Briefwechsel

von Max Halbe und Frank Wedekind

Frank Wedekind schrieb am 30. Mai 1896 in München folgende Visitenkarte
an Max Halbe

Lieber Herr Halbe,

dem liebenswürdigen Entgegenkommen Herrn Rüderer’sJosef Ruederer, Zentralfigur der Nebenregierung (siehe unten) und Schriftsteller in München (Giselastraße 7) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1896, Teil I, S. 400], der Wedekind die Lesung seines Dramenfragments „Das Sonnenspectrum“ (siehe unten) ermöglicht hatte, wie Max Halbe sich erinnerte: „Natürlich war auch Ruederer an der Spitze der Seinen erschienen. Er liebte Wedekind durchaus nicht, hatte ihm aber – ob mit, ob ohne Hintergedanken – den Abend für die Vorlesung eingeräumt.“ [Halbe 1935, S. 159] danke ich es, daß ich Montag Abendam 1.6.1896, an dem Wedekind im Münchner Café Minerva aus dem Manuskript seines Dramenfragments „Das Sonnenspectrum. Ein Idyll aus dem modernen Leben“ [vgl. KSA 3/I, S. 669-708] las (siehe unten). in der N.R.im Café Minerva (Akademiestraße 9) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1896, Teil I, S. 316], in dem die Nebenregierung, jene 1892 von Josef Ruederer in Opposition zur Gesellschaft für modernes Leben um Michael Georg Conrad (und zum Literatenkreis um Paul Heyse) gegründete „Vereinigung Münchner Künstler, die sich regelmäßig im Café Minerva traf“ [KSA 3/II, S. 1450], literarische Abende veranstaltete, darunter Wedekinds Lesung vom 1.6.1896. „Im Sommer 96 las er der ‚Nebenregierung‘ [...] im Kafe Minerva sein ‚Sonnenspektrum‘ vor“ [Kutscher 2, S. 6]. Max Halbe erinnerte sich an die Lesung: „Unter den vielen bewegten Abenden der ‚Nebenregierung‘ wohl der bewegteste war jener, an dem Frank Wedekind uns sein ‚Sonnenspektrum‘ im ‚Kaffee Minerva‘, gegenüber der Akademie, vorlas oder, um es richtiger zu bezeichnen, an den Kopf schleuderte. Es wird im Frühjahr 1896 gewesen sein [...]. Sein Name, schon dazumal alle Geister des Widerspruchs entfesselnd, hatte den ganzen Heerbann der ‚Nebenregierung‘ auf den Plan gerufen. Dicht gedrängt saß die Gemeinde in dem engen Nebenzimmer des Boheme-Kaffees.“ [Halbe 1935, S. 158f.] Lovis Corinth, der Veranstaltungen der „Vereinigung die ‚Nebenregierung‘“ besuchte, erinnerte sich: „Im Café Minerva hielt einstmals Wedekind einen Leseabend über sein Theaterstück ‚Sonnenspektrum‘.“[Corinth 1926, S. 113] mein „SonnenspectrumvorlesenBerichte über Wedekinds „Sonnenspectrum“-Lesung vom 1.6.1896 existieren von Max Halbe [vgl. Halbe 1935, S. 158-160], Eugene Spiro – „die ‘Nebenregierung’ […]. Ich erinnere mich besonders an einen Abend, als Wedekind sein eben vollendeten ‚Sonnenspektrum‘ dem Kreise vorlas“ [Eugene Spiro: Student in München, 1994-1897. In: Hans Lamm: Von Juden in München. Ein Gedenkbuch. München 1958, S. 117] – und Lovis Corinth, der sich an Wedekinds „Leseabend über sein Theaterstück ‚Sonnenspektrum‘“ erinnerte: „Wir lagen mehr auf der Erde, als daß wir gleich gesitteten Menschen auf Stühlen saßen und kriegten Lachkrämpfe. Er deklamierte das Stück mit einem fast unheimlichen, ernsthaften Pathos, so daß man nicht recht wußte, war es seinerseits, daß er sich einen Ulk mit uns machen wollte oder war es ihm doch heiliger Ernst. Als er gar noch ein sentimentales Lied aus einem Akt zu singen anfing, waren wir vollständig aus dem Häuschen [...]. Darauf fragte ihn Eckmann, ob er doch nicht die Karikatur zu weit getrieben hätte und Wedekind antwortete ihm darob mit ernsthaftester Leichenbittermiene: ‚Mein Werk ist eine Ode an die Schönheit!‘“ [Corinth 1926, S. 113f.] Dazu Max Halbe: „Ich sah Lovis Corinth halb unter dem Tisch liegen und beinahe vor Lachen bersten.“ [Halbe 1935, S. 160] werde. Darf ich Sie bitten, an der Vorlesung mit theilnehmenMax Halbe besuchte die Lesung (siehe oben) und nannte später weitere Teilnehmer: „Von bekannten Namen erinnere ich mich an Wilhelm Hegeler, Hans Olden, Karl Strathmann, Otto Eckmann, Lovis Corinth. Natürlich [...] auch Ruederer“ [Halbe 1935, S. 159]; einem brieflichen Bericht Wedekinds über die Lesung zufolge haben außerdem auch Max Bernstein und Julius Schaumberger teilgenommen [vgl. Wedekind an Otto von Grote, 6.6.1896], ferner Eugene Spiro [vgl. KSA 3/II, S. 1449]. zu wollen. Ich werde Ihnen sehr dankbar sein. Mit herzlichem Gruß Ihr ergebener
Frank Wedekind. |


FRANK WEDEKIND

Adalbertstrasse 34Wedekind war vom 21.3.1896 bis 23.8.1896 in der Wohnung Adalbertstraße 34 (Parterre) in München gemeldet [vgl. EWK/PMB Wedekind]..


Frank Wedekind schrieb am 9. Februar 1897 in Berlin folgenden Brief
an Max Halbe

Berlin, Jägerstraße 63a.III. – 9.2.97.


Lieber Herr Halbe,

gestern im Lauf des Tages war ich zwei Mal bei IhnenWedekind hat am 8.2.1897 zweimal versucht, den vor einigen Tagen in Berlin eingetroffenen Max Halbe vermutlich in dessen Hotel zu erreichen. Max Halbes erster aus Berlin geschriebener Brief an seine Frau Luise Halbe datiert vom 4.2.1897 und enthält die Wedekind betreffende Mitteilung, die er nicht von ihm erfahren haben dürfte: „Wedekind hat sich mit Frida Strindberg verlobt!“ [Mü, MH B 589] Max Halbe reiste am 13.2.1897 wieder von Berlin ab, wie er Luise Halbe am 12.2.1897 mitteilte: „Heute ist hier mein letzter Abend. Morgen Nachm. reise ich nach Breslau. […] Von da ab nach Wien, hauptpostlagernd.“ [Mü, MH B 589] und hätte Sie gerne getroffen. Seit ich hier binWedekind war seit spätestens Mitte Dezember 1896 in Berlin, um sich vor Ort um die Aufführung seiner Stücke zu bemühen (siehe unten)., lag es mir manchmal auf der Seele, daß ich Ihnen nicht nach MünchenMax Halbe lebte seit dem 15.3.1895 wieder in München [vgl. Halbe 1935, S. 139]. geschrieben. Nachdem Sie selber sich davon überzeugt, wie mißlich meine Bühnen-AngelegenheitenWedekind suchte seine Dramen „Der Erdgeist“ (1895) und „Die junge Welt“ (1897) in Berlin auf die Bühne zu bringen (siehe seine Korrespondenz mit Ludwig Fulda und Otto Erich Hartleben) – bis dahin ohne Erfolg. stehen, werden Sie | das vielleicht begreifen.

Gestern Abend war ich mit meiner BrautFrida Strindberg, mit der Wedekind seinerzeit liiert und die bei ihm seit etwa drei Wochen in Berlin zu Besuch war [vgl. Wedekind an Hans Richard Weinhöppel, 20.1.1897]. bei Frau Professor DoeplerBertha Doepler (geb. Schüler) in Berlin (Bülowstraße 18) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1897, Teil I, S. 221], Gattin von Carl Emil Doepler [vgl. GB 1, S. 355], 1870 als Professor an das Kunstgewerbe-Museum nach Berlin berufen, Historienmaler, Buchillustrator und Kostümbildner. Max Halbe war mit Bertha Doepler spätestens seit Ende 1894 bekannt, wie eine Postkarte von ihm an sie vom 9.12.1894 belegt [vgl. Antiquariat Abaton (München), Liste 10 (2010), Nr. 65, S. 27].. Wir sprachen unter anderm viel von Ihnen und Frau Doepler bedauerte, Sie noch nicht gesehen zu haben. Sie hat uns dann auf nächsten Freitagam 12.2.1897. Abend eingeladen und bat mich, Ihnen zu sagen Sie möchten auch kommen. Ich hatte ihr gesagt, daß Sie, soviel ich wisse, hier sehr durch die Intro|ductionEinführung. Ihres neues StückesMax Halbes fünfaktiges Drama „Mutter Erde“ (1898), das er am 15.1.1897 in Kufstein abgeschlossen hatte [vgl. Halbe 1935, S. 169]. Die Presse meldete: „Dr. Max Halbes neues Drama führt den Titel ‚Mutter Erde‘ und spielt wie die ‚Jugend‘ in der Heimath des Dichters. Halbe hat sich nach Kufstein zurückgezogen, um in der Bergeinsamkeit dieses Grenzstädtchens die letzte Hand an das Stück zu legen.“ [Allerlei aus München. In: Berliner Tageblatt, Jg. 26, Nr. 39, 22.1.1897, Abend-Ausgabe, S. (2)] Max Halbe ist „in Berlin bei Brahm gewesen [...], der das soeben vollendete Werk sofort für das ‚Deutsche Theater‘ annahm“ [Halbe 1935, S. 169]. „Mutter Erde“ wurde am 18.9.1897 am Deutschen Theater zu Berlin (Direktion: Otto Brahm) uraufgeführt [vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 26, Nr. 472, 17.9.1897, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (4)]. in Anspruch genommen seien.

Wenn ich Morgen oder übermorgen Zeit finde spreche noch einmal bei Ihnen vor. Sollte ich Sie nicht zu Hause treffen, so haben Sie wol die Güte, mit Frau Doepler oder mir durch einige Zeilen zu antworten.

Mit herzlichem Gruß und den besten Wünschen
Ihr
Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 20. November 1898 in Zürich folgenden Brief
an Max Halbe , Max Halbe

Lieber Freund,

gestern erhielt ich einen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Georg Stollberg an Wedekind, 18.11.1898. worin Stollberg in den unfläthigsten Ausdrücken über meinen Bruder Donald herfällt. Ich glaube, daß mir die SituationDonald Wedekind hat sich Georg Stollbergs Gattin Grete Stollberg gegenüber ungebührlich betragen (vermutlich ein verbaler oder tätlicher sexueller Übergriff) [vgl. Wedekind an Georg Stollberg, 21.11.1898], sie möglicherweise „sexuell belästigt“ [Buchmayr 2011, S. 202], ein Vorfall jedenfalls, der Georg Stollberg äußerst erzürnt und dazu veranlasst hat, die nach Frank Wedekinds Flucht nach Zürich frei gewordene Stelle als Theatersekretär am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) nicht mit dem Bruder Donald Wedekind als Nachfolger zu besetzen [vgl. Wedekind an Hans Richard Weinhöppel, 14.11.1898]. vollkommen klar ist, und es kann mir natürlich nicht einfallen, meinen Bruder in Schutz zu nehmen. Ich habe Stollberg sofort einen deh-Schreibversehen, statt: de- (verkürzt für: demütigen; in Verbindung mit dem nachfolgenden: wehmütigen). und wehmütigen Entschuldigungsbriefvgl. Wedekind an Georg Stollberg, 21.11.1898. geschrieben. Nun wende ich mich aber an Dich, lieber Freund, mit der offenen Bitte, meinen Bruder, trotz des | Vorgefallenen, gesellschaftlich nicht fallen zu lassen. Wenn Du glaubst daß Dir das nicht möglich wäre, dann theile es mir bitte durch wenige Worte mit, damit ich ihn eventuell hierhernach Zürich, wohin Wedekind, um der drohenden Verhaftung wegen Majestätsbeleidigung in der „Simplicissimus“-Affäre zu entgehen, am 30.10.1898 aus München geflohen war [vgl. Wedekind an Beate Heine, 12.11.1898]. kommen lasse.

Sehr Unrecht thut Stollberg, wenn er mir und vielleicht auch Anderen des langen und breiten herzählt, was er alles für Donald gethan habe. Thatsächlich, das sehe ich aus seinen eigenen Worten, hat er nichts für ihn gethan sondern er und nichts thun wollen. Er hat ihm in einem unglücklichen Augenblick 20 Mark aufgedrängt Das war aber auch alles.

Beiläufig kann ich Dir die Versicherung geben, daß Donald | durch ÜbersetzungenDer Münchner Verleger Albert Langen, der wie sein Autor Frank Wedekind im Zuge der „Simplicissimus“-Affäre ebenfalls nach Zürich geflohen war, hatte vor, Donald Wedekind als Übersetzer zu beschäftigen [vgl. Wedekind an Hans Richard Weinhöppel, 29.11.1898] und dieses Vorhaben realisiert. Donald Wedekind, der auch Erzählungen im „Simplicissimus“ veröffentlichte, hat die Skizzen „Flirt“ von Marcel Prévost übersetzt [vgl. Marcel Prévost: Flirt. Einzig autorisierte Übersetzung aus dem Französischen von Donald Wedekind. München 1900], die im Albert Langen Verlag erschienen [vgl. Abret/Keel 1989, S. 200], wobei Korfiz Holm am 27.11.1900 gegenüber dem Verleger bemerkte, er mache in „seinen Übersetzungen [...] oft sehr grobe Böcke.“ [Abret/Keel 1989, S. 223] e. ct. pekuniär vollkommen geborgen ist. TrotdemSchreibversehen, statt: Trotzdem. würde ich ihn, wenn es wirklich der Fall ist, wie mir Stollberg schreibt, daß er sich in München absolut unmöglich gemacht habe, hierher kommen lassen.

Ich bitte Dich sehr, lieber Freund, zu entschuldigen daß ich Dich mit einer so unerquicklichen Angelegenheit behellige. Viel lieber wäre es mir, mich in München Deiner Gesellschaft und des Augenblickes, der uns zusammenführt freuen zu können.

Mit der Bitte, mich Deiner Frau Gemahlin empfehlen zu wollen, bin ich Dein alter
Frank Wedekind.


Zürich, Leonhardstraße 12 II.


20.11.98.

Max Halbe schrieb am 21. November 1898 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 1.12.1898 aus Zürich:]


Gleichzeitig danke ich dir für deine mir sehr tröstlichen Zeilen à propos Stollberg.


Max Halbe, Hans von Weber, Kurt Martens und Edgar Steiger schrieben am 30. November 1898 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 1.12.1898 aus Zürich:]


[...] als dem Würdigsten der Tafelrunde, die mich mit ihren Grüßen beschenkt [...], bitte ich dich den Übrigen meinen Dank zu sagen. [...] Was gäbe ich darum an jenem Abend unter Euch gewesen zu sein. Herzliche Grüße an Weber, Martens und Steiger; auch an die anderen Herren die ich persönlich zu kennen nicht das Vergnügen habe.


Frank Wedekind schrieb am 1. Dezember 1898 in Zürich folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Freund,

als dem Würdigsten der Tafelrunde, die mich mit ihren Grüßennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe an Wedekind, 30.11.1898. Es dürfte sich um eine Postkarte oder Bildpostkarte aus einem Münchner Wirtshaus gehandelt haben, die außer Max Halbe auch Wedekinds Freunde Kurt Martens, Edgar Steiger und Hans von Weber sowie weitere nicht identifizierte Herren (siehe unten) mitunterzeichnet hatten. beschenkt in meiner EinsamkeitWedekind ist am 30.10.1898 aus München nach Zürich geflohen, um der drohenden Verhaftung wegen Majestätsbeleidung in der „Simplicissimus“-Affäre zu entgehen [vgl. Wedekind an Beate Heine, 12.11.1898]. bitte ich dich den Übrigen meinen Dank zu sagen. Gleichzeitig danke ich dir für deine mir sehr tröstlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe an Wedekind, 21.11.1898. à propos StollbergWedekinds Konflikt mit Georg Stollberg betreffend [vgl. Wedekind an Max Halbe, 20.11.1898].. Voraussichtlich gehe ich Ende dieses Jahres noch nach ParisWedekind reiste am 22.12.1898 von Zürich nach Paris [vgl. Wedekind an Beate Heine, 7.1.1899]., da hier eine Geistesarmut herrscht wie ich sie in Zürich noch nicht gefunden. Was gäbe ich darum an jenem Abend unter Euch gewesen zu sein. Herzliche Grüße an Weber, Martens und Steiger; auch an die anderen Herrennicht identifiziert. die ich persönlich zu kennen | nicht das Vergnügen habe.

Ich sehe mein Abenteurerleben von neuem beginnen und blicke mit Wehmut auf die Stätte zurück, die mir eine Heimat zu werden versprach. Ich habe meine Beziehungen zu den unglaublichsten Existenzen wieder aufgenommen, da ich doch ohne alle Anregung nicht arbeiten kann. Wer weiß wo und unter welchen Verhältnissen wir uns wiedersehen.

Empfiehl mich deiner werthen Frau Gemahlin aufs beste und sei herzlich gegrüßt von deinem

alten treuen
Wedekind.


Zürich. 1. Dec. 98
St. Leonhardstr. 12.II.

Frank Wedekind, Thomas Theodor Heine und Thomas Theodor Heine schrieben am 21. September 1899 in Festung Königstein folgende Bildpostkarte
an Max Halbe

Deutsche Reichspost.
Postkarte.


An
Herrn Dr Max Halbe
in München
American-Bar
Hôtel Vier Jahreszeiten |


Gruss aus Königstein


Stadt Königstein

Proviantmagazin u. Kirche

Eingang zur Festung

Alte Kaserne

Festung Königstein gegen Morgen


1000 herzliche GrüsseWedekind, der sich am 2.6.1899 den Behörden in Leipzig gestellt hatte und zunächst in Untersuchungshaft saß, wurde am 3.8.1899 von der Strafkammer des Landgerichts Leipzig zu einer siebenmonatigen Gefängnisstrafe wegen Majestätsbeleidigung in der „Simplicissimus“-Affäre verurteilt; er wurde am 14.9.1899 zu Festungshaft begnadigt und am 21.9.1899 von Leipzig auf die Festung Königstein überführt [vgl. Wedekind an Beate Heine, 22.9.1899]. Dort traf er auf den in derselben Sache verurteilten Zeichner Thomas Theodor Heine, der sich am 2.11.1898 den sächsischen Behörden gestellt hatte, am 19.12.1898 in Leipzig zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt wurde, was ebenfalls in Festungshaft umgewandelt worden ist, so dass er bereits seit dem 29.3.1899 auf der Festung Königstein einsaß. Die gemeinsame Grußkarte wurde noch an Wedekinds Ankunftstag auf der Festung Königstein am 21.9.1899 geschrieben.
Th Th Heine
Frank Wedekind.



Frank Wedekind schrieb am 30. Dezember 1899 in Festung Königstein folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Freund,

es ist mir eine große Freude, Dir und Deiner geehrten Frau Gemahlin mein/zum/ neuen Jahrhundert meine herzlichsten Glückwünsche zum Tausendjährigen Reich schicken zu können. Es werden noch Andere auf diese Zusammenstellung verfallen; aber die Nachricht von dem durschschla|gendenSchreibversehen, statt: durchschlagenden. ErfolgMax Halbes historisches Drama „Das tausendjährige Reich“ (1900) war am 28.12.1899 am Königlichen Residenztheater in München unter der Regie von Jocza Savits uraufgeführt [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 52, Nr. 596, 28.12.1899, Vorabendblatt, S. 3] und von der Kritik gelobt worden: „In uns Allen, die wir uns an den zarten Gebilden der modernen Dichtung erfreuen, lebt bewußt oder unbewußt die Sehnsucht nach der großen Kunst. [...] Auch Max Halbe, dessen ‚Tausendjähriges Reich‘ am Donnerstag im Residenztheater seine Feuerprobe bestand, kann sich noch nicht rühmen, das große Kunstproblem unserer Zeit gelöst zu haben. Aber einen gewaltigen Schritt vorwärts hat er mit seinem neuesten Werke gethan. [...] Freuen wir uns [...], daß wir diesen neuen Halbe besitzen, und daß es das Münchner Hoftheater war, das ihn uns bescheerte. Ueber die vortreffliche Inszenirung, Regie und Darstellung des Dramas, die unserer Hofbühne zur größten Ehre gereicht, werde ich morgen ausführlicher berichten.“ [Edgar Steiger: Das tausendjährige Reich. Drama in vier Aufzügen von Max Halbe. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 52, Nr. 600, 30.12.1899, Vorabendblatt, S. 2]. und die hohe Anerkennung die man dabei dem poetischen Gehalt Deiner Dichtung zollt erwecken in mir geradezu das Gefühl persönlicher Genugthuung. Ich freue mich sehr darauf, das Stück auf der Bühne zu sehen.

Mit den herzlichsten Grüßen
bin ich dein getreuer
Wedekind.


Festung KönigsteinWedekind saß vom 21.9.1899 bis 3.2.1900 wegen Majestätsbeleidigung in der Festung Königstein bei Dresden ein.
30. Dec. 99.

Frank Wedekind schrieb am 5. Februar 1901 in München folgenden Brief
an Max Halbe

FRANK WEDEKIND.


Lieber Max,

Du erlaubst mir, Dir beiliegenden Grußnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Frank Wedekind an Erika Wedekind, 5.2.1901. Erika Wedekind war als Hofopernsängerin am Dresdner Hoftheater engagiert [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 320], wo auch das neueste Stück Max Halbes uraufgeführt werden sollte (siehe unten). an meine liebe Schwester aufzutragen. Sie selbst ist von Deinem Aufenthalt in DresdenMax Halbe ist zur Uraufführung seines Schauspiels „Haus Rosenhagen“ (1901) nach Dresden gereist, die am 14.2.1901 am Dresdner Hoftheater stattfand, vermutlich bereits, wie in Wien (siehe unten), zu den Proben. Er traf am 7.2.1901 um 19 Uhr in Dresden ein, wie er Luise Halbe in seinem an diesem Tag geschriebenen Brief (gedruckter Briefkopf: „Weber’s Hôtel“) von dort mitteilte: „Vor einer Stunde, sieben Uhr Abends, bin ich glücklich hier angelangt und wohne im obigen Hotel, wo ich sehr gut aufgehoben zu sein scheine.“ [Mü, MH B 589] In der Presse war angekündigt: „Max Halbe hat sein neuestes dramatisches Werk, das dreiaktige Drama ‚Haus Rosenhagen‘ der Generaldirektion der Königl. Hoftheater zur ersten Aufführung überlassen. ‚Haus Rosenhagen‘ wird nach den vorläufigen Dispositionen in der ersten Hälfte des Monats Februar am Königl. Schauspielhause zum ersten Male in Scene gehen.“ [Dresdner Nachrichten, Nr. 15, 15.1.1901, S. (3); vgl. Dresdner Journal, Nr. 11, 14.1.1901, nachmittags, S. 85] schon seit | vierzehn Tagen unterrichtet. Daß ich mich hoch und herzlich über Deine Siege und Eroberung WienʼsMax Halbes Drama „Jugend“ (1893), das in Österreich bis dahin von der Zensur verboten war, hatte am 23.1.1901 am Deutschen Volkstheater in Wien Premiere, die österreichische Erstaufführung, die ein großer Erfolg war. „Ein Beifallssturm erbrauste [...]. Der Dichter Max Halbe wurde [...] lärmend gefeiert [...]. Nach dem ersten Akte stürmte ihn ein frenetischer Achtungsapplaus hervor, der nach dem zweiten und letzten Aufzuge ehrliche Begeisterung war.“ [o. t–b.: „Jugend.“ (Ein Liebesdrama in drei Aufzügen von Max Halbe. – Zum erstenmal im Deutschen Volkstheater aufgeführt am 23.Jänner.) In: Neues Wiener Journal, Jg. 9, Nr. 2605, 24.1.1901, S. 8] Der Autor war bei der Premiere dabei: „Herr Max Halbe, der Dichter des Liebesdramas ‚Jugend‘, wird morgen (Mittwoch) im Deutschen Volkstheater der ersten Aufführung seines Werkes beiwohnen.“ [Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 6861, 23.1.1901, S. 4] Er war bereits zu den Proben angereist: „Max Halbe ist in Wien eingetroffen, um an den Proben zur Aufführung seines Schauspiels ‚Jugend‘ am Deutschen Volkstheater theilzunehmen.“ [Neues Wiener Abendblatt, Jg. 35, Nr. 16, 16.1.1901, S. 4] und über den rauschenden Beifall gefreut habe, brauche ich Dir nicht zu sagen.

