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[1. Erster Briefentwurf:]
Darf ich
Hochachtungsvoll ergebenst.
dürften mich gezwungen
In vorzüglicher Hochschätzung
ergebenst
F.W.
An
die Herren Societäre des Deutschen Theaters in Berlin.
[2. Zweiter Briefentwurf:]
Da mir Herr Direktor Reinharteigene
[3. Abgesandter Brief:]
Da mir die Direktion des Deutschen Theaters das
Verfügungsrecht über meine geistige Arbeit streitig macht, ersuche ich
Hochachtungsvoll ergebenst
Frank Wedekind.
[4. Entwurf der Beilage:]
Tagebuch
Ich habe von Max Reinhardt das schmutzigste geschäftliche
Vorgehen erfahren, das ich in meiner zwanzigjährigen Schriftstellerpraxis
erlebt habe.
21.12.5.
Abschluß eines Schauspielervertrages zwischen der Direktion
15.III 06
die h zwei Stunden hindurch die Rolle
Ich unterschreibe Kontrakt/Vertrag/.
Nachdem dann die Probe noch etwa eine Stunde gedauert hat
lädt mich Felix Holländer zum Mittagessen bei auchtheilnimmtElse
19.6.07.
Reinhardt fragt mich im Deutschen Theater ob ich dazu bereit bin meinen Schauspielervertrag mit ihm auf ein weiteres Jahr zu verlängern. Ich erkläre mich damit einverstanden.
Vom am 1.X. in Berlin ein nachdem ich die
vorhergehenden drei Wochen anstrengend an den Vorbereitungen für die Aufführung
gearbeitet habe, die als erste der Saison festgesetzt ist.
8.X.07 Ich geheich ins die en/es/
10.X.07 Felix Holländer erklärt
11.X.07 verschoben
29.X.07 Die Proben werden
4 XI 07 Ich gehe in die Kanzlei um meine Gage zu erheben. Der Rendant theilt mir mit, daß er keine Anweisung hat mir etwas zu bezahlen. Ich mache Herrn Max Reinhart davon Mitteilung. Herr | Max Reinhart sagt mir: „Ich werde die Sache sofort in Ordnung bringen“.
5.XI 07 Ich gehe in die Kanzlei um meine Gage zu erheben. Der
Rendant theilt mir mit, daß er immer noch keine Anweisung hat mir etwas zu
bezahlen.
8 XI anderen
14 XI 07 Ich mache Herrn HolländerHolländerKahane
15.II 08 Herr Reinhart sagt mir, daß nicht er, sondern Herr
Holländer den Autorenvertrag vom 15.III.06 mit mir vereinbart habe. und giebt
mir
[Einweisungszeichen am
linken Seitenrand]
Lücke] keine Bezahlung für meine
Verpflichtungen festgesetzt ist sondern von denen statt einer Garantie der
Forderungen meines Verlegers | unter der Bedingung, daß ich in/an/ den
Kammerspielen zu Spielhonoraren auftrete, die dreimal niedriger sind, als wie
sie mir von irgend einem andern Theaterdirektor bezahlt werden. Theaterdirektor
bezahlt werden.
[Einweisungszeichen am
linken Seitenrand]
Ich bitte Herrn Max Reinhart inständig mir den
Autorenvertrag vom 15 III 06 zurückzugeben. Meine Zugehörigkeit zum Deutschen
Theater werde dadurch keinerlei Schaden erleiden, dagegen werde eine Quelle
fortlaufenden Mißtrauens dadurch befestigt.
Ich erkläre Herrn Reinhart, daß ich nicht zwanzig Jahre
um meine persönliche Freiheit gekämpft habe, um |
8.4.8. Herr Direktor Reinhart weigert sich mir irgendwelche
Bezahlung für den Autorenvertrag zuzugestehen. Ich bitte Herrn Reinhart
inständig mir den Vertrag zurückzugeben. Meine Zugehörigkeit zum Deutschen
Theater werde dadurch keinerlei Schaden erleiden, dagegen werde mein Gefühl
persönlicher Erniedrigung und Entwürdigung dadurch
Herr Reinhart entgegnet mir, daß den Vertrag ohne
Einwilligung seiner Sozietäre nicht lösen d ürfe/arf/. Auf diese
handgreifliche Unwahrheit hin erkläre ich ihm daß ich mich | mit meinen
Beschwerden
Aus den mir vorgelegten Verträgen ersehe ich daß nicht ein
einziger Autor des Deutschen Theaters den gleichen Vertrag Darunter durchgezogener Trennstrich,
darunter Text in anderem Zusammenhang] |
die Herren Sozietäre dazu entschließen können
Ich sage mir ganz bescheiden, daß sich der Mensch nicht zum Künstler emporringt, um durch die Thatsache daß er sich zum Künstler emporgerungen hat eine solche Ansammlung von Ekelhaftigkeiten erleben zu müssen.
