Briefwechsel

von Paul Block und Frank Wedekind

Paul Block schrieb am 24. November 1911 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Paul Block vom 25.11.1911 aus München:]


[…] empfangen Sie meinen herzlichen Dank dafür daß Sie mich vor die ehrenvolle Aufgabe stellen, eine Weihnachtsdichtung für das B. T. zu schreiben.

Frank Wedekind schrieb am 25. November 1911 in München folgenden Brief
an Paul Block

Sehr verehrter Herr BlockPaul Block, Journalist und Schriftsteller in Berlin (Nollendorfstraße 31/32) [vgl. Berliner Adreßbuch 1912, Teil I, S. 241], seit 1899 für das „Berliner Tageblatt“ tätig, die letzten Jahre als Korrespondent in Paris, hatte unlängst beim „Berliner Tageblatt“ (Chefredakteur: Theodor Wolff) die Leitung des Feuilletons übernommen: „In unserer Feuilletonredaktion tritt mit Beginn der neuen Woche ein Wechsel ein. Paul Block, der seit fast fünf Jahren Korrespondent des ‚Berliner Tageblatts‘ in Paris war, übernimmt wieder das Amt des leitenden Feuilletonredakteurs. das er bereits früher verwaltet hatte.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 40, Nr. 513, 8.10.1911, Morgen-Ausgabe, S. (2)].!

Sehr wohl erinnere ich mich, wie ich im Winter 1895 und 96 zu IhnenWedekind suchte seinerzeit in Berlin – er traf beim ersten Besuch am 20.1.1895 in Berlin ein [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 169], bei zweiten Besuch war er spätestens Mitte Dezember 1896 in der Stadt [vgl. Wedekind an Ludwig Fulda, 11.12.1896] – Paul Block auf, der damals Dramaturg und Sekretär am Neuen Theater sowie zugleich am Residenztheater (Direktion beider Bühnen: Sigmund Lautenburg) in Berlin war [vgl. Neuer Theater-Almanach 1895, S. 283; Neuer Theater-Almanach 1896, S. 259; Neuer Theater-Almanach 1897, S. 265]. Paul Block erinnerte sich 1914: „Es werden siebzehn oder achtzehn Jahre her sein, da sah ich Wedekind zum ersten Male im Bureau des Berliner Neuen Theaters.“ [Friedenthal 1914, S. 151] ins Neue Theater kam und wie Sie mir rieten: Wenn Sie an die Bühne gelangen wollen, dann schreiben Sie doch einen Einakter, der ist am raschesten untergebracht. Ich schrieb meinen KammersängerWedekind schrieb seinen Einakter „Der Kammersänger“ (zunächst unter dem Titel „Das Gastspiel“) September bis Mitte Oktober 1897 [vgl. KSA 4, S. 323]. und erreichte damit meine erste Berliner Aufführungdie Uraufführung des von Martin Zickel inszenierten Einakters „Der Kammersänger“ am 10.12.1899 im Rahmen der Eröffnungsmatinee der Sezessionsbühne am Neuen Theater in Berlin; sie fand bei Publikum und Kritik eine positive Resonanz [vgl. KSA 4, S. 392]. Es war das erste Mal, dass ein Stück Wedekinds auf einer Berliner Bühne zu sehen war.. Schon hundert mal habe ich erzählt, wie zutreffend Sie mir damals rieten und werde das auch sicherlich nie vergessen.

Und nun empfangen Sie meinen herzlichen DankHinweis auf eine nicht überlieferte Anfrage; erschlossenes Korrespondenzstück: Paul Block an Wedekind, 24.11.1911 dafür daß Sie mich i vor die ehrenvolle Aug/f/gabe stellen, einer Weihnachtsdichtung für das B. T.Wedekind schrieb einen Beitrag zur Umfrage „Unsere Schriftsteller bei der Arbeit“ [KSA 5/II, S. 425f.], der in der Weihnachts-Ausgabe des „Berliner Tageblatt“ erschien [vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 40, Nr. 654, 24.12.1911, Morgen-Ausgabe, 4. Beiblatt, S. (2)], „als vorletzter Beitrag der in alphabetischer Reihenfolge abgedruckten Beiträge“ [KSA 5/III, S. 820], insgesamt 45 Texte (jeweils mit der faksimilierten Unterschrift der Autoren und Autorinnen versehen), vorangestellt eine redaktionelle Einleitung, in der es heißt: „Wir haben an die deutschen Schriftsteller die Anfrage gerichtet, welche Arbeiten wir im kommenden Jahr von ihnen zu erwarten haben. Viele haben unsere Frage beantwortet […], eine kleine Anzahl hat die Antwort abgelehnt oder ist der Frage ausgewichen, aus Gründen, die wir achten müssen. […] Die Briefe folgen in alphabetischer Reihe, da bei dieser Gelegenheit jede kritische Sichtung nach Anciennität und literarischem Geschmack taktlos erscheinen müßte.“ [Unsere Schriftsteller bei der Arbeit. Eine Rundfrage. In: Berliner Tageblatt, Jg. 40, Nr. 654, 24.12.1911, Morgen-Ausgabe, 4. Beiblatt, S. (1)] Die Umfrage wurde am 28.12.1911 in der Morgen-Ausgabe des „Berliner Tageblatt“ mit elf weiteren Beiträgen fortgesetzt. Wedekinds Beitrag war ein Auszug aus einem Brief [vgl. Wedekind an Paul Block, 17.12.1911], der nicht als Briefauszug kenntlich gemacht war. zu schreiben. Aber das B. T. ist leider | über mich ganz anderer Ansicht als Sie, verehrter Herr Block. Aus beiliegender Besprechungnicht überliefert. Es dürfte sich entweder um Fritz Engels Besprechung von „Musik“ im „Berliner Tageblatt“ gehandelt haben, aus der Wedekind zitiert (siehe unten), oder um die im „Berliner Tageblatt“ veröffentliche Notiz von Fritz Engel, aus der Wedekind ebenfalls zitiert (siehe unten). ersehen Sie Zeile für Zeile, wie wenig ich mich für die Aufgabe eigeneSchreibversehen, statt: eigne.. Oder sollten Sie mir einen moralischen Selbstmord zumuten, indem Sie mich auffordern für das B. T. zu arbeiten und dadurch die von ihm über mich abgegebenen Urtheile zu sanktionieren? Das traue ich Ihnen nicht zu. Sicherlich vergessen Sie aber eines. Seit vier Jahren bin ich für die Leser des B. T.
ein GehirnZitat aus Fritz Engels Notiz zu Wedekinds Widerspruch gegen seine Besprechung von „Musik“ (siehe unten): „Uns läßt das sehr kalt, wie uns auch die Briefe kalt gelassen haben, die Wedekind im Laufe der letzten Monate direkt an uns gerichtet hat. Vor den Strafrichter gebracht, würden sie Herrn Wedekind einige Unannehmlichkeiten bereiten, uns selbst erschienen sie als die Äußerungen eines Gehirns, das in beklagenswerter Weise alle Urteilsfähigkeit und gesellschaftliche Kultur eingebüßt hat, um sich dafür mit einer abnormen Selbstanbetung zu füllen.“ [fe: Frank Wedekind und die „Akademische Bühne“. In: Berliner Tageblatt, Jg. 38, Nr. 54, 30.1.1909, Abend-Ausgabe, S. (3)], das in beklagenswerter Weise alle Urteilsfähigkeit und gesellschaftliche Kultur eingebüßt hat, um sich dafür mit einer abnormen Selbstanbetung zu füllen.“

