Briefwechsel

von Frank Wedekind und Victor Barnowsky

Victor Barnowsky schrieb am 1. August 1905 in Berlin folgendes Telegramm
an Frank Wedekind

Telegramm.

[...]


rp = frank wedekind muenchen
franz josefstrasse 42 = |


Kgl. Bayer. Telegraphenanstalt München

Aufgegeben in Berlin [...]


komme freitagden 4.8.1905. Wedekind reiste an diesem Tag, für den Victor Barnowsky sein Kommen ankündigte, allerdings morgens um 9.10 Uhr von München ab nach Eger, um Berthe Marie Denk zu treffen [vgl. Tb]. erbitte offenes urteilüber Tilly Newes, ob sie für die Besetzung der Rolle der Fanny Kettler in der geplanten „Hidalla“-Aufführung am Berliner Kleinen Theater in Frage komme. Victor Barnowsky übernahm zum 1.9.1905 von Max Reinhardt die Direktion des Kleinen Theaters in Berlin, wie seit wenigen Wochen entschieden war: „Gestern ist die Vereinbarung zustande gekommen, durch die das Kleine Theater zum 1. September an Herrn Viktor Barnowsky, Regisseur und Darsteller des Lustspielhauses, übergeht.“ [Berliner Volks-Zeitung, Jg. 53, Nr. 280, 17.6.1905, Abendblatt, S. (2)] selbstverstaendlich diskret ueber fraeulein newes ob eigenart und berlin reif = gruss – barnowsky.

Frank Wedekind schrieb am 2. August 1905 in München folgenden Brief
an Victor Barnowsky

Unter der Voraussetzung daß sich niemand von Ihrem Personaldas Ensemble des Kleinen Theaters in Berlin, dessen Direktion Victor Barnowsky zum 1.9.1905 von Max Reinhardt übernahm, wie seit wenigen Wochen entschieden war: „Gestern ist die Vereinbarung zustande gekommen, durch die das Kleine Theater zum 1. September an Herrn Viktor Barnowsky, Regisseur und Darsteller des Lustspielhauses, übergeht.“ [Berliner Volks-Zeitung, Jg. 53, Nr. 280, 17.6.1905, Abendblatt, S. (2)] Es ging um die geplante „Hidalla“-Inszenierung am Kleinen Theater (Premiere: 26.9.1905). in hervorragender Weise für Launhartdie Rolle des Rudolf Launhart in „Hidalla oder Sein und Haben“ (1904), bei der Berliner „Hidalla“-Premiere am 26.9.1905 am Kleinen Theater gespielt von Rudolf Klein-Rhoden [vgl. KSA 6, S. 553-556], Schauspieler im Ensemble des Kleinen Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 278], nicht von Emil Meßthaler, Eigentümer des Intimen Theaters in Nürnberg [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 498], der das Stück dort inszeniert hatte (Premiere: 25.3.1905) und dem es gewidmet war: „Dem Vorkämpfer moderner deutscher Dichtung Emil Meßthaler in Verehrung Frank Wedekind“ [KSA 6, S. 40]. eignet bin ich sehr damit einverstanden, daß Herr Meßthaler Launhart spielt. Gruß Wedekind

Dagegen bin ich entschieden gegen Ilka Grüning als Fannydie Rolle der Fanny Kettler in „Hidalla oder Sein und Haben“ (1904), bei der Berliner „Hidalla“-Premiere am 26.9.1905 am Kleinen Theater gespielt von Gertrud Arnold [vgl. KSA 6, S. 552-556], Schauspielerin im Ensemble des Kleinen Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1916, S. 278], nicht von Ilka Grüning, ebenfalls im Ensemble des Kleinen Theaters [vgl. ebd.], die die Rolle der Berta Launhart spielte. Wedekind dürfte im nicht überlieferten abgesandten Brief Tilly Newes für die weibliche Hauptrolle der Fanny Kettler empfohlen haben, wie seine Notiz vom 2.8.1904 nahelegt: „Brief an Barnowski über Tilly Newes.“ [Tb] Victor Barnowsky hatte ihn telegrafisch um sein Urteil über ihre Eignung für das Kleine Theater gebeten [vgl. Victor Barnowsky an Wedekind, 1.8.1905].. Gruß
Wedekind.

Victor Barnowsky schrieb am 5. August 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Kleines Theater zu Berlin

Direktion und Bureau: Unter den Linden 44.


[am linken Seitenrand um 90 Grade gedreht:]

Fernsprech-Anschluss: I, 2371.


Berlin, den 5. August 1905.


Verehrter Herr Wedekind!

