Kennung: 1958

München, 6. Oktober 1904 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Rathenau, Walther

Inhalt

Sehr geehrter Herr Doctor,

Obschon ich mit den „Impressionen“ noch nicht ganz zu Ende bin, kann ich nicht mehr länger warten, Ihnen meinen herzlichen Dank für das geistvolle BuchWalther Rathenau hatte Wedekind seinen Prosaband „Impressionen“ (1902) gesandt [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 25.9.1904]. auszusprechen. Die Talmudischen Geschichten„Talmudische Geschichten“ (Erstdruck teilweise 1899 in der „Zukunft“ unter dem Pseudonym W. Hartenau) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 101-120]. finde ich entzückend, die von der Thamar und dem Tod„Der Engel des Todes“ (Erstdruck 1899) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 111-114]. ein herrliches Symbol. „Höre Israel„Höre, Israel!“ (Erstdruck 1897 in der „Zukunft“ unter dem Pseudonym W. Hartenau), das berühmte und umstrittene Plädoyer für jüdische Assimilation, um antisemitischen Diskriminierungen entgegenzuwirken, ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 1-20].“ hat mich im höchsten Grad gefesselt, zumal da es Dinge behandelt, über die ich auch schon nachgedachtWedekinds Überlegungen zu jüdischem Selbstverständnis haben sich beispielsweise 1897 in der Erzählung „Rabbi Esra“ [KSA 5/I, S. 214-218; vgl. KSA 5/I, S. 756-763] niedergeschlagen. zu haben glaube und über die ich Ihnen meine Ansichten gerne gelegentlich vorlegen | möchte, da es sich hier doch wohl um Kulturgeschichte im allerweitesten Sinn handelt. Daß mir die Resurrection Co.„Die Resurrection Co.“ (Erstdruck 1898 unter dem Pseudonym W. Hartenau) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 121-136]. und die Schönste Stadt der Welt„Die schönste Stadt der Welt“ (Erstdruck des Berlin-Essays 1899) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 137-163]. sehr gefallen haben, brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Jetzt bin ich höchst gespannt auf den Aufsatz Phi/y/siologie der Geschäfte„Physiologie der Geschäfte“ (Erstdruck des Essays 1901 anonym in der „Zukunft“) ist in den „Impressionen“ abgedruckt [vgl. Walther Rathenau: Impressionen. Leipzig 1902, S. 165-206]., von dem ich mir Antworten auf Fragen verspreche, die mir von jeher am Herzen gelegen haben. – Sie haben jedenfalls von berufene/st/er Seite uneingeschränkte Anerkennungen die Menge über die „Impressionen“ gehört und gelesen; vielleicht mag es Sie aber doch interessieren, daß mir an Ihren Worten vor allem | eine große ruhige Vornehmheit auffällt, der die Gedrungenheit des Inhaltes eigentlich im Wege stehen müßte.

Es erübrigt mir noch, geehrter Herr Doctor, für die Liebenswürdigkeit, mit der Sie mich in Ihrem Hause empfangenWedekind, der sich vom 22. bis 26.9.1904 zu einem Gastspiel in Berlin aufgehalten hat, war am 22.9.1904 in Begleitung von Maximilian Harden zu Gast bei Walther Rathenau (Viktoriastraße 3, 2. Stock) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1905, Teil I, S. 1643]: „Abends mit M Harden bei Dr. Ratenau diniert.“ [Tb] haben, Ihnen meinen aufrichtigen Dank auszusprechen. Die Stunden, die ich mit Ihnen und Herrn Harden in Berlin verbringen durfte, sind die anregenstenSchreibversehen, statt: anregendsten., die ich seit langer Zeit erlebt habe und Sie werden es meinem Interesse für Menschen von großen Horizonten und geistiger | Eigenart gerne glauben, daß ich mich danach zurücksehne.

Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


München 6. Oktober 04Wedekind notierte am 6.10.1904: „Briefe an Rathenau [...] Harden“ [Tb]..
Franz Josefstraße 42.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 12 x 20 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    6. Oktober 1904 (Donnerstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Zweiter Band

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
130f.
Briefnummer:
236
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Deutsche Nationalbibliothek. Deutsches Exilarchiv 1933-1945

Adickesallee 1
60322 Frankfurt am Main

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Vorlass Vincent C. Frank-Steiner
Signatur des Dokuments:
EB 2007/128-B.05.02.0087
Standort:
Deutsche Nationalbibliothek. Deutsches Exilarchiv 1933-1945 (Frankfurt am Main)

Danksagung

Wir danken dem Deutschen Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Walther Rathenau, 6.10.1904. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Cordula Greinert

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

28.09.2023 23:02