Diese öffentliche EntgegnungFritz Engels Notiz „Frank Wedekind und die ‚Akademische Bühne‘“ (siehe oben). des B. T. auf einen Privatbriefvgl. Wedekind an Berliner Tageblatt, 28.1.1909. wurde zwar unter vier AugenWedekinds Gespräch mit Fritz Engel, Feuilletonredakteur des „Berliner Tageblatt“, der sich polemisch über Wedekind geäußert hatte (siehe oben), fand am 5.2.1910 in Berlin statt: „Ich fahre zum Berliner Tageblatt. Theodor Wolff empfängt mich sehr liebenswürdig. Unterredung mit Fritz Engel.“ [Tb] mit Bedauern zurückgenommen. Die Leser des B. T. | haben aber von dieser Zurücknahme bis heute nichts erfahren und werden müssen denken, wenn sie einen Beitrag von mir im B. T. lesen, daß ich mir solche Beschimpfungen zur Ehre anrechne. Ich will nun auch nicht weiter davon reden, daß mein Einakter „Zensur“, der vor einem JahrWedekinds Gastspiel vom 6. bis 19.10.1910 („Die Zensur“, bei der Premiere zusammen mit „Der Liebestrank“) am Kleinen Theater in Berlin (insgesamt zehn Vorstellungen). am Kleinen Theater in Berlin aufgeführt wurde, von der Kritik des B. Ta unter einem an den Haaren herbeigezogenen Vorwande einfach mit Stillschweigen übergangenDas trifft so nicht zu. Paul Schlenther hatte der Berliner Premiere von „Die Zensur“ am 6.10.1910 am Kleinen Theater im „Berliner Tageblatt“ eine Besprechung gewidmet, in der er allerdings deutlich machte, dass das Stück seinen Erwartungen nicht entsprach [vgl. P.S.: Kleines Theater. Zum ersten Male: „Die Zensur.“ Theodizee in einem Akt. Hierauf: „Der Liebestrank.“ Schwank in drei Akten. Beides von Frank Wedekind. In: Berliner Tageblatt, Jg. 39, Nr. 509, 7.10.1910, Morgen-Ausgabe, S. (2)]. wurde, daß mir meine Dramen „Musik“ und „Oaha“ vom B. T.vor die Füße geworfenZitat aus Fritz Engels Besprechung der Berliner Premiere von „Musik“, in der es über „Musik“ heißt: „Es ist ein schlechtes Stück […]. Nein, Herr Frank Wedekind! Wer in Ihnen einen der originalsten Köpfe unserer Zeit, einen Schrittmacher neuer Anschauungen, einen Gestalter kühner Probleme [...] sieht [...], muß Ihnen dieses Stück und Stücke wie jenes ‚Oaha‘ vor die Füße werfen. Annahme verweigert.“ [F.E.: Wedekinds „Musik“. Erste Aufführung im „Kleinen Theater“. In: Berliner Tageblatt, Jg. 37, Nr. 558, 1.11.1908, Sonntags-Ausgabe, S. (2)] Wedekind hat die Formulierung mehrfach aufgegriffen, in Briefen [vgl. Wedekind an Berliner Tageblatt, 2.11.1908 und 4.11.1908] sowie in „BT“ überschriebenen Notizen: „Vor die Füße werfen = eine lausbubenhafte Unverschämtheit.“ [Nb 56, Blatt 65r] „Ein Stück vor die Füße werfen“ [KSA 5/III, S. 596].“ wurden, daß seit Jahren jeder Beifall, den ich in Berlin erziele vom B. T. todgeschwiegen wird, sondern ich erlaube mir, Ihnen folgenden Vorschlag zu machen:

Wenn das B. T. für meine literarischen Angelegenheiten die nämliche Aufmerksamkeit und Liebenswürdigkeit übrig hat, die es den literarischen Angelegenheiten von Gerhard Hauptmann widmetAnspielung auf gelegentliche Äußerungen über Gerhart Hauptmann im „Berliner Tageblatt“ – etwa in der Ankündigung einer Festschrift über den S. Fischer Verlag, zu der es heißt: „Aus dem Inhalt des Gedenkbuches können wir die wertvollsten Beiträge leider nicht wiedergeben, weil der Raum einer Tageszeitung beschränkt ist, und weil es brutal wäre, die Dichtungen zu zerreißen. Wir erwähnen, daß Gerhart Hauptmann die unveröffentlichte Schlußszene aus ‚Griselda‘ beisteuert“ [Berliner Tageblatt, Jg. 40, Nr. 537, 21.10.1911, Morgen-Ausgabe, S. (2)]; oder in der Meldung: „Zwischen der Direktion des Deutschen Theaters und Gerhart Hauptmann ist ein Vertrag zustande gekommen, nach dem Gerhart Hauptmanns Komödie ‚Schluck und Jau‘ innerhalb der nächsten Saison im Deutschen Theater zur Aufführung gelangen wird.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 40, Nr. 548, 27.10.1911, Morgen-Ausgabe, S. (3)] Wedekind könnte auch schon Kenntnis davon gehabt haben, dass Gerhart Hauptmanns Roman „Atlantis“ (1912) im „Berliner Tageblatt“ vorabgedruckt werden sollte, wie dann vielfach angekündigt war (möglicherweise vorab bereits auf Plakaten), in der Zeitung selbst zuerst einige Tage nach dem vorliegenden Brief: „Gerhart Hauptmanns neuer Roman erscheint im ersten Quartal des nächsten Jahres im ‚Berliner Tageblatt‘. Der Roman führt den Titel ‚Atlantis‘. Er schildert die Abenteuer eines jungen deutschen Gelehrten, der auszieht, um in Amerika ein neues Leben zu beginnen. Der erste Teil gipfelt in einem grandios gezeichneten Schiffbruch auf hoher See; der zweite Teil spielt in und bei New-York.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 40, Nr. 619, 5.12.1911, Abend-Ausgabe, S. (3)] , dann rechne ich es mir zur Ehre an, am B. T. mitzuarbeiten. Das damit keine Beeinflussung der Kritik | versucht ist, versteht sich von selbst, da Schmähnotizen, Beschimpfungen, Totschweigen und Fälschungen schließlich nichts mit Kritik zu tun haben. Sollte das B. T. aber mit meinem Vorschlag nicht einverstanden sein, dann werden Sie, verehrter Herr Block, es begreiflich finden, wenn ich meine Weihnachtsdichtungen lieber in Blättern veröffentliche, die ganz genau ebensoviel Entgegenkommen und Liebenswürdigkeit für mich wie für Gerhard Hauptmann übrig haben.

Mit den besten Grüßen
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München 25.11.11.

Paul Block schrieb am 16. Dezember 1911 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Paul Block vom 17.12.1911 aus München:]


Empfangen Sie meinen verbindlichsten Dank für Ihre liebenswürdigen Zeilen.

Frank Wedekind schrieb am 17. Dezember 1911 in München folgenden Brief
an Paul Block

[1. Abgesandter Brief:]


Sehr geehrter Herr Block!

Empfangen Sie meinen verbindlichsten Dank für Ihre liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Paul Block an Wedekind, 16.12.1911. Paul Block dürfte Wedekind um Auskunft über seine aktuelle schriftstellerische Arbeit gebeten haben, wie aus dem vorliegenden Brief hervorgeht, um einen Beitrag zur Umfrage „Unsere Schriftsteller bei der Arbeit“ im „Berliner Tageblatt“ (siehe Kommentar zum Erstdruck).. Augenblicklich bin ich mit s/e/iner sehr umfangreichen RolleWedekind spielte in der Münchner „Oaha“-Inszenierung (siehe unten) die Rolle des Georg Sterner (Vorbild der Figur war Albert Langen), nicht die des Max Bouterweck (diese Figur ist von Wedekind selbst inspiriert), wie die Kritik verwundert bemerkte [vgl. KSA 8, S. 624f.]. Ein fragmentarisch erhaltenes Handexemplar der 2. Auflage von „Oaha“ (1909) diente ihm als Rollenbuch; der Rollentext des Verlegers Georg Sterner ist darin besonders markiert [vgl. KSA 8, S. 606, 645f.]. Es fanden seit dem 11.12.1911 bis zur Premiere am 20.12.1911 insgesamt neun Proben statt, wobei Wedekind die von ihm gespielte Rolle im Tagebuch ausdrücklich vermerkte – so am 14.12.1911 („Sterner gelernt“), 15.12.1911 („Suche Steinrück wegen Maske auf. Beim Hoftheaterfriseur Bart bestellt [...] Sterner gelernt“) und 17.12.1911 („Steinrück kommt zu Tisch macht mir Sternermaske“). in meiner Komödie „Oaha“ beschäftigt, die am nächsten Mittwochder 20.12.1911, an dem Wedekind notierte: „Durchsprechprobe. Vorstellung.“ [Tb] Die Uraufführung von „Oaha“ fand am 20.12.1911 um 19.30 Uhr als geschlossene Vorstellung im Münchner Lustspielhaus (Direktion: Eugen Robert) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1912, S. 558] statt, veranstaltet vom Neuen Verein: „Die Aufführung von Frank Wedekinds Komödie Oaha findet heute Mittwoch im Münchner Lustspielhause statt. [...] Die Regie führt Direktor Dr. Roberts. Die Vorstellung beginnt um halb 8 Uhr.“ [Vom Neuen Verein. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 64, Nr. 594, 20.12.1911, Morgenblatt, S. 3] Textgrundlage war die Neufassung des Stücks als Komödie: „Oaha, die Satire der Satire“ (1911). „Eugen Robert inszenierte eine Lokalposse und spekulierte auf den Erfolg bei dem sachverständigen Premierenpublikum, das alte Bekannte als komische Masken wiedersehen durfte. Die sauertöpfische Kritik lobte das Theater und strafte zugleich den Verfasser des ‚Schlüsselstückes‘ ab.“ [KSA 8, S. 606] in einer Sondervorstellung des Neuen Vereines in München unter der sehr sorgfältigen und verständnisvollen Regie des Herrn Direktor Dr. Robert zur Aufführung gelangen soll. Die A/V/orstellung muß eine geschlossene seinEugen Roberts Antrag auf öffentliche Aufführung von „Oaha“, um die er sich seit zehn Monaten bei der Münchner Polizeidirektion bemühte, wurde am 16.11.1911 abgelehnt [vgl. KSA 8, S. 606]. und hat den neuen Verein als Protektor(lat.) = Beschützer; hier: Schirmherr. Die Protektion des Neuen Vereins e.V. (Vorsitzender war der Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Rosenthal) bestand darin, dass er die geschlossene Vorstellung veranstaltete (siehe oben), wie Wedekind von Eugen Robert am 23.11.1911 erfuhr: „Robert kommt und erzählt von Oahaaufführung durch N.V.“ [Tb] nötig, da der Polizei|präsident eine öffentliche Aufführung aus GründenWedekind hatte in einem offenen Brief „Drei Fragen“ [KSA 5/II, S. 418f.] den vom Münchner Polizeipräsidenten Julius von der Heydte genannten Grund für das Verbot von „Oaha“ – er habe die öffentliche Meinung gegen sich – publik gemacht [vgl. Wedekind an Münchner Neueste Nachrichten, 20.9.1911]. die Niemandem verständlich sind, verboten hatDie Polizeidirektion München hatte am 24.5.1911 beschlossen: „Die Aufführung des Schauspiels Oaha von Frank Wedekind wird bzw. bleibt verboten.“ [KSA 8, S. 620] Wedekind notierte am 31.5.1911: „Oaha verboten.“ [Tb] Die Polizeidirektion teilte der Direktion des Lustspielhauses am 16.11.1911 endgültig mit: „Bei dem schon früher ergangenen Verbot der öffentlichen Aufführung des Schauspiels ‚Oaha‘ von Frank Wedekind hat es sein Verbleiben.“ [KSA 8, S. 623]. Im übrigen bin ich damit beschäftigt, drei Einakter, die ich vor einem Jahr veröffentlichte zu einem Abendfüllenden bühnengerechten Drama zusammenzustellen. Die Einakter heißen: „In allen Sätteln gerecht“, „m/M/it allen Hunden gehetzt“ und „In allen Wassern gewaschen.“ Der Gesammttitel des dreiaktigen Schauspiels lautet: „Schloß Wetterstein.“ Ich bin mir vollkommen bewußt, daß meine Arbeit auf den heftigsten Widerspruch stoßen wird und zwar infolge der Vorgänge in den drei Akten, die etwas abenteuerlicher Art sind. Ich hoffe aber, daß man diese Vorgänge allmählig als unwesentlich und | nebensächlich und betrachten und dann mehr auf den In geistigen Gehalt der einzelnen Dialoge achten wird. Gegenstand dieser Dialoge ist ausschließlich die Ehe. Von einigen Episodenfiguren abgesehen hat das ganze Drama nur drei Personen und zwar: der Mann, das Weib, das Kind. Hauptperson des ersten Aktes ist der Mann, im zweiten Akt ist es das Weib, im dritten das Kind.

