Kennung: 1471

Nürnberg, 26. Juni 1904 (Sonntag), Bildpostkarte

Autor*in

  • Meßthaler, Emil

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Postkarte


An
Herrn Frank Wedekind
in München
Franz Josefstr. 42/2. |


Emil Messthaler als „Willieine der Paraderollen von „Emil Messthaler, dessen ‚Willy‘ in ‚Sodoms Ende‘“ als eine seiner schauspielerischen „Bravourleistungen“ [Wilhelm Fischer: Die „Moderne“. Ein Beitrag zur Theatergeschichte der Gegenwart. Wiesbaden 1894, S. 58] galt.“ in „Sodoms Ende


Lieber Herr Wedekind ich freue mich herzlich über den Fortschritt des Münchener PublikumsAnspielung auf das Gastspiel des Nürnberger Intimen Theaters (Direktion: Emil Meßthaler) am 29.3.1904 – „Aufführung der Büchse der Pandora in München“ [Tb] – am Münchner Schauspielhaus, das vom Publikum mit Unverständnis aufgenommen wurde. „Das einmalige Gastspiel des Nürnberger Ensembles in München [...] endet [...] mit einem Publikumseklat.“ [KSA 3/II, S. 1205] Dagegen war es von „Erdgeist“ begeistert (siehe unten). den es gelegentlich der Aufführung Ihres „ErdgeistWedekinds „Erdgeist“ wurde am 24.6.1904 im Rahmen des erfolgreichen Ensemble-Gastspiels des Kleinen und Neuen Theaters zu Berlin (Direktion: Max Reinhardt) vom 17.6.1904 bis 3.7.1904 am Münchner Volkstheater mit Gertrud Eysoldt in der Rolle der Lulu aufgeführt und mit Beifall aufgenommen [vgl. KSA 3/II, S. 1227]. Hanns von Gumppenberg schrieb: „Im Volkstheater wurde Wedekinds ‚Erdgeist‘ in der vortrefflichen Wiedergabe durch das Ensemble des Kleinen und Neuen Theaters mit starkem, zuletzt stürmischem Beifall aufgenommen. Mit und nach den Darstellern erntete auch Wedekind selbst zahlreiche Hervorrufe. (Bericht folgt.)“ [H.v.G. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 293, 25.6.1904, Morgenblatt, S. 4] In Berlin wurde gemeldet: „Aus München telegraphiert unser Korrespondent: Wedekinds ‚Erdgeist‘ erzielte in der Wiedergabe durch das Kleine und Neue Theater im Volkstheater einen starken Erfolg. Darsteller und Wedekind wurden oft gerufen.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 33, Nr. 317, 25.6.1904, Morgen-Ausgabe, S. (3)] bewiesen hat. Neugierig bin ich, wie sich ein gewißer rückständiger Kritiker & Auch-DichterAnspielung auf Hanns von Gumppenberg, Theaterkritiker der „Münchner Neuesten Nachrichten“ und Schriftsteller, der das „Büchse der Pandora“-Gastspiel des Nürnberger Intimen Theaters am Münchner Schauspielhaus (siehe oben) verrissen hatte [vgl. KSA 3/II, S. 1257]: „Im Schauspielhause wurde [...] Wedekinds dreiaktige Tragödie ‚Die Büchse der Pandora‘ durch das Meßthaler-Ensemble des Nürnberger Intimen Theaters zum ersten Male in München aufgeführt. [...] Wedekind [...] bietet [...] hier nur unzulängliche Surrogate [...]. Die Wiedergabe des Stückes [...] läßt sich weit besser denken, als wir sie gestern sahen. Schon sprechtechnisch konnte das [...] Nürnberger Ensemble der Aufgabe nur sehr mangelhaft genügen [...]. Aber auch in der Charakterzeichnung drückte gar mancher Fehlgriff die Darstellung auf ein abschreckendes Niveau herab“ [H.v.G.: Die Büchse der Pandora. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 152, 31.3.1904, Vorabendblatt, S. 3f.]. Wedekind hatte einen Protest gegen eine andere Besprechung eines im aktuellen Ensemblegastspiel gegebenen Stücks mitunterzeichnet, in dem es heißt: „Unterzeichnete Zuschauer der Vorstellung des Gorkischen ‚Nachtasyl‘ durch das Ensemble des Kleinen und Neuen Theaters (Berlin) halten es für ihre Pflicht, gegen die Besprechung dieser Vorstellung durch Herrn Hans v. Gumppenberg öffentlich Stellung zu nehmen. [...] wir verwahren uns dagegen, daß ein außergewöhnlich starker künstlerischer Erfolg dein Leserpublikum gegenüber durch hämische Redewendungen zu einem eklatanten Mißerfolg umgestempelt wird. Vor allem jedoch verwahren sich Unterzeichnete, daß einer ernsten Kunstleistung gegenüber ein so unwürdiger Ton angeschlagen wird, wie es unseres Erachtens in dieser Besprechung gebraucht wird.“ [Der kritisierte Kritiker. In: Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 311, 21.6.1904, Abend-Ausgabe, S. (2)] Darüber hat die Presse auch andernorts berichtet. verhalten wirdEmil Meßthaler war gespannt, wie Hanns von Gumppenberg (siehe oben) die „Erdgeist“-Inszenierung (siehe oben) rezensieren würde; er schrieb lediglich eine Kurzrezension, die sie verhalten lobte und auf den Publikumserfolg aufmerksam machte: „Im Volkstheater brachte gestern das Ensemble des Kleinen und Neuen Theaters Wedekinds Tragödie ‚Erdgeist‘ zu Ehren. Der groteske Prolog zur ‚Büchse der Pandora‘ hat in den ‚M.N.N.‘ bereits wiederholt Beurteilung erfahren; was darstellerisch aus ihm gemacht werden kann, das haben die Berliner mit einer schwer zu übertreffenden [...] Gesamtleistung erreicht, und zwar vor allem durch ein taktvolles Maßhalten“; es würden die „Darsteller ihren Aufgaben im wesentlichen gerecht. Der Applaus des trotz Feiertags und schönen Wetters leidlich gefüllten Hauses war von Anbeginn sehr lebhaft; vom zweiten Aktschlüsse ab wurde auch Wedekind mit und nach den Hauptdarstellern oftmals gerufen: zuletzt nahm der Beifall wieder die stürmischeren Formen einer begeisterten Huldigung an.“ [H.v.G. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 294, 26.6.1904, S. 3]. Herzliche Grüße
Ihr
E Meßthaler