Besten Dank für Ihre eingehende Auskunftvgl. Wedekind an Victor Barnowsky, 2.8.1905. über Frl. Newes! Ich denke, daß ich die Dame engagieren werde, einstweilen schweben noch zwischen der Frankfurter Direction und uns Verhandlungen, die die Lösung des dortigen VertragesOtto Ploecker-Eckardt hatte Tilly Newes an sein neugegründetes Residenztheater in Frankfurt am Main verpflichtet [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 16.9.1905], das am 2.9.1905 eröffnet wurde [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 378]. bezwecken. – Ist die Aufführung von „Hidalla“ nur verschoben oder überhaupt aufgegebenDer Plan einer Aufführung von „Hidalla“ am Berliner Lessingtheater wurde nicht realisiert [vgl. KSA 6, S. 536].? Unsere Première soll um die Mitte des OktoberDie Berliner Premiere von Wedekinds „Hidalla“ unter der Regie von Victor Barnowsky am Kleinen Theater war zunächst für den 21.9.1905 angekündigt: „Das Kleine Theater unter der Direktion Viktor Barnowskys wird die Reihe seiner Novitäten nach der am 15. September stattfindenden Eröffnungsvorstellung (‚Die Laune des Verliebten‘ und ‚Der zerbrochene Krug‘) am 21. September mit dem Schauspiel ‚Hidalla‘ von Frank Wedekind eröffnen. Die Darstellung der Hauptrolle hat Wedekind selbst übernommen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 34, Nr. 435, 27.8.1905, Sonntags-Ausgabe, S. (2)]. Sie wurde aber verschoben und fand am 26.9.1905 statt. stattfinden. HoffendlichSchreibversehen, statt: Hoffentlich. passt es Ihnen?

Mit hochachtungsvollen Grüßen
Ihr sehr ergebener
Victor Barnowsky

Frank Wedekind schrieb am 16. Januar 1906 in Berlin folgenden Brief
an Victor Barnowsky , Victor Barnowsky

Sehr geehrter HerrVictor Barnowsky, Direktor des Kleinen Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 277], wo seit der Premiere am 26.9.1905 Wedekinds „Hidalla“ mit ihm in der Rolle des Karl Hetmann auf dem Spielplan stand und das Stück zuletzt, nach einer kurzen Vortrags- und Gastspielreise des Autors nach Bremen und Leipzig, am 14.1.1906 eine weitere Vorstellung stattgefunden hatte [vgl. Tb]. Wedekind hatte am 15.1.1906 eine Besprechung mit dem Direktor: „Abends Besprechung mit Barnowski“ [Tb].

W/W/ollen Sie mir gestatten, Ihnen mitzutheilen das ich an den Convent der Berliner Bühnenleiterein noch nicht offiziell konstituierter Verein, der Verband Berliner Bühnenleiter: „Der Verband ist im Jahre 1908 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Berlin-Mitte eingetragen, nachdem schon vorher die Leiter der Berliner Bühnen sich zu einer freien Vereinigung zusammengeschlossen hatten. Als Zweck ist in den Satzungen bezeichnet, die Berliner Theater-Direktoren zur Wahrung ihrer gemeinsamen Interessen zu vereinigen. Begründer und erster Vorsitzender war Direktor Dr. Raphael Loewenfeld vom Schiller-Theater. Nach seinem Tode trat Dr. Otto Brahm an seine Stelle“ [Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 226]. folgende Anfrage gerichtet habe:


An den Convent Berli/der/ Berliner Bühnenleiter.


Meine hochverehrten HerrenDr. phil. Raphael Löwenfeld, Direktor der Berliner Schillertheater [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 275] in Berlin (Fasanenstraße 36) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1905, Teil I, S. 1357] und später bis zu seinem Tod am 28.12.1910 offiziell Vorsitzender des Verbands Berliner Bühnenleiter (siehe oben), und Dr. phil. Otto Brahm, Direktor des Berliner Lessingtheaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 273] in Berlin (Kronprinzen-Ufer 7) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 226] und Löwenfelds Nachfolger als Vorsitzender des Verbands Berliner Bühnenleiter (siehe oben). Bei Verständigungsterminen etwa im Berliner Magistrat traten noch vor der offiziellen Vereinsgründung gemeinsam auf als Repräsentanten „Berliner Theaterdirektoren [...] Dr. Otto Brahm und Dr. Raphael Löwenfeld“ [Die Steuer auf Theaterbilletts. In: Berliner Tageblatt, Jg. 34, Nr. 628, 10.12.1905, Sonntags-Ausgabe, S. (2)].!

