Briefwechsel

von Frank Wedekind und Berthe Marie Denk

Berthe Marie Denk schrieb am 14. April 1905 in Stuttgart folgenden Brief
an Frank Wedekind

HÔTEL MARQUARDT
STUTTGART.


Sehr geehrter Herr!

Ich habe Ihre „Büchse der Pandora“ gelesen, ‒ ich habe in Erfahrung gebracht, dass Sie hier sind u. im selben Hotelim Hotel Marquardt in Stuttgart (Schloßstraße 4 und 6) [vgl. Adreß- und Geschäfts-Handbuch der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Stuttgart für das Jahr 1905, Teil I, S. 300]. Wedekind ist Berthe Marie Denk am Vortag im Hotel erstmals begegnet, wie er am 13.4.1905 mit ihrer Zimmernummer notierte: „Fahre nach Stuttgart. Eine Dame lenkt meine Aufmerksamkeit auf sich. Zimmer No 58.“ [Tb] wohnen, ‒ ich möchte Sie sehr gerne kennen lernen u. bitte Sie mir ein Autogramm von Ihnen persönlich zu überbringen! ‒

Verzeihen Sie wenn ich Sie incommodierebelästige. u. erfüllen Sie mir bitte meinen Wunsch!

Berthe Marie Denk.


Hotel Marquardt.

Zimmer No 58.

Frank Wedekind schrieb am 15. April 1905 in Stuttgart folgenden Brief
an Berthe Marie Denk

Wenn ich Ihnen kein AutogrammBerthe Marie Denk hat Wedekind um ein Autogramm gebeten [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 14.4.1904]. von mir gebe, dann nennen Sie mich mit Recht einen Grobian
Und wenn ich Ihnen ein Autogramm gebe, dann nennen Sie mich getrost einen eitlen Gecken.

בוLigatur aus den hebräischen Buchstaben Waw (= F) und Beth (= W) für die Namenssigle von Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 24. April 1905 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 1.5.1905 aus Wien:]


Ich [...] habe Ihre Cartendie hier erschlossene Postkarte oder Bildpostkarte sowie ein weiteres nicht überliefertes Korrespondenzstück [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 26.4.1905]. vorgefunden [...]

Frank Wedekind schrieb am 26. April 1905 in Nürnberg folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 1.5.1905 aus Wien:]


Ich [...] habe Ihre Cartendie hier erschlossene Postkarte oder Bildpostkarte sowie ein weiteres nicht überliefertes Korrespondenzstück [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 24.4.1905]. vorgefunden [...]

Berthe Marie Denk schrieb am 1. Mai 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Lieber Herr Frank Wedekind!Wedekind hat den Brief am 2.5.1905 notiert: „Brief von Berth Marie Denk“ [Tb].

Ich bin seit ein paar Tagen wieder in Wien, habe Ihre Cartennicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke: Wedekind an Berthe Marie Denk, 24.4.1905 und 26.4.1905. vorgefunden u. mich sehr gefreut, dass Sie mich noch nicht vergessen haben! ‒ Ich bemühe mich die ganze Zeit vergebens die „Büchse der | Pandora[“] irgendwo zu bekommen, damit ich mich ein bischen mit der Lulu befassemit der Rolle der Lulu aus „Die Büchse der Pandora“ (1903). Berthe Marie Denk stellte sich Wedekind als Schauspielerin dar, war aber „keine ausgebildete Schauspielerin“ [Fischer 2020, S. 128].; es wäre sehr lieb von Ihnen wenn Sie mir ein Exemplar Ihres davon beschaffen würden, da Sie doch der Dichter sind kann Ihnen das nicht schwer fallen! ‒ Ich würde mich sehr | freuen ausführliches von Ihnen zu hören u. bitte Sie mir recht bald zu schreiben! Kommen Sie vielleicht demnächst nach Wien? ‒ Und was ist’s mit unserem gemeinsamen Gastspiel?

Herzlich grüsst
Ihre ganz
ergebene
Berthe Marie Denk.


21. Kettenbrückeng. 21Berthe Marie Denks langjährige Adresse in Wien (V, Kettenbrückengasse 21, 1. Stock)..

Frank Wedekind schrieb am 5. Mai 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 5.5.1905 in München:]


BriefDem nicht überlieferten Brief dürfte ein Exemplar der „Büchse der Pandora“ (1903) beigelegen haben. an Marie Denk.

Berthe Marie Denk schrieb am 8. Mai 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Mein lieber Frank Wedekind,

Aber natürlich sind wir Braut u. Bräutigam, wie kannst Du daran zweifeln? Ich dachte nur Du hättest es einstweilen vergessen u. wollte somit warten bis Du Dich gelegentlich daran erinnerst! Es handelt sich also nur um den Termin der Hochzeit, ‒ den zu bestimmen überlasse ich Dir! ‒ |

Über Deinen Briefvgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 5.5.1905. ‒ Dem nicht überlieferten Brief dürfte ein Exemplar der „Büchse der Pandora“ (1903) beigelegen haben. hab’ ich mich recht gefreut! Ich bilde mir selbstverständlich nicht ein dass die Gedichte, die Du demnächst herausgebenWedekind sah der Veröffentlichung seiner Gedichtsammlung „Die vier Jahreszeiten“ (1905) im Albert Langen Verlag in München entgegen (sie geht neu aufgelegt auf die Sammlung „Die Jahreszeiten“ 1897 im Band „Die Fürstin Russalka“ zurück), die er der Geliebten tatsächlich widmete: „Die Gedichte, die diese Blätter enthalten, sind Berthe Marie Denk in Ehrerbietung zugeeignet“ [KSA 1/I, S. 822] Er widmete ihr darin auch das Gedicht „An Berta Maria, Typus Gräfin Potocka“ [KSA 1/I, S. 639; vgl. KSA 1/I, S. 910-913]. Wedekind, der für diesen Band mit Albert Langen am 22.4.1905 einen Verlagsvertrag abgeschlossen hatte [vgl. KSA 1/I, S. 810], beschäftigte sich vom 1. bis 3.5.1905 mit der Vorbereitung des Manuskript für die Neuauflage, das er dem Tagebuch zufolge bereits am 3.5.1905 zum Verlag gebracht hatte („Gedicht-Manuscript an Langen abgeliefert“); insofern dürfte die Widmung ein Nachtrag gewesen sein. wirst mir zu Ehren erst in letzter Zeit entstanden sind, sie passen vielleicht zufällig auf diese oder jene gemeinsam erlebte Situation! Aber wenn Du mir eine Freude machen willst so widme sie mir, u. schick mir sofort das erste Exemplar! ‒ |

Die Büchse der Pandora habeSchreibversehen, statt: habe ich. mit grossem Genuss gelesen leider aber mein vollständiges Unvermögen jemals die Lulu darstellenWedekind „liebäugelte“ damit, in der geplanten, von Karl Kraus organisierten Wiener Premiere der „Büchse der Pandora“ Berthe Marie Denk als Lulu zu sehen, die aber „keine ausgebildete Schauspielerin“ war und „vor der Aufgabe zurückschreckte“ [Fischer 2020, S. 128]. zu können gefühlt! Das kränkt mich natürlich sehr; ‒ ich verstehe die Rolle sehr gut, habe jede Geberde, jeden Ton im Geiste vor Augen, kann’s aber leider nicht von mir geben! ‒

Bitte schicke mir nur ja nicht den K. KrausKarl Kraus war einer von Berthe Marie Denks „Liebhabern“ [Waldmann 1996, S. 99]; sie war entweder „seit etwa 1902 mit Kraus bekannt“ und stand 1905 bis 1908 „in enger Beziehung zu ihm“ [Nottscheid 2008, S. 383] oder sie kannte ihn schon länger „und pflegte mit Kraus zwischen 1895 und 1908 einen teils intimen, teils lockeren brieflichen und persönlichen Kontakt“ [Wagner 1987, S. 136]. Wedekind war das intime Verhältnis anfangs nicht klar; es war das dann zwischen ihr, ihm und Karl Kraus „ein Dreiecksverhältnis der besonderen Art“ [Fischer 2020, S. 128].! Ich lebe in Wien wie im | Kloster u. wäre mir diese Bekanntschaft nur unangenehm! ‒

Ach mein Lieber, wo ich herumgestrolcht habe? Leider gar nirgends, ‒ ich lebe wie eine einfache Bürgersfrau, ganz abgeschieden von der Welt! Nur meine Phantasie macht Streifzüge in ein Land von dessen Herrlichkeit Du Dir nichts träumen lässt! Vielleicht lass ich Dich einmal dem Flügelschlag meiner Seele | lauschen, ‒ vielleicht ‒ ‒ denn kaum gestatt’ ich dassZitat aus Richard Schaukals Gedicht „Das Gartengitter“ (zwei Verse der dritten Strophe aus dem Gedächtnis zitiert): „Was ist mir heulender Beifall, häßlicher Tagtribut! / Wenige nur und Gleiche sollen gern mich grüßen. / Kaum gestatt’ ich daß mir die Schar an meines Gitters / Goldne Stäbe die Finger legt.“ [Richard Schaukal: Meine Gärten. Einsame Verse. Berlin 1897, S. 10] die Menge an meines goldne Gitters goldner Stäbe die Finger lege.“ ‒

Ein paar Tage war ich jetzt in einem abgeschiednen Winkel Steiermarks auf der Jagd! Ich bin um 4h Früh aufgestanden, bin allein auf die Berge gegangen u. war glücklicher denn ein König! Ich habe mit allem Gethier Freundschaft | geschlossen und mich auf dem höchsten Gipfel ins Moos gestreckt u. Feste gefeiert! ‒ Ich habe Feste gefeiert! ‒

‒ ‒ ‒ ‒ |

Lieber Frank Wedekind, in 14 Tagen kommeBerthe Marie Denk reiste nicht nach München, dafür Wedekind nach Wien (siehe die folgende Korrespondenz). ich nach München, bist Du zu diesem Termin dort? Wenn ja so befass’ Dich ein bissl mit mir u. lass mich für ein paar Stunden Dein Leben leben! ‒ Als Deine zukünftige Frau habe ich ein gewisses Recht darauf. ‒ ‒

Schreib mir recht bald wieder, ‒ sofort!

Pax tibi!(lat.) Friede sei Dir!

B.M.

Frank Wedekind schrieb am 9. Mai 1905 in München folgende Widmung
an Berthe Marie Denk

Kettenbrückenstraße 21.IBerthe Marie Denks Adresse in Wien (V, Kettenbrückengasse 21, 1. Stock) [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 1.5.1905]..


Die Gedichte, die diese Blätter enthalten, sind
Berthe Marie Denk
in Ehrerbietung zugeeignet.

Berthe Marie Denk schrieb am 19. Mai 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Mein geliebter zukünftiger Gatte,

Ich bitte Dich schreibe mir sofort umgehend wann Du hieherfährstWedekinds fuhr dem Tagebuch zufolge am 26.5.1905 abends von München ab („Abends Abfahrt nach Wien“) und traf am 27.5.1905 morgens in Wien ein („Kraus holt mich am Bahnhof ab. Wir frühstücken“)., ‒ ich fahreBerthe Marie Denk ist nicht nach München gereist. nämlich nächste Woche nach | München, u. es wäre doch jammerschade wenn wir uns verfehlten. Also schreibe mir sofort den Tag Deiner Ankunft.

Deine
Braut.

Berthe Marie Denk schrieb am 20. Mai 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Geliebter Frank Wedekind,

Erhalte eben Deine Depeschenicht überliefert (ein Telegramm); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Berthe Marie Denk, 20.5.1905., bin sehr erfreut über Deine AnkunftBerthe Marie Denk hat Wedekind gebeten, ihr sofort den Tag seiner Ankunft in Wien – dort stand am 29.5.1905 die von Karl Kraus organisierte Premiere der „Büchse der Pandora“ mit Wedekind in der Rolle des Jack an – mitzuteilen [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 19.5.1905], was er dann mit der genannten Depesche auch tat. Wedekind fuhr dem Tagebuch zufolge am 26.5.1905 abends mit dem Nachtzug von München ab („Abends Abfahrt nach Wien“) und kam am 27.5.1905 in Wien an, wo er Berthe Marie Denk noch am Ankunftstag besuchte („Kraus holt mich am Bahnhof ab. Wir frühstücken [...] Ich besuche Marie Denk“)., bitte Dich mich jedenfalls gleich zu besuchen! Freu’ mich wirklich sehr, Dich | geliebter Cäsarhäufige Anrede Wedekinds in Berthe Marie Denks Briefen an ihm; auf „Wedekinds Ähnlichkeit mit Abbildungen Julius Cäsars wurde von Zeitgenossen oft hingewiesen“ [Nottscheid 2008, S. 157]. wieder zu sehen!

