bei Walther Rathenau mit Maximilian Harden am 7.10.1905 (siehe die vorangehende Korrespondenz). (Victoriastr. 3Privatadresse von Dr. phil. Walther Rathenau in Berlin (Victoriastraße 3, 2. Stock) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 1765].) vorschlagen; falls Sie unbeschäftigt sind, um 8hum 20 Uhr., und Harden benachrichtigenWalther Rathenau benachrichtigte Maximilian Harden, als Wedekinds Antwort [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 17.10.1905] ihm vorlag..

Mit ergebenstem Gruss
Ihr
W Rathenau.

Frank Wedekind schrieb am 17. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Walther Rathenau

Sehr geehrter Herr Doctor!

Ihre liebenswürdigen Zeilenvgl. Walther Rathenau an Wedekind, 14.10.1905. beantworte ich erst heuteWalther Rathenau legte Wedekinds Brief seinem Brief an Maximilian Harden vom 18.10.1905 bei: „Cher, dies schreibt Wedekind.“ [Hellige 1983, S. 433], weil unser Repertoirder Spielplan des Kleinen Theaters (Direktion: Victor Barnowsky) in Berlin, in dem Wedekind fast allabendlich als Karl Hetmann in der „Hidalla“-Inszenierung auf der Bühne stand. für diese Woche nicht früher fest stand. Leider | habe ich nun außer Sonnabendder 21.10.1905 (Samstag), an dem Wedekind allerdings einen Auftritt in „Hidalla“ (siehe oben) notierte [vgl. Tb]. jeden Abend zu thun und am Sonntagder 22.10.1905, an dem Wedekind notierte: „Abends mit Detlev von Lilienkron Vortrag im Bethovensaal.“ [Tb] Der gemeinsame Leseabend mit Detlev von Liliencron im Beethovensaal in Berlin (Köthener Straße 28) begann um 20 Uhr und war angekündigt als „Vortrag eigener Werke“ [Berliner Tageblatt, Jg. 34, Nr. 539, 22.10.1905, Sonntags-Ausgabe, 5. Beiblatt, S. (3)]. soll ich mit Lilienkron zusammen sprechen, was mir auch einiges Kopfzerbrechen macht, da ich dem Publicum nicht viel NeuesWedekind las am 22.10.1905 im Beethovensaal (siehe oben) „V Act Marquis von Keit. Gedichte. Schutzimpfung.“ [Tb] zu bieten habe. Außerdem sind an | den Vormittagen UmbesetzungsprobenDie weibliche Hauptrolle der Fanny Kettler hatte bis dahin Gertrud Arnold gespielt – dem Tagebuch zufolge kam Tilly Newes am 18.10.1905 in Berlin an („Ankunft von Tilly Newes“), mit der Wedekind am 23.10.1905 probte („Morgens Probe von Hidalla. Dann studiere ich mit T.N. bei mir“) und die am 27.10.1905 erstmals in der Rolle auftrat („Erstes Auftreten von Tilly Newes“).. Ich wäre Ihnen daher für ein Zusammentreffen um so dankbarer, wenn wir uns in der nächsten Woche treffen könnten. Ihre Aufsätze über MalereiWalther Rathenau hatte Wedekind seinen unter Pseudonym veröffentlichten neuen Aufsatz [vgl. Ernst Reinhart: Von neuzeitlicher Malkunst. Zur Kritik der Moderne. In: Die Zukunft, Jg. 14, Nr. 1, 7.10.1905, S. 11-25] zugeschickt [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 9.10.1905], der in jeweils betitelte Abschnitte gegliedert war. habe ich mit größtem Genuß gelesen. Das wären Worte, die sich meinem Gefühl nach | in erster Linie zum lebendigen Vortrag eignen, da der be/au/ßerordentliche Gedankenreichtum aus dem gedruckten Wort heraus nicht gerade leicht zu erfassen ist. Ich freue mich sehr darauf, mit Ihnen darüber sprechen zu können./,/ wenn Ihre Zeit Ihnen das in nächster Woche gestattet.

Mit ergebenstem Gruß
Ihr
Frank Wedekind.


17.10.5.

Walther Rathenau schrieb am 18. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

BERLINER HANDELS-GESELLSCHAFT.
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DIRECTION.

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Telegr.-Adresse:

Vertraulich Handelschaft.


BERLIN W., 18.10.05.
Behrenstrasse 32.


Verehrter Herr Wedekind,

wenn Ihnen Montag convenirteWalther Rathenau schrieb am 18.10.1905 an Maximilian Harden: „Ich fahre Dienstag abend nach München, Augsburg, Stuttgart und bin erst Sonntag zurück. Ich habe also W. den Montag in Option gegeben und werde Ihnen telephonieren, ob er kommt. In diesem Falle, hoff’ ich, daß Sie sich arranieren können.“ [Hellige 1983, S. 433f.], so würde ich mich sehr freuen. Zwar ist auch diesmal Gefahr, dass wir Hardens nicht habhaft werden: dieses Risico laufen Sie.

Am Dinstag Abend fahre ich nach München, Augsburg und Stuttgart, wo ich bis zum Sonnabend SitzungenWalther Rathenau war als Direktoriumsmitglied der Berliner Handels-Gesellschaft auf Geschäftsreise. habe.

Ich bitte Sie um ein Wort: ob Montag, ob um 8h oder um 11ham 23.10.1905 um 20 Uhr oder um 23 Uhr. Wedekind dürfte Walther Rathenau erst nach der „Hidalla“-Vorstellung an diesem Abend [vgl. Tb] aufgesucht haben, wo er auf Felix Deutsch (Mitglied der AEG-Direktion) und dessen Gattin Lili Deutsch (geb. Kahn) traf, nicht aber auf Maximilian Harden; er notiert am 23.10.1905: „Abends mit Herrn Deutsch und seiner Frau bei Rathenau.“ [Tb].

Mit ergebenstem Gruss
Ihr
W Rathenau.

Walther Rathenau schrieb am 31. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

BERLINER HANDELS-GESELLSCHAFT.
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DIRECTION.
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Telegr.-Adresse:

Vertraulich Handelschaft.


BERLIN W., 31.10.05.
Behrenstrasse 32.


Verehrter Herr Wedekind,

wollen Sie mir die Freude machen, Freitag d. 3ten, 8½ham 3.11.1905 um 20.30 Uhr. Wedekind stand um 16 Uhr auf und kam der Einladung Walther Rathenaus nach, wo außer ihm noch Max Reinhardt und der zweite Berliner Bürgermeister Georg Reicke zu Gast waren; er notierte am 3.11.1905: „Um 4 Uhr weckt mich Tilli. Ich gehe mit ihr ins Löwenbräu, mache im Theater Toilette und gehe zu Rathenau, wo ich Reinhart und Reike treffe.“ [Tb] Rathenau hatte Maximilian Harden eingeladen, außerdem Paul Block (Feuilletonredakteur des „Berliner Tageblatt“), wie er Harden am 1.11.1905 schrieb: „Cher, auf übermorgen, Freitag habe ich Wedekind, Reinhardt und Block gebeten. Ich hoffe, es paßt Ihnen – 8½ h.“ [Hellige 1983, S. 435] Harden sagte Rathenau am 2.11.1905 ab: „Schade, daß ich morgen nicht kommen kann. Herzlichen Dank. Sehr nett finde ich, daß Sie den armen Block geladen haben. Aber Frank [Wedekind] scheint mich vollkommen ausgestochen zu haben; er ist ja alle paar Tage bei Ihnen. So verschafft man sich selbst Rivalen.“ [Hellige 1983, S. 436] Harden hatte Rathenau mit Wedekind bekannt gemacht. in kleinstem Kreise mit mir zu abend zu essen?

Mit ergebenstem Gruss
Ihr
W Rathenau.

Frank Wedekind schrieb am 15. November 1905 in Berlin folgenden Brief
an Walther Rathenau

Berlin, 15.XI.1905.


Sehr geehrter Herr Doktor!

Sie machten mir das liebenswürdige AnerbietenWalther Rathenau dürfte Wedekind den Ausflug am 3.11.1905 angeboten haben, als Wedekind zuletzt bei ihm zu Gast war [vgl. Tb]., an einem Sonntag mit mir nach Potsdam zu fahren, um historische Ruhe und Schönheit aufzusuchen. Letzten Sonntagder 12.11.1905. schien mir das Wetter nicht sehr geeignet. Wenn Ihre Zeit Ihnen nächsten Sonntagder 19.11.1905, an dem Wedekind notierte: „Fahre mit Walther Rathenau im Automobil nach Potsdam.“ [Tb], den 19., den Ausflug gestatten sollte, würde ich mich ungemein freuen, Sie begleiten zu können, und würde mich dann vormittags um 10 Uhr in der ViktoriastraßeWalther Rathenaus Wohnadresse (Victoriastraße 3, 2. Stock) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 1765]. bei Ihnen einfinden. Sollten Sie durch Ihre Arbeiten verhindert sein, dann lassen Sie mich das vielleicht durch einige Wortevgl. Walther Rathenau an Wedekind, 16.11.1905. wissen.

Mit ergebenstem Gruß Ihr
Frank Wedekind.

