Briefwechsel

von Hermann Bahr und Frank Wedekind

Frank Wedekind schrieb am 17. September 1901 in München folgenden Brief
an Hermann Bahr

FRANK WEDEKIND.


Sehr geehrter Herr BahrHermann Bahr, Schriftsteller in Wien (XIII, Veitlissengasse 5a) und seinerzeit Redakteur des „Neuen Wiener Tagblatt“ (Redaktion: Wien I, Steyrerhof 3) [vgl. Lehmann’s Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1902, Teil VII, S. 33].,

erlauben Sie mir Ihnen für die ZeilenIm „Neuen Wiener Tagblatt“ war wenige Tage zuvor eine groß angelegte Gesamtwürdigung Wedekinds von Hermann Bahr erschienen, die auf der Grundlage der gedruckt vorliegenden Texte „Frühlings Erwachen“, „Die Fürstin Russalka“ (Sammelband), „Der Erdgeist“, „Der Kammersänger“, „Die junge Welt“, „Der Liebestrank“ und „Marquis von Keith“ argumentiert, näher aber nur auf die Erzählung „Die Liebe auf den ersten Blick“ im Sammelband „Die Fürstin Russalka“ eingeht, sich mit der bisherigen Kritik mit Wedekind auseinandersetzt und für dessen Autorprofil Idealismus ‚gegen den Strich‘ konstatiert: „Stark ausgedrückt: Wedekind ist der Unmensch unter uns, der sich sehnt, menschlich zu werden; er läßt uns das Chaos erblicken. Oder einfacher: er ist der Idealist à rebours, der uns das Ideal nicht flehentlich aufschmeicheln will, sondern es uns entzieht, daß wir wie Ertrinkende danach greifen.“ [Hermann Bahr: Frank Wedekind. In: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 35, Nr. 249, 11.9.1901, S. 1-2, hier S. 1] im N. Wiener Tageblatt, in denen ich so unvergleichSchreibversehen, statt: unvergleichlich. viel mehr als eine ruhige, unparteiische Würdigung lese, meinen herzlichsten Dank zu sagen. Sie können schwerlich selber vollkommen ermessen, einen wie großen und schönen Dienst Sie | mir mit der Besprechung leisten. Die Deutsche Bühne, auf der hundert und hundert Geister mit jedem Gedanken, den sie produzieren ohne große Schwierigkeiten zu Wort kommen, ist mir bis jetzt noch so gut wie verschlossen. Obschon die Aufführung meines KammersängersWedekinds Einakter „Der Kammersänger“ (1899), uraufgeführt am 10.12.1899 im Rahmen der Eröffnungsmatinee der Sezessionsbühne am Neuen Theater in Berlin, war „das zu Lebzeiten des Autors meistinszenierte Stück“ [KSA 4, S. 394] von ihm. Das Stück hat zuletzt am 31.8.1901 am Residenztheater in Berlin Premiere gehabt, eine Inszenierung, bei der Wedekind am 7.9.1901 die Hauptrolle übernahm [vgl. KSA 4, S. 400]. Hermann Bahr ist in seinem Aufsatz (siehe oben) nicht auf den „Kammersänger“ eingegangen., des schwerfälligsten und bühnen-unfähigsten meiner Stücke kein Mißerfolg war, stoße ich heute bei sämmtlichen Bühnen bei denen ich mich um eine Darstellung meines | MarquisWann die Uraufführung des „Marquis von Keith“ (1901), die lange in Aussicht stand und schließlich am 11.10.1901 „im Rahmen eines Literarischen Abends des Berliner Residenztheaters“ [KSA 4, S. 533] realisiert wurde, endlich stattfinden sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Hermann Bahr ist in seinem Aufsatz (siehe oben) nur beiläufig auf das Stück zu sprechen gekommen: „Aber ich empfinde zu stark, was in Wedekind drängt, um es verschweigen zu dürfen. Der banale ‚Uebermensch‘, der die verlotterte Phantasie unserer jungen Leute bethört, diese ‚Kreuzung von Philosoph und Pferdedieb‘, wie er seinen Marquis von Keith sagen läßt, macht ihn so rabiat, daß er in diesem Zorn einen anderen Menschen der Zukunft entwerfen wird, so sicher, so selbstbeherrscht und so milde, als jener wirr und wüst ist.“ [Hermann Bahr: Frank Wedekind. In: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 35, Nr. 249, 11.9.1901, S. 2] Hermann Bahr ging auch in seiner Antwort auf den vorliegenden Brief auf die Titelfigur ein [vgl. Hermann Bahr an Wedekind, 20.9.1901]. v. Keith bewerbe wieder auf Schwierigkeiten, wie sie sonst nur der aller-unbekannteste Anfänger zu überwinden hat. Ich gebe Ihnen mein Wort darauf, daß mich Ihre Besprechung nicht größenwahnsinnig machen wird; ich bin froh, daß ich persönlich nicht jedes Wort, das Sie über mich sagen, zu verantworten habe, bin aber zugleich stolz darauf, daß ich für Sie die Veranlassung war, eines der glänzendsten Feuilletons zu schreiben, die ich je gelesen habe. Ich hoffe sehr, daß mir über kurz | oder lang Gelegenheit geboten wird, Ihre persönliche BekanntschaftWedekind hat Hermann Bahr am 16.11.1901 in Wien kennengelernt, bei der Generalprobe zum Eröffnungsabend seines Gastspiels mit dem Jung-Wiener Theater Zum lieben Augustin im Theater an der Wien, bei der außer Hermann Bahr, der Sängerin Mary Halton und dem Schauspieler Richard Metzl (oder war es die Schauspielerin Ottilie Metzl, die spätere Ehefrau Felix Saltens?) auch Arthur Schnitzler anwesend war, wie dieser notierte: „Generalprobe des Jung Wiener Theaters. ‒Miss Halton; Wedekind, Bahr, Metzl.“ [Tb Schnitzler] zu machen. Wollen Sie bitte heute schon den Ausdruck langjähriger Verehrung, die ich für Sie hege, und die Versicherung uneingeschränkter Hochschätzung engegennehmenSchreibversehen, statt: entgegennehmen..

Mit ergebenstem Gruß
Ihr
Frank Wedekind.


München, 17. Sept. 1901.

