Briefwechsel

von Carl Schmidt und Frank Wedekind

Carl Schmidt schrieb am 6. Mai 1881 in Aarau folgenden Brief
an Frank Wedekind

V. SCHMIDT-STOCKAR.Carl Schmidts Vater, der Apotheker Valentin Schmidt-Stockar, betrieb in Brugg eine Apotheke mit chemischem Labor.
Chemisches Laboratorium.


Brugg,/Aarau/ den 6. Mai


Lieber Freund Franklin!

Du solltest u. verdiendetestSchreibversehen, statt: verdientest. es von mir gar nicht als „lieber Freund“ angesprochen zu werden. Von fremden Leuten müssen Schibler u. ichWedekinds ehemaliger Klassenkamerad und Intimfreund Oskar Schibler war im Frühjahr 1881 in die III. Klasse des Gymnasiums der Kantonsschule Aarau versetzt worden, Carl Schmidt, vertrauter Schulfreund Wedekinds, besuchte im gerade begonnenen Schuljahr 1881/82 die IV. Klasse des Gymnasiums. erfahren, was aus dir werden sollWedekind war im Frühjahr 1881 nicht in die III. Klasse des Gymnasiums versetzt und daraufhin von der Kantonsschule Aarau abgemeldet worden.. Du willst ein halbes Jahr Privatgelehrter seinWedekind erhielt bis zum Herbst 1881 Privatunterricht auf Schloss Lenzburg., nachher nach Solothurnan die Kantonsschule in Solothurn. abgehen u. schon als Gymnasiast verderben – Buchdrucker werden. Glaube mir, ich bin dein Freund u. ich bin nicht der einzige, der dich zu kennen glaubt. Ob wir dich kennen, weiss ich nicht, denn ich glaube du kennst dich selbst noch nicht, du kennst gar kein Ich u. darum kennst du keinen Gott. Du kannst nicht glücklich werden, wenn Du nicht offen und ehrlich dich bis ins Innerste hinein durchforschest, dich frägst, was bin ich, wozu bin ich. Dass du nicht zu Nichts da bist, hat dich dein guter SternRedewendung für Glück. erkennen lassen. Kennst du etwas von jenem Streben, das uns glücklich machen kann, auch wenn wir verderben in den Augen der Weltmenschen? Deine Talente, dein Geist, sollte dich in diesen Jahren schon längst darauf hingeleitet haben, dich selbst kennen zu lernen, du solltest schon längst deine Ideale gefunden haben. Aber du kennst von alle dem nichts, du setztest einen gewissen Stolz darein PessimistAusführliche Pessimismus-Diskussionen führte Wedekind 1881 in den Korrespondenzen mit Adolf Vögtlin und Oskar Schibler. zu sein. – „Um glücklich zu sein darf der Mensch nicht denken, er darf nur träumen“ Sage lieber „um fett zu werden“ | der Mensch kann auch denken ohne dass er midt gesenktem Haupt und gerunzelter Stirn herumgehen muss, auch der denkende Mensch darf +sein Haupt stolz hoch tragen, auch der derSchreibversehen, statt: der. denkende, nicht nur der träumende Jüngling kann seine Brust sich heben lassen von einem beseligenden Gefühl, von einer Hoffnung auf die Zukunft, wenn er weiss, was er will, wenn er sein ganzes Sein oder vielmehr sein Werden zu concentriren gelernt hat, auf den Punkt, den er sein Ideal nennt. Du kennst noch nichts von diesem Denken, dein Gedanke war immer finster, wie die Nacht, kalt u. frostig, du bist zur Erkenntniss gekommen, dass du denken musstest, um zu sein d. h. um Mensch zu sein, um dasjenige Geschöpf zu werden, das der anatomische Bau deines Gehirnes erfordern musste. Wärest Du nicht zu dieser Erkenntniss gekommen, so wärest du fett geworden d. h. du sässest jetzt in der 3. Cl. Gymn. – Dein Denken war dein Verderben, aber es soll dir auch zum Heile gereichen; erkenne in dir ein Ich, dass dich hinausführt in den harten Kampf des Lebens, dich anspornt zu stiller, emsiger Arbeit: Wisse, was du willst – Mit derselben Feder, mit der ich dir nun schreibe, an dens/ms/elben Tische hat auch der AlteBiername von Adolf Vögtlin. dir ein Lebewohl geschriebenvgl. Adolf Vögtlin an Wedekind, 14.4.1881.. Glaube uns, wir sind deine Freunde, mach nicht, dass du einst zurückschauen musst auf dein Leben, wie auf eine schlecht gespielte Posse, verkannt von der ganzen Welt, weil du dich selbst nie hast kennen lernen wollen. – –

Lebe wohl u. vergiss nicht, dass du noch Freunde hast
dein
C. Schmidt.

Carl Schmidt schrieb am 17. April 1882 in Aarau folgende Visitenkarte
an Frank Wedekind

Carl Schmidt

Stud. phil.Carl Schmidt, der wie Wedekind die Kantonsschule Aarau besucht hat und am 15.4.1882 dort seine Matura bestand, begann im Sommersemester 1882 in Genf (als stud. phil.) ein Studium der Geologie (Beginn 1.5.1882), das er im Wintersemester 1882/83 in Straßburg fortsetzte und dort am 18.10.1882 für das Studium der Naturwissenschaften (nun nicht mehr stud. phil.) immatrikuliert wurde [vgl. Amtliches Verzeichnis des Personals und der Studenten der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg für das Winter-Halbjahr 1882/83. Straßburg 1882, S. 35].


BruggCarl Schmidt war der Sohn eines Apothekers aus Brugg – sein Vater war „ein 48er Flüchtling“, der „sich als Apotheker in Brugg niedergelassen hatte (untere Apotheke, später Haus im Weingärtli)“ [R. Suter: † Prof. Dr. Carl Schmidt. In: Brugger Neujahrs-Blätter für Jung und Alt 35 (1925), S. 53-58, hier S. 53]..

Carl Schmidt schrieb am 1. Mai 1882 in Genf folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[1. Hinweis in Carl Schmidts Postkarte an Wedekind vom 4.6.1882 aus Genf:]


Du musst nun noch mit einer Carte vorlieb nehmen, denn eigentlich hättest du ja schreiben sollen.


[2. Hinweis in Carl Schmidts Postkarte an Wedekind vom 10.7.1882 aus Genf:]


Warum schreibst du auf meine CartenHinweis auf Carl Schmidts Postkarte an Wedekind vom 4.6.1882 und eine weitere nicht überlieferte Karte, das vorliegende erschlossene Korrespondenzstück. nie [...]

Carl Schmidt schrieb am 4. Juni 1882 in Genf folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte.
Carte postale. – Cartolina postale.


Mr. Franklin Wedekind.
Gymnasium
Aarau. |


Mein Lieber.