Also auf bald!

Maria |


Du kannst mir auch telephonieren (4504.)

Frank Wedekind schrieb am 20. Mai 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 20.5.1905 aus Wien:]


Erhalte eben Deine Depesche [...]

Frank Wedekind schrieb am 31. Mai 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 9.6.1905 aus Wien:]


[...] Dank für Deine lieben, lieben Briefedas hier erschlossene Korrespondenzstück und mindestens ein weiterer nicht überlieferter Brief (vermutlich waren es aber mehrere Briefe).!

Berthe Marie Denk schrieb am 9. Juni 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Mein geliebter Frank Wedekind!

Heissen Dank für Deine lieben, lieben Briefenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Berthe Marie Denk, 31.5.1905 (und mindestens ein weiterer nicht überlieferter Brief – vermutlich waren es aber mehrere Briefe).! Ich bin heute für eine Stunde ausser Bett u. kann sie somit selbst beantworten! Ach, lieber Frank Wedekind, | wenn das auch nur alles wahr wäre was Du schreibst! Aber schliesslich lügst Du ja so reizend, dass ich so tun will als ob es die Wahrheit wäre! ‒

Lieber, ich habe vorderhand auf dieser Welt keinen andern Ehrgeiz z als Deine Frau (legitimegesetzlich anerkannte, rechtmäßige.!) zu werden! Ich weiss zwar selbst nicht warum ich mir das in den Kopf gesetzt habe! Aber es wäre so schön! Du hättest ein Leben wie Gott in Frankreich! Zu|weilen meine ich! Ich will Dir in allen möglichen Gestalten dienen: als Frau, als Geliebte und wenn es sein muss als Köchin, u. wenn ich es im Stande bin als Muse! Für Abwechslung würde ich schon sorgen! Sag, magst Du nicht? Du wirst mich nie als Fessel, höchstens als Rosenkette empfinden, u. wenn Du mich satt | hast so lassen wir uns scheiden! Läuft Dir noch nicht das Wasser im Munde zusammen? ‒ ‒ Wenn Du nach Wien kommstWedekind reiste dem Tagebuch zufolge am 13.6.1905 zur zweiten Vorstellung der „Büchse der Pandora“ in Wien von München ab („Abends Abfahrt nach Wien“), traf am 14.6.1905 in Wien ein und unternahm gleich etwas mit Berthe Marie Denk („Ankunft in Wien. [...] Spazierfahrt mit Bertha Denk nach Kloster Neuburg. [...] Generalprobe. Wir nachtmahlen mit Bertha Denk im Volksgarten. Ich lese Totentanz vor“), sah sie zumindest früh auch am 15.6.1905 („Berthe Denk weckt mich. [...] Vorstellung. Ich spiele zum zweiten Mal Jack“) sowie am Abreisetag, dem 16.6.1905 („Besuch bei Bertha Denk. Wir diniren im Volksgarten. [...] Rückfahrt nach München“). so gilt doch einer Deiner ersten Gänge mir, ja? Und mach Dich für ein bischen länger frei, als das letztemalWedekind war das letzte Mal vom 27. bis 30.5.1905 in Wien – zur Premiere seiner Tragödie „Die Büchse der Pandora“ am 29.5.1905, die Karl Kraus organisiert hatte. Er hat Berthe Marie Denk gleichwohl dem Tagebuch zufolge in Wien täglich gesehen, am 27.5.1905 („Ich besuche Marie Denk. Sie liegt krank zu Bett“), 28.5.1905 („Besuche mit Kraus bei Marie Denk“), 29.5.1905 („Vorstellung. Büchse der Pandora. Ich spiele Jack. Souper im Hotel Continental. Zwischen Marie Denk und Ottilie Newes“) und 30.5.1905 („Marie Denk holt uns ab. [...] Kraus und ich fahren zu Marie Denk, dann auf den Bahnhof. [...] Rückfahrt nach München“).! ‒ Bis nach den Feiertagennach Pfingsten, ab dem 13.6.1905 (Pfingstmontag war am 12.6.1905). Berthe Marie Denk befand sich vermutlich in dem Wiener Sanatorium Dr. Anton Loew (Wien IX, Marianengasse 20), in dem sie auch Anfang 1906 behandelt wurde (siehe die Korrespondenz mit Wedekind aus dieser Zeit). geh ich aus dem Sanatorium wieder in meine Wohnung! | Die ersten Tage nach meiner OperationWann genau diese Operation durchgeführt wurde und weshalb Berthe Marie Denk operiert wurde, ist nicht ermittelt. Sie war krank gewesen, als Wedekind sie am 27.5.1905 besuchte: „Sie liegt krank zu Bett“ [Tb], konnte aber dann wieder ausgehen. war ich recht elend. Jetzt erhole ich mich aber schon zusehends! ‒ ‒

Leb wohl, Geliebter u. schreibe mir sofort wieder!

Je m’abandonne en toi(frz.) Ich gebe mich Dir hin..

Berthe Marie.

Frank Wedekind schrieb am 14. Juni 1905 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Auktionshaus S. Kende: Wegen Auflösung des Wiener Haushaltes – freiwillige Versteigerung der Wohnungseinrichtung nach Kammersänger Richard MayrRichard Mayr war der Ehemann von Berthe Marie Denk, die ihn im Sommer 1917 geheiratet hat: „Kammersänger Richard Mayr, der bestbekannte Bassist der Wiener Hofoper, hat sich mit einer Wiener Fabrikantenstochter, Frl. Denk, vermählt. Die Trauung fand in aller Stille in der evangelischen Kirche, Wien, 1. Bez., Dorotheengasse, statt.“ [Tages-Post, Jg. 53, Nr. 152, 2.7.1917, S. 3] Wedekind, dessen Liebesbeziehung mit Berthe Marie Denk Anfang 1906 beendet war und ihr danach kaum mehr begegnet ist – zuletzt am 23.9.1911 in München: „Begegne B.M. offenbar wegen Oktoberfestanfang“ [Tb], hat keine Begegnung mit Richard Mayr notiert; fraglich ist, ob er ihn überhaupt persönlich kennengelernt hat.. Wien 1937, Nr. 501:]


Gulbransson, O. Berühmte Zeitgenossen. Karikaturen. München 1905. Kl.-Fol. Ill. Orig.-Lwdbd.Albert Langen kündigte im „April 1905“ an: „Demnächst erscheint in meinem Verlage und wird nur auf Bestellung versendet ein Album von Olaf Gulbransson / Berühmte Zeitgenossen / 32 Blatt Groß-Quart in zweifarbigem Druck / Ladenpreis in Ganzleinen gebunden 4 Mark [...]. Gulbransson hat sich die Mühe nicht verdrießen lassen, selbst einen Teil der Berühmtheiten, die er schon früher karikiert hatte, neu zu zeichnen (meist direkt nach dem Leben)“, unter den 31 Porträtzeichnungen „Frank Wedekind“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 91, 19.4.1905, S. 3809].

Mit handschriftlicher WidmungWedekind könnte den soeben im Albert Langen Verlag in München erschienenen Bildband „Berühmte Zeitgenossen“ [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 132, 9.6.1905, S. 5406] des „Simplicissimus“-Zeichners Olaf Gulbransson, der auch ein gezeichnetes Porträt von ihm enthält (siehe oben), von München mit nach Wien genommen und ihn dort am 14.6.1905 Berthe Marie Denk mit der handschriftlichen Widmung übergeben haben: „Ankunft in Wien. Ich wohne bei Karl Kraus. Spazierfahrt mit Bertha Denk nach Kloster Neuburg. [...] Wir nachtmahlen mit Bertha Denk im Volksgarten.“ [Tb] von Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 21. Juni 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 21.6.1905 in München:]


Telegramm an B.M.D.

Berthe Marie Denk schrieb am 21. Juni 1905 in Wien folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

Telegramm.

FRANK WEDEKIND MUENCHEN
FRANZJOSEFSTRASSE 42 = |


Kgl. Bayer. Telegraphenanstalt München.

Aufgegeben in Wien [...]


IN BRAEUTLICHEM GLUECK SENDET INNIGSTEN GRUSS = MARIA SCHREIBE AUSFUEHRLICHBerthe Marie Denk kündigt hier entweder einen ausführlicheren Brief an oder – wahrscheinlicher – sie reagiert auf ein an diesem Tag bei ihr eingegangenes Telegramm Wedekinds an sie [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 21.6.1905] und fordert ihn auf, ihr ausführlicher zu schreiben; – ein solcher Brief wurde geschrieben [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 22.6.1905]..

Frank Wedekind schrieb am 22. Juni 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 22.6.1905 in München:]


Brief an Bertha Denk.

Berthe Marie Denk schrieb am 23. Juni 1905 in St. Pölten folgenden Brief
an Frank Wedekind

Mein Geliebter, ‒

also: Wenn nichts dazwischen kommt so reise ich Dienstagder 27.6.1905. Vm. von hierBerthe Marie Denk war in St. Pölten, wie aus dem Telegramm hervorgeht, das sie dann schickt [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.6.1905]. weg u. bin abends ‒ ich glaube! 8h ‒ in München! Jedenfalls telegrafiere ichBerthe Marie Denk schickte zwar ein Telegramm [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.6.1905], das aber erst spät abends eintraf und ihre Ankunft dann für den 28.6.1905 ankündigte. Wedekind notierte am 27.6.1905: „Warte vergeblich auf ein Telegramm von Bertha Maria. [...] Mache ein Gedicht an sie.“ [Tb] Das war das unter der Überschrift „An Berthe Marie Denk“ [vgl. KSA 1/I, S. 911] entworfene Gedicht „An Bertha Maria, Typus Gräfin Potocka“ [KSA 1/I, S. 639], das auf das 1897 gedruckte Gedicht „An mein Weib“ [vgl. KSA 1/I, S. 910f.] zurückgeht. vorher noch genau! Ich benütze nur Dir ‒ zu Liebe diesen miserablen Zug, ‒ damit Dir das abholen nicht so schwer fällt, ‒ denn | wenn Du meinethalben um 6h Früh aufstehen musst, so verwünschtSchreibversehen, statt: verwünschst. Du mich doch in die 7. Ställe! Und ich will doch eitel w/W/onne, Licht u. Freude um Dich verbreiten! ‒ Übrigens ist es hier zum sterben langweilig! Man glaubt manches mal dass die Männer im aussterben sind! ‒ Ich reite jetzt öfters aus, ‒. |

Es ist doch wirklich jammerschade wieviel Stunden ungenützt vergehen u. unwiederbringlich verloren sind!

Also Dienstag auf Wiedersehen! Hoffentlich bleibts dabeie!

Deine
Berthe Marie.

Frank Wedekind schrieb am 24. Juni 1905 in Tutzing folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 24.6.1905 in München:]


Ich erwarte Sehnlichst NachrichtWedekind notierte auch noch am 25.6.1905: „Ich erwarte sehnlichst einen Brief von ihr.“ [Tb] Die Nachricht über ihre Ankunft in München traf erst am übernächsten Abend telegrafisch ein [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.6.1905]. von Bertha Maria. Fahre nach Tutzing um von dort eine Kartedas hier erschlossene Korrespondenzstück. zu schreiben [...], erwarte sie vergebens in München am Bahnhof.

Berthe Marie Denk schrieb am 27. Juni 1905 in St. Pölten folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

Telegramm.


FRANK WEDEKIND MUENCHEN
FRANZ JOSEFSTR 42= |


Kgl. Bayer. Telegraphenanstalt München.


Aufgegeben in St Poelten [...]


