Kennung: 302

Stuttgart, 14. März 1891 (Samstag), Brief

Autor*in

  • Kürschner, Joseph

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

14/3 91.

Herrn Fr. Wedekind.
München.
Akademiestrasse 21.

Sehr geehrter Herr!
Empfangen Sie meinen freundlichsten Dank für die Zusendung Ihres DramasGemeint ist Wedekinds Drama „Kinder und Narren“ (entstanden 1889/90), für das Wedekind zu dieser Zeit einen Verleger suchte. Kürschner, der als Redakteur der Deutschen Verlagsanstalt in Stuttgart über intensive Kontakte im Verlagsgeschäft verfügte, dürfte ein Exemplar des Privatdrucks erhalten haben, der im Januar oder Februar 1891 auf Wedekinds eigene Kosten bei R. Warth (München) hergestellt worden war [vgl. KSA II, S. 630]. Ob Wedekind sich an die beiden von Kürschner genannten Gewährsleute gewandt hat, konnte nicht ermittelt werden. Erst 1897 erschien das Stück nach wiederholten Überarbeitungen unter dem neuen Titel „Die junge Welt“ im Berliner Verlag W. Pauli’s Nachfolger. , aus dem ich mit lebhaftem Interesse ersehe, dass Sie darin meinem Quart-Lexikon„Kürschners Quart-Lexikon. Ein Buch für Jedermann“, ein einbändiges Nachschlagewerk im handlichen Quart-Format, war zuerst 1888 erschienen und erreichte – seit 1894 unter dem Titel „Universal Konversationslexikon – zahlreiche Auflagen. In Wedekinds Stück „Kinder und Narren“ (I,3) wird die Konfiszierung des „Quartlexikons“, das es sehr vieles enthalte, „was man nicht lesen dürfe, ja was dazu angethan sei, das Lebensglück eines jungen Mädchens zu u n t e r m i n i e r e n“ [KSA II, S. 111] zum Anlass für den kameradschaftlichen Zusammenschluss der Internatsschülerinnen [vgl. auch KSA II, S. 189 für die variante Stelle in der späteren Fassung „Die Junge Welt“ sowie im ebd., S. 697 den Kommentar zu „Kürschners Quartlexikon“]. eine Rolle übertragen haben. Leider bin ich nicht in der Lage, Ihren Wunsch betreffs eines Verlags zu erfüllen. Vielleicht wenden Sie sich damit an die Reclam’sche Universal-Bibliothek„Reclam’s Universal-Bibliothek“ wurde 1867 im Verlag von Philipp Reclam jun. (Leipzig) gegründet. Schwerpunkte der preiswerten broschierten Taschenbuchreihe, die es bis zur Jahrhundertwende auf mehr als 3800 Bände brachte, waren deutsche und europäische Klassiker, moderne Literatur sowie naturwissenschaftliche, philosophische und juristische Texte., die in der letzten Zeit sehr häufig moderne Dramen | gedruckt hat. Was das Opus selbst anlangt, so verbietet mir momentane Arbeitsüberhäufung leider die eingehende Prüfung. Vielleicht wenden Sie sich aber vielleicht mit Bezug auf mich entweder an Herrn Friedrich Algardi in Mannheim N. I. 3 oder an Herrn Karl Gleissenberg, Berlin, Charlottenstrasse 85. Beide Herrn sind gewiss geneigt, Ihren Wunsch zu erfüllen, wenn Sie sich auf mich beziehen.
Es würde mich sehr freuen, s. Zt. von Ihnen zu hören, wo das Drama zur AufführungSchon vor Drucklegung des Stückes hatte Wedekind sich erfolglos um eine Aufführung von „Kinder und Narren“ am Münchner Hof- und Nationaltheater bemüht. Auch spätere Versuche verliefen erolglos. Erst die überarbeitete Fassung „Die junge Welt“ (1897) wurde am 22.4.1908 unter der Regie von Georg Stollberg am Münchner Schauspielhaus uraufgeführt, jedoch bereits nach drei Vorstellungen abgesetzt [vgl. KSA II, S. 752f.; Seehaus 1973, S. 730]. gelangt ist.
Indem ich Ihnen nochmals verbindlichst danke, bin ich
Ihr sehr ergebener
Kürschner

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Brieftext: Antiqua. Unterschrift: Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Brieftext: Schreibmaschine (Durchschlag). Unterschrift: Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaße XX x XX cm.
Schreibraum:
Die Seiten 3 und 2 des Doppelblattes jeweils im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Es handelt sich um einen maschinenschriftlichen Durchschlag des verschollenen Originals, den Kürschner eigenhändig unterzeichnete und für seine Unterlagen zurückbehielt.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Da Kürschner von 1880 bis 1892 als Mitarbeiter verschiedener Verlage in Stuttgart lebte, ist Stuttgart als Schreibort am wahrscheinlichsten.

  • Schreibort

    Stuttgart
    14. März 1891 (Samstag)
    Sicher

  • Absendeort


    Datum unbekannt

  • Empfangsort


    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Goethe- und Schiller-Archiv ‒ Klassik Stiftung Weimar

Jenaer Straße 1
99425 Weimar
Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Bestand Kürschner
Signatur des Dokuments:
GSA 55/12256
Standort:
Goethe- und Schiller-Archiv ‒ Klassik Stiftung Weimar (Weimar)

Danksagung

Wir danken dem Goethe- und Schiller-Archiv ‒ Klassik Stiftung Weimar für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Joseph Kürschner an Frank Wedekind, 14.3.1891. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (08.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Zuletzt aktualisiert

01.07.2019 09:48