Im Lauf des Winters fe denke ich diese Arbeit noch fertig zu stellenWedekind nahm an den Einaktern „In allen Sätteln gerecht“ (1910), „Mit allen Hunden gehetzt“ (1910) und „In allen Wassern gewaschen“ (1910) zwischen dem 14. und 17.9.1911 „umfangreiche Kürzungen vor“ [KSA 7/II, S. 657] und arbeitete sie um in das Schauspiel „Schloß Wetterstein“ (1912), dessen Manuskript er als Druckvorlage für die Buchausgabe fertiggestellt seinem Verleger Georg Müller am 12.2.1912 übergab [vgl. KSA 7/II, S. 658].. Mit einer Aufführung zu meinen Lebzeiten„Schloß Wetterstein“ wurde am 15.11.1917 im Pfauentheater in Zürich uraufgeführt. kann ich dabei unmöglich rechnen. Das Bewußtsein muß mir genügen, die seelischen Probleme die in mir nach Gestalt und Form rangen, künstlerisch bewältigt zu haben. Wenn niemand das Bedürfnis hat die Ausführbarkeit meines Experimentes nachzuprüfen, so braucht mich das nicht zu verstimmen.

Und nun, verehrter Herr Block, empfangen | Sie noch einmal meinen herzlichen Dank für das große Interesse, das Sie für meine Arbeit übrig haben und seien s/S/ie bestens gegrüßt von
Ihrem ergebenen
Frank Wedekind.


17.12.11.


[2. Druck:]


Im bin damit beschäftigt, drei Einakter, die ich vor einem Jahr veröffentlichte, zu einem abendfüllenden, bühnengerechten Drama zusammenzustellen. Die Einakter heißen: „In allen Sätteln gerecht“, „Mit allen Hunden gehetzt“ und „In allen Wassern gewaschen“. Der Gesamttitel des dreiaktigen Schauspiels lautet: „Schloß Wetterstein.“ Ich bin mir vollkommen bewußt, daß meine Arbeit auf den heftigsten Widerspruch stoßen wird, und zwar infolge der Vorgänge in den drei Akten, die etwas abenteuerlicher Art sind. Ich hoffe aber, daß man diese Vorgänge allmählich als unwesentlich und nebensächlich betrachten und dann mehr auf den geistigen Gehalt der einzelnen Dialoge achten wird. Gegenstand dieser Dialoge ist ausschließlich die Ehe. Von einigen Episodenfiguren abgesehen hat das ganze Drama nur drei Personen, und zwar: den Mann, das Weib, das Kind. Hauptperson des ersten Aktes ist der Mann, im zweiten Akt ist es das Weib, im dritten das Kind.

Im Laufe des Winters denke ich diese Arbeit noch fertigzustellen. Mit einer Aufführung zu meinen Lebzeiten kann ich dabei unmöglich rechnen. Das Bewußtsein muß mir genügen, die seelischen Probleme, die in mir nach Gestalt und Form rangen, künstlerisch bewältigt zu haben. Wenn niemand das Bedürfnis hat die Ausführbarkeit meines Experimentes nachzuprüfen, so braucht mich das nicht zu verstimmen.

Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 7. März 1912 in München folgenden Brief
an Paul Block

Sehr verehrter Herr Block!

Dürfte ich Sie um die große Liebenswürdigkeit bitten, im Berliner Tageblatt, davon Notiz zu nehmenPaul Block, Feuilletonchef des „Berliner Tageblatt“, veröffentlichte die gewünschte Mitteilung sofort und kommentiere sie: „Der am meisten verbotene aller modernen Dichter, Frank Wedekind, wird Anfang Mai in einem Hoftheater zu Worte kommen. Sogar in doppeltem Sinne, als Dichter und als Schauspieler, da Wedekind in seinen zur Aufführung bestimmten Werken ‚Erdgeist‘ und ‚Marquis v. Keith‘ die männlichen Hauptrollen spielen soll. Mit ihm gastiert seine Gattin Tilly Wedekind. Es braucht natürlich kaum erst gesagt zu werden, daß dies Hoftheater, das so mutig für die moderne Dichtung eintritt, nicht das Berliner Hoftheater ist. Dem klugen und tatkräftigen Intendanten in Stuttgart, Baron v. Putlitz gebührt die Ehre eines Versuches, den nur Philister allzu kühn nennen können.“ [Frank Wedekind im Hoftheater. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 125, 8.3.1912, Abend-Ausgabe, S. (3)] Paul Block erinnerte einige Wochen darauf an diese Ankündigung und kündigte zugleich Auftritte im Dresdner Hoftheater an [vgl. Frank Wedekind wird hoftheaterfähig. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 210, 25.4.1912, Abend-Ausgabe, S. (3)]., daß meine Frau Tilly und ich für Anfang Mai zu einem achttägigen GastspielFrank und Tilly Wedekinds Gastspiel vom 6. bis 11.5.1912 am Königlichen Hoftheater in Stuttgart (Generalintendant: Joachim Gans zu Putlitz), bei dem „Erdgeist“ (Vorstellung am 6.5.1912) und „Marquis von Keith“ (Premiere: 9.5.1912, weitere Vorstellung am 11.5.1912) gespielt wurden. am Hoftheater in Stuttgart in Erdgeist und Marquis von Keith engagiert sind.