ANKOMME MORGEN MITTWOCHder 28.6.1905. Berthe Marie Denk hatte zunächst angekündigt, sie werde am 27.6.1905 (Dienstag) nach München kommen und zuvor ein Telegramm schicken [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 23.6.1905], das Wedekind am 27.6.1905 erwartete: „Warte vergeblich auf ein Telegramm von Bertha Maria.“ [Tb] Das ist das vorliegende Telegramm, das ihn erst spät erreicht. Er notierte dann am 28.6.1905: „Am Morgen um 7 Uhr ist Bertha Maria bei mir.“ [Tb] Sie bleibt vier Tage bei ihm und reist am 1.7.1905 wieder zurück nach Wien. FRUEH 6.30 INNIGSTE GRUESSE. ?

Berthe Marie Denk schrieb am 3. Juli 1905 in Wien folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

Telegramm.


WEDEKIND MUENCHEN FRANZJOSEFSTR 42= |


Kgl. Bayer. Telegraphenanstalt München.


Aufgegeben in Wien [...]


HERZLICHSTE GRUESZE. GUT ANGEKOMMENBerthe Marie Denk war zurück in Wien; sie hat Wedekind dem Tagebuch zufolge vier Tage in München besucht – vom 28.6.1905 („Am Morgen um 7 Uhr ist Bertha Maria bei mir. [...] Sie richtet sich bei mir ein. [...] Wir bestellen ein Pferd in der Reitschule. Diner in der Odeonsbar. Wir fahren nach Haus. Schäferstunde bei Gewitter. Sie schläft bis 9 Uhr. Hoftheaterrestaurant. [...] Um drei Uhr fahren wir durch den englischen Garten nach Hause und lieben uns“) über den 29.6.1905 („Bertha Maria zieht ihr Reitkleid an. Wir gehen in die Reitschule. Frühstück im Aumeister. Diner in der Odeonsbar. Deutsches Theater. [...] Souper in den vier Jahreszeiten. Sie ist sehr matt. Wir fahren nach Hause und ich singe sie mit meinen Liedern in Schlaf“) und 30.6.1905 („Den ganzen Vormittag fahren wir von Postamt zu Postamt – Wegen eines Waschkleides. Das Kleid kommt. Wir essen in der neuen Börse, fahren nach Starnberg. Rundfahrt auf dem See. Tutzing. Schwabinger Brauerei. [...] Hoftheaterrestaurant Torggelstube. Wir fahren nach Haus. Ich liebe sie“) bis zum 1.7.1905 („Maria packt ihren Koffer. Wir dinieren in der Odeonsbar, kaufen einen Bowlenkrug, fahren in die neue Pinakotek. Dann nach Hause. Sie liebt mich, schaukelt auf dem Trapez, drappiert sich mit Meßthalers Kranzschleife, singt den König von Thule. Ich heule wie ein Schloßhund. Wir fahren zum Bahnhof, dann ich in die Odeonsbar. Sie reist ab nach Wien“).. ERWARTE SEHNSUCHTSVOLL NACHRICHT

Frank Wedekind schrieb am 5. Juli 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 5.7.1905 in München:]


Ich schreibe an Berth Marie Denk [...]

Berthe Marie Denk schrieb am 7. Juli 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Geliebtester,

Täglich, stündlich erwarte ich den angekündigten, langen Brief! ‒ ? ‒ Ich kam bis dato noch nicht dazu Dir zu schreiben, weil ich nach meiner entsetzlichen RückfahrtBerthe Marie Denk hat Wedekind vier Tage in München besucht und ist am 1.7.1905 zurück nach Wien gefahren: „Maria packt ihren Koffer. [...] Wir fahren zum Bahnhof [...]. Sie reist ab nach Wien.“ [Tb] (‒ ich wäre | beinahe vergewaltigt worden) ‒ krank in Wien ankam u. 3 Tage liegen musste! ‒

Ich sehne mich ganz unbändig nach Dir, ‒ hoffe dass auch Du mich nocht nicht vergessen! Schreib doch!

Was ist denn mit | meinem rothen KardinalWedekind hat der Geliebten bei ihrem Besuch in München versprochen, für sie ein Gemälde kopieren zu lassen. „Berthe Marie Denk bezieht sich auf Raffaels Bildnis des Tomasso Inghirami in roter Robe“; ein Exemplar „des Bildes befindet sich [...] in der Galleria Pitti in Florenz [...]. Da Berthe Marie Denk mehrmals nach Florenz reiste, könnte sie dort das Bild gesehen haben. Möglicherweise befand sich auch eine Kopie des Originals in einem Münchner Museum.“ [Waldmann 1996, S. 118f.; vgl. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Inghirami_Raphael.jpg] Wedekind hat am Abreisetag seiner Geliebten, am 1.7.1905 (Samstag), einen gemeinsamen Museumsbesuch notiert: „Wir [...] fahren in die neue Pinakotek.“ [Tb] Sie haben also die Gemäldesammlung in der Neuen Pinakothek (Barerstraße 29) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil II, S. 619] vor 16 Uhr besichtigt, geöffnet: „Samstag von 9-4 Uhr, [...] Eintritt frei.“ [Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil III, S. 106] Während sich mindesten drei Gemälde von Kardinälen in roter Robe im Besitz der (damals samstags geschlossenen) Alten Pinakothek (Barerstraße 27) befanden und befinden [vgl. „Peter Paul Rubens, Bildnis des Don Fernando, Kardinal-Infant von Spanien, 1628/29“, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/0vxoZ3D42V; „Lucas Cranach d. Ä., Kardinal Albrecht von Brandenburg vor dem Gekreuzigten, 1520/25“, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/Znxw0D7LXg; „Jean Hey, Karl II. von Bourbon, Kardinalerzbischof von Lyon, um 1482/83“, URL: https://www.sammlung.pinakothek.de/de/artwork/wq4jjAP4Wo], könnte eine Kopie jenes Porträts, das Raffael malte, „den als Dichter und Prediger gleich bewunderten päpstlichen Sekretär und Bibliotheksvorsteher Tommaso Inghirami“ [H. Knackfuß: Raffael. 2. Aufl. Bielefeld und Leipzig 1895, S. 91], in der Neuen Pinakothek zu sehen gewesen sein.? ‒ Ich bin vor lauter HitzeDie „anhaltende, wahrhaft tropische Hitze“ [Die Hitze. In: Arbeiter-Zeitung, Jg. 17, Nr. 184, 6.7.1905, Morgenblatt, S. 6] in Wien war schon nicht mehr so groß: „Die Gewitter, die gestern abends über Wien [...] niedergegangen sind, haben eine wenn auch sehr unbedeutende und kaum merkliche Abschwächung der Hitze gebracht. Heute mittags zeigte das Thermometer am Wetterhäuschen im Stadtpark 28.5 Grad Celsius im Schatten, während man gestern um diese Zeit 30.5 Grad ablesen konnte.“ [Die Hitze. In: Neue Freie Presse, Nr. 14679, 6.7.1905, Abendblatt, S. 3] schon total verblödet!

Demnächst mehr!

Innigsten Kuss
Deine Braut

Frank Wedekind schrieb am 8. Juli 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 8.7.1905 in München:]


Brief an B.M.D.

Frank Wedekind schrieb am 9. Juli 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 11.7.1905 aus Wien:]


[...] Deine beiden Briefeder hier erschlossene Brief sowie ein weiterer nicht überlieferter Brief [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 8.7.1905]. [...]. Der Erste hat sich mit meinem gekreuzt!

Berthe Marie Denk schrieb am 11. Juli 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Lieber Frank Wedekind,

Ich war bis dato so sehr mit allen möglichen Angelegenheiten beschäftigt, dass ich absolut noch nicht dazu kamn Dir für Deine beiden Briefenicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke: Wedekind an Berthe Marie Denk, 8.7.1905 und 9.7.1905. zu danken. Der Erste hat sich mit meinem gekreuztein Brief von ihr [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905] mit einem Brief von ihm [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 8.7.1905].! ‒ Wie geht es Dir, lieber Bräuti|gam? Bitte sei so gut u. gehe mir in München auf das HauptpostamtIm Postamt München 1 (Residenzstraße 2) befand sich nicht nur die Briefpostabteilung oder die Paketpostabteilung, sondern auch das „Bureau für postlagernde Sendungen“ [Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil III, S. 93]. u. frage ob etwas für Marie Denk poste restante(frz.) postlagernd. da ist! Wenn ja so schick es mir unter Couvert! ‒ Besten Dank im Voraus! Was macht mein rother CardinalBerthe Marie Denk bezieht sich auf Raffaels Bildnis des Tommaso Inghirami in roter Robe, das Wedekind ihr kopieren zu lassen versprochen hat – sie hatte schon einmal nachgefragt [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905].? Ich fahre jetzt bald aufs Land, aber nur in die Nähe Wiens: | Vöslau oder Baden! Adresse daher nach wie vor KettenbrückengasseBerthe Marie Denk wohnte in Wien V, Kettenbrückengasse 21, 1. Stock [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 1.5.1905].! Und noch eins: telegraphiere mir nicht! Die Telegramme kommen meistens im ungelegensten Moment! ‒

Sonst bin ich gesund u. hoffe das gleiche von Dir?

Mit wem hast Du mich denn betrogen? Weisst Du, das passt mir eigentlich gar | nicht! Wenn ich so etwas thue, dann ist das doch etwas ganz anderes! ‒ Also ich bitte um mehr Treue!

Schreibe bald wieder
Deiner
Braut!
B ‒ Hast Du schon die Bekanntschaft von Kaulbachunklar, wer gemeint ist – der für seine Porträts berühmte Kunstmaler Friedrich August von Kaulbach, Direktor der Akademie der bildenden Künste, oder der als Historienmaler angesehene Kunstmaler Hermann Kaulbach, Titularprofessor und Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste, die beide in München in der Kaulbachstraße wohnten und dort auch ihre Ateliers hatten [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil I, S. 250]. Wedekind notiere am 12.2.1910 in München eine Begegnung mit dem zuerst genannten Maler: „Herr v. Kaulbach“ [Tb]. gemacht?

Frank Wedekind schrieb am 12. Juli 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 15.7.1905 aus Wien:]


[...] Deinen beiden sonderbaren Briefender hier erschlossene Brief sowie ein weiterer, später geschriebener Brief [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 14.7.1905]. [...]

Frank Wedekind schrieb am 14. Juli 1905 in München folgenden Brief
an Berthe Marie Denk

Schöne HureDer gedruckten Widmung seines neuen Stücks „Totentanz“ für Berthe Marie Denk – „Meiner Braut in innigster Liebe gewidmet“ [Frank Wedekind: Totentanz. Drei Szenen. In: Die Fackel, Jg. 7, Nr. 183/184, 4.7.1905, S. 1; vgl. KSA 6, S. 100] – hat Wedekind „ohne Angabe der Zitatstelle“ [KSA 6, S. 623] ein griechisch geschriebenes Motto (ein Zitat aus Matthäus 21,13) [vgl. KSA 6, S. 99] vorangestellt: „Wahrlich, ich sage euch: Die Huren mögen wohl eher ins Reich Gottes kommen als ihr. Jesus.“ [KSA 6, S. 623].

Der rote KardinalWedekind hat Berthe Marie Denk versprochen, für sie Raffaels Bildnis des Tommaso Inghirami in roter Robe kopieren zu lassen – sie hat sich schon zweimal danach erkundigt [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905 und 11.7.1905]. ist noch nicht fertig sonst hätt ich ihn dir schon geschickt. Wenn Sollten wir uns aber jemalsStreichung „mals“ in „jemals“ wieder aufgehoben. in dieser Welt wiedersehen, dann habe ich für dich noch ein schöneres Geschenk bereit als den roten Kardinal für dich bereit

Ich war heute auf der Post fand aber nur den beigelegten Briefnicht ermittelt; Berthe Marie Denk hat Wedekind beauftragt, nach in München postlagernden Briefen für sie zu sehen [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 11.7.1905]..

[4 Zeilen unbeschrieben]

Daß ich dir je in diesem Leben noch einmal telegraphiereBerthe Marie Denk hat Wedekind wissen lassen, er möge ihr keine Telegramme mehr schicken [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 11.7.1905].n werde brauchst hast Du weiß Gott nicht zu fürchten.