Erlauben Sie mir die ergebene Anfrage an Sie zu richten ob es auf an den Berliner Bühnen im Allgemeinen so Brauch und Sitte ist, daß der DirectorVictor Barnowsky (siehe oben). wenn er die Auffassung, die der ein AutorFrank Wedekind als Autor von „Hidalla“ (siehe oben). von einem Passus seinem/s/ eigenen Werkes hat, | für unnicht richtig hält, und ihm der Autor darin nicht beipflichtet, diesem vor den anwesenden MitgliedernEnsemblemitglieder des Kleinen Theaters, die am 14.1.1906 in „Hidalla“ spielten (siehe oben). erklärt daß er sich gezwungen sähe das Stück vom Spielplan abzusetzen.

Ein In einem derartigerSchreibversehen (irrtümlich nicht korrigiert), statt: derartigen. Brauch würde nämlich meines Erachtens eine Beeinträchtigung des erstens eine harte Unbilligkeit gegenüber dem Autor und zweitens eine Schädigung seines künstlerischen Kredites liegen. Eine

Frank Wedekind schrieb am 10. Mai 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Victor Barnowsky

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 10.5.1906 in Berlin:]


Schreibe an Barnowsky daß Tilly nicht zur Probe kommen kannFrank Wedekind hat am 9.5.1906 notiert: „Tilly hat Probe von Ideale Gatte. […] Tilly ist stark erkältet.“ [Tb] Tilly Wedekind sollte in Oscar Wildes Komödie „Ein idealer Gatte“ am Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) spielen, was sich ihrer Schwangerschaft wegen zerschlägt; ein Arzt schreibt sie am 15.5.1906 krank: „Morgens mit Tilly bei Flatau. Er stellt ihr ein Zeugnis aus, daß sie nicht spielen kann.“ [Tb] Die Premiere am 16.5.1906 fand ohne sie statt: „Wegen plötzlicher Erkrankung der Frau Tilly Niemann-Wedekind hat Fräulein Else Böttcher in der heute im Kleinen Theater stattfindenden Erstaufführung von ‚Ein idealer Gatte‘ die Rolle der Mabel Chiltern übernommen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 35, Nr. 246, 16.5.1906, Morgen-Ausgabe, S. (3)].

Frank Wedekind schrieb am 4. Juni 1907 in Berlin folgenden Brief
an Victor Barnowsky

[1. Entwurfsnotizen:]


Mephistos Todeskampf.

Aus diesem Titel ergab sich mir die Widmung „Meiner Braut“Die Widmung – sie galt Berthe Marie Denk [vgl. KSA 6, S. 645] – in der Buchausgabe von „Totentanz“ (1905) lautet: „Meiner Braut in innigster Liebe gewidmet“ [KSA 6, S. 100]; sie steht so bereits im Vorabdruck [vgl. Frank Wedekind: Totentanz. Drei Szenen. In: Die Fackel, Jg. 7, Nr. 183/184, 4.7.1905, S. 1]. als selbstverständlich. Die Widmung wird niemanden verletzen befremden können, dem Göthes Faust in Erinnerung ist.

Aus dem Titel ergiebt sich die Widmung als selbstverständlich für jeden dem Göthes FaustJohann Wolfgang Goethes Tragödie „Faust. Der Tragödie erster Teil“ (1808), eines der kanonisierten Werke des Bildungsbürgertums und im Kaiserreich sakrosankt, wird von Wedekind hier ausdrücklich für sein Stück als maßgeblich herausgestellt; zu den Quellen von „Totentanz“ zählt sie nicht [vgl. KSA 6, S. 639-641]. in Erinnerung ist.

Die dichterische Größe und menschliche Vertiefung des Göthischen Mephisto war mein künstlerisches Vorbild während meiner Arbeit an dem Einakter.

Ich verwarf den Titel „M.T.und wählte den anspruchsloseren Titel „T“. weil ich ihn für anmaßend hielt in der Befürchtung meinem großen Vorbild nicht im entferntesten nahe gekommen zu sein.

Mein künstlerischer Vorwurf bei meiner Arbeit war Folgendes:

Der Cyniker, der an seinem eigenen Cynismus zu Grunde gehen muß |

Der fehlerfreie Rechenkünstler der an seiner glaubenslosen Mathematik zu Grunde gehen muß.

Vor allem aber ‒ und diesen Vorgang habe ich am stärksten betont:

Der eingefleischte Pessimist, der an seinem unheilbaren Pessimismus zu Grunde gehen muß.

In der Figur des Fräulein von Malchus suchte ich ein Menschliches Wesen hinzustellen, das als lächerlich in die Handlung eintritt, das dann aber durch Aufrichtigkeit und echte Leich/d/enschaft | mehr und mehr die Sympathie des Zuhörers erobert, und sich um einen beträchtlichen Unterschied größer und schöner aus dem Stück verabschiedet als wie es in die Handlung eingetreten istzunächst mit Bleistift gestrichen, durch „war“ ersetzt und Änderung durch Unterpunktung wieder aufgehoben, dann mit Tinte erneut gestrichen sowie „war“ durch Unterpunktung als gültig markiert.. war.

