Kennung: 1960

Zürich, 31. Januar 1882 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Sutermeister, Moriz

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Zürich, d. 31. Januar 1882.


Lieber Franklin!

Möchte Dir gerne recht bald (lieber heute schon als morgen) eine gewisse Mittheilung machen, die für Dich sicherlich nicht uninteressant sein wird. Ich verlange aber von Dir vorerst:

1.) daß Du mir versprichst auf Ehre Niemandem, weder BruderGemeint war der zwei Jahre jüngere Bruder William Lincoln (Willy) Wedekind. Der ältere Bruder Armin Wedekind studierte mit Moriz Sutermeister in Zürich., noch Vater, noch FreundBester Freund war Oskar Schibler, der im Herbst 1881 von der Kantonsschule Aarau an die Kantonsschule Solothurn gewechselt war [vgl. Wedekind an Oskar Schibler, 13.10.1881]. noch sonst irgend Jemandem, etwas jemals von dem m/M/ittheilung machen zu wollen, was ich Dir mittheilen werde, es sei denn a.) daß ich Dir die Mittheilung gestatte oder b.) daß Dir Dein Gewissen verbietet länger zu schweigen.
2.) daß Du mit bestem Wissen u. | Gewissen diesen meinen Brief weder Jemandem zeigest, noch den Inhalt desselben Jemandem mittheilest, noch Jemandem sagest, daß ich Dir geschrieben habe.
3.) daß Du mir die sub 1.) u. 2.) verlangten Versprechungen bei unserer Freundschaft nicht bloß giebst, sondern auch haltest.

Wie gesagt, ich möchte Dir meine Mittheilung lieber heute schon als erst morgen machen u. erwarte daher von Dir umgehend sofort einen Brief enthaltend entweder die obenerwähnten Versprechungen oder eine abschlägige Antwort! Hoffe aber die Erstere zu erhalten! |

1.) Hat Hr Schumann dSchweizerdeutsch: die. BerufungAlbert Schumann, der seit 1860 Bezirksschullehrer in Zofingen war, nahm die Berufung zum Professor für Geschichte (an der Gewerbeschule) und Geographie an. Zum Beginn des Schuljahres 1882/83 trat er als Nachfolger des im Sommer 1880 erkrankten und am 26.11.1881 pensionierten Professors Georg Gladbach seine Stelle an. Frank Wedekind hatte den einzigen im Gymnasium vorgesehenen Geographiekurs (über die „Allgemeine und spezielle Geographie von Amerika und Afrika“) bei Gladbach absolviert [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule. Als Einladung zu den vom 10. April an abzuhaltenden Schulprüfungen und der öffentlichen, am 15. April 1882 stattfindenden Jahres-Censur. Aarau 1882, S. 5f.; Zitat in: Programm der Aargauischen Kantonsschule. Als Einladung zu den vom 5. April an abzuhaltenden Schulprüfungen und der öffentlichen, am 10. April 1880 stattfindenden Jahres-Censur. Aarau 1880, S. 16]. angenommen?
2) Was ist das für aeSchweizerdeutsch: ein. Frei, der Deutsch gebenAdolf Frey, Sohn des Volksschriftstellers Jakob Frey, aus Rombach bei Aarau wurde Nachfolger von Wedekinds Deutschlehrer Goswin Karl Uphues und unterrichtete Wedekind in den letzten beiden Schuljahren 1882/83 und 1883/84 an der Kantonsschule Aarau. Studiert hatte Frey Germanistik an den Universitäten Bern und Zürich und an ersterer 1878 über den Schweizer Arzt und Dichter Albrecht von Haller promoviert. Anschließend wurde er Gymnasiallehrer in Zürich, hielt sich aber von 1879 bis 1882 in Leipzig und Berlin auf, von wo er im Frühjahr 1882 als Lehrer für Griechisch sowie für Deutsche Sprache und Literatur an die Aargauer Kantonsschule berufen wurde. Gut bekannt war Frey mit Gottfried Keller und Conrad Ferdinand Meyer. Er selbst schrieb Abhandlungen zur Literatur des 18. Jahrhunderts und zur Schweizer Literatur, verfaßte in der Tradition des Realismus Gedichte, patriotische Festspiele und Romane und gab Ausgaben von Schweizer Dichtern heraus [vgl. Rosmarie Zeller: Adolf Frey. https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011796/2018-01-11/, 18.7.2021]. wird?
3.) Ist’s wahr, daß in Aarau d Philosophie eingeführtEin solcher Plan wurde während der Schulzeit Wedekinds an der Kantonsschule Aarau nicht realisiert. werden soll? –

Sollte es dennoch offenbar geworden sein, daß ich Dir geschrieben habe, so bitte Dich auf Befragen die Antwort zu geben, ich hätte obige 3 Fragen an Dich gestellt!

Je eher Du mir schreibst, desto lieber ist es mir!

Freundl. Gruß von Deinem
treuen HegelVermutlich auf den Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel zurückgehender Biername Moriz Sutermeisters, den er während der wöchentlichen Klassenkneipen benutzte.


Adresse: M. S. stud. theol.Moriz Sutermeister war im Sommersemester 1881 zusammen mit Wedekinds Bruder Armin an der Universität Zürich immatrikuliert worden (Nrn. 6136, 6137), Sutermeister für Philosophie, Armin Wedekind für Medizin [vgl. https://www.matrikel.uzh.ch/active/static/21661.htm, 29.6.2021].,
Seefeldstrasse № 143.
Zürich

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13,5 x 21 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Zürich
    31. Januar 1882 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Zürich
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Aarau
    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 168
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Moriz Sutermeister an Frank Wedekind, 31.1.1882. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Anke Lindemann

Zuletzt aktualisiert

07.12.2021 15:29