Hermann Bahr schrieb am 20. September 1901 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

RedaktionHermann Bahr war seit dem 1.10.1899 als Literatur- und Theaterkritiker in der Redaktion des „Neuen Wiener Tagblatt“ tätig und sollte wöchentlich ein Feuilleton abliefern [vgl. Hermann Bahr. Österreichischer Kritiker europäischer Avantgarden: https://www.univie.ac.at/bahr/leben]; er wohnte in Wien (XIII, Veitlissengasse 5a) und ist als Redakteur des „Neuen Wiener Tagblatt“ (Redaktion: Wien I, Steyrerhof 3) [vgl. Lehmann’s Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1902, Teil VII, S. 33] ausgewiesen. des Neuen Wiener Tagblatt

WIEN, I., ROTHENTHURMSTRASSE, STEYRERHOF
Telegramm-Adresse: Tagblatt. Steyrerhof. Wien. ‒ Telephon Nr. 384. Staats-Telephon Nr. 36


20.9.der 20.9.1901.


Sehr geehrter Herr!

Ich danke Ihnen sehr für Ihr Schreibenvgl. Wedekind an Hermann Bahr, 17.9.1901.. Ich hätte gern auch über den „Marquis von Keith, geschriebenHermann Bahr bezieht sich auf seinen Aufsatz über Wedekind [vgl. Hermann Bahr: Frank Wedekind. In: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 35, Nr. 249, 11.9.1901, S. 1-2], für den der Autor sich bei ihm bedankt hat [vgl. Wedekind an Hermann Bahr, 17.9.1901]., der beim Lesen, schon in der „Inselder Vorabdruck des „Marquis von Keith“ [vgl. KSA 4, S. 413, 425] in der von Otto Julius Bierbaum, Alfred Walther Heymel und Rudolf Alexander Schröder herausgegebenen und von Thomas Theodor Heine illustrierten Monatsschrift „Die Insel“ [vgl. Münchner Scenen. Nach dem Leben aufgezeichnet von Frank Wedekind. In: Die Insel, Jg. 1, Nr. 7, April 1900, S. 3-76; Nr. 8, Mai 1900, S. 166-198; Nr. 9, Juni 1900, S. 255-310]., noch mehr im Buchin der auf 1901 vordatierten Erstausgabe „Marquis von Keith. (Münchener Scenen). Schauspiel in fünf Aufzügen“ [vgl. KSA 4, S. 425], die fast genau ein Jahr zuvor im Albert Langen Verlag in München erschienen ist [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 252, 29.10.1900, S. 8312]., außerordentlich auf mich gewirkt hat. Ich habe mich aber, offen gestanden, nicht recht getraut, weil ich nicht weiß, ob ich mich nicht doch irre, wenn ich den guten Marquis satirisch nehme, nemlichSchreibversehen, statt: nämlich. als eine Caricatur jener kleinen Would-Be-AbenteurerMöchtegern-Abenteurer., die sich | gewaltsam zum ÜbermenschenRekurs auf den durch Friedrich Nietzsche popularisierten Begriff, den Hermann Bahr in seinen Bemerkungen zum „Marquis von Keith“ zitiert hat, als er schrieb, er „empfinde zu stark, was in Wedekind drängt, um es verschweigen zu dürfen. Der banale ‚Uebermensch‘, der die verlotterte Phantasie unserer jungen Leute bethört, diese ‚Kreuzung von Philosoph und Pferdedieb‘, wie er seinen Marquis von Keith sagen läßt, macht ihn so rabiat, daß er in diesem Zorn einen anderen Menschen der Zukunft entwerfen wird, so sicher, so selbstbeherrscht und so milde, als jener wirr und wüst ist.“ [Hermann Bahr: Frank Wedekind. In: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 35, Nr. 249, 11.9.1901, S. 2] und Casanova emporstrecken möchten und doch, der Seelenkraft nach, nur Philister sind. Jedenfalls ist es mir einfach unbegreiflich, daß ein so hohes und ungemeines Werk von so rätselvoller Schönheit von unseren Bühnen ignoriert wird, die sich die Finger danach ablecken sollten. Ich höre aber, daß es Jarno ja geben willJosef Jarno, Direktor des Theaters in der Josefstadt in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 570], plante eine Inszenierung des „Marquis von Keith“, die sich aber verzögerte und erst am 30.4.1903 im Theater in der Josefstadt Premiere hatte.. Hoffentlich kommen Sie dazu nach Wien und ich habe die Freude, dann über Vieles mit Ihnen sprechen zu können. ImSchreibversehen, statt: In. dieser frohen Erwartung grüßt bestens

Hermann Bahr

Frank Wedekind schrieb am 8. Januar 1906 in Berlin folgenden Brief
an Hermann Bahr

GRAND HÔTEL
DE ROME u. DU NORD

A. MÜHLING
Kgl. Hoflieferant
BERLIN
Fernsprecher: Amt I, No. 4438.
Telegr.-Adr.: Romehôtel.


Berlin N.W., den 190
Unter den Linden 39.


Sehr verehrter Herr BahrHermann Bahr war am 8.1.1906 von München kommend soeben in Berlin eingetroffen (und blieb bis zum 10.1.1906 – abends Abreise nach Wien) [vgl. Tb Bahr, Bd. 5, S. 1].!