Den internationalen Verein zur Bekämpfung des Mädchenhandels in dieser Figur zu persiflieren, lag mir so gänzlich fern, daß ich in der letzten Scene versäumte auf dieses Thema zurückzukommen. Um einem solchen Mißverständnis aus dem Wege zu gehen möchte ich auf Seite x Zeile x nach den Worten „…………[“] folgendes einfügen: |

Die Aufrichtigkeit dieser Äußerung wird der kein Zuhörer nach dem Vorangegangenen nicht bezweifeln können. In der Figur der Lisiska suchte ich die Nichtigkeit, die Eitelkeit des rohen Sinnengenusses zum Ausdruck zu bringen. Ich suchte den Beweis dafür nicht vom moralischen sondern vom rein sinnlichen Gesichtspunkt aus zu zum Ausdruck zu bringen/kennzeichnen/. Ich glaube mich in dieser Darstellung mit jedem verständigen Zuhörer in vollem Einverständnis zu befinden. |

In der Figur des Herrn König habe ich mich selbst als Autor in die Handlung hineingestellt um darzubieten wie ich die Anregung zu dem Einakter k empfing. Der künstlerische Idealismus in dieser Figur kann kaum von irgend Jemanden als anstößig empfunden werden.


[2. Briefentwurf:]


[Sehr geehrter Herr Direktor!

Ich danke Ihnen sehr für das lebhafte Interesse, das Sie meinem Einakter „Totentanz“ entgegenbringen. Ich ersuche Sie auch, Herrn OberRegierungsrat von GlasenappCurt von Glasenapp, Regierungsrat und Leiter der Theater- und Zensurabteilung im Königlichen Polizeipräsidium Berlin [vgl. Berliner Adreßbuch 1907, Teil I, S. 654], war für die Entscheidung verantwortlich, dass Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ nicht öffentlich aufgeführt werden konnte [vgl. KSA 3/II, S. 1260]., wenn Sie ihn sehen, meinem ergebensten Dank für die Würdigung Ausdruck zu geben, die Herr OberRegierungsrat so freundlich ist, für meine Arbeit an den Tag zu legen. Erlauben Sie mir nun, Herr Direktor, Sie noch auf folgende Thatsachen aufmerksam zu machen:]

Als künstlerisches Vorbild sah ich bei meiner Arbeit an dem Einakter den Götheschen Mephisto vor mir, ganz besonders die menschliche | Vertiefung und Verwirklichung, die der abstrakte Moralbegriff eines Mephisto durch Göthe gefunden hat. Als Titel des Stückes schwebte mir anfänglich vor: „Mephistos Tod“ oder „Mephistos Todeskampf“. Ich verwarf diesen Titel aber erstens weil er mir zu anmaßend erschien, sodann weil ich die Anlehnung als unkünstlerisch empfand, und drittens weil ich wol mit Recht fürchtete, meinem großen Vorbild nicht im entferntesten nahe gekommen zu sein.

Für die richtige Auffassung des Stückes von Seiten eines größeren Publikums möchte aber der Titel „Mephistos Tod“ von großem | Vortheil sein. Ich möchte Ihnen dem Stück daher für den Fall, daß eine Aufführung gestattet würde, vorschlagen, dem Stück diesen Namen Titel zu geben.

[Aus dem Titel „Mephistos Tod“ ergab sich mir die Widmung „Meiner Braut“ als ziemlich nahe liegend. Die Widmung wird m.Er., wenn der Göthesche Mephisto in Erinnerung gebracht wird, auch kaum mehr befremden können.]

Das menschliche Thema, das ich in der Arbeit zu behandeln gedachte, war folgendes.

Der Cyniker, der notwendig an seinem eigenen Cynismus zu Grunde gehen muß.

Der rohe Gewaltmensch, der | seiner eigenen Gewaltthätigkeit zum Opfer fällt.

Der fehlerfreie Rechenkünstler der an seiner glaubenslosen Mathematik zu Grunde gehen muß.

Vor allem aber ‒ und diesen Vorgang habe ich am stärksten betont ‒ der eingefleischte Pessimist, der an seinem unheilbaren Pessimismus zu Grunde gehen muß.

In der Figur des Fräulein von Malchus suchte ich ein menschliches Wesen hinzustellen, das als lächerlich in die Handlung eintritt, das dann aber durch Aufrichtigkeit und echte Leidenschaft mehr und mehr die Sympathie Theilnahmemit Tinte ergänzt. des Zuhörers erobert und | sich nach der Absicht des Verfassersmit Tinte ergänzt um einen beträchtlichen Unterschied größer und schöner aus dem Stück verabschiedet, als es in die Handlung eingetreten war.