Du musst nun noch mit einer Carteim Sinne von: mit noch einer Carte; Hinweis auf eine nicht überlieferte Postkarte; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Schmidt an Wedekind, 1.5.1882. vorlieb nehmen, denn eigentl. hättest du ja schreiben sollenals Antwort auf die erste (nicht überlieferte) Karte Carl Schmidts, die seine neue Adresse in Genf enthalten haben dürfte. Wedekinds Schulfreund, der am 15.4.1882 das Abiturzeugnis an der Kantonsschule Aarau erhalten und im Sommersemester 1882 ein Studium der Geologie in Genf aufgenommen hatte, dürfte Ende April nach Genf gezogen sein.. Mein Lieber! ich denke oft an dich, was du arbeitest wie du mit deinen für mich immer noch dubiosen Genossenvermutlich Samuel Schaffner, Hermann Huber und andere Mitglieder der Schülerverbindung Industria, in die Wedekind am 14.3.1882 aufgenommen worden war [vgl. Haemmerli-Marti 1842, S. 31]. auskömmst. Schaffe brav einzig in der ArbeitDenkfigur in der protestantischen Arbeitsethik. u nicht im Philosophiren liegt die Wahrheit. Mir gefällt es hier ausgezeichnet. Arbeit habe ich mehr genugmehr als genug.! abrwohl Schreibversehen (oder Dialekt), statt: aber. aller/s/ um mich i++/st/ Freude u Hoffnung, trotz dem/s/ allerdings wenigen Unangenehmen, das man hie u. da erfahren muss. Ausgezeichnete Bekanntschaft habe ich auch schon geschlossen, ich verkehre nur mit Russen beiderlei Geschlechtes. Es sind ganz famose Kerls, eifrige Naturforscher, die wissen was ihre Aufgabe ist, dass ihr Vaterland das aermste aller Länder ist. Bis jetzt habe ich nur Excursionen mit Professoren gemacht, 2 dicke fo.Buchformat mit einer Höhe von 40 bis 45 cm. Bände mussten zuerst durch gearbeitet werden. Morgen machen wir als die letzte Excursion die tour du lactour du lac leman (frz.) Wanderung zum Genfer See., und dann werde ich auf eigene Faust das Land durchstreifen nach steinigen u recenten Fossilienlebende Fossilien; Arten, deren Bauplan seit Millionen Jahren kaum verändert ist.. Mein Lieber es ist göttlich schön hier, schon oft waren wir 1 RusseEs dürfte sich um den befreundeten russischen Kommilitonen Georg Zinowieff aus Wladikaukas handeln [vgl. die namentliche Erwähnung in Carl Schmidt an Wedekind, 30.4.1883]., ich u 2 Russinnen stud.nicht ermittelt; während das Frauenstudium in vielen europäischen Staaten verboten war, ließen Schweizer Universitäten – zuerst Zürich (1867) – Frauen zum ordentlichen Studium zu, was in weit überwiegender Mehrheit von jungen Russinnen genutzt wurde [vgl. Daniela Neumann: Studentinnen aus dem Russischen Reich in der Schweiz (1867-1914). Zürich 1987]. auf dem See im Mons/d/schein u haben philosophirt von Faust u Heine. Namentlich Heine kennen sie besser als ich, natürlich in russ. Uebersetzung. Nur die eine spricht sehr wenig deutsch. „Auf’s Wiedersehen“ sagt sie immer so hübsch. Sonst sprechen wir immer franz., das schon ziemlich gut geht, mit einigem GagsenStottern. Ich rathe dir ein franz. Buch zu lesen, nimm die Confessions„Les Confessions“ (dt. Die Bekenntnisse), die unvollendete Autobiographie (12 Bücher) Jean Jacques Rousseaus; sie bricht vor seiner Flucht aus Genf nach England (1766) ab.. Ihr habt ja im Grunde so wenig zu thun; du erinnerst dich, dass ich das immer behauptet, u jetzt sehe ich, dass ich recht hatte. Hast du H. B.vermutlich Hermine Brändli von Unterbötzberg, die, in Kulm wohnend, von 1880 bis 1883 die drei Klassen des Lehrerinnenseminars in Aarau besuchte [vgl. Jahresbericht über das Töchterinstitut und Lehrerinnenseminar in Aarau, Schuljahr 1880-1881, S. 6 sowie Schuljahr 1882-1883, S. 5]. einmal gesehen? Ich denke oft daran, denn in die Russ♀ bin ich nicht verschossen. – Der AlteBiername von Adolf Vögtlin während seiner Schulzeit an der Kantonsschule Aarau. ist also seit 5 Tagen MasterAdolf Vögtlin, der gemeinsame Freund Wedekinds und Carl Schmidts, studierte im Frühjahr 1882 in England und erhielt nach dem Masterabschluss (Ende Mai 1882) eine Anstellung in Burnemouth., er ist ungeheuer fromm geworden in England. Lebe wohl
Carl.


Schreibe bald


[Am linken Rand um 270 Grad gedreht:]


Gehst du jetztIm Sommer 1882 war mit der Errichtung des Kirchturms der Neubau der römisch-katholischen Kirche in Aarau äußerlich vollendet (Spatenstich 13.6.1881), die feierliche Einsegnung fand am 16.10.1882 statt. – Der Neubau war notwendig geworden, da die Ostern 1875 zum altkatholischen Glauben übergetretenen Mitglieder das vorhandene Kirchengebäude übernommen hatten [vgl. Georg Bonner: Wie die römisch-katholische Pfarrei Aarau vor 75 Jahren wieder erstand. In: Aarauer Neujahrsblätter, Jg. 32, 1958, S. 78-91]. in die kath. Kirche? Sie soll hochleben, du magst sie lieben.
Wie geht es mit der ChemieWedekind teilte mit Carl Schmidt zu dieser Zeit das Interesse für Chemie. Im 1. Quartalszeugnis 1882/83 (Sommer 1882) bekam er sowohl für Fleiß wie auch für seine Leistungen eine „1“ – im Lauf des Schuljahrs rutschte er auf die Note „4“ ab [Aa, Wedekind-Archiv B, Nr. 170: 1879/1884 Aargauische Kantonsschule Gymnasium: Zeugnissheft für Franklin Wedekind].. Es ist die schönste aller Wissenschaften

Carl Schmidt schrieb am 10. Juli 1882 in Genf folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte.
Carte postale. – Cartolina postale.


Mr. Franklin Wedekind
GymnasiastWedekind besuchte die III. Klasse des Gymnasiums der Kantonsschule Aarau.
Aarau. |


Mein Lieber!

Suche den ruhenden PolRedewendung; in Anlehnung an den Vers „Sucht den ruhenden Pol in der Erscheinungen Flucht“ aus Friedrich Schillers „Elegie“ (1795). in der Erscheinungen Flucht! Kraut u RübenRedewendung für Unordnung. liegt alles um mich herum, mir ists zu Muthe all/s/ müsste ich mein Testament schreiben u. meinem/n/ Freunden einem nach dem Andern Lebewohl sagen. Ich packe die Koffern(schweiz.) die Koffer., um Genf zu verlassenWedekinds Schulfreund Carl Schmidt hatte im Frühjahr 1882 in Genf ein Geologiestudium aufgenommen, zum Wintersemester 1882/83 wechselte er an die Universität Straßburg., das mir so lieb geworden. Mit einem grossen Haufen Büchern werde ich mich nun in eines einsames Pfarrhaus einschliessen u. zum ersten Mal in meinem verträumten Leben zu studiren anfangen. Warum schreibst du auf meine CartenHinweis auf eine frühere Postkarte [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 10.6.1882] und auf eine weitere nicht überlieferte Postkarte; erschlossenes Korrespondenzstück: Carl Schmidt an Wedekind, 1.5.1882. nie, wenn ich zurückkomme habe ich Dir viel zu erzählen. Lass nun aber bald was von d/D/ir hören.

Dein ewig treues Haus
Schmidt.
Steinklopferscherzhafte Anspielung Carl Schmidts auf eine Haupttätigkeit in seinem Geologie-Studium.


Adr.
chez Mr le pasteur(frz.) bei Herrn Pastor Ballif in L'Isle in der Nähe von Cossonay Kanton Waadt – Carl Schmidts Adresse für die nächsten Wochen in dem oben genannten Pfarrhaus.. Ballif
à L’Isle près de Cossonay
Vaud.