Auf den 16.am 16.2.1901, das Premierendatum der Inszenierung von Wedekinds Einakter „Der Kammersänger“ (1899) am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg), bei der er die Hauptrolle des Gerardo spielte – mit Erfolg: „Der gestrige Einakter-Abend verlief sehr angeregt. [...] Mit dem ‚Kammersänger‘ von Frank Wedekind wurden wir schon im letzten Sommer durch das Gastspiel des Heine-Ensembles bekannt gemacht. Die Attraktion der zweiten ‚Erstausführung‘ war das Auftreten des Verfassers in der Titelrolle.“ [Rth. (d.i. Willy Rath): Münchner Schauspielhaus. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 82, 18.2.1901, S. 4]. Der Einakter wurde achtmal gespielt [vgl. Seehaus 1973, S. 730]. Wedekind spielte in 5 der 8 Vorstellungen die Hauptrolle [vgl. Frank Wedekind an Erika Wedekind, 26.2.1901]. ds hat Stollberg den Kammersänger angesetzt. Ich bin in großer Aufregung | über mein neues DebutWedekinds Auftritt im „Kammersänger“ am 16.2.1901 (siehe oben); hier entweder Anspielung auf die erste Aufführung des Einakters in München, die Premiere am 24.7.1900 im Münchner Schauspielhaus durch das Gastspiel des Berliner Dr. Heine Ensembles (Direktion: Carl Heine) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 262] ohne Wedekinds Mitwirkung [vgl. Münchner Schauspielhaus. (Gastspiel des Berliner Ensembles. Zum ersten Male: „Der Kammersänger“. Drei Szenen von Frank Wedekind.) In: Münchner Neueste Nachrichte, Jg. 53, Nr. 342, 26.7.1900, S. 2], oder Anspielung auf sein erstes Auftreten in einem eigenen Stück am Münchner Schauspielhaus, sein Auftritt als Dr. Schön im „Erdgeist“ am 29.10.1898, bei dem Wedekind bei Publikum und Kritik durchgefallen war [vgl. KSA 3/II, S. 1203, 1220-1222]; unmittelbar nach der Premiere, die zugleich die letzte Vorstellung war, floh er aus München, um der Strafverfolgung in der „Simplicissimus“-Affäre zu entgehen [vgl. Wedekind an Beate Heine, 12.11.1898]. aber das Lampenfieber thut mir sehr gut. Gestern waren wir auf dem BauernballBauernbälle fanden in München im Zuge des Karnevals statt (mit entsprechend ländlich geprägter Kostümierung), in der Regel von Vereinen veranstaltet. So wurde etwa für „Faschingsdienstag“ ein „großer Bauernball“ [Gebirgstracht-Erhaltungs-Verein „Birkenstoana“ München. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 57, 4.2.1901, General-Anzeiger, S. 1] angekündigt, oder für den 6.2.1901: „Der Seerosenbund veranstaltet am nächsten Mittwoch [...] einen Bauernball“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 59, 5.2.1901, S. 8] Der Bauernball, den Wedekind und Luise Halbe am 4.2.1901 besuchten, ist nicht ermittelt; es dürfte sich um eines der Künstlerfeste gehandelt haben, die zur Faschingszeit in München veranstaltet wurden – vermutlich sind sie „zu dem als Münchner Spezialität berühmt gewordenen ‚Schwabinger Bauernball‘“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 53, Nr. 63, 8.2.1900, Vorabendblatt, S. 3] gegangen., haben uns sehr gut amüsirt. Die Müdigkeit hatte Louise leider veranlaßt früh nach Haus zu gehen. Wir fr Alle freuen uns sehr darauf Dich recht bald wiederzusehen. | Mit den herzlichsten Grüßen und besten Wünschen

Dein getreuer
Frank.


München 5.2.1901.

Frank Wedekind schrieb am 21. Mai 1901 in München folgende Widmung
an Max Halbe , Max Halbe

Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 18. Juli 1901 in München folgende Bildpostkarte
an Max Halbe

[...] Postkarte [...]

[...] Weltpostverein [...]


Herrn Dr. Max Halbe
Schriftsteller
Bad ZoppotZoppot war „in schöner Lage an der Ostsee [...] ein besuchtes Seebad“ [Meyers Konversations-Lexikon. 6. Aufl. Bd. 20. Leipzig, Wien, 1908, S. 994].
an der Ostsee
. |


Lieber Max. MorgenWedekind, Ensemblemitglied der Elf Scharfrichter, brach am 19.7.1901, unmittelbar nach der ersten Spielzeit des Münchner Kabaretts (letzte Vorstellung war am 18.7.1901), mit der Truppe zu einer Tournee auf, von der er am 3.8.1901 zurück in München war [vgl. Wedekind an Martin Zickel, 5.8.1901]. Die Presse meldete: „Die Elf Scharfrichter beschließen ihre heurige Saison mit der Vorstellung am morgigen Donnerstag. Am Samstag beginnt der Verein mit einem fünftägigem Gastspiel im kgl. Wilhelmatheater in Stuttgart-Cannstatt, an das sich voraussichtlich eine kurze Gastreise durch eine Reihe größerer deutscher Bäder anschließt.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 328, 18.7.1901, Vorabendblatt, S. 2] fahren die Scharfrichter nach StuttgartDie Tournee der Elf Scharfrichter begann am Wilhelma-Theater in Cannstatt bei Stuttgart, wo sie vom 20. bis 25.7.1901 auftraten (siehe oben)., von dort wahrscheinlich nach DarmstadtDie Elf Scharfrichter gastierten vom 26. bis 30.7.1901 in Darmstadt, im Spielhaus der Künstlerkolonie; über den Premierenabend wurde berichtet: „Im Spielhaus begannen gestern abend die ‚Elf Scharfrichter‘ aus München ein auf drei Abende vorgesehenes Gastspiel. [...] Herr Frank Wedekind würde sein Publikum zu Dank verpflichten, wenn er künftig die [...] Balladen, die sich durch eine tadelnswerte Rücksichtslosigkeit gegen das Schicklichkeitsgefühl auszeichnen, aus der Liste seiner Darbietungen für Darmstadt streichen würde.“ [Darmstädter Zeitung, Jg. 125, Nr. 348, 27.7.1901, Nachmittags-Blatt, S. 1497] Das Gastspiel in Darmstadt wurde verlängert und anschließend in Kreuznach und Ems fortgesetzt.. Keyserling kommt übermorgen nach Stuttgart. AdresseDas Königliche Wilhelma-Theater, das zum Stuttgarter Hoftheater (Intendant: Joachim Gans zu Putlitz) gehörte und in der Sommerspielzeit 1901 vermietet war (Direktion: Martin Klein), hatte seine Spielstätte in Cannstatt [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 539] neben dem zoologisch-botanischen Garten Wilhelma; die Wilhelmatheatergesellschaft hatte ihren Sitz in Stuttgart (Herdweg 19) [vgl. Adreß- und Geschäftshandbuch der Königlichen Haupt- und Residenzstadt Stuttgart für das Jahr 1902, Teil I.2, S. 489].: Wilhelma-Theater. Kannstadt bei Stuttgart. Besten Gruß auch an Frau Louise.

Frank.

Frank Wedekind schrieb am 3. September 1901 in Berlin folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max,

Director FerenzciJosé Ferenczy, Direktor des Central-Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 255], plante ein literarisches Kabarett, das Martin Zickel, Regisseur am Berliner Residenztheater [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 251], initiiert hatte [vgl. Wedekind an Martin Zickel, 20.5.1901]. Wedekind hatte Bedenken gegen José Ferenczys Geschäftsgebaren, sich gleichwohl auf einen Vertrag für das Kabarett-Projekt eingelassen, den er dann bald zu lösen suchte [vgl. Wedekind an Martin Zickel, 21.9.1901], was ihm nicht gelang, und er schließlich eine hohe Konventionalstrafe an José Ferenczy zahlen musste [vgl. Wedekind an José Ferenczy, 1.4.1903]. beabsichtigt sein Überbrettl, welches übrigens eher ein musikalisch-literarischer Salon sein soll in der allervornehmsten Art zu arrangieren. Das Etablissement soll geistige Unterhaltung der besten Art bieten. Deshalb beauftragt er mich, bei Dir anzu|fragen, ob du geneigt wärest, bei ihm vorzulesenMax Halbe ist, soweit ermittelt, auf das Angebot einer Lesung nicht eingegangen, möglicherweise, weil die Zeit zwischen dem 29.9.1901 und 15.10.1901 teilweise von Premieren seiner Dramen (siehe unten) tangiert war., entweder Gedichte oder dann eine kürzere Novelle. Es würde sich um die Zeit zwischen dem 29. Sept. und fünfzehnten Oktober handeln. Bedingung wäre allerdings die Mitwirkung am Eröffnungsabend, dessen Datum noch nicht genau bestimmt ist. Es würde sich daher um ein festes Engagement auf 14 Tage handeln. Ich entgegnete Ferenzcy, daß ich mir wol denken könne | daß Du damit einverstanden wärest, vorausgesetzt, daß die Zeit nicht mit Deinen PremièrenMax Halbes neuestes Stück „Haus Rosenhagen“ (1901), das am 14.2.1901 am Dresdner Hoftheater uraufgeführt worden war, hatte am 21.9.1901 am Lessingtheater in Berlin Premiere – „Max Halbes in Dresden sowie in Hamburg, München, Breslau, Frankfurt a.M. bereits aufgeführtes Drama ‚Haus Rosenhagen‘“ [Dresdner Journal, Nr. 222, 23.9.1901, nachmittags, S. 1777] hatte zeitgleich mit Berlin auch am Stadttheater Barmen sowie am Stuttgarter Hoftheater Premiere; die Premiere am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg fand am 7.9.1901 statt, am 9.10.1901 gab es dann jeweils Premieren an den Stadttheatern in Koblenz und Halle an der Saale. Der Autor war an der Berliner Premiere beteiligt, wie die Presse meldete: „Max Halbe, der Dichter des dreiaktigen Dramas ‚Haus Rosenhagen‘, das am Sonnabend im Lessing-Theater zur ersten Aufführung gelangt, ist von seinem Münchner Wohnsitze in Berlin eingetroffen und nimmt an den Proben Theil.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 474, 18.9.1901, Morgen-Ausgabe, S. (3)] Premiere hatte am 6.10.1901 auch sein älteres Erfolgsdrama „Jugend“ (1893) am Wilhelma-Theater in Cannstatt bei Stuttgart. collidiere. Ich würde Dich bitten mich telegraphisch wissen zu lassen, ob Du im Prinzip nicht abgeneigt wärest, Dich auf die Angelegenheit einzulassen. Ich glaube, daß jede Anforderung, die Du stellen würdest, anstandslos bewilligt wird.

Über meine Erfolgesarkastisch über die Publikumsresonanz auf „Der Kammersänger“ (1899), vom 31.8.1901 bis 15.9.1901 an insgesamt 14 Abenden unter der Regie von Martin Zickel am Residenztheater (Direktion: Sigmund Lautenburg) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 251] in Berlin gespielt; es folgte auf Wedekinds Einakter in den abendlichen Doppelvorstellungen jeweils die Boulevardkomödie „Leontines Ehemänner“ (1900) von Alfred Capus, ein bereits eingeführtes Stück, so dass Wedekinds Stück „als Beigabe“ [Seehaus 1973, S. 60] erscheint. habe ich bis jetzt noch nicht viel Erhebendes erfahren. Das Publicum | ist ziemlich kühl, ebenso der Darsteller des KammersängersWilly Martini, Schauspieler im Ensemble des Berliner Residenztheaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 251], spielte in Wedekinds Einakter „Der Kammersänger“ die Titelrolle des Gerardo. Die Kritik meinte, er „stattete den Kammersänger mit einem Unterton von Bonhommie und Humor aus“ [Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 443, 1.9.1901, Sonntags-Ausgabe, S. (2)]. „Man rief den Autor mehrmals hervor und zollte auch den Darstellern gebührenden Beifall. Von diesen gab Herr Martini den Kammersänger recht gewandt und liebenswürdig, ohne indessen jenen Zug suggestiver Kraft zu treffen, die dieser Gestalt entströmen soll.“ [Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Jg. 40, Nr. 206, 3.9.1901, Beilage, S. 2].

Grüße Deine l/L/ieben aufs herzlichste und sei bestens gegrüßt von Deinem
Frank.


Berlin 3.IX.1901.
Lindenhotel, kleine Kirchgasse.

Max Halbe schrieb am 6. September 1901 in Tutzing folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 7.9.1901 aus Berlin:]


Herzlichen Dank für Deine lieben Zeilen

Frank Wedekind schrieb am 7. September 1901 in Berlin folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max,

Morgen Sonntag AbendWedekind übernahm am 8.9.1901 in der Inszenierung seines Einakters „Der Kammersänger“ (Premiere: 31.8.1901) am Berliner Residenztheater (Direktion: Sigmund Lautenburg) unter der Regie von Martin Zickel die Titelrolle des Gerardo, die bis dahin Willy Martini gespielt hatte [vgl. Wedekind an Max Halbe, 3.9.1901]. Die Presse meldete: „In der im Residenztheater am Sonntag stattfindenden Aufführung des Einakters ‚Der Kammersänger‘ wird die Titelrolle von dem Verfasser, Frank Wedekind, selbst dargestellt werden.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 455, 7.9.1901, Abend-Ausgabe, S. (2)] spiele ich im Residenztheater Kammersänger. Du wirst das nicht recht begreifen aber es war nicht anders möglich. Wenn die Sache nur nicht schief geht. Nachher treffen wir unsMax Halbe dürfte Wedekind in einem nicht überlieferten Schreiben (siehe unten) seine Ankunft in Berlin am 8.9.1901 angekündigt und ein Treffen an diesem Abend vorgeschlagen haben. viel|leicht bei Wedelim Restaurant Wedl zur Stadt Pilsen (Inhaber: Franz Mandl) in Berlin (Unter den Linden 13) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1902, Teil I, S. 1364]. unter den Linden. (Pilsner Restaurant)

Herzlichen Dank für Deine lieben Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe an Wedekind, 6.9.1901. – Es handelte sich um eine Antwort auf Wedekinds letzten Brief [vgl. Wedekind an Max Halbe, 3.9.1901] und zugleich wohl um eine Ankündigung, nach Berlin zu kommen (siehe oben). Max Halbe dürfte nach einem Kurzaufenthalt in Tutzing (eine am 6.9.1901 in Tutzing an Josef Ettlinger in Berlin geschriebene Postkarte Max Halbes [Hochschul- und Landesbibliothek RheinMain, Hs. 349] ist überliefert) weiter nach Berlin gereist sein, um dort an den Proben für die Premiere seines letzten Dramas am 21.9.1901 im Lessingtheater teilzunehmen; unklar ist, ob er tatsächlich bereits am 8.9.1901 in der Stadt eintraf (der erste in Berlin geschriebene und jedenfalls überlieferte Brief an seine Frau Luise Halbe [Mü, MH B 589] datiert vom 13.9.1901). Die Presse meldete: „Max Halbe, der Dichter des dreiaktigen Dramas ‚Haus Rosenhagen‘, das am Sonnabend im Lessing-Theater zur ersten Aufführung gelangt, ist von seinem Münchner Wohnsitze in Berlin eingetroffen und nimmt an den Proben Theil.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 474, 18.9.1901, Morgen-Ausgabe, S. (3)]. Alles weitere mündlich.

Mit herzlichsten Grüßen
Dein getreuer
Frank.

Frank Wedekind schrieb am 30. März 1902 in München folgende Widmung
an Max Halbe , Max Halbe

Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 7. Mai 1902 in Berlin folgende Postkarte
an Max Halbe

Postkarte


An Herrn Dr. Max Halbe
in München
Wohnung (Straße und Hausnummer) Wilhelmstrasse 6.2Max Halbes Wohnung in München (Wilhelmstraße 6, 2. Stock) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1902, Teil I, S. 222].. |


Lieber Max; Ich bin glücklich hier angekommenWedekind traf am 5.5.1902 in Berlin ein [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 7.5.1902] – zu einem Gastspiel an Ernst von Wolzogens Buntem Theater (Überbrettl) vom 14. bis 26.5.1902 (siehe unten). und wo habe ReßnerFranz Ressner (Pseudonym von Carl Rößler) war Oberregisseur und Schauspieler an Ernst von Wolzogens Buntem Theater (Überbrettl) in Berlin (Direktion: Ernst von Wolzogen und Moritz Muszkat) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 263] und wechselte an das Deutsche Theater (Direktion: Otto Brahm) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1903, S. 250]. Wedekind war mit ihm befreundet. sein behagliches ZimmerWedekind wohnte in dem von Carl Rößler (siehe oben) übernommenen Zimmer in Untermiete bei der Witwe Elise Schwabe (Köpenicker Straße 109, 1. Stock) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1902, Teil I, S. 1595]; es lag ganz in der Nähe des Bunten Theaters (Köpenicker Straße 68) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1902, Anhang Theaterpläne, S. 36]. abgemiethet, da er sobald nicht hierher zurückkommt. An den Trümmernwohl im Zusammenhang mit dem heftigen Unwetter in Berlin am 14.4.1902 (in der zeitgenössischen Presse ausführlich dokumentiert), das nach einem Wolkenbruch mit Hagel und Flut die Straßen Berlins unter Wasser setzte, Dammrutsche und Hauseinstürze verursachte, außerdem massive Schäden an Teilen der Eisenbahngleise., unter denen ich dank deiner Fürsorge nicht liegen, fuhren wir bei herrlichenSchreibversehen, statt: herrlichem. Sonnenaufgang mit großer Vorsicht vorbei. Den Moses im Rabbi EsraWedekind sprach bei der Gastspielpremiere am Bunten Theater (Überbrettl) in Berlin (siehe oben) am 14.5.1902 um 20 Uhr den Prolog zum „Erdgeist“ [vgl. KSA 3/II, S. 1210f.] und spielte die Titelrolle im eigens dafür eingerichteten szenischen Dialog „Rabbi Esra“ [vgl. KSA 6, S. 319, 341-344], während Elsa Laura von Wolzogen in der Rolle des Moses auftrat. Ein Kritiker („E.B.“) meinte dazu: „In Wolzogens Buntem Theater fand gestern ein Novitätenabend statt. Er brachte eine besondere Sensation: Frank Wedekind trat zum ersten Male im Rahmen des Ueberbrettls vor das Berliner Publikum. Freilich zeigt er nur einen Theil dessen, was er kann. Anstatt uns einen zwar pointenreichen, aber doch gequälten Prolog zu sprechen (im Kostüm des Menageriedirektors, wie man ihn auf Jahrmärkten zu treffen pflegt), anstatt uns in Verbindung mit Frau Elsa Laura v. Wolzogen, die sich hier übrigens im Ton beträchtlich vergriff, seinen unmöglichen, aber geistreichen Dialog ‚Rabbi Esra‘ vorzuführen, hätte er besser gethan, wie er es sonst pflegt, zu Guitarrenbegleitung eines seiner kecken, prächtigen Lieder zu singen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 31, Nr. 242, 15.5.1902, Morgen-Ausgabe, S. (2)] Wedekind hatte zunächst angenommen, sein erster Auftritt mit Elsa Laura von Wolzogen, der zweiten Ehefrau des Theaterdirektors Ernst von Wolzogen, werde bereits am 9.5.1902 stattfinden [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 7.5.1902]. wird vermuthlich Frau Baronin von Wolzogen spielen. GesternWedekind traf am 6.5.1902 den befreundeten Schriftsteller Julius Schaumberger, der ebenfalls in Berlin war, da eine Szene von ihm am Abend des 14.5.1902 im Bunten Theater (Überbrettl), an dem Wedekind erstmals an dieser Bühne auftrat (siehe oben), aufgeführt wurde, wie die Presse meldete: „Der heutige Neuheitenabend des Bunten Theaters“ bringe als eine der dramatischen „Szenen: ‚Ein Werkzeug der Vorsehung‘ von Jul. Schaumberger [...]. Außerdem wird, wie bereits bekannt gegeben, Frank Wedekind als ‚Prolog‘ und als ‚Rabbi Esra‘ auftreten.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 31, Nr. 240, 14.5.1902, Morgen-Ausgabe, S. (3)] war ich mit Schaumberger zusammen. Donalds konnte ich noch nicht habhaftFrank Wedekind hatte seinen Bruder Donald Wedekind, der sich in Berlin aufhielt [vgl. Willy Ganske, Donald Wedekind an Frank Wedekind, 16.4.1902], noch nicht getroffen. werden. Herzliche GrüßeWedekind hatte Luise Halbe, Heinrich Kunolt, Eduard von Keyserling und Arthur Holitscher, die zu seinem engeren Münchner Freundeskreis gehörten, am Ostersonntag in größerer Runde bei Max Halbe getroffen [vgl. Wedekind an Max Halbe, 30.3.1902]. an Louise, an Dich, an Kunold, an Keyserling, an Holitscher.

Dein Frank.


Köpenickerstraße 109. 1.1.

Max Halbe schrieb am 19. September 1902 in Güttland folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 21.9.1902 aus München:]


Herzlichen Dank für Deine liebe Carte.


Frank Wedekind schrieb am 21. September 1902 in München folgenden Brief
an Max Halbe

FRANK WEDEKIND.


Lieber Max!

