Briefwechsel

von Otto Julius Bierbaum und Frank Wedekind

Otto Julius Bierbaum schrieb am 21. April 1892 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

München, Veterinärstr. 5/IOtto Julius Bierbaum wohnte in München in Untermiete (Veterinärstraße 5, 1. Stock) [vgl. Adreßbuch für München für das Jahr 1892, Teil II, S. 423] „als Mieter von Frau Louise Negele“ [Raff 2019, S. 31]; im „Gartenhaus“ (= Hinterhaus) sind Anita Augspurg und Sophie Goudstikker mit ihrer „photogr. Anstalt“ [Adreßbuch für München für das Jahr 1892, Teil II, S. 423] verzeichnet..

21 April 1892.


Lieber Herr Wedekind!

Im Mai geben wir „des modernen Musenalmanachs zweite ReiseNachdem im Vorjahr die erste Folge einer von der Gesellschaft für modernes Leben in München herausgegebenen und von Otto Julius Bierbaum redigierten Anthologie unter dem Titel „Sommerfest. Ein moderner Musenalmanach“ in der Münchener Kunst- und Verlagsanstalt Dr. E. Albert & Co. erschienen war, die Wedekinds Gedicht „Selbstschau“ [vgl. KSA 1/I, S. 2082] enthält [vgl. Sommerfest. Ein moderner Musenalmanach. Mit Originalbeiträgen von Hermann Bahr, Otto Julius Bierbaum, Julius Brand, M. G. Conrad, Marie Conrad-Ramlo, Anna Croissant-Rust, Gustav Falke, Hanns von Gumppenberg, Otto Erich Hartleben, Hermann Heiberg, Franz Held, Karl Henckell, Arno Holz, Iven Kruse, Detlev Freih. v. Liliencron, John Henry Mackay, Oskar Panizza, Ludw. Scharf, Gg. Schaumberg, Julius Schaumberger, Joh. Schlaf, Prinz Emil z. Schönaich-Carolath, R. Frhr. v. Seydlitz, Maurice von Stern, Frank Wedekind. Erste Reihe. München 1891, S. 61], war nun eine zweite Folge unter dem Titel „Frühlingsfest“ geplant, die aber so nicht zustande kam. Stattdessen konzipierte Otto Julius Bierbaum im selben Verlag einen von ihm herausgegebenen neuen „Modernen Musen-Almanach“, dessen erster Band noch in diesem Jahr unter dem Titel „Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1893. Ein Sammelbuch deutscher Kunst“ (1892) erschien.“ unter dem Titel „Frühlingsfest“ heraus. Darin dürfen Sie nicht fehlen! Also schicken, schicken Sie möglichst umgehend etwas. Es ist uns lieb, wenn es recht kurz ist, aber scharf kennzeichnend für Sie muß es sein. Ich suche möglichst Alles zu nehmen, was künstlerisch bedeutsam ist, ohne viel Rücksicht auf die verschiedenen Moralen. Nur freilich, Sie wissen ja: der deutsche | Polizeispießdie Zensur (zeitgenössisch umgangssprachlich)..

Gott, Sie Glücklicher, – können Sie sich denn an den erinnern? Schreiben Sie mir auch ein paar Zeilen über Madame Lutetiaantiker Name der Stadt Paris. Wedekind lebte seit dem 29.12.1891 in der französischen Hauptstadt [vgl. Frank Wedekind an Armin Wedekind, 29.12.1891]..

Im Mai, auf der Rückreise von London, wohin ich heiratens halberOtto Julius Bierbaums Heirat in England – wie eine Heirat dort sich gestaltete (und warum sie angeraten sein konnte), hat er Wedekind später detailliert dargelegt [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 26.2.1906] – verschob sich; die Heirat mit Augusta (Gusti) Rathgeber (seiner ersten Ehefrau) fand erst am 16.8.1892 in London statt [vgl. Raff 2019, S. 34f.]. muß, komme ich vielleicht über Paris. Darf ich Sie aufsuchenDer Besuch Otto Julius Bierbaums (in seinen folgenden Briefen wiederholt abgesagt und anberaumt) bei Wedekind in Paris kam nicht zustande.?

Redaktionsschluß 1. Mai.

Ihr
Otto Julius Bierbaum

Frank Wedekind schrieb am 12. Mai 1892 in Paris folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[1. Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 12.5.1892 in Paris:]


Brief an Bierbaum.


[2. Hinweis in Otto Julius Bierbaums Postkarte an Wedekind vom 14.5.1892 aus Oed bei Beuerberg:]


Besten Dank für Ihren Brief.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 14. Mai 1892 in Oed bei Beuerberg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Königreich Bayern
POSTKARTE


An Herrn Frank Wedekind
in
Paris.
Rue Crébillon 4 |


Lieber Herr Wedekind.

Besten Dank für Ihren Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 12.5.1892.. Aus meiner LondonfahrtOtto Julius Bierbaum hatte angekündigt, auf der Rückreise von London nach Paris zu kommen [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 21.4.1892]. mit Rückreise über Paris wird leider nix. Wir heuern in der Schweiz – de ficiente pecu .. etc.Anspielung auf ein lateinisches Wortspiel mit ‚Mangel‘ und ‚Geld‘: „Deficiente pecunia (lat.), bei Geldmangel; deficiente pecu deficit omne nia, Scherzvers mit Auseinanderreißung des Wortes pecunia, etwa: Wo es gebricht an GE, mangelt auch alles LD.“ [Meyers Konversations-Lexikon. 4. Aufl. Bd. 4. Leipzig 1886, S. 611] Aber: einen Beitragfür Otto Julius Bierbaums „Modernen Musen-Almanach“ [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 21.4.1892]. von Ihnen müssen wir haben. Es hat noch einige Zeit, doch senden Sie trotzdem schnell was Schönes an Ihren

Bierbaum,

auf der ÖdOtto Julius Bierbaums „Wohnsitz auf der Oed, einem Bauernhofe oberhalb des Starnberger Sees.“ [Richard Wrede, Hans von Reinfels: Das geistige Berlin. Eine Encyclopädie des geistigen Lebens Berlins. Bd. 1. Berlin 1897, S. 27] Er wohnte dort (Erinnerungen Ernst von Wolzogens zufolge) „in einem einsamen Bauernhäuschen auf der ‚Od‘, herrlich gelegen im grünen Hügellande [...] in zwei niedrigen, holzgetäfelten Bauernstübchen“ [Otto Julius Bierbaum: In: Das literarische Echo, Jg. 12, Heft 11, 1.3.1910, Sp. 784]. / bei Beuerberg
Oberbayern, Starnberger See

Frank Wedekind schrieb am 15. Mai 1892 in Paris folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 15.5.1892 in Paris:]


Ich mache fünf Gedichte und schicke siemit dem hier erschlossenen Begleitschreiben; um welche Gedichte es sich handelte, ist nicht überliefert. Wedekind hat sie für den von Otto Julius Bierbaum herausgegebenen „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ (1892) eingereicht. an Bierbaum.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 24. Mai 1892 in München folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Königreich Bayern
POSTKARTE


An
Herrn Frank Wedekind
in Paris
4 rue de crébillon |


Oh, oh, oh, oh, –. Ksch, – ich bin weg, oh, oh, oh, proh pudor, ac proh dolor!(lat.) Oh Scham, oh Schande, und oh Schmerz, leider! Nff! Aber so was! so was! Na ja, Freund Frank, von jeher wart Ihr frei, aber, aber: wir sind in Teutschland! Nun also: irgend eines der fünfder fünf Gedichte, die Wedekind für den „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ eingesandt hatte [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 15.5.1892], nachdem Bierbaum ihn dafür um Beiträge auch ohne viel Rücksicht auf Moralverstöße gebeten hatte [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 21.4.1892], die ihm aber jetzt doch zu weit gingen und er befürchtete, sie könnten Anstoß erregen, wie die vorliegende Postkarte dokumentiert; um welche Gedichte es sich handelte, ist unklar (keines wurde im „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ gedruckt). kommt in den Almanach, und Sie erhalten Correktur. Für alle Ihre Freundlichkeit den besten Dank Ihres

Bierbaum.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 7. Juli 1892 in Oed bei Beuerberg folgenden Brief
an Frank Wedekind

Öd, Post Beuerberg, 7.VII 92


Lieber Herr Wedekind!

Ich komme nun doch von LondonOtto Julius Bierbaum war gemeinsam mit Augusta (Gusti) Rathgeber (seiner ersten Ehefrau) in London, wo sie am 16.8.1892 heirateten, wie er Wedekind bereits angedeutet hatte [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 21.4.1892]. nach ParisOtto Julius Bierbaums Rückreise führte ihn, anders als geplant, nicht über Paris [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 25.9.1892].. Etwa am 25. Juli. Sind Sie dann noch dort? Wollen Sie so freundlich sein, mich darüber recht schnell zu benachrichtigen? Es wäre mir so sehr lieb, mit Ihnen ein wenig in Paris zu bummeln. Ist Herr Weinhöppel, gen. Hans Richard noch in P.Hans Richard Weinhöppel, der mit Wedekind befreundete Musiker aus München, hielt sich noch in Paris auf.? – Seien Sie so gut | und schreiben Sie mir bald unter der Adresse Schaumbergers (an Schaumberger selbst adressiert): Müllerstr. 45bdie Adresse von Julius Schaumberger, Schriftsteller und Redakteur in München (Müllerstraße 45b, 1. Stock rechts) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1893, Teil I, S. 367], mit Wedekind und Otto Julius Bierbaum befreundet.. – Kennen Sie eine DameEmmy de Némethy, Schriftstellerin und Übersetzerin in Paris, eine „Dame aus der hohen Pariser Gesellschaft“ [Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 7.1.1893], die auf Empfehlung von Otto Julius Bierbaum im Herbst den Kontakt mit Wedekind aufnahm [vgl. Emmy de Némethy an Wedekind, 1.10.1892]; erst im Frühjahr darauf kam es zu einem persönlichen Kennenlernen [vgl. Frank Wedekind an Armin Wedekind, 31.5.1893]. Emy de Némethy, die u. d. Namen Jean de Néthy einen Band Übersetzungenein von Emmy de Némethy unter Pseudonym im Verlag von Alphonse Lemerre veröffentlichter Band mit Liedern [vgl. Ballades et Chansons populaires de la Hongrie. Traduites par Jean de Nèthy. Paris 1891]. bei LemerreWedekind hat über den Namen ein Anmerkungszeichen gesetzt und dazu am Fuß der Seite „23-31“ und „Passage Choiseul“ notiert, die Adresse des Verlags, die auf der Titelseite des Bandes „Ballades et Chansons populaires de la Hongrie“ (siehe oben) angegeben ist: „23-31, PASSAGE CHOISEUL, 23-31“ (unter dem Namen des Verlegers „ALPHONSE LEMERRE ÉDITEUR“ platziert); das war im 2. Arrondissement, wobei Alphonse Lemerre („éditeur“) im Pariser Adressbuch mit anderen Hausnummern verzeichnet ist (Passage Choiseul 21-29) [vgl. Paris-Adresses 1893, S. 1872]. erscheinen ließ? Und was ist der Mercure de France für ein Blatt? Dort nämlich läßt diese Dame Ende dieses od. nächsten Monates 5 ÜbersetzungenOtto Julius Bierbaums Prosa- und Lyriksammlung „Erlebte Gedichte“ (1892) war im Frühjahr im Verlag von Wilhelm Issleib in Berlin erschienen [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 116, 20.5.1892, S. 3031]; fünf Texte daraus wurden von Emmy de Némethy unter ihrem Pseudonym übersetzt in der 1890 von Alfred Vallette gegründeten Literaturzeitschrift „Mercure de France“ gedruckt [vgl. O.-J. Bierbaum: Poémes vécus. Traduction de Jean de Néthy. In: Mercure de France, Bd. 5, Nr. 32, Août (August) 1892, S. 310-316]. aus meinen eben erschienenen Erlebten Gedichten erscheinen.

Der Almanach„Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1893. Ein Sammelbuch deutscher Kunst“ (1892), herausgegeben von Otto Julius Bierbaum – Wedekind hatte für den Band, der im Herbst angekündigt wurde [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 275, 26.11.1892, S. 7304] und kurz vor Weihnachten erschien [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 294, 19.12.1892, S. 7833], fünf Gedichte zur Veröffentlichung eingereicht [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 15.5.1892]. kommt erst im Herbst oder zu Weihnachten. Ich bin Ihr

Bierbaum.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 25. September 1892 in Oed bei Beuerberg folgenden Brief
an Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind

Öd, Post Beuerberg, Oberbayern,
25 IX 92.


Lieber Herr Wedekind!