Walther Rathenau schrieb am 16. November 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

DR. WALTHER RATHENAU


Verehrter Herr Wedekind,

ich freue mich sehr, Sie Sonntagden 19.11.1905, an dem Wedekind notierte: „Fahre mit Walther Rathenau im Automobil nach Potsdam.“ [Tb] um 10hWedekind hatte diese Uhrzeit vorgeschlagen [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 15.11.1905]. zu sehen. Ich hoffe auf gutes Wetter, und dass es mir möglich sein wird, ein Auto zu bekommen.

Mit ergebenstem Gruss
Ihr
WR.


16.11.05.


3 VICTORIASTRASSE.

Walther Rathenau schrieb am 7. Dezember 1905 in Berlin
an Frank Wedekind

Herr Frank Wedekind werden höflichst gebeten, Frau Lili Deutsch zu Tisch zu führenWedekind notierte am 7.12.1905 in Berlin zu einem Abend bei Walther Rathenau (Victoriastraße 3, 2. Stock) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 1765]: „Abends großes Diner bei Rathenau. Ich führe Frau Kommerzienrath Deutsch zu Tisch.“ [Tb] Lili Deutsch, seit 1893 mit Felix Deutsch, Mitglied der AEG-Direktion, verheiratet, war eine enge Freundin von Walther Rathenau..

Walther Rathenau schrieb am 12. Dezember 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Verehrter Herr Wedekind,

wollen Sie mir die Freude machen, DinstagSchreibversehen, statt: Dienstag. d. 19tenWedekind notierte am 19.12.1905: „Marquis von Keith 6. Nachher bei Rathenau. Mit Alfred Kerr bis 4 Uhr Morgens im Café Roland.“ [Tb] Er hat Walther Rathenau erst nach der sechsten „Marquis von Keith“-Vorstellung im Kleinen Theater (Premiere war am 13.12.1905) aufgesucht und dort als Gast vermutlich Alfred Kerr getroffen – Harden sprach von Rathenaus „Intimus Alfred Kerr“ [Hellige 1983, S. 401], was aber übertrieben war. 8h20 Uhr. in kleinem Kreise bei mir zu Abend zu essen?

Mit herzlichem Gruss
Ihr aufrichtig ergebener
W Rathenau.


– 12.12.05 –

Frank Wedekind schrieb am 11. März 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[Hinweis in Walther Rathenaus Brief an Wedekind vom 14.3.1906 aus Berlin:]


[...] bei meiner Rückkehr [...] fand ich Ihre liebenswürdige Einladung.

Walther Rathenau schrieb am 14. März 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Lieber und verehrter Herr Wedekind,

bei meiner RückkehrWalther Rathenau, der am 9.3.1906 von Berlin zu „Aufsichtsratssitzungen bei Beteiligungsunternehmen der AEG und BHG“ [Hellige 1983, S. 466] abgereist ist, kam am 14.3.1906 (Mittwoch) zurück nach Berlin, wie er Maximilian Harden am 8.3.1906 mitteilte: „Morgen abend fahre ich nach Solingen, Remscheid, Köln, Straßburg, Frankfurt. Mittwoch zurück.“ [Hellige 1983, S. 465] aus Süd- und Westdeutschland fand ich Ihre liebenswürdige Einladungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Walther Rathenau, 11.3.1906.. Verzeihen Sie die Verzögerung!

Leider bin ich am 17ten nicht freiWalther Rathenau war über die Bitte von Gertrud Eysoldt informiert, die Wedekind außer ihm und Maximilian Harden für den 15.3.1903 eingeladen hatte [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 11.3.1906], den Termin auf den 17.3.1906 zu verschieben [vgl. Gertrud Eysoldt an Wedekind, 12.3.1906]. Er schrieb am 16.3.1906 an Maximilian Harden, er sei an diesem Abend erst gegen 23 Uhr frei: „Zu Wedekind komme ich erst – wenn überhaupt – um 11h. Bei Klingenberg ist ein Geschäftsessen, zu dem ich meine Nummer erhalten habe.“ [Hellige 1983, S. 468]; ich habe Prof. Klingenberg, meinem Nachfolger bei der AEGGeorg Klingenberg, habilitierter Maschinenbau- und Elektroningenieur, wurde 1902 Walther Rathenaus Nachfolger als Direktor der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) [vgl. Hellige 1983, S. 1027]., den Abend versprochen. Ich will aber versuchen, mich zeitig freizumachen, um noch auf eine Stunde die Freude zu haben, mit Ihnen zusammenzusein. |

Mit herzlichem Dank und Gruss
Ihr sehr ergebener
W Rathenau.


14.3.06.

Frank Wedekind schrieb am 15. März 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[Hinweis in Walther Rathenaus Brief an Wedekind vom 16.3.1906 aus Berlin:]


[...] für Ihren Vorschlag [...] bin ich Ihnen dankbar.

Walther Rathenau schrieb am 16. März 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

BERLINER HANDELS-GESELLSCHAFT.
______
DIRECTION.

______
Telegr.-Adresse:

Vertraulich Handelschaft.


BERLIN W., 16.3.06.
Behrenstrasse 32.


Mein lieber und verehrter Herr Wedekind,

für Ihren Vorschlagnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Walther Rathenau, 15.3.1906. Wedekind hat Walther Rathenau nach dessen Mitteilung, er sei am 17.3.1903 bereits mit Georg Klingenberg verabredet und könne insofern Wedekinds Einladung erst spät am Abend folgen [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 14.3.1906], offenbar vorgeschlagen, Georg Klingenberg zu ihm mitzubringen., Klingenberg mitzubringen, bin ich Ihnen dankbar. Sie werden aber aus beifolgendem EinladungsformularBeilage nicht überliefert. Walther Rathenau erwähnte in seinem Brief an Maximilian Harden vom 16.3.1906 das formalisierte Einladungsschreiben: „Bei Klingenberg ist ein Geschäftsessen, zu dem ich meine Nummer erhalten habe.“ [Hellige 1983, S. 468] ersehen, dass er leider nicht durchführbarWalther Rathenau kam am 17.3.1906 ohne Georg Klingenberg Wedekinds Einladung nach, spät abends um 23 Uhr, wie er am 16.3.1906 an Maximilian Harden schrieb: „Zu Wedekind komme ich erst [...] um 11 h.“ [Hellige 1983, S. 468]. Walther Rathenau jedenfalls war neben Gertrud Eysoldt sowie Tilly Newes und Emil Gerhäuser unter Wedekinds Gästen bei dem Souper, wie Wedekind am 17.3.1906 notierte: „Souppe mit Gertrud Eysold Tilly Gerhäuser und Rathenau.“ [Tb] ist – wie ich glaube, sehr zum Schaden meines Freundes K.

Nochmals herzlichen Dank und Gruss!

In Ergebenheit der Ihre
W Rathenau.

Frank Wedekind schrieb am 1. April 1906 in Berlin folgenden Brief
an Walther Rathenau

Berlin, 1.IV.1906.


Sehr geehrter Herr Doktor!

Fräulein Tilly Newes hatte mich vorgesternam 30.3.1906, an dem Wedekind notierte: „Besuch mit Gerhäuser bei Rathenau. Abends mit Gerhäuser Tilly und Greves im Treppchen.“ [Tb] beauftragt, Ihnen mitzutheilen, daß sie sich mit mir verlobtWedekind hatte sich am 18.2.1906 in Berlin mit Tilly Newes verlobt, wie er dem mit ihr befreundeten Regierungsrat noch am Verlobungstag zuerst mitteilte [vgl. Wedekind an Julius Greve, 18.2.1906]. hätte und daß wir uns demnächst heirathenWedekind und Tilly Newes heirateten am 1.5.1906 in Berlin [vgl. Tb]. würden. Fräulein Newes fürchtete, ich denke wol mit Unrecht, sich dadurch, daß Sie, Herr Doktor, sie mehrfach in meiner GesellschaftWalther Rathenau hat Tilly Newes nachweislich zuletzt am 17.3.1906 in Wedekinds Gesellschaft erlebt [vgl. Tb] – von „seiner leckeren Lulu“ [Hellige 1983, S. 469] sprach Maximilian Harden in seinem Brief an Rathenau vom 17.3.1906 anzüglich über Wedekinds Geliebte; wahrscheinlich war sie auch am 24.3.1906 bei dem „Diner bei Rathenau“ [Tb] dabei [vgl. Wedekind 1969, S. 107-109]. sahen, sich einer unrichtigen Schätzung auszusetzen. Ich nehme mir daher die Ehre, den Auftrag auszurichten.

Mit herzlichem Gruß Ihr ergebener Frank Wedekind.

Walther Rathenau schrieb am 2. April 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

BERLINER HANDELS-GESELLSCHAFT.
______
DIRECTION.

______
Telegr.-Adresse:

Vertraulich Handelschaft.


BERLIN W., 2.4.06.
Behrenstrasse 32.


Lieber Herr Wedekind,

Ihnen und Ihrem verehrten Fräulein Braut spreche ich meinen herzlichen und aufrichtigen Glückwunsch aus.

