Kennung: 2867

Salzburg, 22. September 1914 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Strindberg, Friedrich

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Mein lieber Frank!

Du weißt, wieviel mir immer seit wir uns kennenFriedrich Strindberg hatte mit seinem Vater am 14.9.1913 in Berlin Kontakt aufgenommen und sich daraufhin mit ihm getroffen: „Fritz Uhl telephoniert mich an. Wir lernen uns kennen.“ [Tb] und bevor ich Dich kennen lernte an m/D/einer Freundschaft gelegen ist. Und ich kann den Vorwurf der „Nachäfferei“vgl. Wedekind an Friedrich Strindberg, 17.9.1914. nicht zurückweisen. Ich habe mich so während der kurzen Zeit, da wir uns kennen, in Dich hineingelebt; Du hast mich in allem und jeden so beeinflußt, wie Du es am besten im „Triton“Das nicht überlieferte Stück hatte Friedrich Strindberg seinem Vater während seines Weihnachtsbesuchs in München vorgelesen: „Fritz liest sein Drama Triton vor“ [Tb, 26.12.1913]. an manchen Stellen siehst. Daß ich Dich unbewußt dann viel nachahmte, ja in meinen Briefen an Dich, bitte ich Dich mir nicht | anzurechnen.

Lieber Frank, du sprichst von den Behauptungen unserer FamielieSchreibversehen, statt: Familie., nämlich meiner und meiner Mutter Famielie. Ich erfahre und muß es erst heute hören, noch dazu von Dir, daß sie anfechtbarWedekinds Bemerkung von „den sehr anfechtbaren Behauptungen deiner Familie“ [Wedekind an Friedrich Strindberg, 17.9.1914] war vermutlich eine ironische Replik auf den Vorwurf von Friedrich Strindbergs Großmutter, ihr Enkel sei ein „Bruder des Teufels“ [Friedrich Strindberg an Wedekind, 11.9.1914]. Friedrich Strindberg bezieht die Bemerkung seines Vaters hier überraschenderweise auf seinen Status als dessen Sohn. sind. Würde ich mich nach meinem „Menschenrecht“Figurenzeichnung und Handlungselemente in Friedrich Strindbergs Drama „Menschenrecht“ (nicht überliefert) führten zum Zerwürfnis mit seinem Vater, der das Stück als Schlüsseldrama verstand. Insbesondere in der Figur Frieda erblickte Frank Wedekind ein kompromittierendes Porträt seiner Frau Tilly Wedekind [vgl. Wedekind an Friedrich Strindberg, 24.8.1914; Friedrich Strindberg an Wedekind, 11.9.1914]. schämen, Deiner gnädigen Frau Gemahlin ohne Entschuldigung meines Verhaltens unter den Augen zu erscheinen, so muß ich Dich bitten mir zu glauben: Ich kenne mich nicht mehr aus. Und das fasse bitte nicht als Achtungslosigkeit auf; nein! 15 Jahre glaubte ich dies; Frank, was kann ich hiefür, wenn ich Dir dann freudig in die Arme lief. | Ich weiß über meiner Mutter LebenFriedrich Strindberg wuchs in der Obhut seiner Großmutter Marie Uhl auf und hatte zu seiner Mutter Frida Strindberg nur sporadisch Kontakt. Mit ihrer Übersiedlung nach London 1908 brach er vollends ab. nichts, nicht soviel als ein Sohn wissen sollte. Und höre dann von fremden Leuten Vorwürfe, die ich Dir bei unserer Zusammenkunft erzählen werde. Was verschuldet von meiner Mutter wurde. –

Und ich hörte aus Deinem Munde nie einen Vorwurf; Du nahmst mich in Dein Haus auf, und ich vergalt es in einem halben Jahre so –. Und daß Du mirch dennoch nicht verläßt und mir Gelegenheit gibst, Deine Freundschaft wieder zu erringen, danke ich Dir tief. Insbesondere, da ich erst jetzt von Tag zu Tag immer mehr einsehe, was das „Menschenrecht“ enthielt.

Am 1.am Donnerstag, den 1.10.1914. beginnt unsere Schule. | Ich habe da immer Samstag, Sonntag Zeit, kann mich aber auch sonst durch die Güte des Herrn Direktor freimachen am Nachmittag. Ich danke Dir sehr, daß Du trotz der jetzigen Umstände mich besuchenWedekind traf sich ein Wochenende lang mit Friedrich Strindberg in Salzburg. Am 26.9.1914 notierte er: „Fahrt nach Salzburg. Hotel de l’Europe. Treffe Friedrich Strindberg bei Tisch. Mittag in der Traube. Spaziergang auf den Mönchsberg Aussprache. Hohensalzburg. Theaterkafe Augustiner Bräustüble. Peterskeller Cafe Tomaselli“ [Tb]. Und tags darauf, am 27.9.1914: „Friedrich weckt mich Frühstück im Hotel Spaziergang. Mittag in der Traube. Fahrt nach Hellbrunn Steintheater. Café Krimel Abendessen im Bahnhof. Rückfahrt.“ [Tb] wirst.

Und nun zum Schlusse bitte ich Dich die Versicherung entgegen nehmen zu wollen, daß ich alles was ich kann, tun werde, um Deine Freundschaft wieder zu erlangen. Und wenn Dir in meinen Briefen unbedachtsame Stellen unterkommen, so bitte ich Dich inständig sie zu entschuldigen.

Mit Liebe
Dein dankschuldiger

Friedrich.


Salzburg, 20/2/. September 1914.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift. Einzelne Buchstaben in Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11,5 x 18 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Salzburg
    22. September 1914 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Salzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 165a
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Friedrich Strindberg an Frank Wedekind, 22.9.1914. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

23.06.2022 15:14