Aus allen möglichen Gründen steige ich heute in litteris(lat.) brieflich. zur rue Crébillon, Hôtel Crébillon, wohin ich so gern persönlich gestiegen wäre, wenn mich nicht Geschäfte statt über ParisOtto Julius Bierbaum hatte vor, auf der Rückreise von London Wedekind in Paris zu besuchen (siehe seine vorangegangene Korrespondenz mit Wedekind), was nicht zustande kam. über Berlin von London zurückgeführt hätten.

Erstens denn: Ich müßte diesem Briefe eigentlich 30 M. beilegen, die ich Herrn Weinhöppel schulde, diesem prachtvollen Bruder Hans Richard, der so Vieles erduldet hat bei seinem Debut in Paris. Aber ich muß Sie um Geduld bitten. Und um noch mehr.

Nämlich zweitens: Unser Musenalmanach„Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ (1892), herausgegeben von Otto Julius Bierbaum, verlegt von Dr. E. Albert & Co. in München – Wedekind hatte für den Band fünf Gedichte zur Veröffentlichung eingereicht [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 15.5.1892]., wie Ihnen auch nächstens eine Zuschrift des Verlagsein Prospekt des Verlags Dr. E. Albert & Co. (Albert in Schwabing) deutlich machen wird, ist auf große Sprünge gekommen. Die halbe moderne MalereiDer „Moderne Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ (siehe oben) enthält Illustrationen von Fritz von Uhde, Franz Stuck, Wilhelm Trübner, Hans Thoma, Albert Keller, Gabriel Max, Georg Müller-Breslau, Hugo Ernst Schmidt und Jean Lampel. (Stuck, Thoma, Uhde, Trübner, Keller pp.) thut mit, und Alles | soll möglichst vollkommen und vortrefflich sein. Sie wissen vielleicht, daß ich Sie unter die allerersten Potenzen unserer jungen Literatur zähle? Nun wohl! Eben deshalb (auch, wenn Sie’s nicht wissen und wenn’s Ihnen wurst ist) möchte ich nicht, daß der Dichter von „Frühlingserwachen“ mit ein paar Versen allzu absynthiger Stimmungdurch Absinth (ein hochprozentiges aus Wermut und anderen Kräutern hergestelltes alkoholisches Getränk, das bevorzugt in der französischen Künstlerszene konsumiert wurde) berauschte Stimmung. Otto Julius Bierbaum hatte schon zuvor Bedenken geäußert, ob die von Wedekind für den „Modernen Musen-Almanach“ eingereichten Gedichte nicht vielleicht zu anstößig erscheinen könnten [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 24.5.1892]. darin vertreten ist. Sondern vielmehr: Sie sollten möglichst breit und voll darinstehen. Ihr Drama hat jetzt in Berlin, wohin es Otto Erich HartlebenOtto Erich Hartleben war mit einem Beitrag im „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ vertreten. von München und ich gebracht haben, großes Aufsehen gemacht, und Sie werden bald Beweise dafür haben, – ist es da nicht gesunder Egoismus von mir, daß ich wünsche mit Ihnen im Almanach großen Staat zu machen? Fragt sich nur, | ob Sie was haben. Vielleicht ein paar Szenen aus Ihrem Lustspielwohl „Kinder und Narren. Lustspiel in vier Aufzügen“ (1891), im Vorjahr „als Privatdruck [...] bei der Münchner Druckerei R. Warth“ [KSA 2, S. 643] erschienen, was Otto Julius Bierbaum entgangen sein könnte, oder aber die unvollendet gebliebene Verskomödie „Elin’s Erweckung“ (Ende der 1888er Jahre begonnen), aus der Bierbaum dann im „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1894“ (1893) ein Bruchstück veröffentlichte [vgl. KSA 2, S. 1137-1139, 1144], was aber weniger wahrscheinlich ist (siehe seine Korrespondenz mit Wedekind im Frühjahr und Sommer 1893)., von dem mir Weinhöppel erzählte? Gleichviel: bitte, senden Sie mir recht viel zur Auswahl. Das Nichtgeeignete bekommen Sie sicher zurück.

Drittens: Einer Ihrer Hauptverehrer in Berlin, und zwar Einer, auf den Sie sich was einbilden können, denn er ist ein ganzer Kerl und wahrhaftiger Dichter: Richard DehmelRichard Dehmel war mit acht Beiträgen im „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ vertreten., läßt Sie durch mich vor einem möglichen Reinfall warnen. Ein wunderlicher Herr, namens Scheerbart, nämlich will eine neue „Richtung“ „gründen“, die der „PhantastenDer Schriftsteller „Paul Scheerbart (Berlin)“ war dann in Bierbaums Anthologie mit einem Gedicht vertreten, das programmatisch für Phantastik plädiert: „Die andere Welt. Eine Phantastensure“ [vgl. Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1893 herausgegeben von Otto Julius Bierbaum. Ein Sammelbuch deutscher Kunst. München 1892, S. 108f.]. Erich Mühsam nannte Paul Scheerbart den „humorvollsten Phantasten“ und den „phantasievollsten Humoristen der modernen deutschen Literatur“ [Mühsam 2003, S. 58].“, und hat sich zu diesem Zwecke einen VerlegerPaul Scheerbart gründete im Herbst 1892 in Berlin den Verlag deutscher Phantasten, in dem sein „Wunderfabelbuch“ (siehe unten) erschienen ist, wie das Titelblatt ausweist: „Der Verlag deutscher Phantasten“ (darunter die Adresse in Berlin: Schützenstraße 68 – das ist die Adresse der Buchdruckerei Wilhelm & Brasch [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1893, Teil II, S. 474]). Er ist zunächst als Besitzer ausgewiesen: „Verlag deutscher Phantasten in Berlin. Gegr. im Okt. 1892. Bes.: Paul Scheerbart.“ [Adolph Russell: Gesammt-Verlags-Katalog des Deutschen Buchhandels. Ergänzungs-Band XVI. Münster in Westfalen 1893, S. 2542] Dann ist er in Joseph Kürschners „Literatur-Kalender“ verzeichnet als „Bureau-Chef im Verl. deutscher Phantasten.“ [Deutscher Litteratur Kalender auf das Jahr 1894, Teil II, Sp. 1024] gepumpt, um in 7 HeftenErschienen ist nur ein Heft [vgl. Paul Scheerbart: „Ja .. was .. möchten wir nicht Alles!“ Ein Wunderfabelbuch. Erstes Heft. Berlin 1893]. Die im Verlag deutscher Phantasten erschienene und von der Buchdruckerei Wilhelm & Brasch gedruckte Broschüre (24 Seiten) enthält sieben nummerierte Prosatexte von Paul Scheerbart und ein unbetiteltes Auftaktgedicht, das Otto Julius Bierbaum unter dem Titel „Die andere Welt. Eine Phantastensure“ im „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ veröffentlichte (siehe oben). ein „Wunderfabelbuch“ mit dem Untertitel „Ja – was – wollen wir nicht alles!“ herauszubringen. Als Hintergrundmänner für dieses | Unternehmen sucht er sich nun möglichst viel Leute zu kapern. Viele, wie LiliencronDetlev von Liliencron war mit vier Beiträgen im „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ vertreten. und auch ich, winkten ab, obgleich der Mann selber kein Streber, sondern nur ein gefährlicher Kindskopf ist. Aber auch Sie stehen schon auf dem Prospektnicht ermittelt. Otto Julius Bierbaum hat fünf Jahre später in der Wiener Wochenzeitung „Die Zeit“ seine Einschätzung des Schriftstellers Paul Scheerbart und seiner phantastischen Dichtungen revidiert und sich in diesem Porträt in launigen Worten an den Eindruck erinnert, den der Verlagsprospekt zum „Wunderfabelbuch“ auf ihn machte, mit dem der Dichter weitgehend erfolglos um ideelle und finanzielle Unterstützung geworben hatte, dabei zum Auftakt den Beiträger zu seiner Anthologie gewürdigt: „In meinem ‚Modernen Musen-Almanach‘ von 1893 durfte ich eine ‚Phantastensure‘ veröffentlichen [...]. Der Dichter dieses bunten Liedes, [...] später [...] als ‚Bureauchef im Verlag deutscher Phantasten‘ verzeichnet [...]. Da erhielt ich eines Tages eine Zuschrift, meinen Namen unter ein Pronunciamento zu setzen, das der eben genannte Verlag mit dem phantastischen Titel zu erlassen im Begriffe stand. Aus ihm [...] ersah ich, daß dieser Verlag nicht allein Phantasie, sondern auch Humor und alkoholische Neigungen besaß, sonst aber, wie es schien, außer einem creditierenden Buchdrucker und einem unendlich dicken Stoß ‚Wunderfabeln‘ von Paul Scheerbart nichts. Nun, der Naturalismus wird auch so in die Brüche gehen, dachte ich mir und wartete auf das erste ‚Wunderfabelbuch‘. [...] Unter den für später angekündigten Phantasiestücken gab es noch andere sonderbare Sachen und Titel, z.B. [...] ‚Die lebende Zungenwurst, ein Ofen‘. Also eine literarische Bierzeitung, das Ganze? [...] Sehr ernsthaft gieng ich also nicht an die Lektüre des Wunderfabelbuchs, das überdies den Titel hatte: ‚Ja … was … möchten wir nicht alles!‘ Aber es gieng mir sonderbar. Eine Bierzeitung war das nicht. Der Ulk war äußerlich. Aber nothwendig gab es neben allerlei verwegenem Buntzeug tiefe Töne von einem sehr eigenen, manchmal gar schönen Klange.“ [Otto Julius Bierbaum: Der weise Clown. In: Die Zeit, Bd. 11, Nr. 131, 3.4.1897, S. 9-10, Nr. 132, 10.4.1897, S. 24-26, hier S. 9]. Ich schließe mich meinem Freunde Dehmel durchaus an, wenn er Ihnen rät, auf eine etwaige Aufforderung, mitzuthun, negativ zu reagieren. Es wäre sehr schädlich für Sie, wenn Sie mitthäten und neben Stücken, wie: „Die lebende ZungenwurstSo hat Otto Julius Bierbaum den im Prospekt mitgeteilten Titel erinnert (siehe oben). In einer Anzeige, gedruckt auf dem Umschlag eines anderen im Verlag deutscher Phantasten herausgekommenen Bandes [vgl. Paul Scheerbart: Das Paradies. Die Heimat der Kunst. Berlin 1893], zu den weiteren Heften des „Wunderfabelbuchs“ (siehe oben) ist zum Inhalt von Heft 7 ein etwas anders lautender Titel dieser Fabel mitgeteilt: „Das siebente Heft: [...] Die lebendige Zungenwurst. Ein Ofen.“ Eine ironische Rezension des „Wunderfabelbuchs“ bestätigt diesen Titel: „Das erste Werk [...] ist schon erschienen, Heft Nr. 1 des Wunderfabelbuches [...]. Sechs andere Hefte stehen noch in Aussicht und versprechen uns die köstlichsten Delikatessen: [...] sehr schön klingt auch ‚Die lebendige Zungenwurst‘, ein Ofen“ [Julius Hart: „Ja .. was .. möchten wir nicht alles!“ In: Freie Bühne für den Entwickelungskampf der Zeit, Jg. 3, Heft 12, Dezember 1892, S. 1334-1336, hier S. 1235].. Ein Ofen“ (so heißt eine der „Wunderfabeln“) figurierten. Sie sind es Ihrem wunderbaren „Frühlingserwachen“ schuldig, von solchen Scherzen ferne zu bleiben. – Und nun nochmals: senden Sie so bald und so viel als möglich für den „Modernen Musenalmanach auf das Jahr 93.

Ihr!
Otto Julius Bierbaum.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 10. Oktober 1892 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

München, 10 X 92.


Lieber Herr Wedekind!

Beifolgendesnicht überliefert. Beilage war offenbar ein Verlagsprospekt zu Otto Julius Bierbaums „Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1893“, den er Wedekinds bereits angekündigt hatte [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 25.9.1893]. zu gewogener Lektüre. Wollen Sie wirklich fehlenunter den Beiträgern des „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“, die im Verlagsprospekt entweder aufgelistet waren oder dort bereits die Formulierung geboten war: „Mit Originalbeiträgen der hervorragendsten Vertreter des modernen deutschen Schriftthums“ (so auf der Titelseite des erschienenen Bandes).? Suchen Sie doch unter allen Umständen etwas zu findenWedekind hatte offenbar auf Otto Julius Bierbaums Aufforderung, als Ersatz für die nicht akzeptierten Gedichte andere Texte als mögliche Beiträge für den „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ zu schicken [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 25.9.1893], nicht reagiert. und zwar sobald als möglich. Es eilt sehr.

Mit den besten
Grüßen
Ihr
Otto Julius Bierbaum

auf der Öd.



