Sehr geehrter Herr Müller!
Beiliegend die beiden BilderDie beiden Fotos von Frank und Tilly Wedekind liegen dem Brief nicht mehr bei.. Wir dürfen nur bei keinem
vergessen den Photographen zu nennen. Bei meinem Hofphoto Bieber, HamburgFrank Wedekind wurde am 27.11.1909 in Hamburg im Atelier Königlicher Hof-Photograph E. Bieber (gegründet von Emilie Bieber, Inhaber: Leonard und Emil Berlin), Kunst-Institut für Porträt-Photographie (Jungfernstieg 8/9) [vgl. Hamburger Adressbuch 1910, Teil II, S. 61], aufgenommen: „Bieber photographiert mich.“ [Tb],
bei dem meiner Frau Phot. Franz Grainer, MünchenTilly Wedekind wurde am 2.5.1910 in München im Photographischen Atelier Franz Grainer (Theatinerstraße 38) [vgl. Adreßbuch für München 1910, Teil I, S. 178] im Rollenkostüm der Prinzessin Alma aus „König Nicolo oder So ist das Leben“ aufgenommen: „Tilly läßt sich bei Greiner als Alma photographieren.“ [Tb]. Unter das Bild meiner
Frau bitte ich zu drucken: Tilly Wedekind in „So ist das Leben.“
Eine persönliche Interpellation von SchauspielernStellungnahmen von Schauspielern über ihn als Schauspieler einzuholen, wie Wedekind hier in quasi parlamentarischem Sprachgestus in Erwägung zieht und verwirft, hat er öffentlich erst in seinem Aufruf „Frank Wedekind an die Schauspieler“ [KSA 5/II, S. 417f.] umgesetzt, der am 14.11.1911 in der „Münchener Zeitung“ und in etwas anderem Wortlaut in „Die Schaubühne“ publiziert wurde [vgl. KSA 5/III, S. 360]. Wedekind hat zuvor allerdings sein eigenes Schauspiel in einer Selbstdarstellung reflektiert, die Alfred Holzbock im Rahmen seines Artikels „Bühnendichter als Schauspieler“ [KSA 5/II, S. 388f.] am 16.10.1910 im „Berliner Lokal-Anzeiger“ veröffentlichte [vgl. KSA 5/III, S. 118], die Schauspieler zur Stellungnahme hätte provozieren können. halte ich
jetzt nicht für richtig. Kainz, der mir sehr gewogen ist, müßte man seiner
KrankheitDer berühmte Wiener Schauspieler Josef Kainz vom Burgtheater war an Darmkrebs erkrankt, am 17.5.1910 im Wiener Sanatorium Loew operiert worden [vgl. Die Operation an Hofschauspieler Josef Kainz. In: Neue Freie Presse, Nr. 16427, 18.5.1910, Morgenblbatt, S. 10f.] und hielt sich noch immer in diesem Sanatorium auf (er starb dort am 20.9.1910), wie die Presse meldete. wegen ausschließen. Aber auch vom hiesigen Hoftheater möchte ich, wie
die BezichtigungenWedekind war in der Presse teilweise sein eigenes Auftreten auf der Bühne vorgeworfen worden, statt die Darstellung seiner Rollen Schauspielern zu überlassen. augenblicklich stehen, nicht gern jemand in die Verlegenheit
bringen, sich äußern zu müssen. Beim Schauspielhaus wäre es erst recht unangebracht.
Im großen Ganzen giebt mir die Presse ja | bis jetzt recht. Deshalb halte ich
es für richtig zu warten, ob sich nicht doch vielleicht mit der Zeit von selbst
ein Schauspieler äußert.
Mit ergebenstem Gruß
Ihr
FrWedekind.
28.6.10.