ich kamNachdem Wedekind am 8.1.1906 in Berlin seinen Rechtsanwalt Paul Jonas (siehe unten) wegen des anstehenden zweiten Prozesses um „Die Büchse der Pandora“ (angesetzt auf den 10.1.1906) [vgl. KSA 3/II, S. 1166] aufgesucht hat, war er bei Hermann Bahr, den er dann nochmals im Café Metropol traf: „Besuch bei Jonas, bei Hermann Bahr, treffe Herman Bahr im C. Monopol.“ [Tb] um Ihre Hülfe zu erflehen. Übermorgen Mittwochder 10.1.1906, an dem die Gerichtsverhandlung in dritter und letzter Instanz im Prozess um Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ vor der zweiten Strafkammer am Königlichen Landgericht II in Berlin wegen „Verbreitung unzüchtiger Schriften“ [KSA 3/II, S. 1167], wie die Anklage lautete, stattfand. Sie endete mit dem Freispruch Wedekinds und seines Verlegers Bruno Cassirer und zugleich mit der gerichtlichen Anordnung „der Unbrauchbarmachung der Druckschrift und der zu deren Herstellung bestimmten Formen und Platten“ [KSA 3/II, S. 1180], wie es im Urteil heißt. Wedekind notierte am 10.1.1906: „Verhandlung Landgericht II Büchse der Pandora. Hermann Bahr und Professor Wittkowski Sachverständige. Freispruch aber Vernichtung des Buches.“ [Tb] habe ich Verhandlung wegen Büchse d. Pandora. Herr Justizrat Jonal/s/Justizrat Paul Jonas in Berlin (Schaperstraße 32), Rechtsanwalt beim Landgericht I in Berlin und Notar (Kanzlei: Taubenstraße 16-18) [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 966]. und ich wären Ihnen herzlich dankbar | wenn Sie als SachverständigerHermann Bahr notierte am 10.1.1906: „Sachverständiger im Proceß Wedekind beim Landgericht II“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 1]. In seinem 1909 veröffentlichten Tagebuch ist ein Eintrag vom 10.1.1906 ausführlicher mit einem Referat seines Gutachtens überliefert: „Sachverständiger im Prozeß gegen Wedekind, wegen der ‚Büchse der Pandora‘; Landgericht II. Mein Gutachten geht dahin, den ‚normalen Leser‘, auf den sich das Reichsgericht beruft, abzuweisen, weil das Buch selbst durch sein exklusiv künstlerisches Wesen jeden ausschließe, der nicht einen Grad von Kultur hat, bei welchem ein anderes als das rein künstlerische Verhältnis ausgeschlossen ist. Den ‚normalen‘, den unkünstlerischen Leser wird gleich anfangs Wedekinds ungemeine Technik, von Dialogen, welche Monologe scheinen, indem jeder nur vor sich hin, für sich hin spricht, aber dann doch geheimnisvoll ins Gespräch des Partners verbunden wird, so verwirren und so befremden, daß er sich einfach langweilt. Wer aber fähig ist, diesen künstlerischen Reiz zu verstehen und empfinden, ist eben dadurch unfähig, ‚obszön‘ zu reagieren, sei es nun mit Lust oder Ekel. Durch seine ‚Qualität‘ schafft sich also dieses Buch sein eigenes Publikum selbst, an diesem muß es gemessen werden, auf dieses kann es nicht ‚unzüchtig‘ wirken. Das andere Publikum aber, auf das es etwa ‚unzüchtig‘ wirken könnte, schließt es eben durch diese ‚Qualität‘ aus.“ [KSA 3/II, S. 1166f.] uns zur Seite stehen wollten. Ich werde mir erlauben heute oder morgenWedekind notierte am 9.1.1906 nach einer Vorstellung des „Marquis von Keith“ am Kleinen Theater eine Begegnung in größerer Runde im Weinlokal F. W. Borchardt: „Marquis von Keith [...]. Nachher bei Borchart [...] Hermann Bahr“ [Tb], die dieser ebenfalls festhielt: „‚Marquis von Keith‘ Bei Borchert mit Wedekind“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 1]. noch einmal per Telephon bei Ihnen anzufragen.

Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


8.1.6.

Hermann Bahr schrieb am 5. Januar 1907 in Wien folgenden Brief
an Frank Wedekind

Lieber Frank Wedekind!

Die beiliegende Kartenicht überliefert. Denkbar ist, dass es sich bei der als Briefbeilage verschickten Karte, die einer der Portiers des Deutschen Theaters zu Berlin Hermann Bahr nach Wien nachgesandt hat, um eine der Bildpostkarten mit Rollenfotos aus der Uraufführung von „Frühlings Erwachen“ (so Camilla Eibenschütz als Wendla Bergmann und Alexander Moissi als Moritz Stiefel [vgl. Mittermayer/Bengesser 2014, S. 8]) gehandelt hat, die Hermann Bahr genutzt haben könnte, um Wedekind an die Proben zu der Inszenierung zu erinnern, an denen Hermann Bahr vom 12. bis 19.11.1906 beteiligt und auch bei der Uraufführung am 20.11.1906 anwesend war [vgl. Tb Bahr, Bd. 5, S. 143-152]. Denkbar wäre aber auch, dass die nicht überlieferte Karte etwas zu tun hatte mit der Premiere von Hermann Bahrs eigenem Stück „Ringelspiel“ unter seiner Regie am 20.12.1906 am Deutschen Theater, die Wedekind besucht hat: „Ringelspiel von Bahr Premiere.“ [Tb], von unserem schlamperten Portiernicht eindeutig identifiziert; als Hermann Bahr als Regisseur am Deutschen Theater (Direktion: Max Reinhardt) in Berlin tätig war, waren dort Ernst Zimmermann, August Saalbach, August Fritze und Wilhelm Neitzel „Portiers“ [Neuer Theater-Almanach 1907, S. 286; Neuer Theater-Almanach 1908, S. 258]. des Deutschen Theaters mir nach Wien nachgeschickt, gibt mir den Anlaß Sie und Ihre verehrte Frau herzlichst zu grüßen als
Ihr getreuer
Hermann Bahr

Hermann Bahr schrieb am 4. Mai 1908 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Hermann Bahr vom 5.5.1908 aus Wien:]


Für Ihre liebenswürdige herzliche Aufforderung sage ich Ihnen meinen herzlichsten Dank.

Frank Wedekind schrieb am 5. Mai 1908 in Wien folgenden Brief
an Hermann Bahr

HOTEL TEGETTHOFF, I. JOHANNESGASSE 23, WIEN.
TELEGRAMME:
TEGETTHOFFHOTEL, WIEN.


Sehr verehrter Herr Bahr!