Frank Wedekind.

Berthe Marie Denk schrieb am 15. Juli 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Mein heissgeliebtester Frank Wedekind!

Nach Deinen beiden sonderbaren Briefenvgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 14.7.1905. Der andere, früher geschriebene Brief ist nicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Berthe Marie Denk, 12.7.1905., die ich eben erhielt nehme ich an, dass Dir entweder die grosse HitzeBerthe Marie Denk hatte bereits auf die große Hitze in Wien angespielt [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905] und spielte nun auf die „außerordentliche Hitze“ [Gewitter mit Blitz und Hagelschlag. In: Allgemeine Zeitung, Jg. 108, Nr. 314, 12.7.1905, Morgenblatt, S. 6] in München an. in den Kopf gestiegen oder Du mich frozzeln willst, oder dass Du aus irgend einem mir nicht bekannten Grunde auf mich bös bist! ‒ Das mit dem | nicht telegraphierenBerthe Marie Denk hat Wedekind wissen lassen, er möge ihr keine Telegramme mehr schicken [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 11.7.1905], worauf er verschnupft reagierte [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 14.7.1905]. war nicht so bös gemeint! In Österreich bekommt man nämlich zu jedem Telegramm ein RecepisRezepisse (in Österreich gebräuchlich) = Empfangsbescheinigung.t das man unterschreiben muss u. wurde ich deshalb neulich aus dem Schlaf geweckt weil ich Nm. nicht zu Hause war als der Postbote kam. Nun gibt es im Menschenleben Augenblicke wo man eben nicht gerne gestört wird! Begreifst Du das mein geliebtester Bräuti|gam alias Dr. SchigorskiFigur aus Max Halbes Drama „Jugend“ (1893), ein Asket und religiöser Fanatiker.? ‒ Oder vielleicht liebst Du mich nicht mehr? Das würde mich sehr kränken! Bitte komm doch nach Wien, ‒ ich sehne mich sehr nach Dir u. möchte Dir so gerne ein paar Stunden Deines Daseins versüssen! ‒ Ist mein StückWedekind hat Berthe Marie Denk, die offenbar die letzte Nummer der „Fackel“ von Karl Kraus noch nicht zur Kenntnis genommen hat, sein neues dort gedrucktes Stück „Totentanz“ zugeeignet: „Meiner Braut in innigster Liebe gewidmet.“ [Frank Wedekind: Totentanz. Drei Szenen. In: Die Fackel, Jg. 7, Nr. 183/184, 4.7.1905, S. 1] Der Widmung vorangestellt ist „ohne Angabe der Zitatstelle“ [KSA 6, S. 623] ein griechisch geschriebenes Motto (ein Zitat aus Matthäus 21,13) [vgl. KSA 6, S. 99]: „Wahrlich, ich sage euch: Die Huren mögen wohl eher ins Reich Gottes kommen als ihr. Jesus.“ [KSA 6, S. 623] schon fertig? Spielt es in Andalusien? Mir ist was besseres als AdalusienSchreibversehen, statt: Andalusien. eingefallen:! Neapel, der Sitz der Camorra„ein Geheimbund [...] in Neapel, der die Verletzung der Gesetze förmlich organisiert hat“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Aufl. Bd. 13. Leipzig und Wien 1908, S. 53], jene „geheime Verbindung im vormaligen Königreich Neapel, deren Zweck auf Geldgewinn durch Erpressungen bei allen Geschäften und in allen Ständen hinauslief.“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Aufl. Bd. 3. Leipzig und Wien 1905, S. 722]. Weisst, was die „Camorra“ ist. Eine Art geheimbundSchreibversehen, statt: Geheimbund. | denen nichts heilig ist, ‒ etc. etc! Ich kann Dir das nicht so definieren! Jedenfalls sind sie gefürchtet sogar von der Polizei! Man kann nichts ausrichten gegen sie! ‒

Liebster, schreibe mir sofort einen lieben Brief u. wenn Du mich liebst so komm nach Wien! ‒ Ich hab Dich noch immer sehr lieb u. möchte dass Du es weisst! Bin ich noch immer Deine ‒
Braut?

Frank Wedekind schrieb am 16. Juli 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 28.7.1905 aus Franzensbad:]


Ich habe Deine beiden Briefeder hier erschlossene Brief (sowie ein weiterer nicht überlieferter Brief). erhalten [...]

Frank Wedekind schrieb am 28. Juli 1905 in München folgenden Brief
an Berthe Marie Denk , Fischmann [Hund]

Mein lieber FischmannBerthe Marie Denks Hund, dessen Name durch Briefe von Karl Kraus an sie belegt ist. Karl Kraus, der den vorliegenden Brief unter der Überschrift „Frank Wedekind an einen Hund“ auch erstmals abgedruckt hat (siehe die Angaben zum Erstdruck), schrieb Berthe Marie Denk am 16.1.1907: „Ich bin gerade jetzt von allen Hunden gehetzt. (Was macht Dein Fischmann?)“; und in einem undatierten Brief schrieb er ihr: „Gestern habe ich Dich in Deinem stolzesten Kleid, den ganz unterwürfigen Fischmann zur Seite, gesehen.“ [Salvesen 1981, S. 135]!

Du wirst Dich nicht besonders wundern, daß ich Dir schreibe, denn Du weißt ja jedenfalls, daß ich von unserer schönen süßen angebeteten Herrin seit drei Wochenzurückgerechnet der 7.7.1905 – auf diesen Tag datiert in der Tat ein Brief der Geliebten [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905], dem aber zwei weitere Briefe gefolgt sind [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 11.7.1905 und 15.7.1905], die Wedekind somit übergangen hat – vielleicht aufgrund jener gewissen Missstimmung, die bei ihm aufgekommen ist, nachdem er den ersten dieser beiden Briefe erhalten hatte. keine Nachricht mehr erhalten habe. Nun quält mich aber die Angst, unsere schöne angebetete Herrin könne vielleicht leidendBerthe Marie Denk hatte in der Tat gesundheitliche Probleme; sie war gerade in einer Kur, wie sie ihm aus Franzensbad in einem Brief schrieb, der sich mit dem vorliegenden überkreuzte [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 28.7.1905]. sein, sie könne vielleicht zu Bett liegen müssen, | sie könne sich vielleicht nicht so ihres Lebens freuen, wie sie es durch ihre tausend Reize verdient. Deshalb bitte ich Dich, mein lieber Fischmann, mir sofort nur eine kurze Nachricht zu senden, wie es unserer geliebten theuren Herrin ergeht. Deine SchriftBerthe Marie Denk hatte eine sehr gut lesbare Handschrift. werde ich ja wol entziffern können, denn sie wird sich wie ich sie beurtheile nicht sehr von der unserer schönen Königin unterscheiden. Bist Du, lieber Fischmann doch das einzige Geschöpf auf dieser Welt, das unsere angebetete Göttin völlig ernst | nimmt, und um diesen Vorzug bist Du wirklich zu beneiden. Sobald Du in Frage kommst, hören plötzlich Scherz und Laune auf. Ich mag nicht sagen, wieviel tausend Menschen sie um Dich, lieber Fischmann, freudig abgeschlachtet sehen würde. Ich bitte Dich nur, unserer herrlichen Göttin nichts von meiner Liebe zu ihr zu erzählen. Du fühlst ja wohl heraus wie es damit in mir aussieht. Aber solche Dinge fallen ihr auf die Nerven. Im Vertrauen gesagt, steht es jetzt thatsächlich so mit mir, daß ich die Augen | nicht mehr schließen kann, ohne sofort von Allem, was sie innen und außen ist zu träumen. Ich bin hier noch bis nächsten Mittwochder 2.8.1905. Wedekind hatte am 31.7.1905 sein vierwöchiges Gastspiel am Münchner Künstlerkabarett beendet – er notiert ein letztes Mal „Intimes Theater“ [Tb], am 1.8.1905 war er nochmals in der „Reitschule“ [Tb]; insofern war er danach durch kein Terminverpflichtungen mehr in München gebunden (der Besuch aus Wien von Karl Kraus und Carl Leopold Hollitzer am 1. und 2.8.1905 dürfte überraschend erfolgt sein und war auch kein Hindernis). gebunden. Wenn Du mir verrätst, wo Ihr dann seid, werde ich den Versuch machen, sie zu versöhnen. Aber zeige ihr diesen Brief nicht. Sie würde ihn furchtbar albern finden. Eigentlich sind wir doch Lebensgefährten; unsere schöne Herrin führt uns Beide an der Leine, nur mit dem Unterschied, daß Du eine bessere Erziehung genossen hast.

Mit herzlichsten Grüßen
Dein getreuer Freund und Bruder
Wedekind.


München, Franzjosefstraße 42.II. 28.7.5.

Berthe Marie Denk schrieb am 28. Juli 1905 in Franzensbad folgenden Brief
an Frank Wedekind

FranzensbadVilla Wilhelm Tell

Juli 05.


Mein Liebster!

Ich habe Deine beiden Briefenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Berthe Marie Denk, 16.7.1905 (sowie ein weiterer nicht überlieferter Brief). erhalten, da es mir aber mit meiner Gesundheit nicht sehr rosig geht, so bin ich immer sehr schlecht gelaunt u. habe zu gar nichts Lust! Bin seit ein paar Tagen hier u. nehme BäderFranzensbad war ein „überwiegend von Frauen besuchter Badeort mit zwölf Mineralquellen zum Trinken und Baden“ [Karl Baedeker: Handbuch für Reisende. Süddeutschland. Oberrhein, Baden, Württemberg, Bayern und die angrenzenden Teile von Österreich. Leipzig 1906, S. 346]., die mich wieder derart angreifen, dass ich mich kaum auf | den Beinen halten kann. Ich will Dir aber wirklich nicht so viel unerfreuliches von mir sagen! ‒

In was trittst Du denn auf im Intimen TheaterWedekind hatte einen Gastspielvertrag am Intimen Theater (dem früheren Kabarett Die Sieben Tantenmörder), wo er vom 6.7.1905 – „von heute Donnerstag, 6. Juli, ab finden Vorstellungen statt mit Frank Wedekind als Gast und der beliebten Mary Irber im Münchener Künstlerkabarett (Intimes Theater, Parterre-Kaim-Saal)“ [Intimes Theater. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 313, 7.7.1905, General-Anzeiger, S. 6] – bis 31.7.1905 täglich auftrat [vgl. Tb].? Bist Du schon mägerermagerer. Wedekind fand sich zu korpulent und suchte abzunehmen.? Meinetwegen brauchst Du nicht mägerer zu werden, denn Dein Bauch passt zu Deinem Schlemmer Cäsarenschädel sehr gut! Mir gefällst Du wie Du bist, wenn Du es wissen willst! Ich hei|rate Dich auch ganz bestimmt! ‒ ‒

Du, ich freu mich so kindisch auf meinen CardinalBerthe Marie Denk bezieht sich auf Raffaels Bildnis des Tommaso Inghirami in roter Robe, das Wedekind ihr kopieren zu lassen versprochen hat – sie hatte schon zweimal nachgefragt [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905 und 11.7.1905] und Wedekind hatte ihr erklärt, die Kopie sei noch nicht fertig [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 14.7.1905]., ist esdas Bild. bald fertig? ‒

Ich bleibe 4 – 5 Wochen hier, dann gehe ich zur Nachcur nach Steiermark! Auch gehe ich alle Tage mit einem Roman zu Bett! Ich möchte so gerne ganz gesund werden! Meine rechte Lunge ist wieder sehr launisch! ‒ Was hast Du denn noch für ein schöneres Geschenk für mich bereit? Du schriebst | einmalvgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 14.7.1905. so was ähnliches davon! ‒

Gehst Du noch öfters in die Odeon BarBerthe Marie Denk hat während ihres viertägigen Besuchs bei Wedekind in München (28.6.1905 bis 1.7.1905) mit ihm zweimal die Odeon Bar (Briennerstraße 4) aufgesucht, so dem Tagebuch zufolge am 29.6.1905 („Diner in der Odeonsbar“) und 1.7.1905 („Wir dinieren in der Odeonsbar [...].Wir fahren zum Bahnhof, dann ich in die Odeonsbar. Sie reist ab nach Wien“).? ‒

Was macht Basil? Denk Dir, ich habe total vergessen wie die alleBerthe Marie Denk hat während ihres Besuchs bei Wedekind in München (28.6.1905 bis 1.7.1905), als sie mit ihm dem Tagebuch zufolge am 28.6.1905 offenbar nach dem Hoftheater-Restaurant das Münchner Hoftheater aufsuchte („Hoftheaterrestaurant. Dann zu Basil. Grete Swoboda Anna Feldhammer Buschbek, Waldau e.ct.“), Fritz Basil kennengelernt, den Regisseur und Hofschauspieler, der Wedekind Schauspielunterricht erteilte, sowie die Hofschauspielerin Margarete Swoboda, den für die Kostüme am Hoftheater verantwortlichen Maler Hermann Buschbek und den Hofschauspieler Gustav Waldau [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 182], außerdem Anna Feldhammer, ehemals Mitglied des Münchner Hofschauspiels [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 438], die nun als Schauspielerin am Schillertheater in Berlin tätig war [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 275]. aussahen! Ich kann mir keines der Gesichter vergegenwärtigen! Nur die schielenden Augen von Frl. Feldhammer verfolgen mich! ‒

Nun leb wohl u. schreibe mir bald!