Carl Schmidt schrieb am 18. Oktober 1882 in Straßburg folgenden Brief
an Frank Wedekind

Strassburg den 18. Oct.
Wo der FuchsStraße in Straßburg, Adresse von Carl Schmidt; (frz.) Rue renard préchant aux canards. den Enten predigt“ No 7.


Mein lieber Franklin!

Ich weiss es dein unverbrüchliches Schweigen seit letztem FrühjahrIm Frühjahr 1882 hatte Carl Schmidt an der Kantonsschule Aarau die Matura (Abitur) gemacht und war zum Studium der Geologie zunächst nach Genf gezogen. ist ein Theil deiner Charactereigenthümlichkeiten, der mit meiner Person wenig oder nichts zu thun hat. Das Einzige, was mich bei meiner baldigen Abreise hieher verdross, war dass ich dich nicht u. Schibler kaum eine Viertelstunde gesehen hatte.

Nun ich bin also jetzt in StrassburgCarl Schmidt war seit dem 18.10.1882 für Naturwissenschaften an der Universität in Straßburg immatrikuliert [vgl. Amtliches Verzeichnis des Personals und der Studenten der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg für das Winter-Halbjahr 1882/83 (Strassburg 1882), S. 35]., die Brust voller Hoffnungen, die alle emporsteigen höher als die Spitze des MünstersMit seinem 142 Meter hohen Turm galt das Straßburger Münster (Münsterplatz) seinerzeit als höchstes Bauwerk der Menschheit., an vieler Arbeit wird es mir nicht fehlen, da ich gewiss 30 Collegien hören werde. Gegenwärtig bin ich im vollkommenen Uebergangsstadium, ich habe nichts als die Hoffnung auf die Zukunft u den Rückblick auf die Vergangenheit. Es ist etwas langweilig in einer fremden Stadt ohne Beschäftigung u Gesellschaft herumzuliegen u. nichts zu thun.

Die Collegien beginnen nämlich kaum vor dem 30. Oct.ein Montag, statt wie ausgeschrieben am 16. Oct.ebenfalls ein Montag. Ich habe mir nun meinen Hausstand eingerichtet, ein hübschesSchreibversehen, vermutlich statt: ein hübsches Zimmer. | hat sich nach u nach aus einer ziemlich vernachlässigten Höhle herausgepuppt, Morgen u. Nachtessen fabricire ich mir selbst, was natürlich viele Zubereitungen, Ankäufe, Accorde(frz.) Abkommen. ect.Schreibversehen, statt: etc.; Abkürzung für: et cetera (lat.) und so weiter. erforderte, ausserdem gehe ich jeden Tag 4 – 5 mal aufs Schloss um das schwarze Brettdie Informationstafel der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg (1872-1918), die 1882 ihren Sitz noch im Straßburger Schloss am Schlossplatz 2 [vgl. Adressbuch der Stadt Strassburg 1882, Teil I, S. 79] hatte, der Neubau wurde 1884 eingeweiht. zu studiren, an dem wieder ein neuer Anschlag anzeigt der Herr Prof. Dr x werde später anzeigen, wann er seine Vorlesungen beginne, den übrigen Theil des Tages spatzire ich, trinke verschiedene Schoppen u lese hie u da was. Gestern war ich auf dem Grümpelbüchermarkt(elsässisch) Bücherflohmarkt. u habe mir franz. Romane gekauft für 1.50 Fr. 5 Bände, als Belohnung für Deinen nächsten Brief sollst du den schönsten erhalten – Du weisst eigentlich noch wenig, wie ich die Zeit meines ersten Semesters zugebracht. Ich sage Dir, mit Freuden würde ich morgen wieder in die Maturität gehen, wenn ich das I. Semester wieder zurück nehmen könnte. Erst nachdem die Zeit verflossen lerne ich recht schätzen wie schön es wahrSchreibversehen, statt: war.. Ich habe gearbeitet, zwar nicht zu viel u. habe die Welt angeschaut u. ge sie angejauchzt, mit Freunden geschwärmt u. bin in Liebchens Armen gelegen. Ich hätte dir viel zu erzählen, besuche mich | nächste Neujahrferien hier, du kannst bei mir leben u. die Reise kostet nicht mehr wie 20 Frs. hin u. zurück. – Im MilitardienstDie sechswöchige Rekrutenzeit (Grundausbildung) dürfte Carl Schmidt im August und September absolviert haben. lernte ich mich als Schweizer fühlen, zum ersten mal war ich so recht stolz auf mein Vaterland, aus allen Ständen zusammengewürfelt lebten wir wie Brüder unter einander. Mein Bettnachbar entpuppte sich als Geologe, u. nicht nur deshalb ich ist er mein Freund geworden, der dritte im Bunde, den ich seit letztes Frühjahr erworben. – Zu Hausein Brugg. nun trat ich in den alten lieben Kreis ein, der sich so oft zu frohen Thaten in frühern Zeiten versammelt hatte, inSchreibversehen, statt: ich. fand die alten Leute wieder, zwar nicht mehr den alten jugendfrischen lebendigen Geist, vielleicht hatte ich auch andere Augen mitgebracht, aber Siegrist u PöldiDie Brugger Freunde Hans Sigrist und Leopold Frölich, die 1881 das Abitur an der Kantonsschule Aarau erlangt hatten – sie waren mit Frank Wedekinds Bruder Armin und Adolf Vögtlin in einer Klasse – und anschließend zum Medizinstudium nach Genf gegangen waren [vgl. Frank Wedekinds Korrespondenz mit Adolf Vögtlin]. selbst klagten mir, ohne dass ich von meinem Gefühle etwas gesagt hatte. Geht hinaus ihr Leute in’s fremde Leben, allein u. unbekannt sucht u. findet die Besten; um sie um euch zu vereinen! Und dann kommt wieder heim u. ihr liebt euch um so inniger! – „Das Loos ist aus der Urne gefallen“ u. hat mich zum Steinmenschen bestimmt. Giordano Bruno sagt | „Liebe ein WeibCarl Schmidt dürfte die vielzitierte Sentenz aus der Sekundärliteratur rezipiert haben, z. B.: „Liebt ein Weib, wenn ihr wollt, aber vergesst nicht, Verehrer des Unendlichen zu sein.“ [Friedrich Ueberweg: Grundriss der Geschichte der Philosophie. Dritter Theil. Die Neuzeit Geschichte. Hg. von Max Heinze. 5. Aufl. Berlin 1880, S. 30]. aber vergiss darob die Unendlichkeit nicht.“ Ich sage:/!/ „Liebe die Steine u liebe ein Weib, u. dann siehst du die Unendlichkeit.“ Ich habe den südl. JuraDas Gebiet zieht sich von Saint Cerque am Genfer See bis Mûrs-et-Gélignieux im französischen Departement de l’Ain in der Region Auvergne-Rhône-Alpes., einen Theil von Savoyenin der Region Auvergne-Rhône-Alpes im Osten Frankreichs an den südlichen Jura, die Schweiz und Italien (Piemont) grenzend. u. das Département de l’AineSchreibversehen, statt: Departement de l’Ain; in der Region Auvergne-Rhône-Alpes zwischen den Städten Genf und Lyon gelegen. geologisch durchforscht, in letzter Zeit noch 8 Tage die Umgebung des Unter Urnerseeesder südlichste Teil des Vierwaldstättersees., d. h. die herrlichsten Gegenden. „O Weltin Anlehnung an das Volkslied „O Welt, Du bist so wunderschön!“ von Julius Rodenberg. die wie bist du wunderschön“, ist die Basis aller der Gefühle, die ich heim brachte. Aber das Bild wird erst erhaben u. ernst, wenn vor meinem Geiste, die grüne Decke von Wald u Wiese sich he wegschält u. das Auge des Geologen zu sehen beginnt. Die Steine sind nicht todt, wohl aber die blasirte Menge, die über sie hinweg tritt u. sich in ihrer stinkenden Dummheit Herren der Schöpfung nennt.