Ich sandte diesen Brief nach rue crébillon 42Wedekind wohnte in Paris in der Rue de Crébillon 4. Die falsche Hausnummer dürfe der Grund dafür gewesen sein, dass der Brief Wedekind in Paris nicht zugestellt worden ist, Otto Julius Bierbaum ihn zurückerhielt und erneut aufgeben musste – nun mit dem erläuternden Nachsatz zur Rücksendung und zum erneuten Versand. und erhielt ihn zurück. Hoffentlich kommt er nun an.

Ihr!
Bierbaum

Otto Julius Bierbaum schrieb am 15. November 1892 in Oed bei Beuerberg folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 10.2.1893 aus Oed bei Beuerberg:]


[…] meinen ersten letzten Brief mit den beigelegten Gedichten […]

Otto Julius Bierbaum schrieb am 10. Februar 1893 in Oed bei Beuerberg folgenden Brief
an Frank Wedekind

OTTO JULIUS BIERBAUM.


Öd, Post Beuerberg, Ob. Bay.
10.2.93.


Lieber Herr Wedekind!

Auf meinen ersten letzten Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 15.11.1892. mit den beigelegten Gedichtendie von Wedekind für den „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ eingesandten fünf Gedichte [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 15.5.1892], zu deren Druck Otto Julius Bierbaum sich nicht hatte entschließen können. Der „Moderne Musen-Almanach auf das Jahr 1893“ ist Ende 1892 ohne einen Beitrag Wedekinds erschienen [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 294, 19.12.1892, S. 7833]. haben Sie mich schnöde ohne Antwort gelassen. Aber dies mal lasse ich Sie nicht los. Sie müssen unbedingt im Mod. Musen-Almanach für 1894die zweite und letzte Folge von Otto Julius Bierbaums „Modernem Musen-Almanach“, zuletzt ausführlich angekündigt im Herbst [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 282, 5.10.1893, S. 5913], kurz darauf im Verlag von Dr. E. Albert & Co. in München unter dem Titel „Moderner Musen-Almanach. Ein Sammelbuch deutscher Kunst“ (1893) erschienen. Wedekind sandte ein Manuskript [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 9.6.1893]. sein. Schon deshalb, damit ich nicht wieder von allen möglichen Leuten wegen Ihres Fehlens Grobheiten zu hören bekomme. – Wenn Sie mir sagen werden, Sie hätten nichts, so werde ich es Ihnen einfach nicht glauben. Schlimmsten Falles greifen Sie in Ihr Gehirn und holen eigens etwas für den M. M. A. heraus, – freilich muß es in Deutschland druckmöglich sein –, Sie verstehen? Vielleicht gestatten Sie auch Abdruck einiger SzenenSzenen aus „Frühlings Erwachen“ (1891) wurden im „Modernen Musen-Almanach. Ein Sammelbuch deutscher Kunst“ (1893) nicht nachgedruckt. aus dem Frühlings Erwachen? Allerdings wird die Wahl schwer sein, denn, daß ich Ihnen nur nochmals Complimente über dies Buch mache: es ist das reichste moderne deutsche Werk, das ich kenne. Erst kürzlich | las ich es wieder und war voll Dankes zu Ihnen. Ich meine: es muß Ihnen fast Angst werden, dergleichen nicht wieder zu können.

Also jedenfalls, ich bitte Sie: Antwort und schnell! Der M. M. A. wird jetzt schon zu drucken begonnen.

Was machen Sie eigentlich? Man erfährt rein nichts von Ihnen.

Ich begrüße Sie ganz herzlichst
Ihr
O. J. Bierbaum.

Frank Wedekind schrieb am 15. März 1893 in Paris folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekinds vom 17.3.1893 aus Oed bei Beuerberg]


Ihren letzten Brief habe ich mit großer Freude gelesen.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 17. März 1893 in Oed bei Beuerberg folgenden Brief
an Frank Wedekind

Auf der Öd, Post Beuerberg, Oberbayern

17.3.93.


Lieber Herr Wedekind!

Zugleich mit diesem Briefe erlaube ich mir, Ihnen meine „StudentenbeichtenBeilage war ein Exemplar von Otto Julius Bierbaums Prosasammlung „Studenten-Beichten“ (1893), die soeben im Verlag Dr. E. Albert & Co in München erschienen ist [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 63, 17.3.1893, S. 1685]. zu schicken, mit dem Wunsche, daß sie Ihnen gut bekommen und daß Sie ihnen ein gütiger Empfänger sein mögen. Viel lieber hätte ich Ihnen die Erlebten Gedichte überreicht, aber ich habe das einzige Exemplar, das ich noch zu besitzen glaubte, nicht finden können.

Ihren letzten Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 15.3.1893. habe ich mit großer Freude gelesen. Erstlich war es mir herzlich lieb, endlich einmal ein Lebenszeichen von Ihnen zu bekommen, denn ich dachte wahrlich schon Acherontischesdie Unterwelt betreffend, nach dem Fluss der Unterwelt Acheron (griech.) ‚Schmerz‘ aus der griechischen Mythologie., da Sie auf keine Briefe mehr geantwortet hatten; dann freute ich mich außerordentlich über die Nachricht, daß Frl. von Némethy | meinen Rat befolgen und Ihr Fr. E. übersetzenEmmy de Némethy hatte mit einer französische Übersetzung von „Frühlings Erwachen“ wahrscheinlich begonnen [vgl. Frank Wedekind an Armin Wedekind, 8.11.1892], die vermutlich aber nicht abgeschlossen wurde. will; und schließlich jubilierte meine Musenalmanachredaktionsseele, daß Sie mir etwas für den M. M. A. 94Otto Julius Bierbaum hatte Wedekind um einen Beitrag für den zweiten Band des „Modernen Musen-Almanach“ gebeten [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 10.2.1893], angekündigt unter dem Titel „Moderner Musenalmanach auf das Jahr 1894“ [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 223, 25.9.1893, S. 5620], unter dem Titel „Moderner Musen-Almanach. Ein Jahrbuch deutscher Kunst“ (1893) sowie mit dem Hinweis „Zweiter Jahrgang“ zugleich unter dem Titel „Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst“ (1893) im Verlag Dr. E. Albert & Co in München dann erschienen. senden wollen. Dafür ganz besonderen Dank! Aber ich bitte und beschwöre Sie: nicht vergessen, nicht vergessen! Und: so bald als möglich! Vielleicht haben Sie auch noch geeignetes aus Ihrer Lyrik? Ist Ihnen Frl. v. Némethys jetzige AdresseEmmy de Némethy (im Pariser Adressbuch nicht verzeichnet) wohnte in der Rue de Ponthieu 54 [vgl. Emmy de Némethy an Wedekind, 6.7.1894]. bekannt?

Ich habe große Lust, im Herbst nach Paris zu gehen. Vorderhand fehlt es nur an den Geldern. Ein infam wichtiges Nur allerdings. Aber ich muß einmal sehen, wie sich Paris neben London ausnimmt. In meiner Einbildung lebt es viel schöner, heller, heiterer, – menschlicher als dies.

Mit den herzlichsten Grüßen Ihr
Otto Julius Bierbaum.


Auch meine Frau, die Ihr Fr. E. liebt wie kaum ein anderes Buch, grüßt Sie schönstens.


[Kuvert:]


Herrn Frank Wedekind,
4, rue Crébillon,
Hôtel Crébillon,
Paris.


Bierbaum,
Öd-Beuerberg
Bayern.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 15. April 1893 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

z. Zt. München, Hôtel AbenthumOtto Julius Bierbaum logierte in München im Hotel zum Abenthum (Maximiliansplatz 21), „Gastwirthschaft und Hotel garnie“ [Adreßbuch von München für das Jahr 1893, Teil I, S. 1]..

15.IV.93.


Lieber Freund,

Die AdresseOtto Neumann-Hofer, als Redaktionsmitglied des „Berliner Tageblatt“ und als Herausgeber des „Magazin für Literatur“ ausgewiesen [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1893, Teil II, Sp. 807], wohnte seinerzeit als Schriftsteller in Berlin (Lützowufer 13) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1893, Teil I, S. 950]. des Herrn Otto Neumann-Hofer weiß ich nicht genau, doch genügt vollkommen, zu schreiben. Herrn O. N.-H. Charlottenburg, Redakteur des Magazins für Literatur. Daß das Mskr.nicht ermittelt; es handelte sich um eine „Novelle“ [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 16.5.1893]. Wedekind hat erst später ein Manuskript seiner Erzählung „Flirt“ (1894) durch Vermittlung von Otto Erich Hartleben [vgl. Wedekind an Otto Erich Hartleben, 15.9.1894] dem Redakteur des „Magazin für Literatur“, Otto Neumann-Hofer, zum Druck angeboten [vgl. KSA 5/I, S. 622]. zurückgekommen ist, wissen Sie. Was soll ich damit machen? Vielleicht für den M. M. A.für den zweiten Band des von Otto Julius Bierbaum herausgegebenen „Modernen Musen-Almanach“ (1893). verwenden? Je eher ich disponiren kann, um so besser. – Mein Plan einer reinen KunstzeitschriftDie Realisierung dieses Plans verzögerte sich. Otto Julius Bierbaum gab erst zwei Jahre später gemeinsam mit Julius Meier-Graefe nach aufwendigen Vorbereitungen die ersten beiden Hefte (dort als verantwortliche Redakteure ausgewiesen) der anspruchsvollen Kunstzeitschrift „PAN“ heraus [vgl. PAN, Jg. 1 (1895/96), Heft 1, April/Mai 1895; Heft 2, Juni/Juli 1895], zu deren Finanzierung eine Genossenschaft PAN gegründet wurde, die im Rahmen einer Werbekampagne das Startkapital von 100.000 Mark aufbrachte, tiefgreifende Konflikte aber bald dazu führten, dass die Herausgeber die Redaktion abgaben und ihre Sitze im Aufsichtsrat der Genossenschaft niederlegten [vgl. Tb Kessler, Bd. 1, S. 45-47]. mit Illustrationen geht seiner Verwirklichung entgegen. Wir haben nun schon über 10 000 Mark und die ersten Künstler dafür. Sie wird heißen:
PAN
und auf Sie rechnen wir als Vertreter in LondonWedekind, der erst am 23.1.1894 von Paris nach London abreiste [vgl. Tb] und dort ein halbes Jahr blieb, hat nicht am „PAN“ mitgearbeitet..

Dürfen wir?

Bestens
Ihr
Otto Julius Bierbaum


Max DauthendeyWedekind erinnerte sich später an seinen Kontakt mit Max Dauthendey in London [vgl. Wedekind an Ferdinand Hardekopf, 28.4.1901], den er als „meinen Freund Dautendey“ [Wedekind an Hans Kaeslin, 2.2.1895] bezeichnete. ist zur Zeit in London W. C. 34 Upper Woburn Place, Russell Square.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 16. Mai 1893 in Oed bei Beuerberg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Deutschland. – Allemagne.
Bayern. – Bavière.


Postkarte. – Carte postale.
Weltpostverein. – Union postale universelle.


Nur für die Adresse.
Côté réservé à l’adresse.


Herrn Frank Wedekind
Paris
Hôtel Crébillon, 4, rue Crébillon |


Lieber Herr Wedekind!

Warum keine Antwort auf meinen BriefWedekind hat zwei Briefe nicht beantwortet [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 17.3.1893 und 15.4.1893].?

Warum keine Novelle für den M. M. A.Wedekind hatte einen Beitrag für den zweiten Band des „Modernen Musen-Almanach“ (1893) zugesagt [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 17.3.1893].?

Warum keine Adresse von Frl. von NémethyWedekind war nach der Adresse von Emmy de Némethy gefragt worden [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 17.3.1893].?

Warum?

Warum?

Warum?

Bestens Ihr
Otto Julius Bierbaum


Auf der Öd bei Beuerberg

Oberbayern.

16.5.93.

Frank Wedekind schrieb am 7. Juni 1893 in Paris folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Postkarte an Wedekind vom 9.6.1893 aus Oed bei Beuerberg]


Ich erhielt [...] Ihren sehr lieben Brief [...]

Frank Wedekind schrieb am 7. Juni 1893 in Paris folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Postkarte an Wedekind vom 9.6.1893 aus Oed bei Beuerberg]


Eben ist das Mskr. gekommen!

Otto Julius Bierbaum schrieb am 9. Juni 1893 in Oed bei Beuerberg folgenden Brief
an Frank Wedekind

OTTO JULIUS BIERBAUM


Lieber Herr Wedekind!

Also: Elins Erweckung ist angekommendas Manuskript der ersten drei Szenen von Wedekinds Verskomödie „Elin’s Erweckung“, deren Empfang Otto Julius Bierbaum bereits auf seiner Postkarte vom selben Tag vermerkt hatte [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind 9.6.1893]..