Herzlichen Dank für Deine liebe Cartenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe an Wedekind, 19.9.1902. Die Postkarte oder Bildpostkarte dürfte Max Halbe von Güttland geschickt und darin mitgeteilt haben, er sei dann in Berlin im Hotel Habsburger Hof zu erreichen [vgl. Wedekind an Max Halbe, 22.9.1902]; spätestens am 22.9.1902 war er in Berlin (seiner am 22.9.1902 in Berlin geschriebenen Postkarte an Luise Halbe [Mü, MH B 589] zufolge), zurück in München war er am 26.2.1903, wie er in seinem Brief an Luise Halbe vom 23.9.1902 aus Berlin ankündigte: „Ich bleibe doch noch morgen hier u. fahre Donnerstag nach Leipzig. […] Freitag treffe ich dann in München ein.“ [Mü, MH B 589].. Ich freue mich von Herzen darüber, daß der Walpurgistag so bald vor die Welt trittMax Halbes Stück „Walpurgistag. Eine Dichter-Komödie“ (1903) sollte am 2.10.1902 am Dresdner Hoftheater uraufgeführt werden, wie angekündigt war: „Königliches Schauspielhaus. [...] Donnerstag, 2. Oktober (außer Abonnement): zum ersten Male: Walpurgistag. Eine Dichterkomödie in fünf Aufzügen von Max Halbe.“ [Dresdner Journal, Nr. 221, 23.9.1902, nachmittags, S. 1738] „Am Donnerstag steht eine Novität als Erstaufführung [...] bevor: ‚Walpurgistag‘ [...]von Max Halbe.“ [Neueste Nachrichten, Nr. 261, 21.9.1902, 1. Ausgabe, S. (2)] Die Uraufführung wurde dann auf den 13.10.1902 verschoben: „M. Halbes ‚Walpurgistag‘ wird am 13. d. M. im Kgl. Schauspielhaus bei Anwesenheit des Verfassers zum ersten Male aufgeführt.“ [Sächsische Volkszeitung, Jg. 1, Nr. 30, 8.10.1902, S. (3)] Die Inszenierung war, wie Max Halbe sich später erinnerte, „vor allem im Nachhall der Presse [...] nur ein halber und bedingter Erfolg“ [Halbe 1935, S. 362f.].. An einem günstigen Ausgang habe ich keinen Zweifel. Wenn Du nach Dresden kommst dann grüße bitteFrank Wedekind hatte Max Halbe auch bei einem früheren Aufenthalt in Dresden Grüße an seine Schwester, die Hofopernsängerin Erika Wedekind, ausrichten lassen [vgl. Wedekind an Max Halbe, 5.2.1901]; spätestens am 7.10.1902 war Max Halbe in Dresden (seiner am 7.10.1902 in Dresden geschriebenen Postkarte an Luise Halbe [Mü, MH B 589] zufolge). auch meine Schwester wieder von mir. Sie wird sehr erfreut sein, Dich wiederzusehen; dessen bin | ich gewiß. Was Du mir von Moses Mayervermutlich der Berliner Germanist Richard M(oritz) Meyer, dessen Mittelinitial von Zeitgenossen oft bewusst falsch als ‚Moses‘ aufgelöst wurde, auch in der Absicht, dessen jüdische Herkunft zu betonen. und von Kerr schreibstZusammenhang mit Richard M. Meyer (siehe oben) nicht ermittelt. Alfred Kerr hatte Wedekinds „So ist das Leben“ am 21.8.1902 in „Der Tag“ (Nr. 387) – „Die illustrirte Zeitung ‚Der Tag‘ bringt in ihrer heutigen Nummer folgende Artikel: [...] ‚So ist das Leben‘ (Essai über das neueste Drama Frank Wedekinds von Alfred Kerr)“ [Badische Presse, Jg. 18, Nr. 194, 21.8.1902, Abendausgabe, S. 2] – kritisch besprochen, worauf in einem Pressereferat hingewiesen wurde: „Alfred Kerr giebt eine Analyse von Frank Wedekinds ‚So ist das Leben‘ (Der Tag 387), bewundert die dichterische Kraft einiger Stellen, betont im übrigen aber die Einseitigkeit des Dargestellten. Alles, was Wedekind bisher gedichtet habe, sei ein Text zu der seltsamen Armeseelenmelodie, die er in dieses Stück aufnahm. Alles sei eine Elendenkirchweih, mit den zwei Bestandteilen: Kirchweih und Elend. ‚Es wäre aber schade, wenn die Kirchweih wegfiele und jetzt allein das Elend bliebe. Wenn Wedekind auf die Rührung käme‘“ [Das litterarische Echo, Jg. 4, Heft 24, September 1902, Sp. 1696]. hat mich sehr erquickt. Ich danke Dir bestens dafür. Schall und Rauchdie Brettl-Bühne Schall und Rauch in Berlin (Unter den Linden 44), 1901 von einem Kreis um den Schauspieler Max Reinhardt gegründet, unter der Direktion von Hans Oberländer [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 263], dann Kleines Theater (Schall und Rauch), ebenfalls unter der Direktion von Hans Oberländer [vgl. Neuer Theater-Almanach 1903, S. 259], schließlich Kleines Theater (Direktion: Hans Oberländer), zusammen mit dem Neuen Theater (Direktion: Max Reinhardt) unter der Gesamtleitung von Max Reinhardt [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 245]; das ehemalige literarische Kabarett einer Kleinkunstbühne entwickelte sich zu einer reinen Schauspielbühne mit Schwerpunkt auf der zeitgenössischen Moderne. scheint leider wieder eine Fata Morgana für mich gewesen zu sein; wenigstens wird die Aufführung immer wieder von neuem hinaus und hinaus geschobenWedekind stritt mit dem Kleinen Theater (Schall und Rauch) um die Aufführung seiner Stücke „Der Erdgeist“ (1895) und „Die junge Welt“ (1897) [vgl. Wedekind an Berliner Börsen-Courier, 23.9.1902], von denen der „Erdgeist“ am 17.12.1902 am Kleinen Theater Premiere hatte (Gertrud Eysoldt als Lulu) und ein großer Erfolg wurde [vgl. KSA 3/II, S. 1203, 1223-1225].. Aber ich will Dir nicht wieder vorjammern. Was kannst Du für mein Pech; Du, dem ich so manche Nachhilfe auf meiner Laufbahn danke. Zum Glück | habe ich aus dieser gedrückten Stimmung auch wieder den Ausweg zu einer Arbeitnicht ermittelt. gefunden, nicht dramatisch sondern rein philosophisch. – Keyserling lag mehrere Tage magenkrank und geht vielleicht erst heute wieder aus. Das OktoberfestDas Oktoberfest, seit 1810 jährlich auf der Theresienwiese in München ausgerichtet, hatte am 20.9.1902 begonnen, wie die Presse meldete: „Das Oktoberfest hat am Samstag Mittags 12 Uhr seinen Anfang genommen mit Eröffnung der verschiedenen Bierquellen.“ [Rosenheimer Anzeiger, Jg. 48, Nr. 216, 23.9.1902, S. (2)] hat gestern begonnen. Die Scharfrichter wollen in acht TagenDas Münchner Kabarett Die Elf Scharfrichter, dessen Ensemblemitglied Wedekind war, eröffnete am 29.9.1902 seine dritte Spielzeit [vgl. Allgemeine Zeitung, Jg. 105, Nr. 261, 22.9.1902, Abendblatt, S. 4]; bei dieser Eröffnung der Wintersaison wurde von den Elf Scharfrichtern „Frühlingsstürme. Eine Execution vom Scharfrichter Frank Wedekind“ [vgl. KSA 3/II, S. 1295] uraufgeführt, eine Kabarettbearbeitung des 1. Akts von „Der Erdgeist“ als „Parodie naturalistischen Theaters“ [KSA 3/II, S. 861] mit Wedekind in der Rolle des Kunstmalers Rudolf Knote. Hedwig Pringsheim notierte: „Programm, in dem leider Frank Wedekind durch platte Gemeinheit recht abfiel.“ [Tb Pringsheim, 29.9.1902] wieder anfangen, wovor mir entsetzlich graut; dagegen ist Keith selbstverständlich hinaus geschobendie Münchner Erstaufführung von Wedekinds „Marquis von Keith“ (1901) durch den Akademisch-Dramatischen Verein (Vorsitzender: Fritz Brüggemann) am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg), die mit Wedekind in der Titelrolle unter seiner und Fritz Brüggemanns Regie am 20.10.1902 als geschlossene Vorstellung stattfand (am 27.10.1902 eine öffentliche Vorstellung). Die Premiere wurde zunächst vage angekündigt: „Vom Akademisch-dramatischen Verein wurde der Marquis von Keith von Frank Wedekind zur Aufführung angenommen und soll am Münchener Schauspielhaus in Szene gehen“ [Allgemeine Zeitung, Jg. 105, Nr. 273, 4.10.1902, 2. Morgenblatt, S. 6], dann konkret: „Die vom Akademisch-dramatischen Verein veranstaltete Aufführung des Marquis von Keith von Frank Wedekind findet als Sondervorstellung des Münchener Schauspielhauses Montag, den 20. Oktober, nur vor geladenem Publikum statt.“ [Allgemeine Zeitung, Jg. 105, Nr. 278, 9.10.1902, 2. Mittagblatt, S. 3].

Ich bitte Dich um etwas, was Du, so wie ich Dich kenne, wol | auch sonst gethan hättest. Wenn Du in Dresden einen großen unbestrittenen Erfolg erzielt hast, und daran zweifle ich nicht, dann sprich mit Graf SeebachNikolaus von Seebach, Generaldirektor des Dresdner Hoftheaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1903, S. 330]; zu einer Aufführung von „So ist das Leben“ (uraufgeführt am 22.2.1902 am Münchner Schauspielhaus durch den Akademisch-Dramatischen Verein) in Dresden kam es nicht. bitte über So ist das Leben. – Grüße Frau Louise aufs Herzlichste von mir. Auf baldiges frohes Wiedersehen

mit besten Grüßen
Dein Frank


München. 21. September 1902.

Frank Wedekind, Eduard von Keyserling und Rudolf Wilke schrieben am 22. September 1902 in München folgende Bildpostkarte
an Max Halbe

[...] Postkarte [...]
[...] Levelezö-Lap [...]
[...] Weltpostverein [...]
[...] Postcard [...]


Herrn Dr. Max Halbe
in
Güttland bei Danzig

Westpreussen.|


Lieber Max! eben höre ich von Keyserling daß Du noch in GüttlandMax Halbe hatte Ferien auf dem Gut seiner Eltern – Robert und Bertha Halbe (geb. Alex) – im westpreußischen Güttland verbracht und ist dann nach Berlin gereist, wo er spätestens am 22.9.1902 eingetroffen ist (seiner am 22.9.1902 in Berlin geschriebenen Postkarte an Luise Halbe [Mü, MH B 589] zufolge). Insofern hat ihn die Bildpostkarte, die ihm von Güttland nach München nachgesandt wurde (siehe die Angaben zur Materialität) erst verspätet nach seiner Rückkehr aus Berlin erreicht. bist. Ich habe Dir nach Berlin, Habsburger Hof, geschriebenvgl. Wedekind an Max Halbe, 21.9.1902.. Herzlichen Gruß auch an Frau Louise. Bitte, mich Herrn und Frau Halbe ergebenst zu empfehlen
Dein Frank.


[um 90 Grad nach links gedreht in der Mitte:]

Gruß
Keyserling


[um 90 Grad nach rechts gedreht am rechten Rand:]

Herzl. Gruß Dir u. D. Frau Wilke

Max Halbe, Anna von Seidlitz, Meinhold Rau, Karl Rau, Karl Rau, Meinhold Rau, Edgar Steiger, Hans Richard Weinhöppel, Meinhold Rau, Meinhold Rau, Karl Rau, Edgar Steiger, Hans Richard Weinhöppel, Josef Schanderl, Karl Rau, Stella Weinhöppel, Marya Delvard, Edgar Steiger, Hans Richard Weinhöppel, Josef Schanderl, Luise Halbe, Anna von Seidlitz, Max Langheinrich, Meinhold Rau, Karl Rau, Adolf Dannegger, Anna von Seidlitz, , Mathilde Dudek, Bertha Heck, Hermann Popp, Franz Langheinrich, Mathilde Dudek, Bertha Heck, Hermann Popp, Franz Langheinrich, Mathilde Dudek, Bertha Heck, Hermann Popp, Franz Langheinrich, Mathilde Dudek, Bertha Heck und Hermann Popp schrieben am 1. Januar 1903 in München folgende Bildpostkarte
an Frank Wedekind


POST-KARTE.


Herrn
Löbl. Frank Wedekind
Lindenhotel
in Berlin N. W.
Kl. Kirchstr. |


[Foto]

ED BEYRER SCULP.

MARYA DELVARD


M. Langheinrich

ELF SCHARFRICHTER

Oh verflucht
Schon wieder KegelbahnAnspielung Max Halbes auf die Unterströmung (eine Fortsetzung der Nebengesellschaft), seine Kegelrunde, die sich über viele Jahre in einem Münchner Lokal (Türkenstraße 33) in unmittelbarer Nähe zur Spielstätte der Elf Scharfrichter (Türkenstraße 28) traf [vgl. Kemp 2017, S. 29]..


Süßer Frank!
Wann kommst du wiederLuise Halbe fragt, wann Wedekind aus Berlin zurückkomme, wohin er der „Erdgeist“-Inszenierung am Kleinen Theater wegen (siehe unten) gefahren war.
Deine Luise


Herzlichste Grüße
Dein Max Halbe


Best wishes(engl.) Beste Wünsche. – Stella Weinhöppel (geb. Brokow), Richard Weinhöppels zweite Ehefrau, war Amerikanerin.
Stella


Karl Rau


Ein Prosit
H Popp


Frau DudekMathilde Dudek, Schauspielerin und Sängerin vom Stadttheater in Teplitz [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 511], die offenbar gerade in München war.


Fz. Langheinrich


Bei den ScharfrichternDie Bildpostkarte wurde offenbar im Anschluss an die Silvesterfeier des Kabaretts Die Elf Scharfrichter geschrieben (mitverfasst von den Ensemblemitgliedern Max Langheinrich und Hans Richard Weinhöppel), an der Wedekind (ebenfalls Ensemblemitglied), der zu dieser Zeit in Berlin weilte, nicht teilnahm; im gedruckten Programm der Silvesterfeier findet sich bei seinem Namen der Hinweis „sofern er da ist!“ [Kemp 2017, S. 80] In der Presse war angezeigt: „Die Elf Scharfrichter veranstalten wie im Vorjahre eine Sylvesterfeier, deren Programm fast vollständig für den besonderen Zweck verfaßt und inszenirt ist. [...] Nach der Gala-Exekution soll ein inoffizieller Theil die Besucher der Scharfrichter noch lang zusammenhalten.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 55, Nr. 605, 31.12.1902, Vorabendblatt, S. 3] wars fein Gruß M. Rau


Du fehlst uns, doch ist uns Dein Erfolgdie erfolgreiche „Erdgeist“-Inszenierung am Kleinen Theater in Berlin (Premiere: 17.12.1902) mit Gertrud Eysoldt als Lulu (Regie: Richard Vallentin), nach der „sich das Stück konstant im Spielplan der deutschen Bühnen“ [KSA 3/II, S. 1203] hält. ein Trost! Richard


Dem Erdgeist!
Diese Freude vom Edgar Steiger


[um 90 Grad gedreht am rechten Rand:]

Bertha Heckeine Schwester von Luise Halbe (geb. Heck).


Schanderl


P. N. Dannegger


Max Halbe schrieb am 21. April 1903 in Salò folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 22.4.1903 aus München:]


Herzlichen Dank für Deine freundliche Carte.

Frank Wedekind schrieb am 22. April 1903 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max!
Herzlichen Dank für Deine freundliche Cartenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe an Wedekind, 21.4.1903. Die Postkarte oder Bildpostkarte kam aus Italien (siehe unten), aus Salò (den fünf zwischen dem 9. und 21.4.1903 in Salò geschriebenen Briefen und Postkarten Max Halbes an Luise Halbe [Mü, MH B 589] zufolge); seine am 21.4.1903 an Luise Halbe geschriebene Postkarte kam noch aus Salò, er war aber im Aufbruch nach Venedig und kündigte seine Rückkehr nach München für den 25.4.1903 an: „Ich reise soeben noch nach Venedig [...]. Freitag will ich von Venedig noch nach Bozen, am Samstag will ich zu Hause sein.“ [Mü, MH B 589].. Eben war HauschildDr. med. Johannes Hauschildt, praktischer Arzt in München (Schackstraße 6) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1903, Teil I, S. 241], war Wedekinds Hausarzt; er gehörte zum Bekanntenkreis Max Halbes, wie dessen Notiz vom 17.11.1903 – „besuche Hauschild, dessen Geburtstag heute“ [Tb Halbe] – nahelegt. bei mir und hat mir einen Gipsverbandinfolge eines Beinbruchs; Wedekind musste „wochenlang das Bett hüten“ [Kutscher 2, S. 112], nachdem er sich am 10.4.1903 „das Bein gebrochen“ [Wedekind an Korfiz Holm, 12.4.1903] hatte, „den rechten Unterschenkel“ [Wedekind an Wolfgang Geiger, 12.4.1903]. Die Presse berichtete: „Frank Wedekind glitt in München auf der Straße aus und erlitt einen Beinbruch.“ [Neue Hamburger Zeitung, Jg. 8, Nr. 176, 16.4.1903, Abend-Ausgabe, S. (1)] angelegt. Meine Stimmung läßt bis jetzt nichts zu wünschen übrig. Ich erhalte täglich Besuch; einer der angenehmsten darunter ist deine liebe Tochter Anna Liese, die mir im AuftrageLuise Halbe hatte ihre Tochter damit beauftragt, dem bettlägerigen Wedekind die Berliner Tageszeitungen „Berliner Tageblatt“ und „Der Tag“ zu bringen. ihrer Mama das Berliner Tageblatt | und den Tag bringt. Zwei Mal war auch Meßthaler bei mirEmil Meßthaler, Direktor des Intimen Theaters in Nürnberg [vgl. Neuer Theater Almanach 1904, S. 453], wohnte noch in München (Bürkleinstraße 42) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1903, Teil I, S. 429].; er sagt, er beneide mich, mein Zubettliegen sei die beste Nervenkur, die er sich denken könne. Und wie geht es Dir? Ich höre zu meiner Freude, daß nun auch Neroder mit Max Halbe und Wedekind befreundete Verleger und Redakteur Fritz Schwartz in München (Richard Wagnerstraße 3) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1903, Teil I, S. 611]: „Fritz Schwartz, genannt ‚Nero‘. Den Spitznamen hatten ihm seine Freunde gegeben, und er hatte ihn höchst zutreffend gefunden und bediente sich seiner wie selbstverständlich.“ [Halbe 1935, S. 350] bei Euch ist, um Euere Tage zu versüßen. Jedenfalls wirst Du viel zu erzählen haben wenn Du zurückkommstMax Halbe, der sich seit mehreren Wochen auf einer Italienreise befand, notierte am 25.4.1903: „Kehre Abends von Venedig zurück. Luise [...] holt mich von der Bahn ab.“ [Tb Halbe] Wedekind besuchte er gleich am 26.4.1903: „Besuche Wedekind, der das Bein gebrochen hat, finde ihn fröhlich und philosophisch“ [Tb Halbe], dann wieder am 28.4.1903: „Besuch bei Wedekind. Er spricht seine Bedenken gegen den Strom aus.“ [Tb Halbe] Wedekind war am 24.3.1903 bei Max Halbes Lesung des Dramas „Der Strom“ dabei gewesen (siehe unten).. Ich freue mich schon darauf. Vor acht Tagenam 14.4.1903 (genau gerechnet). kam mein Bruder Donald von einer Schweizerreise hier an. Er hat einen | RomanDonald Wedekinds Roman „Ultra montes“ (1903) war bereits vor rund zwei Monaten im Verlag Hermann Costenoble in Berlin erschienen [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 70, Nr. 47, 26.2.1903, Umschlag], knapp einen Monat zuvor ist Frank Wedekind von seinem Bruder darauf aufmerksam gemacht worden [vgl. Donald Wedekind an Frank Wedekind, 20.3.1903]. Ultra Montes vollendet und befindet sich in jeder Beziehung besser als ich ihn seit Jahren gesehen. Er selber preist Berlin als das große Sanatorium gegen Mangel an Lebensgeist. Übrigens war auch Rosenthal bei mirDr. jur. Wilhelm Rosenthal, Rechtsanwalt in München (Briennerstraße 8) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1903, Teil I, S. 540], der sich im Akademisch-Dramatischen Verein engagierte und nach dessen Auflösung im Neuen Verein aktiv war [vgl. Der Neue Verein. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 56, Nr. 583, 13.12.1903, S. 3f.], dessen Vorsitzender er später wurde [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil III, S. 144]. und erzählte, daß Reinhart das Deutsche Theater übernehmenOtto Brahm, nach wie vor Direktor des Deutschen Theaters zu Berlin [vgl. Neuer Theater Almanach 1904, S. 238], übergab die Leitung dieser Bühne 1904 an Paul Lindau [vgl. Neuer Theater Almanach 1905, S. 285], dessen Nachfolger erst 1905 Max Reinhardt wurde [vgl. Neuer Theater Almanach 1906, S. 227]; insofern blieb die Leitung des Kleinen und Neuen Theaters zunächst bei Max Reinhardt [vgl. Neuer Theater Almanach 1904, S. 245]. und Lindau sich ins Privatleben zurückziehen werde. Donald sagt mir, Neumann-Hofer werde mit dem Übersetzer Eisenschitz zusammen | eine Zeitungnicht ermittelt; vermutlich wurde der Plan nicht realisiert. gründen, deren Namen aber noch nicht feststeht. In München wird von Steiger und Gumppenberg eine neue Gesellschaft zur Pflege des Humorsnicht ermittelt; möglicherweise ein Scherz Wedekinds auf Kosten des mit ihm und Max Halbe befreundeten Münchner Schriftstellers Edgar Steiger (Friedrichstraße 33) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1903, Teil I, S. 647] sowie des Schriftstellers Hanns von Gumppenberg, Feuilletonredakteur der „Münchner Neuesten Nachrichten“ und ‚Henkersknecht‘ bei den Elf Scharfrichtern – vielleicht angeregt durch die „Schlaraffia (Gesellschaft zur Pflege d. Humors und der Kunst)“ [Adreß-Buch der Stadt Augsburg 1895, Teil III, S. 116], die in Augsburg einmal existierte, dann nur noch als Gesellschaft „Humor“ bezeichnet [vgl. Adreß-Buch der Stadt Augsburg für das Jahr 1902, Teil III, S. 143]. mit öffentlichen Vorstellungen gegründet. Ich hoffe auf ein recht baldiges WiedersehnWedekind dürfte Max Halbe zuletzt am 24.3.1903 gesehen haben, als dieser in München sein soeben abgeschlossenes Drama „Der Strom“ (1904) vorlas: „Strom beendigt! Abends Vorlesung mit großem Erfolg (Keyserling, Wedekind, Richard, Danegger, Allesch, Holitscher, Wilke.)“ [Tb Halbe]! Hauschild läßt Dich bestens grüßen, ebenso mein Bruder.
Mit den herzlichsten Grüßen und besten Wünschen Dein
getreuer
Frank.


22.IV.03

Frank Wedekind schrieb am 30. April 1903 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max!

Morgen, Freitagam 1.5.1903, an dem Max Halbe notierte: „Bier- und Sektabend an W.’s Bett. Holm, Keyserling, Langheinrich, Martens“ [Tb Halbe], er selbst, Kurt Martens, Eduard von Keyserling und Max Langheinrich, außerdem Korfiz Holm, einen geselligen Abend bei Wedekind (Franz Josefstraße 42, 2. Stock) verbrachten, der um 21 Uhr begann [vgl. Wedekind an Kurt Martens, 30.4.1903]., Abend also wird die Sitzung stattfinden. Geladen sind Martens, Keyserling und Langheinrich. Ich hoffe, Ihr werdet Euch trotz des schönen Wetters | nicht zu sehr an meinem öden KrankenlagerWedekind hatte sich am 10.4.1903 „das Bein gebrochen“ [Wedekind an Korfiz Holm, 12.4.1903] und war noch immer bettlägerig [vgl. Wedekind an Max Halbe, 22.4.1903]. langweilen. Die Hauptsache ist natürlich, daß Ihr gute Laune mitbringt.

Mit herzlichem Gruß
Dein
Frank.

Frank Wedekind schrieb am 30. Mai 1903 in München folgenden Brief
an Max Halbe

[1. Briefentwurf:]


Lieber Max Freund!
Ich habe es gründlich satt, jeden Abend, an dem wir uns treffen, ein hochnotpeinliches Verhör über mich ergehen lassen zu müssen, welches Gefühle tractiert, die Du bei mir von in mich hinein phantasierst denkst, die ich nie empfunden habe und über die ich mich noch nie mit einem Wort geäußert habe. Ich halte es daher für s/v/ernünftig, sodaßSchreibversehen, statt: daß. wir uns so lange nicht absichtlich begegnen bis wir uns gegenseitig nicht mehr mit so unerquicklichen abgeschmackten Erörterungen zu behelligen haben. Ich bitte Dich deshalb auch nächsten Dienstag, so sehr ich Dir für Deine Einladung danke, nicht | auf mich rechnen zu wollen. Sollten wir uns unabsichtlich zufällig begegnen so werden wir uns hoffentlich mit Fassung darein finden.

Mit besten Grüßen
Dein Frank


[2. Abgesandter Brief:]


Lieber FreundMax Halbe notierte am 31.5.1903 (Pfingstsonntag) zum vorliegenden Brief: „Wedekind kündigt mir brieflich die Freundschaft, fühle sich schlecht von mir behandelt. Ich finde das Gleiche umgekehrt.“ [Tb Halbe] Er schickte den Brief später an Wedekind zurück [vgl. Max Halbe an Wedekind, 29.6.1903].!
ich habe es gründlich satt, jeden Abend, an dem wir uns treffenWedekind hat Max Halbe vor dessen Reise vom 14. bis 26.5.1903 (nach Wien, Budapest und Berlin) nachweislich zuletzt am 7.5.1903 gesehen, wie der Freund notierte: „Besuch bei Wedekind“ [Tb Halbe], danach am 28. und 29.5.1903 (siehe unten)., ein hochnotpeinliches VerhörInquisitionsmetapher für: zugespitzte Fragen. über mich ergehen lassen zu müssen, welches Gefühle tractiert, die ich, im Gegensatz zu Deinen V/B/ehauptungen und Vorwürfen, nie empfunden und nie mit einem Wort geäußert habe. Gegen den Vorwurf, daß ich Dir eine feindliche Gesinnung entgegenbringe und dadurch Anlaß zu den wiederholten Streitigkeiten gegeben habe, werde | ich mich vertheidigen, wo und wie ich irgend kann. Ebenso vertheidige ich mich gegen Deinen VorwurfMax Halbe dürfte sich bei den letzten Gesprächen mit Wedekind am 28. und 29.5.1903 (siehe unten) über Wedekinds Haltung zu den Kompositionen seines Freundes Hans Richard Weinhöppel, Wedekind wiederum zu dessen Verhalten gegenüber dem Musiker Anton Dreßler geäußert haben., daß ich Richard eine feindselige Gesinnung entgegenbringe. Ich bin einer Neigung, die mir seine Production manchmal zum Nachempfundenen zu haben schien, allerdings sehr feindlich gesinnt. Ebenso kann ich, von seinem eigenen Interesse ausgehend, sein Verhalten gegenüber Dreßler nicht billigen. Mit meinen Gefühlen gegenüber seiner Persönlichkeit und seiner Kunst im großen Ganzen haben diese Empfindungen nichts zu schaffen. Was uns Beide betrifft, so halte ich es für vernünftig, daß wir uns so lange nicht absichtlich | begegnen, bis wir uns nicht mehr mit so abgeschmackten Erörterungen wie gesternMax Halbe notierte am 29.5.1903: „Torggelstube m. Wedekind. Gereizte Stimmung.“ [Tb Halbe] und vorgesternMax Halbe notierte am 28.5.1903: „Frank bei der Heimkehr vom Kegelabend“ [Tb Halbe]. Abend zu behelligen haben. Ich bitte Dich deshalb, auch nächsten Dienstag, so sehr ich Dir für Deine Einladung danke, nicht auf mich rechnen zu wollen. Ich habe aus den Streitigkeiten, die Du seit zwei Monaten mir gegenüber vom Zaun brichst, bis jetzt noch keinerlei Schlußfolgerungen gezogen, weil ich die Frage nicht entscheiden konnte, ob ihnen nicht doch vielleicht eine freundschaftliche Gesinnung zu Grunde liegt. Ich würde mein Benehmen aber fu eines anständigen Menschen für unwürdig halten, wenn ich mich einer solchen Behandlung noch | weiter mit bewußter Absicht aussetzen wollte. Sollten wir uns zufällig unabsichtlich begegnenBegegnungen gab es in den nächsten Tagen – am 4.6.1903: „Im Café kühle Begegnung mit Frank“ [Tb Halbe], am 8.6.1903: „Im Café Begegnung mit Frank“ [Tb Halbe] – oder Max Halbe konstatierte, wenn es sie nicht gab, so am 10.6.1903: „Dichtelei mit Keyserling u.s.w Frank unsichtbar!“ [Tb Halbe], so werden wir uns hoffentlich mit Ruhe und Fassung in die Sachlage finden.