Nun leb’ wohl mein lieber Franklin, lass bald etwas von Dir hören, schicke mir einige von Deinen neuen Gedichten. Gute Lehren will ich Dir keine geben, versündige Dich nur nicht an Deiner Natur u. werde kein gewöhnlicher Mensch.

Sei herzlich gegrüsst
von Deinem alten
C. Schmidt


Beiliegend meine PhotographieDie Beilage ist nicht überliefert., in der Hoffnung die deine auch bald zu erhalten!

Frank Wedekind schrieb am 31. Oktober 1882 in Aarau folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Carl Schmidt

[Hinweis in Carl Schmidts Postkarte an Wedekind vom 1.11.1882 aus Straßburg:]


Herzlichen Dank für Deinen Brief.

Carl Schmidt schrieb am 1. November 1882 in Straßburg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

WELTPOSTVEREIN. (UNION POSTALE UNIVERSELLE.)
POSTKARTE AUS DEUTSCHLAND.
(ALLEMAGNE.)


An Herrn Franklin Wedekind.
Gymnasium
Aarau
Schweiz. |


Wo der FuchsStraße in Straßburg, Adresse von Carl Schmidt; (frz.) Rue renard préchant aux canards. den Enten predigt 7.
Strassburg, 1. Nov.


Mein Lieber!

Herzlichen Dank für deinen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Carl Schmidt, 31.10.1882., der mich sehr gefreut. Vorläufig erhälstSchreibversehen, statt: erhältst. du als Lebenszeichen eine Carte, mit einer Bitte. Ich studireCarl Schmidt war seit dem 18.10.1882 für Naturwissenschaften immatrikuliert [vgl. Amtliches Verzeichnis des Personals und der Studenten der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg für das Winter-Halbjahr 1882/83 (Strassburg 1882), S. 35]. unter Anderem Vielen auch Pflanzenanatomie u Physiologie. Ein Lehrbuch ausser der alten 4. Aufl. von Sachs existirt nicht, eine neue Umarbeitung wird erst nächstes Frühjahr erscheinen. Die neueste Aufl. von Prantl. ist aber ausgezeichnet. Ich mag sie nicht kaufen, da ich nächstes Frühjahr ja doch Sachs in seiner neuen GestaltEine 5. Auflage des Botanik-Lehrbuchs von Julius Sachs konnte nicht nachgewiesen werden, stattdessen erschienen 1882 Karl Eberhard von Goebels „Grundzüge der Systematik und speciellen Pflanzenmorphologie nach der 4. Auflage des Lehrbuches der Botanik von J. Sachs“ (Leipzig: Engelmann) und 1883 die 5. Auflage von Karl Prantls Lehrbuch der Botanik. haben muss. Könntest Du nun nicht von einem gegenwärtigen 2. ClässlerDer Botanikunterricht („Uebungen im Beschreiben und Bestimmen von Pflanzen [...] Belehrungen über die Gestalt und die Bedeutung der verschiedenen Organe. Uebersicht der wichtigsten Pflanzenfamilien [...] über den innern Bau der Pflanzen“) bei Professor Friedrich Mühlberg fand an der Kantonsschule Aarau in der I. Klasse statt, so dass Zweitklässler das Lehrbuch aus schulischen Gründen entbehren konnten [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule. Schuljahr 1882/83, S. 15]. jenes Buch Prantl. IV. Aufl. bis Frühjahr mir leihweise verschaffen? Versuch Dein Heil, wenn nicht möglich ist, tant pis(frz.) schade.. – Herzlichster Gruss von
Deinem alten
C. Sch.


Auf Wiedersehen zu Weihnachten in StrassburgWedekind dürfte die von Carl Schmid in seinem nicht überlieferten Brief (siehe oben) ausgesprochene Einladung zu Weihnachten in seinem Brief [Wedekind an Carl Schmidt, 31.10.1882] bestätigt haben.!!


[Am linken Rand um 270 Grad zur Schreibrichtung gedreht:]


In 2-3 Wochen folgt BriefCarl Schmidt schrieb am 11.11.1882 erneut eine Postkarte an Wedekind.
Habe viel zu thun, bin aber im Himmel!


[Am Kopf der Seite:]


Gruss an Kraft u. HorlacherFritz Kraft und Jakob Horlacher aus Brugg waren seit dem Schuljahr 1881/82 Klassenkameraden Wedekinds [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule. Schuljahr 1882/83, S. 11]. sowie an die jungen BruggerHermann Blattner, der seit dem Frühjahr die I. Klasse des Gymnasiums besuchte, und Emil Wespi, der gerade in die II. Klasse der Gewerbeschule aufgestiegen war [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule. Schuljahr 1882/83, S. 11f.].!

Frank Wedekind schrieb am 10. November 1882 in Aarau folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Carl Schmidt

[Hinweis in Carl Schmidts Postkarte an Wedekind vom 11.11.1882 aus Straßburg:]


Meinen besten Dank für deine viele MüheHinweis auf ein – hier erschlossenes – Korrespondenzstück; gemeint sind in dem nicht überlieferten Schreiben wohl mitgeteilte Anstrengungen, das vom Freund gewünschte Lehrbuch der Botanik zu besorgen, wie aus Carl Schmidts Postkarte an Wedekind vom 11.11.1882 hervorgeht..

Carl Schmidt schrieb am 11. November 1882 in Straßburg folgende Postkarte
an Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind

WELTPOSTVEREIN. (UNION POSTALE UNIVERSELLE.)
POSTKARTE AUS DEUTSCHLAND.
(ALLEMAGNE.)


An Herrn Franklin Wedekind.
Gymnasium
Aarau. |


Mein Lieber!

Der gepummteSchreibversehen, statt: gepumpte. Prantl von Fritz Kr.Fritz Kraft war Schüler der III. Klasse, ein Klassenkamerad Wedekinds, und wie Carl Schmidt in Brugg aufgewachsen. wird wohl nicht der verlangteCarl Schmidt wünschte die neueste Auflage (1881) von Karl Prantls Botanik-Lehrbuch, das an der Kantonsschule Aarau in der I. Klasse benutzt wurde [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 1.11.1882]. Fritz Kraft, der im Schuljahr 1880/81 die I. Klasse besucht hatte, dürfte die dritte Auflage (1879) besessen haben. sein. Ich wünsche IV. Aufl. 1881 Lehrbuch zum Gebrauch an Hochschulen u höheren Lehranstalten von K. Prantl Prof in AschaffenburgKarl Prantl war nicht Professor in Aschaffenburg, sondern in Würzburg.. Suche es, wenn es nicht zu spätDa in der Gewerbeschule das neue Schuljahr am 1.11.1882 begonnen und die altsprachlichen Gymnasiasten die Jahreszeugnisse schon im Frühjahr 1882 erhalten hatten, dürften gebrauchte Schulbücher zumeist schon weiterverkauft worden sein. von einem jetzigen 2t-Klässler zu kaufen. Meinen besten Dank für deine viele MüheHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenen Korrespondenzstück: Wedekind an Carl Schmidt, 10.11.1882; zugleich hier erneut erbetene Bemühungen.. Der AlteBiername von Adolf Vögtlin, dem gemeinsamen Freund von Wedekind und Carl Schmidt. hat mir einen langen Brief geschrieben, sich nach dir erkundigt, er ist also Schulmeister: Pinkney-Ha/o/use – Landston-Rou/a/dmehrere Schreibversehen, statt: Pinkney House – Lansdowne Road. Bournemouth; Adresse des F. J. Ross, Pfarrer an der Holy Trinity Church in Bournemouth. In der Lansdowne Road befand sich auch eine British School [vgl. Wilson Snow: Snow’s directory and strangers‘ guide 1883 u 1884. Bournemouth and Neighbourhood. Bournemouth 1884, S. 50].. Burnemouth England. – Ich habe sehr viel zu thum/n/, in 2 – 3 Wochen werde ich dir einen längern BriefCarl Schmidt schrieb erneut eine Postkarte [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 29.11.1882]. schreiben. Indess lebe herzlich wohl

Dein Treuer
Carl.