Ich habe die drei Szenen sofort gelesen, und es war mir ein großer Genuß. Es sind ganz wundervolle Sachen in dem Stücke, Sachen, die sich neben Frühlings Erwachen sehen lassen können. Ich bin sehr glücklich, von Ihnen so was für den M. M. A. 94 erhalten zu haben, nur bin ich noch unschlüssig, was ich wählen sollOtto Julius Bierbaum wählte zum Abdruck im „Modernen Musen-Almanach“ (1893) einen Dialog zwischen Emanuel und Oskar [vgl. KSA 2, S. 507-514], die „Traumerzählung aus der 2. Szene“ [KSA 2, S. 1138], die er auch im Brief erwähnt, im Druck als Bruchstück bezeichnet [vgl. Frank Wedekind: Bruchstück aus der Komödie „Elin’s Erweckung“. In: Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst. Hg. von Otto Julius Bierbaum. Zweiter Jahrgang. München (1893), S. 54-61].. Am liebsten ist mir im zweiten Akte, wenn Sie mir die alte Bezeichnung gestatten wollen, die Erzählung des Traumes. Diese Geschichte ist sicher. Aber auch aus der dritten Szene möcht’ ich ich was herausheben, einige Stellen der köstlichen Bemerkungen Oskars über die Kanzelrednerei. Und schließlich juckt es mich auch nach der ersten Szene. Aber das wird zu viel werden.

Heute oder morgen noch sende ich das Mskr. zum Druck. Wollen Sie, bitte, die Freundlichkeit haben und mir recht bald eine AdresseWedekinds Adressen in Zürich und Lenzburg während seines Sommeraufenthalts in der Schweiz. angeben, an die ich die Correktur senden kann. Es wird auch nötig sein, ein paar orientierende WorteWedekinds Vorbemerkung zu dem Bruchstück aus „Elin’s Erweckung“ (siehe oben): „In einer Zeit, in der die weitgehendsten Ausschreitungen der schönen Literatur zum Vorwurf dienen, gelangt die Unschuld kaum in Kammerjungferromanen mehr zu der ihr gebührenden Würdigung. Dem feinen Geschmack dient sie als Geschmacklosigkeit. Wo sie sich nackt präsentirt, gebietet schon die Höflichkeit, sie der Lüge zu zeihen. Um der Höflichkeit zu entgehen, wirft sie den Mantel der Übersättigung um. / Demgemäß sind ihre ungeheuren Domänen zu einer Wildniß geworden, in der Bären und Wölfe hausen, und die seit Cervantes keines Forschers Fuß mehr betreten hat. / Vorliegende Verse sind einer dreiaktigen Komödie entnommen, die, zu keusch um nicht verboten zu werden, seit sieben Jahren in meinem Schreibtisch liegt, und deren Held sich bis zum Vorarbend seiner Verheiratung den Schmuck unverletzter Jungfräulichkeit bewahrt.“ [KSA 2, S. 507] Im Erstdruck ist die Vorbemerkung petit gesetzt zwischen Titel und Textbeginn platziert. dem Abdruck der Bruchstücke voranzusetzen. | Ich bitte Sie, diese Worte abzufassen, sobald Sie die Correktur haben. – Herr LöbellReinhold Loebell (Biedersteinerstraße 2) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1893, Teil I, S. 254] war der kaufmännische Leiter des Verlags Dr. E. Albert & Co. in München (Schwabinger Landstraße 55) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1893, Teil I, S. 4], der Otto Julius Bierbaums „Modernen Musen-Almanach“ verlegte. sprach mir bereits von Ihrem bei ihm liegenden StückHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Reinhold Loebell, 15.5.1893. Es handelte sich um ein Manuskript von Wedekinds noch ungedrucktem Stück „Fritz Schwigerling“ (später: „Der Liebestrank“), für das er auf Verlagssuche war: „Vermutlich auf Empfehlung Otto Julius Bierbaums schickt er es im Mai oder spätestens Anfang Juni an den Münchner Verleger Löbell.“ [KSA 2, S. 997]. Ich werde es mir jetzt zur Lesung ausbitten. Aber warum haben Sie so mörderisch auf uns arme Hühner geschimpftWedekind dürfte sich demnach in seinem nicht überlieferten Brief an Reinhold Loebell (siehe oben) ungehalten über Otto Julius Bierbaum als Herausgeber des „Modernen Musen-Almanach“ geäußert haben., die ihre Eier in den Verlag Löbells legen? Sind wir so verworfen vor Ihren dunkelblauen Augen, die doch so gütig und vergebefreundlich scheinen? Gott, wie man sich in blauen Augen täuschen kann.

In Herzlichkeit
Ihr
Otto Julius Bierbaum


auf der Öd
bei Beuerberg,
Oberbayern.
9.VI.93.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 9. Juni 1893 in Oed bei Beuerberg folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Deutschland. – Allemagne.
Bayern. – Bavière.


Postkarte. – Carte postale.
Weltpostverein. – Union postale universelle.


Nur für die Adresse.
Côté réservé à l’adresse.


Herrn
Frank Wedekind
Paris
4 rue Crébillon. |


Ich erhielt, lieber Herr Wedekind, Ihren sehr lieben Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 7.6.1893. und danke Ihnen bestens dafür. Leider ist das Manuskriptein Manuskript „der ersten drei Szenen“ [KSA 2, S. 1137] von Wedekinds Verskomödie „Elin’s Erweckung“ [KSA 2, S. 455-514], aus denen Otto Julius Bierbaum einen Auszug veröffentlichte [vgl. Frank Wedekind: Bruchstück aus der Komödie „Elin’s Erweckung“. In: Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst. Hg. von Otto Julius Bierbaum. Zweiter Jahrgang. München (1893), S. 54-61]; es traf dann doch ein, wie die Nachschrift der Postkarte meldet. nicht angekommen. Vermutlich haben Sie es vergessen. – Ich wünsche Ihnen eine fröhliche Reise in die SchweizWedekind verbrachte die Sommermonate in der Schweiz, überwiegend in Zürich und Lenzburg., wo ich Herrn von Khaynach zu grüßen bitte, dessen schöne Augen mir freilich viel, viel besser gefallen, als alle seine Gedichte, die vergröberte ByronerieOtto Julius Bierbaum vergleicht die Verssatire „Germania und ihre Kinder“ (1894) des Maler und Schriftstellers Friedrich von Khaynach in ihrer Machart mit dem Stil des Dichters der englischen Spätromantik Lord Byron. seinerGermanianicht ausgeschlossen. Bestens Ihr
O. J Bierbaum.


Eben ist das Mskr. gekommenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Manuskriptsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 7.6.1893.!

Otto Julius Bierbaum schrieb am 5. Juli 1893 in München folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Königreich Bayern
Postkarte.


An Herrn Frank Wedekind
in Lenzburg
Kanton Aargau.
Schweiz |


Bitte, lieber Herr Wedekind, wollen Sie mich immer auf dem Laufenden erhalten, wenn Sie Ihre Adresse wechseln. Ihr Manuskript wird jetzt bald am Satzeder für die Drucklegung – sie erfolgte durch die Münchner Kunst- und Verlagsanstalt Dr. E. Albert & Co.“ (Schwabinger Landstraße 55) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1893, Teil I, S. 4] – im „Modernen Musen-Almanach“ bestimmte Manuskriptteil von „Elin’s Erweckung“ [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 9.6.1893], der in den Satz ging [vgl. Frank Wedekind: Bruchstück aus der Komödie „Elin’s Erweckung“. In: Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst. Hg. von Otto Julius Bierbaum. Zweiter Jahrgang. München (1893), S. 54-61]. Der Band wurde im Spätsommer angekündigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 223, 25.9.1893, S. 5620] und lag im Herbst gedruckt vor: „Der Moderne Musen-Almanach, den Otto Julius Bierbaum im Verlag von E. Albert & Co. dahier herausgiebt, ist soeben im zweiten Jahrgang erschienen.“ [Moderner Musen-Almanach. In: Münchener Kunst- u. Theater-Anzeiger, Jg. 6, Nr. 2079, 23.10.1893, S. (1)] sein, und ich brauche dann Ihre Adresse, damit die Correkturbogen nicht durch die Welt irren wie verflogene Tauben. – Mit Ihrer Erlaubnis werde ich noch in dieser Woche in M. Einsicht in Ihre Mskr.darunter das Manuskript von Wedekinds noch ungedrucktem Schwank „Der Liebestrank“ (1899), das Reinhold Loebell, kaufmännischer Leiter des Verlags Dr. E. Albert & Co. in München (Biedersteinerstraße 2) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1893, Teil I, S. 254], der auch Otto Julius Bierbaums „Modernen Musen-Almanach“ verlegte, vorlag [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 9.6.1893]. bei Löbell nehmen. Mit dem Gruße aufrichtiger Hochachtung

Ihr!
O. J. Bierbaum


Wollen Sie, daß ich Ihnen jetzt das Mskr.der Teil des von Wedekind erhaltenen Manuskripts von „Elin’s Erweckung“ [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 9.6.1893], der nach der Drucklegung in dem von Otto Julius Bierbaum herausgegebenen „Modernen Musen-Almanach“ (siehe oben) nicht mehr benötigt wurde; das war ein Heft, das „als Druckvorlage [...] fungierte“ und das „Wedekind zusammen mit den Korrekturfahnen direkt vom Verlag zurückerhalten haben“ [KSA 2, S. 1143] dürfte [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 29.1.1894]. zurücksende?

Frank Wedekind schrieb am 29. Januar 1894 in London folgenden Brief
an Otto Julius Bierbaum

London 29.1.94.

30. Bedford Place
Russell Square.


Lieber Herr BierbaumOtto Julius Bierbaum war inzwischen nach Berlin übergesiedelt, wo er die Zeitschrift „Freie Bühne“ im Verlag S. Fischer redigierte, wie im letzten Heft des vorangegangenen Quartals auf dem Umschlag – „Otto Julius Bierbaum, der die Redaction des Blattes übernommen hat“ – und im Heft vermerkt ist: „Verantwortlich für die Redaction: Otto Julius Bierbaum. Berlin“ [Freie Bühne für den Entwickelungskampf der Zeit, Jg. 4, Heft 12, Dezember 1893, S. 1400]. Er „wohnte zunächst kurze Zeit bei Otto Erich Hartleben“ und fand dann „eine gemütliche Bleibe für sich und seine Frau“ [Raff 2019, S. 36] in Tegel bei Berlin; seine aktuelle Adresse war Anfang 1894 die von Otto Erich Hartleben (Karlstraße 32) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1894, Teil I, S. 474], die er auch angab [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 15.2.1894].,