Mit besten Grüßen
Dein Frank.


München 30 Mai 1903.

Max Halbe schrieb am 29. Juni 1903 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

München 29/VI 03


Lieber Frank!
hier übersende ich Dir durch Robert Deinen Brief vom Pfingstsamstagvgl. Wedekind an Max Halbe, 30.5.1903. Max Halbes Sohn Robert hat den Brief Wedekind als Beilage (hier nicht nochmals wiedergegeben) zum vorliegenden Brief überbracht..

Sei überzeugtMax Halbe, mit Wedekind im Streit liegend [vgl. Wedekind an Max Halbe, 30.5.1903], reagierte mit dem vorliegenden Brief auf die zwei Tage zuvor stattgefundene Versöhnung mit Wedekind, die sich nach seiner Rückkehr nach München (er war am 14.6.1903 zu einer Reise nach Wien, Berlin und Leipzig aufgebrochen) am 27.6.1903 ergeben hatte: „Gegen Abend in München. Im Hoftheaterrestaur. erscheint Frank. Aussöhnung.“ [Tb Halbe], daß mir nichts ferner gelegen hat und fern liegt, als die Absicht Dich zu kränken oder zu verletzen oder gar Intrigen gegen Dich zu | spinnen. Wenn mir in vorgerückten Nachtstunden, wie ich gern zugebe, manchmal die Zunge durchgegangen ist, so mag zu meiner Entschuldigung dienen, daß dies aus einem vielleicht überreiztem Freundschaftsgefühl für Dich und Dein künstlerisches Schaffen geschehen ist.

Ich hoffeSpannungen blieben nach der Aussöhnung (siehe oben), wie Max Halbe am 1.7.1903 feststellte: „Kegelabend mit David. Wedekind auch da, aber gereizt. Geht nachher mit Dressler. Es wird nicht wieder das Alte mit ihm!“ [Tb Halbe] Und am 11.7.1903: „Mit Wedekind scheint der Bruch definitiv, schimpft hinterrücks über mich, intriguirt nach Kräften.“ [Tb Halbe] Schließlich konstatierte er am 13.7.1903: „Wedekind reist morgen ab.“ [Tb Halbe] Wedekind fuhr den Sommer über nach Lenzburg und feierte den Abend vor seiner Abreise seinen Abschied vom Freundeskreis ohne Max Halbe, wie dieser am 14.7.1903 festhielt: „Ich habe W. nicht mehr gesehen, hat gestern in der Torggelstube Abschiedscour gehalten. Keyserling ging nicht hin.“ [Tb Halbe], der „Winter unseres MißvergnügensMax Halbe zitiert aus dem Auftakt, den beiden ersten Versen, von William Shakespeares Tragödie „König Richard III.“ (I/1): „Nun ward der Winter unsers Mißvergnügens / Glorreicher Sommer durch die Sonne Yorks“ (metaphorisch veranschaulicht der Wechsel vom ‚Winter‘ zum ‚Sommer‘ die Überwindung des Streits mit Wedekind). wird nun wieder „glorreichem Sommer“ weichen. Herzliche Grüße!

Dein Max

Frank Wedekind schrieb am 8. November 1903 in München folgenden Zettel
an Max Halbe

Lieber Max, würdest Du so rasch wie möglich zu mir kommen. Ich möchte Dich gerne noch einmal sehenMax Halbe notierte am 8.11.1903 morgens den Empfang des vorliegenden Zettels (als Brief wahrgenommen) und reagierte sofort: „Erhalte gleich nach dem Aufstehen Brf. von Wedekind, daß er mich noch einmal sehen will, bin sehr bestürzt, finde ihn in sehr schlechtem Zustand. Bildet sich ein, er habe Aneurisma u. müsse heute sterben. Ich suche es auszureden. Arzt kommt u. diagnostiziert Lungenentzündung“ [Tb Halbe]; ein Aneurysma ist eine krankhafte Gefäßausstülpung, die „sehr gefährliche Blutungen bedingen kann“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Aufl. Bd. 1. Leipzig 1905, S. 511]. Aber komm bitte allein – und laß mein Mädchennicht identifiziert. beim eintreten in die Wohnung nichts merken da sie keine Ahnung hat was los istWedekind hatte eine Lungenentzündung (siehe oben), wie auch die Presse meldete: „Aus München wird berichtet: Frank Wedekind liegt seit drei Tagen an Lungenentzündung nicht unbedenklich krank darnieder.“ [Erkrankung Frank Wedekinds. In: Neue Freie Presse, Nr. 14084, 11.11.1903, Morgenblatt, S. 6] Max Halbe notierte am 12.11.1903: „Wedekind auf dem Wege der Besserung“ [Tb Halbe], am 17.11.1903: „Wedek. fieberfrei, aber schlechter Laune“ [Tb Halbe] und am 19.11.1903 (er war im Begriff, zu verreisen): „besuche vor der Abfahrt noch Wedek., der aufgestanden“ [Tb Halbe].

Dein Frank

Frank Wedekind schrieb am 25. Juni 1904 in München folgende Widmung
an Max Halbe , Max Halbe , Max Halbe

Frank WedekindMax Halbe notierte am 25.6.1904: „Vorbereitungen für die Gesellschaft heute Abend zu Ehren Reinhardts u. seiner Leute. [...] Von 10 Uhr ab Eintreffen der Gäste, darunter auch Wedekind, der später seine Balladen singt. Lustige Nacht, allgemeines Vergnügen.“ [Tb Halbe] Der Abend begann um 22 Uhr und dauerte die ganze Nacht hindurch, wie der Gastgeber am 26.6.1904 festhielt: „Ich komme erst um 7 Uhr früh in’s Bett.“ [Tb Halbe] Neben Wedekind haben sich an diesem Abend Max Reinhardt, Richard Vallentin, Eduard von Winterstein, Wilhelm Goldmann, Felix Hollaender, Hans Wassmann, Maria Blei, Annie Holm, Friedrich Kayßler, Max Langheinrich, Eduard von Keyserling, Emil Lind, August Weigert, Emmy Loewenfeld, Else Heims, Else Aram, Kurt Aram, Edgar Steiger, Hermann Popp und Centa Bré in Max Halbes Gästebuch eingetragen. Das Fest haben Max und Luise Halbe zum Abschluss von Max Reinhardts Gastspiel (17. bis 24.6.1904), das er mit dem Ensemble des Berliner Kleinen Theaters am Münchner Volkstheater gegeben hat, veranstaltet..

Frank Wedekind, Hans Wassmann, Hans Olden, Fritz Brüggemann, Anton Dreßler, Wilhelm Goldmann, Felix Hollaender, Max Langheinrich, Emil Lind, Max Reinhardt, Fritz Stahl, Eduard von Winterstein und [Herr] [Direktor] schrieben am 27. Juni 1904 in München folgende Postkarte
an Max Halbe , Luise Halbe

Königreich Bayern
Postkarte


An Familie Halbe
in Schwabing
Wohnung (Straße und Hausnummer) Wilhelmstr. 2 |


Ist noch etwas HäringssalatSchreibversehen, statt: Heringssalat. – Max und Luise Halbe hatten zwei Tage zuvor, am Abend des 25.6.1904 in ihrer Münchner Wohnung (Wilhelmstraße 2, 3. Stock) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1905, Teil I, S. 177], „ein großes Gelage“ [Wedekind an Carl Rößler, 25.6.1904] veranstaltet, ein Festessen anlässlich des erfolgreichen Abschlusses von Max Reinhardts Gastspiel (17. bis 24.6.1904), das er mit dem Ensemble des Berliner Kleinen Theaters am Münchner Volkstheater gegeben hat. Wedekind hat sich an diesem Abend, der um 22 Uhr begann und die ganze Nacht hindurch dauerte, in Max Halbes Gästebuch eingetragen [vgl. Wedekind an Max Halbe, 25.6.1904], außerdem 20 weitere Personen, darunter von den Mitunterzeichnern der vorliegenden Postkarte vom Neuen und Kleinen Theater in Berlin der Direktor Max Reinhardt, die Schauspieler Eduard von Winterstein und Hans Wassmann sowie der Dramaturg Felix Hollaender [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 245], außerdem Max Langheinrich, Emil Lind und Wilhelm Goldmann. übrig? Bitte ihn sofort (persönlich) ins Hoftheater-RestaurantSchreibort der vorliegenden Postkarte, vermutlich im Biergarten. Das Hoftheater-Restaurant in München (Residenzstraße 12) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1905, Teil I, S. 214] war ein beliebter Treffpunkt der Boheme, in dem Wedekinds Münchner Freundeskreis oft zusammenkam. zu bringen. Wir sehnen uns sehr – danach!
Frank


(Prosit Max Reinhardt)


v. Winterstein.


Ich trinke auf das Wohl der Familie Halbe! Hans Wassmann


Ich schließe mich an. Hollaender.


Viele Grüße Dreßler


Prost Langheinrich


Ich beginne eben zu erwachen. Emil Lind

Auch so.
Fritz Stahl


Ergebenen Gruss! Fritz KrotiPseudonym von Fritz Brüggemann, ehemals Herausgeber der Zeitschrift „Freistatt“ (bis Ende 1902) und Vorsitzender des Akademisch-Dramatischen Vereins.-Brüggemann


[am rechten Rand um 90 Grad gedreht:]

Vater ReinhardtWilhelm Goldmann war Max Reinhardts Vater.

Frank Wedekind, Eduard von Keyserling, Eduard von Keyserling, Eduard von Keyserling und Eduard von Keyserling schrieben am 8. Juli 1904 in München
an Max Langheinrich , Max Langheinrich , Max Langheinrich , Max Langheinrich , Max Halbe

Herrn Max Langheinrich
München


Ich erkläreMax Halbe erklärt Max Langheinrich sein Bedauern. Hintergrund war eine Duellforderung nach einer ‚feierlichen‘ Rauferei am 6.7.1904 bei einem Treffen von Max Halbes Münchner Kegelrunde Unterströmung [vgl. Halbe 1935, S. 379f.], zu der Wedekind festhielt: „Schluß Kegelbahn mit Solenner Rauferei“ [Tb]. Max Halbe notierte am 6.7.1904: „Vorbereitungen zur Schlußkegelbahn. Große Betheiligung. Catastrophe m Langheinrich“ [Tb Halbe]; gemeint war eine Duellforderung, die Wedekind am 7.7.1904 überbrachte – „Ich überbringe Halbe eine Pistolenforderung von Langheinrich“ [Tb] – und Max Halbe dazu am 7.7.1904 festhielt: „Wedek., bringt Forderung v. L., die ich annehme. Rücksprache mit Keys., der mein Combattant.“ [Tb Halbe] Wedekind sollte Max Langheinrichs Sekundant sein, Eduard von Keyserling der Max Halbes [vgl. Kutscher 2, S. 75], die aber das drohende Duell durch schlichtendes Eingreifen verhindern konnten. Eduard von Keyserling bat Wedekind um ein Treffen [vgl. Eduard von Keyserling an Wedekind, 8.7.1904] und suchte ihn am 8.7.1904 auf, wie Wedekind notierte: „Tausche mit Keyserling die Entschuldigungen zwischen Langheinrich und Halbe aus“ [Tb]. Wedekind schrieb die vorliegenden „gegenseitigen Entschuldigungen und Ehrenerklärungen“ [Kutscher 2, S. 75], die Eduard von Keyserling an Max Halbe überbrachte (während Wedekind sich entsprechend mit Max Langheinrich verständigt haben dürfte). Max Halbe hielt am 8.7.1904 fest, er müsse die „Erledigung mit Langheinrich abwarten. Mittags kommt Keys. mit gegenseitigen Erklärungen, die ich annehme. Geg. Abend im Hofgarten, wo Keys. mir Langheinrichs Unterschrift bringt.“ [Tb Halbe] Damit hatte sich das drohende Duell erledigt. hiemit, daß ich es bedaure mich gegen Herrn Max Langheinrich zu Thätlichkeiten habenSchreibversehen, statt: habe. hinreißen zu lassenSchreibversehen, statt: lassen. und bitte ihn deshalb um Verzeihung

München, den 8 Juli 1904


Herrn Dr. Max Halbe
München


Ich bedaureMax Langheinrich erklärt sich gegenüber Max Halbe vor dem Hintergrund der Rauferei vom 6.7.1904 und seiner nachfolgenden Duellforderung, die sich mit der Entschuldigung auch von seiner Seite erledigte (siehe oben), keineswegs aber die Spannungen im Freundeskreis, insbesondere, was die „konfliktgeladene Freundschaft“ [KSA 1/I, S. 993] zwischen Max Halbe und Wedekind anging. Max Halbe notierte am 9.7.1904 eine Begegnung mit Wedekind und Max Langheinrich (und anderen): „Gest. Nacht beim Heimweg trafen wir Wedek., Lng., Dresslers u.s.w., die mir gefeiert zu haben scheinen. Würdelose Blase!“ [Tb Halbe] Er erinnerte sich am 9.7.1914: „Auf der gestrigen Kegelbahn leben die Erinnerung an den katastrofalen Abend, genau vor zehn Jahren, wieder auf; mein Bruch mit Wedekind, Langheinrich, Dressler.“ [Halbe Tb] Wedekind verarbeitete das Geschehen 1905 im Gedichtfragment „Max Pipifax“ [KSA 1/I, S. 755], im Entwurf des komischen Heldenepos „Max Pipifax“ [KSA 1/I, S. 755f.] sowie 1908 in den fragmentarischen Versen „Max Knacks hat den Max Pipifax“ [KSA 1/I, S. 757], wobei Max Knacks Max Langheinrich (sein Pseudonym bei den Elf Scharfrichtern: Max Knax) und Max Pipifax Max Halbe meint [vgl. KSA 1/II, S. 1847-1853]. hiemit Herrn Dr. Max Halbe durch meine Äußerungen verletzt zu haben und nehme das beleidigende dieser Äußerungen zurück.

München, den 8 Juli 1904.

Frank Wedekind schrieb am 19. Juli 1904 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max,

wenn ich mich recht erinnere dann schulde ich Dir eine Summe von 150 Mark. Es ist möglich daß meine Berechnung falsch ist, in diesem Fall bitte ich Dich, es mir mitzutheilen. Darf ich Dich nun bitten, eine Abzahlung von 100 MarkWedekind notierte am 19.7.1904: „100 Mark Schulden an Halbe zurückbezahlt.“ [Tb] entgegenzunehmen, die ich Dir mit gleicher | PostHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Geldsendung (siehe oben); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Max Halbe, 19.7.1904. übersende. Die bleibenden M. 50Wedekind notierte bereits am 30.7.1904: „Halbe M. 50 zurückbezahlt.“ [Tb] hoffe ich Dir nächsten Monat zurückgeben zu können.
Indem ich Dir für Deine Gefälligkeit nochmals meinen herzlichen Dank sage
mit besten Grüßen
Dein
Frank.


München 19.VII 04.

Frank Wedekind schrieb am 19. Juli 1904 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Max Halbe

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 19.7.1904 aus München:]


Darf ich Dich nun bitten, eine Abzahlung von 100 Mark entgegenzunehmen, die ich Dir mit gleicher Post übersende.

Max Halbe schrieb am 21. Juli 1904 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Max Halbes Antwortvermerk auf Wedekinds Brief an Max Halbe vom 19.7.1904 aus München:]


21/VII 04Max Halbe notierte am 21.7.1904: „Nachm. erledige ich viel Correspondenz“ [Tb Halbe]; darunter dürfte sich der hier erschlossene Brief befunden haben, eine Antwort, deren Abfassung er mit blauem Buntstift auf dem von Wedekind erhaltenen Brief [vgl. Wedekind an Max Halbe, 19.7.1904] vermerkte.
Brf, Dank, Zustimmung.

Frank Wedekind schrieb am 4. Oktober 1904 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max!

Als ich vor acht Tagenam 26.9.1904, an dem Wedekind notierte: „Abfahrt nach München.“ [Tb] Er war seit dem 22.9.1904 zu Gastspielauftritten (als Tierbändiger im Prolog zum „Erdgeist“ am 23. und 25.9.1904 in der „Erdgeist“-Inszenierung im Neuen Theater) in Berlin gewesen. in Berlin war, kam Otto ErichWedekind notierte am 24.9.1904 in Berlin die Begegnung mit Otto Erich Hartleben: „Versöhnung mit Hartleben.“ [Tb] Der persönliche Verkehr zwischen Wedekind und Otto Erich Hartleben war Anfang 1897 abgebrochen, nach den gescheiterten Versuchen Wedekinds, seine Dramen durch die Dramatische Gesellschaft zu Berlin (deren Vorstandsmitglied Hartleben war) aufführen zu lassen (siehe Wedekinds Korrespondenz mit Otto Erich Hartleben vom 14.11.1896 bis 18.1.1897). mit den Worten auf mich zu: „Ich weiß nicht, ob Sie sich meiner noch erinnern, mein Name ist Otto Erich.“ Ich werde morgen (Mittwoch)am 5.10.1904, an dem Wedekind notierte: „Besuch bei Halbe.“ [Tb] Max Halbe notierte am 5.10.1904: „Besprechung m. Popp über einen Brf. Wedekinds, worin er mir sein Kommen ankündigt. Ich verstehe das nicht. – Wedek. war um 5 da, ging resultatlos wieder weg. Jetzt ist es wohl definitiv aus.“ [Tb Halbe] Max Halbe sprach bei einem Beisammensein im Hoftheater-Restaurant am 8.10.1904 mit Franz Blei, Hermann Popp und Eduard von Keyserling über Wedekind: „im H.-R. m Blei, Popp, Keys. Viel von Wedek.“ [Tb Halbe] um fünf Uhrum 17 Uhr. Wedekind war pünktlich (siehe oben). zu DirMax Halbe wohnte in der Wilhelmstraße 2 (3. Stock) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1905, Teil I, S. 177]. kommen um Dir zu sagen: „Ich weiß nicht, ob Du Dich meiner noch erinnerst, mein | Name ist Frank.“ Ich rechne dabei mit der Thatsache, daß Du mich abweisen läßt. Dann ist dieser Gang zu Dir ein Mißerfolg gewesen, aber ein Mißerfolg, den ich mir, dessen bin ich gewiß, Zeit meines Lebens zur Ehre anrechnen werde. Es steht Dir ja aber auch frei, mich erst abzuweisen, nachdem Du gehört hast, weshalb ich komme und was ich Dir sagen möchte.

Mit bestem Gruß
Frank.


4 X 04Wedekind notierte am 4.10.1904: „Brief an Halbe.“ [Tb] Max Halbe hatte am 4.10.1904 Geburtstag: „Ich bin heute 39 Jahre alt. ‚Denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon‘ [...] Ich fühle mich niedergedrückt u. schwermüthig. [...] Abends Herrengesellschaft, sehr fidel.“ [Tb Halbe] Die Beziehung zwischen Wedekind und Max Halbe war seit längerer Zeit gestört, was den vorliegenden eigenartigen Geburtstagsbrief und die Tatsache erklärt, dass Wedekind bei der Geburtstagsfeier nicht dabei war..

Frank Wedekind schrieb am 17. September 1908 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Max Halbe , Max Halbe

[Hinweis in Wedekinds Notizbuch (Nb 54, Blatt 50v):]


OAHA senden an
[…]
Max HalbeDie „konfliktgeladene Freundschaft“ zwischen Max Halbe und Wedekind war von „persönlichen Querelen“ und „Streitigkeiten“ [KSA 1/I, S. 992] geprägt, die zu einer jahrelangen Unterbrechung des näheren Umgangs geführt hatte. Erst am 3.6.1908 kam es zu „einer dauerhaften Versöhnung der Freunde“ [KSA 1/I, S. 993], wie Wedekind notierte: „Ich versöhne mich mit Max Halbe.“ [Tb] Diese Versöhnung kam im übersandten „Oaha“-Exemplar zum Ausdruck.