Von allen AprilüberraschungenAnspielung auf das Schreibdatum des zuletzt erhaltenen Briefs [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 1.4.1906], in dem Wedekind seine Verlobung mit Tilly Newes bekannt gab und seine Heirat mit ihr ankündigte. war es mir die erfreulichste, die alte Institution der monogamischen Ehe von Ihnen sanktionirt zu sehen, was mir für den Fortbestand | dieser abendländischen Gewohnheit nicht ohne Wichtigkeit erscheint.

In der Hoffnung, Sie bald zu begrüssen
Ihr aufrichtig ergebener
W Rathenau.

Walther Rathenau schrieb am 1. Mai 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind , Tilly Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Walther Rathenau vom 11.5.1906 aus Berlin:]


Empfangen Sie meinen und meiner Frau herzlichen Dank für den schönen Glückwunsch, den Sie uns zum ersten Mai geschickt haben.

Frank Wedekind schrieb am 11. Mai 1906 in Berlin folgenden Brief
an Walther Rathenau

Berlin, 11.V.1906Wedekind notierte am 11.5.1906: „Brief an Rathenau.“.


Lieber verehrter Herr Doktor!

Empfangen Sie meinen und meiner Frau herzlichen Dank für den schönen Glückwunschnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Walther Rathenau an Frank und Tilly Wedekind, 1.5.1906., den Sie uns zum ersten Mai zum 1.5.1906, dem Tag, an dem Frank Wedekind und Tilly Newes geheiratet haben; die Ehe wurde in Berlin auf dem Standesamt Moabit geschlossen [vgl. EWK/PMB Wedekind], Trauzeugen waren Emil Gerhäuser und Julius Greve.geschickt haben. Ich bin wol nicht Kunsthistoriker genug, um das Bildnicht ermittelt; den Bemerkungen zu diesem Hochzeitsgeschenk zufolge ein Werk der bildenden Kunst. seinem ganzen Werth nach schätzen zu können. Um so mehr erfreut es mich durch seine ruhige Schönheit, die ich als eine liebe Erinnerung an Sie sowohl wie an den Tag meiner Trauung recht lange vor Augen zu haben hoffe.

Meine liebe Frau läßt sich Ihnen empfehlen. Mit herzlichem Gruß Ihr
Frank Wedekind.

Walther Rathenau schrieb am 16. Mai 1906 in Athen folgende Bildpostkarte
an Tilly Wedekind , Frank Wedekind

ΕΛΛΑΣ – GRÈCE
ΕΠΙΣΤΟΛΙΚΟΝ ΔΕΛΤΑΡΙΟΝ
ΠΑΚΓΟΣΜΙΟΣ ΤΑΧΥΔΡΟΜΙΚΟΣ ΣΥΝΔΕΣΜΟΣ
Carte postale
Union postale universelle


Herrn u. Frau Frank Wedekind
6. Schiffbauerdamm
Berlin NW
Γερμανία(griech.) Deutschland.. |


Herzliche GrüsseWalther Rathenau unternahm im Mai 1906 eine Griechenlandreise, die ihn mindestens zweimal für einige Tage nach Athen führte, wie andere Korrespondenz bezeugt [vgl. Jaser/Picht/Schulin 2006, Bd. 1, S. 769f.].!
W Rathenau.


Temple de Jupiter Olympien Athènes   ΝαΟς Ολυμπιου ΔιΟς

Frank Wedekind schrieb am 13. Oktober 1906 in Berlin folgenden Brief
an Walther Rathenau

Verehrter Herr Rathenau!

Sie erwiesen mir gesternWedekind notierte am 12.10.1906 ein Treffen mit Walther Rathenau in größerem Kreis im noblen Weinlokal F. W. Borchardt (Französische Straße 47/48): „Abends bei Borchardt Diner zu Ehren Archers. Harden Rathenau Graf Kessler Gordon Craig, Leo Greiner e.ct.“ [Tb 12.10.1906]. die Ehre mich zu fragen, wer bei unserem etwaigen ZusammenseinDas Treffen fand am 19.10.1906 bei Walther Rathenau statt; zugegen waren Friedrich Dernburg, Maximilian Harden, Max Reinhardt, Harry Graf Kessler, Georg Reicke und Paul Cassirer, wie Wedekind notierte: „Abends bei Rathenau mit Dernburg Harden Reinhart Graf Keßler, Reike und Paul Cassirer.“ [Tb] zugegen sein sollte und ich dachte gerade in dem Augenblick nicht an Ihre schöne Freundindie mit Walther Rathenau eng befreundete Lili Deutsch, wie aus der Antwort hervorgeht [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 14.10.1906]., nach deren Befinden ich Sie den ganzen Abend fragen wollte.

Was Sie mir von Ihrer | Absicht, Berlin zu verlassenWalther Rathenau, der zum 1.7.1906 aus dem Direktorium der Berliner Handels-Gesellschaft ausgeschieden und in den Verwaltungsrat des Unternehmens gewechselt ist, überlegte, sich vollständig aus dem Geschäftsleben zurückzuziehen und sich auf einem preußischen Gut niederzulassen [vgl. Jaser/Picht/Schulin 2006, Bd. 1, S. 776; Hellige 1983, S. 480-482]. sagten, geht mir heute den ganzen Tag im Kopf herum. Ich hoffe nur das Eine: Wenn Sie sich ganz Ihren künstlerischen und menschlichen Ideen widmen werden wir indirekt gewiß, vielleicht aber auch persönlich hier in Berlin mehr von Ihnen hören und sehen, als es Ihre | Lebensstellung bis jetzt ermöglichte, ganz davon abgesehen, daß für Sie selber das Leben unvergleichlich reicher würde. In dieser Zuversicht beglückwünsche ich Sie und sende Ihnen die herzlichsten Grüße auch von meiner l. Frau.

Ihr ergebenster
Frank Wedekind.


Kurfürstenstraße 125. III r.
13.10.6.

Walther Rathenau schrieb am 14. Oktober 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Lieber und verehrter Herr Wedekind,

Wortevgl. Wedekind an Walther Rathenau, 13.10.1906. so freundschaftlicher Gesinnung sind mir ungewohnt zu hören, und ich muss Ihnen doppelt herzlich danken, weil ich keine Gelegenheit fand, sie zu verdienen.

Ich werde zu unserem nächsten RendezvousWalther Rathenau sah Wedekind am 19.10.1906 und hatte an diesem Abend außerdem Friedrich Dernburg, Maximilian Harden, Max Reinhardt, Harry Graf Kessler, Georg Reicke und Paul Cassirer zu Gast, wie Wedekind notierte: „Abends bei Rathenau mit Dernburg Harden Reinhart Graf Keßler, Reike und Paul Cassirer.“ [Tb] keine Damen bitten, damit uns noch etwas Steigerung für den Winter übrig bleibt. | Ich proponire Freitagder 19.10.1906, an dem das Treffen stattfand (siehe oben). Walther Rathenau hat am 15.10.1906 auch Maximilian Harden unter Hinweis auf die Einladung Wedekinds für diesen Freitag eingeladen und außerdem noch einen weiteren Herrn einzuladen überlegt (es wurden dann mehrere): „Trotzdem bitte ich Sie, Freitag um ½ 8 bei mir zu sein. Ich habe Wedekind einen Abend dieser Woche abverlangt und bitte vielleicht noch einen Dritten.“ [Hellige 1983, S. 500] Abend 8h. Sollten Sie durch Pflicht behindert sein, so nehmen wir Sonnabendder 20.10.1906, an dem Wedekind notierte: „Hardens Geburtstag.“ [Tb]. Ohne Ceremonien, denn wir bleiben zu zweit, dritt oder viert.

In aufrichtiger Ergebenheit
Ihr
W Rathenau.


Sonntagder 14.10.1906. Abend.


Ich hoffe bald Sie und Ihre verehrte Gemahlin mit Frau Lili DeutschFrank Wedekind ist Lili Deutsch dem Tagebuch zufolge bereits mehrmals begegnet (er war auch mehrfach bei ihr zu Gast), zuerst am 23.10.1905 („Abends mit Herrn Deutsch und seiner Frau bei Rathenau“). Tilly Wedekind erinnerte sich, ihr bereits vor ihrer Ehe im Beisein Frank Wedekinds einmal auf der Straße begegnet zu sein, was Frank Wedekind „äußerst unangenehm“ [Wedekind 1969, S. 69] gewesen sei. Wann genau sie ihr nach dem vorliegenden Brief quasi vorgestellt wurde ist unklar. zusammenzuführen.

