Kennung: 489

München, 11. Januar 1905 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Lessingtheater, (Theater)
  • Brahm, Otto

Inhalt

Sie scheinen in Ihren geehrten Zeilenvgl. Otto Brahm an Wedekind, 9.1.1905. von der Voraussetzung aus zu gehen daß der Autor der Vermittler zwischen der Direction und dem TheateragentenWedekind erklärt im vorliegenden Briefentwurf, Julian Marchlewski, der Verleger von „Hidalla“ (1904), der für dieses Stück auch den Bühnenvertrieb hatte [vgl. Wedekind an Julian Marchlewski, 21.9.1905], sei zugleich sein Agent. Otto Brahm hatte Wedekind aufgefordert, seinen Verleger über die Entscheidung zu informieren, die geplante Uraufführung von „Hidalla“ am Lessingtheater verschiebe sich [vgl. Otto Brahm an Wedekind, 9.1.1905]; sie kam dann nicht zustande. ist während meiner Auffassung nach der Theateragent der Vermittler zwischen der Direction und dem Autor ist.

Hochachtungsvoll


Tit. Direction des Lessingtheaters Berlin


Sehr geehrter Herr Doctor!

Auf Ihre geehrten Zeilen vom 9.Ivgl. Otto Brahm an Wedekind, 9.1.1905. habe ich Ihnen folgendes zu erwidern. Nach dem Urtheil aller der Herren deren Urtheil mir maßgebend ist und die sowohl das Personal des Lessingtheaters wie meine „Hidalla“ | kennen ist der denkbar beste Darsteller für die Rolle des Hetmann Albert Bassermann. Diese Ansicht, die ich durchaus theile war mir auch seinerzeit auch maßgebend als ich Ihnen mein Stück zur Aufführung überließ. Im Fall Sie keine rein künstlerischen Gründe dagegen einzuwenden haben bitte ich Sie also daher die Rolle des Hetmann von Herrn BassermannAlbert Bassermann war wie sein Kollege Emanuel Reicher, mit dem Otto Brahm die Hauptrolle des Karl Hetmann in der geplanten Uraufführung von „Hidalla“ besetzt hatte [vgl. Otto Brahm an Wedekind, 9.1.1905], Schauspieler am Berliner Lessingtheater [vgl. Neuer Theater-Almanach 1905, S. 288]. spielen zu lassen.

Daß Herr Reicher die Rolle des Hetman spielt halte ich nicht für richtig, weil meiner Ansicht nach folgende Gefahr dabei besteht auf die ich Sie von vorn herein aufmerksam machen Herr Reicher könnte seiner | künstlerischen EigenartEmanuel Reicher gilt „als einer der bedeutendsten Vertreter des naturalistischen Darstellungsstils“ [KSA 2, S. 750]. entsprechend (die Rolle nicht leidenschaftlich genug auffassen,) das Tempo zu langsam nehmen und sich nicht genau an den Text halten. Sollte aber auf den Proben eine ungenaue Wiedergabe des Textes zu beobachten sein, so müßte mich das notwendig zu einem öffentlichen ProtestDazu ist es nicht gekommen, da „Hidalla“ am Lessingtheater unter Otto Brahm nicht uraufgeführt wurde. gegen die Aufführung veranlassen, da ich nicht willens bin, der Öffentlichkeit gegenüber für Worte einzutreten/stehn/ die ich nicht geschrieben habe.

Was den Termin der Aufführung anbetrifft, so liegt es mir völlig fern, Sie in dieser Richtung irgendwie | drängen zu wollen. Dagegen habe ich d/D/ie geschäftlichen Abschlüsse über Aufführungstermin, Tantiemen e. ct. sind indessen aber die Sache meinem/s/ Verlegers und Agenten übertr dem ich 10 % dafür bezahle, daß ich über diese Dinge nicht selbst zu verhandeln brauche. |

Wo es sich um große gemeinschaftliche Ziele handelt ist ein gegenseitiges Mißtrauen viel werthvoller als ein gegenseitiges Vertrauen. Deshalb ist es in einem solchen Falle mein erstes, durch einen unvorhergesehenen Akt jede Behaglichkeit zu ersticken und eine Basis des gegenseitigen Mißtrauens zu schaffen, auf der sich auf allen Seitenvor dem Überschreiben ausradierter Text./allseitig/ eine größere Kraftentfaltung entwickeln muß, die dem gemeinsamen Streben zu gute kommt.

בוLigatur aus den hebräischen Buchstaben Waw (= F) und Beth (= W) für die Namenssigle von Frank Wedekind.


Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 3 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift.
Schriftträger:
Liniertes Papier. Notizbuchblätter. 10,5 x 17 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Der Briefentwurf ist im Notizbuch [Nb 30, Blatt 43v, 44r, 44v, 45r] überliefert; auf seiner Grundlage ist ein Brief geschrieben und abgeschickt worden.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 11.1.1905 ist als Ankerdatum gesetzt – dem Briefinhalt zufolge das Schreibdatum des nur im Entwurf erhaltenen Briefs, wie die Antwort belegt [vgl. Otto Brahm an Wedekind, 16.1.1905].

  • Schreibort

    München
    11. Januar 1905 (Mittwoch)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
L 3501/30
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an (Theater) Lessingtheater, Otto Brahm, 11.1.1905. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (20.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

23.04.2024 11:24