1 VIII 08
Gefahrobigen die erg des Deutschen Theaters die
Frank Wedekind
[5. Beilage:]
Tagebuch.
Abschluss eines Schauspielervertrages zwischen der Direktion
Max Reinhardt vom Deutschen Theater in Berlin und mir, gültig vom 1. Oktober
1906 bis 31. März 1907 zu M. 1000 pro Monat. Direktor Reinhardt hat das Recht,
den Vertrag auf ein weiteres Jahr unter gleichen Bedingungen für verlängert zu
erklären.
Probe von „Tartüffe“. Herr Max Reinhardt führt Regie.
Nachdem Herr Reinhardt die Rolle des Tartüffe zwei Stunden hindurch sehr
anstrengend mit mir probiert hat, kommt Herr Felix Holländer in der Pause mit
einem fertig aufgesetzten Kontrakt auf mich zu, von dem vorher nie mit einer
Silbe die Rede war. Er bittet mich ins Bureau zu kommen und versichert mir
dort, der gleiche Kontrakt sei von allen übrigen Autoren des Deutschen Theaters
unterzeichnet worden, ich werde daher nicht zögern ihn ebenfalls zu
unterschreiben. Der Kontrakt verpflichtet den Unterzeichner, auf fünf Jahre
alle seine dramatischen Werke zum Zweck der Aufführung zuerst dem Deutschen
Theater einzureichen. Irgendwelche Gegenleistung, die dieser Verpflichtung
entspräche, ist in dem Kontrakt nicht stipuliert vertraglich vereinbart.. Es ist nicht einmal ein
Aufführungstermin für die einzelnen Stücke festgesetzt. |
2.
Abgespannt und verwirrt, wie ich infolge der vorangegangenen
Anstrengungen bin, unterzeichne ich den Vertrag.
Nachdem dann die Probe noch etwa eine Stunde gedauert, lädt
mich Herr Holländer zum Mittagessen bei Borchardt ein, an dem auch Herr
Direktor Reinhardt und Herr Lewin teilnehmen.
Herr Reinhardt fragt mich im Deutschen Theater, ob ich dazu
bereit bin, meinen Schauspielervertrag auf ein weiteres Jahr mit ihm zu
verlängern. Ich erkläre mich damit einverstanden.
Seit dem 19. Juni warte ich vergeblich auf eine schriftliche
Erledigung der zwischen uns besprochenen Kontraktverlängerung, treffe aber
heute trotzdem pünktlich in Berlin ein, nachdem ich seit drei Wochen an den
Vorbereitungen für die als erste der bevorstehenden Saison festgesetzte
Aufführung gearbeitet habe.
Nachdem ich acht Tage auf Benachrichtigung gewartet, gehe
ich ins Kammerspielhaus, wo ich mich an den Proben beteilige, und frage Herrn
Holländer, ob mein Schauspielervertrag, da schriftlich |
3.
nichts darüber abgeschlossen ist, als verlängert zu betrachten ist oder nicht.
Herr Holländer gibt mir die feste Versicherung, dass der Vertrag durch die
mündliche Vereinbarung vom 19. Juni tatsächlich verlängert worden ist.
Nachdem ich seit dem 8. Oktober an sämtlichen stattgehabten
Proben teilgenommen, gehe ich in die Kanzlei, um meine Gage zu erheben. Der
Rendant Buchhalter. teilt mir mit, dass er keine Anweisung hat, mir etwas auszubezahlen.
Ich mache Herrn Max Reinhardt davon Mitteilung. Herr Reinhardt sagt mir: „Ich
werde die Sache sofort in Ordnung bringen.“
Ich gehe in die Kanzlei, um meine Gage zu erheben. Der
Rendant teilt mir mit, dass er immer noch keine Anweisung hat, mir etwas zu
bezahlen. Daraufhin mache ich keine weiteren Versuche mehr zu meiner Gage zu
kommen und habe sie auch tatsächlich nicht erhalten.
Herr Reinhardt bietet mir schriftlich eine Verlängerung des
Kontraktes unter abgeänderten Daten an, worauf ich mich aber nicht mehr
einlasse. |
4.
Ich mache Herrn Holländer Mitteilung, dass ich auf mein
Engagement für den laufenden Winter (Mark 6000) verzichte, wenn ich dafür den
am 15. März 1906 während der Tartüffe-Probe unterzeichneten Autoren-Vertrag
zurückerhalte. Herr Holländer entgegnet mir, dass nicht er, sondern Herr Max
Reinhardt darüber zu entscheiden habe.
Auf meine Vorstellung, dass der zwischen uns bestehende
Vertrag vom 15.III.06 unbillig sei, lehnt Herr Max Reinhardt die Verantwortung
ab, da nicht er, sondern Herr Holländer ihn mit mir vereinbart habe. Herr
Reinhardt gibt mir aber in Gegenwart des Herrn Direktor André wiederholt die
feste Versicherung, dass er mir für die in dem Vertrag noch vorgesehenen drei
Jahre eine entsprechende Entschädigung für meine Verpflichtung auszahlen werde.