darf ich Sie bitten mir die beiden Heftezwei von drei Heften (die Hefte 1 und 3), die ein Teilmanuskript von Wedekinds Verskomödie „Elin’s Erweckung“ enthalten. „Erhalten sind drei einzelne Hefte mit blauliniertem (24 Zeilen), randlosem Papier ohne Wasserzeichen im Format 18 x 22,8 cm. Sie überliefern eine vollständige Reinschrift [...] der Szenen 1-3. [...] Es ist anzunehmen, daß es sich [...] um das Manuskript handelte, das Wedekind im Juni 1893 an Otto Julius Bierbaum sandte. Dafür spricht [...], daß das an Bierbaum gesandte Manuskript drei Szenen umfaßte und nachweislich aus mehreren Heften bestand. Heft 2, das vermutlich als Druckvorlage [...] fungierte, dürfte Wedekind zusammen mit den Korrekturfahnen direkt vom Verlag zurückerhalten haben.“ [KSA 2, S. 1142f.] von „Elins Erweckung“ die noch in Ihren Händen sind, hierhernach London, wo Wedekind am 24.1.1894 eingetroffen ist [vgl. Tb]. zuschicken, aber bitte recommandirteingeschrieben, per Einschreiben.. Den Musenalmanach habe ich in Paris noch erhaltenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Buchsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Dr. E. Albert & Co. (Verlag) an Wedekind, 1.12.1893. Wedekind reiste am 23.1.1894 von Paris ab und hat zuvor noch ein Exemplar des „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1894“ (1893) erhalten, das ihm der Verlag in München gegen Ende des Vorjahrs geschickt haben dürfte., und danke Ihnen noch nachträglich für die Ehre, die Sie mir durch | Aufnahme meines FragmentesOtto Julius Bierbaums Aufnahme eines Szenenausschnitts aus Wedekinds Verskomödie „Elin’s Erweckung“ in seine Anthologie [vgl. Frank Wedekind: Bruchstück aus der Komödie „Elin’s Erweckung“. In: Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst. Hg. von Otto Julius Bierbaum. Zweiter Jahrgang. München (1893), S. 54-61]. erwiesen. Der Einzige unter den MitarbeiternDer „Moderne Musen-Almanach auf das Jahr 1894“ (1893) enthält schriftstellerische Beiträge von Hermann Bahr, Otto Julius Bierbaum, Karl Bleibtreu, Anna Croissant-Rust, Max Dauthendey, Richard Dehmel, Felix Dörmann, Franz Evers, Gustav Falke, Hans Fischer, Cäsar Flaischlen, Marie Eugenie delle Grazie, Ole Hansen, Heinrich Hart, Julius Hart, Otto Erich Hartleben, Franz Held, Max Hoffmann, Ludwig Jacobowsky, Maria Janitschek, Carl Korn, Hans Kraemer, Hedwig Lachmann, Detlev von Liliencron, Anton Lindner, Loris (d.i. Hugo von Hofmannsthal), Ottokar Stauff von der March, Oskar Panizza, Julius Petri, Hermine von Preuschen-Telmann, Stanislaw Przybyszewski, Ernst Rosmer (d.i. Elsa Bernstein), Ludwig Scharf, Richard Schaukal, Julius Schaumberger, Johannes Schlaf, Arthur Schnitzler, Maurice von Stern, Heinz Tovote, Frank Wedekind, Wilhelm Weigand, Bruno Wille, Ernst Ziel., den ich von ganzen Herzen bedaure ist der VerlegerDr. phil. Eugen Albert war der Besitzer der Münchner Kunst- und Verlagsanstalt Dr. E. Albert & Co. (Schwabinger Landstraße 55) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1893, Teil I, S. 4], kaufmännischer Leiter des Verlags war Reinhold Loebell (Biedersteinerstraße 2) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1893, Teil I, S. 254], mit dem Otto Julius Bierbaum bei der Drucklegung der Anthologie in erster Linie zu tun hatte.. Sie werden voraussichtlich Urtheile die Menge erhalten haben, die ihn als beneidenswerthen Mann erscheinen lassen, aber ich kann mir nicht helfen, und Gott auch nicht, ich kann mich weder dem UrtheilOtto Julius Bierbaum hat im „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1894“ Johannes Schlafs Prosadichtung „Frühling“ (siehe unten) einen „Brief an Bierbaum“ betitelten Beitrag von Richard Dehmel vorangestellt [vgl. Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst. Hg. von Otto Julius Bierbaum. Zweiter Jahrgang. München (1893), S. 269-279], ein veröffentlichter Privatbrief (datiert 13.7.1893, Anrede: „Lieber Ju!“ Gruß: „Dein Richard“), der im Überschwang ein Loblied auf den Beitrag von Johannes Schlaf präsentiert, den Richard Dehmel selbst zur Publikation eingesandt hatte. In einer Besprechung wurde angemerkt: „Von Richard Dehmel bringt der Almanach nur einen Brief an Bierbaum, in welchem dieser seinem Entzücken über die Werke seiner Freunde den trunkensten Ausdruck giebt.“ [Vorwärts, Jg. 10, Nr. 299, 21.12.1893, 2. Beilage, S. (1)] Otto Julius Bierbaum wiederum hat den Brief von Richard Dehmel mit einer überdimensionalen Fußnote versehen, die mögliche Einwände dagegen von vornherein zu entkräften sucht [vgl. Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst. Hg. von Otto Julius Bierbaum. Zweiter Jahrgang. München (1893), S. 269f.]. Richard Dehmels | über Schlafs FrühlingOtto Julius Bierbaum hat im „Modernen Musen-Almanach auf das Jahr 1894“ Johannes Schlafs Prosadichtung „Frühling“ im Erstdruck veröffentlicht [vgl. Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst. Hg. von Otto Julius Bierbaum. Zweiter Jahrgang. München (1893), S. 280-304], eine „Folge prosalyrischer Erlebnissituationen, die lose miteinander verknüpft sind“, an denen „der dithyrambische Tonfall“ eines „emphatischen Naturgefühls“ auffällt, als dessen „Grundlage [...] ein von darwin-haeckelschen Evolutionsvorstellungen geprägter religiöser Monismus“ [Dieter Kafitz: Johannes Schlaf – Weltanschauliche Totalität und Wirklichkeitsblindheit. Ein Beitrag zur Neubestimmung des Naturalismus-Begriffs und zur Herleitung totalitärer Denkformen. Tübingen 1992, S. 108] dingfest gemacht wurde. Die Buchausgabe „Frühling“ (1896) erschien überarbeitet und erweitert im Verlag Kreisende Ringe (Max Spohr) in Leipzig. noch dem Ihrgeigen über Richard Dehmels Brief anschließen. Den Brief finde ich abgeschmackt und den Frühling langweilig. Treiben Sie bitte die HypokrisieHeuchelei, Scheinheiligkeit. nicht soweit das Publicum in der nächsten AusgabeEs gab keine weitere Ausgabe; der „Moderne Musen-Almanach“ wurde nach dem zweiten Jahrgang eingestellt. dafür zu tadeln, daß es ein solches Buch nicht kauft. Das hieße, sich in Ihrer Eigenschaft als Schriftsteller am Publicum versündigen.



Frank Wedekind schrieb am 13. Februar 1894 in London folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 15.2.1894 aus Berlin:]


[...] durch Ihre Karte gemahnt [...]

Otto Julius Bierbaum schrieb am 15. Februar 1894 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Freie BühneDie Zeitschrift „Freie Bühne“ im S. Fischer Verlag in Berlin, 1890 als „Freie Bühne für modernes Leben“ (1. und 2. Jahrgang) gegründet, ein Forum für die naturalistischen Bestrebungen des Vereins Freie Bühne in Berlin, firmierte dann als „Freie Bühne für den Entwickelungskampf der Zeit“ (3. und 4. Jahrgang) und 1894 mit Beginn des 5. Jahrgangs als „Neue Deutsche Rundschau (Freie Bühne)“ (ab 1904: „Die neue Rundschau“), seit Ende 1893 redigiert von Otto Julius Bierbaum, wie im letzten Heft des vorangegangenen Quartals auf dem Umschlag – „Otto Julius Bierbaum, der die Redaction des Blattes übernommen hat“ – und im Heft vermerkt ist: „Verantwortlich für die Redaction: Otto Julius Bierbaum“ [Freie Bühne für den Entwickelungskampf der Zeit, Jg. 4, Heft 12, Dezember 1893, S. 1400].
Neue Deutsche Rundschau.


Redaction:
Otto Jul. Bierbaum
Berlin
Verlag und Expedition:

S. Fischer, Verlag.

Alle für die Redaction bestimmten Sendungen (Beiträge, Recensions-Exempl.) bitten wir ohne Angabe eines Personenamens an die Redaction der „Freie Bühne“ Berlin W. Köthenerstrasse 44 zu adressiren. Wir ersuchen unsere geehrten Mitarbeiter, jedes Manuscript auf der ersten Seite mit ihrer genauen Adresse zu versehen.


BERLIN, den 15.II 1894
Köthenerstrasse 44Redaktionsadresse der Monatsschrift „Freie Bühne“ und Geschäftsadresse des S. Fischer Verlags (Inhaber: Samuel Fischer) in Berlin (Köthenerstraße 44) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1894, Teil I, S. 311].. Karlstr. 32Adresse von Otto Erich Hartleben (Karlstraße 32) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1894, Teil I, S. 474], wo Otto Julius Bierbaum in Berlin zunächst wohnte..


Lieber Herr Wedekind,

Verzeihung, daß ich erst jetzt, durch Ihre Kartenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 13.2.1894. gemahnt, auf Ihren Briefein verschollenen Brief, von dem nur ein entworfenes Brieffragment überliefert ist [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 29.1.1894]. antworte, der mich höchlichst interessierte, obwohl ich Ihr furchtbares Urteil über Un London nicht billige. Wie? Sie haben keine schönen Engländerinnen gesehen? Und: Sie verachten den Porterstark gehopftes englisches Schwarzbier.? –

Ihr Manuskriptdas bei Otto Julius Bierbaum verbliebene Manuskript von „Elin’s Erweckung“, das Wedekind eingeschrieben zurückerbeten hatte [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 29.1.1894]. kann ich Ihnen leider erst etwa am 5. März schicken. Meine Sachen sind nämlich noch nicht hier. | Sie kommen erst um diese Zeit an. Ich bin wirklich untröstlich, daß darüber, aber ich kann leider durchaus nichts abhelfen. Ich bitte Sie: wüten Sie deshalb nicht gegen mich!

Könnten Sie nicht für die Freie Bühne einen londoner Briefein Feuilleton über London. schreiben? Kürzlich veröffentlichte ich ein londoner GedichtOtto Julius Bierbaum hat Paul Verlaines Gedicht „Londres“ (1872) aus der Pariser Zeitschrift „La Revue blanche“ im letzten Heft der „Freien Bühne“ (Rubrik: „Zeitschriften-Rundschau“) mit folgender Vorbemerkung nachgedruckt: „Die Dezembernummer der REVUE BLANCHE bringt ein merkwürdiges Gedicht von PAUL VERLAINE, das wir im Original wiedergeben.“ [Neue Deutsche Rundschau (Freie Bühne), Jg. 5, Heft 1, Januar 1894, S. 106] von Verlaine. Überlegen Sie sichs! Es würde mich sehr freuen.

Otto Erich segelt nun endlich von RomOtto Erich Hartleben hatte sich nach der Heirat mit seiner Lebensgefährtin Selma Hesse (genannt Moppchen) am 2.12.1893 in Berlin, bei der Otto Julius Bierbaum Trauzeuge war [vgl. Raff 2019, S. 36], auf eine mehrmonatige Hochzeitsreise begeben, die ihn über die Schweiz nach Italien führte (auch in die Hauptstadt Rom), von dort nach Tunesien und Frankreich., wo er mit KhaynachFriedrich von Khaynach lebte seit 1893 für mehrere Jahre in Rom. fianschettierteein Begriff aus dem Schachspiel – von ‚il fianco‘ (ital.) = die Flanke; eine als Eröffnungszug Erfolg versprechende spezielle Aufstellung eines Läufers (= Fianchetto). Otto Erich Hartleben, ein leidenschaftlicher Schachspieler, spielte mit Friedrich von Khaynach in Rom Schach, wie Otto Julius Bierbaum annahm., nach Sousse in TunisSousse liegt etwa 130 Kilometer südlich von Tunis, der Hauptstadt von Tunesien, seinerzeit französische Kolonie..

Bestens Ihr

Bierbaum.

Frank Wedekind schrieb am 19. Februar 1894 in London folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an , Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 21.2.1894 aus Berlin:]


Ich beeile mich, Ihren Brief sofort zu beantworten.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 21. Februar 1894 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Freie Bühne
Neue Deutsche Rundschau.


Redaction:
Otto Jul. Bierbaum

Berlin
Verlag und Expedition:

S. Fischer, Verlag.

Alle für die Redaction bestimmten Sendungen (Beiträge, Recensions-Exempl.) bitten wir ohne Angabe eines Personenamens an die Redaction der „Freie Bühne“ Berlin W. Köthenerstrasse 44 zu adressiren. Wir ersuchen unsere geehrten Mitarbeiter, jedes Manuscript auf der ersten Seite mit ihrer genauen Adresse zu versehen.


BERLIN, den 21.II 1894
Köthenerstrasse 44. Karlstr. 32/3Adresse von Otto Erich Hartleben (Karlstraße 32, 3. Stock) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1894, Teil I, S. 474], wo Otto Julius Bierbaum in Berlin zunächst wohnte..


Lieber Herr Wedekind!