–––

Schreibe an den AltenKorrespondenz Wedekinds mit Adolf Vögtlin über das Jahr 1881 hinaus ist nicht überliefert., er wird Dir sofort antworten.

Carl Schmidt schrieb am 29. November 1882 in Straßburg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

WELTPOSTVEREIN. (UNION POSTALE UNIVERSELLE.)
POSTKARTE AUS DEUTSCHLAND.
(ALLEMAGNE.)


An Herrn Franklin Wedekind.
GymnasiastWedekind besuchte die III. Klasse des Gymnasiums der Kantonsschule Aarau.
Aarau.
Schweiz. |


Mein Lieber!

Zu einem Briefe bringe ich es nicht, allein auf diese Carte will ich so viel wie möglich schreiben. Es ist für mich eine ausgemachte Sache, dass du mich in den Neujahrferien besuchstCarl Schmidt hatte die Einladung an Wedekind kurz nach Ankunft in Straßburg ausgesprochen [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 18.10.1882] und kam in der weiteren Korrespondenz immer wieder darauf zu sprechen.. Mehr wie 20 Frs kostet dich ein dreitägiger Aufenthalt sammt Reise hieher nicht. Du schläfst u issest bei mir. Dieses Neujahrgeschenk erbitte dir von deinem Papa. Denke dir, wie schön es wäre einige Stunden zusammen durchzuschwindelndurchmogeln; durchlügen., zu jubeln in die oede Welt hinein. Ich habe so etwas nöthig. Von Arbeit bin ich ganz gehörig bedrängt, bin aber zufrieden theilweise oft recht froelich. Ich habe nur Collegien oder SeminarienCarl Schmidt studierte Naturwissenschaften an der Universität Straßburg., keine Laboratorien, also meine ganze Thätigkeit ist eine aufsaugende, ein Buch um’s andere wird tropfenweise eingenommen. Dass diese Art u Weise die Natur zu studiren äusserst langweilig unter Umständen ist, begreifst du, da du ja natürlich auch keine andere kennst. Nächsten Sommer aber, werde ich beinahe nur practisch arbeiten. Nun, wie dem auch sei, ich finde es wenigstens jede Woche 2 mal für nöthig den Bücherstaub hinabzuschwenken, freilich am andern Tage geht es dann wieder immer im alten Gleise weiter. Professoren u Hülfsmittel in jeder Beziehung könnte ich nicht besser wünschen. – Es thut mir leid, dass ich dir mit jenem AuftrageWedekind sollte ein gebrauchtes Exemplar der neuesten Auflage (1881) von Prantls „Lehrbuch der Botanik“ für mittlere und höhere Lehranstalten einem jüngeren Kantonsschüler abkaufen und Carl Schmidt nach Straßburg schicken [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 1.11.1882]. umsonst Mühen u. Kosten verursacht habe, kannst du das gewünschte Buch IV. Aufl. auftreiben, so gieb es Fritz Kraft, der es dann von zu HauseWedekinds Klassenkamerad Fritz Kraft kam, wie Carl Schmidt, aus Brugg. mit anderem Zeugs schicken lassen kann. Auch an Fr. Kraft meinen Dank. – Ueberlege dir die Geschichte genau, Zeit, meinen Plan aus/z/uführen hast du, das Geld ist auch kein Vermögen, das du nicht aufbringen könntest, Nutzen u Vergnügen für Dich u mich sind gross! – Sei überzeugt, dass ich oft an dich denke, dir alles Gute wünsche u dein alter Carl bleibe.


Wo der FuchsStraße in Straßburg; Adresse von Carl Schmidt; (frz.) Rue renard préchant aux canards. den Enten predigt

29. Nov. 82


[Am rechten Rand um 90 Grad gedreht:]


Mein Lieber! Habe Geduld, nächstes Frühjahr bist du ja schon in der QuartaDie IV. Klasse (lat. Quarta), in die Wedekind im April 1883 versetzt wurde, war die Abschlussklasse der Gymnasiasten. Wedekind erhielt das Maturazeugnis am 10.4.1884 [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 27]. u dann ist es bald fertig.


[Am linken Rand um 270 Grad gedreht:]


Grüsse an die BruggerDas waren Wedekinds Klassenkameraden Fritz Kraft und Jakob Horlacher (III. Klasse) sowie Hermann Blattner aus der I. Klasse des Gymnasiums und Emil Wespi, ein Schüler der II. Klasse der Gewerbeschule [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule. Schuljahr 1882/83, S. 11f.]..

Carl Schmidt schrieb am 23. Dezember 1882 in Straßburg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

WELTPOSTVEREIN. (UNION POSTALE UNIVERSELLE.)
POSTKARTE AUS DEUTSCHLAND.
(ALLEMAGNE.)


An Herrn Franklin Wedekind.
Lenzburg.
Schweiz. |


Mein Lieber!

Schon seit einiger Zeit warte ich auf einen Brief von Dir. Hat meine Cartevgl. Carl Schmidt an Wedekind, 29.11.1882. keinen Anklang gefunden? Hoffentlich doch, meine Argumentationen werden Dich überzeugt haben. Also noch einmal, mein Lieber, mach mir die Freude, thue Dein möglichstes, um die Erlaubnis zu erhalten, meinem VorschlageCarl Schmidt hatte Wedekind zu einem Besuch in den Neujahrsferien zu sich nach Straßburg eingeladen [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 18.10.1882], woran er den Freund mit jeder neuen Postkarte erinnerte. zu folgen. Von Basel weg, könntest Du ein 3tägiges Rundreise Retourbillet nehmen, u alles wäre schön. Zum Christfest bringe ich Dir meine besten Wünsche dar, für mich brennt diesmal kein Baum.

Lebe herzlich wohl u schreibe bald
wann du kömmst
Dein
C. Sch.

Carl Schmidt schrieb am 12. Januar 1883 in Straßburg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

WELTPOSTVEREIN. (UNION POSTALE UNIVERSELLE.)
POSTKARTE AUS DEUTSCHLAND.
(ALLEMAGNE.)


An Herrn Franklin Wedekind.
Gymnasium
Aarau
Schweiz. |


Mein Lieber!

Zürnst Du d mir, oder was ist los, wünsche mir doch auch noch Glück zum neuen Jahre. Ich thue es von Herzen, u rufe Dir ein „Vorwärts“ zu, das dich in die höchsten Himmelshöhen sprengen möge.