Herr Reinhardt weigert sich auf das entschiedenste,
irgendwelche Bezahlung für die durch den Autoren-Kontrakt vom 15.III.06 mir
auferlegten Verpflichtungen kontraktlich mit mir zu vereinbaren, erbietet sich
aber mündlich, die Forderungen meines Verlegers an das |
5.
Deutsche Theater für die drei Jahre in bestimmter Höhe zu garantieren. Ich
ersuche Herrn Reinhardt inständig, mir den strittigen Kontrakt, für den er
nicht einen Pfennig bezahlt hat, zurückzugeben. Meine Zugehörigkeit zum
Deutschen Theater werde dadurch in keiner Weise beeinträchtigt werden, dagegen
werde mein Gefühl persönlicher Entwürdigung durch die Zurückgabe beseitigt. Ich
suche Herrn Reinhardt begreiflich zu machen, dass ich nicht zwanzig Jahre um
meine persönliche Freiheit gekämpft habe, um schliesslich unbezahlter
Angestellter der Direktion Max Reinhardt zu sein; um schliesslich
weniger Rechte in Berlin zu haben als jeder erste beste beliebige andere
Schriftsteller. Ich suche Herrn Reinhardt ganz vergeblich davon zu überzeugen,
dass der zwischen uns bestehende Vertrag zwischen Menschen, die
gesellschaftlich miteinander verkehren, unmöglich ist und dass ein anständiger
Mensch dem anderen gegenüber nie auf der Erfüllung eines so unbilligen
Vertrages bestehen würde.
Herr Reinhardt entgegnet mir, dass er den Vertrag ohne
Einwilligung der Sozietäre des Deutschen Theaters nicht lösen darf. Auf
diese handgreifliche Unwahrheit hin erkläre ich ihm, dass ich mich dann eben an
die Sozietäre des Deutschen Theaters wenden werde.
Aus den mir vorgelegten mit anderen Autoren abgeschlossenen
Verträgen ersehe ich, dass kaum ein einziger mit dem von mir unterzeichneten
übereinstimmt, dass ich also durch die mir am 15. März 1906 von Herrn Felix
Holländer gegebene Versicherung schlechtweg betrogen worden bin. |
6.
Herr Max Reinhardt unterbreitet mir schriftlich einen
Vertrag, in dem auf drei Jahre eine Garantie der Forderungen meines Verlegers
festgesetzt ist unter der Bedingung, dass ich in den Kammerspielen und am
Deutschen Theater zu Spielhonoraren auftrete, die dreimal niedriger sind, als
wie sie mir zur Zeit von anderen Theaterdirektoren bezahlt werden.
Für die Möglichkeit, dass mir Herr Max Reinhardt am 8. April
die Wahrheit gesagt haben sollte, stelle ich aus meinen Tagebuchaufzeichnungen
die auf diesen Blättern enthaltenen Daten für die Herren Sozietäre des
Deutschen Theaters hier Unterstreichung und mit Einweisungszeichen versehen unten auf der Seite notierte Ergänzung zu dieser Stelle von fremder Hand: „zu denen Dr. R. gehörte, / Gaitner / Sekr.“ zusammen und richte an die Herren Sozietäre das Gesuch,
Herrn Direktor Reinhardt zur Lösung des unbilligen und für mich unwürdigen
Kontraktes zu bevollmächtigen, damit ich nicht nach dreijähriger künstlerischer
Tätigkeit in Berlin diese Stadt mit dem Gefühl persönlicher Demütigung
verlassen muss. Ich sage mir ganz bescheiden, dass sich der Mensch nicht zum
Künstler emporringt, um durch die Tatsache, dass er Künstler geworden ist, eine
solche Ansammlung von Ekelhaftigkeiten zu erleben. Sollte sich das Deutsche
Theater nicht zur Lösung des Kontraktes entscheiden können, dann würde ich, ‒ andere Massnahmen
vorbehalten ‒ mich
eben gezwungen sehen, für die nächsten drei Jahre meine dramatische Produktion
einzustellen. In diesem Falle wäre es aber ziemlich ausgeschlossen, dass das
Deutsche Theater nach Ablauf dieser Frist noch jemals eine Bühnenarbeit von mir
zur Aufführung erhielte.
Frank Wedekind.
Bestehend aus 17 Blatt, davon 23 Seiten beschrieben
München
17. Oktober 1908 (Samstag)
Sicher
München
Datum unbekannt
Datum unbekannt
Akademie der Künste
Pariser Platz 4
10117 Berlin
Deutschland
Wir danken der Akademie der Künste (Berlin) für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.
Frank Wedekind an Robert von Mendelssohn, 17.10.1908. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (19.11.2025).
Ariane Martin