Walther Rathenau schrieb am 31. Dezember 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Berliner Handels-Gesellschaft
Geschäftsinhaber


BERLIN W64 Silvester 06.
Behrenstraße 32


Verehrter Herr Wedekind, Ihre liebenswürdige Einladungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Walther Rathenau, 29.12.1906. Wedekind hat Walther Rathenau eingeladen, am 4.1.1907 nach einer Theaterpremiere (zwei Einakter Goethes) in das Weinlokal F. W. Borchardt (Französische Straße 47/48) zu kommen; er notierte unter diesem Datum: „Premiere Geschwister und Mitschuldigen. Nachher Gastmahl bei Borchardt Rathenau Reinhart Gerhäuser Welti Blümner Frisch, ich, Kahane, Edmund, Holländer Kassirer.“ [Tb] nehme ich mit verbindlichstem Dank an. Ich benutze die Gelegenheit, um Ihnen „Manolescu“ zurückzuerstattenBeilage war das Buch „Ein Fürst der Diebe. Memoiren. Mit Bildnis des Verfassers und Anhang“ (1905) von Georges Manolescu (Fürst Lahovary), in Berlin und Groß-Lichterfelde-Ost verlegt von Dr. P. Langenscheidt als Band 3 der Reihe „Dr. P. Langenscheidt’s Bibliothek der Zeit“ [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 59, 11.3.1905, S. 2443], das Wedekind Walther Rathenau ausgeliehen hatte. Wedekind selbst hatte die Memoiren des rumänischen Hochstaplers am 3.5.1905 gelesen: „Bleibe den Abend zu Hause und lese die Memoiren Manolescus.“ [Tb] Seine Frau las sie später ebenfalls, wie Wedekind am 31.1.1914 notierte: „Tilly liest Manolesku“ [Tb]., der mir von neuem ein paar interessante Stunden verschafft hat und mir den Dienst erwies, mich auf Casanovaauf eine Ausgabe der Memoiren von Giacomo Casanova. zu lenken.

Ihnen und Ihrer verehrten Gemahlin die herzlichsten Neujahrswünsche!

In aufrichtiger Ergebenheit
Ihr
W Rathenau.

Frank Wedekind schrieb am 31. Dezember 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[Hinweis in Walther Rathenaus Brief an Wedekind vom 31.12.1906 aus Berlin:]


Ihre liebenswürdige Einladung nehme ich mit verbindlichstem Dank an.

Frank Wedekind schrieb am 13. Juli 1907 in Leipzig folgenden Brief
an Walther Rathenau

HÔTEL HAUFFE, LEIPZIG


Telegr.-Adr. Hotel Hauffe Leipzig.
International Hotel-Telegraph-Code


Zweiggeschäft: Englischer Hof.
Baden-Baden.


Besitzer: OSCAR PETERS, HOFLIEFERANT.


CARLTON HÔTEL-FRANKFURT a.M.
Eröffnung Frühjahr 1907.


Leipzig, den ... 190...
Fernsprecher № 13322 und № 134.


Lieber verehrter Herr Doctor,

da es nicht dazu gekommen ist, daß wir uns noch einmal zusammenfanden, möchte ich Ihnen vor Ihrer AfrikareiseWalther Rathenau nahm vom 13.7.1907 bis 30.10.1907 an einer Reise in die Kolonien Deutsch-Ostafrika und Britisch-Ostafrika unter Leitung von Bernhard Dernburg, Staatssekretär im Kolonialministerium, teil, die ihn nach Daressalam, Sansibar, Mombasa, Nairobi, Port Florence, Mwanza, Tabora und Usambara führte [vgl. Tb Rathenau; vgl. Jaser/Picht/Schulin 2006, Bd. 1, S. 793]. doch noch meine besten Grüße senden. Unser letztes ZusammentreffenWedekind hat Walther Rathenau zuletzt am 26.6.1907 nach einem Besuch bei Lili Deutsch getroffen: „Dann mit Rathenau im Café des Westens.“ [Tb] hat mir auf mehrere Tage zu denken gegeben./,/ Ideenverbindungen, die mich aufs höchste überraschten und die sich in künstlerischer Form meines Erachtens äußerst dankbar erweisen müßten. | Was Harden betrifftAnspielung auf die Eulenburg-Affäre [vgl. Hellige 1983, S. 520-523], ausgelöst durch publizistische Angriffe Maximilian Hardens in seiner Wochenschrift „Die Zukunft“ seit Herbst 1906 auf einen Kreis um Wilhelm II. (die sogenannte ‚Kamarilla‘ um den Kaiser), insbesondere gegen Philipp Fürst zu Eulenburg und Kuno Graf von Moltke, durch Anspielungen auf homosexuelle Neigungen, um deren politischen Einfluss zu diskreditieren, eine Affäre, die eine Reihe Prozesse gegen den Publizisten nach sich zog und großes Aufsehen erregte. Maximilian Harden hatte sein Vorgehen verteidigt: „Was ich bekämpft habe, ist: die Einwirkung normwidriger (wenn auch ideeller) Männerfreundschaft. [...] Ich habe weder Beruf noch Neigung, die Triebe und Lüste Anderer zu bekritteln. Hier hat sichs um Politik gehandelt. Um Kaiser und Reich.“ [Die Zukunft, Jg. 15, Nr. 37, 15.6.1907, S. 374], so muß ich Ihrer Ansicht des Falles beistimmen, aber etwas wäre doch wohl noch zu erwägen. Bis heute hatten die Deutschen Ju/ou/rnalisten nur eine Wahl: Entweder das zu schreiben, was man bei ihnen bestellt, oder wenn sie eine eigene Ansicht vertraten, Zeit ihres Lebens die gekränkte Leberwurst und den Prediger in der Wüste zu spielen. Hardens Vorgehen stellt demgegenüber einen Ausdruck jurnalistischerSchreibversehen, statt: journalistischer. Macht dar, wie sie meines Wissens, das allerdings sehr lückenhaft sein kann, seit Luther nicht mehr vorgekommen ist.

Ein großes ästhätischesSchreibversehen, statt: ästhetisches. Vergnügen bereitete mir in der GoldkrisisWalther Rathenau argumentierte in seinem Essay für die Abschaffung des Goldstandards und eine flexiblere Notenpolitik der Reichsbank [vgl. R.: Die Goldkrisis. In: Die Zukunft, Jg. 15, Nr. 31, 4.5.1907, S. 187-192]. der Gegensatz zwischen der romanhaften Ausdrucksweise und der Nüchternheit des Gegenstandes. Außerdem hat das | Kulturhistorische darin doch wohl auch den größten Anspruch auf allgemeines Interesse.

Meine besten Wünsche begleiten Sie bei dem schönen Unternehmen, das vor Ihnen liegt. Ich bin auf der Fahrt nach Stuttgart Wedekind reiste am 8.7.1907 zunächst von München nach Leipzig, von dort am 15.7.1907 weiter nach Frankfurt am Main und von dort wiederum am 18.7.1907 nach Stuttgart [vgl. Tb].hier eingeregnet. Meine Frau ist auf einige Tage zu ihren Eltern nach Graz gefahrenTilly Wedekind fuhr am 9.7.1907 [vgl. Tb] nach Graz zu ihren Eltern., sonst würde sie mich jedenfalls bitten, Ihnen ihre Grüße auszurichten.

Ich wünsche Ihnen reichsten Ertrag.

Mit bestem Gruß
Ihr
Fr Wedekind.


13.7.7

Frank Wedekind schrieb am 21. August 1907 in München folgende Bildpostkarte
an Walther Rathenau

Postkarte


Herrn Dr. Walther Rathenau
Berlin W.
Victoriastrasse 3.


Verehrter Herr Doctor!

Die 100 ungeschriebenen SchriftenWedekind hat Walther Rathenaus unter Pseudonym veröffentlichten Essay, der aus einhundert Aphorismen besteht, gelesen [vgl. Ernst Reinhart: Hundert ungeschriebene Schriften von Gott und Welt, Mensch und Kunst. In: Die Zukunft, Jg. 15, Nr. 41, 13.7.1907, S. 61-78]. sind mir ein Quell aus dem ich mit immer neuem Behagen trinke. Ich freue mich darauf, Sie darüber sprechen zu hören. Schöne Grüße Ihr Fr Wedekind. |


MÜNCHEN  Ludwigskirche

Walther Rathenau schrieb am 4. September 1907 in Tabora folgende Postkarte
an Frank Wedekind , Tilly Wedekind

Postkarte


An Herrn u. Frau Frank Wedekind
in Berlin W
Wohnung (Straße und Hausnummer) 125 Kurfürstenstr. |


Tabora, 4.9.07.


14 Tagereisen südlich vom VictoriaseeWalther Rathenau unternahm vom 13.7.1907 bis 30.10.1907 eine Afrikareise [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 13.7.1907]; er legte mit der Reisegruppe die Strecke von Mwanza am Südende des Viktoriasees nach Tabora mit einer Karawane zurück, um die Möglichkeiten zum Bau einer Zentralbahn in der Kolonie zu erkunden [vgl. Jaser/Picht/Schulin 2006, Bd. 1, S. 793; vgl. Tb Rathenau]..

[Zeichnung]

Herzliche Grüsse!
W Rathenau.

Frank Wedekind schrieb am 4. November 1907 in Berlin folgenden Brief
an Walther Rathenau

(Berlin), 4.XI.1907.


Sehr verehrter Herr Doktor!

Meine Frau und ich sagen Ihnen herzlichsten Dank für die schöne Erinnerungvgl. Walther Rathenau an Wedekind, 4.9.1907. an Ihre Afrikanische Reise, die Sie uns aus Tabora geschickt haben. Soweit es die Zeitungen möglich machten, sind wir beide Ihren Erlebnissen mit der größten Freude und Aufmerksamkeit gefolgt. Ich speziell freue mich noch besonders, Sie aus dem Erinnerungsblatt von einer neuen künstlerischen SeiteWalther Rathenau hat seine Postkarte aus Tabora mit einer eigenhändigen Zeichnung versehen [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 4.9.1907]. schätzen zu lernen.