Max Halbe schrieb am 27. Oktober 1908 in München
an Frank Wedekind

MAX HALBE


MÜNCHEN
WILHELMSTRASSE 2


Lieber Frank, wie ich aus einem mir zugegangenen BriefeDer Brief von Leonor Goldschmied, Schriftsteller in Nikolassee bei Berlin [vgl. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1908, Teil II, Sp. 516], an Max Halbe, der hier aus diesem Brief zitiert, ist nicht überliefert. des Herrn Goldschmied ersehe, befindet er sich in dem sehr irrthümlichen Glauben, ich wolle vor GerichtLeonor Goldschmied rechnete mit einer erneuten Gerichtsverhandlung – er hatte nach einem verlorenen Prozess am 8.10.1908 vor dem Amtsgericht in Charlottenburg Berufung eingelegt, die er aber zurückzog, als am 28.4.1909 vom Landgericht II in Berlin eine Beweiserhebung abgelehnt wurde [vgl. Literatenzänkerei. In: Vorwärts, Jg. 26, Nr. 99, 29.4.1909, 2. Beilage, S. (3)] – und hatte sich daher an Max Halbe gewandt; am 8.10.1908 vormittags wurde die Beleidigungsklage Leonor Goldschmied gegen Erich Mühsam verhandelt, der ihn im Sommer im Café Sezession in Berlin als Polizeispitzel bezeichnet habe, wobei Mühsam sich durch beleidigenden Äußerungen gereizt gesehen habe. „Vor dem Amtsgericht Charlottenburg wurde am Donnerstag eine Klage des Schriftstellers Leonor Goldschmidt gegen den Schriftsteller Erich Mühsam verhandelt. Mühsam hatte Goldschmidt als ‚Polizeispitzel‘ bezeichnet, behauptet aber, dazu durch allerlei Belästigungen in einem Café beim Billardspiel gereizt worden zu sein. [...] Durch Vernehmung einiger Zeugen wurde festgestellt, wie Mühsam provoziert worden ist. Ihn und Genossen bezeichnete Goldschmidt als ‚Idiotenbande‘ und nannte ihn einen ‚Trottel‘, ‚genialen Schiefling‘ und ‚Schnorrer‘. Dieser Ausdrücke wegen erhob Mühsam durch seinen Rechtsanwalt Caro Widerklage. Das richterliche Urteil ging dahin, daß der Angeklagte Mühsam der Beleidigung schuldig, aber straffrei erklärt wurde, da er zu schwer gereizt worden ist, der Privatkläger Goldschmidt dagegen wegen Beleidigung zu 20 Mk. Geldstrafe oder 4 Tagen Haft verurteilt werde. Die Gerichtskosten hat der Privatkläger zu tragen.“ [Der bestrafte Kläger. In: Vorwärts, Jg. 25, Nr. 237, 9.10.1908, 1. Beilage, S. (3)] Bei der Gerichtsverhandlung fielen auch die Namen von Max Halbe und Wedekind, wie die Presse berichtete: „Die Boheme hatte ihre Sensation. Erich Mühsam, der zarteste Anarchist der Welt, hatte vor Monaten den Schriftsteller Leonor Goldschmidt einen Polizeispitzel genannt, und deshalb kam es zum Prozeß. Leonor Goldschmidt war nicht erschienen; ahnte er, was ihm bevorstand? Hätte er es nicht ertragen, wenn ihm die lange Liste der berühmten Ohrfeigen vorgetragen würde, die er in seinem Leben erhalten hat? Max Halbe, Frank Wedekind, Hans Heinz Ewers und andere Kapazitäten wurden als Verabreicher dieser Ohrfeigen vor dem Gericht benannt.“ [Der lyrische Anarchist. In: Berliner Tageblatt, Jg. 37, Nr. 514, 8.10.1908, Abend-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (1)] „Zeugniß für ihn ablegen“. Da ich annehmen muß, daß er in diesem Sinne auch an Dich | geschriebenWedekind hat von Leonor Goldschmied ebenfalls einen Brief erhalten [vgl. Wedekind an Max Halbe, 29.10.1908]. hat, so halte ich es für geboten, dem „Irrthum“ des Herrn G. energisch entgegenzutreten und festzustellen, daß ich weiter nichts gethan habe, als ihm auf sein Drängen hin mit wenigen Worten zu bestätigen, daß keine „ThätlichkeitenTätlichkeiten (Leonor Goldschmied sei von Max Halbe und Wedekind geohrfeigt worden), von denen im Prozess am 8.10.1908 die Rede war (siehe oben) – wohl irrtümlich. Leonor Goldschmied hatte in einer Pressemitteilung bereits eine Erklärung dazu abgegeben: „Der lyrische Anarchist. Zu dem unter dieser Spitzmarke veröffentlichten Bericht über die Beleidigungsklagen Erich Mühsams gegen Leonor Goldschmied schreibt uns dieser: ‚Es ist unwahr, daß ich mit Max Halbe oder – wie in der Verhandlung behauptet wurde – mit Frank Wedekind jemals derart zusammengeraten bin, daß es zu Tätlichkeiten gekommen ist. Lediglich mit Hanns Heinz Ewers, der eine Behauptung von mir, die Kabarets betreffend, nicht besser als mit einem tätlichen Anfall zu parieren wußte, hatte ich eine Affäre, wofür indessen nicht ich, sondern er von mir abgeführt wurde.‘“ [Berliner Tageblatt, Jg. 37, Nr. 522, 13.10.1908, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (3)]“ zwischen uns vorgekommen sind. Alles Weitere habe ich vollständig dahingestellt sein lassen. Meine alte Meinung über ihn bleibt bis auf Weiteres bestehen. Mit bestem Gruß
Dein Max Halbe

Frank Wedekind schrieb am 29. Oktober 1908 in München folgenden Brief
an , Max Halbe

Lieber Max!

ich hätte Dir gesternder 28.10.1908, an dem abends allerdings kein Auftritt der Schwestern Wiesenthal (siehe unten) stattfand, wie Wedekind wohl irrtümlich angenommen und mit Max Halbes Besuch der Vorstellung gerechnet hatte. schon geantwortetauf Max Halbes Brief über einen Brief an ihn von Leonor Goldschmied [vgl. Max Halbe an Wedekind, 27.10.1908]. wenn ich nicht gedacht hätte, wir würden uns vielleicht bei den WiesenthalsDie Wiener Tänzerinnen Elsa, Bertha und Grete Wiesenthal gastierten mit großem Erfolg im Münchner Schauspielhaus [vgl. Die Schwestern Wiesenthal. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 500, 25.10.1908, S. 3]. Wedekind hatte sie bereits am 15.2.1908 in Berlin gesehen: „Die Tänzerinnen Wiesenthal treten auf.“ [Tb] In München besuchte zunächst seine Frau am 23.10.1908 eine Vorstellung: „Tilly geht in die Wiesenthalmatinée“ [Tb], dann sah er mit ihr zusammen am 26.10.1908 die Tänzerinnen auf der Bühne: „Mit Tilly bei den Wiesenthals.“ [Tb] Am Münchner Schauspielhaus, wo Wedekinds „Musik“ im Spielplan war, wurde für den 27.10.1908 kurzfristig ein Auftritt der Tänzerinnen im unmittelbaren Anschluss an eine Vorstellung seines Einakters „Der Kammersänger“ gleich zweifach angekündigt (im einen Tag vordatierten Vorabendblatt): „Schauspielhaus. Am Dienstag, 27. Oktober, geht dem Gastspiel der drei Schwestern Wiesenthal nicht ‚Musik‘, sondern ‚Der Kammersänger‘ voran.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 502, 27.10.1908, Vorabendblatt, S. 2] „Münchner Schauspielhaus. Dienstag, den 27. Okt. Der Kammersänger. Drei Szenen von Frank Wedekind. Hierauf: Die drei Schwestern Wiesenthal. Anf. 7½, Ende 10 Uhr.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 502, 27.10.1908, Vorabendblatt, S. 4] Entsprechend war im Theaterprogramm dann nach der „Kammersänger“-Vorstellung am 27.10.1908 angezeigt: „Die drei Schwestern Wiesenthal aus Wien mit ihren Tanzdichtungen.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 503, 27.10.1908, General-Anzeiger, S. 2] Wedekind notierte am 27.10.1908: „Tilly geht zu den Wiesenthals und Kammersänger.“ [Tb] Max Halbe hat für den 27.10.1908 seinen Besuch der Doppelvorstellung festgehalten: „Abends zum Kammersänger u. den Schwestern Wiesenthal. Hübsche anmutige, nicht weiter aufregende Tänze.“ [Tb Halbe, 28.8.1908] Wedekind hat diese Doppelvorstellung nicht besucht; am 28.10.1908 ist kein Auftritt der Tänzerinnen nachzuweisen. treffen. Ich erhielt von Goldschmidt eine Zuschriftnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Leonor Goldschmied an Wedekind, 26.10.1908. Leonor Goldschmied, Schriftsteller in Nikolassee bei Berlin [vgl. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1908, Teil II, Sp. 516], hatte in einem Beleidigungsprozess gegen Erich Mühsam Berufung eingelegt und erhoffte sich Unterstützung von Wedekind und Max Halbe [vgl. Max Halbe an Wedekind, 27.10.1908]., in der er mir mitteilte daß er auch an dich geschrieben hätte und wenn ich mich recht | erinnre eine Abschrift seines Briefeseine Abschrift von Leonor Goldschmieds Brief an Max Halbe (nicht überliefert). beilegte. Das Ganze verbreitete aber einen so üblen durchdringenden Geruch daß ich es möglichst rasch in den Ofen steckte. Von dem InhaltDer Inhalt des verschollenen Schreibens von Leonor Goldschmied an Wedekind (siehe oben) dürfte dem des ebenfalls nicht überlieferten Schreibens an Max Halbe entsprochen haben, aus dem Max Halbe zitierte [vgl. Max Halbe an Wedekind, 27.10.1908]. ist mir nichts in Erinnerung.

Neulich Abendam 24.10.1908, an dem Wedekind nach der Vorstellung seines Stücks „Musik“ am Münchner Schauspielhaus [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 499, 24.10.1908, General-Anzeiger, S. 2] mit dem Ehepaar Cohn (siehe unten) das Hoftheater-Restaurant besuchte: „Abends im Theater um die Vorstellung zu korrigieren. [...] Nachher im HTR mit Cohn und Frau“ [Tb]. hoffte ich Dich noch zu sprechen da Dr. Cohn und FrauDr. med. Max Cohn, praktischer Arzt und Geburtshelfer in München (Schwanthalerstraße 95) [vgl. Adreßbuch für München 1908, Teil I, S. 76], und seine Frau Gisela Cohn (geb. Schwarz). Wedekind, der das Ehepaar am 24.10.1908 im Münchner Hoftheater-Restaurant getroffen hat (siehe oben), hatte dort mit ihm am 14.1.1905 einen Abend verbracht: „Mit Dr. Cohn und Frau im Hoftheaterrestaurant.“ [Tb] sich nur auf einen Moment zu mir gesetzt hatten. Ich bedauerte sehr | daß es nicht dazu kam.
Mit besten Grüßen
Dein
Frank Wedekind.


29.10.8.

Frank Wedekind schrieb am 12. April 1909 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Herrn Dr. Max Halbe, München.


Lieber Max!

aus den Zeilennicht überliefert. Frank Wedekind notierte am 12.4.1909 den Empfang des Briefs an seine Frau: „Brief von Max Halbe an Tilly“ [Tb]. Max Halbe hat seinen Brief an Tilly Wedekind ebenfalls notiert (siehe unten)., die Du an meine Frau richtest ersehe ich daß der ich den VorfallFrank Wedekind notierte am 3.4.1909 einen Abend bei dem befreundeten Verlagsbuchhändler Fritz Schwartz (genannt Nero) in München (Richard Wagnerstraße 3) [vgl. Adreßbuch für München 1910, Teil III, S. 144], an dem etwas vorgefallen ist, auf das sich der vorliegende Brief bezieht: „Abendgesellschaft bei Schwarz. Max Halbes Handgreiflichkeiten.“ [Tb] Max Halbe war offenbar an diesem Abend ein Tischnachbar Tilly Wedekinds (sowie einer anderen Dame, der Gattin des Münchner Regierungsrats Ernst Soehlke), rutschte aus und hielt sich an ihr fest (wurde insofern ‚handgreiflich‘), ein Fauxpas, den er in seinen Erinnerungen übergeht, in denen gleichwohl die Rede ist von den „glänzenden Gastmählern [...] im Hause meines Freundes Fritz Schwartz“ [Halbe 1935, S. 344]. Er hat für den 3.4.1909 „Gesellschaft bei Schwartz“ [Tb Halbe, 4.4.1909] notiert, außerdem ausführlicher festgehalten: „Das Essen bei Schw. war sehr opulent. Sehr viel Litteratur war anwesend, Ganghofers, Bernsteins, Wedekinds usw. Außerdem viel Theater u. Hoftheater. Ich hatte eine Frau Regierungsrath Söhlke als Tischdame. Recht hübsch, charmante Polin, die leider hinkt. Die Stimmung wurde gegen Schluß sehr aufgekratzt. Ich hatte kleinen Zusammenstoß mit Wedekind in Erinnerung an sein einstiges Urtheil über ‚Treue‘. Es hat aber wohl nichts auf sich.“ [Tb Halbe, 5.4.1909] Frank Wedekind hat den Vorfall nochmals rekapituliert [vgl. Wedekind an Emil Meßthaler, 11.5.1909]., der mir zu meinen gestrigen ÄußerungenFrank Wedekind äußerte sich zu dem Vorfall vom 3.4.1909 (siehe oben), als er Max Halbe am 11.4.1909 begegnete: „Begegnung auf der Post mit Max Halbe“ [Tb]. Daraufhin schrieb Max Halbe an Tilly Wedekind (siehe oben) und notierte zu seiner Begegnung mit Frank Wedekind am 11.4.1909 (Sonntag) zunächst: „Sonnt. [...] Ich treffe Wedekind, der mich in irrsinniger Weise beschuldigt, weil ich seine Frau bei Schwarzens angefaßt hätte“ [Tb Halbe, 33.4.1909], dann: „Der Fall Wedekind also in ein neues Stadium getreten. Die Periode der Freundschaft u. Zuvorkommenheit ist wieder einmal gefallen. ‚Wenn Du wieder einmal mit meiner Frau zusammenkommst, rathe ich dir, deine Pfoten aus dem Spiel zu lassen!‘ Ich sagte nur: ‚Du kannst mir leid thun!‘ u. drehte ihm den Rücken, schrieb dann an seine Frau einen ganz offiziellen Entschuldigungsbrief in einer Form, die ihm zeigen mußte, daß ich mit ihm nichts mehr zu thun haben will. Das ekle treulose feige Raubthier hat sich wieder einmal gezeigt. Es läßt sich auf die Dauer nicht mit ihm leben!...“ [Tb Halbe, 14.4.1909] Anlaß gab, mißverstanden hatte. Ich konnte das nicht ohne weiteres ver/ann/ehmen, da ich die Ehre habe, Deine Frau Dr Halbe seit dreizehn Jahrenseit 1896. Wedekind dürfte in diesem Jahr Luise Halbe (geb. Heck), die Max Halbe am 15.1.1891 in Berlin geheiratet hatte, in München persönlich kennengerlernt haben und trug sich jedenfalls in ihr Gästebuch ein [vgl. Wedekind an Luise Halbe, 30.6.1896]. zu kenne, ohne meines Wissens jemals an ihrer Seite ausgeglittenironische Anspielung auf den Vorfall vom 3.4.1909 (siehe oben). Max Halbe dürfte sich in seinem nicht überlieferten Brief an Tilly Wedekind (siehe oben) damit entschuldigt haben, er sei ausgerutscht und habe sich an ihr festhalten müssen, um nicht hinzufallen. zu sein. Ich zögre nun auch nicht, die Ausdrücke die ich bei unserer gestrigen Begegnung brauchte zurückzunehmen und das Verletzende, das in ihnen liegte mochte zu bedauern.

Mit ergebemSchreibversehen, statt: ergebenem. Gruß
Dein Frank Wedekind.



Frank Wedekind schrieb am 11. Mai 1909 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Sehr geehrter Herr DoctorDr. phil. Max Halbe, der in dem nur als Briefentwurf erhaltenen Brief, der in einer Abschrift beigelegt werden sollte, mit dem akademischen Titel genannt ist [vgl. Wedekind an Emil Meßthaler, 11.5.1909].,

gestatten Sie mir Ihnen mitzutheilen daß ich beiliegenden Briefvgl. Wedekind an Emil Meßthaler, 11.5.1909.

Frank Wedekind schrieb am 12. Dezember 1909 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Max Halbe

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 12.12.1909 in Wien:]


Ich schreibeDie gesamte Formulierung legt zwar die Abfassung eines Briefs an Max Halbe in dem Wiener Bierhaus nahe (das hier erschlossene Korrespondenzstück), nicht vollkommen auszuschließen ist aber, dass Wedekind auch an einem Text über Max Halbe geschrieben haben könnte, wie im Frühjahr 1909, als er den Prosaentwurf „Max Halbe. Ein literarischer Irrthum“ [KSA 5/II, S. 317f.] schrieb [vgl. KSA 5/III, S. 553]. bei Perschill Max Halbe.

Max Halbe schrieb am 15. September 1910 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 16.9.1910 aus München:]


Empfang meinen besten Dank für Deine freundlichen Zeilen.


Frank Wedekind schrieb am 16. September 1910 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max!

Empfang meinen besten Dank für Deine freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe an Wedekind, 15.9.1910. Max Halbe hat am 15.9.1910 seine zwanzigjährige Bekanntschaft mit Wedekind vergegenwärtigt – „1890 [...] in diesen Augustsommertagen [...] 15 Aug. 90 [...]: [...] Ich ging auf 14 Tage nach München, lernte dort [...] Wedekind kennen“ [Tb Halbe] – und könnte den Freund brieflich daran erinnert haben.. In BeiliegendemDie Beilage ist nicht überliefert. sende ich Dir das AutogrammWedekind hat Max Halbe knapp ein Jahr später ein eigenwilliges ‚Autogramm‘ von sich anempfohlen [vgl. Wedekind an Max Halbe, 3.9.1911].. Ich bitte Dich, Frau Louise meine beste Empfehlung auszusprechen.

Mit herzlichem Gruß
Dein alter
Frank Wedekind.


16.9.10.

Max Halbe schrieb am 16. Juni 1911 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 17.6.1911 aus München:]


[...] Dank für das [...] Geschenk, das Du mir mit der ,,That des Dietrich Stobäus“ machst und für die liebe Widmung.

Frank Wedekind schrieb am 17. Juni 1911 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max!

Empfang meinen herzlichen Dank für das schöne GeschenkMax Halbes Roman „Die Tat des Dietrich Stobäus“ (1911), der etwa drei Wochen zuvor im Albert Langen Verlag in München erschienen ist [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 78, Nr. 118, 23.5.1911, S. 6270]; Max Halbe notierte am 3.6.1911: „Die erste Kritik über ‚Stobäus‘ ist erschienen“ [Tb Halbe]. Das Wedekind gewidmete Exemplar (siehe unten) ist nicht überliefert., das Du mir mit der ,,That des Dietrich Stobäus“ machst und für die liebe Widmungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe an Wedekind, 16.6.1911.. Ich freue mich sehr auf den Genuß, das Werk zu lesen und werde sofort damit beginnen. Ich hoffe auch oft Gelegenheit zu haben, mit Dir darüber zu sprechen.

Mit den besten Grüßen und Empfehlungen an Dich und Frau Luise von Tilly und mir

Dein alter
Frank Wedekind.


München 17.6.11.

Max Halbe und Luise Halbe schrieben am 13. August 1911 in München folgende Visitenkarte
an Frank Wedekind , Tilly Wedekind

Herr und Frau Dr. Max Halbe | senden beste Grüße und WünscheGlückwünsche an Frank und Tilly Wedekind zur Geburt ihrer zweiten Tochter Kadidja am 6.8.1911 in München. Frank Wedekind hat am 6.8.1911 (Sonntag) morgens die Geburt seines Kindes und abends eine gesellige Runde mit Max und Luise Halbe (außerdem mit Hanns Fuchs, Josef Giampietro und Eduard von Winterstein) in der Torggelstube notiert: „Fannykadidja geboren. Ich erwache nachdem sie eben da ist. [...] große Feier im T.St. Halbe und Frau Fuchs Gianpietro Winterstein.“ [Tb] Max Halbe hielt zu dem Abend fest: „Sonntag Abend [...] mit Luise Torggelst., wo sich ein größerer Abend entwickelt, Wedekind, v. Jacobi und Frau, ein Schriftsteller Fuchs aus Venedig u.s.w. Ganz spät noch Winterstein, der auf der Durchreise hier, mit Giampietro. Wedekind beklagt sich wieder über mangelhaftes Interesse der Schauspieler für seine Werke.“ [Tb Halbe 8.8.1911] für Mutter und Kind


München, 13.VIII.11der 13.8.1911. Wedekind hat den vorangehenden Abend mit Max und Luise Halbe (sowie mit Gustav Waldau und August Weigert) in der Torggelstube verbracht, wie er am 12.8.1911 notierte: „T.St mit Halbe Luise, Waldau Weigert.“ [Tb] In Max Halbes Tagebuch ist der Eintrag vom 12.8.1911 herausgeschnitten..


Frank Wedekind schrieb am 3. September 1911 in München folgende Postkarte
an Max Halbe , Max Halbe , Max Halbe

POST-KARTE |


Datum des Poststempels.

P. P.


Wegen eines AutogrammesWedekind hat Max Halbe schon einmal ein „Autogramm“ [Wedekind an Max Halbe, 16.9.1910] von sich übermittelt. von mir wenden Sie sich wohl am besten an die Münchner Polizeidirektion, die mir unter der Behauptung und Begründung, ich hätte die öffentliche Meinung gegen michZitat einer mündlichen Äußerung des Münchner Polizeipräsidenten Julius von der Heydte, den Wedekind zusammen mit Georg Stollberg, dem Direktor des Münchner Schauspielhauses, wegen des Verbots von „Oaha“ (siehe unten) am 2.6.1911 im Münchner Polizeipräsidium aufsuchte – „Audienz mit Stollberg beim Polizeipräsidenten“ [Tb] – und die Formulierung auch im offenen Brief „Drei Fragen“, den Wedekind dem Tagebuch zufolge am 20.9.1911 schrieb („Zeitungsnotiz geschrieben“), am 21.9.1911 diktierte („Diktat der Zeitungsnotiz)“ und am 22.9.1911 an mehrere Zeitungen versandte („Zeitungsnotiz expediert“) [vgl. Wedekind an Frankfurter Zeitung, an Münchner Neueste Nachrichten, an Berliner Börsen-Zeitung, an B.Z. am Mittag, an Berliner Tageblatt, an Vorwärts, 20.9.1911], ebenfalls zitierte: „Herr Polizeipräsident von der Heydte [...] entgegnete mir auf meine Frage in Gegenwart des Herrn Direktors Stollberg: ‚Sie haben die öffentliche Meinung gegen sich. Solange das der Fall ist, gebe ich das Stück nicht frei.‘“ [KSA 5/II, S. 418], die harmlosesten Werke verbietetDie Münchner Zensurbehörde hat eine Aufführung von „Oaha“ am 24.5.1911 erneut verboten [vgl. KSA 5/III, S. 286; KSA 8, S. 608, 620f.]. und mit der ich infolgedessen eine ebenso umfangreiche wie bisher nutzlose Korrespondenz zu führen genötigt bin.

Hochachtungsvoll ergeben
Frank Wedekind.

Max Halbe schrieb am 30. Mai 1913 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 31.5.1913 aus München:]


Für Deine lieben freundlichen Zeilen nimm meinen herzlichen Dank.

Frank Wedekind schrieb am 31. Mai 1913 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max!

Für Deine lieben freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe an Wedekind, 30.5.1913. Max Halbe dürfte sich über die „Lulu“-Aufführung am 29.5.1913 (siehe unten) geäußert haben. nimm meinen herzlichen Dank. Vor allem dank ich Dir dafür, daß Du der Aufführung beiwohntestMax Halbe hat am 29.5.1913 die geschlossene Vorstellung von „Lulu. Tragödie in fünf Aufzügen mit einem Prolog von Frank Wedekind“ (1913), zusammengeführt aus den Tragödien „Erdgeist“ und „Die Büchse der Pandora“ [vgl. KSA 3/II, S. 869], im Münchner Künstlertheater besucht und seine Eindrücke festgehalten: „Donnerst. [...] Abends Eröffnung des Künstlertheaters mit Wedekinds Lulu. [...] volles Haus, Stimmung zuerst aber sehr zurückhaltend. Gespielt wurde glänzend. Die Durieux zu damenhaft. Schließlich gewöhnte man sich an sie. Eine große Virtuosin bleibt sie jedenfalls! Die Zusammenziehung von ‚Erdgeist‘ und ‚Pandora‘ opfert manches Wichtige, vermittelt aber doch einen sehr starken Gesamteindruck von Glück u. Untergang der Lulu-Eva-Mignon. Der letzte Akt hat Größe, ist aber zu lang. Am Schluß war etwas Pfeifen u. Zischen, dann große Ovationen für Dichter u. Darsteller. Lulu ist von der Censur öffentlich verboten, dafür war Freitag ‚Erdgeist‘ allein u. soll trotz Erfolg u. glänzender Presse äußerst schlecht besucht gewesen sein. Wir fuhren nachher heim, ich recht kaput u. mußte mich schonen.“ [Tb Halbe, 31.5.1913] Wedekind notierte am 29.5.1913: „Lulu Aufführung im Künstlertheater“ [Tb], das von Georg Fuchs und František Zavřel geleitet wurde [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 563], der auch die Regie führte, wie der Schutzverband Deutscher Schriftsteller (siehe unten) mitteilte und das Verbot in der Presse publik machte: „Der Schutzverband Deutscher Schriftsteller (Ortsgruppe München) teilt uns mit: ‚Wie wir erfahren, hat die Zensurbehörde auch eine neuerliche Umarbeitung der Lulu-Tragödie von Wedekind, die mit der Streichung der vielangefeindeten Jack-Szene den Ansprüchen der Polizeibehörde, anscheinend völlig Genüge tun sollte, jetzt endgültig verboten. Die Publizierung, insbesondere die Plakatierung, soll verhindert, jede Benachrichtigung durch die Presse verboten werden. Umsomehr hält es der Schutzverband für seine Pflicht, dieses öffentlich kundzugeben. Die geschlossene Vorstellung findet trotz all der in den Weg gelegten Schwierigkeiten am Donnerstag, den 29. Mai, abends 7½ Uhr, im Münchner Künstlertheater statt. Die Besetzung ist folgende: Lulu: Tilla Durieux, Dr. Schön: Karl Clewing, Alva: Hermann Wlach, Schwarz: Erwin Walser, Schigolch: Emil Lind, Rodrigo: Alexander Rottmann, Geschwitz: Maria Mayer, Goll: Karl Goetz. Regie: Franz Javrel. Den Prolog spricht Frank Wedekind. Nähere Auskunft in dieser Angelegenheit erteilt der zweite Vorsitzende des Schutzverbandes, Dr. Kurt Martens, Habsburgerstraße 3/3.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 66, Nr. 262, 25.5.1913, Morgenblatt, S. 3]. Daß Du keine Einladung erhieltst liegt nur daranAnspielung auf die Zensur; die öffentliche Aufführung von „Lulu“ (siehe oben) war am 26.5.1913 von der Münchner Polizeidirektion verboten worden [vgl. KSA 3/II, S. 1292]. daß das DinerWedekind notierte nach der geschlossenen „Lulu“-Aufführung im Künstlertheater (siehe oben) am 29.5.1913: „Banquet im Reginahotel.“ [Tb] Max Halbe war bei dem Diner im Regina Palast Hotel (Maximiliansplatz 5) [vgl. Adreßbuch für München 1913, Teil I, S. 511] nicht dabei, dafür aber anschließend mit Wedekind, Heinrich Michalski, Kurt Martens, Hans von Weber und Efraim Frisch in der Torggelstube, wie Wedekind ebenfalls am 29.5.1913 notierte: „T.St. Michalski Martens Weber Halbe Frisch“ [Tb]. gar nicht stattfand. Für diejenigen die voreilig einge|laden worden, war es jedenfalls eine große Enttäuschung. Man saß sehr unzeremoniel an getrennten Tischen und es wurde nicht ein einziges Wort gesprochen. Natürlich war die Absage die Folge der schlechten Auspizien geschäftlichen AuspizienAussichten. des Abends. Außerordentlich leid tut es mir aber daß Du infolge der geänderten Dispositionen nur einen Augenblick eine Unhöflichkeit von | seiten des/r/ Veranstalter für möglich halten konntest.