Und nun zur Hauptsache. Als sich Heinrich Lautensacks Heimliches TheaterHeinrich Lautensack hatte in einem Artikel in der Zeitschrift „Die Aktion“, dessen Bedeutung der Herausgeber Franz Pfemfert nachdrücklich unterstrich und der eine rege Diskussion nach sich zog, zur Umgehung der Zensur das Projekt eines ‚Heimlichen Theaters‘ (Veranstaltung von geschlossene Vorstellungen vor geladenem Publikum) und als erstes der aufzuführenden Stücke Wedekinds „Totentanz“ vorgeschlagen [vgl. Heinrich Lautensack: Das Heimliche Theater. Ein Weg zur Überwindung des Zensors. In: Die Aktion, Jg. 2, Nr. 4, 22.1.1912, Sp. 97-100]. Gleichzeitig mit den Auftakt in der „Aktion“ hat das „Berliner Tageblatt“ skeptisch bis wohlwollend über die Aktion in der „Aktion“ berichtet [vgl. Das „Heimliche Theater“. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 39, 20.1.1912, Abend-Ausgabe, S. (3)], die Diskussion um das Projekt weiter verfolgt, indem es Stellungnahmen nachdruckte, etwa die von Maximilian Harden [vgl. Das „heimliche Theater“. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 58, 1.2.1912, Abend-Ausgabe, S. (2)]. Eine Kundgebung zu dem Vorhaben am 26.2.1912 in Berlin, bei der Heinrich Lautensack und Alfred Kerr sprachen, fand nur verhaltene Resonanz. „Das heimliche Theater, eine Überwindung der Bühnenzensur ‒ unter dieser Devise war gestern eine Versammlung einberufen, die gleichzeitig gegen die Zensur protestieren sollte. Nicht allzu viele Neugierige hatten sich zu diesem Protest in dem großen Saal eingefunden.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 107, 28.2.1912, Morgen-Ausgabe, S. (3)] Otto Brahm hatte für die Aufführung von „Totentanz“ im Rahmen des Heimlichen Theaters das Lessingtheater angeboten. Als Termin war zuerst der 6.3.1912, zuletzt der 30.3.1912 im Gespräch. Eine Aufführung kam nicht zustande, da das Projekt sich zerschlug. wegen der Besetzung meines Einakters „Tod | und Teufel“ an mich wandte, bat ich die Herrendarunter Heinrich Lautensack, der das Heimliche Theater initiiert hat (siehe oben)., wenn irgend möglich Frau Rosa BertensRosa Bertens, gastierende Schauspielerin in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1912, S. 213], war seit dem 16.8.1897 mit Paul Block verheiratet [vgl. Renate Jakobson: Rosa Bertens. Entwicklung einer Schauspielerin im deutschen Theaterleben der Jahre 1874-1929. Diss. Berlin 1969, S. 15]. für die Rolle der Elfriede von Malchusweibliche Hauptfigur in „Tod und Teufel“ (eine Kämpferin gegen Prostitution) – Rosa Bertens hat die Rolle nicht gespielt. zu gewinnen. Ich kann mir nun wohl denken, daß Frau Bertens die Aufgabe künstlerisch nicht klar genug schien, daß Frau Bertens fürchten mochte durch die Rolle künstlerisch in ein unvorteilhaftes Licht zu geraten. Ebenso sicher bin ich daß es mir persönlich leicht wäre diese Bedenken bei Frau Bertens zu zerstreuen. Zu meiner Ueberraschung und ohne mein Einverständnis sehe ich nun auf einmal den | Namen einer anderen Damedie Schauspielerin Mirjam Horwitz (mit Erich Ziegel verheiratet), deren Name in einem Bericht über das Heimliche Theater genannt war: „zur Aufführung gelangt Wedekinds ‚Tod und Teufel‘. Frank Wedekind und Frau, ferner Mirjam Horwitz und Erich Ziegel werden in den Hauptrollen mitwirken.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 107, 28.2.1912, Morgen-Ausgabe, S. (3)] für die Rolle erwähnt. Zugleich scheint mir allerdings die ganze Aufführung wieder sehr in Frage gestelltPaul Block hat sich in der von Wedekind gewünschten Notiz (siehe oben) auch im Fall des Projekts des Heimlichen Theaters (siehe oben) unmittelbar auf Wedekinds vorliegenden Brief bezogen: „Es scheint [...] überhaupt eine Bewegung für Wedekinds Kunst im Gange zu sein. [...] in nächster Zeit ist, wie unsere Leser wissen, eine Aufführung von ‚Tod und Teufel‘ im ‚heimlichen Theater‘ zu erwarten. Nach glaubwürdigen Nachrichten scheint es freilich mit dieser Anti-Zensur-Vorstellung noch nicht recht vorwärts zu gehen. Der Vater der Idee Heinrich Lautensack soll die Lust an dem Experiment in der geplanten Form verloren haben und Wedekind selbst ist anscheinend mit dem Plan einer Nachtaufführung nicht recht einverstanden.“ [Frank Wedekind im Hoftheater. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 125, 8.3.1912, Abend-Ausgabe, S. (3)], da man sich über den Termin nicht einigen kann und mir die Notwendigkeit, zu einer NachtvorstellungZu Wedekinds „Tod und Teufel“ im Rahmen des Heimlichen Theaters (siehe oben) war angekündigt: „Die erste Aufführung“ werde „als Nachtvorstellung“ [Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 107, 28.2.1912, Morgen-Ausgabe, S. (3)] stattfinden. seine Zuflucht nehmen zu müssen, mir für meine Arbeit doch etwas zu erniedrigend erscheint. Darf ich mir bei dieser Gelegenheit aber vielleicht erlauben, die Aufmerksamkeit der von mir so hoch verehrten großen Künstlerin auf eine andere Rolle, auf die LeonoreLeonore von Gystrow, eine der beiden weiblichen Hauptrollen in „Schloß Wetterstein“ (Gemahlin von Rüdiger von Wetterstein, die aus erster Ehe die Tochter Effie hat). Rosa Bertens hat diese Rolle nicht gespielt. „Schloß Wetterstein“ wurde erst am 15.11.2017 in Zürich uraufgeführt und konnte der Zensur wegen zu Lebzeiten Wedekinds im Deutschen Reich nicht aufgeführt werden. in meinem Schauspiel „Schloß Wetterstein“ zu lenken. Das Stück, das bis jetzt nur als drei Einakter1910 waren im Verlag Georg Müller die drei Einakter erschienen, die der Autor dann gekürzt und überarbeitet als ein Stück präsentierte: Die Komödie „In allen Sätteln gerecht“ bildete den 1. Akt, das Schauspiel „Mit allen Hunden gehetzt“ den 2. Akt, die Tragödie „In allen Wassern gewaschen“ den 3. Akt von „Schloß Wetterstein. Schauspiel in drei Akten“ [vgl. KSA 7/II, S. 657f.]. besteht wird in einigen | TagenWedekinds „Schloß Wetterstein. Schauspiel in drei Akten“ [vgl. KSA 7/II, S. 692] war im Spätsommer 1912 noch immer im Georg Müller Verlag angekündigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 79, Nr. 220, 20.9.1912, S. 10995] und erschien einer Widmung in einem Exemplar der Erstausgabe zufolge gegen Ende September [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 30.9.1912]. als einheitliches ganzes erscheinen. Das erste Exemplar werde ich mir erlauben Frau Bertens zu übersenden.