Was macht „Lulu“??Emil Meßthaler plante, ein Drama „Lulu“ in fünf Akten, das „beide Tragödien wieder vereinigt“ [KSA 3/II, S. 863], „Erdgeist“ und „Die Büchse der Pandora“, am Nürnberger Intimen Theater aufzuführen. Wedekind sandte ihm später ein Manuskript [vgl. Wedekind an Emil Meßthaler, 15.9.1904], das verschollen ist; eine Buchausgabe „Lulu. Tragödie in fünf Aufzügen mit einem Prolog“ lag erst 1913 vor [vgl. KSA 3/II, S. 869].

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 14 x 9 cm. Mit Textaufdruck.
Schreibraum:
Im Querformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Bildseite zeigt drei Rollenfotografien von Emil Meßthaler wie in der gedruckten Bildunterschrift ausgewiesen (hier wiedergegeben). Der Mitteilungstext auf der Bildseite beginnt unterhalb des Aufdrucks zu den Abbildungen und ist am oberen Rand fortgesetzt. Die Nachschrift befindet sich am linken Rand. Die Bildpostkarte ist mit einer aufgeklebten Briefmarke von 5 Pfennig frankiert. Wedekind hat auf der Adressseite mit roter Tinte das Datum „27.6.04.“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Das Datum des Postausgangsstempels – 26.6.1904 – darf als Schreibdatum angenommen werden.

Uhrzeit im Postausgangsstempel Nürnberg: „3 – 4 N“ (=15 bis 16 Uhr). Uhrzeit im Posteingangsstempel München: „V. 4 – 5“ (= 4 bis 5 Uhr).

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 114
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Emil Meßthaler an Frank Wedekind, 26.6.1904. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. http://briefedition.wedekind.h-da.de (19.05.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

11.11.2023 20:43