Schliesslich wieder eine Bitte: Schicke mir unter Kreuzbandals Drucksache. bei Sauerländer eingekauft: Das Blatt, (oder event. die Blätter) Brunen-FluelenSchreibversehen, statt: Brunnen-Flüelen; Ostufer des Urnersees. Das gewünschte Gelände befindet sich auf zwei Blättern des Kartenwerks „Topographischer Atlas der Schweiz“, Maßstab 1:50.000 (Siegfriedkarte, TA50). Die Blattnummer 399 (Muotathal) mit der Ortschaft Flüelen im Südwesten gelegen erschien 1882, die Blattnummer 382 (Isenthal) mit Brunnen im Südosten wurde erst 1896 gedruckt. des eidgen. CurvencartenatlasesSchreibversehen, statt: Curvencartenatlasses; der topographische Atlas der Schweiz, auch Siegfriedkarte oder Siegfriedatlas genannt, der erstmals das Gelände durch Höhenlinien (Kurven) wiedergab, entstanden zwischen 1870 und 1926 im Maßstab 1:25.000 bzw. 1:50.000. 1:500000. Das Blatt wird 1 Fr. kosten. –

In etwa 8-9 Wochen werde ich heim kommen, u. dann wollen wir das im Herbst v/V/ersäumte reichlich nachholen.

Höchst freundschaftl Dein
Carl


Strassburg 12. Jan 83.

Carl Schmidt schrieb am 7. Februar 1883 in Straßburg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

DEUTSCHE REICHSPOST.
POSTKARTE.


An
Herrn Franklin Wedekind.
Gymnasium
in Aarau
Schweiz. |


Strassburg, 7 Febr.


Mein Lieber!

Vor etwas um 3 Wochen schickte ich eine Cartevgl. Carl Schmidt an Wedekind, 12.1.1883. an Dich, worin nebst allerlei andern Angaben, moralisch-erhebenden Worten u. s. w. ich Dich wieder einmal um eine Gefälligkeit bat. Ich kann mir nun nur denken, dass irgend Etwas schief gegangen, ich bat Dich also mir unter Kreuzbandals Drucksache. zu schicken: Die Curvenkartentopographische Karten mit Einzeichnung der Höhenlinien (Kurven) aus dem topographischen Atlas der Schweiz. 1:50000 Brunnen-Fluelen, 1 od. 2 BlätterDas gewünschte Gelände befindet sich auf zwei Blättern des Kartenwerks „Topographischer Atlas der Schweiz“, Maßstab 1:50.000 (Siegfriedkarte, TA50). Die Blattnummer 399 (Muotathal) mit der Ortschaft Flüelen im Südwesten gelegen erschien 1882, die Blattnummer 382 (Isenthal) mit dem Ort Brunnen im Südosten wurde erst 1896 gedruckt. à 1 Fr. (glaube ich) bestellte sie bei Sauerländer. Ich bitte Dich mir Antwort zukommen zu lassen, in 4 – 5 Wochen komme ich heim, dann wollen wir so ganz allein für uns einige Stunden durch-schwärmen-liebeln-philosophieren, wie du willst. Also rede sofort

Dein Treuer
C. Sch.


Wo der FuchsStraße in Straßburg. den Enten predigt 7.

Carl Schmidt schrieb am 6. März 1883 in Straßburg folgenden Brief
an Frank Wedekind

Strassburg. 6. März. 83.


Mein Lieber!

Mann! Du machst Fortschritte, jetzt stehst Du auf dem Zenithe +/d/einer raisonirenden, nichtswissenden Uebergangsperiode. Glaube mir, es ist die glücklichste, schönste Zeit deines Lebens. Deine Gefühle sind wahr sie sind berechtigt u. werden ihre WirkugSchreibversehen, statt: Wirkung. behalten dein ganzes Leben hindurch. Lerne nach u nach an eine Kraft glauben, die Dir inne wohnt. Möge sie sein, wie sie wolle, fasse Dir ein Ziel ins Auge, Pessimismus, Optimismus, Liebe, weiche, sinnliche Weibsgelüste alles, kan (auch wenn du auf dem Weibe liegst) kann dir nichts anhaben, schreite vorwärts, dass der Erdboden unter deinen Tritten erdröhnt:


Si fractus(lat.) Wenn die Welt in Trümmer zerfällt, werden sie einen Unerschrockenen treffen; so in „Carmina“ (3, 3, 7-8) von Horaz. illabatur orbis,
Impavidum ferient ruinae.


Du sehnst dich, einen Freund, um dich zu besitzen, ich bin nicht besser dran, oede u. leer habe ich | in Gesellschaft guter CamaradenSchreibversehen, statt: Camarades (frz.) Kameraden. manche Stunde der Erholung gewidmet, u. wenn ich heimkam so war ich missstimmt, hätte ich doch alle diese Zeit meinen Steinen gewidmet. Du verlangst von mir Träume, ich träume blos noch von meiner Zukunft, ich möchte gern Professor der Geologie werdenDer Wunsch ging in Erfüllung, 1890 wurde Carl Schmidt außerordentlicher, 1891 ordentlicher Professor der Geologie an der Universität Basel, wo er bis zu seiner Emeritierung lehrte.. Das ist alles, hohe IdeeenSchreibversehen, statt: Ideen., Mondscheingedanken kommen nur in den Armen geistiger Freunde u die habe ich hier nicht gefunden. Der AlteBiername von Adolf Vögtlin, mit dem Wedekind und Carl Schmidt seit der gemeinsamen Schulzeit in Aarau befreundet waren [vgl. auch Wedekinds Korrespondenz mit Adolf Vögtlin]., Du u. der bleiche RusseDen aus dem Nordkaukasus stammenden Russen Georg Zinowieff hatte Carl Schmidt während des gemeinsamen Studiums im Sommersemester 1882 an der Universität Genf kennengelernt [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 4.6.1882]. sind die einzigen Menschen, denen ich mein volles Herz hingegeben, sonst habe ich noch eine lange Reihe lieber Freunde, aber auch dienen habe ich blos Hand u Kopf u Herz aber nicht mein Blut verschrieben.

Samstag Abend vor Palmsonntagder 17.3.1883; Palmsonntag ist der Sonntag vor Ostern. werde ich nach einer kleinen Tour im Berner-jura zu Hause eintreffen. Verzeih’ wenn ich nicht mehr Dir schreibe. Ich bim/n/ nun hier in Strassburg | noch allein, HirzelArnold Hirzel, der wie Wedekind aus Lenzburg stammte, hatte zusammen mit Carl Schmidt das Abitur an der Kantonsschule Aarau gemacht. Anschließend studierte er in Straßburg Philosophie [vgl. Amtliches Verzeichnis des Personals und der Studenten der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg für das Sommersemester 1882, S. 25]. ist wegen Gelbsucht heimgereist, die wenige Zeit muss ich noch gehörig arbeiten u. dann können wir ja Tage – Nächte lang durchplaudern, ich will Dir viel erzählen.

Noch eine sachliche Bew/m/erkungvermutlich Carl Schmidts Antwort auf eine konkrete Frage Wedekinds (vielleicht aus einem nicht überlieferten Korrespondenzstück), der fürs Examen den Unterrichtsstoff in der Mineralogie (die „morphologischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften der Minerale; die wichtigsten Repräsentanten des Mineralreichs“) bei Professor Friedrich Mühlberg wiederholte [vgl. Programm der Kantonsschule Aarau für das Schuljahr 1882/83, S. 20].. Ob der Diamant unter tiefen Bergmassen verborgen liegt, weiss man nicht, man hat ihn nur an der Oberfläche im Sand u. anderem Dreck gefunden. So lässt sich überall das Edelste an der Oberfläche bes finden, wenn man nur die Geduld des Diamantensuchers besitzt.

Viel Glück aufs ExamenIm Gymnasium der Kantonsschule Aarau stand das Ende des Schuljahrs 1882/83 mit den schriftlichen (März) und mündlichen (April) Versetzungsprüfungen bevor., arbeite wacker.