Ich beeile mich, Ihren Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 19.2.1894. sofort zu beantworten. Also: das „Honorar“ der Freien Bühne beträgt 5 Mark für die Seite. Das ist blamabel wenig, aber es scheint nicht, also ob ich den VerlegerSamuel Fischer in Berlin, in dessen S. Fischer Verlag die „Freie Bühne“ erschien. so balddurch senkrechten Trennstrich korrigiert aus: sobald. auf bessere Bahnen leiten sollte. Ich lasse Ihnen die zwei letzten Hefte der F. B. zugehnHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Sendung (das Januar-Heft sowie das Februar-Heft 1894 der „Freien Bühne“); erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 22.2.1894. Otto Julius Bierbaum hat sich einige Wochen später erkundigt, ob die Hefte eingetroffen sind [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 15.3.1894]., damit Sie sehn, was für Riesenseiten es da zu füllen gilt. Gleich|zeitig werden Sie ersehen, daß von Paris jetzt sehr viel die RedeParis war in der „Freien Bühne“ in der Tat aktuell stark präsent, durch den in Fortsetzungen abgedruckten „Pariser Brief“ von Henri Albert in den beiden letzten Heften [vgl. Neue Deutsche Rundschau (Freie Bühne), Jg. 5, Heft 1, Januar 1894, S. 80-83; Heft 2, Februar 1894, S. 157-164], der in den drei darauf folgenden Heften fortgesetzt wurde. Wedekind hat in seinem nicht überlieferten Brief (siehe oben) vorgeschlagen, einen Beitrag über Paris zu schreiben, was Otto Julius Bierbaum insofern nicht recht sein konnte. an in der F. B. ist, wenigstens was die quasi actualia angeht. Das braucht Sie aber nicht abzuhalten, parisensches loszulassen. Lieb wären mir freilich grade LondonnereienOtto Julius Bierbaum hatte Wedekind vorgeschlagen, für die „Freie Bühne“ einen Beitrag über London zu schreiben [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 15.2.1894]., Leben, Kunst, Theater, – was Sie wollen. Nur muß, Gott seiʼs geklagt, auf deutsches Publikum Rücksicht genommen werden. Betreffs DecknamenWedekind dürfte in seinem nicht überlieferten Brief (siehe oben) vorgeschlagen haben, für die „Freie Bühne“ einen Beitrag über Paris unter Pseudonym zu schreiben. ganz Ihrer Meinung.

Ihr
Bierbaum.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 22. Februar 1894 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 21.2.1894 aus Berlin:]


Ich lasse Ihnen die zwei letzten Hefte der F. B. zugehn [...]


[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 15.3.1894 aus Tegel:]


Die „Freie Bühne“ ist Ihnen wol zugegangen?

Otto Julius Bierbaum schrieb am 15. März 1894 in Tegel folgenden Brief
an Frank Wedekind

OTTO JULIUS BIERBAUM

TEGEL BEI BERLINOtto Julius Bierbaum wohnte in Berlin zunächst in der Wohnung von Otto Erich Hartleben (Karlstraße 32) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1894, Teil I, S. 474] und fand dann „eine gemütliche Bleibe für sich und seine Frau“ [Raff 2019, S. 36] in Tegel bei Berlin, in die er am 12.3.1894 einzog, um von dort aus die „Freie Bühne“ im S. Fischer Verlag in Berlin weiter zu redigieren. Stanislaw Przybyszewski schrieb am 12.3.1894 an Eberhard von Bodenhausen, den Vorsitzenden der Genossenschaft PAN (die geplante Zeitschrift „PAN“ sollte Otto Julius Bierbaum dann gemeinsam mit Julius Meier-Graefe redaktionell betreuen): „Bierbaum will heute endgültig nach Tegel übersiedeln, heute wird sich auch entscheiden, ob er die Freie Bühne weiter redigieren wird.“ [Raff 2019, S. 37] Die Entscheidung über die Redaktionstätigkeit bei der „Freien Bühne“ fiel so aus, dass sie endete; im nächsten Heft war zum letzten Mal vermerkt: „Verantwortlich für die Redaktion: Otto Julius Bierbaum, Tegel b. Berlin“ [Neue Deutsche Rundschau (Freie Bühne), Jg. 5, Heft 4, April 1894, S. 320]. 15.III.94.


Endlich, lieber Herr Wedekind, bin ich denSchreibversehen, statt: in den. Besitz meiner SachenOtto Julius Bierbaum hatte Ende 1893 bei seiner Übersiedlung von Oberbayern nach Berlin, um dort die Redaktion der „Freien Bühne“ zu übernehmen, wohl kaum etwas mitgenommen, auch nicht das Manuskript von Wedekinds Verskomödie „Elin’s Erweckung“, um dessen Rücksendung Wedekind gebeten [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 29.1.1894] und Otto Julius Bierbaum ihm daraufhin angekündigt hatte, dies könne wohl erst am 5.3.1894 geschehen [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 15.2.1894] – insofern erhielt Wedekind die zwei Hefte mit seinem Text (siehe unten) nun 10 Tage später als erwartet zurück., und damit Ihrer Komödie„Elin’s Erweckung“ (siehe oben); ein Fragment von Wedekinds Verskomödie hatte Otto Julius Bierbaum im „Modernen Musen-Almanach“ veröffentlicht [vgl. Frank Wedekind: Bruchstück aus der Komödie „Elin’s Erweckung“. In: Moderner Musen-Almanach auf das Jahr 1894. Ein Jahrbuch deutscher Kunst. Hg. von Otto Julius Bierbaum. Zweiter Jahrgang. München (1893), S. 54-61]. gekommen. Ich sende sie gleichzeitig als eingeschriebene DrucksacheWedekind hatte um eine eingeschriebene Rücksendung des Manuskripts („Elin’s Erweckung“) gebeten [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 29.1.1894], um zwei von drei Heften (die Hefte 1 und 3): „Erhalten sind drei einzelne Hefte [...]. Sie überliefern eine vollständige Reinschrift [...] der Szenen 1-3. [...] Es ist anzunehmen, daß es sich [...] um das Manuskript handelte, das Wedekind im Juni 1893 an Otto Julius Bierbaum sandte. [...] Heft 2 [...] dürfte Wedekind zusammen mit den Korrekturfahnen direkt vom Verlag zurückerhalten haben.“ [KSA 2, S. 1142f.].

Die „Freie Bühne“ ist Ihnen wol zugegangenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Sendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 22.2.1894. Otto Julius Bierbaum hatte einige Wochen zuvor angekündigt, die beiden letzten Hefte der „Freien Bühne“ zu schicken [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 21.2.1894].?

Schicken Sie mal nächstens was?Wedekind schickte für die „Freie Bühne“ einen Prosatext „Drei Rosen“, der einige Tage später eintraf [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 22.3.1894].

Ich brenne darauf.

Mit besten Grüßen
bin ich Ihr
Otto Julius Bierbaum.

Frank Wedekind schrieb am 20. März 1894 in London folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 22.3.1894 aus Tegel:]


[...] haben mich Ihre drei Rosen doch höchlich entzückt.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 22. März 1894 in Tegel folgenden Brief
an Frank Wedekind

OTTO JULIUS BIERBAUM

Tegel bei Berlin am grünen Donnerstag 94am 22.3.1894 (Gründonnerstag)..


Lieber Herr Wedekind!

Obwohl ich an einem Katarrh laboriere, der mich stumpf und steril gemacht hat, unfähig beinahe, gute Dinge zu goutieren, haben mich Ihre drei Rosen doch höchlich entzücktHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Manuskriptsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 20.3.1894. Wedekind hat Otto Julius Bierbaum als Redakteur der „Freien Bühne“ (siehe unten) für eine Veröffentlichung in der Monatsschrift ein „Drei Rosen“ betiteltes Manuskript geschickt, ein Prosatext, bei dem es sich um „überarbeitete Tagebuchabschnitte“ [Vinçon 1987, S. 48] handelte. Artur Kutscher lag die inzwischen verschollene Erzählung in Form von Korrekturbögen noch vor, die ihm zufolge die Malerin Louise-Cathérine Breslau sowie Emma Herwegh betreffende Episoden zum Inhalt hatte (und insofern in Paris angesiedelt war): „Aus welchem Grunde Wedekind aber diesen beiden Schilderungen in den Korrekturbogen die Überschrift ‚Drei Rosen‘ geben wollte, ist nicht einzusehen“; es handle sich um „Stellen des Originaltagebuches“, die „wörtlich verwendet“ seien, „das Ganze aber ausgearbeitet und zusammengezogen. Die Namen der beiden Frauen wurden verändert.“ [Kutscher 1, S. 286]. Ich würde sie augenblicklich in der Freien Bühne veröffentlichen, wenn ich deren Redakteur noch wäre. Aber ich bins nicht mehrOtto Julius Bierbaum war nicht mehr Redakteur der Monatsschrift „Freie Bühne“ im S. Fischer Verlag in Berlin (er hat demnach insgesamt vier Hefte redigiert, möglichweise auch fünf); im nächsten Heft war zum letzten Mal vermerkt: „Verantwortlich für die Redaktion: Otto Julius Bierbaum, Tegel b. Berlin“ [Neue Deutsche Rundschau (Freie Bühne), Jg. 5, Heft 4, April 1894, S. 320]. Die „Freie Bühne“ war im „Unterschied zu den übrigen Literaturzeitschriften der Epoche [...] mehr eine Verlags- als eine Herausgeber-Zeitschrift. Charakteristisch für ihr Profil [...] ist das [...] Regiment Samuel Fischers“ [Sprengel 1998, S. 133], mit dem Otto Julius Bierbaum Meinungsverschiedenheiten hatte, die zur Trennung führten.. Der Verleger hat die liebenswürdige Absicht, aus der Monatsschrift ein Blatt „für das größere Publikum“ zu machen, und in diesem Ziele ihn zu unterstützen, halte ich mich nicht für berufen. Vom Mai ab wird die F. B. also unter anderer (unbestimmt noch, welcher) RedaktionNachfolger von Otto Julius Bierbaum als Redakteur der „Freien Bühne“ wurde Oscar Bie (und blieb es über Jahrzehnte), wie im übernächsten Heft vermerkt ist: „Verantwortlich für die Redaktion: Dr. Oskar Bie“ [Neue Deutsche Rundschau (Freie Bühne), Jg. 5, Heft 5, Mai 1894, S. 544]. erscheinen.

Soll ich Ihnen nun raten, die Drei Rosen trotzdem der F. B. anzubie|ten? Ich weiß wahrlich nicht. Jedenfalls setzen Sie sich einem Refüsrefus (frz.) = Ablehnung, abschlägiger Bescheid, Absage. aus. Andrerseits aber giebt es, so glaube ich, sonst in Deutschland kein Blatt, wo die Tagebuchblätterdas „Drei Rosen“ betitelte Manuskript (siehe oben). erscheinen könnten und honoriert würden. Das Gescheidteste wäre es meiner Meinung nach, wenn Sie den drei TagenDie Handlungszeit des verschollenen Erzähltextes „Drei Rosen“ (siehe oben) dürfte drei Tage umfasst haben. vielleicht noch drei hinzufügten und das Ganze dann als Buch (aber unkastriert!) herausgäben. Ich will Ihnen, wenn Sie es wünschen, gerne behilflich sein, einen zahlenden Verleger zu suchen.

Wären wir etwas weiter im Jahre, so hätte ich wol ein Blatt für die drei Rosen. Eine Gruppe hiesiger Künstler hat mich nämlich beauftragt und mit den nötigen Mitteln dazu ausgerüstet, ein Blatt für die Kunstdie Kunstzeitschrift „PAN“, die lange geplant war [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 15.4.1893]; zu deren Finanzierung wurde eine Genossenschaft PAN gegründet, die im Rahmen einer Werbekampagne das Startkapital von 100.000 Mark aufbrachte [vgl. Tb Kessler, Bd. 1, S. 45-47]. Otto Julius Bierbaum und Julius Meier-Graefe waren mit der Redaktion beauftragt, das von ihnen verantwortete erste Heft kam aber erst im Jahr darauf heraus [vgl. PAN, Jg. 1 (1895/96), Heft 1, April/Mai 1895]. „Am 25.7.1894 wurde der Vertrag unterschrieben, durch welchen Bierbaum und Julius Meier-Graefe als Herausgeber der neuen Zeitschrift eingesetzt wurden.“ [Stankovich 1971, S. 34] auf die Beine zu bringen, – das erste und einzige seiner Art in Deutschland, wenns zustande kommt. Es sollen dafür 50000 M. in Anteilscheinen gezeichnet werden, 8000 ha|ben wir schon.

Aber was red’ ich Ihnen von ungelegten Eiern!

Schreiben Sie mir, was ich mit den Drei Rosen beginnen soll, und ich thue, was Sie wünschen.

Besten Gruß!
Ihr
Otto Julius Bierbaum

Otto Julius Bierbaum schrieb am 27. März 1894 in Tegel folgende Postkarte
an Frank Wedekind

DEUTSCHE REICHSPOST.
POSTKARTE.