[Den Verein zur Bekämpfung des Mädchenhandels in dieser Figur zu persiflieren lag mir so gänzlich fern, daß ich in der letzten Scene versäumte, auf dieses Thema zurückzukommen. Um einem solchen Mißverständnis aus dem Wege zu gehen, möchte ich auf Seite 56 Zeile 9 von unten, nach den Worten „unser martervolles Leben durchdringt“ einige Zeilen einfügen„Die von Wedekind erwähnte geplante Textänderung wurde gedruckt nicht realisiert.“ [KSA 6, S. 642], in denen Casti Piani seine frühere Ansicht über den Verein zur Bekämpfung des | Mädchenhandels ebenso widerruft, wie er das zur gleichen Zeit mit seinerenSchreibversehen, statt: seiner. früheren Ansicht über die Sinnlichkeit thut. An der Aufrichtigkeit dieses Widerrufes, in diesem Zusammenhang ausgesprochen, wird meines Erachtens niemand zweifeln können.]

In der Figur der Lisiska suchte ich die Nichtigkeit, oder vielmehr Unmöglichkeit eines rohen Sinnengenusses, insofern es sich um die unglücklichen Opfer handelt, darzuthun.

In der Figur des Herr König habe ich mich selbst als Autor in die Handlung gestellt und geschildert, | wie ich die Anregung zu dem Einakter empfangen. Der abstrakte Idealismus dieses Charakters kann kann meines Erachtens kaum als anstößig empfunden werden.

Die Erfahrungen, die ich mit dem Stück bis jetzt gemacht habe, sind folgende: Bei der öffentlichen Uraufführung in Nürnberg brachte das Publicum der Vorstellung vollständig, und ohne daß die geringste Störung stattgefunden hätte, die ernste Würdigung entgegen, die ich in den Scenen angestrebt habe. Die Behörde fand meines Wissens keinerlei Veranlassung, sich mit dem Stück oder mit der | Beschränkung der Öffentlichkeit der Vorstellungen zu beschäftigen.

[Wir haben den Einakter an drei Abenden gespieltNach der Uraufführung von „Totentanz“ am 2.5.1906 am Intimen Theater in Nürnberg unter der Regie von Emil Meßthaler, die „anstandslos über die Bühne gehen“ [KSA 6, S. 668] konnte, fanden am 3. und 4.5.1906 zwei weitere Vorstellungen statt (Frank Wedekind spielte den Casti Piani, Tilly Wedekind die Lisiska). und hätten, wie Sie wissen, noch zehn weitere Abende spielen können, wenn Sie den dazu nötigen Urlaub hätten erteilen können. In der literarischen Gesellschaft in Dresden las ichWedekind notierte am 12.11.1906 seine Lesung bei der Literarischen Gesellschaft in Dresden im Saal des Ausstellungspalastes [vgl. Adreßbuch für Dresden 1906, Teil II, S. 165], bei der er Szenen aus „So ist das Leben“, die Erzählung „Rabbi Esra“ und aus „Totentanz“ den „Dialog ‚Franz und Lisiska‘ (d.h. der Dialog zwischen ‚König‘ und ‚Lisiska‘ [...]) und Gedichte“ [vgl. KSA 6, S. 675] vortrug: „Vortrag in Dresden. Literarische Gesellschaft.“ [Tb] Sie wurde durchaus anerkennend besprochen [vgl. KSA 6, S. 659]. Die Kritik meinte, Wedekind sei inzwischen „ein Anerkannter“ und „ein fein und klug gestaltender Vorleser“ [Dresdner Neueste Nachrichten, Jg. 14, Nr. 309, 14.11.1906, S. 2]. im verfloßenen Winter die Verse des Stückes öffentlich vor, ohne daß meines Wissens irgend jemand Ärgernis daran genommen hätte. Die nämliche Erfahrung machte ich vor einigen Wochen mit einer öffentlichen Vorlesung des ganzen Einakters im Lustspieltheater in BudapestWedekind notierte am 14.5.1907 zum „Wedekind-Nachmittag“ [Pester Lloyd, Jg. 54, Nr. 115, 15.5.1907, S. 4] im Lustspieltheater in Budapest: „Ich lese Totentanz“ [Tb]. Die Veranstaltung (außer „Totentanz“ standen „Der Kammersänger“ und Kabarettlieder auf dem Programm) wurde ebenfalls anerkennend besprochen [vgl. KSA 6, S. 674].. |
Zum Schluß dieser Zeilen, deren Inhalt an maßgebender Stelle zu geschätzter gefälliger Erwägung zu unterbreiten Sie vielleicht für gut finden, erlaube ich mir, noch einen anderen Titel in Vorschlag zu bringen, und zwar: „Der Tod des Teufels

In vorzüglicher Hochschätzung
Ihr
Frank Wedekind


Berlin, den 4 Juni 1907.