Gestatten Sie mir jetzt, Sie zu Ihren Erlebnissen und Ihrer Rückkehr aufrichtig zu beglückwünschen. Mit den besten Empfehlungen von meiner Frau und herzlichen Gruß, Ihr
Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 17. September 1908 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[Hinweis in Walther Rathenaus Brief an Wedekind vom 19.10.1908 aus Berlin:]


Für Ihr neuestes Werk danke ich Ihnen aufs herzlichste.

Frank Wedekind schrieb am 17. Oktober 1908 in München folgenden Brief
an Walther Rathenau

Da mir Herr Direktor Reinhart die Direktion des Deutschen Theaters das Recht streitig macht über meine eigene geistige Arbeit zu verfügen, ersuche ich Sie höflichst von beiliegenden ZeilenBriefbeilage des verschollenen abgesandten Briefes war ein von Wedekind verfasstes „Tagebuch“ [KSA 5/II, S. 278-281; vgl. 5/III, S. 695-702] über seine Auseinandersetzungen mit Max Reinhardt um die Auflösung seiner Verträge mit dem Deutschen Theater, das er am 11.9.1908 in Berlin nach früheren Tagebucheinträgen zusammenstellte, am 14.9.1908 zum Vervielfältigen eine Abschrift herstellen ließ und als Beilage mit einem Anschreiben am 17.10.1908 außer an Walther Rathenau an Maximilian Harden, Emmy Loewenfeld, Fritz Andreae, Hermann Rosenberg, Robert von Mendelssohn und Paul Cassirer sandte. Beilage (und Entwurf der Beilage) sind bei den zwei erhalten gebliebenen abgesandten Anschreiben mitgeteilt [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 17.10.1908; Wedekind an Robert von Mendelssohn, 17.10.1908]. Kenntnis nehmen zu wollen.

Walther Rathenau schrieb am 19. Oktober 1908 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Verehrter Herr Wedekind,

Ihre Aufzeichnungendas von Wedekind sogenannte „Reinhardt-Tagebuch“, das er als Briefbeilage verschickt hat [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 17.10.1908], um seine Auseinandersetzungen mit Max Reinhardt um die Auflösung seiner Verträge mit dem Deutschen Theater zu Berlin zu dokumentieren. enthüllten mir zu meinem grossen Bedauern, dass ernste Differenzen zwischen Ihnen und dem Deutschen Theater bestehen. Ich habe seit der Begründung nicht mehr Gelegenheit gehabt, mich mit diesem Institut zu befassen. Mein Schwager AndreaeFritz Andreae war mit der jüngeren Schwester von Walther Rathenau, Edith Rathenau, verheiratet; ihm hatte Wedekind ebenfalls ein Exemplar des „Reinhardt-Tagebuch“ (siehe oben) gesandt [vgl. Wedekind an Fritz Andreae, 17.10.1908]. dagegen gehört der Verwaltung an, und ihn habe ich gebeten, sich der Sache anzunehmen.

Ich hoffe sehr auf die Freude, Sie und Ihre verehrte Gemahlin diesen Winter zu sehen, obwohl ich nicht weiss, was Sie über Ihr Domizil beschlossen haben. Ich denke, | im nächsten Monat ein paar Tage in München zu sein: werde ich Sie noch antreffen? Sie haben mir Ihre münchner AdresseWedekind hatte in München gerade eine neue Wohnung (Prinzregentenstraße 50, 3. Stock) bezogen, wie er im Tagebuch festhielt – so am 1.10.1908 („Besichtigung der Wohnung Bad. [...] Mit Anna Pamela in der Wohnung“), 5.10.1908 („Tilly ab 8 Uhr in der Wohnung [...] Das Eßzimmer ist gesäubert Bibliothek aufgestellt“), 6.10.1908 („Tilly ab 8 Uhr in der Wohnung Bestelle zwei Schränke. [...] Mein Zimmer ist gesäubert“), 7.10.1908 („Die Teppiche werden gebracht. Tillys Zimmer ist gesäubert“), 8.10.1908 („Mein Schlafzimmer ist gesäubert“), 9.10.1908 („Packe meine Koffer und fahre in die Wohnung“). Wedekind hatte zuvor in Berlin gewohnt (Kurfürstenstraße 125, 3. Stock); er reiste am 21.9.1908 von Berlin ab nach Dresden und von dort am 30.9.1908 nach München [vgl. Tb], wo er zunächst eine Pension bezog, wie er am 30.9.1908 notierte: „Abends Ankunft in Pension Fernsemer“ [Tb]; das war die von Konstantine Fernsemer geführte Pension Fernsemer (Ohmstraße 1) [vgl. Adreßbuch für München 1908, Teil II, S. 362]. nicht gegeben; ich versuche es diesmal mit der Kurfürstenstraße.

Für Ihr neuestes Werk danke ich IhnenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur übersandten Buchausgabe von „Oaha“; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Walther Rathenau, 17.9.1908. aufs herzlichste. Es hat mich doppelt gefesselt, nachdem Sie mir manches aus diesem seltsamen Kreisedie Redakteure des „Simplicissimus“ und dessen Verleger Albert Langen. Wedekinds Schauspiel „Oaha“ fiktionalisierte die Verhältnisse in der Redaktion der Münchner Zeitschrift „Simplicissimus“ [vgl. KSA 8, S. 565], in der Wedekind satirische Gedichte veröffentlicht hatte, welche 1898 die Majestätsbeleidigungsaffäre provozierten, die Konfiskation und seine Flucht in die Schweiz, deren Vorgeschichte das Stück verarbeitet [vgl. KSA 8, S. 395-397]. erzählt hatten.

Auf baldiges Wiedersehen! Ich grüsse Sie freundschaftlich und in aufrichtiger Ergebenheit
Ihr
Walther Rathenau.


19.10.08.

Frank Wedekind schrieb am 24. Oktober 1908 in München folgenden Brief
an Walther Rathenau

München Prinzregentenstraße 50.
24.10.8.


Sehr verehrter Herr Doktor!

Das wäre ja entzückend, wenn wir uns hier in München treffenEin Treffen in München kam nicht zustande. könnten. Ich bitte Sie sehr mir zu schreiben, wenn Sie hier sind.

Ich danke Ihnen, daß Sie sich meiner AngelegenheitWedekinds Auseinandersetzung mit Max Reinhardt um die Auflösung seiner Verträge mit dem Deutschen Theater zu Berlin, dargelegt in dem als Briefbeilage verschickten „Reinhardt-Tagebuch“ [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 17.10.1908]. angenommenvgl. Walther Rathenau an Wedekind, 19.10.1908.. Herr Direktor AndreäWedekind hat Walther Rathenaus Schwager ebenfalls ein Exemplar des „Reinhardt-Tagebuch“ geschickt [vgl. Wedekind an Fritz Andreae, 17.10.1908]. ist in des/r/ Sache vollkommen orientiert. Ich habe Ihnen das Tagebuchdas „Reinhardt-Tagebuch“ (siehe oben). übrigens auch als Erklärung für eine Regie|bemerkungdie gegen Max Reinhardt gerichtete Regieanweisung zum Auftakt von „Oaha“ (1908): „Auffallende Dekorationen und Requisiten, Entfaltung eines besonderen Stiles, Verwendung einer Drehbühne, sowie aller sonstige Humbug einer klobigen, marktschreierischen Regie sind bei der Aufführung dieses Stückes unzulässig.“ [KSA 8, S. 13] in Ôaha zugesandt, die jedem, der den Sachverhalt nicht kennt, sehr gehässig erscheinen muß. Ich habe mich mit der Bemerkung sowie mit der Versendung der Aufzeichnungen nur gewehrt nachdem mir Direktor Reinhardt mit dem Gerichtsbüttel gedrohtJuristische Schritte hat die Direktion des Deutschen Theaters zu Berlin Wedekind dann einen Tag später schriftlich in einem gedruckten Brief angedroht [vgl. Deutsches Theater zu Berlin an Wedekind, 25.10.1908]. hat.

In der Freude auf baldiges Wiedersehn sendet Ihnen herzlichste Grüße
Ihr ergebener
Frank Wedekind.

Walther Rathenau schrieb am 4. April 1910 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Walther Rathenau vom 4.4.1910 aus Berlin:]


Empfangen Sie meinen ergebensten Dank für Ihre liebenswürdige Aufforderung [...]

Frank Wedekind schrieb am 4. April 1910 in Berlin folgenden Brief
an Walther Rathenau

Sehr verehrter Herr Doctor!

