Kennung: 616

Paris, 28. Mai 1899 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Herwegh, Emma

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Samstag den 28ten Mai 99


Lieber Herr Wedekind;

Warum sehe ich Sie nicht? Habe ich Sie ohne es zu ahnen in etwas verletzt? Das scheint mir unmöglich. Dazu kommt, daß Sie in letzter Zeit Ueberraschungen gehabt haben, die Ihnen nichts weniger als erfreulich gewesen sein können! – Das Alles seh u begreife ich aus der Ferne u habe deshalb das Bedürfniß Sie zu sprechen. Wenn Sie Ihren Bruder DonaldDonald Wedekind und Frida Strindberg kamen im Mai 1899 nach Paris, wohin Frank Wedekind am 22.12.1898 von Zürich aus geflohen war. Beide reisten nach kurzer Zeit zurück nach Zürich, wo Donald Wedekind für diverse Zeitungen arbeitete [vgl. die Briefe Frank Wedekinds an Richard Weinhöppel vom 22.5.1899 und an Georg Stollberg vom 28.5.1899]. sehen, sagen Sie ihm, bitte, in seinem Interesse, den Besuch bei H. Widor nicht auf die lange Bank zu schieben, da es mehr als wahrscheinlich, daß er die verlassene Stelle dort wieder antreten kann. – Herr KäslinHans Kaeslin unterrichtete nach seiner germanistischen Dissertation 1892 an der Universität Freiburg im Breisgau unter anderem in Paris. Dort gab er auch dem Organisten Charles-Marie Widor Deutschunterricht [vgl. Hans Kaeslin: Erlebtes aus vergangenen Tagen. II. In: Aarauer Neujahrsblätter 14, 1940, S 72f.]., den ich vor wenigen Tagen | gesprochen, sagte mir, daß die Vormittagstunde von 11–12 bei genanntem Herrn ihm nicht convenire, weil sie ihm den ganzen Morgen abschneide – ein Umstand der Ihrem Bruder, der keine regelmäßige Beschäftigung hat aber sucht, nur willkommen sein muß. Ist Ihre Arbeit vollendetDie erste vollständige Fassung von „Ein gefallener Teufel“ hatte Wedekind bereits am 23.2.1899 fertiggestellt, die Überarbeitung beendete er am 22.5.1899 [vgl. KSA 4, S. 413]., so hoffe ich, bringen Sie mir dieselbe mit, im andern Fall kommen Sie ohne dieselbe. Mich dünkt an Stoff zur wirklichen Unterhaltung fehlt’s weder Ihnen noch mir wenn Sie mir die Freude machen zu kommen.

Mit herzlichem Gruß
Ihre
alte Freundin
E. Herwegh |


Vielleicht kommen Sie diesen Abend etwas vor, falls diese Zeilen noch heute in Ihre Hände gelangen.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 11,6 x 17,8 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Als Schreibort wird der Wohnort Emma Herweghs angenommen.

  • Schreibort

    Paris
    28. Mai 1899 (Sonntag)
    Sicher

  • Absendeort


    Datum unbekannt

  • Empfangsort


    Datum unbekannt

Erstdruck

Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 68
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Emma Herwegh an Frank Wedekind, 28.5.1899. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Cordula Greinert

Zuletzt aktualisiert

02.12.2020 15:01