Mit hochachtungsvollem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


7.3.12.

Paul Block schrieb am 12. Juni 1912 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Paul Block vom 13.6.1912 aus Berlin:]


Empfangen Sie meinen besten Dank für Ihre freundliche Aufforderung […]

Frank Wedekind schrieb am 13. Juni 1912 in Berlin folgenden Brief
an Paul Block

Elite-Hotel Wedekind notierte am 29.5.1912: „Ankunft in Berlin. Wir wohnen Elite Hotel.“ [Tb] Er logierte auch bei späteren Aufenthalten in Berlin in diesem Hotel.


Wedekind notierte am 29.5.1912: „Ankunft in Berlin. Wir wohnen Elite Hotel.“ [Tb] Er logierte auch bei späteren Aufenthalten in Berlin in diesem Hotel.

Berlin N.W.
Am Bahnhof Friedrichstr.


Sehr verehrter Herr Block!

Empfangen Sie meinen besten Dank für Ihre freundliche Aufforderungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Paul Block an Wedekind, 12.6.1912. Paul Block dürfte Wedekind kurzfristig um einen Beitrag für das „Berliner Tageblatt“ gebeten haben. aber ich habe bis Samstagden 15.6.1912; im Rahmen des laufenden ersten Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater in Berlin vom 1. bis 16.6.1912 standen fast täglich Proben an, wie Wedekind für die folgenden zwei Vormittage im Tagebuch festhielt – am 14.6.1912 („Keithprobe“) und 15.6.1912 („Keithgeneralprobe“). vielleicht auch Sonntagder 16.6.1912, an dem Wedekind notierte: „Keine Probe.“ [Tb] noch jeden Vormittag Probe. Ich hätte eine Anzahl Themen, nicht literarischer Natur über die | ich gerne schreiben möchte aber augenblicklich bin ich etwas zermatscht. Ich glaube nicht dasSchreibversehen; statt: daß. es jetzt möglich wäre. Ich bitte Sie mir deshalb nicht zu zürnen.

Wollen Sie Ihrer verehrten Frau Gemahlindie Schauspielerin Rosa Bertens, mit der Paul Block verheiratet war. von meiner Frau und mir die ergebensten Empfehlungen aussprechen.

Mit besten Grüßen
Ihr Frank Wedekind.


13.6.12.

Frank Wedekind schrieb am 16. Dezember 1912 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Paul Block

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 16.12.1912 in München:]


Diktiere WeihnachtsgedankenWedekind hat seinen Essay „Weihnachtsgedanken“ [KSA 5/II, S. 473-478], den er am 16.12.1912 diktierte, am 14. und 15.12.1912 verfasst [vgl. KSA 5/III, S. 863]; er erschien in der Weihnachtsausgabe des „Berliner Tageblatt“ [vgl. Frank Wedekind: Weihnachtsgedanken. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 656, 25.12.1912, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (1-3)]. Wedekind notierte am 16.12.1912 außerdem, dass er die „Weihnachtsgedanken“ im Café Stefanie Erich Mühsam zu lesen gab – „Lasse sie im Stefanie Mühsam lesen [Tb] – und sie abends im Ratskeller Joachim Friedenthal übergab – „übergebe sie im RK an Friedenthal“ [Tb]. Joachim Friedenthal, Münchner Korrespondent des „Berliner Tageblatt“, hat offenbar die Übermittlung des Essays nach Berlin übernommen, der ein „Weltparlament“ [KSA 5/II, S. 477] fordert und sich im letzten Teil ausdrücklich mit Erich Mühsam solidarisiert [vgl. KSA 5/II, S. 476-478]. Erich Mühsam veröffentlichte daraufhin einen pazifistischen Essay, der an Wedekinds „Weihnachtsgedanken“ anschließt [vgl. Das Weltparlament. In: Kain. Zeitschrift für Menschlichkeit, Jg. 2, Nr. 10, Januar 1913, S. 145-153]. [...]. Schreibe an BlockWedekind dürfte Paul Block, Feuilletonchef des „Berliner Tageblatt“, seinen Essay „Weihnachtsgedanken“ angekündigt haben, dessen Übermittlung nach Berlin Joachim Friedenthal übernahm (siehe oben). […]