Für Ihre liebenswürdige herzliche Aufforderungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Hermann Bahr an Wedekind, 4.5.1908. Es handelte sich um eine Einladung zum Essen (siehe unten). sage ich Ihnen meinen herzlichsten Dank. Es wäre mir allerdings schmerzlich gewesen, wenn wir auch diesha diesmal wiederWedekind, der seit dem 26.4.1908 zu den Proben für die Inszenierung von „Frühlings Erwachen“ am Deutschen Volkstheater (Premiere: 9.5.1908) in Wien war, bezieht sich auf eine frühere flüchtige Begegnung mit Hermann Bahr in Verbindung mit einer gerade zurückliegenden Begegnung. Er dürfte einerseits an den „Vortrag von Hermann Bahr“ [Tb] am 31.10.1907 in Berlin gedacht haben, andererseits an den Vortrag Hermann Bahrs über den österreichischen Schriftsteller und Journalisten Ferdinand Kürnberger am 27.4.1908 in Wien, den Wedekind besuchte „Abends Kürenberger-Vortrag von Hermann Bahr“ [Tb]. Er konnte mit Hermann Bahr, der am 27.4.1908 knapp „Montag Kürnberger Vorles[un]g“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 375] notierte, nach dem Vortrag nur ein paar Worte sprechen, da dieser gleich nach Hause fuhr [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 29.4.1908]. mit einem freundlichen Kopfnicken an einander vorüber gegangen wären./,/ denn die Menschen, die wir schätzen und lieben | sind eben doch wohl unser größter Luxus. Also Sonntagder 10.5.1908, an dem Frank und Tilly Wedekind Gäste bei Hermann Bahr waren, bei einem Essen, bei dem auch Anna von Mildenburg und Wilhelm Singer (Chefredakteur des „Neuen Wiener Tagblatt“) anwesend waren: „Bei Hermann Bahr zu Tisch mit Willhelm Sänger und Frau Mildenburg“ [Tb]. Der Gastgeber notierte am 10.5.1908: „M., Wedekinds, Singer bei mir.“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 379] Dabei war wohl außerdem Hermann Bahrs Schwägerin Olga Jokl, eine Schwester seiner ersten Ehefrau Rosa Jokl, deren Fächer Wedekind signierte [vgl. Wedekind an Olga Jokl, 10.5.1908]. Das Essen fand einen Tag nach der Wiener Premiere von „Frühlings Erwachen“ am Deutschen Volkstheater statt, die Hermann Bahr besucht hat, wie er am 9.5.1908 notierte: „Im Theater bei Wedekinds ‚Frühlings Erwachen‘ junge Leute, die, als sie mich in der Loge erblicken, hoch Bahr brüllen.“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 379] um zehn Uhr. Meine Frau kennt den Weg zu Ihnenvom Hotel Tegetthoff im 1. Wiener Bezirk zur Wohnung Hermann Bahrs in Wien (XIII, Veitlissengasse 7) [vgl. Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1908, Teil VII, S. 32]; das war eine Villa (Architekt: Joseph Maria Olbrich), die Hermann Bahr sich im Ortsteil Ober Sankt Veit im 13. Wiener Bezirk Hietzing hatte erbauen lassen, in der er von 1900 bis 1912 wohnte und die ein Künstlertreffpunkt war.. Ich bitte Sie, Ihrer verehrten Frau GemahlinHermann Bahrs erste Ehefrau war Rosa Jokl (Scheidung am 14.5.1909), von der er getrennt lebte; bei dem Essen am 10.5.1908 dabei war seine spätere zweite Ehefrau Anna von Mildenburg (Heirat am 24.8.1909), von ihm als „M.“ abgekürzt (siehe oben), mit der er seit einigen Jahren liiert war. meiner Frau und meine ergebensten Empfehlungen auszusprechen. Ich freue mich sehr auf Sonntag und bin in alter Verehrung mit herzlichen Grüßen
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


5.5.8.

Frank Wedekind schrieb am 17. September 1908 in Berlin folgende Widmung
an Hermann Bahr

OAHA senden an.

Hermann Bahr H. B Dem Dichter und Kämpfer
Dies Buch braucht nicht zu gefallen, es möchte nur freundliche Grüße überbringen in ErinnerungWedekind hat Hermann Bahr zuletzt in Wien gesehen, als er einen Tag nach der Wiener Premiere von „Frühlings Erwachen“ (Wedekind spielte am Deutschen Volkstheater in Wien den vermummten Herrn) am 10.5.1908 bei ihm zum Essen eingeladen war: „Bei Hermann Bahr zu Tisch“ [Tb]. Die in dem Widmungsentwurf angesprochene Erinnerung (welche, ist nicht mehr notiert, da der Entwurf hier abbricht) dürfte auf sein auf den Bühnen nun erfolgreiches Stück „Frühlings Erwachen“ zielen, da Hermann Bahr bei den Proben für die Uraufführung an den Kammerspielen des Deutschen Theaters in Berlin dabei war, wie seine Tagebucheinträge vom 12. bis 19.11.1906 bezeugen [vgl. Tb Bahr, Bd. 5, S. 143-151], und er am 9.5.1908 auch die Wiener Premiere besucht hat: „Im Theater bei Wedekinds ‚Frühlings Erwachen‘“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 379].

Hermann Bahr schrieb am 19. November 1908 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Hermann Bahrs Buchversandliste „Die Rahl“ von Mitte November 1908 (in: Ifkovits/Müller 2018, S. 410):]


Rahl an:

[...]

In Berlin selbst bei Fischer Widmungen einschreiben an [...] Wedekind [...]

Hermann Bahr schrieb am 19. März 1909 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Hermann Bahr vom 18.4.1909 aus München:]


Nach meinem Wiener Vortrag schrieben Sie mir ein paar so liebe Worte.

Frank Wedekind schrieb am 18. April 1909 in München folgenden Brief
an Hermann Bahr

Sehr verehrter Herr Bahr!

Eben lese ich mit größtem Genuß und wachsendem Interesse „Die RahlHermann Bahrs Roman „Die Rahl“ (1908), von dem Wedekind ein Exemplar mit handschriftlicher Widmung des Verfassers besaß [vgl. Hermann Bahr an Wedekind, 19.11.1908].“. Ich bin entzückt von der psychologischen Feinheit und der Eleganz, mit der Sie die spröden Probleme meistern. Ich bin aufs höchste auf den Schlußakord dieser verschiedenen Klänge gespannt. Ich sehe in Ihren Menschen | keine beliebigen Individuen, sondern Vertreter von Phasen der Entwicklung.