Empfangen Sie meinen ergebensten Dank für Ihre liebenswürdige Aufforderungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Walther Rathenau an Wedekind, 4.4.1910. Walther Rathenau dürfte Wedekind für den Abend in das Clubheim des Berliner Automobil-Clubs (Königgrätzer Straße 100) [vgl. Berliner Adreßbuch 1910, Teil II, S. 242] eingeladen haben, wie Wedekind am 5.4.1910 notierte (anschließend ging er mit Walther Rathenau, Max Reinhardt, Felix Hollaender und Karl Walser noch in das Café Josti): „Rathenaus Souper im Automobil Klub. Café Josti mit Rathenau Reinhart Holländer Walser.“ [Tb] Maximilian Harden hatte am 20.3.1910 abgesagt: „Lieber Walther, der fünfte April ist ein Dienstag; der unmöglichste Tag. Ich [...] bin betrübt, weil ich sehr gerne zu Ihrem Fest gekommen wäre.“ [Hellige 1983, S. 604], der ich mit Vergnügen folgen werde. Ich freue mich sehr auf den Abend. Ganz besonders aber danke ich Ihnen für die freundschaftliche Theilnahme, die Sie mir | meiner MißhelligkeitenWedekinds Konflikte mit seinem Verleger Bruno Cassirer, die zu lösen er vom 30.3.1910 bis 6.4.1910 nach Berlin gereist war [vgl. Tb]. Die Auseinandersetzungen mit seinem Verleger sind unter dem Stichwort „Contra Cassirer“ auch in Wedekinds Notizbüchern dokumentiert [vgl. KSA 5/III, S. 126-141]. wegen erwiesen. Heute NachmittagWedekind, der Maximilian Harden bereits am 3.4.1910 aufgesucht hat (und dabei auch Walther Rathenau traf): „Besuch bei Harden, wo ich [...] Ratenau treffe. Rückfahrt mit Harden und Ratenau“ [Tb], notierte am 4.4.1910: „Nachmittag bei Harden“ [Tb]. war ich bei Harden und habe volles Vertrauen in die/e/n Erfolg seiner VermittlungMaximilian Harden hat in Wedekinds Streit mit Bruno Cassirer (siehe oben) erfolgreich vermittelt (siehe Wedekinds Korrespondenz mit Maximilian Harden).. Also auf Wiedersehn morgen Abend

In Verehrung mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


Berlin 4 April 1910

Frank Wedekind schrieb am 16. Juni 1910 in München folgende Widmung
an Walther Rathenau

Wedekind

In allen Wassern gewaschen


An
Dr. Walther Rathenau
in Verehrung und Freundschaft
Frank Wedekind.


München im Juni 1910.

Walther Rathenau schrieb am 17. Juni 1910 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

W. R.


Mein lieber Herr Wedekind,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Sendungein mit Widmung versehenes Exemplar des Einakters „In allen Wassern gewaschen“ [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 16.6.1910].!

Mit Grauen und Bewunderung habe ich dies SchäferspielGattung des 18. Jahrhunderts, die einen Liebesreigen vorführt. gelesen und glaube, dass noch niemand den MorganismusAnspielung auf die als Morganisierung bezeichneten Monopolisierungs- und Bereicherungspraktiken, benannt nach dem US-amerikanische Unternehmer und Bankier John Pierpont Morgan. unserer Zeit so erschütternd | vorgestellt hat.

In Freundschaft und Ergebenheit der Ihre
Walther Rathenau.


17.6.10.

Frank Wedekind schrieb am 18. Juni 1910 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[Hinweis in Walther Rathenaus Briefkarte an Wedekind vom 27.6.1910 aus Berlin:]


[...] nochmals herzlichen Dank: für das „Glossarium“ [...]

Walther Rathenau schrieb am 27. Juni 1910 in Berlin
an Frank Wedekind

W. R.


Lieber Herr Wedekind,

nochmals herzlichen DankHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Sendung (oder eine Widmung); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Walther Rathenau, 18.6.1910. Wedekind hat Walther Rathenau seine Broschüre „Schauspielkunst. Ein Glossarium“ (1910) geschickt, erschienen im Georg Müller Verlag [vgl. KSA 5/III, S. 730] und seit dem 18.6.1910 „im Handel“ [Tb].: für das „Glossarium“, das mich auf ein paar Tage über Nord- und OstseeWalther Rathenau schrieb am 25.6.1910 an Gerhart Hauptmann, dass er „eben von einer Fahrt um Skagen heimkehre, die die anderen zur Kieler Woche führte“ [Jaser/Picht/Schulin 2006, Bd. 1, S. 948]; er hatte „eine Schiffsreise um ganz Dänemark gemacht“ [Hellige 1983, S. 615. begleitet hat. Es ist eine schöne und seltene Freude, Sie, den | e/E/ichen- und e/E/rzgepanzerten, offen, lebhaft, ja leidenschaftlich Partei ergreifenfür Maximilian Harden etwa, dem Wedekind den ersten Abschnitt von „Schauspielkunst“ gewidmet hat, für den Dramatiker Herbert Eulenberg, für Thomas Manns „Fiorenza“ oder für den Schauspieler Albert Steinrück. zu sehen.

Herzliche Grüsse für Sie und Ihre verehrte Gemahlin und auf baldiges Wiedersehen!

In alter Ergebenheit der Ihre
Walther Rathenau.


27.6.10.

Frank Wedekind schrieb am 26. Juli 1910 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[1. Hinweis in Walther Rathenaus Brief an Wedekind vom 28.7.1910 aus Berlin:]


[...] nochmals vielen herzlichen Dank für das neueste Drillingskind [...]


[2. Hinweis im Verzeichnis der Bibliothek Rathenaus, Bundesarchiv, Abteilungen Potsdam, RdI 25243:]


Wedekind, Frank, In allen Sätteln gerecht. 1910. Mit Widmung.

Walther Rathenau schrieb am 28. Juli 1910 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

R/G


Berlin, 28.7.1910.


Herrn Dr. Frank Wedekind,
München.


Lieber Herr Wedekind,

nochmals vielen herzlichen Dank für das neueste Drillingskind„In allen Sätteln gerecht“ (1910), der dritte der drei Einakter, die Wedekind 1912 unter dem Titel „Schloß Wetterstein“ vereinigte [vgl. KSA 7/II, S. 690]. Ihrer, dieses Jahr hochgesegneten Muse. Es kommt mir gerade zurecht, um mich auf einer Reise zu begleiten, die mich in die Nähe Ihrer Heimat, nämlich nach der NordschweizWalther Rathenau reiste nach Mülhausen, an der Grenze zur Schweiz gelegen, um dort am 1.8.1910 als einer der Aufsichtsräte die Oberrheinische Kraftwerke A.-G. zu gründen, „Dr. Rathenau“ als einer der Repräsentanten „der Bank für elektrische Unternehmungen“ [Neue Zürcher Nachrichten, Nr. 208, 3.8.1910, 1. Blatt, S. (3)]., führt, indessen leider, trotz des schönsten Sommermonats, in nüchternsten Geschäften.

Entschuldigen Sie, dass dieser Brief, im Moment der Abreise diktiert, meine Unterschrift nicht trägt, und seien Sie aufs freundlichste begrüsst von
Ihrem aufrichtig ergebenen
für Dr. W. Rathenau
Hugo Geitner,
SekretärHugo Geitner, der das Diktat aufgenommen und den Brief unterschrieben hat, war seit 1907 Walther Rathenaus Privatsekretär [vgl. Hellige 1983, S. 1011]..

Frank Wedekind schrieb am 9. August 1910 in Lenzburg folgenden Brief
an Walther Rathenau

Lieber verehrter Herr Doktor!

Was Sie mir über „in allen Wassern gewaschenschriebenvgl. Walther Rathenau an Wedekind, 17.6.1910., hat mich so beschämt, daß es mir schwer wird, den richtigen Ton zu finden. Sie hatten mir bei der Arbeit geholfen, u. a. durch einen ausführlichen AufsatzWalther Rathenau hatte Wedekind seinerzeit seinen Sammelband „Impressionen“ geschickt [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 25.9.1904], der den zuerst 1902 anonym veröffentlichten Essay „Physiologie der Geschäfte“ enthält [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 165-206]; der Essay „widmet sich den Motiven wirtschaftlichen Handelns und den Bedingungen erfolgreicher geschäftlicher Tätigkeit“ [KSA 7/II, S. 791], er kommt für den Einakter „In allen Wassern gewaschen“ (1010) aber als Quelle im engeren Sinn „nicht in Betracht.“ [KSA 7/II, S. 791], den Sie mir im Jahr 1904 über die Rolle des Geldes im Weltbetrieb schrieben, und den ich als ich an dem Einakter schrieb wieder genau durch|studierte.