Herrn Frank Wedekind
13, Air Street, Picadilly Circus
London
England |


OTTO JULIUS BIERBAUM


Lieber Freund! Ich habe Ihr Manuskriptdas „Drei Rosen“ betitelte Manuskript, das Otto Julius Bierbaum seit einigen Tagen vorlag [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 22.3.1894]; da er nicht mehr als Redakteur der „Freien Bühne“ tätig war (siehe unten), bemühte er sich darum, die Publikation des Prosatextes in einer anderen Zeitschrift zu vermitteln. an Neumann-Hoferan Dr. phil. Otto Neumann-Hofer, Redaktionsmitglied des „Berliner Tageblatt“ und Herausgeber der Wochenschrift „Das Magazin für Litteratur“ [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1894, Teil II, Sp. 834], die noch immer einen Ruf hatte (inzwischen in Berlin verlegt von der Union Deutsche Verlagsgesellschaft und längst nicht mehr in Leipzig, wo sie im Verlag von Wilhelm Friedrich unter dem Titel „Das Magazin für die Literatur des In- und Auslandes“ in den 1880er Jahren die maßgebliche Zeitschrift des Naturalismus war), lebte als Schriftsteller in Berlin (Lützowufer 13) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1894, Teil I, S. 972]. befördert, den einzigen Redakteur, der vielleicht Platz und Honorar dafür hat. In der „Zukunftin der Wochenschrift „Die Zukunft“, 1892 gegründet und herausgegeben von Maximilian Harden in Berlin (Köthener Straße 27) [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1894, Teil II, Sp. 426]. ist es unmöglich, weil es viel zu groß ist, Mauthners Organ „Deutschland“ ist ins Magazin hinübergeschlafen„Deutschland. Wochenschrift für Kunst, Litteratur, Wissenschaft und soziales Leben“ (1889/90), herausgegeben von Fritz Mauthner, ist im „Magazin für Litteratur“ aufgegangen, dessen Mitherausgeber er wurde (nur für einen Jahrgang), wie entsprechend mitgeteilt war: „Der Eintritt Fritz Mauthners in die Redaktion des ‚Magazins für Litteratur‘ verstärkt diese [...] durch eine erprobte redaktionelle Kraft [...]. Indem er das bisher von ihm geleitete Wochenblatt ‚Deutschland‘ mit unserem ‚Magazin‘ verschmilzt, führt er dem vereinigten Blatte alle die schätzbaren Verbindungen zu, welche die auszeichnenden Vorzüge seiner Wochenschrift ausmachten.“ [Otto Neumann-Hofer: An unsere Leser. In: Das Magazin für Litteratur, Jg. 60, Nr. 1, 3.1.1891, S. 1], schon lange! – Ich habe übrigens meinem NachfolgerNachfolger von Otto Julius Bierbaum als Redakteur der „Freien Bühne“ war Oscar Bie (und blieb es über Jahrzehnte), wie im nächsten Heft vermerkt ist: „Verantwortlich für die Redaktion: Dr. Oskar Bie“ [Neue Deutsche Rundschau (Freie Bühne), Jg. 5, Heft 5, Mai 1894, S. 544]. eine längere Besprechung Ihres F. E.Die Besprechung der 2. Auflage von „Frühlings Erwachen“ 1894 bei Caesar Schmidt in Zürich durch Mathieu Schwann ist nicht erschienen; sie ist verschollen. Wedekind war mit Mathieu Schwann, der 1893 nach Zürich übergesiedelt ist, bekannt [vgl. Kutscher 2, S. 3]. von M. Schwann hinterlassen und mit der Signatur „angenommen“ versehen. Hoffentlich wird sie bald gedruckt. – Am 1. Sept. kommt der Mod. Mus. Alm. für 95Otto Julius Bierbaum rechnete zwar damit, der dritte Jahrgang seines „Modernen Musen-Almanach“ werde am 1.9.1894 erscheinen, der Verlag kündigte aber gegen Jahresende in einem offenen Brief an: „Um mehrfachen Anfragen zu begegnen, teilen wir Ihnen hierdurch mit, daß der III. Jahrgang des von Otto Julius Bierbaum herausgegebenen ‚Modernen Musenalmanachs‘ nicht zu Weihnachten 1894, sondern seinem Titel: ‚Moderner Musenalmanach für 1895‘ entsprechend, im Laufe des Jahres 1895 erscheinen wird. Die zu schnelle Aufeinanderfolge ist für eine energische Verwendung für das Werk störend und haben wir uns deshalb entschlossen, den Erscheinungstermin des III. Bandes um einige Monate hinauszuschieben. Hochachtungsvoll Dr. E. Albert & Co., Separat-Conto.“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 271, 22.11.1894, S. 7380] Der dritte Jahrgang ist dann gar nicht erschienen. heraus. Darf ich auf Sie zählen und darf ich hoffen, bald was zu kriegen? Ich will diesmal nur Beiträge von 10 Autoren bringen, und es soll mal was Gutes werden. – Fangen die kleinen Ladies in den Seitenstraßen Londons schon zu singen an?

Ihr
Otto Julius Bierbaum.


TEGEL BEI BERLIN

Frank Wedekind schrieb am 16. April 1894 in London folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Postkarte an Wedekind vom 18.4.1894 aus München:]


[...] ich sende Ihren Brief an Hartleben [...]

Otto Julius Bierbaum schrieb am 18. April 1894 in München folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Königreich Bayern
POSTKARTE.


An Herrn Frank Wedekind
13 Air Street, Piccadilly Circus:
in London
England. |


Lieber Freund! Dobert ist nicht mehr Redakteur der G.St.Paul Dobert in Berlin (Elsholzstraße 16) war Redakteur der illustrierten Zeitschrift „Zur guten Stunde“ gewesen [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1894, Sp. 216], erschienen im Deutschen Verlagshaus Bong & Co. in Berlin; er war dann „Hauptredakteur v. ‚Vom Fels zum Meer‘“ [Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1895, Teil II, Sp. 236]. und Bahr ist nicht mehr Redakteur der D.Z.Hermann Bahr war nicht mehr Feuilletonredakteur der „Deutschen Zeitung“ in Wien, die in ihrer Morgen-Ausgabe vom 21.12.1893 vermerkte: „Unser geschätzter College Herr Hermann Bahr hat sich bestimmt gefunden, aus dem Verbande der Redaction der Deutschen Zeitung auszutreten.“ [https://bahr.univie.ac.at/ereignis/49785; zuletzt abgerufen am 28.4.2024] Da ich noch eine Weile hier bleiben muß, kann ich leider augenblicklich in B. nichts unternehmen, aber ich sende Ihren Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 16.4.1894. In diesem Brief dürfte es außer um Verdienstmöglichkeiten auch um die Drucklegung des Schwanks „Fritz Schwigerling“ (erst 1899 unter dem Titel „Der Liebestrank“ gedruckt) gegangen sein [vgl. KSA 2, S. 1001]. an HartlebenOtto Erich Hartleben hat Wedekinds nicht überlieferten Brief an Otto Julius Bierbaum (siehe oben) erhalten und antwortete sogleich [vgl. Otto Erich Hartleben an Wedekind, 25.4.1894]., der bestimmt Rat schaffen wird. Er hat viel Beziehungen zu Zeitschriften und Zeitschriftenmenschen. Ich denke, Sie verübeln es mir nicht, wenn ich den Brief an ihn sende. Sie kennen sich ja gut. – Zu dumm, daß Pan noch nicht lebtDie dann anfangs von Otto Julius Bierbaum und Julius Meier-Graefe redaktionell betreute Kunstzeitschrift „PAN“ war noch in der Planung, das erste Heft kam erst im Jahr darauf heraus [vgl. PAN, Jg. 1 (1895/96), Heft 1, April/Mai 1895].. Dann wäre gleich Rat. Sobald er existiert, müssen Sie sein Banner in London tragen. – Ich hoffe, daß Hartleben auch durch die Schriftstellergenossenschaftfür den Vertrieb von Manuskripten sich einsetzender Berufsverband. Wedekind verkehrte später im Klub der Deutschen Schriftsteller-Genossenschaft [vgl. Wedekind an Ludwig Fulda, 11.12.1896 und 24.12.1896], der am 26.9.1894 in Berlin eröffnet wurde, wie aus Otto Erich Hartlebens Brief vom 27.9.1894 an die Gattin von Fritz Rumpf hervorgeht: „gestern bei der Eröffnung unseres neuen Clubs der Schriftsteller-Genossenschaft“ [Heitmüller 1912, S. 214]. was thun kann. Seine AdresseOtto Erich Hartlebens Adresse in Berlin (Karlstraße 32, 3. Stock) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1894, Teil I, S. 474]. kennen Sie? N.W. Karlstrasse 32. Sobald ich in B. bin, thue ich natürlich, was ich kann.

Ich bin Ihr
Otto Julius Bierbaum

Frank Wedekind schrieb am 21. Juli 1894 in Paris folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Postkarte an Wedekind vom 23.7.1894 aus Tegel:]


[...] vielen Dank, daß Sie die Drei Rosen dem M.M.A. überlassen haben.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 23. Juli 1894 in Tegel folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Deutsche Reichspost
Postkarte


An Herrn
Frank Wedekind
in Paris
Wohnung (Straße und Hausnummer.) 45, rue Monsieur le Prince. |


PAN


TEGEL
BERLIN 23.VII.94


Lieber Herr Wedekind!

vielen DankHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 21.7.1894., daß Sie die Drei Rosen dem M.M.A.Wedekind hatte sich offenbar in seinem nicht überlieferten Schreiben (siehe oben) damit einverstanden erklärt, dass sein „Drei Rosen“ betiteltes Manuskript, das Otto Julius Bierbaum seit dem Frühjahr vorlag [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 22.3.1894], im dritten Jahrgang des „Modernen Musen-Almanach“ veröffentlicht werden könne, mit dessen Erscheinen der Herausgeber zum 1.9.1894 rechnete [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 27.3.1894]; der dritte Jahrgang der Anthologie ist dann allerdings nicht mehr erschienen. überlassen haben. Übrigens gefällt mir persönlich als Titel Paradigmata am besten. Daß Sie im Winter nach Berlin kommen wollen, freut mich ganz über alle Maaßen. Herrlich! – Mit Sami Fischermit Samuel Fischer in Berlin, in dessen S. Fischer Verlag Otto Julius Bierbaum seit Ende 1893 wenige Monate die „Freie Bühne“ redigiert hatte (siehe Wedekinds Korrespondenz mit Otto Julius Bierbaum vom 15.2.1894 bis 27.3.1894). Streitigkeiten hatten zu einem Ende der Zusammenarbeit geführt. Otto Julius Bierbaum schrieb am 6.3.1894 an Detlev von Liliencron: „Soeben hatte ich einen großen Krach mit S. Fischer (beiläufig den fünften seit Antritt der ‚Redaktion‘.“ [Stankovich 1971, S. 177] hab ich durchaus keine Beziehungen mehr. Dort wird Hartleben am schnellsten wirkenOtto Erich Hartlebens Bücher erschienen im S. Fischer Verlag, sein Kontakt mit dem Verleger war insofern gegeben. können. Dauthendey werdʼ ich Ihren Wunschnicht ermittelt. Wedekind dürfte den Wunsch an Max Dauthendey in seinem nicht überlieferten Schreiben (siehe oben) geäußert haben. übermitteln.
Bestens Ihr
Bierbaum.

Frank Wedekind schrieb am 31. Juli 1894 in Paris folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 2.8.1894 aus Tegel:]


Ich war [...] durch Ihren Brief doch nicht gehörig orientiert [...]

Otto Julius Bierbaum schrieb am 2. August 1894 in Tegel folgenden Brief
an Frank Wedekind

OTTO JULIUS BIERBAUM

TEGEL BEI BERLIN d. 2. August 1894


Lieber Herr Wedekind,

ich bin sofort auf die RedaktionOtto Julius Bierbaum hat die Redaktion des „Berliner Börsen-Courier“ (Beuthstraße 8) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil I, S. 84], Chefredakteur: George Davidsohn [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil IV, S. 162], aufgesucht und dort wohl mit dem Redakteur Max Albert Klausner (siehe unten) gesprochen. des B.B.C. gestiegen, habe aber nichts weiter erreicht, als die Einladung an Sie, in einem Brief genauer Ihr VorhabenWedekind hatte in einem nicht überlieferten Brief offenbar dargelegt, er sei an einer Anstellung als Auslandskorrespondent für Japan bei einer Berliner Zeitung interessiert, wie aus der Reaktion einer dieser Zeitungen hervorgeht [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 8.8.1894]. und Ihre Bedingungen auseinander zu setzen. Ich war in dieser Hinsicht durch Ihren Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 31.7.1894. doch nicht gehörig orientiert, und ich fürchte, daß ich bei jeder anderen Redaktion die gleiche Antwort bekommen werde. Immerhin haben Sie aber nun einen Anknüpfungspunkt mit dem B.B.C. (Berlin S.W. Beutstr.Schreibversehen (fehlendes „h“), statt: Beuthstraße. 8., addressiren Sie an M. A. KlausnerMax Albert Klausner in Berlin (Markgrafenstraße 88) war Redakteur des „Berliner Börsen-Courier“ [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil I, S. 646] und dort als politischer Korrespondent tätig; er war aber auch Dichter und Übersetzer.!), auch habe | ich den Eindruck bekommen, daß die Idee den Leuten in die Nase fuhr. Ich will mich nun noch an das Berliner Tageblatt und an das Kleine Journal wenden. Ich habe keine eigentlichen Beziehungen dorthin, glaube aber, daß diese Blätter am ehesten zu haben sind, da sie in „Außerordentlichkeiten arbeiten.‘ Ich konnte es nicht sogleich thun, da ich die letzten zwei Tage durchaus pandiernernWortspiel, gebildet aus ‚PAN‘ (in Anspielung auf die geplante Zeitschrift „PAN“ sowie auf die Genossenschaft PAN, für die Otto Julius Bierbaum, die Gründung der Zeitschrift „PAN“ vorbereitend, tätig war) und ‚diernern‘ (veraltet für ‚dienen‘). mußten. Sie können sich aber nach Empfang dieses Briefes sogleich auch an Dr LevysohnDr. phil. Arthur Levysohn war (seit 1881) Chefredakteur [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil IV, S. 162] des „Berliner Tageblatt“ (Jerusalemer Straße 48/49) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil I, S. 87]. B T. und Dr LeipzigerDr. jur. Leo Leipziger, Schriftsteller und Kritiker, war Chefredakteur [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil IV, S. 162] der Berliner Tageszeitung „Das Kleine Journal“ (Friedrichstraße 239) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil I, S. 650] und seit 1893 deren Miteigentümer. (Kleines Journal (S.W. Friedrichstr. 240/241Friedrichstraße 240/241 war die Druckerei ansässig [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil II, S. 157], nebenan Friedrichstraße 239 die Redaktion des „Kleinen Journals“ (siehe oben), als Redaktionsadresse auch auf dem Briefkopf der Zeitung angegeben [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 8.8.1894].) mit Genauerem wenden. Ich werde die/en/ Herren darauf einen solchen Brief ankündigen.

