Kennung: 366

München, 25. Juni 1904 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Rößler, Carl

Inhalt

(München), 25. VI. 1904.


Lieber Freund,

ich habe mit Marchlewski gesprochenIm Verlag von Julian Marchlewski (München) war im Mai 1904 Wedekinds Drama „Hidalla“ (1904) erschienen. Einen „Besuch bei Marchlewski“ notierte Wedekind für den 27.5.1904 in seinem Tagebuch. Ob die Besprechung über Rößlers Stück bereits an diesem oder einem späteren, nicht dokumentierten Termin stattfand, ist nicht ermittelt., er sagt, Du möchtest ihm das ManuskriptGemeint ist, wie aus Wedekinds Brief an Rößler vom 7.9.1904 hervorgeht, das Manuskript zu Rößlers Drama „Hinterm Zaun“, für das sich Wedekind offenbar schon früher verwandt hatte [vgl. Wedekinds Brief an Rößler vom 12.1.1901]. Das Stück erschien erst 1908 im Spiegel-Verlag (München). schicken. Ueber die Mk. 500 habe ich noch nichts gesagt, und zwar deshalb, weil es gerade bei Marchlewski gar nicht ausgeschlossen ist, daß er sich in das Stück verliebt. Wenn er es gelesen hat und, was ich kaum bezweifle, es ihm gefällt, dann werde ich mit der geschäftlichen | Frage kommen, aber erst zuletzt, nachdem ich ihn eventuell noch möglichst angefeuert habe. Ich freue mich sehr, daß Du unterm Omnibus hervorgekrochennicht ermittelt. Offenbar mit Bezug auf eine Bemerkung aus Rößlers nicht überliefertem Brief. bist. Aber ist Omnibus nicht ein etwas hartes Wort? Willst Du meine besten ergebensten Grüße an den „schönen edlen Menschennicht ermittelt. Vermutlich ein Zitat aus dem nicht überlieferten Gegenbrief von Rößler.“ gelangen lassen. Was mich betrifft, so mache ich wacker TingeltangelZwischen Mai 1904 und Februar 1905 trat Wedekind mit Unterbrechungen im Münchner Kabarett Die Sieben Tantemörder (Intimes Theater) auf, einem von Joseph Vallé gegründeten Nachfolgeunternehmen der Elf Scharfrichter., bin für nächsten Winter auf einen ganzen Monat nach Breslau engagirtAm 6.5.1904 hatte Wedekind mit Joseph Vallé, dem Direktor der Sieben Tantenmörder, einen Gastspielvertrag „für Breslau September zu 3000 M.“ [Tb] abgeschlossen. Das auf Anfang November verschobene Gastspiel wurde jedoch bereits nach wenigen Tagen mangels Erfolg abgebrochen [vgl. Tb, 1.-7-11.1904]. und freue mich, dabei wieder dies und jenes Excentrische zu erleben. Augenblicklich stehen wir im Zeichen „Reinhart“. Das GastspielDie von Max Reinhardt geleiteten Bühnen des Kleinen und Neuen Theaters gastierten vom 17. bis 24.6.1904 am Münchner Volkstheater mit ihren Berliner Inszenierungen von Maxim Gorkis „Nachtasyl“, Hugo von Hofmannsthals „Elektra“, G. E. Lessings „Minna von Barnhelm“, Maurice Maeterlincks „Schwester Beatrix“ und „Peleas und Melisande“, Schillers „Kabale und Liebe“ sowie Oscar Wildes „Eine Frau ohne Bedeutung“ [vgl. Allgemeine Zeitung (München), Jg. 107, Nr. 261, 11.6.1904, Vorabendblatt, Drittes Blatt, S. 11]. Das Gastspiel wurde von Publikum und Kritik überwiegend enthusiastisch aufgenommen. Die Vorstellung von Maeterlincks „Schwester Beatrix“ am 20.6. wurde in der Kritik der „Allgemeinen Zeitung“ als „Meisterleistung von schwer zu erreichendem, schwerer noch zu übertreffendem Stimmungsgehalte“ gefeiert: „Der Abend war ein Triumph für den Regisseur Max Reinhardt, der [...] am Schlusse von dem enthusiastischen Publikum wohl ein dutzendmal gerufen wurde.“ [Ebd., Nr. 277, 21.6.1904, Morgenblatt, S. 2]. Laut seinem Tagebuch saß Wedekind bei zwei Abendvorstellungen am 17.6. („Abends Nachtasyl“) und 18.6.1904 („Abends Beatrix“) sowie einer Matinee am 23.6. („Matinee v. Cabale und Liebe“) im Publikum. ist für München wirklich eine Erlabung, man begreift wieder, daß man sich auch am Theater freuen kann. Heute Abend giebt Halbe der ganzen Gesellschaft ein großes GelageVon dem Essen zu Ehren der Mitglieder des Berliner Gastspielensembles, das Max Halbe und seine Frau Luise am Abend des 25.6.1904 in ihrer geräumigen Schwabinger Wohnung in der Wilhelmstraße 2 ausrichteten, zeugt eine zwei Tage später, am 27.6.1904 geschriebene Dankkarte, die Wedekind und diverse Mitunterzeichner, darunter Max Reinhardt und der Schauspieler Eduard von Winterstein, aus dem Hoftheater-Restaurant an die „Familie Halbe“ adressierten. Wedekind schrieb darauf in Anspielung auf das Abendessen: „Ist noch etwas Häringssalat übrig? Bitte ihn sofort (persönlich) ins Hoftheater-Restaurant zu bringen. Wir sehnen uns sehr – danach!“.. Ich werde auch hingehen, sobald ich im Tingeltangel fertig binAm Abend des 25.6.1904 trat Wedekind laut Tagebuchnotiz („Tantenmörder M[ark] 17.20“) im Kabarett auf. . Voraussichtlich wird man vor Morgen früh acht Uhr nicht nach Hause kommen. Gertrud Eysoldt hat meiner Ansicht nach ungemein gewonnen. Leider wird sie von einem weiblichen Zerberusmehrköpfiger Höllenhund der griechischen Mythologie, Bewacher des Eingangs zur Unterwelt. Die gemeinte Person ist nicht ermittelt. geführt.

Herzliche Grüße an Ruth. Also schicke das Manuscript bald. Auf baldiges Wiedersehen, mit besten Grüßen Dein

Frank.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 0 Blatt, davon 0 Seiten beschrieben

Schriftträger:
Handschrift nicht überliefert.
Sonstiges:
Der Brief ist nur im Druck überliefert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der bereits im Erstdruck erschlossene Schreibort München geht aus dem Inhalt des Briefes mit großer Sicherheit hervor.

  • Schreibort

    München
    25. Juni 1904 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
124-125
Briefnummer:
230
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Es gibt keine Informationen zum Standort..

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Carl Rößler, 25.6.1904. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (09.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Zuletzt aktualisiert

01.07.2019 09:48