Gestern sprach ich mit Martens darüber, daß es höchste Zeit ist, daß der SchutzverbandWedekind wurde von der Ortsgruppe München des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller [vgl. Adreßbuch für München 1914, Teil III, S. 213], gegründet am 7.3.1913 [vgl. Schutzverband deutscher Schriftsteller e.V., Ortsgruppe München. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 66, Nr. 253, 20.5.1913, Morgenblatt. S. 3], in seinem Kampf gegen das Verbot der „Lulu“-Aufführung unterstützt (siehe oben). So hatte sie angesichts des Verbots auf ihrer Mitgliederversammlung am 27.5.1913 im Café Luitpold eine Resolution verabschiedet, die am 28.5.1913 in der „Münchener Zeitung“ [vgl. KSA 3/II, S. 1290] und in den „Münchner Neuesten Nachrichten“ (im Vorabendblatt einen Tag vordatiert) veröffentlicht wurde: „Der Schutzverband deutscher Schriftsteller (Ortsgruppe München) faßte gestern abend in einer Mitgliederversammlung nach einem Referat von Dr. Kurt Martens folgende Resolution: ‚Nach den neuesten Erfahrungen, die mit dem Zensurheirat gemacht wurden, ist es mit der Würde eines deutschen Schriftstellers künftig nicht mehr vereinbar, dem Münchener Zensurbeirat anzugehören.‘ Ferner wurde beschlossen, eine große Versammlung einzuberufen, in der über das Thema: ‚Kunst und Polizei – Münchner Zensurverhältnisse‘ gesprochen werden soll.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 66, Nr. 268, 29.5.1913, Vorabendblatt, S. 3], wenn der Kampf gegen den ZensurbeiratDer Münchner Zensurbeirat, vom Münchner Polizeipräsidenten Julius von der Heydte berufen, um seine „zensurpolitischen Entscheidungen durch den Rat der Gutachter zu legitimieren“ [Vinçon 2014, S. 213], konstituiert nach der ersten Besprechung des Gremiums am 20.3.1908 [vgl. Meyer 1982, S. 86], sprach sich wiederholt mehrheitlich gegen die Aufführung von Wedekinds Dramen aus [vgl. KSA 5/III, S. 776f.]; „Objekt und Opfer der Zensurverbote war regelmäßig Frank Wedekind.“ [Meyer 1982, S. 68] Wedekind hat den Kampf gegen den Zensurbeirat in seinem offenen Brief „Sieben Fragen“ [KSA 5/II, S. 426-427] an 12 Mitglieder des Münchner Zensurbeirats aufgenommen [vgl. Wedekind an Fritz Basil, an Otto Crusius, an Max von Gruber, an Georg Kerschensteiner, an Emil Kraepelin, an Richard Du Moulin-Eckart, an Franz Muncker, an Ernst von Possart, an Jocza Savits, an Anton von Stadler, an Emil Sulger-Gebing, an Karl Voll, 27.12.1911] und fortgeführt [vgl. Wedekind an Münchner Zensurbeirat, 3.8.1912], das Gremium in seinen Gedichten „Zensurbeirat“ [KSA 1/I, S. 587f.], geschrieben am 2.2.1911 und bald darauf veröffentlicht [vgl. KSA 1/II, S. 1906], sowie „Herr von der Heydte“ [KSA 1/I, S. 593f.], geschrieben am 30.12.1911, veröffentlicht 1912 [vgl. KSA 1/II, S. 1659], verspottet. Erfolg haben soll, Dir seinen Dank für Deinen spontanen AustrittMax Halbe, der dem Münchner Zensurbeirat seit dessen Gründung im Frühjahr 1908 angehörte, hatte am 1.12.1911 seinen Austritt erklärt [vgl. Meyer 1982, S. 87f.], durch einen Brief an den Münchner Polizeipräsidenten Julius von der Heydte, der in zahlreichen Zeitungen abgedruckt wurde [vgl. Meyer 1982, S. 253-256]. „Max Halbe hat an die Münchner Polizei Direktion folgenden Brief unterm 1. Dezember gerichtet: ‚Der kgl. Polizei-Direktion beehre ich mich mitzuteilen, daß ich mich von heute an nicht mehr als Mitglied des Zensur-Beirats zu betrachten bitte, da mir eine weitere Mitwirkung an dieser Institution in Anbetracht der verschärften prinzipiellen Gegensätze nicht mehr ersprießlich erscheint‘“ [Max Halbes Austritt aus dem Zensur-Beirat. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 64, Nr. 565, 3.12.1911, S. 3]. Für Max Halbe rückte am 15.3.1912 Thomas Mann nach [vgl. Meyer 1982, S. 88], der am 25.4.1913 für die Freigabe von „Lulu“ im Künstlertheater (siehe oben) stimmte [vgl. KSA 3/II, S. 1280] und am 26.5.1913 wieder aus dem Zensurbeirat austrat, zugleich auch aus dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller [vgl. KSA 3/II, S. 1290]. zu erstatten, mit dem Du diesen Kampf seinerzeit eröffnetest. Martens war durchaus meiner Ansicht und die Sache soll in nächster Sitzung zur Sprache gebracht | werden. Nochmals herzlichen Dank. Mit besten Grüßen und Empfehlungen

Dein
Frank Wedekind.


31.5.13.

Frank Wedekind schrieb am 4. Oktober 1913 in München folgenden Brief
an Max Halbe

Lieber Max!

Willst Du mir erlauben, Dir zu dem großen schönen einstimmigen ErfolgMax Halbes Historiendrama „Freiheit. Ein Schauspiel von 1812“ (1913) wurde am 27.9.1913 zugleich in Bremen (siehe unten) und München uraufgeführt – der Albert Langen Verlag hatte sein Erscheinen zur gleichzeitigen „Uraufführung in Bremen und München am 27. September“ angekündigt und beworben: „An einem großen Bühnenerfolge des Werkes ist nicht zu zweifeln.“ [Börsenblatt für den Deuten Buchhandel, Jg. 80, Nr. 215, 16.9.1913, S. 9322] Die „Uraufführung: ‚Freiheit‘ Ein Schauspiel von 1812 in 3 Akten von Max Halbe“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 66, Nr. 495, 27.9.1913, General-Anzeiger, S. 2] am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 565] war ein Erfolg: „Der Dichter der Jugend hat mit seinem vaterländischen Schauspiel am Samstag abend einen sehr schönen Erfolg davongetragen. [...] Mit dem starken Interesse und der beifallsfreudigen Aufnahme, die dem Schauspiel zuteil wurde, durfte der Dichter, der schon seit so langen Jahren in München heimisch geworden, wohl zufrieden sein.“ [Richard Elchinger: Freiheit. Ein Schauspiel von Max Halbe. Uraufführung im Schauspielhaus am 27. Septbr. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 66, Nr. 498, 29.9.1913, Morgenblatt, S. 1] „Max Halbes ‚Freiheit‘ [...] fand [...] gestern bei der Aufführung im Münchener Schauspielhaus starken Beifall, für den der Autor wiederholt danken konnte.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 42, Nr. 493, 28.9.1913, Morgen-Ausgabe, S. (3)] Die Rede war auch von einem „Achtungserfolg“ [Ein patriotisches Schauspiel Max Halbes. In: Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 457, 30.9.1913, Morgen-Ausgabe, S. 8]. Deines Dramas ,,Freiheit“, von dem ich von allen Seiten höre und lese und der in | Bremen noch überbotenDie Uraufführung am Bremer Schauspielhaus (Direktion: Johannes Wiegand, Eduard Ichon und Erwin Kühne) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 350] war ebenfalls ein Erfolg: „Unser Bremer Theaterreferent schreibt uns: Im Bremer Schauspielhaus am Neustadtswall brachte in einer Festvorstellung zur Jahrhundertfeier der Befreiungskriege Max Halbes dreiaktiges Schauspiel von 1812, ‚Freiheit‘, zur Uraufführung, gleichzeitig mit München (was wir hier schon berichteten). Die Uraufführung bedeutete für das Werk wie für die Darsteller einen vollen Erfolg. Besonders fanden der zweite und dritte Akt eine begeisterte Aufnahme.“ [F.K.: Uraufführung von Max Halbes Freiheit in Bremen. In: Hannoverscher Courier, Jg. 60, Nr. 30753, 30.9.1913, Morgen-Ausgabe, S. 10] „Max Halbes ‚Freiheit‘ hat [...] bei der Erstaufführung in Bremen starken Beifall geerntet.“ [Süddeutsche Zeitung, Nr. 16, 1.10.1913, 2. Blatt, S. (3)] Der Albert Langen Verlag zitierte in einer Werbeanzeige aus der Besprechung im „Berliner Lokal-Anzeiger“ vom 29.9.1913: „Im Bremer Schauspielhaus am neuen Stadtwald hatte das Werk großen Erfolg. Die sich unaufdringlich hindurchziehende nationale Gesinnung des Verfassers überbrückte die Zwiespältigkeit der Handlung, so daß das Publikum den Eindruck eines einheitlich geschlossenen Werkes gewann.“ [Simplicissimus, Jg. 18, Nr. 30, 20.10.1913, S. 491] wurde aufrichtige herzlichste Glückwünsche zu senden.

Mit der Bitte, Frau Luise meine ergebenste Empfehlung zu übermitteln und schönsten Grüßen Dein alter
Frank Wedekind.


München 4.10.13.


Max Halbe schrieb am 27. Januar 1914 in München
an Frank Wedekind

MAX HALBE


MÜNCHEN 27.1.14
WILHELMSTRASSE 2


Lieber Frank,

laß Dich von Herzen beglückwünschen zu Deinem „Simson“, nach meinem Gefühl eine Deiner stärksten und reifsten Arbeiten.
WirMax und Luise Halbe. haben die Premiere in BerlinWedekinds Versdrama „Simson oder Scham und Eifersucht“ (1914), vordatiert im Herbst 1913 im Georg Müller Verlag in München erschienen [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 80, Nr. 245, 21.10.1913, S. 10995], wurde am 24.1.1914 am Berliner Lessingtheater (Direktion: Victor Barnowsky) mit Friedrich Kayßler als Simson, Tilla Durieux als Delila und Alexander Rottmann als Og von Basan uraufgeführt – ohne Wedekind, der zwar am 11.1.1914 in Berlin eintraf [vgl. Tb], um die Regie zu führen, dann aber am 21.1.1914 nach Kompetenzstreitigkeiten mit dem Theaterdirektor von Berlin abreiste, da er kurzfristig die Rolle des Königs Og von Basan übernehmen sollte [vgl. Wedekind an Victor Barnowsky, 20.1.1914] – ein „Theaterskandal“ [KSA 7/II, S. 1331]. mitgemacht. Ich fand die Darstellung im ganzen ausgezeichnet. Die Aufnahme war sicher viel günstiger, als sie nach einem Teil der BlätterMax Halbe las am 25.1.1914 auf der Rückfahrt von Berlin Presseurteile über die „Simson“-Uraufführung (siehe oben), die breit erörtert worden ist [vgl. KSA 7/II, S. 1338-1350]: „Im Zuge lese ich die Kritiken über Wedekinds ‚Simson‘. B.T. preist ihn. Lok. A. verreißt ihn.“ [Tb Halbe] Er las die Besprechungen von Fritz Engel im „Berliner Tageblatt“ [vgl. KSA 7/II, S. 1338f.] und von „J.K.“ (d.i. Julius Keller) im „Berliner Lokal-Anzeiger“ [vgl. KSA 7/II, S. 1341f.]. | erscheinen könnte. Ich würde mich nicht wundern, wenn das Stück auch äußerlich sich zu einem Schlager entwickelte„Simson“ wurde zu Lebzeiten Wedekinds lediglich fünfmal inszeniert; eine am Münchner Schauspielhaus geplante Aufführung, bei der Friedrich Kayßler erneut die Titelrolle übernehmen sollte, wurde im Sommer 1914 von der Zensur verboten [vgl. KSA 7/II, S. 1331].. Es scheint mir einige Voraussetzungen dafür zu haben, wenigstens soweit Berlin und andere große Zentren in Frage kommen.

Mit herzlichen Grüßen
Dein Max

Max Halbe schrieb am 15. Mai 1914 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

[1. Briefentwurf:]


Lieber Frank,

Du wirst nun fünfzig Jahre alt. Es ist sehr hübsch, daß vor zwei Jahren auf Anordnung einer höheren/r/ Stellen die Feier des fünfzigsten Geburtstages deutscher Schriftsteller Dichter in den Hausgebrauch des deutschen Volkes aufgenommen worden ist. Sicher ist sicher, und sechzig oder gar siebzig alt zu werden, wird nur den Wenigsten/en/ +++ von uns beschieden sein. Auch weiß niemand, wie es er in zehn J oder zwanzig Jahren von den vor dem dann grade herrschenden Geschmack bestehen wird. Der Verbrauch an Richtungen, Strömungen und den verschiedenartigsten Ismen wächst von Tag zu Tag. mit großer Geschwindigkeit. Man tut gut, die Früchte an seinem/s/ Lebensbäumchens in seine Körbe zu füllen auch wenn sie noch ein bischen unreif sind, ehe sie der ehe der Hagel der Kritik +++ sie nicht ganz heruntergeschlägen/t/Schreibversehen (irrtümlich „ge“ nicht gestrichen), statt: herunterschlägt.. werden. So stellt sich jene Anordnung höherer Stellen, die den Beginn der offiziellen Erntezeit für uns Literaten vom sechzigsten auf das fünfzigste Jahr verlegt hat, als eine sehr weise Maßregel von hoher Weisheit dar, und gleicht eben jenen den Regungen im menschlichen Organismus vergleichbar, die man als automatischen Selbstschutz des Körpers bezeichnet, und kommt in der Folge wie auch denen zugute, für die er vielleicht gar nicht berechnet war. |

Ich sehe Dich bedeutungsvoll den Mund verziehen und weiß, daß wir uns verstehen.

Du wirst nun also fünfzig Jahre alt, und selbst Deine Feinde, deren du ja wohl einige Schock besitzen magst, selbst wenn man dreizehn davon auf’s Dutzend rechnet, werden Dir zugestehen, daß in diesen fünfzig Jahren so viel Mühe und Arbeit gewesen ist, wie bei manchem andern kaum in siebzig oder achtzig, nach dem bib/Bib/lischen Wort, das uns allen geläufig ist. Wir können Dich also getrost so behandeln als ob Du wirklich schon das Patriarchenalter erreicht hättest, und können ein bischen das Fazit Deines Lebens ziehen. Nur mußt du mir erlauben, daß ich es nicht planmäßig wie ein bestellter vereidigter Bücherrevisor tue. Ich möchte vielmehr nur so nebenbei ein paar Posten aus Deinem Lebenskonto herausgreifen, die dann als Probe auf’s Exempel eigentlich wieder die Richtigkeit der Gesamtrechnung ergeben bestätigen müßten. Diese selbst aber aufzustellen überlasse ich den dazu eingesetzten Beamten an den Großbanken der öffentlichen Meinung die man Zeitungen nennt. Es möchte sonst dieses Geburtstagsbriefchen leicht zu einem Feuilleton ausarten und hiezu langt erstens die Zeit nicht mehr und zweitens müssen wir mit unserer Arbeitskraft noch etwas notgedrungen haushalten, auch um auch für andere fünfzigste, sechzigste und siebzigste | Geburtstage noch etwas übrig zu haben behalten.

Du wirst also wirklich fünfzig Jahre alt. Vierundzwanzig davon habe ich die Freude (und manchmal auch den Ärger, doch davon sprechen wir heute nicht), Dich zu kennen. Als wir uns zum erstenmal gegenüber saßen befanden und im Feuer der Jugend Salutschüsse wechselten, hatte ich nach einer Stunde den Eindruck, es mit einem Menschen von ganz ungewöhnlicher und fast unglaubhafter Zielbewußtheit und inneren/er/ Geschlossenheit zu tun zu haben. Die deutsche Welt stand damals am Vormittag des großen naturalistischen Revolutionstages. Man bereitete rüstete sich grade zum entscheidenden Bastillensturm. Niemand von uns Jungen durfte beiseite stehen. Alle Kräfte wurden gebraucht. Denn der Feind war sehr stark. Viel stärker, als die heutige Jugend es ahnt. Das Thema des Tages sprang zwischen uns auf wie der Funke den Kontakt. Da sprachst Du Deine entgegengesetzte Meinung aus, stelltest Deinen eigenen Standpunkt, Deine persönliche Politik wider das Zeitgebot. Der Abend schloß mit offener Feindschaft und vielem Bier. Aber am nächsten Abend saßen wir wieder zusammen und der Wechselstrom der Kräfte, der Anziehungen und Abstoßungen, begann von neuem sein Spiel, mit der gleichen Wirkung wie Tags zuvor. So eine Reihe von Abenden. lang. Das Resultat war doch eine von eine Lebens-, Kampf- und Interessengemeinschaft, die auch in schlimmsten Jahren der Entfremdung | immer noch unauslöschlich in uns eingeschrieben blieb.

Zweierlei haftet mir bis heute von jenem Abend, beleuchtet vom ungewissen Kerzenflimmern, das um unsere heißen Köpfe irrlichterte. Das eine sagte ich schon: die innere Zielsicherheit, mit der Ich Du schon damals Dich und immer wieder Dich an das Ende aller Beweisreihen stelltest, die eine Genialität des Gehirns, des Intellekts, die in ihrer fast monomanischen Einseitigkeit oft etwas gradezu Verbohrtes, etwas unbedingt zum Widerspruch Reizendes und dann doch wieder Verblüffendes und manchmal Bezwingendes hatte.

Das Andere – Ibsen hätte es das „Liebenswürdige an Jakob Engstrand genannt – war ein gewisser jünglingshafter, beinahe noch gymnasiastischer Ueberschwang im ... wie soll ich sagen? ... im Freundschaftsgefühl. Er war es vor wohl vor allem, der uns zusammenführte und alle die Hemmungen, das Knirschen der beiden noch nicht mit einander abgepaßten Räderwerke überwinden half. Was uns beiden freilich damals der Schleier der Maja verbarg: daß es im Grunde nur ein Streit um Worte, um Formeln, um Ip I-Punkte zwischen uns war und daß der Naturalismus, den der eine meinte und den der andere schlug, nur ein Trugbild war, das sie beide narrte, und daß der Naturalist im Grunde ein Individualist war und der Individualist ein Naturalist, wenn auch in einem ganz anderen Sinne, als damals | die Schulauslegung des Wortes zulassen wollte.

Ich sehe Dich bedenklich die Stirn runzeln, denn das Wort Naturalist hat immer ein bischen wie ein rotes Tuch auf Dich gewirkt, und nun wird es Dir gar als ein freundliches Angebinde auf den Geburtstagstisch des halben Jahrhunderts gelegt. Aber vergiß nicht, daß auch Lenz und Wagner Büchner und der Goethe des Sturms und Drangs Naturalisten waren, wenn auch in der ganzen Weite und Erdenfülle des Wortes im Gegensatz zu der fast philologischen Enge und Spießbürgerlichkeit, in das man es hineinpressen wollte zu der Zeit, als wir beide mit heißen Köpfen beim Flackerlicht der Kerzen zum erstenmal darüber debattierten. Und darum hattest Du recht, als Du Dich mit Händen und Füßen dagegen wehrtest, aber auch ich hatte recht, denn ich meinte etwas ganz anderes damit, als was es grade im Augenblick bedeutete. Und die Hauptsache war, daß es nicht beim bloßen Debattieren blieb, sondern daß auch etwas getan wurde und daß etwas geschah.

Das ist nun vierundzwanzig Jahre her und das halbe Jahrhundert will sich Dir runden. Es hat sich sehr vieles in dieser Zeit zugetragen und gewandelt, und die Welt hat sich beinahe wieder einmal ungefähr eine halbe Drehung um sich selbst gedrehtmacht seitdem, denn sie befindet sich so ziemlich auf dem entgegengesetzten Ende d wie damals. Was damals unten | war, ist jetzt oben, und oben ist unten, aber da das Rad unaufhaltsam g weitergeht, so kann auß wird nach abermals einem Vierteljahrhundert unten vermutlich wieder oben sein. Du hast es Dir nicht leicht gemacht im Leben und Dich nicht sozusagen nicht mit anmutiger Leichtigkeit Lässigkeit gleichsam von selbst hinauftragen lassen. Du hast oft der Bewegung nach oben sogar eher Widerstand geleistet, vermöge jenes Characterzuges, den ich wie gesa – wie schon erwähnt – am ersten Abend unserer Lebensbeziehung an Dir zu entdecken glaubte, vermöge jener ideologischen Geschlossenheit, jener – verzeih das Wort! – fast monomanen Einseitigkeit, und die das gemeinsame Kennzeichen von Genie und Irrsinn ist, und hast doch vielleicht grade dadurch die Speichen des Rades, das Dich mehr als einmal zermalmen wollte, immer wieder unter Dich gezwungen.

Das Du stehst jetzt auf der Höhes des Rades, das sich dreht, und bist jetzt auch für diejenigen sichtbar, die immer erst Augen bekommen, wenn etwas verbrieft und besiegelt in den Zeitungen zu lesen ist, womit es dann, unserem Freunde Franz Blei zufolge, auch schon so gut wie begraben ist. Ich denke nicht wie Franz Blei und glaube nicht, daß der Erfolg der Anfang vom Ende ist. Aber ich gehöre auch nicht zu denen, die erst, wenn | der Erfolg Sieg schon in den Zeitungen steht, Hosianna rufen, nachdem sie eben erst zu kreuzigen versucht hatten. Ich weiß, daß ich Deinem Wesen und Wollen, Deinem Tiefsten und Eigensten schon nahegestanden habe und dafür eingetreten bin, als es noch nicht ganz so bequem war dies zu tun, wie es heute ist, und ich weiß auch, daß Du umgekehrt es genau ebenso mir gegenüber gehalten hast und es ganz besonders auch heute so hältst, wo es vielleicht gar nicht so besonders bequem ist, dies zu tun.

Das Bewußtsein muß zwischen uns beiden genügen. Es fließt aus dem andern Hauptwesenszuge, den ich an jenem ersten Abend beim flackernden Kerzenlicht an Dir zu entdecken glaubte, aus dem tief quellenden Freundschaftsdrang, der wenn mich nicht alles trügt, noch geheim in dem schon ein wenig ergrauenden Manne lebt, wie er einst mit Macht jünglingshaft, fast noch gymnasiastisch aus dem Zwanziger hervorbrach.

In diesem und jenem Sinne, als den Dichter, der sich selbst treu blieb, und als den Menschen, der dem andern treu blieb, trotz aller W Irrnisse und Wirrnisse, die sie entfremdeten und trennten, grüße ich Dich heute
als Dein Dir ebenso getreuer
Max Halbe


München am 15 Mai 1914Max Halbe hat den als Brief an Wedekind aufgesetzten Beitrag für das „Wedekindbuch“ (1914) überwiegend am 15.5.1914 geschrieben, abgeschlossen, ihn Eduard von Keyserling vorgelesen und spät abends noch Wedekind getroffen: „Den ganzen Tag am Wedekind-Artikel gesessen u. ihn abends auch glücklich beendigt. [...] bei Keyserling [...]. Ich lese ihm den W.-Aufsatz vor, der ihm sehr gut gefällt. [...] Den Abend mit Kutscher bei Michel beschlossen, wo wir Wedekind trafen.“ [Tb Halbe] Wedekind wurde der offene Brief erst am 24.6.1914 auf der vorgezogenen Feier zu seinem 50. Geburtstag im Bayerischen Hof in München bekannt, wo Max Halbe ihn vorlas: „Rede für das heute abend stattfindende Wedekind-Bankett etwa überdreht. [...] Kurzer Abendspaziergang. Dann Wedekind-Bankett im Bayer. Hof. Etwa 100 Personen. Meist Litteratur u. Theater. Ich saß neben dem Generalintend. von Frankenstein, sprach als zweiter zunächst für den Schutzverband gegen die Censur, dann zu eigenen Themen, indem ich den Brief an W. vortrug. Wedek. selbst sprach für die Schriftsteller“ [Tb Halbe].