Des Teufels Tod.]

Frank Wedekind schrieb am 21. Juni 1909 in München folgenden Brief
an Victor Barnowsky

Ba‒y.


Sehr geehrter Herr Direktor

Vom DirektorHans Edmund in Basel (Hammerstraße 53) [vgl. Adressbuch der Stadt Basel 1909, Teil I, S. 127] war seit dem 1.10.1905 Direktor des dortigen staatlich subventionierten Interimstheaters (Eigentümer: Alfred Bömly), außerdem Direktor des Sommertheaters in Bad Liebenstein (Sachsen-Meiningen) und der Monatsoperette in Hildburghausen und Meiningen [vgl. Neuer Theater-Almanach 1909, S. 260f.]; das Interimstheater in Basel war eigentlich das Bömly-Theater (Riehenstraße 61) [Adressbuch der Stadt Basel 1909, Teil II, S. 110]. Hans Edmund werde ich nun thatsächlich in Basel wegen Kontraktbruch auf Zahlung der einer Konventionalstrafe von frs 300 verklagt. Die Klage basiert lediglich auf dem von Ihnen vermittelten KontraktZusammenhang nicht ermittelt. den Sie mir ausdrücklich als einen Eventualkontrakt bezeichneten. Ich lege mein Schreiben an das Zivilgericht Baselnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Zivilgericht Basel, 21.6.1909. Es dürfte sich bei der Beilage um eine Abschrift dieses verschollenen Schreibens gehandelt haben, das Wedekind am 21.6.1909 notierte: „Brief an Zivilgericht.“ [Tb] Er hat eine solche Abschrift auch einem weiteren Brief beigelegt [vgl. Wedekind an Basler National-Zeitung, 21.6.1909]. bei. Sollte es Ihnen nicht möglich sein Herrn Direktor Edmund zu veranlassen die Klage zurückzuziehen dann werde ich mich in Zukunft schlechterdings zu meinem Bedauern auf eine so gefährliche Vermittlung nicht mehr einlassen können.

Ich bitte Sie Mit den/m/ Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochschätzung entgenzunehmen
FrW.

Victor Barnowsky schrieb am 15. November 1909 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 15.11.1909 in München:]


Barnowsky telegraphiert wegen GastspielZusammenhang nicht eindeutig ermittelt. Victor Barnowsky, Direktor des Kleinen Theaters in Berlin, der Wedekind ein Gastspiel angeboten haben dürfte, richtete einige Wochen später an Wedekind „eine Anfrage [...] ob wir 24. und 26. März Hidalla spielen wollen.“ [Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 2.3.1910].

Victor Barnowsky schrieb am 28. Februar 1910 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis und Referat in Frank Wedekinds Brief an Tilly Wedekind vom 2.3.1910 aus Wien:]


Gestern [...] bekam ich eine Anfrage von Barnowsky ob wir 24. und 26. März Hidalla spielen wollen.

Frank Wedekind schrieb am 1. März 1910 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Victor Barnowsky

[Hinweis in Frank Wedekinds Kartenbrief an Tilly Wedekind vom 2.3.1910 aus Wien:]


Gestern [...] bekam ich eine Anfrage von Barnowsky ob wir 24. und 26. März Hidalla spielen wollen. Ich verlangte 500 M pro Abend.

Victor Barnowsky schrieb am 25. August 1910 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 27.8.1910 in Lenzburg:]


Gastspielvertrag von BarnowskyVictor Barnowsky, Direktor des Kleinen Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1911, S. 296], schickte den Vertrag für Frank und Tilly Wedekinds Berliner Gastspiel vom 6. bis 19.10.1910, bei dem „Die Zensur“ und „Der Liebestrank“ gegeben wurde (der Gastspielvertrag ist nicht überliefert). Wedekind reiste am 30.9.1910 nach Berlin, die Proben begannen am 1.10.1910 [vgl. Tb]; er hatte Victor Barnowsky zuletzt am 25.6.1910 in München gesehen: „Mit [...] Barnowsky Torggelstube.“ [Tb]

Victor Barnowsky schrieb am 20. September 1912 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 20.9.1912 in München:]


Barnowsky telegraphiert Gastspiel abWedekind hatte sich dem Tagebuch zufolge am 10.8.1912 („Barnowsky kommt wir verabreden Wiener Gastspiel“) und 14.8.1912 („T.St. mit Barnowsky“) in München mit Victor Barnowsky, Direktor des Kleinen Theaters in Berlin, getroffen und ein Gastspiel in Wien verabredet, das in dem nicht überlieferten Telegramm abgesagt wurde. [...]