Frank Wedekind schrieb am 30. Juli 1913 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Paul Block

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 30.7.1913 in München:]


Brief an Block wegen SchlentherZusammenhang nicht ermittelt. Paul Schlenther war im „Berliner Tageblatt“ seinerzeit für die Beilage „LITERARISCHE RUNDSCHAU“ verantwortlich, die Buchbesprechungen enthält: „Redaktion: Dr. Paul Schlenther, Berlin Wilmersdorf.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 42, Nr. 381, 30.7.1913, Morgen-Ausgabe, 2. Beiblatt, Literarische Rundschau, S. (1)] In dieser Beilage war Wedekind kürzlich in der Rubrik „Literarische Chronik“ erwähnt: „Unter dem Titel ‚Der moderne Dichter‘ veröffentlicht der Verlag W. Borngräber, Berlin, eine Reihe kleiner Einzelessays, sehr geschmackvoll gebunden. Paul Friedrich schreibt über [...] Frank Wedekind [...]. Man sieht jeden Dichter auch in einem gelungenen Porträt.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 42, Nr. 355, 6.7.1913, Morgen-Ausgabe, 4. Beiblatt, Literarische Rundschau, S. (1)] Ob dieser Hinweis den nicht überlieferten Brief betraf, ist fraglich. Wedekinds im Kuvert „Schlenther“ versammelte Notizen auf 14 beschriebenen Seiten sind „wahrscheinlich im Jahr 1912 entstanden.“ [KSA 5/III, S. 304].

Frank Wedekind schrieb am 28. Dezember 1913 in München folgenden Brief
an Paul Block

[1. Entwurf:]


Sehr verehrter Herr Block!

Wollen Sie erla mir erlauben Sie zu den interessanten Ergebnissen der Rundfrage Maler ‒ DichterDie Umfrage erschienen in zwei Teilen. Der erste Teil beginnt mit den zwei vorangestellten Fragen: „Frage an die Maler: Hat ein Dichter auf Ihre Kunst eingewirkt, und welcher? Frage an die Dichter: Mit welchem Maler fühlen Sie sich in Ihrem Schaffen verbunden?“ [Maler und Dichter. Beiträge zur Psychologie der Kunst. In: Berliner Tageblatt, Jg. 42, Nr. 654, 25.12.1913, Morgen-Ausgabe, 4. Beiblatt, S. (1-2), hier S. (1)] Es folgt ein einleitender Artikel von Fritz Stahl, Kunstkritiker und Feuilletonredakteur beim „Berliner Tageblatt“, dann, jeweils mit faksimilierten Unterschriften, unter der Überschrift „Die Maler“ Antworten von Hans Baluschek, Lovis Corinth, Käthe Kollwitz, Alfred Kubin, Melchior Lechter, Max Liebermann, Emil Orlik und Hans Thoma sowie unter der Überschrift „Die Dichter“ Antworten von Hermann Bahr, Georg Engel, Herbert Eulenberg, Ernst Hardt, Carl Hauptmann, Thomas Mann, Gustav Meyrink, Wilhelm Schmidtbonn, Wilhelm von Scholz und Frank Wedekind. Der zweite Teil [vgl. Maler und Dichter. Antworten auf eine Frage. In: Berliner Tageblatt, Jg. 42, Nr. 657, 28.12.1913, Morgen-Ausgabe, S. (2)] enthält Antworten von Hermann Sudermann, Ernst von Wolzogen, Arthur Kampf, Max Pechstein und Heinrich Zille. vom herzlich zu belückwünschenSchreibversehen, statt: beglückwünschen.. Würde es sich nicht lohnen einmal dem gleichen oder einem ähnlichen Areopagmetaphorisch (der Areopag war der höchste Gerichtshof im alten Athen, der auf dem gleichnamigen Felsen tagte) für die Beiträger und die Beiträgerin der Umfrage. die Frage vorzulegen
Worin besteht der Sinn des Lebens?

Um Erörterungen über Möglichkeit und Umfang der Beantwortung zu ersparen, gestatte ich mir eine Beantwortung beizulegen, die ich, wenn die Frage an mich gelangen/t/ würde, voraussichtlich auch geben würde.

Der/Als/ Fragesteller müßte natürlich die Redaktion fungieren zeichnen fungieren

Erlauben Sie mir noch, Ihnen und Ihrer verehrten Frau Gemahlin die herzlichsten Glückwünsche für das Jahr 1914 und für alle kommenden Zeiten zu übersenden.

In aller Verehrung
Ihr
FrW. |


Worin besteht Der Sinn des Lebens?

Der Sinn des Lebens besteht darin, daß dem einzelnen Menschen durch seine Veranlagungdurch Einweisungszeichen hierher umgestellt (zuvor standen die drei Worte nach „Conflikte“). die Lösung möglichst vieler und möglichst schwerer Conflikte aufgezwungen wird, damit er die gesteigerte Widerstandsfähigkeit, die ihm aus dieser Lebensarbeit erwächst auf seine Nachkommen vererbt.


[2. Druck der Beilage:]


„Der Sinn des Lebens besteht darin, daß dem einzelnen Menschen durch seine Veranlagung die Lösung möglichst vieler und möglichst schwerer Konflikte aufgezwungen wird, damit er die gesteigerte Widerstandsfähigkeit, die ihm aus dieser Lebensarbeit erwächst, auf seine Nachkommen vererbt.“

Frank Wedekind schrieb am 29. Dezember 1913 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Paul Block

[Hinweis in KSA 5/III, S. 327:]


Überliefert ist auf 3 Ringbuchseiten [...] eine Rundfrage zum Thema „Hexenprozesse“, die [...] Paul Block, Feuilletonredakteur des „Berliner Tageblatts“, zur publizistischen Verwendung zugedacht war.


[Entwurf der Beilage:]


Eine Frage

Den Historikern und Kulturhistorikern Deutschlands vorzulegen

1 Wie erscheinen die Hexenprozesse des Mittelalters im Lichte der heutigen Frauenfrage?

2 Waren die Hexenprozesse eine antifeministische Bewegung.

3 Wodurch hätte diese antifeministische Bewegung entstehen können.

(Meiner Ansicht nach dadurch, daß die herrschende Kirche gezwungen wird, um die Fehden zwischen ehelichen und unehelichen außerehelichen Erben zu einzuschränken gezwungen war, die Unlösbarkeit der Ehe zu erklären.)