[2. Typoskript:]


Lieber Frank!

Du wirst nun fünfzig Jahre alt. Es ist sehr hübsch, dass vor zwei Jahren auf Anordnung höherer Stellen die Feier des fünfzigsten Geburtstages deutscher Dichter in den Hausgebrauch des deutschen Volkes aufgenommen worden ist. Sicher ist sicher, und fünfsechzig oder gar siebzig alt zu werden, wird nur wenigen von uns beschieden sein. Auch weiss niemand, wie er in zehn oder zwanzig Jahren vor dem dann gerade herrschenden Geschmack bestehen wird. Der Verbrauch an Richtungen, Strömungen und den verschiedenartigsten Ismen wächst von Tag zu Tag. Man tut gut, die Früchte seines Lebensbäumchens in Körbe zu füllen, ehe der Hagel der Kritik sie ganz herunterschlägt. So stellt sich jene Anordnung höherer Stellen die den Beginn der offiziellen Erntezeit für uns Litteraten vom fünfsechzigsten auf das fünfzigste Jahr verbracht/legt/ hat, als eine Massregel von hoher Weisheit dar, der den Regu/Vorgä/ngen im menschlichen Organismus vergleichbar, die man als automatischen Selbstschutz des Körpers bezeichnet, und kommt in der Folge auch denen zugute, für die er vielleicht garnicht berechnet war.

Ich sehe Dich bedeutungsvoll den Mund verziehen und weiss, dass wir uns verstehen.

Du wirst nun also fünfzig Jahre alt, und selbst Deine Feinde, deren Du ja wohl einige Schock besitzen magst, selbst wenn man dreizehn davon aufs Dutzend rechnet, | werden Dir zugestehen, dass in diesen fünfzig Jahren so viel Mühe und Arbeit gewesen ist, wie bei manchem andern kaum in siebzig oder achtzig, nach dem biblischen Wort, das uns allen geläufig ist. Wir können Dich also getrost so behandeln als ob Du r wirklich schon das Patriarchenalter erreicht hättest, und können ein bischen das Fazit Deines Lebens ziehen. Nur musst Du mir erlauben, dass ich es nicht planmässig wie ein vereidigter Bücherrevisor tue. Ich möchte vielmehr nur so nebenbei ein paar Posten aus Deinem Lebenskonto herausgreifen, die dann als Porbe/Probe/ auf’s Exempel eigentlich wieder die Richtigkeit der Gesamtrechnung bestätigen müssten. Diese selbst aber aufzustellen überlasse ich den dazu eingesetzten Beamten an den Grossbanken der öffentlichen Meinung, die man Zeitungen nennt. Es möchte sonst dieses Geburtstagsbriefchen leicht zu einem Feuilleton ausarten und hiezu langt erstens die Zeit nicht mehr und zweitens müssen wir mit unserer Arbeitskraft notgedrungen haushalten, um auch für andere fünfzigste, sechzigste und siebzigste Geburtstage noch etwas übrig zu behalten.

Du wirst also wirklich fünfzig Jahre alt. Vierundzwanzig davon habe ich die Freude<masch> (und manchmal auch den Aerger, doch davon sprechen wir heute nicht), Dich zu kennen. Als wir uns zum erstenmal gegenüber befanden und im Feuer der Jugend Sab/l/utschüsse wechselten, hatte ich nach einer Stunde den Eindruck, es mit einem Menschen von ganz ungewöhnlicher und fast unglaubhaften/r/ SelbstbZielbewusstheit und innerer Geschlossenheit zu tun zu haben. Die deutsche Welt | stand damals am Vormittag des grossen naturalistischen Revolutionstages. Man rüstete sich gerade zum entscheidenden Bastillensturm. Niemand von uns Jungen durfte beiseite stehen. Alle Kräfte wurden gebraucht. Denn das/er/ Feuer/ind/ war sehr stark. Viel stärker, als die heutige Jugend es ahnt. Das Thema des Tages sprang zwischen uns auf wie der Funke den/am/ Kontakt. Da sprachst Du Deine entgegengesetzte Meinung aus, stelltest Deinen eigenen Standpunkt, Deine persönliche Politik wider das Zeitgebot. Der Abend schloss mit offener Feindschaft und vielem Bier. Aber am nächsten Abend sassen wir wieder zusammen und der Wechselstrom der Kräfte, der Anziehungen und Abstossungen, begann von neuem sein Spiel, mit der gleichen Wirkung wie Tags zuvor. So eine Reig/h/e von Abenden. Das Resultat war doch eine Lebens-, Kampf- und Interessengemeinschaft, die auch in schlimmsten Jahren der Entfremdung immer noch unauslöschlich in uns eingeschrieben blieb.

Zweierlei haftet mir bis heute von jenem Abend, beleuchtet von/m/ ungewissen Kerzenflimmern, das vor/um/ unseren heissen Köpfen irrlichterte. Das eine sagte ich schon: Die innere Zielsicherheit, mit der Du schon damals Dich und immer wieder Dich an das Ende aller b/B/eweisreichen stelltest, eine Genialität des Gehirns, des Intellekts, die in ihrer sonst fast monomanischen Einseitigkeit oft etwas geradezu Verbohrtes, etwas unbedingt zum Widerspruch Reizendes und dann doch wieder Verblüffendes und manchmal Bezwingendes hatte.

Das Andere – Ibsen hätte es das „Liebenswürdige an | Jakob Be/En/gstrand“ genannt – war ein gewisser, jünglingshafter, beinahe noch p/g/ymnasiastischer Ueberschwang im ... wie soll ich sagen? ... im Freundschaftsgefühl. Er war es wohl vor allem, der uns zusammenführte und alle die Hemmungen, das Knirschen der beiden noch nicht miteinander abgepassten Räderwerke erwidern/überwinden/ half. Was uns beiden freilich damals der Schleier der Maja verbarg: dass es im Grunde nur ein Streit um Worte, um Formeln, um I-Punkte zwischen uns war und dass der Naturalismus, den der eine meinte und den der andere schlug, nur ein Trugbild war, das sie beide narrte, und dass der Naturalist im Grunde ein Individualist war und der Individualist ein Naturalist, wenn auch in einem ganz anderen Sinne, der/als/ damals die Schulauslegung des Wortes zulassen wollte.

Ich sehe Dich bedenklich die Stirn runzeln, denn das Wort Naturalist hat immer ein bischen wie ein rotes Tuch auf Dich gewirkt, und nun wird es Dir gar als ein freundliches Angebinde auf den Geburtstagstisch des halben Jahrhunderts gelegt. Aber vergiss nicht, dass auch Lenz und Bücher/ner/ und der Goethe des Stroms/urms/ und Di/r/angs Naturalisten waren, wenn auch in der ganzen Weite und Erdenfülle des Wortes im Gegensatz zu der fast philologischen Enge und Spiessbürgerlichkeit, in das man es hineingi/pr/essen wollte, zu der Zeit als wir beide mit heissen Köpfen beim Flackerlicht der Kerzen zum erstenmal darüber debattierten. Und darum hattest Du recht, als Du Dich mit Händen und Füssen dagegen wehrtest, aber auch ich hatte recht, denn | ich meinte etwas ganz anderes damit, als was es grade im Augenblick bedeutete. Und die Hauptsache war, dass es nicht beim blossen Debattieren blieb, sondern dass auch etwas getan wurde und dass etwas geschah.

Das ist nun vierundzwanzig Jahre her und das halbe Jahrhundert will sich Dir runden. Es hat sich sehr vieles in dieser Zeit zugetragen und gewandelt und die Welt hat ungefähr eine halbe Drehung um sich selbst gemacht seitdem, denn sie befindet sich so ziemlich auf dem entgegengesetzten Ende wie damals. Was damals unten war, ist jetzt oben, und oben ist unten, aber da das Rad unaufhaltsam weiter geht, so wird nach abermals einem Vierteljahrhundert unten vermutlich dann wieder oben sein. Du hast es Dir nicht leicht gemacht im Leben und Dich nicht mit anmutiger Lust/äss/igkeit gleichsam von selbst hinauftragen lassen. Du hast oft der Bewegung nach oben sogar eher Widerstand geleistet, vermöge jenes Charakterzuges, den ich – wie schon erwähnt – am ersten Abend unserer Lebensbeziehung an Dir zu entdecken glaubte, vermöge jener ideologischer Geschlossenheit, jener – verzeih das Wort! – fast monomanen Einseitigkeit, die das gemeinsame Kennzeichen von Genie und Irrsinn ist, und hast doch vielleicht gerade dadurch die Speichen des Rades, das Dich mehr als einmal zermalmen wollte, immer wieder unter Dich gezwungen.

Du stehst jetzt auf der Höhe des Rades, das sich dreht, und bist jetzt auch für den/ie/jenigen sichtbar, die immer erst Augen bekommen, wenn etwas verbrieft und besiegelt in | den Zeitungen zu lesen ist, womit es dann, unserem Freunde Franz Blei zufolge, auch schon so gut wie begraben ist. Ich denke nicht wie Franz Blei und glaube nicht, dass der Erfolg der Anfang vom Ende ist. Aber ich gehöre auch nicht zu denen, die erst wenn der Sieg schon in den Zeitungen steht, Be/Ho/sianna rufen, nachdem sie eben erst zu Wennzü/Kreuzi/gen versucht hatten. Ich weiss, dass ich Deinem Wesen und Wollen, Deinem Tiefsten und Eigensten schon nahegestanden habe und dafür eingetreten bin, als es noch nicht ganz so bequem war dies zu tun, wie es heute ist, und ich weiss auch, dass Du umgekehrt es genau ebenso mir gegenüber gehalten hast und es ganz besonders auch heute so hältst, wo es vielleicht gar nicht so besonders bequem ist, dies zu tun.

Das/Dies/ Bewusstsein muss zwischen uns beiden genügen. Es fliesst aus dem A/a/ndern Hauptwesenszü/u/ge, den ich an jenem ersten Abend beim flackernden Kerzenlicht an Dir zu entdecken glaubte, aus dem tief quellenden Freundschaftsdrang, der, wenn mich nicht alles trügt, noch geheim in dem schon ein wenig ergrauenden Manne lebt, wie es/r/ einst mit Mark/cht/ jünglingss/h/aft, fast noch gymnasiastisch aus dem Zwanziger hervorbrach.

In diesem und jenem Sinne, als den Dichter, der sich selbst treu blieb, und als den Menschen, der dem andern treu blieb, trotz aller Do/Ir/rnisse und Wirrnisse, die sie entfremdeten und trennten, grüsse ich Dich heute
als Dein Dir ebenso getreuer
Max Halbe.


München, am 15. Mai 1914.


[3. Druck:]


Lieber Frank!

Du wirst nun fünfzig Jahre altWedekinds 50. Geburtstag am 24.7.1914 wurde am 24.6.1914 auf einer vorgezogenen Feier, dem „50 Geburtstagsbankett“ [Tb], im Hotel Bayerischer Hof in München (Promenadeplatz 19) begangen, wo ihm das von Joachim Friedenthal im Georg Müller Verlag in München herausgegebene „Wedekindbuch“ (1914) in einem ersten Exemplar als Ehrengabe überreicht wurde, in dem der vorliegende Brief gedruckt ist, den Max Halbe vorlas: „Als Freund Wedekinds las er [...] einen Brief an Wedekind vor, der in einer bei Georg Müller erscheinenden Wedekind-Publikation enthalten sein wird. Halbe schildert darin eingehend sein persönliches Verhältnis zu Wedekind, mit dem ihn seit 24 Jahren starke Freundschaft verbindet. [...] Dr. Friedenthal überreichte dem Dichter das erste Exemplar seines Wedekind gewidmeten Gedenkbuches“ [Vorfeier von Wedekinds 50. Geburtstag. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 321, 26.6.1914, Vorabendblatt, S. 3].. Es ist sehr hübsch, daß vor zwei Jahren auf Anordnung höherer StellenZusammenhang nicht ermittelt; möglicherweise ironische Anspielung auf die zahlreichen öffentlichen Würdigungen zu Gerhart Hauptmanns 50. Geburtstag am 15.11.1912. die Feier des fünfzigsten Geburtstages deutscher Dichter in den Hausgebrauch des deutschen Volkes aufgenommen worden ist. Sicher ist sicher, und sechzig oder gar siebzig alt zu werden, wird nur wenigen von uns beschieden sein. Auch weiß niemand, wie er in zehn oder zwanzig Jahren vor dem dann gerade herrschenden Geschmack bestehen wird. Der Verbrauch an Richtungen, Strömungen und den verschiedenartigsten Ismen wächst von Tag zu Tag. Man tut gut, die Früchte seines Lebensbäumchens in Körbe zu füllen, ehe der Hagel der Kritik sie ganz herunterschlägt. So stellt sich jene Anordnung höherer Stellen, die den Beginn der offiziellen Erntezeit für uns Literaten vom sechzigsten auf das fünfzigste Jahr verlegt hat, als eine Maßregel von hoher Weisheit dar, den Vorgängen im menschlichen Organismus vergleichbar, die man als automatischen SelbstschutzGifte könnten zu einem „automatischen Selbstschutz des Organismus“ [Zentralblatt für die gesamte innere Medizin und ihre Grenzgebiete (Kongresszentralblatt). Berlin 1913, S. 159] führen, also immunisieren. des Körpers bezeichnet, und kommt in der Folge auch denen zugute, für die er vielleicht gar nicht berechnet war.

Ich sehe Dich bedeutungsvoll den Mund verziehen und weiß, dass wir uns verstehen.

Du wirst nun also fünfzig Jahre alt, und selbst Deine Feinde, deren Du ja wohl einige SchockMaßeinheit für Stückmengen: 1 Schock = 5 Dutzend = 60 Stück. besitzen magst, selbst wenn man dreizehn davon aufs Dutzendhumoristisch gemeinte Übertreibung; ein Dutzend bezeichnet eine Stückzahl von 12, nicht 13. rechnet, werden Dir zugestehen, daß in diesen fünfzig Jahren so viel Mühe und Arbeit gewesen ist, wie bei manchem anderen kaum in siebzig oder achtzig, nach dem biblischen Wortvorangehend das Bibelzitat, ein geflügeltes Wort: „Psalm 90, 10 steht der oft citirte Vers: Unser Leben währet siebenzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und wenn es köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen.“ [Büchmann 1879, S. 14], das uns allen geläufig ist. Wir können Dich also getrost so behandeln als ob Du wirklich schon das Patriarchenalterein sehr hohes Alter; sprichwörtlich nach den biblischen Patriarchen im Alten Testament [vgl. 1. Mose 5, 3-32]. erreicht hättest, und können ein bißchen das Fazit Deines Lebens ziehen. Nur mußt Du mir erlauben, daß ich es nicht planmäßig wie ein vereidigter Bücherrevisor tue. Ich möchte vielmehr nur so nebenbei ein paar Posten aus Deinem Lebenskonto herausgreifen, die dann als Probe aufs Exempel eigentlich wieder die Richtigkeit der Gesamtrechnung bestätigen müßten. Diese selbst aber aufzustellen, überlasse ich den dazu eingesetzten Beamten an den Großbanken der öffentlichen Meinung, die man Zeitungen nennt. Es möchte sonst dieses Geburtstagsbriefchen leicht zu einem Feuilleton ausarten, und hierzu langt erstens die Zeit nicht mehr, und zweitens müssen wir mit unserer Arbeitskraft notgedrungen haushalten, um auch für andere fünfzigste, sechzigste und siebzigste Geburtstage noch etwas übrig zu behalten.

Du wirst also wirklich fünfzig Jahre alt. Vierundzwanzig davonvon 1914 zurückgerechnet Hinweis auf das Jahr 1890. Max Halbe hat Wedekind im Sommer 1890 in München kennengelernt, „im Münchner Regensommer 1890. Wedekind zählte sechsundzwanzig, ich etwa fünfundzwanzig.“ [Halbe 1935, S. 303] habe ich die Freude (und manchmal auch den Aerger, doch davon sprechen wir heute nicht), Dich zu kennen. Als wir uns zum erstenmal gegenüberbefanden und im Feuer der Jugend Salutschüsse wechselten, hatte ich nach einer Stunde den Eindruck, es mit einem Menschen von ganz ungewöhnlicher und fast unglaubhafter Zielbewußtheit und inneren Geschlossenheit zu tun zu haben. Die deutsche Welt stand damals am Vormittag des großen naturalistischen RevolutionstagesAnspielung auf um 1890 verbreitete Vorstellungen vom Naturalismus als einer literarischen Revolution, gebündelt etwa im Titel der einschlägigen Broschüre „Revolution der Literatur“ (1886) von Karl Bleibtreu.. Man rüstete sich gerade zum entscheidenden BastillensturmFortführung der Revolutionsmetapher für den Naturalismus (siehe oben) durch Bezug auf den Sturm auf die Bastille 1789 als Auftakt der Französischen Revolution.. Niemand von uns Jungen durfte beiseite stehen. Alle Kräfte wurden gebraucht. Denn der Feind war sehr stark. Viel stärker, als die heutige Jugend ahnt. Das Thema des Tages sprang zwischen uns auf wie der Funke am Kontakt. Da sprachst Du Deine entgegengesetzte Meinung aus, stelltest Deinen eigenen Standpunkt, Deine persönliche Politik wider das Zeitgebot. Der Abend schloß mit offener Feindschaft und vielem Bier. Aber am nächsten Abend saßen wir wieder zusammen, und der Wechselstrom der Kräfte, der Anziehungen und Abstoßungen, begann von neuem sein Spiel, mit der gleichen Wirkung wie tags zuvor. So eine Reihe von Abenden. Das Resultat war doch eine Lebens-, Kampf- und Interessengemeinschaft, die auch in schlimmsten Jahren der Entfremdung immer noch unauslöschlich in uns eingeschrieben blieb.

Zweierlei haftet mir bis heute von jenem Abend, beleuchtet vom ungewissen Kerzenflimmern, das um unsere heißen Köpfe irrlichterte. Das eine sagte ich schon: die innere Zielsicherheit, mit der Du schon damals Dich und immer wieder Dich an das Ende aller Beweisreihen stelltest, eine Genialität des Gehirns, des Intellekts, die in ihrer fast monomanischen Einseitigkeit oft etwas geradezu Verbohrtes, etwas unbedingt zum Widerspruch Reizendes und dann doch wieder etwas Verblüffendes und manchmal Bezwingendes hatte.

Das andere – Ibsen hätte es das „Liebenswürdige an Jakob EngstrandZitat aus Henrik Ibsens Drama „Gespenster“ (1. Akt): „Das ist das liebenswürdige an Jakob Engstrand, daß er so vollständig hülflos zu Einem kommt und sich selbst anklagt und seine Schwächen bekennt.“ [Henrik Ibsen: Gespenster. Ein Familiendrama in drei Akten. Deutsch von A. Zinck. Berlin 1890, S. 25]“ genannt – war ein gewisser jünglingshafter, beinahe noch gymnasiastischer UeberschwangMax Halbe war der Ansicht, dass Wedekind „in der Freundschaft ein ewiger Gymnasiast blieb“ [Halbe 1935, S. 324]. im ... wie soll ich sagen? ... im Freundschaftsgefühl. Er war es wohl vor allem, der uns zusammenführte und alle die Hemmungen, das Knirschen der beiden noch nicht miteinander abgepaßten Räderwerke überwinden half. Was uns beiden freilich damals der Schleier der MajaBild für Täuschung, Illusion und verhüllte Wahrheit aus der indischen Philosophie; Arthur Schopenhauer zufolge „ist der Schleier der Maja durchsichtig geworden“ [Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung. 6. Aufl. Bd. 1. Leipzig 1887, S. 441], ein Wedekind bereits durch Olga Plümacher vertrauter Gedanke, die ihm seinerzeit ihren Traum vom „Riß im Schleier der Maja“ [Olga Plümacher an Wedekind, 30.6.1884] erzählte. verbarg: daß es im Grunde nur ein Streit um Worte, um Formeln, um I-Punkte zwischen uns war, und daß der Naturalismus, den der eine meinte und den der andere schlug, nur ein Trugbild war, das sie beide narrte, und daß der Naturalist im Grunde ein Individualist war und der Individualist ein Naturalist, wenn auch in einem ganz anderen Sinne, als damals die Schulauslegung des Wortes zulassen wollte.

Ich sehe Dich bedenklich die Stirn runzeln, denn das Wort Naturalist hat immer ein bißchen wie ein rotes Tuch auf Dich gewirkt, und nun wird es Dir gar als ein freundliches Angebinde auf den Geburtstagstisch des halben Jahrhunderts gelegt. Aber vergiß nicht, daß auch Lenz und Büchner und der Goethe des Sturmes und DrangesSturm und Drang, in der Literaturgeschichte Bezeichnung für eine Gruppe von Schriftstellern der 1770er Jahre, zu denen der genannte J. M. R. Lenz, Heinrich Leopold Wagner (von Max Halbe im Briefentwurf genannt, dann gestrichen und durch Büchner ersetzt) und der junge Goethe gehörten, nicht aber Georg Büchner, der durch sein Prosafragment „Lenz“ aber in der Nachfolge des Sturm und Drang verortet wurde. Naturalisten waren, wenn auch in der ganzen Weite und Erdenfülle des Wortes, im Gegensatz zu der fast philologischen Enge und Spießbürgerlichkeit, in das man es hineinpressen wollte, zu der Zeit, als wir beide mit heißen Köpfen beim Flackerlicht der Kerzen zum erstenmal darüber debattierten. Und darum hattest Du recht, als Du Dich mit Händen und Füßen dagegen wehrtest, aber auch ich hatte recht, denn ich meinte etwas ganz anderes damit, als was es gerade im Augenblick bedeutete. Und die Hauptsache war, daß es nicht beim bloßen Debattieren blieb, sondern daß auch etwas getan wurde und daß etwas geschah.

Das ist nun vierundzwanzig Jahre her, und das halbe Jahrhundert will sich Dir runden. Es hat sich sehr vieles in dieser Zeit zugetragen und gewandelt, und die Welt hat ungefähr eine halbe Drehung um sich selbst gemacht seitdem, denn sie befindet sich so ziemlich auf dem entgegengesetzten Ende wie damals. Was damals unten war, ist jetzt oben, und oben ist unten, aber da das Rad unaufhaltsam weitergeht, so wird nach abermals einem Vierteljahrhundert unten vermutlich wieder oben sein. Du hast es Dir nicht leicht gemacht im Leben und Dich nicht mit anmutiger Lässigkeit gleichsam von selbst hinauftragen lassen. Du hast oft der Bewegung nach oben sogar eher Widerstand geleistet, vermöge jenes Charakterzuges, den ich – wie schon erwähnt – am ersten Abend unserer Lebensbeziehung an Dir zu entdecken glaubte, vermöge jener ideologischen Geschlossenheit, jener – verzeih das Wort! – fast monomanen Einseitigkeit, die das gemeinsame Kennzeichen von Genie und IrrsinnAnspielung auf ein zeitgenössisch populäres Deutungsmuster künstlerischer Produktivität (‚Genie und Wahnsinn‘), das auf die Rezeption von Cesare Lombrosos Buch „Genio e follia“ (1872) zurückgeht, 1887 in deutscher Übersetzung als „Genie und Irrsinn“ erschienen. ist, und hast doch vielleicht gerade dadurch die Speichen des Rades, das Dich mehr als einmal zermalmen wollte, immer wieder unter Dich gezwungen.

Du stehst jetzt auf der Höhe des Rades, das sich dreht, und bist jetzt auch für diejenigen sichtbar, die immer erst Augen bekommen, wenn etwas verbrieft und besiegelt in den Zeitungen zu lesen ist, womit es dann, unserem Freunde Franz Blei zufolge, auch schon so gut wie begraben ist. Ich denke nicht wie Franz Blei und glaube nicht, daß der Erfolg der Anfang vom Ende ist. Aber ich gehöre auch nicht zu denen, die erst, wenn der Sieg schon in den Zeitungen steht, Hosianna rufenAuftakt des Bibelzitats zum Einzug Jesu nach Jerusalem – das ‚Hosianna‘ [vgl. Matthäus 21,9] – zum Aufruf zur nachfolgenden Kreuzigung – ‚kreuziget ihn‘ [vgl. Matthäus 27,22-23; Johannes 19,6; Lukas 23,21] – in umgekehrter Reihenfolge imaginiert, den Schriftsteller als Christusfigur mit ihrer Leidensgeschichte ins Bild setzend., nachdem sie eben erst zu kreuzigen versucht hatten. Ich weiß, daß ich Deinem Wesen und Wollen, Deinem Tiefsten und Eigensten schon nahegestanden habe und dafür eingetreten bin, als es noch nicht ganz so bequem war, dies zu tun, wie es heute ist, und ich weiß auch, daß Du umgekehrt es genau ebenso mir gegenüber gehalten hast und es ganz besonders auch heute so hältst, wo es vielleicht gar nicht so besonders bequem ist, dies zu tun.