Nach meinem Wiener VortragWedekind notierte auf einer Lesereise am 18.3.1909 „Ankunft in Wien“ und „Vortrag“ [Tb], eine vom Verein für Kunst und Kultur veranstaltete Lesung im Bösendorfersaal (Beginn: 19.30 Uhr), angekündigt: „Das vollständige Programm des am 18. d. von Frank Wedekind veranstalteten Vortragsabends lautet: 1. ‚Die Zensur‘, zweite Szene (zwischen Buridan und dem Zensor). 2. ‚Totentanz‘, drei Szenen. 3. Gedichte.“ [Vorlesung Frank Wedekind. In: Die Zeit, Jg. 8, Nr. 2326, 15.3.1909, Abendblatt, S. 2] Wedekind reiste am 19.3.1909 wieder aus Wien ab und Hermann Bahr, der die Lesung am Vorabend wohl besucht hat, dürfte ihm bald darauf geschrieben haben (siehe unten). schrieben Sie mir ein paar so liebe Wortenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Hermann Bahr an Wedekind, 19.3.1909.. Gott/Ja/, ist es denn meine Schuld, daß man nicht mehr von einander hat? Als ich mit der Schriftstellerei anfing, hatte ich wenig vertrauen auf Erfolg aber ich freute mich ungemein auf den interessanten | Verkehr. Jetzt scheint es mir oft als lebten wir in einer Welt von Einsiedlern. Kommen Sie im Juli nach München? Ich würde mich wirklich ungemein freuen, wenn wir auch einmal zusammen künstlerisch arbeiten könnten. Und da sich die Kluft zwischen Reinhardt und mirWedekinds Streit mit Max Reinhardt, Direktor des Deutschen Theaters zu Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1909, S. 284], um seinen Schauspielervertrag [vgl. Vinçon 2014, S. 199], der kulminiert war, als er ein Dossier „Reinhardt Tagebuch“ [KSA 5/II, S. 278-281] am 17.10.1908 an die Sozietäre des Deutschen Theaters und weitere Personen der kulturellen Öffentlichkeit verschickt hatte (siehe Wedekinds Briefe unter diesem Datum an Fritz Andreae, Paul Cassirer, Maximilian Harden, Emmy Loewenfeld, Robert von Mendelssohn, Walther Rathenau und Hermann Rosenberg). wieder geschlossen hatten, ließe sich doch garnicht absehen, was für Sträucher und Bäume zwischen uns Dreien, wenn ich mich dazu rechnen darf, aufschießen könnten. |

Meine Frau und ich senden Ihrer verehrten Frau GemahlinHermann Bahr war seit dem 24.8.1909 in zweiter Ehe mit der gefeierten Wagnersängerin Anna von Mildenburg verheiratet. und Ihnen die herzlichsten Grüße.

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns bald einmalEin Treffen scheint es so bald nicht gegeben zu haben. Jedenfalls notierte Wedekind erst am 26.6.1910 in München: „Hermann Bahr kommt zum Thee.“ [Tb] aussprechen könnten, auch wenn es zu keinem anderen Resultat führen sollte, als daß wir einander näher kämen.

Mit herzlichsten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


München, 18.4.9.

Prinzregentenstraße 50.

Frank Wedekind, Erika (Mieze) Wedekind und Tilly Wedekind schrieben am 8. August 1910 in Lenzburg folgende Bildpostkarte
an Hermann Bahr

S.H.
Herrn Hermann Bahr
Wien
Obers/S/anct VeitHermann Bahr wohnte von 1900 bis 1912 in einer Villa, die er sich im Ortsteil Ober Sankt Veit im 13. Wiener Bezirk Hietzing hatte erbauen lassen, seine Privatadresse (XIII, Veitlissengasse 7), während er als Redakteur des „Neuen Wiener Tagblatt“ auch unter der Redaktionsadresse (Wien I, Steyrerhof 3) verzeichnet ist [vgl. Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1911, Teil VII, S. 35].


Lieber verehrter Herr Bahr!

Aus dem idyllischen Städtchen Lenzburg wo wir mit meiner Schwester ErikaFrank und Tilly Wedekind trafen dem Tagebuch zufolge am 5.8.1910 in Lenzburg ein („Ankunft in Lenzburg. Mama und Eva holen uns vom Bahnhof ab“), Erika Wedekind am 7.8.1910 („Wir holen Mieze am Bahnhof ab“), und alle drei unternahmen am 8.8.1910 einen Ausflug auf den Schlossberg von Lenzburg – Schloss Lenzburg ist das Bildmotiv der vorliegenden Bildpostkarte – und den direkt gegenüber gelegenen Goffersberg („Mit Tilly Mieze und den Kinder auf Schloß- und Goffersberg“). Bei diesem Ausflug dürfte die Bildpostkarte geschrieben worden sein. bei meiner Mutter in vergnügter Sommerfrische verweilen, senden wir Ihnen und Ihrer verehrten Frau Gemahlin die herzlichsten Grüße
Erika Wedekind. |


Schloss Lenzburg


Beste Grüße
Tilly Wedekind


Frank Wedekind.

Hermann Bahr schrieb am 24. Oktober 1910 in London folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Postkarte an Hermann Bahr vom 26.10.1910 aus München:]


Schönsten Dank für „Englands großen Mann.“

Frank Wedekind schrieb am 26. Oktober 1910 in München folgende Postkarte
an Hermann Bahr

Königreich Bayern
Postkarte


Herrn Hermann Bahr
Wien-HitzingHermann Bahr wohnte in Wien (XIII, Veitlissengasse 7) [vgl. Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1911, Teil VII, S. 35] im Ortsteil Ober Sankt Veit des 13. Wiener Bezirks Hietzing.. |


Verehrter Herr Bahr!