Dadurch legte die Kirche dem Mann eine bis dahin nicht vorhandene Beschränkung auf und gab dem Weibe eine Weltstellung die es vorher oder im Altertum nirgends inne hatte.) |

Es empfiehlt möchte sich vielleicht empfehlen, Frauenrechtlerinnen von der Beantwortung völlig auszuschließen, sondern sich nur an die Koryphäen der Geschichte und Kulturgeschichte zu wenden. |

[...]

Wie erscheinen die Hexenprozesse des Mittelalters im Lichte der heutigen Frauenfrage.

Frank Wedekind schrieb am 21. Januar 1914 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an , Paul Block , , Paul Block

[1. Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 21.1.1914 in Berlin:]


Briefe an Paul Blok und BarnowskyHinweis auf einen am Vortag geschriebenen Brief (siehe unten)..


[2. Hinweis auf die Beilage in: Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 37,21.1.1914, Abend-Ausgabe, S. (2):]


Auf die […] Mitteilungsie lautet: „Im Lessing-Theater wird in der am Sonnabend, 24. Januar stattfindenden Uraufführung von ‚Simson‘ die Rolle des Königs Og von Basan von Frank Wedekind dargestellt. Der Dichter hat gleichzeitig die Regie übernommen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 36, 21.1.1914, Morgen-Ausgabe, S. (2)] im heutigen Morgenblatt […] schickt uns der Dichter die folgende Abschriftverschollen; gedruckt als offener Brief [vgl. Wedekind an Victor Barnowsky, 20.1.1914] im „Berliner Tageblatt“ [vgl. Frank Wedekind spielt nicht in seinem „Simson“. In: Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 37, 21.1.1914, Abend-Ausgabe, S. (2)]. eines an Herrn Direktor Barnowskyvgl. Wedekind an Victor Barnowsky, 20.1.1914. Wedekind hat diesen als Abschrift dem Brief an Paul Block beigelegten Brief (siehe oben) an den Direktor des Berliner Lessingtheaters am 20.1.1914 geschrieben – „Ich schreibe Brief an Barnowsky“ [Tb] – und im Original am 21.1.1914 an Victor Barnowsky abgesandt. gerichteten Briefes […]

Paul Block schrieb am 26. Januar 1914 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 27.1.1914 in München:]


Brief von Paul Block wegen Artikel für BTWedekind hat am 27.1.1914 neben dem Empfang des Briefs von Paul Block auch notiert, er „arbeite […] am Artikel für BT.“ [Tb] Paul Block dürfte nach dem Manuskript des Artikels „Gefühlsauffassung“ [KSA 5/II, S. 506-508] als Druckvorlage gefragt haben, der dann im „Berliner Tageblatt“ erschien [vgl. Frank Wedekind: Gefühlsauffassung. In: Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 65, 5.2.1914, Abend-Ausgabe, S. (1)]..

Paul Block schrieb am 23. März 1917 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Paul Block vom 24.3.1917 aus Berlin:]


[...] herzlichem Dank für das freundliche Interesse, das Sie für meine Arbeit zu äußern die Güte haben [...]

Frank Wedekind schrieb am 24. März 1917 in Berlin folgenden Brief
an Paul Block

DEUTSCHE GESELLSCHAFT 1914


BERLIN W. 8 Berlin Hotel Excelsior
WILHELMSTR. 67


24.III.17Wedekind notierte am 24.3.1917: „Expediere Herakles an [...] Paul Block“ [Tb]..


Sehr verehrter Herr Paul Block!

Mit gleicher Post beehre ich mich, Ihnen mein dramatisches Gedicht „Herakles“ zu übersenden. Da ich nun nur vier ExemplareWedekinds Notiz vom 24.3.1917 zufolge gingen die vier Exemplare des „Herakles“-Typoskripts [vgl. KSA 8, S. 880] an zwei Personen und zwei Verlage: „Expediere Herakles an Müller Meinhard Paul Block und Drei Masken.“ [Tb] Demzufolge sandte Wedekind sein Versdrama „Herakles. Dramatisches Gedicht in drei Akten“ (1917) außer an Paul Block (der Feuilletonredakteur sollte Passagen für den Vorabdruck im „Berliner Tageblatt“ auswählen) an den Georg Müller Verlag (als Druckvorlage für die Buchausgabe), an Carl Meinhard (der Theaterdirektor plante eine Aufführung) und an den Drei Masken Verlag (Inhaber der Aufführungsrechte an Wedekinds Dramen). zur Verfügung habe, darf ich Sie wohl um die Liebenswürdigkeit bitten, mir das Manuscript nach Durchsicht in mein HotelWedekind notierte am 7.3.1917 als Unterkunft in Berlin das Hotel Excelsior (Königgrätzer Straße 112/113): „Ankunft in Berlin. Hotel Exzelsior.“ [Tb] zurücksenden zu wollen. Sollten Sie etwas darin zur AufnahmePaul Block wählte aus dem ihm übersandten „Herakles“-Typoskript (siehe oben) das Bild „Hebe“ für einen Vorabdruck aus Wedekinds Versdrama im „Berliner Tageblatt“ aus, der mit einer redaktionellen Vorbemerkung erschien: „Wir geben hier die letzte Wandlung aus Wedekinds neuem Werk ‚Herakles‘, die mit einem Lied zum Preise des Kämpfers ausklingt. Die Redaktion“ [Frank Wedekind: Hebe. In: Berliner Tageblatt, Jg. 46, Nr. 216, 29.4.1917, Morgen-Ausgabe, 2. Beiblatt, S. (1)]. in das Berliner Tageblatt geeignet finden, dann würde ich bitten, | mir die betreffenden Abschnitte zu bezeichnen, die ich dann am gleichen Tage abschreiben lassen könnte um Ihnen die Abschrift umgehend zuzusenden.

Mit verehrungsvollen Grüßen und herzlichem Dank für das freundliche Interesse, das Sie für meine Arbeit zu äußern die Güte habenHinweis auf eine nicht überlieferte Anfrage; erschlossenes Korrespondenzstück: Paul Block an Wedekind, 23.3.1917.
Ihr ergebener
Frank Wedekind.