Kennung: 327

Zürich, 16. Juli 1895 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Blei, Franz

Inhalt

Zürich Universitätsstraße 15.
16.7.95.


Lieber Herr Blei,

mit großem Genuß habe ich in Berlin Ihre Komödie Thea gelesen und danke Ihnen herzlich für die Übersendungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Blei an Wedekind, Juni 1895.. Erstens halte ich das Stück für durchaus gelungen als das was es sein soll und zweitens athmete ich auf, ein Thema, in dem andere mit heiligem Philisterernst herumwühlen, aus der dazu nöthigen geistigen Größe mit Humor und Grazie behandelt zu sehen. Sie erinnern | sich, was ich Ihnen über Ihre Rechtschaffene Frau sagte. Mein Urtheil ist durch dieses Stück bestätigt worden. Das ist nicht gewollte Kunst, gezüchtete Literatur, wie man sie in Berlin fabrizirt, sondern naives reines Leben. Jedenfalls kommen Sie mit Ihrer Behandlungsweise einem MaupaAnsatz zu „einem Maupassant“, danach ausgeführt. solcher Stoffe, mit ihrer rein künstlerischen von allem Pathos freien Reife, einem Maupassant näher als andere die sich gerne so nennen lassenAnspielung auf einen Diskurs der damaligen Zeit, der den großen Einfluss der zeitgenössischen französischen Literatur auf die deutsche widerspiegelte. Insbesondere Heinz Tovote (1864-1946), Otto Erich Hartleben (1864-1905) und Georg von Ompteda (1863-1931) wurden immer wieder als „deutscher Maupassant“ tituliert. Die Bezeichnung wurde nicht selten auch abwertend verwendet..

Ich habe es sehr bedauert, Sie bei meinem Eintreffen in Zürich nicht hier zu finden. |

Mein Bruder Donald der noch in Berlin ist, läßt s/S/ie herzlich grüßen. Er hat mir viel von Ihnen erzählt, besonders auch von einem Buch Lolotte, mon Novitiat, das ich in Berlin umsonst aufzutreiben gesucht. Wenn Sie es mir vielleicht hierher schicken wollten für einige Tage dürften Sie sicher sein, daß ich es wie meinen Augapfel hüte, und Sie es unversehrt zurückerhalten.

Ich bitte Sie sehr darum, mich Frau Doctor aufs herzlichste zu empfehlen. Die wenigen angenehmen Stunden die ich vor zwei Jahren bei IhnenVon Juni bis 6. September 1893 unterbrach Wedekind seinen Pariser Aufenthalt für eine Reise nach Lenzburg, Bregenz und Zürich. Vom 28. August 1893 ist eine in Zürich abgesandte gemeinsame Postkarte von Otto Erich Hartleben, Franz Blei und Frank Wedekind an Selma Hartleben überliefert. zugebracht, sind mir heute noch in lebhaftester Erinnerung. | Vielleicht habe ich doch noch das Vergnügen Sie im Laufe des Sommersnicht ermittelt. hierzuSchreibversehen, statt: hier zu. sehen. Vor Anbruch des Winters hoffe ich das schöne Zürich nicht verlassen zu müssenWedekind verbrachte die Zeit von August bis Oktober 1895 in Lenzburg, hielt sich dann von Ende Oktober 1895 bis Ende März 1896 erneut in Zürich auf..

Indessen verbleibe ich mit den besten Grüßen Ihr
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11,5 x 18 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Zürich
    16. Juli 1895 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort


    Datum unbekannt

  • Empfangsort


    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Zentralbibliothek Zürich

Zähringer Platz 6
8001 Zürich
Schweiz

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Handschriftenabteilung
Signatur des Dokuments:
Autogr. Bebler D 507/3,2
Standort:
Zentralbibliothek Zürich (Zürich)

Danksagung

Wir danken der Zentralbibliothek Zürich für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Franz Blei, 16.7.1895. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (08.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Cordula Greinert

Zuletzt aktualisiert

31.03.2020 12:10