Schönsten DankHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Hermann Bahr an Wedekind, 24.10.1910. Hermann Bahr dürfte Wedekind aus London geschrieben haben, wohin er am 1.10.1910 abgereist war (seine Frau Anna von Mildenburg hatte in London ein Engagement), wie er Arthur Schnitzler am 26.9.1910 mitteilte: „Ich fahre Samstag für vier Wochen nach London [...] London E. C. Victoria Embankment, De Keysers Hotel“ [Ifkovits/Müller 2018, S. 437]; er reiste am 26.10.1910 von London ab und war am 28.10.1910 wieder in Wien [vgl. Hermann Bahr. Österreichischer Kritiker europäischer Avantgarden: https://www.univie.ac.at/bahr/leben], wie er Wedekind aus London mitgeteilt haben dürfte, der seine Postkarte nach Wien adressierte. für „Englands großen Mannwohl Zitat aus Hermann Bahrs nicht überliefertem Korrespondenzstück (siehe oben). Gemeint sein könnte George Bernard Shaw. Hermann Bahr war äußerst beindruckt von einem Vortrag Shaws, den er um den 7.10.1910 in London hörte und einen enthusiastischen Aufsatz über dieses Erlebnis schrieb [vgl. Hermann Bahr: Shaw als Redner. In: Neue Freie Presse, Nr. 16671, 19.1.1911, Morgenblatt, S. 1f.]; er traf sich am 15.10.1910 in London mit dem irischen Schriftsteller [vgl. Hermann Bahr. Österreichischer Kritiker europäischer Avantgarden: https://www.univie.ac.at/bahr/leben], worüber er Wedekind pointiert geschrieben haben könnte. Wedekind dürfte von Hermanns Bahrs Faible für George Bernard Shaw gewusst haben. Hermann Bahr hatte in einem fiktiven offenen Brief „Lieber Bernard Shaw!“ einmal geschrieben, Shaw sei „der englische Hermann Bahr“ und er selbst sei „der deutsche Bernard Shaw“ [Hermann Bahr: Candida. In: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 38, Nr. 280, 9.10.1904, S. 9; vgl. Hermann Bahr: Glossen. Zum Wiener Theater (1903 bis 1906). Berlin 1907, S. 183]..“ Kurz aber klar und deutlich.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr
FrWedekind.

Hermann Bahr schrieb am 30. April 1914 in Salzburg
an Frank Wedekind

[Hinweis und Zitat in Wedekinds Brief an Hermann Bahr vom 1.5.1914 aus München:]


Ihre lieben freundlichen Zeilen enthalten den Ausdruck „in herzlicher Verehrung widme“.

Frank Wedekind schrieb am 1. Mai 1914 in München folgenden Brief
an Hermann Bahr

Lieber verehrter Hermann Bahr!

Empfangen Sie den allerschönsten Dank für das große GeschenkHermann Bahr hat Wedekind angekündigt, ihm sein neues Stück „Der Querulant“ (1914) widmen zu wollen (siehe unten). Die Niederschrift war soeben abgeschlossen, wie Hermann Bahr seinem Freund Josef Redlich in Wien am 30.4.1914 aus Salzburg mitteilte: „Ich hab mein neues Stück fertig“ [Fellner 1980, S. 96], das Sie mir machen wollen, genauso als hätten Sie es mir schon gemacht, mehr werde ich Ihnen nachher auch nicht danken können. Aber Ihre Güte und Liebe hat Bedenken für mich. Seit meinen frühesten Anfängen stehe ich in Ihrer Schuld. Sie waren in Österreich der erste der mich förderte, während es mir bisher noch nie gelungen ist oder vergönnt war Ihnen etwas zu nützen. Jetzt sind wir 50Hermann Bahr war am 19.7.1913 fünfzig Jahre alt geworden, Wedekind wurde am 24.7.1914 fünfzig Jahre alt. und | ich soll meine Schuldenlast Ihnen gegenüber noch vergrößert sehen, während die Möglichkeit immer geringer wird etwas davon abzutragen. An mir wäre es längst gewesen Ihnen meine Verehrung und Dankbarkeit öffentlich zu bezeugen. Aber die WidmungenWedekinds Stücke waren in den Buchausgaben bis dahin einer literarischen Figur, dem vermummten Herrn („Frühlings Erwachen“), oder Personen aus dem Freundeskreis – Carl Heine („Der Kammersänger“), Willy Grétor („Erdgeist“ in der 2. Auflage von 1903), Emil Meßthaler („Hidalla“), ohne Namensnennung seiner „Braut“ Berthe Marie Denk („Totentanz“), ohne Nachnamen seiner „Muse Tilly“ Wedekind („Oaha“), Fritz Basil („Der Stein der Weisen“), Kurt Martens („In allen Wassern gewaschen“ und 1914 „Schloß Wetterstein“), Artur Kutscher („Franziska“) – gewidmet., die ich meinen Stücken mitgab, waren meist direkt aus den Verhältnissen erwachsen, in denen sie entstanden oder zuerst zur Geltung kamen. Und ich stecke in dieser Beziehung noch tief in Schulden, besonders Harden gegenüberWedekinds Schauspiel „Bismarck“ (im Buch vordatiert auf 1916, ausgeliefert Ende 1915) war dann in der Buchausgabe „Maximilian Harden in größter Verehrung gewidmet“ [KSA 8, S. 154].. Meine Widmungen ent waren keine großzügige Freigebigkeit wie das die Ihrige wäre sondern entsprangen der Absicht, wenigstens nicht als unanständiger Mensch zu erscheinen. |

Ihre lieben freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Hermann Bahr an Wedekind, 30.4.1914. Hermann Bahr hat Wedekind angekündigt, ihm sein neues Stück „Der Querulant“ (1914) widmen zu wollen. enthalten den Ausdruck „in herzlicher Verehrung widmeZitat aus dem nicht überlieferten Schreiben Hermann Bahrs (siehe oben).“. Wenn dieser Ausdruck in der Widmung stehen sollte, dann kann ich die Widmung unmöglich annehmen. Wenn Sie Ihr neues Drama, das mir sicherlich auch ohne Widmung die größte Freude sein wird, Ihrem „Freunde“ widmenDie gedruckte Widmung lautet dann: „Meinem lieben Frank Wedekind in herzlicher Freundschaft zum fünfzigsten Geburtstag“, datiert „Salzburg Pfingsten 1914“ [Hermann Bahr: Der Querulant. Komödie in vier Akten. Berlin 1914, S. (7)]. Die Widmung ist demnach am 31.5.1914 (Pfingsten) oder auch am 1.6.1914 (Pfingstmontag) endgültig formuliert gewesen. wollten, so wäre das eine Ehre und Auszeichnung die ich wenigstens hoffen dürfte noch halbwegs zu verdienen, und die uns beiden wol auch die Verehrung Anderer eintrüge. Ich darf mit Stolz sagen, daß ich seit dem Beginn Ihres Wirkens, ohne mich je einen Augenblick darin beirrt zu fühlen von ganzem Herzen Ihr Freund war. Wenn Sie mir diesen rühmlichen Vorzug öffentlich bezeugenÖffentlich angekündigte war die gedruckte Widmung in der Buchausgabe von Hermann Bahrs neuem Stück (siehe oben) auch in einer seit dem 2.5.1914 von Berlin aus verbreiteten Pressemeldung, die in verschiedenen Zeitungen nahezu gleichlautend die vorgesehene Widmung publik machte: „Das neue Stück, das Hermann Bahr beendet hat, ist eine Komödie in vier Akten und hat den Titel ‚Der Querulant‘. [...] Die Arbeit ist ‚Frank Wedekind in herzlicher Freundschaft zum fünfzigsten Geburtstag‘ zugeeignet.“ [Ein neues Werk von Hermann Bahr. In: Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 221, 2.5.1914, Abend-Ausgabe, S. (2); vgl. Neues Wiener Journal, Jg. 22, Nr. 7370, 3.5.1914, S. 15; Salzburger Volksblatt, Jg. 44, Nr. 101, 6.5.1914, S. 8; Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 227, 4.5.1914, Morgenblatt, S. 1] und bestätigen wollen, dann nehmen | Sie herzlichsten Dank dafür von Ihrem
alten Freunde
Frank Wedekind.