Dies Bewußtsein muß zwischen uns beiden genügen. Es fließt aus dem anderen Hauptwesenszuge, den ich an jenem ersten Abend beim flackernden Kerzenlicht an Dir zu entdecken glaubte, aus dem tief quellenden Freundschaftsdrang, der, wenn mich nicht alles trügt, noch geheim in dem schon ein wenig ergrauenden Manne lebt, wie er einst mit Macht jünglingshaft, fast noch gymnasiastisch, aus dem Zwanziger hervorbrach.

In diesem und in jenem Sinne, als den Dichter, der sich selbst treu blieb, und als den Menschen, der dem anderen treu blieb, trotz aller Irrnisse und Wirrnisse, die sie entfremdeten und trennten, grüße ich Dich heute
als Dein Dir ebenso getreuer
Max Halbe.

Frank Wedekind schrieb am 18. Juni 1914 in München
an Max Halbe

FRANK WEDEKIND BANKETTDas am 24.6.1914 von Wedekind notierte „50 Geburtstagsbankett“ [Tb] im Hotel Bayerischer Hof in München (Promenadeplatz 19) aus Anlass seines 50. Geburtstags am 24.7.1914 hatte ein kleinerer Freundeskreis organisiert, darunter Kurt Martens und Joachim Friedenthal, der dem Autor als Ehrengabe das „Wedekindbuch“ übereichte, nachdem schon eine Reihe Reden gehalten waren. Einer der Festredner war Max Halbe: „Halbe sprach als Vorsitzender des Schutzverbandes, forderte geschlossene Abwehr gegen den rückständigen, finsteren Geist der bayerischen Zensur und betonte sein enges persönliches Verhältnis zu dem Jubilar.“ [Kutscher 3, S. 177] Max Halbe notierte am 24.6.1914 zu der vorgezogenen Feier und seinem offenen Geburtstagsbrief [vgl. Max Halbe an Wedekind, 15.5.1914]: „Rede für das heute abend stattfindende Wedekind-Bankett etwa überdreht. [...] Kurzer Abendspaziergang. Dann Wedekind-Bankett im Bayer. Hof. Etwa 100 Personen. Meist Litteratur u. Theater. Ich saß neben dem Generalintend. von Frankenstein, sprach als zweiter zunächst für den Schutzverband gegen die Censur, dann zu eigenen Themen, indem ich den Brief an W. vortrug. Wedek. selbst sprach für die Schriftsteller“ [Tb Halbe]. Erhalten ist ein Foto, auf dem von den rund 120 Gästen über 40 Personen zu sehen sind (ein „Festessen zu Frank Wedekinds 50. Geburtstag im Bayerischen Hof“ betitelter Abzug befindet sich im Thomas-Mann-Archiv der ETH-Bibliothek Zürich [Signatur: TMA_0055, online zugänglich: https://tma.e-pics.ethz.ch/catalog/ETHBIB.TMA/r/798/viewmode=previewview/qsr=Wedekind], darauf Max Halbe, der zwischen Clemens von Franckenstein und Joachim Friedenthal sitzt; links neben Joachim Friedenthal sitzt Tilly Wedekind, dann Frank Wedekind, dann Gertrud Eysoldt, hinter ihr halb verdeckt Thomas Mann).
im Hotel Bayerischer Hof
München / am Mittwoch den 24. Juni 1914

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Verschiedene Vorspeisen

Mock-turtle-Suppeunechte Schildkrötensuppe (statt Schildkrötenfleisch in der Regel Verwendung von Kalbfleisch).

Plattensee-FogasZander aus dem Plattensee (Balaton) in Ungarn. in Butter gebraten

Rehbraten auf Hubertus-ArtZubereitung mit Pilzen und Zwiebeln.

Königin-Charlotteüppige Süßspeise in zylindrischer Form (außen Biskuit, innen eine Creme), angeblich nach der englischen Königin Charlotte, Gemahlin Georgs III., benannt.

Feinbäckereien


Herr Dr. Max Halbe

Frank Wedekind schrieb am 11. September 1914 in München folgenden Brief
an Max Halbe

München, den 11. September 1914Wedekind notierte am 11.9.1914: „Brief an Halbe wegen Schutzverband.“ [Tb] Demzufolge geht es im vorliegenden Brief um den Schutzverband Deutscher Schriftsteller, Ortsgruppe München, betreffende Angelegenheiten, die Verpfändung von Verlagsrechten an Wedekinds Werk (siehe unten). Max Halbe war seinerzeit „Vorsitzender des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller in München“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 321, 26.6.1914, Vorabendblatt, S. 3] Die Ortsgruppe hatte sich zuletzt am 8.9.1914 getroffen: „Der Schutzverband Deutscher Schriftsteller veranstaltete Dienstag abend im kleinen Saal des Café Luitpold eine Versammlung mit der Tagesordnung ‚Der Krieg und die Schriftsteller‘. Dr. Max Halbe eröffnete die Sitzung, indem er darauf hinwies, wie groß jetzt schon die Notlage der deutschen Schriftsteller dadurch geworden sei, daß man gleich zu Anfang des Krieges der veralteten wirtschaftlichen Weisheit gefolgt sei, sofort alles auf das Notwendigste zurückzuschrauben.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 463, 10.9.1914, Vorabendblatt, S. 3] Max Halbe notierte am 8.9.1914: „Abends Sitzung Schutzverband“ [Tb Halbe], den Tag darauf: „Die gestrige Sitzung des Schutzverbandes brachte in ihrem Vorspiel eine neue Stänkerei des Herrn Fred oder eigentlich [...] Wedekinds gegen mich. Ich parierte so gut es ging u. die Granate krepierte ohne zu zünden. Ich leitete die Sitzung. Es wurden Maßregeln gegen die Kriegsnot besprochen.“ [Tb Halbe, 9.9.1914].


Lieber Max!

Vor zehn Tagen, Mittwoch den 2. September erhielt ich von meinem Verleger eine schriftliche Aufforderungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Georg Müller an Wedekind, 1.9.1914. Wedekind notierte am 2.9.1914: „Brief von Müller wegen Verpfändung seiner Verlagsrechte. Tilly liest ihn mir vor.“ [Tb] Der Georg Müller Verlag hatte von Anfang an mit einer zu dünnen Kapitaldecke gearbeitet, war gezwungen gewesen, Teilhaber aufzunehmen (so im Sommer 1913 Arthur Kauffmann), und hatte zu Kriegsbeginn 1914 aufgrund der schlagartig veränderten Lage auf dem Buchmarkt Absatzprobleme. Die am 2.9.1914 erhaltene Nachricht von der Verpfändung der Verlagsrechte setzten Wedekind in Aufruhr, wie sein Tagebuch dokumentiert; er suchte gleich am 3.4.1914 Rat bei dem ihm vertrauten Rechtsanwalt Wilhelm Rosenthal („Unterredung mit Dr. Rosenthal wegen Verpfändung“), hatte am 4.9.1914 eine Unterredung mit seinem Verleger und dessen Teilhaber („Unterredung mit Müller und Dr. Kaufmann wegen Verpfändung“), besprach sich am 5.9.1914 mit dem Rechtsanwalt Max Bernstein („Unterredung mit Dr. Bernstein wegen Verpfändung“), was am 7.9.1914 zu einer Lösung führte („Unterredung mit Dr. Bernstein. Abschluß des Verpfändungsvertrages mit Müller“). zu geschäftlichen Zugeständnissen, die ihm die Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber anderen Autoren erleichtern sollte. Ich beschloß die Sache mit dem Rechtsanwalt zu besprechen und kam mit diesen Gedanken im Kopf in Deine GesellschaftWedekind notierte am 2.9.1914 seinen Besuch in der Torggelstube (Platzl 8), wo er auf Max Halbe sowie auf Wilhelm Hegeler, Hanns von Gumppenberg, Erich Mühsam und Joachim Friedenthal traf: „T.St. mit Halbe Hegeler Gumppenberg Mühsam Friedenthal“ [Tb]. In der Runde dabei waren auch Carl Georg von Maassen, Jodocus Schmitz und Carl Rößler, wie Erich Mühsam am 3.9.1914 über diesen Abend notierte: „Ich [...] ging in die Torggelsstube, wo ich große Gesellschaft vorfand: Halbe, Wedekind (mit dem unvermeidlichen Joachim Friedenthal), v. Gumppenberg, v. Maaßen, Schmitz, Rößler und Wilhelm Hegeler [...]. Es ging hin und her über den Krieg, und ich geriet mit Halbe in einen heftigen Disput, der zeitweilig beiderseits scharfe Formen annahm. [...] Wedekind hatte in der Torggelstube nur einmal in meinen Streit mit Halbe eingegriffen. Er sagte: ‚Vergessen wir doch nicht, daß die Mühsams in Frankreich unsre Hoffnung sind.‘“ [Tb Mühsam] Max Halbe notierte über diesen Abend: „Wir saßen in der Torggelst. Es gab heftige Diskussion mit Mühsam.“ [Tb Halbe, 3.9.1914] in die Torggelstube. Dort hörte ich | Andeutungenwohl Andeutungen auf Verpfändung der Verlagsrechte von Wedekinds Werk im Georg Müller Verlag (siehe oben), eine den Schutzverband Deutscher Schriftsteller (siehe oben) tangierende Angelegenheit. über Verlegerangelegenheiten deren Sinn ich offenbar mißverstand oder zu schwer einschätzte. Diese Andeutungen brachte ich tags daraufWedekind notierte am 3.9.1914 sein Gespräch mit dem Rechtsanwalt Wilhelm Rosenthal: „Unterredung mit Dr. Rosenthal wegen Verpfändung.“ [Tb] Es ging um Verpfändung der Verlagsrechte von Wedekinds Werk im Georg Müller Verlag (siehe oben). in meiner geschäftlichen Unterredung mit dem Rechtsanwalt naturgemäß zur Sprache ohne noch zu wissen, daß der Rechtsanwalt zugleich der Vertreter meines Verlegers war. Auf seine dringende Bitte gestattete ich dem Anwalt, seinem Klienten von den Andeutungen, die ich am Abend vorher gehört, Mittheilung zu machen, und zu meinem großen Bedauern wandte sich der Verleger sofort schriftlich an DichGeorg Müllers Brief an Max Halbe ist nicht überliefert., ohne sich vorher durch ein | Wort mit mir darüber verständigt zu haben. Es war mir sofort klar, daß Dich diese Vorgänge nicht angenehm berühren konnten und daß ich in einem unvorteilhaften Lichte dabei erscheinen mußte. Dabei waren aber die zu Gunsten anderer Autoren von mir erbetenen Zugeständnisse von so schwerwiegender ernster Natur, daß von Indiskretion oder gar DenuntiationSchreibversehen, statt: Denunziation. in dieser Sache schwerlich die Rede sein kann. Ich hätte dir alles das vorher mitgeteilt, wenn nicht die Verhandlungen, die die ernsteste Überlegung von mir verlangten | mich beinahe acht Tage in Anspruch genommen hätten und wenn mich nicht der Verleger im Interesse seines Geschäftes ausdrücklich gebetenWedekinds Verleger Georg Müller dürfte seinen Autor wohl am 4.9.1914 um Vertraulichkeit gebeten haben: „Unterredung mit Müller“ [Tb]. hätte, die Sache vertraulich zu behandeln. Wäre die andere Sache von seiner Seite gleichfalls vertraulich behandelt worden, dann wäre jede Unannehmlichkeit ausgeschlossen gewesen.

Darf ich Dich bitten, lieber Max, an die Aufrichtigkeit dieser Darlegung, deren Beweise Dir zur Verfügung stehen, zu glauben und mir nicht länger zu zürnen.

In alter Freundschaft
Dein
Frank Wedekind.


Max Halbe und Luise Halbe schrieben am 8. Januar 1915 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 6.2.1915 aus München:]


Darf ich Dich und Deine verehrte Frau Luise bitten, für die freundlichen Äußerungen Eurer Theilnahme während meiner Krankheit aufrichtigen herzlichsten Dank entgegenzunehmen.


Frank Wedekind schrieb am 6. Februar 1915 in München folgenden Brief
an Max Halbe

München, 6. Februar 1915.


Lieber Max!
Darf ich Dich und Deine verehrte Frau Luise bitten, für die freundlichen Äußerungen Eurer TheilnahmeHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe, Luise Halbe an Wedekind, 8.1.1915. während meiner KrankheitWedekind war am 29.12.1914 wegen akuter Blinddarmbeschwerden operiert worden: „Werde mit dem Sanitätswagen in die Klinik gebracht und operiert.“ [Tb] Die Operation erfolgte in der Chirurgischen Privatheilanstalt (Werneckstraße 16) von Dr. med. Friedrich Scanzoni von Lichtenfels, Spezialarzt für Chirurgie [vgl. Adreßbuch für München 1915, Teil I, S. 590]. Wedekind war am 9.1.1915 aus der Klinik entlassen worden (siehe unten). aufrichtigen herzlichsten Dank entgegenzunehmen. Besonders danke ich Dir noch für Deinen freundlichen Besuch in der KlinikWedekind notierte am 9.1.1915: „Halbe meldet sich an und besucht mich. Mit dem Sanitätswagen nach Hause gebracht.“ [Tb] Max Halbe notierte am 9.1.1915: „Geg. Mittag heute Wedekind besucht, der in der Skanzonischen Klinik liegt Er wurde vor ca. 1½ Wochen operiert, Blinddarm, wie es heißt, ist auf dem Wege der Besserung, sieht aber noch recht schmal und mit seinem Backen- und Vollbart ziemlich fremd aus. Ich berichte ihm von der Außenwelt.“ [Tb Halbe]. Willst Du mir erlauben, Dich zugleich zu dem Verlauf | des Prozesses mit FredDer Prozess, den der Schriftsteller W. Fred (Alfred Wechsler) gegen Max Halbe wegen Beleidigung – „mit Fred [...] Halbeskandal erörtert“ [Tb], notierte Wedekind am 22.11.1914 – angestrengt hatte, fand am 26.1.1915 vor dem Amtsgericht Au in München unter Vorsitz des Richters Wilhelm Mayer statt, wie Max Halbe, der zur Zahlung einer Geldstrafe von 50 Mark verurteilt wurde, notierte: „Fred-Prozeß! Früh heraus [...] zum Amtsgericht in der Au. Zuhörerkreis fast lauter Bekannte. Mayer ist Vorsitzender [...]. Mayer steht sichtlich auf Seiten Freds, wie mir schon neulich bei dem Vor-Termin klar wurde. Fred u. ich geraten [...] scharf aneinander. [...] Mittagspause mit größerem Kreis [...]. Dann Wiederaufnahme mit den Plaidoyers. Bernstein spricht glänzend gegen Fred. [...] Ich [...] zu 50 M. [...] Strafe verurteilt.“ [Tb Halbe] Erich Mühsam, unter den Prozessbesuchern, skizzierte das Geschehen: „Halbe wurde, weil er vor 2 Menschen Freds Weigerung, über seiner Wohnung ein Lazarett einrichten zu lassen, als unsozial bezeichnet hatte, oder vielmehr, weil einer von den beiden Zuhörern, der dreckige Reporter Friedenthal, die Aeußerung Fred hinterbracht hatte, zu 50 Mk Geldstrafe verurteilt.“ [Tb Mühsam, 28.1.1915] Das Urteil wurde am 20.3.1915 in zweiter Instanz bestätigt. Wedekind notierte dazu am 20.3.1915: „Café Odeon mit Fred und Lux Halbeprozeß wird besprochen.“ [Tb] Dem ersten Prozess vom 26.1.1915 waren Rücktritte im Vorstand der Münchner Ortsgruppe des Schutzverbands Deutscher Schriftsteller vorangegangen, auf der Sitzung 8.12.1914, wie der Vorsitzende Max Halbe notierte: „Die gestrige Sitzung des Schutzverbandes: es hat großes Tohuwabohu gegeben, Fred u. Genossen sind vom Vorstand zurückgetreten, weitere Entscheidung ist vertagt.“ [Tb Halbe, 9.12.1914] Neben W. Fred traten Eugen Albu, Joseph August Lux und Eva von Baudissin zurück, wie Erich Mühsam festhielt: „Gestern abend war Schutzverbandsversammlung und mal wieder eine Vorstandskrise zu erledigen, da Fred, Lux, Albu und die Gräfin Baudissin ihre Ämter niedergelegt haben. Es handelt sich, soviel ich weiß, um einen albern privaten Stank, der schon zu drei Privatklagen geführt hat: Fred ctr. Halbe, Friedenthal ctr. Fred und Albu ctr. Lux.“ [Tb Mühsam, 9.12.1914] zu beglückwünschen. Nach allem was ich von Dr. Martens und Dr. FriedenthalKurt Martens und Joachim Friedenthal hatten Wedekind dem Tagebuch zufolge am 30.1.1915 („Friedenthal kommt zum Thee“) und am 3.2.1915 („Martens zum Thee“) zu Hause besucht. Joachim Friedenthal war persönlich in die Auseinandersetzung zwischen Max Halbe und W. Fred verwickelt (siehe oben). hörte, bedeutet die Angelegenheit einen unbedingten großen moralischen Sieg für Dich. Darüber habe ich mich von Herzen gefreut.

Seit einigen TagenWedekind hatte am 28.1.1915 erstmals wieder das Haus verlassen: „Erster Spaziergang mit Tilly zur Villa Stuck.“ [Tb] gehe ich wieder an die Luft und hoffe nun auch bald wieder einmal einen vergnügten Abend mit DirWedekind verbrachte erstmals wieder bei einem Besuch des Künstlerstammtischs Das junge Krokodil im Münchner Ratskeller am 1.3.1915 einen Abend mit Max Halbe – zusammen mit Artur Kutscher, Erich Mühsam und Karl Henckell: „Krokodil Kutscher Halbe Mühsam Henckel“ [Tb]. verbringen zu können.

Mit herzlichen Grüßen
Dein alter
Frank Wedekind.

Max Halbe schrieb am 12. September 1915 in Lenzburg folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Bildpostkarte an Kurt Martens vom 14.9.1915 aus Lenzburg:]


Auf Oktober hoffe ich wieder in München zu sein und an Halbes Geburtstagsfeier teilzunehmen.

Max Halbe und Luise Halbe schrieben am 27. März 1916 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 2.4.1916 aus München:]


Dich und Deine verehrte Gattin bitte ich für den [...] Ausdruck Eurer Theilnahme [...] Dank entgegenzunehmen.

Frank Wedekind schrieb am 2. April 1916 in München folgenden Brief
an Max Halbe

München 2. April 1916.


Lieber Max!

Dich und Deine verehrte Gattin bitte ich für den freundlichen Ausdruck Eurer TheilnahmeHinweis auf ein nicht überliefertes Kondolenzschreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe, Luise Halbe an Wedekind, 27.3.1916. – Die Beileidsbekundung bezieht sich auf den Tod von Frank Wedekinds Mutter Emilie Wedekind (geb. Kammerer), die am 25.3.1916 in Lenzburg gestorben ist. In der „Neuen Zürcher Zeitung“ erschien eine Todesanzeige: „Lenzburg, den 25. März 1916. Todes-Anzeige. Freunden und Bekannten machen wir hiemit die schmerzliche Mitteilung, dass unsere liebe Mutter Frau Dr. Emilie Wedekind nach standhaft ertragenem Leiden im Alter von 76 Jahren heute morgen sanft entschlafen ist. Wir bitten, der teuren Heimgegangenen ein stilles Andenken zu bewahren und Kondolenzbesuche und Blumenspenden zu unterlassen. Dr. Armin Wedekind und Familie, Zürich. Frank Wedekind und Familie, München. Wilhelm Wedekind und Familie, Johannesburg. Erika Oschwald-Wedekind und Familie, Dresden. Emilie und Eugène Perré, Paris.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 137, Nr. 482, 27.3.1916, 1. Morgenblatt, S. (4)] aufrichtigen herzlichen Dank entgegenzunehmen.

Mit besten Grüßen
Dein alter
Frank Wedekind.

Max Halbe und Luise Halbe schrieben am 23. Juli 1916 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Max Halbe vom 28.7.1916 aus München:]


Dir und Deiner verehrten Frau herzlichsten Dank für Eure freundlichen Glückwünsche.


Frank Wedekind schrieb am 28. Juli 1916 in München folgenden Brief
an Max Halbe

München 28 Juli 1916.


Lieber Max!

Dir und Deiner verehrten Frau herzlichsten Dank für Eure freundlichen GlückwünscheHinweis auf ein nicht überliefertes Glückwunschschreiben zu Wedekinds 52. Geburtstag (am 24.7.1916); erschlossenes Korrespondenzstück: Max Halbe, Luise Halbe an Wedekind, 23.7.1916.. Mit großer Freude höre ich, daß Deine beiden SöhneRobert Wolfgang Halbe (25 Jahre alt) und Max Valdemar Halbe (20 Jahre alt), die von ihrem Einsatz an der Front offenbar Heimaturlaub in Aussicht hatten; zum jüngeren Sohn notierte sein Vater am 25.7.1916: „Zuhause. Zu Ehren von Max, der morgen nach Fürth zurück muß, ein Glas Sekt mit Pfirsich.“ [Tb Halbe] Beide Söhne hatten sich zu Kriegsbeginn freiwillig gemeldet, wie Max Halbe am 16.8.1914 festgehalten hat: „Robert und Max haben sich heute morgen beim 1. Feldartillerieregiment als Kriegsfreiwillige gestellt, sind beide genommen worden.“ [Tb Halbe] den Kriegsgefahren zur Zeit wenigstens nicht mehr | ausgesetzt sind. Beide haben die großen Erlebnisse, die Stärkung von Willen und Selbstgefühl in sich aufnehmen können, ohne schweren Schaden davonzutragen. Zu dieser glücklichen Fügung bitte ich Dich und Frau Luise, meine Glückwünsche entgegen zu nehmen.

Mit besten Empfehlungen und Grüßen von meiner Frau und mir
Dein alter
Frank


Frank Wedekind schrieb am 26. Januar 1918 in München folgenden Brief
an Max Halbe

München den 26. Januar 1918.


Herrn Dr. Max Halbe
Präsident des „Münchner Bühnenklubs
München.


Mein lieber Max!

Mit großer Freude erfüllt es mich, daß der Vorstand des Münchner Bühnenklubs1916 gegründeter Verein, dessen Präsident vor Max Halbe der Schauspieler August Weigert war (Klubheim: Kanalstraße 42) [vgl. Adreßbuch für München 1917, Teil III, S. 173]. Wedekind war Mitglied [vgl. Wedekind an Münchner Bühnenklub, 14.8.1916] und hielt im Münchner Bühnenklub am 10.2.1918 um 17 Uhr eine seine letzten Lesungen: „5 Uhr liest Frank Wedekind im Bühnenklub, Kanalstraße 42, Szenen aus ‚Bismarck‘.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 71, Nr. 74, 10.2.1918, S. 3] mich in die Kunstkommission ge|wählt hat, eine Ehre, die ich gerne annehme. Darf ich Dich ersuchen, den verehrten Herren meinen verbindlichen Dank auszusprechen. Zu der auf Montagder 28.1.1918, an dem Max Halbe notierte: „Lange Sitzung“ [Tb Halbe]. anberaumten Sitzung werde ich mich pünktlich einfinden.

Erlaube mir zugleich, Dir meine Freude darüber auszusprechen, daß Du das PräsidiumMax Halbe war vier Tage zuvor zum Präsidenten des Münchner Bühnenklubs (siehe oben) gewählt worden – in der Sitzung vom 22.1.1918, zu der er lapidar „Bühnenklub“ [Tb Halbe] notierte und den Tag darauf festhielt: „Bin gest. sehr gegen meinen Willen zum Präsidenten des Bühnen-Klubs einstimmig gewählt worden.“ [Tb Halbe, 23.1.1918] | unseres Klubs übernommen hast. Das wird sicherlich zum Gedeihen unseres Unternehmens beitragen.

Mit schönsten Grüßen
Dein alter
Frank Wedekind.