Frank Wedekind schrieb am 23. September 1912 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Victor Barnowsky

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 23.9.1912 in München:]


Nachmittags bei Rosenthal wegen Wiener Gastspiel TellegrammVictor Barnowsky, Direktor des Kleinen Theaters in Berlin, hatte ein in Wien geplantes Gastspiel telegrafisch abgesagt [vgl. Victor Barnowsky an Wedekind, 20.9.1912], worüber Wedekind sich mit dem Münchner Rechtsanwalt Wilhelm Rosenthal besprach und anschließend das nicht überlieferte Telegramm nach Berlin aufgab. an Barnowsky.

Victor Barnowsky schrieb am 15. Juni 1913 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[1. Hinweis in Frank Wedekinds Brief an Tilly Wedekind vom 17.6.1913 aus München:]


Barnowsky [...] seinen Brief leg ich hier bei, vielleicht sendest Du ihn Deiner Schwester.


[2. Hinweis in Tilly Wedekinds Brief an Frank Wedekind vom 18.6.1913 aus Lenzburg:]


Vielen Dank auch für Barnowsky’s Brief, ich werde ihn Martha weitersenden, wollte Dich schon darum bitten.


[3. Hinweis in Tilly Wedekinds Brief an Frank Wedekind vom 22.6.1913 aus Lenzburg:]


Abends schrieb ich Martha schickte ihr den Brief von Barnowsky u. gab ihr gute Ratschläge.

Frank Wedekind schrieb am 16. Juni 1913 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Victor Barnowsky

[Hinweis in Frank Wedekinds Brief an Tilly Wedekind vom 17.6.1913 aus München:]


An Barnowsky schrieb ich gestern [...]

Frank Wedekind schrieb am 22. Dezember 1913 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Victor Barnowsky

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 22.12.1913 in München:]


Telegramm an Barnowsky wegen Simson. HTR. mit Friedenthal, der ans B.T. über das TelegrammJoachim Friedenthal, Münchner Korrespondent des „Berliner Tageblatt“, mit dem Wedekind sich am 22.12.1913 im Münchner Hoftheater-Restaurant getroffen hat, schrieb folgende Notiz über Wedekinds Telegramm, das dessen Absage betraf, in der Uraufführung des „Simson“ am Berliner Lessingtheater (Direktion: Victor Barnowsky) am 24.1.1914 die Titelrolle zu übernehmen: „Die erste Aufführung von Frank Wedekinds „Simson“ ist im Lessingtheater im Laufe des Januar in Aussicht genommen. Direktor Barnowsky hat, wie unser Münchener Korrespondent erfährt, Wedekind aufgefordert, die Titelrolle zu übernehmen. Wedekind hat aber abgelehnt, und das mit umso triftigeren Gründen, als er gerade mit der Simsonrolle den Schauspielern Gelegenheit zur vollen Entfaltung ihrer Mittel geben wollte. Wer die Titelrolle spielen wird, steht heute noch nicht fest.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 42, Nr. 653, 24.12.1913, Abend-Ausgabe, S. (3)]. schreibt.

Frank Wedekind schrieb am 20. Januar 1914 in Berlin folgenden Brief
an Victor Barnowsky

Lieber, sehr verehrter Herr Direktor Barnowsky!