Ihnen, lieber Hermann Bahr und Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin die schönsten Grüße von meiner Frau und mir.

Hermann Bahr schrieb am 2. Mai 1914 in Salzburg folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Hermann Bahr vom 3.5.1914 aus München:]


[...] aufrichtigen innigen Dank [...]

Frank Wedekind schrieb am 3. Mai 1914 in München folgenden Brief
an Hermann Bahr

Lieber hochverehrter Hermann Bahr!

Für die große außerordentliche Freude, die Sie mit der Großzügigkeit Ihres reichen Herzens durch die freundschaftliche WidmungDie angekündigte Widmung [vgl. Wedekind an Hermann Bahr, 1.5.1914] lautet gedruckt: „Meinem lieben Frank Wedekind in herzlicher Freundschaft zum fünfzigsten Geburtstag“, datiert „Salzburg Pfingsten 1914“ [Hermann Bahr: Der Querulant. Komödie in vier Akten. Berlin 1914, S. (7)]. Demnach hat Hermann Bahr die Widmung am 31.5.1914 (Pfingsten) oder 1.6.1914 (Pfingstmontag) endgültig formuliert. Ihres neuen Dramas mir bereiten aufrichtigen innigen DankHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Hermann Bahr an Wedekind, 2.5.1914. Hermann Bahr hat unmittelbar auf einen soeben erhaltenen Brief Wedekinds [vgl. Wedekind an Hermann Bahr, 1.5.1914] geantwortet. Wedekind bedankt sich für diese Antwort und zugleich für die vorgesehene Widmung für ihn in Hermann Bahrs Komödie „Der Querulant“ (siehe oben).. Ich mag mich den Gefühlen nicht überlassen, die Ihr schönes | Geschenk in mir wachruft. Aber können wir heute nicht beide dem Geschick dankbar sein, Sie, der Sie so viel Freude bereiten, und ich, der ich sie empfange?

Ihnen und Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin schönste Grüße von uns beiden.

Ihr alter
Frank Wedekind.


3.5.14.

Hermann Bahr und Anna von Mildenburg schrieben am 23. Juli 1914 in Bayreuth folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Hermann Bahr vom 16.8.1914 aus München:]


Sie und Ihre Frau Gemahlin ersuche ich [...] Dank für Ihre lieben Geburtstagswünsche entgegennehmen zu wollen.

Frank Wedekind schrieb am 16. August 1914 in München folgenden Brief
an Hermann Bahr

Lieber, hochverehrter Hermann BahrDer zwischenzeitliche Wohnort Hermann Bahrs und seiner zweiten Ehefrau Anna von Mildenburg war vom 26.6.1914 bis 20.8.1914 Bayreuth (Parsifalstraße 15) [vgl. Hermann Bahr. Österreichischer Kritiker europäischer Avantgarden: https://www.univie.ac.at/bahr/leben].!

Sie und Ihre Frau Gemahlin ersuche ich aufrichtigen herzlichsten Dank für Ihre lieben Geburtstagswünschenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Hermann Bahr, Anna von Mildenburg an Wedekind, 23.7.1914. entgegennehmen zu wollen.

Mit der Bitte, mich der großen KünstlerinAnna von Mildenburg war als Opernsängerin eine berühmte Wagner-Interpretin und feierte 1914 bei den Bayreuther Festspielen als Kundry in Richard Wagners „Parsival“ (Premiere: 23.7.1914) Erfolge, wie die Presse berichtete: „Im ausverkauften Haus bereitete die Hörerschaft, unter der sich auch Prinz und Prinzessin August Wilhelm von Preußen befanden, eine Aufnahme voll tiefster Ergriffenheit [...]; eine überragende darstellerische Tat war wieder die Kundry der Frau Bahr-Mildenburg.“ [„Parsival“ in Bayreuth. In: Teplitz-Schönauer Anzeiger, Jg. 54, Nr. 90, 27.7.1914, Montag-Mittag-Ausgabe, S. 9] ehrerbietigst zu empfehlen
und besten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


München 16. August 1914.

Frank Wedekind schrieb am 6. November 1914 in München folgenden Brief
an Hermann Bahr

München 5/6/ November 1914


Lieber hochverehrter Herr Bahr!