Deine
Braut.


Bitte schreibe Frau nicht Fräulein auf die Adresse.

Berthe Marie Denk schrieb am 2. August 1905 in Franzensbad folgenden Brief
an Frank Wedekind

Liebster Frank Wedekind,

Wenn Du mich vor einer entsetzlichen Langeweile erretten willst so komme bitte sofortWedekind kam sofort; er notierte am 3.8.1905: „Brief von Bertha Maria. [...] Fahre nach Hause und packe meinen Koffer.“ [Tb] Das war abends. Er reiste am 4.8.1905 morgens um 9.10 Uhr von München ab und war um 14 Uhr in Eger [vgl. Tb], wo er drei Tage blieb. nach EgerEger – 6 Kilometer von Franzensbad entfernt – lag an derselben Bahnlinie; das Hotel Zwei Erzherzoge in Eger lag mitten in der Stadt. Wedekind notierte im Tagebuch seine Ankunft in Eger am 4.8.1905 und das Treffen mit der Geliebten an diesem ersten Tag („Unter dem Thorweg der zwei Erzherzöge tritt mir Bertha Maria entgegen. Sie kommt auf mein Zimmer. Um 5 Uhr fährt sie im Wagen vor. Wir fahren nach Franzensbad. Um 7 Uhr treffen wir uns an der Salzquelle und fahren nach dem Inselmühlerl. Nachts zehn Uhr zurück nach Franzensbad. Um 12 Uhr fahre ich nach Eger zurück“), das Pendeln zwischen Eger und Franzensbad auch an den beiden anderen Tagen, am 5.8.1905 („Vormittag besichtige ich die alte Kaiserburg in Eger. Fahre am Nachmittag nach Franzensbad, hole Abends Bertha und ihre Tante vom Bahnhof ab. Wir fahren nach dem Inselmühlerl. Nachts zehn Uhr nach Franzensbad zurück. [...] Um 12 Uhr zurück nach Eger“) und 6.8.1905 („Ich fahre um 11 Uhr nach Franzensbad, treffe Bertha Maria. Wir fahren nach dem Inselmühlerl, dann nach Eger. Wir verbringen den Nachmittag auf meinem Zimmer, fahren nach Franzensbad zurück. Dann zum Inselmühlerl und trennen uns um 10 Uhr in Franzensbad ohne Abschied genommen zu haben“). u. steig im Hôtel 2 Erzherzoge ab; oder komm nach Franzensbad u. melde Dich unter einem andern Namen, ‒ sonst erfährt man aus der Curliste, dass Du hier bist! Bitte bring | doch Deiner zukünftigen Gattin das Opfer! ‒ Ich möchte auch so furchtbareSchreibversehen, statt: furchtbar. gerne mit Dir auf 2 – 3 Tage nach Kissingen fahren, das ist gar nicht weit von hier! ‒

Bitte, bitte komm! ‒

Deine
Berthe Marie


Du musst mich aber von Deiner Ankunft avisierenbenachrichtigen, eine bevorstehende Ankunft schriftlich ankündigen.! ‒

Berthe Marie Denk schrieb am 3. August 1905 in Franzensbad folgende Bildpostkarte
an Karl Kraus , Karl Kraus , Karl Kraus , Karl Kraus , Karl Kraus , Karl Kraus , Frank Wedekind

Correspondenz-Karte


Herrn K. KKarl Kraus war – gemeinsam mit dem Maler Carl Leopold Hollitzer aus Wien, der für die Wiener Premiere der „Büchse der Pandora“ am 29.5.1905 das Lulu-Porträt gemalt hatte – Wedekinds Tagebuch zufolge nachweislich am 1.8.1905 („Mit Kraus Holitzer Langheinrich und A. v. Seidlitz in der Torggelstube und Orlando“), wo er abends mit Wedekinds Freunden Max Langheinrich und Anna von Seidlitz zusammentraf, und 2.8.1905 („Mit Kraus und Holitzer diniert. Mit Kraus und Mary Irber im Café Luitpold. Abends Intimes Theater mit Gerhäuser e.ct.“) zu Besuch in München; er dürfte noch am 2.8.1905 zurück nach Wien gereist sein, da Wedekind ein Beisammensein mit ihm für den Abend nicht vermerkte. und Herrn Frank Wedekind.
München
Franz Josefstrasse 42 |


Kursaal

Franzensbad


O Du wundervollerZitat aus Wedekinds Ballade „Die Heilsarmee“ (1902): „Oh du wundervoller froher Freudentag, Halleluja“ [KSA 1/III, S. 100], irrtümlich Donald Wedekind (statt Berthe Marie Denk) zugeschrieben [vgl. KSA 1/III, S. 705]; wohl Anspielung auf das Beisammensein von Wedekind mit Karl Kraus in München (siehe oben) – mit beiden hatte Berthe Marie Denk eine Liaison. froher Freudentag,
hallelujah!

Berthe Marie Denk schrieb am 4. August 1905 in Franzensbad folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

Telegramm [...]
an
Frank Wedekind
2 Erzherzoge
Eger I


Von Franzensbad [...]


Text.

Erwarte dich um ½ 7 um 18.30 Uhr. Die Verabredung erübrigte sich, da Wedekind gleich nach seiner Ankunft in Eger um 14 Uhr Berthe Marie Denk bei seinem Hotel Zwei Erzherzoge traf, wie er am 4.8.1905 notierte: „9. Uhr 10 ab München um zwei in Eger. Unter dem Thorweg der zwei Erzherzöge tritt mir Bertha Maria entgegen. Sie kommt auf mein Zimmer. Um 5 Uhr fährt sie im Wagen vor. Wir fahren nach Franzensbad. Um 7 Uhr treffen wir uns an der Salzquelle und fahren nach dem Inselmühlerl. Nachts zehn Uhr zurück nach Franzensbad. Um 12 Uhr fahre ich nach Eger zurück.“ [Tb]in franzensbad bei der Stahlquelleeine der Mineralquellen in Franzensbad, „berühmter Badeort in Böhmen“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Aufl. Bd. 7. Leipzig 1907, S. 1]; die Stahlquelle sprudelte in einem kleinen Pavillon (historischen Abbildungen zufolge war ihr Name auf einem Schild über dem Eingang angebracht), in dem man sich nicht verfehlen konnte.

Berthe Marie Denk schrieb am 5. August 1905 in Franzensbad folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

Telegramm [...]
an Frank Wedekind
2 Erzherzoge Eger I


Von franzensbad [...]


Text.

Hole mich um ½ 7 hum 18.30 Uhr. Wedekind notierte am 5.8.1905: „Vormittag besichtige ich die alte Kaiserburg in Eger. Fahre am Nachmittag nach Franzensbad, hole Abends Bertha und ihre Tante vom Bahnhof ab. Wir fahren nach dem Inselmühlerl. Nachts zehn Uhr nach Franzensbad zurück. [...] Um 12 Uhr zurück nach Eger.“ [Tb] franzensbad Bahnhof ab

Berthe Marie Denk schrieb am 7. August 1905 in Franzensbad folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

Telegramm [...]
an
Frank Wedekind
2 Erzherzoge
Eger I


Von franzensbad [...]


Text.

Erwarte Dich heute ein Uhrum 13 Uhr am 7.8.1905, an dem Wedekind allerdings neben dem Empfang des vorliegenden Telegramms seine Abreise von Eger um 13.23 Uhr mit dem Zug nach München notierte, anstatt sich mit Berthe Marie Denk in Franzensbad zu treffen: „Telegramm von Bertha Maria. Ich besichtige das Stadthaus. Um 1.23 Rückfahrt nach München.“ [Tb] wie gesternam 6.8.1905, an dem Wedekind notierte: „Ich fahre um 11 Uhr nach Franzensbad, treffe Bertha Maria. Wir fahren nach dem Inselmühlerl, dann nach Eger. Wir verbringen den Nachmittag auf meinem Zimmer, fahren nach Franzensbad zurück. Dann zum Inselmühlerl und trennen uns um 10 Uhr in Franzensbad ohne Abschied genommen zu haben.“ [Tb]

Berthe Marie Denk schrieb am 7. August 1905 in Franzensbad folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

Telegramm.


Frank Wedekind
Franz josefstrasse 42 |


Kgl. Bayer. Telegraphenanstalt München.


Aufgegeben in Franzensbad [...]

Über plötzliche AbreiseWedekind ist am 7.8.1905 von Eger abgereist, mittags mit dem Zug um 13.23 Uhr nach München [vgl. Tb], nachdem er noch in Eger ein früheres Telegramm von ihr erhalten hat [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.8.1905]. Berthe Marie Denk und Wedekind hatten sich am 6.8.1905 um 22 Uhr in Franzensbad getrennt „ohne Abschied genommen zu haben“ [Tb] – vielleicht ein Streit – und Wedekind fuhr wie an den beiden Tagen zuvor nachts zurück nach Eger, um am 7.8.1905 seine Rückreise nach München anzutreten, ohne die Geliebte am Abreisetag nochmals getroffen zu haben. sehr überrascht erwarte bald Brief Herzgrüsse

Frank Wedekind schrieb am 8. August 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 8.8.1905 in München:]


BriefWedekinds Brief war eine unmittelbare Reaktion auf ein am Vorabend um 23 Uhr in München aufgenommenes und ihm daher wohl erst am Morgen darauf zugestelltes Telegramm [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.8.1905], wie er am 8.8.1905 im Tagebuch notierte: „Telegramm von Bertha Marie. Brief an Bertha Marie.“ an Bertha Marie.

Berthe Marie Denk, Heinrich Michalski, Heinrich Michalski und Heinrich Michalski schrieben am 9. August 1905 in Franzensbad folgende Bildpostkarte
an Frank Wedekind

Korrespondenzkarte


Herrn Frank Wedekind
Schriftsteller
München
Franz Josefstr. 42. |


Franzensbad. Café-Restaurant Amerika im Stadtwald.

Berthe Marie Denk schrieb am 15. August 1905 in Eger folgende Bildpostkarte
an Frank Wedekind

CORRESPONDENZ-KARTE


Herrn
Frank Wedekind
München
Franz Josefstrasse 42 |


Waldrestaurant Insel MühlerlWedekind hat das Waldrestaurant dem Tagebuch zufolge während seines Aufenthalts in Eger und Franzensbad mit Berthe Marie Denk täglich besucht – am 4.8.1905 („Wir [...] fahren nach dem Inselmühlerl“), 5.8.1905 („Wir fahren nach dem Inselmühlerl“) und 6.8.1905 („Wir fahren nach dem Inselmühlerl, dann nach Eger. Wir verbringen den Nachmittag auf meinem Zimmer, fahren nach Franzensbad zurück. Dann zum Inselmühlerl“).

Frank Wedekind schrieb am 17. August 1905 in München folgenden Brief
an Berthe Marie Denk

Geliebte Bertha Maria!