Lebe wohl auf baldiges
Wiedersehn Dein
Carl

Carl Schmidt schrieb am 15. April 1883 in Brugg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte.
Carte postale. – Cartolina postale.


Herrn Franklin Wedekind.
Gymnasiast
LenzburgAm Samstag (14.4.1883) nach der Ausgabe der Versetzungszeugnisse, hatten die zweiwöchigen Frühjahrsferien an der Kantonsschule Aarau begonnen, die Wedekind bei den Eltern in Lenzburg verbracht haben dürfte.. |


Mein Lieber!

Erwarte Dich Morgen Montagden 16.4.1883. in BruggCarl Schmidt, der in Straßburg studierte, besuchte in den Semesterferien seine Familie in Brugg.. Um ½ 1 Uhr werde ich Dir gegen Braunegg(schweiz.) Brunegg, Ort und Schloss auf halbem Weg zwischen Lenzburg und Brugg. hin entgegengehen. Hoffe Du werdest dem Herzogsruf Folge leisten.

Dein
C. Schmidt

Carl Schmidt schrieb am 20. April 1883 in Brugg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte.
Carte postale. – Cartolina postale.


Herrn Franklin Wedekind.
Lenzburg
Schloss. |


Mein Lieber.

Verreise Montagden 23.4.1883; zum Start des Sommersemesters an der Kaiser-Wilhelms-Universität reiste Carl Schmidt zurück nach Strassburg. früh. Stehe daher bis dahin noch zu Deiner Verfügung.

Bester Gruss
C. Schmidt

Carl Schmidt schrieb am 30. April 1883 in Straßburg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

WELTPOSTVEREIN. (UNION POSTALE UNIVERSELLE.)
POSTKARTE AUS DEUTSCHLAND.
(ALLEMAGNE.)


An Herrn Franklin Wedekind.
Gymnasiast
LenburgSchreibversehen, statt: Lenzburg.

Schweiz. |


Strassburg den 30. April 83.


M. Lieber!

Vergebens hatte ich Dich die ganze Woche, meiner letzten Ferienzeit bei mir erwartet, oder doch hoffte ich einen Bericht zu erhalten, wann ich Dich treffen könnte, so musste ich denn abreisen, ohne Dich noch getroffen habenSchreibversehen statt: zu haben; – Carl Schmidt hatte den Freund vermutlich am 16.4.1883 das letzte Mal gesehen [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 15.4.1883], eine Woche später, am 23.4.1883, fuhr er nach Straßburg zurück [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 20.4.1883].. Ich erwarte von Dir in den nächsten 2 – 3 Wochen ganz bestimmt einen längern BriefKorrespondenzstücke von Wedekind an Carl Schmidt sind nicht überliefert.. Mir gefällt es hier wieder sehr gut, da mein Freund ZinovieffGeorg Zinowieff aus Wladikaukas in Russland, mit dem Carl Schmidt das Somersemester 1882 in Genf studiert hatte, wurde am 4.5.1883 an der Straßburger Universität für Naturwissenschaften immatrikuliert. hier studirt u. wir einen ganz hübschen SchweizercirkelAllein aus der Kantonsschule Aarau studierten fünf ehemalige Schüler im Sommersemester 1883 in Strasßburg. Das waren Wedekinds Freunde Hermann Huber aus Besenbüren (Jura, 27.4.1883), Arnold Hirzel aus Lenzburg (Philosophie, 26.4.1882), Carl Schmidt (Res nat., 18.10.1882) sowie Karl Huber aus Zofingen (Philosophie 19.10.1881) und Hans Rohr aus Lenzburg (Jura, 26.4.1882) [vgl. Amtliches Verzeichnis des Personals und der Studenten der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg für das Sommer-Halbjahr 1883]. bei zusammen sindKonstruktionswechsel im Satz., so fehlt es mir nicht an passender u. angenehmer Gesellschaft während der freien Zeit. Zwar habe ich wieder sehr viel zu thun, doch arbeite ich jeden Nachmittag practisch, so dass doch mir jede hiedurch eine Entschädigung für die in gewisser b/B/eziehung oede u doch anstrengende Collegiereivermutlich Studentensprache; gemeint ist der Besuch der Vorlesungen. des Morgens geboten wird. – Du hast nun noch ein Jahr zu sitztenSchreibversehen statt: sitzen. – Für Wedekind begann am 1.5.1883 das letzte Schuljahr am Gymnasium der Kantonsschule Aarau., bew/d/enke ja, dass du später wohl oder übel zu der Einsicht kommen musst, dass die Gymnasialzeit, die fruchtbarste Zeit u. zugleich die schönste Deines ganzen LebenSchreibversehen statt: Lebens. sein musste oder hätte sein sollen. Ich will Dir nicht Moral predigen, sintemalenveraltet für: weil; eine unter den Kantonsschülern in Aarau zuweilen verwendete Konjunktion. ich selbst dernen noch nöthig hätte, aber ich sage Dir: Nimm alle Kraft zusammen, die Lust u. auch den Schmerz. Erfülle redlich Deine Pflicht. Die heutige Welt kann keine kantigen Menschen brauchen, ihre Bürger müssen rund u geschmeidig sein, aber doch will sieht sie eigene, freie Männer auch nicht ungern.

Dein
CSchmidt.


MeinSchreibversehen statt: Meine. Adresse: Schiffleutstaden No 7.II.

Carl Schmidt schrieb am 8. Oktober 1883 in Brugg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte.
Carte postale. – Cartolina postale.


An Herrn Franklin Wedekind, Gymnasiast

Lenzburg. |


Mein Lieber!

Wenn das Wetter gut bleibt komme ich, vielleicht in Begleit des AltenBiername des gemeinsamen Freundes Adolf Vögtlin aus Brugg., morgenDienstag, den 9.10.1883. gegen 2 Uhr per Bahn nach Hendschikonandere Schreibweise, statt: Hendschiken; vermutlich von der ersten urkundliche Erwähnung „Hentschikon“ im Jahr 1160 entlehnt. – Die Eisenbahnlinie Brugg – Hendschiken (im Bezirk Lenzburg) war am 1.6.1882 eröffnet worden.. Bis/s/t Du nicht zu Hausein Lenzburg; an der Kantonsschule Aarau hatten die dreiwöchigen Herbstferien am 8.10.1884 begonnen., so schreibe sofort eine Carte, ich werde morgen Mittag früh auf der Post nachfragen.

Bester Gruss
CSchmidt


Brugg 8.X.83.

Carl Schmidt schrieb am 9. Oktober 1883 in Brugg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte.
Carte postale. – Cartolina postale.


Herrn Franklin Wedekind.
Gymnasiast
Lenzburg. |


Mein Lieber!

Komme erst morgenMittwoch, den 10.10.1883; Carl Schmidt hatte seinen Besuch zunächst für den 9.10.1883 angemeldet [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 8.10.1883]., also 1.15 Hendschikonandere Schreibweise, statt: Hendschiken; vermutlich von der ersten urkundliche Erwähnung „Hentschikon“ im Jahr 1160 entlehnt. – Carl Schmidt fuhr die 12 Kilometer lange Strecke von Brugg nach Hendschiken (im Bezirk Lenzburg) mit dem Zug; die Bahnlinie war am 1.6.1882 eröffnet worden.. Bitte um Entschuldigung.

Bester Gruss
Carl Schmidt


Brugg 9.X.83.

Carl Schmidt schrieb am 31. Dezember 1883 in Straßburg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

WELTPOSTVEREIN. (UNION POSTALE UNIVERSELLE.)
POSTKARTE AUS DEUTSCHLAND.
(ALLEMAGNE.)