Gestern AbendFrank Wedekind sah Hermann Bahrs Komödie „Der Querulant“ (1914), die am 16.10.1914 im Münchner Schauspielhaus unter der Regie von Georg Stollberg uraufgeführt worden war, am 5.11.1914 um 19.30 Uhr [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 567, 5.11.1914, Vorabendblatt, S. 5] gemeinsam mit Tilly Wedekind und ging nach der Vorstellung in den Ratskeller, wo er mit Kurt Martens, Wilhelm Schmidtbonn und Joachim Friedenthal zusammensaß: „Mit Tilly in Querulant von Bahr. Nachher RK mit Martens Schmidt-Bonn und Friedenthal“ [Tb]. sah ich den ,,Querulanten“ und hatte eine der größten Theaterfreuden, die mir seit vielen Jahren zu theil wurden. Die feine Technik des prachtvollen Lustspieles ist mir nicht geläufig genug, als daß ich sie bei der LektüreWann Wedekind die ihm gewidmete Komödie gelesen hat, ist unklar. Die Buchausgabe ist erst zur Uraufführung und zu den diversen Premieren erschienen, was durch die Presse erst einige Tage später publik gemacht wurde: „Die neue Komödie von Hermann Bahr ‚Der Querulant‘ ist soeben bei S. Fischer, Verlag, Berlin, in Buchform erschienen.“ [Neue Freie Presse, Nr. 18023, 27.10.1914, Morgenblatt, S. 13] Das Buchhandelsblatt hat das Buch noch später als erschienen angezeigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 81, Nr. 277, 30.11.1914, S. 8965]. hätte ganz durchschauen können. Aber auch den großen seelischen Reichtum des Dramas habe ich gestern vollkommen genossen. | Sie haben das Lustspiel sowohl wie das Volksstück auf eine höhere, unserer Zeit würdige Stufe gehoben. Nachher war ich mit Schmidtbonn, Dr. Martens und Dr. Friedenthal im Ratskeller zusammen, Sie hätten an unserer Diskussion Ihre helle Freude gehabt. Allgemein war die Ansicht, daß die Kritik, auch die Dr. FriedenthalsIn der Kritik Joachim Friedenthals, Münchner Korrespondent des „Berliner Tageblatt“, heißt es: „Welch ein schöner erster Akt, sagte ich mir bei der Uraufführung des neuen Bahr im Schauspielhaus, welch eine hübsche Begebenheit, was für eine glänzende Exposition einer richtigen Charakterkomödie. Und auch noch der zweite hielt sich auf ähnlichem Niveau. [...] Dann aber kam die Enttäuschung. Die beiden letzten Akte schwangen jäh nach der anderen Seite um. Aus der fein angelegten Charakterkomödie entwickelte sich eine nur im Dialog und in der menschlichen Gesinnung feine Tendenzkomödie gegen die Rechtsprechung. Aus der sinnlich-dichterischen Gestaltung eines hartnäckigen Menschen ging es ins abstrakte Reden um menschliche Gerechtigkeit und wahres Rechtsempfinden über.“ Gleichwohl: „Die Aufführung unter Stollbergs Regie hatte ein sehr anständiges Niveau.“ [J.F.: „Der Querulant“. Hermann Bahrs neue Komödie. In: Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 533, 20.10.1914, Morgen-Ausgabe, S. (2-3)] Ihrem Kunstwerk bei weitem nicht gerecht geworden ist, meiner Ansicht nach, weil sie immer noch von den | Gesichtspunkten unseres armseligen NaturalismusAusdruck von Wedekinds grundsätzlicher Ablehnung des Naturalismus und Anspielung auf Hermann Bahrs berühmte frühe Schrift „Die Überwindung des Naturalismus“ (1891). aus urteilt. Jedenfalls fanden wir unter den lebenden Dichtern keinen außer Ihnen, der auf der Bühne so hohe Gesichtspunkte verteidigen und uns dabei so viele Freude bereiten kann.

Ich bin sehr stolz darauf, daß dieses herrliche Werk mir gewidmetDie gerade im S. Fischer Verlag erschienene Komödie enthält die gedruckte Widmung: „Meinem lieben Frank Wedekind in herzlicher Freundschaft zum fünfzigsten Geburtstag“, datiert „Salzburg Pfingsten 1914“ [Hermann Bahr: Der Querulant. Komödie in vier Akten. Berlin 1914, S. (7)]. ist, und danke Ihnen noch einmal von ganzem Herzen dafür.

Meine Frau, die mit mir im | Theater war, hatte die gleiche Freude an Ihrem Werke wie ich.

Mit der Bitte, Ihrer verehrten Frau Gemahlin unsere besten Empfehlungen aussprechen zu wollen
und schönsten Grüßen
Ihr ergebener
Frank Wedekind.

Hermann Bahr schrieb am 8. November 1914 in Salzburg
an Frank Wedekind

8.11.14


Lieber Frank Wedekind!

Herzlichen Dank für die große Freude, die Sie mir mit Ihrem lieben Briefvgl. Wedekind an Hermann Bahr, 6.11.1914. gemacht! Aus München zurückin Salzburg, wo Hermann Bahr seit 1912 wohnte – die Presse vor Ort hatte seinerzeit berichtet, dass „der bekannte Schriftsteller Hermann Bahr [...] sich jetzt in Salzburg ansässig gemacht hat“ [Salzburger Chronik, Jg. 48, Nr. 53, 5.3.1912, S. 7]. Hermann Bahr hat am 27.10.1914 im Münchner Hotel Vier Jahreszeiten um 20 Uhr einen vom Schutzverband deutscher Schriftsteller (Ortsgruppe München) veranstalteten Vortrag mit dem Titel „Kriegssegen“ gehalten, dessen „Reinertrag [...] allen durch den Krieg in Notlage geratenen Schriftstellern und Journalisten zugute“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 552, 28.10.1914, Vorabend-Blatt, S. 4] kommen sollte. Den in der Presse zitierten Auszügen zufolge beschwor er kriegsbegeistert „das deutsche Wesen“ und erläuterte den Vortragstitel entsprechend: „Wir alle, so weit in der weiten Welt Deutsche sind, segnen diesen Krieg.“ [v.H.: Vortrag von Hermann Bahr. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 554, 29.10.1914, Vorabend-Blatt, S. 3] Wedekind hat den Vortrag besucht, wie er am 27.10.1914 lapidar notierte: „Hermann Bahr Vortrag.“ [Tb], bekam ich eine Beinhautentzündung mit allem Zubehör von Fieber, Kopfschmerz und namenloser Müdigkeit, so bin ich heute noch unfähig Ihnen mehr zu sagen als daß wenn Sie mein Werk des teuren Namens | dem es gewidmet istDie gedruckte Widmung lautet: „Meinem lieben Frank Wedekind in herzlicher Freundschaft zum fünfzigsten Geburtstag“, datiert „Salzburg Pfingsten 1914“ [Hermann Bahr: Der Querulant. Komödie in vier Akten. Berlin 1914, S. (7)]., nicht ganz unwert finden, dies mir das Schönste ist, was ich darüber hören kann.

In alter herzlicher Verehrung und mit den schönsten Grüßen von uns Beiden, auch an Ihre liebe Frau,
Ihr getreuer
Hermann Bahr