Du bist das schönste Weib, das augenblicklich auf Erden lebt. Ich gehöre Dir mit allem, was mein ist
Frank.


17.8.5Wedekind notierte am 17.8.1905 in München: „Brief an Berthe Maria.“ [Tb].

Berthe Marie Denk und Karl Kraus schrieben am 27. August 1905 in Klosterneuburg folgende Bildpostkarte
an Frank Wedekind

Postkarte.


Herrn +++
Frank Wedekind
München
Franz Josefstr. 48. |


KlosterneuburgWedekind hatte am 14.6.1905 mit Berthe Marie Denk einen Ausflug dorthin unternommen: „Ankunft in Wien. [...] Spazierfahrt mit Bertha Denk nach Kloster Neuburg.“ [Tb],
N.-Oe.

+++

Allerschönsten Gruß und Dank für die lieben Kartenvgl. Oscar Friedmann, Wedekind, Bernhard Rehse, Carl Rößler an Karl Kraus, 24.8.1905 (und eine weitere nicht überlieferte Postkarte Wedekinds an Karl Kraus)., Ihr
Karl Kraus


Restauration „Stiftskellerbeliebtes Lokal von Wiener Ausflugsgästen in Klosterneuburg; Wedekind hat bei seinem Ausflug dorthin in Begleitung von Berthe Marie Denk die auf der vorliegenden Postkarte „abgebildete Stiftskeller-Restauration besucht“ [Nottscheid 2008, S. 151].“.

Gräfin PotockaBerthe Marie Denk unterzeichnet mit diesem Namen in Anspielung auf das ihr von Wedekind gewidmete Gedicht „An Bertha Maria, Typus Gräfin Potocka“ [KSA 1/I, S. 639] in der Sammlung „Die vier Jahreszeiten“ (1905), das wiederum anspielt auf die polnische Schriftstellerin Anna Gräfin Potocka (geb. Tyszkiewicz), deren Memoiren in deutscher Übersetzung in einer aktuellen Auflage vorlagen [vgl. Die Memoiren der Gräfin Potocka 1794-1820. Veröffentlicht von Casimir Stryienski. Nach der sechsten französischen Auflage bearbeitet von Oskar Marschall von Bieberstein. Mit prachtvollen Illustrationen und dem Porträt der Verfasserin von Angelica Kauffmann. Leipzig 1904], ein Buch, das Wedekind und Berthe Marie Denk gekannt haben dürften. „Wie aus der Einleitung zum Buch hervorgeht, repräsentierte Anna Potocka den Typus einer vornehmen und gebildeten Frau von aristokratischer Erziehung, die in Warschau und Paris mit führenden politischen Persönlichkeiten ihrer Zeit – allen voran mit Napoleon –, aber auch mit namhaften Künstlern in Kontakt kam und sich durch Geistesschärfe, literarische Bildung und schriftstellerische Begabung auszeichnete“ [KSA 1/I, S. 913]. Das Faksimile des Portraitgemäldes in dem Buch habe „starke Ähnlichkeit mit Photographien von Bertha Maria Denk“ [Nottscheid 2008, S. 150].!


Thomas Hieglseit 1894 Pächter des Stiftskellers in Klosterneuberg, bei den Gästen als geselliger ‚Stiftskellerwirt‘ beliebt., Klosterneuburg.

Berthe Marie Denk schrieb am 28. August 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Lieber Frank,

Bin seit gesternder 27.8.1905. Berthe Marie Denk hatte mit Karl Kraus und anderen einen Ausflug unternommen, der sie nach Preßburg und Klosterneuburg führte, und von dort Postkarten an Wedekind mitunterschrieben [vgl. Karl Kraus, Carl Leopold Hollitzer, Ernst von Lieben, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905; Karl Kraus, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905]. wieder in Wien. Sei nicht bös dass ich solange nicht geschrieben, ich erlebe rein gar nichts u. dann war ich auch bös auf Dich, weil Du mich | so im Stich gelassenWedekind hatte Berthe Marie Denk während ihres Kuraufenthalts in Franzensbad drei Tage besucht und war – ohne am 6.8.1905 von der Geliebten „Abschied genommen zu haben“ [Tb] – am 7.8.1905 ohne Nachricht zurück nach München gereist. hast. ‒ ‒ Die Cur hat mir nicht sonderlich angeschlagen; ‒ vielleicht fahre ich nächste Woche nach Steiermark! ‒

Wann fährst Du denn nach BerlinWedekind reiste am 5.9.1905 von München ab, zunächst nach Dresden und von dort am 8.9.1905 nach Berlin, wo er am 9.9.1905 eine Wohnung mietete (Schiffbauerdamm 6), um am Deutschen Theater (Direktion: Max Reinhardt) tätig zu werden.? Ich werde Dich dort bestimmt besuchen. | Was gibt’s bei Dir Neues? Ist mein BildBerthe Marie Denk bezieht sich auf Raffaels Bildnis des Tommaso Inghirami in roter Robe, das Wedekind ihr kopieren zu lassen versprochen hat – sie hatte schon dreimal nachgefragt [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905, 11.7.1905 und 28.7.1905] und Wedekind hatte ihr zwischenzeitlich erklärt, die Kopie sei noch nicht fertig [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 14.7.1905]. noch nicht fertig? Ich warte schon mit Ungeduld darauf! ‒

Schreibe recht bald wieder
Deiner
Braut.

Frank Wedekind schrieb am 1. September 1905 in München folgenden Brief
an Berthe Marie Denk

Für Bertha Maria Denk

Die schönste Frau ihrer Zeit

Im Auftrage von Frank Wedekind kopirtDie Berthe Marie Denk versprochene Kopie von Raffaels Bildnis des Tommaso Inghirami in roter Robe (‚der rote Kardinal‘) [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 7.7.1905, 11.7.1905, 28.7.1905, 28.8.1905; Wedekind an Berthe Marie Denk, 14.7.1905], für die Wedekind hier eine Widmung entworfen hat: „Wedekind schenkte Berthe Marie Denk 1905 eine Kopie des Bildes und versah es mit der Widmung“ [Waldmann 1996, S. 119], hat der Maler Franz Muhri hergestellt. Wedekind hielt am 15.8.1905 fest: „Muhri holt sich 40 Mark.“ [Tb] Das dürfte das Honorar gewesen sein, vermutlich nur eine Anzahlung, denn Wedekind notierte am 20.9.1905: „Für Hexenwahn Geld an Muhri geschickt.“ [Tb] von
Franz Muhri.


1. Sept. 1905.

Frank Wedekind schrieb am 3. September 1905 in München folgenden Brief
an Berthe Marie Denk

Frau Berthe Marie Denk.
geb. Gräfin Potoz/c/kaBerthe Marie Denk unterzeichnete mit diesem Namen Postkarten an Wedekind (siehe unten) in Anspielung auf das ihr von Wedekind gewidmete Gedicht „An Bertha Maria, Typus Gräfin Potocka“ [KSA 1/I, S. 639] in der Sammlung „Die vier Jahreszeiten“ (1905), das wiederum anspielt auf die polnische Schriftstellerin Anna Gräfin Potocka (geb. Tyszkiewicz), deren Memoiren in deutscher Übersetzung in einer aktuellen Auflage vorlagen [vgl. Die Memoiren der Gräfin Potocka 1794-1820. Veröffentlicht von Casimir Stryienski. Nach der sechsten französischen Auflage bearbeitet von Oskar Marschall von Bieberstein. Mit prachtvollen Illustrationen und dem Porträt der Verfasserin von Angelica Kauffmann. Leipzig 1904], ein Buch, das Wedekind und seine Geliebte gekannt haben dürften. „Wie aus der Einleitung zum Buch hervorgeht, repräsentierte Anna Potocka den Typus einer vornehmen und gebildeten Frau von aristokratischer Erziehung, die in Warschau und Paris mit führenden politischen Persönlichkeiten ihrer Zeit – allen voran mit Napoleon –, aber auch mit namhaften Künstlern in Kontakt kam und sich durch Geistesschärfe, literarische Bildung und schriftstellerische Begabung auszeichnete“ [KSA 1/I, S. 913]. Das Faksimile des Portraitgemäldes der Verfasserin von Angelika Kauffmann in dem Buch habe „starke Ähnlichkeit mit Photographien von Bertha Maria Denk“ [Nottscheid 2008, S. 150].
Wien
Kettenbrückengasse 21.


Meine Königin!

Zu meinem Bedauern muß ich Dir mittheilen, daß der HexenbannWedekind meint das sonst als ‚der rote Kardinal‘ bezeichnete Gemälde Raffaels, das Bildnis des Tommaso Inghirami in roter Robe, von dem in der Korrespondenz mit Berthe Marie Denk seit dem 7.7.1905 die Rede ist, da Wedekind ihr von dem Maler Franz Muhri eine Kopie dieses Gemäldes hat herstellen lassen, für das er schon eine Widmung entworfen hat [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 1.9.1905]. nicht vor dem 15. Sept. bei Dir eintreffen wird,. Das Einrahmen kostet acht Tage Zeit. Meine | Schuld ist das weiß Gott nicht.

Ich danke Dir herzlich für die schönen KartenWedekind hat am 28.8.1905 eine Bildpostkarte aus Klosterneuburg erhalten [vgl. Karl Kraus, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905], wobei er „im vergangenen Juni in Begleitung“ von Berthe Marie Denk „die auf der Karte abgebildete Stiftskeller-Restauration besucht“ [Nottscheid 2008, S. 151 ] hat und der Ort insofern für ihn mit seiner Geliebten in Verbindung stand, außerdem am 29.8.1905 eine mit einer Bleistiftzeichnung von Carl Leopold Hollitzer illustrierte Postkarte aus Preßburg [vgl. Karl Kraus, Carl Leopold Hollitzer, Ernst von Lieben, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905], beide von Berthe Marie Denk mit Gräfin Potocka unterschrieben. aus Kloster Neuburg und Preßburg und Budapest.

Ich bitte Dich, Karl Kraus und Herr Holitzer zu der schönen Vergnügungstour aufs meine h aufrichtigen Glückwünsche zu der schönen Vergnügungstour aussprechen zu wollen.

Ich erwarte Deine Befehle
Frank Wedekind.

Berthe Marie Denk schrieb am 5. September 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Lieber Frank Wedekind,

Geliebter Cäsar!

Ich bin im Begriffe eine größere ReiseBerthe Marie Denk reiste nach Italien, wo sie teilweise mit Karl Kraus zusammen war [vgl. Fischer 2020, S. 1045], mit dem sie „einige Tage [...] in Rom verbracht“ [Nottscheid 2008, S. 155f.] hat. zu machen u. habe daher sehr wenig Zeit, will Dir aber doch noch vorher schreiben, damit Du siehst wie sehr ich Deiner gedenke! Ich habe Dir nur aus | Klosterneuburg u. Pressburg Karteneine Postkarte aus Klosterneuburg [vgl. Karl Kraus, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905] und eine Bildpostkarte aus Preßburg [vgl. Karl Kraus, Carl Leopold Hollitzer, Ernst von Lieben, Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.8.1905] – dies als Antwort auf Wedekinds Brief [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 3.9.1905]. geschickt, zus in Budapest war ich ja gar nicht! ‒ Ich habe mich in Pressburg mit Kraus furchtbar gestritten u. bin bös auf ihn! ‒ Du irrst sehr wenn Du meinst, dass ich Dich weniger liebe, ‒ im Gegenteil, ‒ aber ich habe jetzt so wenig Zeit zum schreiben, weil ich immer bei der Schneiderin bin, wegen der Herbst|toilettenelegante Herbstkleider.! NeulichRichard Wagners Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ stand am 3.9.1905 (Sonntag) auf dem Programm des Wiener Hofoperntheaters ‒ unter den Sängern war Richard Mayr [vgl. Neues Wiener Tagblatt, Jg. 39, Nr. 243, 3.9.1905, S. 50], den Berthe Marie Denk 1917 heiratete: „Kammersänger Richard Mayr, der Bassist der Wiener Hofoper, hat sich mit einer Wiener Fabrikantenstochter, Frl. Denk, vermählt.“ [Salzburger Volksblatt, Jg. 47, Nr. 149, 3.7.1917, S. 3] war ich in „Meistersinger“, ‒ einfach phänomenal!