Seit einigen TagenFrank, Tilly und Pamela Wedekind sind am 6.8.1910 von München über Lindau und Zürich nach Lenzburg gereist, wo sie noch abends eintrafen [vgl. Tb]. bin ich nun mit meiner Frau und unserem Töchterchen in Lenzburg im Kanton Aargau, wo meine Mutter am Fuß des Schloßberges ein kleines Gutdas Steinbrüchli in Lenzburg, Emilie Wedekinds Wohnhaus. bewohnt. Meine Schwester Erika ist gleichfalls mit ihrer Tochtermit Eva Oschwald, der Tochter von Erika Wedekind und Walter Oschwald, die bereits in Lenzburg war, als Frank Wedekind mit seiner Familie in Lenzburg eintraf, wie er am 6.8.1910 notierte: „Mama und Eva holen uns vom Bahnhof ab.“ [Tb] hier. Kurz vor Ihrer Abreise von Berlin schrieben Sie mirvgl. Walther Rathenau an Wedekind, 28.7.1910., daß Sie hierherkämen, wie ich vermute, nach Baden oder Laufenburg. Wenn Sie an Tagen, die die Geschäfte Ihnen frei lassen, einmal nach Lenzburg | kämen, würden wir uns alle ungemein freuen. Vielleicht würde Sie auch das alte Schloßdas im 11. Jahrhundert erbaute und danach mehrfach umgebaute Schloss Lenzburg, wo die Familie Wedekind von 1872 bis 1893 gelebt hat, Frank Wedekind bis 1884, also im Alter von 8 bis 20 Jahren. interessieren.

Augenblicklich haben wir ja zuverlässiges Wetter. Ich hoffe, daß Ihnen die Reise trotz Ihrer Arbeit die notwendige Erholung bieten konnte. Für die Winterarbeit ist das wohl wichtiger als wir oft annehmen.

Mit besten Empfehlungen von meiner Frau und mir und herzlichem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


9.8.10.
Lenzburg (Ct. Aargau) Schweiz.

Walther Rathenau schrieb am 15. August 1910 in Freienwalde folgende Bildpostkarte
an Frank Wedekind

Herrn Frank Wedekind
Lenzburg
Schweiz Ct. Aargau.


Haben Sie herzlichen Dank, lieber Herr Wedekind, für Ihren freundlichen Briefvgl. Wedekind an Walther Rathenau, 9.8.1910.. Schade, dass ich von Ihrem Schweizer AufenthaltFrank Wedekind machte vom 6.8.1910 bis 2.9.1910 Ferien in Lenzburg [vgl. Tb]. nichts wusste; ich war in letzter ZeitWalther Rathenau war vom 7. bis 11.7.1910 geschäftlich in der Schweiz gewesen, er war „zu Verwaltungsratssitzungen der Elektrobank nach Zürich und Laufenburg am Oberrhein“ [Hellige 1983, S. 615] gereist. zweimal in Zürich und Laufenburg. Vielleicht gelingt es mir beim dritten | Besuch, Sie zu sehen. Mit vielen herzlichen Grüssen der Ihre
Walther Rathenau.


Freienwalde1909 hatte Walther Rathenau das Schloss Freienwalde, den ehemaligen Sommersitz der preußischen Königin Friederike Luise, erworben; er schrieb am 25.6.1910 an Gerhart Hauptmann: „Nun aber [...] ist Freienwalde seit einigen Tagen annähernd bewohnbar. Ich denke nächste Woche dort einzukehren und einen Teil des Sommers – wenn auch mit Unterbrechungen – dort zu bleiben.“ [Jaser/Picht/Schulin 2006, Bd. 1, S. 948], 15.8.10.

Frank Wedekind schrieb am 24. August 1910 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[Hinweis im Verzeichnis der Bibliothek Rathenaus, Bundesarchiv, Abteilungen Potsdam, RdI 25243:]


Wedekind, Frank, Mit allen Hunden gehetzt. 1910. Mit Widmung.

Frank Wedekind schrieb am 27. November 1911 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[Hinweis im Verzeichnis der Bibliothek Rathenaus, Bundesarchiv, Abteilungen Potsdam, RdI 25243:]


Wedekind, Frank, Franziska. 1912. Mit Widmung.

Frank Wedekind schrieb am 30. September 1912 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[Hinweis in Walther Rathenaus Brief an Wedekind vom 4.11.1912 aus Berlin:]


[...] bin ich Ihnen dankbar, für Ihr neues Werk [...] „Schloss Wetterstein“ [...]

Frank Wedekind schrieb am 1. November 1912 - 2. November 1912 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[1. Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 1.11.1912 in München:]


An Rathenau geschrieben Almanach der 300Wedekind schlug vermutlich einen Almanach vor, der „eine neue Art ‚Gotha der Wirtschaft‘“ [Etta Federn-Kohlhaas: Walther Rathenau. Sein Leben und Werk. Mit 20 Bildtafeln und Faksimiles. Dresden 1927, S. 68] werden sollte – dies möglicherweise in Anspielung auf den im Sommer 1912 erschienenen ersten Jahrgang des antisemitischen Werks „Weimarer historisch-genealoges Taschenbuch des gesamten Adels jehudäischen Ursprunges“ (1912), bezeichnet als „Semigotha“ [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 79, Nr. 148, 28.6.1912, S. 7862]. Wedekind bezog sich auf einen Satz aus dem ersten Abschnitt von Walther Rathenaus Essay „Geschäftlicher Nachwuchs“ (1909), der erneut im Anhang „Zeitfragen und Antworten“ des im S. Fischer Verlag erschienenen Bandes „Zur Kritik der Zeit“ (1912) abgedruckt war: „Dreihundert Männer, von denen jeder jeden kennt, leiten die wirtschaftlichen Geschicke des Kontinents und suchen sich Nachfolger aus ihrer Umgebung.“ [Walther Rathenau: Zur Kritik der Zeit. Berlin 1912, S. 207].


[2. Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 2.11.1912 in München:]


Brief an Rathenau wegen Almanach der 300 [...]


[3. Hinweis in Walther Rathenaus Brief an Wedekind vom 4.11.1912 aus Berlin:]


[...] bin ich Ihnen dankbar [...] für Ihren gütigen Brief.

Walther Rathenau schrieb am 4. November 1912 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

65 KÖNIGSALLEE
GRUNEWALD


Mein lieber und sehr verehrter Herr Wedekind,

doppelt bin ich Ihnen dankbarHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Buchsendung (oder eine Widmung im Buch); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Walther Rathenau, 30.9.1912. Bei dem Buch handelte sich um die Erstausgabe von „Schloß Wetterstein. Schauspiel in drei Akten“ (1912) im Georg Müller Verlag [vgl. KSA 7/II, S. 692]., für Ihre neues Werk und für Ihren gütigen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Walther Rathenau, 1. bis 2.11.1912.. Noch immer liegt Ihr MysteriumWalther Rathenau besaß die Erstausgabe von „Franziska. Ein modernes Mysterium in fünf Akten“ (1912), vordatiert im Georg Müller Verlag erschienen [vgl. KSA 7/II, S. 994], ein Widmungsexemplar [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 27.11.1911]. auf meinem Tisch; zweimal habe ich es gelesen, und ich wage kaum, „Schloss Wetterstein“ zu beginnen, bevor ich nicht versucht habe, „Franziska“ mir noch lebhafter zu eigen zu machen. Die Schönheiten und Tiefen dieses Dramas haben mich bewegt und sein reiches Schmuckwerk – ich denke unter vielem Anderen an das fulminante TanzliedWalther Rathenau meint entweder das von Veit Kunz im 1. Akt (2. Bild) gesungene und von Karaminka getanzte Lied mit dem „Donnerwetter“-Refrain [vgl. KSA 7/I, S. 248f.] – das „Donnerwetterlied“ ist in der Erstausgabe von „Franziska“ (siehe oben) „in einer Fassung abgedruckt, die zum Erstdruck des Gedichts ‚Auf eigenen Füßen. Ein Tanzgedicht‘ [...] nur geringfügig variant ist“ [KSA 7/II, S. 994; vgl. KSA 1/I, S. 585f.] – oder das von den Mädchen im 4. Akt (8. Bild) im Veitstanz gesungene Lied [vgl. KSA 7/I, S. 293f.]. – hat mich bezaubert. Ergreifend | sind Geständnisse, die aus Ihrem Herzen kommen. Aber habe ich schon das Recht zu urtheilen? Sicherlich das, Ihnen aufs herzlichste zu danken.

Ihre geistvolle AnregungWedekinds Vorschlag eines „Almanach der 300“ [Wedekind an Walther Rathenau, 1. bis 2.11.1912]. hat mich aufs lebhafteste interessirt. Aber lassen Sie mich vertraulich Ihnen sagen: mein Ausspruch„Dreihundert Männer, von denen jeder jeden kennt, leiten die wirtschaftlichen Geschicke des Kontinents und suchen sich Nachfolger aus ihrer Umgebung.“ [Walther Rathenau: Zur Kritik der Zeit. Berlin 1912, S. 207] Wedekind bezog sich in seinem nicht überlieferten Brief [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 1. bis 2.11.1912] auf diesen Satz Walther Rathenaus, der aus dem 1912 nachgedruckten Essay „Geschäftlicher Nachwuchs“ (1909) stammt. war eine Art von Indiskretion. Die wirklichen „300“ haben die Gewohnheit und Vorsicht, ihre Macht zu abzuleugnen. Wenn Sie sie aufrufen, so werden sie Ihnen sagen: wir wissen | von nichts; wir sind Kaufleute wie alle anderen. Dagegen werden nicht 300 sondern 3000 Commerzienräthe sich melden, die Strümpfe oder Kunstbutter wirken, und sagen, wir sind es. Die Macht liegt in der Anonymität; ich kenne unter den Bekannteren – nicht unter den Bedeutendsten – Einen, den überhaupt niemand zu sehen bekommt, ausser seinem Barbier. Ich kenne e/E/inen, der fast arm ist und die gewaltigsten Unternehmungen beherrscht. Ich kenne Einen, der vielleicht der Reichste ist, und dessen Vermögen seinen Kindern gehört, die er hasst. | Mehrere sind unzurechnungsfähig. Einer arbeitet für das Vermögen der Jesuiten, ein Anderer ist Agent der Curie. Einer, als Beauftragter einer ausländischen Vereinigung, ist mit einem Besitz von 280 Millionen Consols(engl.) Consolidated Annuities. Bezeichnung für englische Staatsanleihen im 18. Jahrhundert, hier im übertragenen Sinne für Staatsschuldscheine. der grösste Gläubiger der/s/ preussischen Staates.