An Herrn Franklin Wedekind.
Lenzburg
Schweiz Aargau |


Strassburg 31. Dez 83.


Mein Lieber!

In alter Treue, ruft Dir einer, den zuSchreibversehen, statt: Du. fast vergessen zu haben scheinst, ein „Glück auf!“ zum neuen Jahre zu. Bete den Augenblick an mein Lieber! dann gehen die Jahre gut.

Dein treuer
C Schmidt


Adr.

Züricherstrasse 69.

Frank Wedekind schrieb am 16. Februar 1884 in Lenzburg folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Carl Schmidt

[Hinweis in Carl Schmidts Brief an Wedekind vom 19.2.1884 aus Straßburg:]


Die ZusendungHinweis auf den hier erschlossenen Begleitbrief zum zugesandten Prolog. Deines hübschen poëtischen Productes hat mich sehr gefreut.

Carl Schmidt schrieb am 19. Februar 1884 in Straßburg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

DEUTSCHE REICHSPOST.
POSTKARTE.


An
Herrn Franklin Wedekind.
Gymnasium
in Aarau
Schweiz. |


Strassburg 19. Febr. 84
Zürcherstrasse 69.


Mein Lieber!

Die ZusendungHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Carl Schmidt, 16.2.1884. Deines hübschen poëtischen ProductesEs dürfte sich um ein gedrucktes Exemplar von Wedekinds „Prolog zur Abendunterhaltung der Kantonssschüler“ handeln, den der Autor am Kantonsschülerfest (1.2.1884) mit großem Beifall vorgetragen hatte [vgl. KSA 1/II, S. 1983ff.] und der in einer Auflage von einigen hundert Exemplaren im Aarauer Verlag H. R. Sauerländer soeben erschienen war [Remigius H Sauerländer an Wedekind, 13.2.1881]. hat mich sehr gefreut. Ich hoffte schon längst Etwas von Dir zu vernehmen. Von Herzen wünsche ich Dir Glück zur nahe bevorstehenden MaturitätWedekind bestand die Abschlussprüfung. Das Zeugnis der Hochschulreife wurde am 8.4.1884 unterschrieben, die öffentliche Zeugnisübergabe fand am 10.4.1884 statt [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule für das Schuljahr 1883/84].. Bitte versäume nicht, mir sofort nach derselben einen nüchternen Moment zu widmen, und mir einen langen Brief zu schreiben. Stoff hast Du jedenfalls dazu. – Was mich anbetrifft so bin ich mit meiner Lage äusserst zufrieden, arbeite sehr fleissig u. zwar an selbständigen UntersuchenSchreibversehen, statt: Untersuchungen., bin also auch Schriftsteller, nicht nur Du. Bis zu meiner PromotionCarl Schmidt wurde im Juli 1885 an der Universität Straßburg mit einer Arbeit „Über einige Porphyre der Zentralalpen“ promoviert [vgl. Rudolf Thommen: Die Universität Basel in den Jahren 1884-1913, Basel 1914]. (noch 3 Semester) werde ich hier bleiben müssen, da mir niergends das, was geboten werden kann, was ich hier finde. In den Frühjahrsferien komme ich kaum nach Hause.

In treuer Freundschaft
Dein alter
C. Schmidt


Grüss alle meine BekanntenCarl Schmidt dürfte insbesondere an Schüler der Kantonsschule Aarau gedacht haben, die er selbst bis zur Matura (im Frühjahr 1882) besucht hatte..

Carl Schmidt schrieb am 14. April 1884 in Brugg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte.
Carte postale. – Cartolina postale.


Herrn Franklin Wedekind.
Lenzburg
Schloss |


Mein Lieber.

Es würde mich sehr freuen, wenn ich Dich nächsten Mittwochden 16.4.1884; Carl Schmidt war offenbar zu Ostern (13./14.4.1884) zur Familie nach Brugg gefahren. bei mir sehen könnte. Ich bin nur wenige Tage zu Hause u bin Mittwoch in so fern frei, als ich nicht ausgehen kann, an diesem Tage. Hoffe also Dich bei mir zu sehen

Mit besten Grüssen
Dein
C. Schmidt


Brugg 14. April 84.

Carl Schmidt schrieb am 2. Oktober 1884 in Brugg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte.
Carte postale. – Cartolina postale.


Herrn Frankl. Wedekind stud.
Schloss
LenzburgWedekind hatte im Sommersemester Neuere Sprachen und Kunst in Lausanne studiert und hielt sich seit Ende August 1884 wieder in Lenzburg auf.. |


Bin nun für einige Tage zu HauseCarl Schmidt, der in Straßburg Geologie studierte, dürfte seine Eltern in Brugg besucht haben., würde mich sehr freuen einen Besuch von Dir zu erhalten, wo möglich Morgen oder Uebermorgen.

Mit Gruss
Dein
Carl Sch


Brugg 2. Oct.

Carl Schmidt schrieb am 21. Juli 1892 in Basel folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 22.7.1892 in Paris:]


22. Verlobungsanzeige von Professor Dr. Carl Schmidt mit Charlotte Hudtwalker aus Hamburg.

Frank Wedekind schrieb am 22. Juli 1892 in Paris folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Carl Schmidt

[Hinweis in Carl Schmidts Brief an Wedekind vom 27.7.1892 aus Basel:]


Dein Brief hat mir grosses Vergnügen gemacht [...]

Carl Schmidt schrieb am 27. Juli 1892 in Basel folgenden Brief
an Frank Wedekind

Lieber Freund.

Dein Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Carl Schmidt, 22.7.1892. hat mir grosses Vergnügen gemacht u. ich möchte beinahe von Dir sagen: Du ahnungsvoller Engel d/D/u. – Vorläufig sende ich Dir das Bild des glücklichen BrautpaaresCarl Schmidt hatte sich Mitte Juli mit der 20-jährigen Dorothea Charlotte Hudtwalcker aus dem Hamburger Vorort Rotherbaum verlobt [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 21.7.1892].. Anfang OctoberErst am 25.10.1892 heirateten Carl Schmidt und Dorothea Charlotte Hudtwalcker [vgl. Heiratsregister Hamburg 3, 1892, Bd. 2, Nr. 404]. Ursache dieser Verzögerung dürfte die Cholera gewesen sein, die Ende Juli in mehreren Großstädten Europas (unter anderem Paris, Hamburg, Berlin, St. Petersburg) ausbrach und in Hamburg erst Ende Oktober gebannt war. wird die Hochzeit sein in Hamburg u. ich gedenke darauf bis Anfang des SemestersWedekinds ehemaliger Schulfreund Carl Schmidt war seit 1891 ordentlicher Professor der Mineralogie und Geologie an der Universität Basel. | einige Tage in Paris zu bleiben, das ich kenne, wenigstens etwas, das aber meiner Braut ganz neu sein wird. Es freut mich sehr Dich bei dieser Gelegenheit wieder sehenEine Begegnung Wedekinds, der wegen der Choleraepidemie Paris Mitte August verließ, aber schon am 12.9.1892 zurückkehrte [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 121], mit Carl Schmidt in Paris ist nicht belegt. Der letzte Kontakt der einstigen Schulfreunde ist bisher für das Jahr 1884 nachgewiesen [vgl. Carl Schmidt an Wedekind, 2.10.1884]. Über eine spätere Begegnung in Basel notierte Wedekind: „Carl Schmidt war im Vortrag, läßt sich aber nicht sehen“ [Tb 18.1.1912]. zu können, ich werde Dir vorher natürlich noch schreiben.

Auf baldiges froeliches(schweiz.) fröhliches.
Wiedersehen
Dein alter
C. Schmidt