‒‒‒

Was gibt’s Neues in München! Ich lese in der/einer/ Wr Zeitungdas „Neue Wiener Tagblatt“ – andere Wiener Zeitungen haben über die Uraufführung des Dramas „Andrea del Sarto“ (1905) von Paul Brann (frei bearbeitet nach Alfred de Musset) am 2.9.1905 im Münchner Residenztheater, bei der Margarete Swoboda die Rolle der Lucretia (die Gattin der Titelfigur) spielte [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 409, 2.9.1905, General-Anzeiger, S. 3], ähnlich berichtet, aber keine Namen genannt, so etwa die „Wiener Zeitung“ [vgl. Wiener Abendpost. Beilage zur Wiener Zeitung, Jg. Nr. 202, 4.9.1905, S. 7]. Die Meldung lautet: „Aus München wird uns telegraphiert: Im hiesigen Residenztheater wurde die Uraufführung des dreiaktigen Dramas ‚Andrea del Sarto‘ von Paul Brann, eine poetische Umarbeitung nach Alfred de Musset, in einer vorzüglichen Besetzung mit Herrn Monnard und Fräulein Swoboda in den Hauptrollen unter Savits Regie freundlich aufgenommen. Der Autor konnte vom zweiten Akt an wiederholt erscheinen.“ [Neues Wiener Tagblatt, Jg. 39, Nr. 244, 4.9.1905, S. 10] Berthe Marie Denk ist der Münchner Hofschauspielerin Margarete Swoboda [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 182] während ihres Besuchs bei Wedekind in München am 28.6.1905 begegnet, wie Wedekind im Tagebuch notierte („Bertha Maria bei mir. [...] Dann zu Basil. Grete Swoboda“). dass Frl Swoboda in Andrea del Sarto einen kolossalen Erfolg hatte! So eine Kuh!

‒‒‒ |

Wie geht ’es denn dem alten Professornicht eindeutig; vermutet wurde die Bezeichnung als „Spitzname für Friedrich Basil, Wedekinds Schauspiellehrer“ [Waldmann 1996, S. 119]. Berthe Marie Denk ist Fritz Basil, Regisseur und Hofschauspieler in München [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 182], ebenfalls während ihres Besuchs bei Wedekind in München am 28.6.1905 begegnet.! Grüsse ihn doch von mir! ‒

Herzlichst
Berthe Maria.

Berthe Marie Denk schrieb am 5. September 1905 in Wien folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

Telegramm.


WEDEKIND MUENCHEN FRANZJOSEFSTR 42 |


Kgl. Bayer. Telegraphenanstalt München.


Aufgegeben in Wien [...]


DANK LIEBWERTER CAESAR. FUER BRIEFvgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 3.9.1905.. ICH SCHREIBE DEMNAECHST. SCHOENSTEN GRUSZ

Berthe Marie Denk schrieb am 9. September 1905 in Rom folgende Bildpostkarte
an Frank Wedekind

CARTOLINA POSTALE
(CARTE POSTALE)


A Herrn Frank Wedekind.
MünchenWedekind ist am 5.9.1905 von München zunächst nach Dresden abgereist und von dort am 8.9.1905 nach Berlin, wo er sein Engagement am Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) antrat und am 9.9.1905 nach einer ersten „Hidalla“-Probe (für die anstehende Berliner Premiere) eine Wohnung mietete: „Um 10 Uhr Probe. Diner [...] Darauf miethe ich mich Schiffbauerdamm No 6 ein.“ [Tb].
Franz Josefstr. 42

Bavaria. |


[um 180 Grad gedreht:]

Reise demnächst nach NeapelBerthe Marie Denk hatte Wedekind angekündigt, wahrscheinlich nach Neapel zu reisen [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 15.7.1905], nicht aber die Reise nach Rom, die sie gemeinsam mit Karl Kraus unternommen hatte, wie Wedekind später erfuhr [vgl. Karl Kraus, Berthe Marie Denk an Wedekind, 16.12.1905], nachdem er ausdrücklich nachgefragt hatte [vgl. Wedekind an Karl Kraus, 13.12.1905]. wo längere Zeit bleibe.


RomaPonte e Castel Sant’ Angelo


Innigsten Gruss. Brief folgt.

Frank Wedekind schrieb am 9. September 1905 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 22.9.1905 aus Wien:]


Von meiner Reise zurückgekehrt finde ich Deine lieben Kartendie hier erschlossene Postkarte sowie eine weitere nicht überlieferte Postkarte [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 20.9.1905]. vor [...]

Frank Wedekind schrieb am 20. September 1905 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 22.9.1905 aus Wien:]


Von meiner Reise zurückgekehrt finde ich Deine lieben Kartendie hier erschlossene Postkarte sowie eine weitere nicht überlieferte Postkarte [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 9.9.1905]. vor [...]

Berthe Marie Denk schrieb am 22. September 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Lieber Frank Wedekind,

Mein Caesar.

Von meiner ReiseBerthe Marie Denk war zurück aus Italien [vgl. Fischer 2020, S. 1045]; sie hat dort mit Karl Kraus „einige Tage [...] in Rom verbracht“ [Nottscheid 2008, S. 155f.]. zurückgekehrt finde ich Deine lieben Kartennicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke: Wedekind an Berthe Marie Denk, 9.9.1905 und 20.9.1905. vor u. will Dir auch gleich schreiben! Du wirst jedenfalls mit Spannung sensationelle Enthüllungen erwarten, aber ich muss Dich sehr enttäuschen, ‒ ich kann Dir nur den guten Rath geben, verbrenn Deinen „TotentanzDer gedruckten Widmung seines Stücks „Totentanz“ für Berthe Marie Denk – „Meiner Braut in innigster Liebe gewidmet“ [Frank Wedekind: Totentanz. Drei Szenen. In: Die Fackel, Jg. 7, Nr. 183/184, 4.7.1905, S. 1; vgl. KSA 6, S. 100] – hat Wedekind „ohne Angabe der Zitatstelle“ [KSA 6, S. 623] ein griechisch geschriebenes Motto (ein Zitat aus Matthäus 21,13) [vgl. KSA 6, S. 99] vorangestellt: „Wahrlich, ich sage euch: Die Huren mögen wohl eher ins Reich Gottes kommen als ihr. Jesus.“ [KSA 6, S. 623] Das „1. und 2. Tausend“ der Buchausgabe, die ebenfalls das Motto (der Name „Jesus“ hier gestrichen) und die Widmung enthält, wurden zwar „bereits 1905 ausgeliefert“ [KSA 6, S. 623], „Totentanz. Drei Szenen“ im Albert Langen Verlag in München ist aber erst am 20.10.1905 als erschienen angezeigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 245, 20.10.1905]; allerdings hat Wedekind bereits Anfang Oktober 1905 Exemplare der Buchausgabe weitergegeben [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 9.10.1905]. denn er strotzt von | Unwahrheiten, ‒ und was meine Person betrifft so werde ich jedenfalls in ein Kloster gehen! ‒ Lieber allem entsagen, da alles einem doch nicht befriedigen kann! Die schönsten Stunden erlebe ich doch allein mit mir. ‒‒‒

Um von etwas anderem zu sprechen bitte ich Dich herzlichst sage keinem Menschen dass ich in Italien | war! Ich bitte Dich darum dringend! ‒ Ich habe von/aus/ München Nachricht bekommen, dass am 15. das Bild abgesandtRaffaels Bildnis des Tommaso Inghirami in roter Robe, das Berthe Marie Denk in Kopie als Geschenk versprochen war, ist also am 15.9.1905 von München an sie nach Wien abgeschickt worden – Wedekind hatte ihr angekündigt, die Kopie werde nicht vor dem 15.9.1905 bei ihr eintreffen [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 3.9.1905]; die Kopie hat Franz Muhri hergestellt [vgl. Wedekind an Berthe Marie Denk, 1.9.1905]. wurde. Leider ist es noch nicht eingetroffen! Ich danke Dir vorderhand innigst dafür! ‒

Wenn es Dir einigen Spass macht so will ich Dir verrathen, dass ich im Oct. für einige | Zeit nach BerlinWedekind traf am 8.9.1905 in Berlin ein und mietete sich dort am 9.9.1905 eine Wohnung (Schiffbauerdamm 6, 3. Stock) [vgl. Tb], um am Deutschen Theater (Direktion: Max Reinhardt) tätig zu werden. komme, schreibe mir ob Du für mich ein wenig Zeit haben wirst. ‒ ‒

Bitte lass auch niemanden meinen Briefe lesen! ‒

Was macht M. HardenWedekind hat Maximilian Harden, den einflussreichen Herausgeber der Wochenschrift „Die Zukunft“ in Berlin, dem er sehr verbunden war und als seinen Förderer betrachtete, erst zehn Tage später mitgeteilt, dass er nun wieder in Berlin lebe [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 2.10.1905].! Ich bin schon sehr begierig ihn kennen zu lernen.

Wann heiraten wir?

Mit innigstem Gruss
Bertha Maria

Berthe Marie Denk schrieb am 24. September 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Heute Vormittag kam das BildRaffaels Bildnis des Tommaso Inghirami in roter Robe, das Berthe Marie Denk in Kopie versprochen war – erst zwei Tage zuvor hatte sie Wedekind geschrieben, es sei noch nicht bei ihr eingetroffen [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 22.9.1905].! Wenn ich Dich hier hätte so würde ich Deinen geliebtes Caesarenhaupt in heissester Dankbarkeit abküssen, ‒ Du ahnst gar nicht was ich für eine Riesenfreude damit dem Bild habe. Es wurde gleich Vm. noch aufgehängt; | und ich warf in meiner Freude die Leiter um u. wäre beinahe erschlagen worden! Ich komm sobald wie möglich nach Berlin u. bringe meine heutige Stimmung mit u. dann wirst Du etwas an mir | erleben! ‒ Du hast gar keine Idee was Du für ein lieber Mensch bist. ‒

Schreib bald, ‒ gleich!!!

In innigster heissester Liebe
Bertha Marie

Frank Wedekind schrieb am 29. September 1905 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 29.9.1905 in Berlin:]


Brief an B M.D.

Berthe Marie Denk schrieb am 12. November 1905 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 13.11.1905 in Berlin:]


B M. D schickt mir ihr Bildeine von Lina Loos aufgenommene Fotografie von Berthe Marie Denk [vgl. Vinçon 2014, S. 182, 329], die als solche erhalten ist [vgl. die Abbildung „Berthe Maria Denk“: Wagner 1987, nach S. 176]..

Frank Wedekind schrieb am 13. November 1905 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 16.12.1905 aus Wien:]


[...] herzlichen Dank für l. Brief [...]

Frank Wedekind schrieb am 15. Dezember 1905 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[1. Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 15.12.1905 in Berlin:]


Bertha Marias Geburtstag.


[2. Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 22.12.1905 aus Krampen:]


Ich danke Dir sehr, dass Du an meinen Geburtstag gedacht hast [...]

Berthe Marie Denk schrieb am 22. Dezember 1905 in Krampen folgenden Brief
an Frank Wedekind

Mein lieber Bräutigam,

Ich danke Dir sehr, dass Du an meinen Geburtstag gedachtHinweis auf einen nicht überlieferten Glückwunsch; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Berthe Marie Denk, 15.12.1905. hast, ich hätte es Dir sonst sehr übel genommen! Du kommst also jedenfalls bald nach Wien u. wenn Du willst so können wir ja gleich Deine Anwesenheit zum heiraten benutzen! Ich bin mutterseelenallein in einem einsamen | steirischen Nest wo es so wunderschön ist, dass man die ganze übrige Welt darüber vergisst! Ich wohne in einem grossen Bauernzimmer, ‒ das ganze Milieu rührt mich oft zu Thränen, man denkt unwillkürlich an Märchen, gebratne Äpfel u. scheue Kinderaugen. Ich bin vollkommen glücklich u. zufrieden hier. | Die 3 Weihnachtsfeiertage24. bis 26.12.1905. bin ich in Wien, kehre dann hieher zurück u. bleibe solange ich will. Jedenfalls fahre ich von hier per Schlitten nach Maria Zell, wo ich auch eine Weile mich aufhalten will! ‒ Schreibe mir umgehend an meine Wr AdresseBerthe Marie Denks Adresse in Wien (V, Kettenbrückengasse 21). wann Du in Wien bist, | ich freue mich schon sehr Dich wiederzusehen! Du wirst mich vielleicht etwas verändert finden.