Sie lassen mir die Auszeichnung widerfahren, mir für den PremierenabendWedekinds Versdrama „Simson“ wurde am 24.1.1914 am Berliner Lessingtheater (Direktor: Victor Barnowsky) uraufgeführt – ohne Wedekind, der zwar am 11.1.1914 in Berlin eintraf [vgl. Tb], um die Regie zu führen, was er anfangs und bis zuletzt offiziell tat, die Rolle des Königs Og von Basan (siehe unten) aber nicht spielte; er ist nach Kompetenzstreitigkeiten mit Victor Barnowsky, der die Regie am 20.1.1914 übernahm, am 21.1.1914 von Berlin abgereist und war am 22.1.1914 früh zurück in München [vgl. Tb], wo er am 23.1.1914 noch zwei Telefonate mit Victor Barnowsky führte, „die mich bestimmen, nicht nach Berlin zu gehen“ [Tb]. meines „Simson“ die Rolle des KönigsVictor Barnowsky, Direktor des Lessingtheaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 309], hatte Wedekind am 19.1.1914 gebeten, in „Simson“ die Rolle des Königs zu übernehmen: „Probe, nach der Barnowsky mich bittet Og von Basan zu spielen.“ [Tb] Aus Wedekinds Telegramm an seine Frau vom 20.1.1914 und aus seinem Brief an sie vom selben Tag geht hervor, dass Victor Barnowsky darauf bestand, dass Wedekind den König Og von Basan spiele. Wedekind fand sich zunächst damit ab (er ließ sich von seiner Frau seinen Schminkkasten schicken), die Rolle nun in wenigen Tagen lernen zu müssen, ein Gespräch mit Carl Heine sowie ein Gespräch mit Friedrich Kayßler, dem Darsteller der Titelrolle, am 20.1.1914 – „Probe. Ich probiere ersten und zweiten Akt. Barnowsky führt Regie. Besuch von Dr. Heine Unterredung mit Kaysler Ich schreibe Brief an Barnowsky“ [Tb] – dürften ihn aber dazu veranlasst haben, das Spiel dieser Rolle noch am selben Tag brieflich abzulehnen. Er schickte den Brief am Vormittag des 21.1.1914 ab, nicht nur an Victor Barnowsky, sondern in einer Abschrift auch an den Feuilletonchef des „Berliner Tageblatt“ [vgl. Wedekind an Paul Block, 21.1.1914], das in der Morgen-Ausgabe mitgeteilt hatte, Wedekind würde den König definitiv spielen [vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 36, 21.1.1914, Morgen-Ausgabe, S. (2)] und diese Mitteilung durch die Veröffentlichung des vorliegenden offenen Briefs in der Abend-Ausgabe (siehe Kommentar zum Erstdruck) revidierte. Og von Basan zu übergeben, die ursprünglich Ihrem MitgliedAlexander Rottmann war Schauspieler im Ensemble des Berliner Lessingtheaters (Direktion: Victor Barnowsky) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 309]. Wedekind war mit ihm seit der von Karl Kraus veranstalteten Wiener Premiere der „Büchse der Pandora“ am 29.5.1905 bekannt – Alexander Rottmann spielte die Rolle des Rodrigo Quast, aufgeführt im Theaterzettel [vgl. Die Fackel, Jg. 7, Nr. 182, 9.6.1905, S. 15]. Herrn Alexander Rottmann anvertraut war, und die Herr Rottmann schon auf mehreren ProbenWedekinds Tagebuch zufolge fanden unter seiner Regie vom 12. bis 17.1.1914 täglich Proben statt (an den beiden ersten Tagen Arrangierproben), dann wieder am 19.1.1914 [vgl. Tb]. Wedekind hielt am 15.1.1914 definitiv fest: „Gehe mit Rottmann seine Rolle durch“ [Tb]. Seiner Frau schrieb er am 14.1.1914, ihm gefalle Alexander Rottmann „sehr gut“ [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 14.1.1914] und er finde ihn „ausgezeichnet“ [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 16.1.1914]. zu meiner, wenn vielleicht auch nicht zu Ihrer vollsten Zufriedenheit verkörpert hatte. Diese Umbesetzung beweist sicher nur, daß Sie keinen Weg unbeachtet lassen wollten, auf dem Sie dem Zuschauer ein erschöpfendes Verständnis meiner Arbeit vermitteln konnten. Außerdem wäre es wohl keinem Theaterleiter zu verzeihen, wenn er sich bei Neubesetzungen, die ihm künstlerisch ersprießlich erscheinen, durch Empfindlichkeiten der davon Betroffenen beirren lassen wollte. Für mich, der ich nicht Schauspieler von Beruf bin, muß in dieser Sache ein anderer Gesichtspunkt maßgebend sein. Ich finde, daß die Darstellung keines Dramas der Welt wichtig genug ist, um durch die empfindliche, vielleicht folgenschwere Kränkung eines verdienten Künstlers erkauft zu werden, der mit größter Schaffensfreude und Hingabe seine erprobte Kraft bereits in den Dienst des Werkes gestellt hatte. Wollen Sie, verehrter Herr Barnowsky, mir daher erlauben, die Rolle des Og von Basan wieder in die Hände des Herrn RottmannAlexander Rottmann spielte bei der Uraufführung des „Simson“ (siehe oben) die Rolle des Og von Basan. Fritz Engel würdigte die Darstellung in seiner Besprechung: „Zum Pathos leitete der König Og über, den Wedekind nie selbst hätte spielen können, und der nun von Alexander Rottmann mit kluger Kraft gegeben wurde.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 44, 25.1.1914, Morgen-Ausgabe, S. (2-3), hier S. (3)] zurückzulegen.

Im Bewußtsein der großen künstlerischen Förderung, die ich Ihnen seit bald zehn JahrenVictor Barnowsky hatte Wedekind im Sommer 1905 an das von ihm ab dem 1.9.1905 für einige Jahre geleitete Kleine Theater in Berlin engagiert, seitdem diverse Stücke Wedekinds inszeniert und Wedekinds Theaterkarriere maßgeblich befördert. zu danken habe
Ihr ergebener
Frank Wedekind.