Briefwechsel

von Eugen d’ Albert und Frank Wedekind

Eugen d’ Albert schrieb am 19. Juli 1904 in Meina folgenden Brief
an Frank Wedekind

MEINA
LAGO MAGGIORE
VILLA ERMINIA


19 Juli 04.


Sehr geehrter Herr,

da Ihre Frau Schwester so freundlich war s. Z. an Sie zu schreibenvgl. Erika Wedekind an Frank Wedekind, 19.4.1904. ‒ Die Dresdner Hofopernsängerin Erika Wedekind vermittelte ihrem Bruder Frank Wedekind den Kontakt zu dem Komponisten Eugen d’Albert, dem sie wohl „in Übereinstimmung mit ihrem Bruder [...] das Drama ‚König Nicolo oder So ist das Leben‘ als Opernstoff vorgeschlagen“ hatte; dieser „ging auf diesen Vorschlag nicht ein, machte jedoch einen Gegenvorschlag“ [Becker 1989, S. 175] – im vorliegenden Brief., so werden Sie wahrscheinlich schon längst eine Zeile von mir erwartet haben. Meine Arbeitsüberhäufung u. einige notwendige Reisen verhinderten mich leider bis heute meinen Vorsatz auszuführen. – Ich wollte Sie fragen, ob Sie je daran gedacht hatten, eine Komische Operndichtung zu schreiben. Als ich Ihr „so ist das Leben“ mit Begeisterung applaudirteEugen d’Alberts Applaus dürfte der Premiere von „So ist das Leben“ am 27.11.1903 im Neuen Theater in Berlin unter der Regie von Richard Vallentin gegolten haben (oder einer der darauf folgenden Vorstellungen). Eine Vertonung von „König Nicolo oder So ist das Leben“ wurde nicht realisiert. (ich bin überhaupt ein großer Verehrer Ihrer Werke) so kam mir der Gedanke, daß grade Sie vielleicht einmal Lust hätten, den Text zu einer Komischen OperDer Vorschlag wurde nicht umgesetzt; eine „Zusammenarbeit mit d’Albert kam nicht zustande.“ [KSA 4, S. 634] zu liefern. Freilich blicken die Dichter mit Verachtung auf die Oper herab, ‒ die meisten halten sich für viel zu gut, um Derartiges zu | schreiben, ‒ aber ich wollte nicht die Gelegenheit zu versäumen, Sie wenigstens zu fragen.

Mit vorzüglichster Hochachtung
Ihr ergebener
Eugen d’Albert.

Eugen d’ Albert schrieb am 10. Dezember 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grand Hôtel Bellevue
– und –
Thiergarten-Hôtel (Hôtel du Parc)
– Emil Metzger –
Wein-Grosshandlung
Fernspr.: Amt 6, 69 u. 793.
Telegr.-Adr.: Bellevuehôtel.


Berlin W., 190
Potsdamer Platz.


Montg.der 10.12.1906.


Sehr geehrter Herr Wedekind!

Meine FrauIda d’Albert, früher Ida Fulda (geb. Theumann), die erste Ehefrau von Ludwig Fulda (Heirat am 11.10.1893, Scheidung am 18.10.1903 in Frankfurt am Main), seit 1910 die vierte Ehefrau von Eugen d’Albert (Scheidung 1913). und ich möchten gerne Donnerstag (den 13.ten) „Frühlings Erwachen“ sehen. Würden Sie so liebenswürdig sein uns zwei PlätzeTheaterkarten für die Vorstellung von „Frühlings Erwachen“ am 13.12.1906 (Donnerstag) an den Kammerspielen des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt) in Berlin, die 13. Vorstellung – „Fr. Erw. 13“ [Tb] – nach der dortigen Uraufführung des Stücks am 20.11.1906, das ein durchschlagender Erfolg war. zu verschaffen? Ich wäre Ihnen dafür sehr verbunden.

Mit besten Empfehlungen
Ihr ergebener
Eugen d’Albert.

Eugen d’ Albert schrieb am 16. Dezember 1906 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


An

Herr Frank Wedekind.
in Berlin. N.
Wohnung (Straße und Hausnummer) Deutsches Theater.
Schumannstr.Wedekind war bei Max Reinhardt am Deutschen Theater (Schumannstraße 13) engagiert, wo in den Kammerspielen neuerdings seine Kindertragödie „Frühlings Erwachen“ fast täglich auf dem Spielplan stand (siehe unten). |


Sehr geehrter Herr Wedekind!

Ich habe die Vorstellung vorigen Donnerstagam 13.12.1906. Eugen d’Albert hatte an diesem Abend in den Kammerspielen des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt) in Berlin die 13. Vorstellung – „Fr. Erw. 13“ [Tb] – von „Frühlings Erwachen“ besucht, für die er Wedekind um zwei Theaterkarten gebeten hatte [vgl. Eugen d’Albert an Wedekind, 10.12.1906]. Der Komponist war mit Wedekind und Max Reinhardt dann nach einer weiteren Vorstellung der Kindertragödie am 22.12.1906 zu Gast bei Lili Deutsch: „Frlgs. Erw. 21. Nachher bei Lili Deutsch mit D’Albert Reinhart e.ct.“ [Tb] doch besucht und Ihr Stück aufs Höchste bewundert. Ich war tief eg/r/griffen u. danke Ihnen wärmstens für den großen Eindruck!

mit besten Empfehlungen
Ihr
E. d’Albert.


Eilig.

Frank Wedekind schrieb am 21. Dezember 1917 in München folgenden Brief
an Eugen d’ Albert

München, 21. Dezember 1917


Sehr geehrter Herr Professor!

Durch plötzliche Erkrankungder Suizidversuch Tilly Wedekinds am 30.11.1917 in München, von dem Frank Wedekind am 5.12.1917 durch einen Brief seiner Schwägerin Martha Müller (geb. Newes) erfuhr [vgl. Martha Newes an Wedekind, 4.12.1917] und am 8.12.1917 von Zürich abreiste. meiner Frau wurde ich vor drei Wochen unvermutet von Zürich weggerufen. Sonst hätte ich mir die Freude nicht nehmen lassen, Ihnen sowie Ihrer verehrten Frau Gemahlindie Pianistin Friederike (Fritzi) Jauner, die fünfte Ehefrau von Eugen d’Albert (Heirat am 17.12.1913). für die liebenswürdige AufnahmeWedekind war während seines letzten Aufenthalts in Zürich zweimal zu Gast bei Eugen d’Albert (Freudenbergstraße 87) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil I, S. 6], das erste Mal frühestens am 7.11.1917, das zweite Mal am 25.11.1917 [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 21.11.1917 (Brief)]., die ich in Ihrem Hause in Zürich fand, aufrichtigen Dank zu sagen.

Augenblicklich geht es meiner Frau schon besser und ich hoffe, daß sie sich in den nächsten Wochen vollends erholen wird.

Erlauben Sie mir also Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin die herzlichsten Wünsche zu fröhlichen Feiertagen zu übersenden.

Mit dem Ausdruck größter Verehrung
Ihr ergebener
Frank Wedekind