Mit innigstem Gruss
Deine
M


Adresse: Frau B.D.

Krampen bei Neuberg an der Mürz, Steiermark.

Berthe Marie Denk schrieb am 27. Dezember 1905 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Lieber Frank,

Bitte theile mir sofort telegraphisch mit, ob Du Dich in den allernächsten Tagen in Berlin zwei bis drei Tage mit mir beschäftigen | kannst! Ich fahre nach Hamburg u. möchte mich gerne in Berlin aufhalten! Der Ordnung halber: ich fahre alleinfünfmal unterstrichen; damit ist in Anspielung auf ihre Beziehung zu Karl Kraus betont, dass Berthe Marie Denk ohne ihn reist.!

Also bitte um sofortige Nachricht. |

Willst Du eventuell den Sylvester Abend mit mir verbringen? Sei lieb! ‒

Deine Dich innigst
liebende
Braut.

Frank Wedekind schrieb am 28. Dezember 1905 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 28.12.1905 in Berlin:]


Ich hab B M D abtelegraphiertauf ihre Anfrage [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.12.1905]..

Berthe Marie Denk schrieb am 5. Januar 1906 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Lieber Frank Wedekind,

Ich weiss wirklich nicht, was in Dich gefahren ist, ‒ ich schreibe Dirvgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 27.12.1905., dass ich auf zwei Tage nach Berlin komme u. denke mir, dass Du Dich doch darüber bischen freuen wirst indessen schickst Du mir als Antwort ein sehr sonderbares Telegrammnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Berthe Marie Denk, 28.12.1906.. Lieber Frank Wedekind, glaubst Du wirklich, dass | ich so armselig geworden bin, dass ich für meine Handlungen erst einen Erlaubnisschein brauche! Und im Übrigen habe ich K.K. seit drei Wochenseit dem 15.12.1905, aber wohl kaum genau zu rechnen; der gemeinsam mit Karl Kraus geschriebene Brief wäre demnach die letzte Begegnung mit dem Herausgeber der „Fackel“ gewesen [vgl. Karl Kraus, Berthe Marie Denk an Wedekind, 16.12.1905]. nicht gesehen, was er Dir selbst bestätigen wird! ‒ ‒ Ich komme wie gesagt nur auf zwei Tage nach Par Berlin, ‒ dann Hambourg, ‒ mein Endziel ist Paris, wo ich zu bleiben gedenke. Mir wächst Wien beim Hals | heraus! Ich fahre Sonntagder 7.1.1906 (geplante Abreise mit dem Nachtzug von Wien um 21.30 Uhr). Abend 930 Nordwestbahn hier weg u. bin Montagder 8.1.1906 (geplante Ankunft in Berlin um 10.45 Uhr). – Wedekind war pünktlich am Bahnhof, aber anstatt Berthe Marie Denk, die er erwartet hatte, die aber nicht gekommen ist, traf er auf Carl Rößler (Franz Ressner), mit dem er dann in die Weinstube Gebrüder Habel einkehrte (dabei war Julius Schaumberger), mittags dann im Restaurant Zum Heidelberger Adele Sandrock traf und ihr den vorliegenden Brief zeigte, wie er am 8.1.1906 notierte: „Am Anhalter Bahnhof kommt mir statt Bertha Maria Franz Resner entgegen. Frühschoppen mit Resner und Schaumberger bei Habel. Im Heidelberger treffe ich Adele Sandrock und ihre Damen, zeige ihr B.M. Brief“ [Tb]. Das Telegramm Berthe Marie Denks, in dem sie ihn über ihre auf den 9.1.1906 verschobene Ankunft benachrichtigte, hatte ihn nicht mehr rechtzeitig erreicht [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 8.1.1906]. ¼ 11 in Berlin (Vormittag.) Ich möchte mich sehr freuen wenn Du mich abholen würdest! Ich habe wie gesagt gar kein Attentat auf Dich vor u. wenn Du in festeren Banden bist und ich Dir ungelegen komme, so wirst Du es mir ganz franchement(frz.) geradeheraus, freiheraus, offen. sagen! ‒ Eine Stunde um | mit mir zu plaudern wirst Du wohl aubringenSchreibversehen, statt: aufbringen. können! Mehr verlange ich nicht von Dir! ‒ Also sei lieb, oder wenigstens galant! ‒

Bitte telegraphiereWedekind notierte zum Erhalt des Briefes am 6.1.1906: „Zu Hause finde ich Brief von Bertha Maria, telegraphiere an sie und bleibe bis morgens im Café Bauer. Ich bin selig.“ [Tb] mir sofort nach Erhalt dieseswohl Schreibversehen, statt: dieses Briefes. ob Du Montag Vm. am Anhalter Bahnhof sein wirst.

Mit herzlichem Gruss.
Bertha Maria
.


Bitte sage niemandem etwas von meiner Ankunft.

Frank Wedekind schrieb am 6. Januar 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 6.1.1906 in Berlin:]


Zu Hause finde ich Briefvgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 5.1.1906. von Bertha Maria, telegraphiereHinweis auf ein nicht überliefertes Telegramm, das vorliegende erschlossene Korrespondenzstück. an sie und bleibe bis morgens im Café Bauer. Ich bin selig.

Berthe Marie Denk schrieb am 8. Januar 1906 in Wien folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

frank wedekind pension nalteÜbertragungsfehler, statt: nolte. – Wedekind wohnte in der im 3. Stock gelegenen Pension von Johanna Nolte (Schiffbauerdamm 6/7) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 1598].
schiffbauerdamm 6 berlin=


Telegraphie des Deutschen Reichs.
Berlin, Haupt-Telegraphenamt.


Telegramm [...] wien


sei bestimmt morgen dienstagder 9.1.1906. – Wedekind war am Bahnhof, wie er am 9.1.1906 notierte: „Fahre zum Anhalter Bahnhof und hole Bertha Maria ab. Sie wohnt in meinem Zimmer Ich miethe mich im Nebenlogis ein. Ich schwänze die Probe.“ [Tb] Er verbringt diesen Tag und die folgenden Tage mit ihr; Berthe Marie Denk bleibt bei ihm wohnen, bis zu seiner Abreise (und darüber hinaus) zu einem Vortrag nach Bremen am 12.1.1906 und einem Gastspiel in Leipzig, von dem er am 14.1.1906 zurückkehrt und sie schwer krank vorfindet [vgl. Tb]. vorm. bahnhof

Berthe Marie Denk schrieb am 8. Januar 1906 in Wien folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

frank wedekind berlin
schiffbauerdam 6 pension nolteWedekind wohnte in der im 3. Stock gelegenen Pension von Johanna Nolte (Schiffbauerdamm 6/7) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 1598].=


Telegraphie des Deutschen Reichs.
Berlin, Haupt-Telegraphenamt.


Telegramm [...] wien


je riendraiÜbertragungsfehler, statt: viendrai; – „je viendrai demain mardi avant midi“ (frz.) ich komme morgen, Dienstag vormittags. demain mardi(frz.) Dienstag; der 9.1.1906. avant midi

Frank Wedekind schrieb am 15. Januar 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 15.1.1906 in Berlin:]


Telegramm an Bertha Maria [...]

Frank Wedekind schrieb am 17. Januar 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 17.1.1906 in Berlin:]


Ich schreibe im Central-Hotel an Bertha Maria [...]

Frank Wedekind und Adele Sandrock schrieben am 17. Januar 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 17.1.1906 in Berlin:]


[...] hole Adele Sandrock zum Diner ab. Wir schreiben zusammen Kartendas vorliegende erschlossene Korrespondenzstück, wohl eine Postkarte (sowie ein weiteres nicht überliefertes Korrespondenzstück). an Bertha Maria [...]

Frank Wedekind und Adele Sandrock schrieben am 23. Januar 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 23.1.1906 in Berlin:]


Diniere mit Adele Sandrock. Wir schreiben an Bertha Maria.

Berthe Marie Denk schrieb am 16. Februar 1906 in Wien folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Absender:


Korrespondenz-Karte.


An Herrn
Frank Wedekind
in Berlin.
Schiffbauerdamm 6.
Pension NolteWedekind wohnte in der Pension von Johanna Nolte (Schiffbauerdamm 6/7) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 1598]. |


Liebster Frank! Tausend Dank für alle Deine lieben Briefenicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke: Wedekind an Berthe Marie Denk, 17.1.1906; Wedekind und Adele Sandrock an Berthe Marie Denk, 23.1.1906 (sowie möglicherweise weitere nicht überlieferte Briefe).. Am Montagder 19.2.1906. stehe ich aufBerthe Marie Denk war schwer krank gewesen (siehe Wedekinds vorangegangene Korrespondenz mit ihr und seine Korrespondenz mit ihrer Schwester Ottilie Weißhappel). u. werde Dir dann ausführlicher schreiben. ‒ Ich habe Dir sehr viel zu berichten! Leider lauter traurige Sachen. ‒ Ich bitte Dich schicke mir sofortBerthe Marie Denks Schwester Ottilie Weißhappel hatte Wedekind schon vier Tage zuvor darum gebeten, eine in Berlin vergessene Bluse und einen Gürtel nach Wien zu schicken [vgl. Ottilie Weißhappel an Wedekind, 12.2.1906]. die Taille(frz.); Bezeichnung für das bis zur Taille reichende „enganliegende Kleideroberteil, im Unterschied zur längeren Korsage; [...] zuweilen auch Bezeichnung des Mieders“ [Loschek 2005, S. 475]. u. den Gürtel weil erstere zur Schneiderin kommen muss! Besten Dank dafür!

Mit herzlichsten Grüssen
Deine treue
M

Frank Wedekind schrieb am 18. Februar 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Berthe Marie Denk

[Hinweis in Berthe Marie Denks Brief an Wedekind vom 20.2.1906 aus Wien:]


Habe die Taille gestern bereits erhalten u. danke Dir vielmals [...]

Berthe Marie Denk schrieb am 20. Februar 1906 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Liebster Freund,

Habe die Taille(frz.); Bezeichnung für das bis zur Taille reichende „enganliegende Kleideroberteil, im Unterschied zur längeren Korsage; [...] zuweilen auch Bezeichnung des Mieders“ [Loschek 2005, S. 475]. gesternder 19.2.1906. bereits erhalten u. danke Dir vielmalsHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben (der Begleitbrief zur genannten Sendung der Taille); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Berthe Marie Denk, 18.2.1906. für alle Mühe, die Du mit mir gehabt! Ich habe Dir einen langen Brief versprochenauf der Postkarte vom Freitag [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 16.2.1906]., bin aber noch so schwach | u. angegriffen, dass mir diese wenigen Zeilen schon Mühe machen. Du versprachst im März nach WienWedekind reiste später nach Wien; sein nächster Aufenthalt in Wien ergab sich erst wieder durch seine Gastspielreise dorthin vom 19.4.1907 bis 10.5.1907 [vgl. Tb]. zu kommen, ‒ ich bitte Dich dann bei mir zu wohnen, Du würdest mir damit eine grosse Freude machen! |

An Frl. Sandrock muss ich auch endlich schreibenAdele Sandrock hat Berthe Marie Denk in den Wochen davor geschrieben, teilweise zusammen mit Wedekind [vgl. Wedekind und Adele Sandrock an Berthe Marie Denk, 17.1.1906 und 23.1.1906]., sie wird schon beleidigt sein! ‒ Ich bin aber heute erst den zweiten Tag aufam 20.2.1906; ihrer Postkarte vom Freitag zufolge ist Berthe Marie Denk, die schwer krank gewesen ist, am 19.2.1906 den ersten Tag von ihrem Krankenlager aufgestanden [vgl. Berthe Marie Denk an Wedekind, 16.2.1906]. u. furchtbar müde! ‒ Adieu, Liebster!

Schreibe, wann Du kommst!

BMarie