Bitte wählen Sie je ein Dokument für die linke und rechte Seite über die Eingabefelder aus.
[1. Briefentwurf mit Entwurf des Rahmens:]
Der
eine namhafte Schauspielerin vom Frau Hofrat Z.Wedekinds
Sehr galant klingt
diese Zurückweisung u/U/nd trotzdem wird die
Dame Herrn Wedekind für
[2a. Druck in den „Münchner Neuesten Nachrichten“:]
Wedekind und die
Dresdner. Ein angesehenes weibliches Mitglied des Dresdener Hoftheaters,
Gattin des dortigen Dramaturgen, Der
Reisekoffer“ in einer literarischen Matinee in Dresden öffentlich vortragen
zu dürfen. Wedekind antwortete der Dame umgehend folgendes:
„Sehr geehrte gnädige
[2b. Druck im „Grazer Tagblatt“:]
(Der ungalante Wedekind.) Eine namhafte Schauspielerin vom Dresdener
Hoftheater und Gattin des dortigen Dramaturgen wandte sich vor kurzem an Frank
Wedekind mit der Bitte um die Erlaubnis, das Gedicht ‚Der Reisekoffer‘ in einer
literarischen Matinée in Dresden öffentlich vortragen zu dürfen. Wedekind antwortete
der Dame umgehend folgendes: „Sehr
geehrte gnädige Frau Hofrat! Bei der uneingeschränkten Verachtung, die das
Dresdener Hoftheater seit 20 Jahren für meine gesamte dramatische Arbeit an den
Tag legt, kann es unmöglich in meinem Interesse liegen, dem Dresdener Publikum
von einer Hofschauspielerin durch den Vortrag von Gedichten wie ‚Der
Reisekoffer‘ vorgeführt zu werden. Ich glaube, dankbarere Aufgaben für Schlauspielerinnen
geschaffen zu haben. Für Ihre liebenswürdige Absicht, durch deren Ausführung
Sie mir keine besondere Ehrung erwiesen hätten, wie Sie vielleicht
voraussetzten, sage ich Ihnen meinen ergebensten Dank. Mit dem Ausdrucke vorzüglichster
Hochschätzung F. W.“ Sehr galant klingt dies gerade nicht. Und doch wird
die Dame Herrn Wedekind für seine Ablehnung dankbar sein müssen, da sie das
viel weniger als zweideutige Wedekind’sche Gedicht „Der Reisekoffer“ offenbar
gar nicht verstanden hat. Die Frau Hofrat wäre sonst schwerlich jemals auf den
Gedanken verfallen, dieses Gedicht in einer literarischen Matinée zum besten zu
geben.
[2c. Druck in den „Dresdner Nachrichten“:]
Ein hochgeschätztes früheres Mitglied unseres Königl.
Schauspiels Frau Hofrat Gasny-Zeiß wandte sich vor kurzem an Frank Wedekind mit der Bitte um die
Erlaubnis, das Gedicht „Der Reisekoffer“ in einer literarischen Matinee in
Dresden öffentlich vortragen zu dürfen. Wedekind antwortete der Dame umgehend
folgendes:
„
Sehr galant klingt dies gerade nicht. Aber auch rein
sachlich hätte man von Herrn Frank Wedekind eine andere Begründung der
höflichen Bitte erwarten dürfen. Dem Dresdner Hoftheater wird wahrhaftig
niemand den Vorwurf literarischer Rückständigkeit machen können. Immerhin ist
es doch nicht verpflichtet, den literarischen Produktionen des Herrn Frank
Wedekind, die, ob mit, ob ohne Absicht des Verfassers – das sei dahingestellt,
zynisch und zersetzend wirken, seine Tore zu öffnen. Herr Wedekind scheint es
als eine Todsünde anzusehen, wenn deutsche Kunstinstitute in der Erwerbung von
„
Bestehend aus 1 Blatt, davon 1 Seite beschrieben
Der 22.8.1909 ist als Ankerdatum gesetzt – das wahrscheinliche Schreibdatum des als offener Brief konzipierten Schreibens, das Wedekind mitsamt einem Rahmentext am 23.8.1909 in mehreren Exemplaren kopieren ließ: „Ich lasse Notiz wegen Gasny verfielfältigen“ [Tb]. Er brachte es am 25.8.1909 persönlich der Konzertagentur Emil Gutmann: „Besuch bei Gutmann, der den Versand der Reisekoffernotiz übernimmt“ [Tb], die es der Presse übermittelte (in mindestens drei Zeitungen veröffentlicht).
Hedwig Zeiß-Gasny hat den Originalbrief am 28.8.1909 in Dresden empfangen, wie sie der Presse vor Ort telefonisch mitteilte: „Die Künstlerin hat das Original des Wedekindschen Schreibens erst gestern morgen erhalten.“ [Der ungalante Wedekind. In: Dresdner Nachrichten, Jg. 53, Nr. 239, 29.8.1909, Abend-Ausgabe, S. (2)]
München
22. August 1909 (Sonntag)
Ermittelt (unsicher)
München
Datum unbekannt
28. August 1909 (Samstag)
Ermittelt (sicher)
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13
Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Frank Wedekind an Hedwig Zeiß-Gasny, 22.8.1909. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (10.12.2025).
Ariane Martin