Alles dies vertraulich. Aber Sie sehen: diesen Menschen ist auf gewöhnlichen Wegen nicht leicht beizukommen. Und den ungewöhnlichen Weg des persönlichen Apells lehnen sie ab.

Aufrichtig erfreut bin ich über die EhrungAnspielung auf die durch offene Briefe publik gewordene Einladung Wedekinds an die Universität Dublin, ausgesprochen von der studentischen University Philosophical Society am Trinity College der University of Dublin [vgl. Herbert Martyn Oliver White an Frank Wedekind, 25.9.1912], und seine Absage [vgl. Wedekind an Herbert Martyn Oliver White, 28.10.1912]. Walther Rathenau bezog sich auf Wedekinds Absage, die er soeben in der Berliner Presse gelesen haben dürfte [vgl. Wedekind und die englische Literatur. In: Berliner Börsen-Courier, Jg. 45, Nr. 519, 4.11.1912, Abend-Ausgabe, S. 8]., die Dublin Ihnen und sich selbst | erwiesen hat. Ich bedaure, dass Sie nicht hingehen. Ich hätte erwartet, dass die Reise Sie mit Shaw in VerbindungWedekind hatte zwar den Schriftsteller Charles Dickens erwähnt [vgl. Wedekind an Herbert Martyn Oliver White, 28.10.1912] und in der Einladung nach Dublin (siehe oben) war von dem Schriftsteller Gilbert Keith Chesterton die Rede [vgl. Herbert Martyn Oliver White an Wedekind, 25.9.1912], der irische Dramatiker George Bernard Shaw, der seit 1876 in London lebte, war in beiden offenen Briefen aber nicht genannt. gebracht hätte; ich kenne ihn nicht, aber ich meine, Sie würden ihm und er Ihnen etwas zu sagen haben.

Weit mehr bedaure ich, dass Sie mich nicht mehr besuchenWedekind hat Walther Rathenau zuletzt am 17.11.1911 in München zufällig gesehen: „Ratenau begegnet“ [Tb]; das nächste Treffen fand erst wieder am 31.8.1913 statt, als Wedekind in Berlin war: „Rathenau holt mich ½ 10 Uhr ab nach Freienwalde wo wir den ganzen Tag bleiben.“ [Tb]. Bin ich schuld? Bewusst sicher nicht.

Mit herzlichen Grüssen für Sie und Ihre Gemahlin in Ergebenheit der Ihre
W Rathenau.


4.11.12.

Frank Wedekind schrieb am 5. Oktober 1915 in München folgenden Brief
an Walther Rathenau

München 5 Oktober 1915


Sehr verehrter Herr Doctor!

Für die Ehre die die Deutsche Gesellschaft 1914Die Deutsche Gesellschaft 1914 (Geschäftsstelle: Wilhelmstraße 67, Vorsitzender: Wilhelm Solf [vgl. Berliner Adreßbuch 1916, Teil II, S. 252] war ein Klub, der am 28.11.1915 seine Gründungsversammlung hatte (das Präsidium bestand aus 20 Mitgliedern, darunter Walther Rathenau, ebenso der Vorstand), wie die Presse berichtete: „Berlin. 28. November. Heute abend hat die ‚Deutsche Gesellschaft 1914‘ ihre begründende Versammlung abgehalten. Von nah und fern waren die Mitglieder, über 400 an der Zahl, darunter führende Männer aus allen Berufen und Ständen, in dem ehemaligen Pringsheimschen Palais an der Wilhelmstraße, zusammengeströmt, das zum Heim der Deutschen Gesellschaft ausersehen ist. [...] Zum Vorsitzenden der Gesellschaft wurde [...] Exzellenz Dr. Solf gewählt [...]. Zum Präsidium gehören [...] Dr. Rathenau“ [Gründungsversammlung der „Deutschen Gesellschaft 1914“. In: Berliner Tageblatt, Jg. 44, Nr. 609, 29.11.1915, Montags-Ausgabe, S. (3)]. Das Zentralorgan der SPD zitierte aus der Satzung: „‚Die Deutsche Gesellschaft1914‘ bezweckt nach § 1 [...] ‚reichsdeutschen Männern aus allen Berufen und Ständen ohne Unterschied der Partei die Möglichkeit eines vorurteilsfreien, zwanglosen geselligen Verkehrs zu geben und so den Geist der Einigkeit von 1914 in die Jahre des Friedens hinüberzutragen‘. Für die Verwirklichung dieses Zweckes hat die Gesellschaft eine Art von Klubhaus eingerichtet [...], um den Mitgliedern die tägliche Gelegenheit [...] zur Aussprache auf einem gewissermaßen neutralen Boden zu geben. Fragen des öffentlichen Lebens sollen [...] in Vorträgen erörtert [...] werden. Politisch tätig wird die ‚Deutsche Gesellschaft 1914‘ nicht sein. Weiter wird mitgeteilt, daß man an der Einheit von 1914 durch Zahlung eines jährlichen Beitrages von mindestens 60 M. arbeiten muß, daß aber Frauen die Mitgliedschaft nicht erwerben können.“ [Was will die „Deutsche Gesellschaft 1914“? In: Vorwärts, Jg. 32, Nr. 339, 9.12.1915, S. (3)] mir durch ihre Aufforderung zum Beitrittnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Deutsche Gesellschaft 1914 an Wedekind, 4.10.1915. zuteil werden läßt, sage ich Ihnen aufrichtigen Dank. Von der Gründung der | Deutschen Gesellschaft 1914 hörte ich schon mehrfach reden und freue mich nun umsomehr an Ihren Bestrebungen teilnehmen zu können. Möge es der Gesellschaft beschieden sein den Sieg des deutschen Volkes zum | Glück für das deutsche Volk zu gestalten.

Mit besten Grüßen
Ihr ergebener
Frank Wedekind.

Walther Rathenau schrieb am 7. Oktober 1915 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

ALLGEMEINE ELEKTRICITÄTS-GESELLSCHAFT
Kapital einschl. Reserven 360 Millionen Mark


Friedrich Karl-Ufer 2-4

Präsidium

BERLIN NW, den 7.10.15.


Lieber und sehr verehrter Herr Wedekind,

aufrichtig erfreut mich Ihr BeitrittHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Deutsche Gesellschaft 1914, 5.10.1915. Walther Rathenau war Präsidiumsmitglied der am 28.11.1915 offiziell gegründeten Deutschen Gesellschaft 1914, die Wedekind zum Beitritt aufgefordert hatte [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 5.10.1915]. zur Deutschen Gesellschaft und Ihre guten Wünschevgl. Wedekind an Walther Rathenau, 5.10.1915..

Wie lange haben wir uns nicht gesehen! Wir sollten die alten Berührungen nicht verlieren. Es wäre schön, wenn Ihr Weg Sie bald wieder nach Berlin führte und eine BegegnungWedekind war vom 10. bis 23.4.1916 wieder in Berlin [vgl. Tb] und traf Walther Rathenau dort dem Tagebuch zufolge am 15.4.1916 („Treffe Rathenau auf der Potzdamer Straße“) und 16.4.1916 („bei Rathenau“); bei diesem Aufenthalt (und bei späteren Aufenthalten in Berlin) suchte Wedekind auch häufig den Club auf, wie er die Deutsche Gesellschaft 1914 (siehe oben) nannte [vgl. Tb]. brächte.

Mit ergebenstem Gruss
der Ihre
Rathenau

Frank Wedekind schrieb am 15. November 1916 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Walther Rathenau

[Hinweis im Verzeichnis der Bibliothek Rathenaus, Bundesarchiv, Abteilungen Potsdam, RdI 25243:]


Wedekind, Frank, Till Eulenspiegel. 1916. Mit Widmung.

Frank Wedekind schrieb am 23. Oktober 1917 in München folgenden Brief
an Walther Rathenau

Herrn Dr. Walther Rathenau

Sehr geehrter Herr Dr.


Seit langer Zeit ward mir kein so ungetrübtes Labsal zuteil wie die LektüreWedekind hat Walther Rathenaus im Sommer im S. Fischer Verlag in Berlin als erschienen gemeldete Broschüre „Eine Streitschrift vom Glauben“ [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 84, Nr. 144, 23.6.1917, S. 4229] gelesen, die eine Gleichberechtigung von Christentum und Judentum fordert und den Sinn einer Staatskirche in Frage stellt. Ihrer „Streitschrift vom Glauben[“]