Schönste Grüße!
Ihr
Bierbaum.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 8. August 1894 in Tegel folgenden Brief
an Frank Wedekind

DAS KLEINE JOURNAL.


Telephon VI, 4314.

BERLIN SW., den 7. August 1894.
Friedrichstrasse 239.


Sehr geehrter HerrOtto Julius Bierbaum, dem Max Schönau, Schriftsteller in Berlin (Landgrafenstraße 14) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil I, S. 1228] und als Redakteur und Theaterkritiker bei der Berliner Zeitung „Das kleinen Journal“ tätig, hier auf ein Schreiben an den Chefredakteur des Blattes in dessen Auftrag (siehe unten) antwortet, in welchem Bierbaum einen Brief Wedekinds angekündigt hat [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 2.8.1894], den Wedekind auch geschrieben haben dürfte (siehe unten).!

Herr Dr. LeipzigerDr. jur. Leo Leipziger, Chefredakteur [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil IV, S. 162] der Berliner Tageszeitung „Das Kleine Journal“ (Friedrichstraße 239) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil I, S. 650]., der augenblicklich auf Sylt ist, hat mich beauftragt, Ihnen mitzutheilen, daß für das „Kleine Journal“ momentan kein Bedürfniß vorliegt, in Japan einen eigenen Berichterstatter zu haben. Er sieht sich daher zu seinem Bedauern genöthigt, das liebenswürdige AnerbietenHinweis auf einen nicht überlieferten Brief; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Leo Leipziger, „Das kleine Journal“, 4.8.1894. Otto Julius Bierbaum hatte der Zeitung diesen Brief angekündigt, den er Wedekind sofort zu schreiben empfohlen hat [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 2.8.1894]. des Herrn Franklin Wedekind mit verbindlichstem Danke abzulehnen.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Max Schoenau |


Diese Gesellschaft!

Soll ich mich weiter wenden? Aber wohin?

Ihr
Bierbaum


Ich habe Herrn Storm, VerlegerHugo Storm (späteres Pseudonym: Heinrich Conrad), Inhaber einer Verlagsbuchhandlung in Berlin (Gleditschstraße 35) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1895, Teil I, S. 1363] und Geschäftsführer des gerade in Berlin gegründeten Vereins für Freies Schrifttum, schrieb am 12.7.1894 an den mit Otto Julius Bierbaum befreundeten Richard Dehmel: „Der Verein für freies Schriftthum will, wie schon sein Name besagt, vor allen Dingen das freie Schriftthum fördern helfen. Es will begabten Schriftstellern die Möglichkeit bieten, völlig unabhängig und unbeeinflusst von den hergebrachten Ueberlieferungen in künstlerischen Dingen ihren eigenen Weg sich zu suchen, sowie auch, frei von ängstlicher Rücksichtnahme auf die Prüderie des Familienblatt-Publikums der Ausgestaltung und Verwirklichung ihrer künstlerischen Absichten sich hinzugeben.“ [Birgit Kuhbandner: Unternehmer zwischen Markt und Moderne. Verleger und die zeitgenössische deutschsprachige Literatur an der Schwelle zum 20. Jahrhundert. Wiesbaden 2008, S. 308], auf Ihr TagebuchWedekinds unveröffentlichter Prosatext „Drei Rosen“ (verschollen), bei dem es sich um „überarbeitete Tagebuchabschnitte“ [Vinçon 1987, S. 48] handelte. Wedekind hatte den Text an Otto Julius Bierbaum geschickt, der sich um eine Publikationsmöglichkeit bemühte und vorgeschlagen hatte, den Text nicht in einer Zeitschrift, sondern erweitert als Buch zu veröffentlichen [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 22.3.1894]. aufmerksam gemacht. Er will sich an Sie wenden.

Frank Wedekind schrieb am 21. Januar 1895 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Antiquariat S. Martin Fraenkel (Berlin): Katalog 22 (1922), Nr. 475:]


Wedekind, Frank [...] E. B. m. U. vom 21. Jan. 1895Wedekind, der lange in Paris und zwischenzeitlich in London war, ist erst am Vortag in Berlin eingetroffen, am 20.1.1895 [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 169]. Otto Julius Bierbaum, der nach wie vor in Tegel bei Berlin wohnte, war insofern vor Ort (belegt durch andere Korrespondenz). an Bierbaum. [...]

Interessanter Brief literarisch-geschäftlichen Inhalts.

Frank Wedekind schrieb am 22. November 1895 in Zürich folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Julius Bierbaum vom 24.11.1895 aus Zürich:]


Wenn [...] ich Ihnen den Vorschlag machte [...]

Otto Julius Bierbaum schrieb am 23. November 1895 in Eppan folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Julius Bierbaum vom 24.11.1895 aus Zürich:]


[...] Ihre freundlichen Zeilen [...]

Frank Wedekind schrieb am 24. November 1895 in Zürich folgenden Brief
an Otto Julius Bierbaum

Zürich FestGasse 21.IWedekind wohnte in Zürich in der Festgasse 21 (1. Stock) zur Untermiete.. – 24.11.95.


Lieber Herr BierbaumOtto Julius Bierbaum war nicht mehr in Berlin (oder Tegel bei Berlin), sondern in seinem neuen Domizil Schloss Engar in Eppan bei Bozen in Südtirol, wie aus dem Brief von Richard Strauss an Karl Henckell vom 5.1.1896 hervorgeht: „Wie schön hat es Bierbaum; der bewohnt ein ganzes Schloß bei Bozen, auf der Höhe von St. Eppan; ich besuchte ihn Ende November daselbst.“ [Rapp 2019, S. 44],

Ihre freundlichen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 23.11.1895. lassen es mich aufs allertiefste bedauern, daß sich unsere Interessen nicht günstiger decken. Freilich gegenüber den Gründen, die Sie mir entgegenführen, bleibt mir nichts einzuwenden übrig. Wenn ich bei dem UnternehmenZusammenhang nicht ermittelt. Es dürfte sich um ein Publikationsprojekt gehandelt haben. in erster Linie an Sie dachteHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben, in dem Wedekind jenes Unternehmen (siehe oben) vorschlug; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 22.11.1895. Otto Julius Bierbaum wiederum dürfte in seinem nicht überlieferten Schreiben (siehe oben) auf den Vorschlag sogleich geantwortet haben., so glauben Sie mir, wußte ich sehr wol warum. In erster Linie war mir dabei die feste Überzeugung maßgebend, daß wir in künstlerischer Beziehung harmoniren und uns gegenseitig mit voller Kraft in die Hände arbeiten würden. Ich habe wahrhaftig nicht | so vornehmlich an den Geschäftsmann gedacht, obschon ich mir auch in dieser Beziehung, ganz abgesehen von PanOtto Julius Bierbaum hatte gemeinsam mit Julius Meier-Graefe die ersten beiden Hefte (dort als verantwortliche Redakteure ausgewiesen) der anspruchsvollen Kunstzeitschrift „PAN“ redigiert [vgl. PAN, Jg. 1 (1895/96), Heft 1, April/Mai 1895; Heft 2, Juni/Juli 1895] und war maßgeblich am Zustandekommen der lange geplanten Zeitschrift beteiligt gewesen [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 15.4.1893]; tiefgreifende Konflikte hinsichtlich der inhaltlichen Ausrichtung hatten dazu geführt, dass sie die Redaktion abgaben und ihre Sitze im Aufsichtsrat der Genossenschaft PAN niederlegten [vgl. Tb Kessler, Bd. 1, S. 45-47]., ein für mich unerschütterliches Urtheil über Sie gebildet hatte. In Gottes Namen, aber seien Sie überzeugt daß mich die sympathische Aufnahme, die meine Bestrebungen bei Ihnen gefunden die Unmöglichkeit unseres Zusammen Arbeitens erst recht bedauern läßt. Herrn Meier Gräfe kenne ich nicht so genau. Mir fehlt ihm gegenüber die Sicherheit, mit der ich Ihnen den Vorschlag machte. Immerhin nehme ich die Eventualität mit Freuden auf und danke Ihnen für den Schritt den Sie bereits in dieser Richtung für mich gethan haben. Darf ich Sie ersuchen, ihm die übrigen Papiere ebenfalls | zus/z/usenden und mir, wenn Sie sie erfahren, seine AdresseJulius Meier-Graefe war zwar noch als Schriftsteller in Berlin verzeichnet (Schillstraße 4, 3. Portal, 3. Stock) [vgl. Berliner Adreß-Buch für 1895, Teil I, S. 869], er siedelte aber Ende 1895 nach Paris über, wo sein „lebenslanger Freund, der Schriftsteller und Geigenbauer Julius Levin [...] seit 1894 [...] am Fuße des Montmartre, Rue Lallier“ lebte (als Korrespondent des „Berliner Börsen-Courier“ in Paris); „3 Rue Lallier wurde Meier-Graefes erstes Pariser Quartier.“ [Catherine Krahmer: Julius Meier-Graefe. Ein Leben für die Kunst. Göttingen 2021, S. 31] mittheilen zu wollen. Vielleicht haben Sie auch noch einige warme bestimmende Worte für ihn, die sicherer treffen, als etwas, das ich ihm schreiben könnte, da ich ihn leider nur so wenig kenne. Darüber, daß wir harmonieren würden, bin ich außer Sorge, aber ich gestehe Ihnen, daß ich mir des glücklichen Erfolges mit Ihnen s/g/ewisser war.

Und nun zum Übrigen. Langen werde ich in meinem nächsten Briefe auf das Manuscriptnicht ermittelt. Der Text von Anna Croissant-Rust, die erst ab 1910 gelegentlich im „Simplicissimus“ veröffentlichte, wurde seinerzeit nicht publiziert. hinweisen. Es scheint mir, soweit ich Einsicht in die Dinge habe auch nicht ausgeschlossen, daß Frau Croissant RustAnna Croissant-Rust, seinerzeit als Schriftstellerin in Ludwighafen am Rhein lebend [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1896, Teil II, Sp. 203], war mit Otto Julius Bierbaum befreundet. an seiner neuen ZeitschriftAlbert Langen bereitete die illustrierte Wochenschrift „Simplicissimus“ vor, deren erstes Heft zwar am 1.1.1896 im Albert Langen Verlag in München (Redaktion: Kaulbachstraße 51a) erscheinen sollte, was sich aber auf den 4.4.1896 verschob; die Idee zu „diesem farbigen, großformatigen Wochenblatt“ hatte er „aus Frankreich mitgebracht“ [Abret 1993, S. 56] (zu den Vorbildern des „Simplicissimus“ gehörte die illustrierte französische Wochenschrift „Gil Blas illustré“). mitarbeitet. Jedenfalls werde ich sein Interesse auf diesem | Wege zu stimuliren suchen. Allerdings bin ich mir über seine Pläne selber noch nicht vollkommen klar. Er will Poesie, Moral und Volksthümlichkeit, um auf einen möglichst großen Leserkreis zu wirken. Wenn Sie sich ihm also nahen, dann thun Sie es unter obigen Zeichen, verrathen Sie aber bei Leibe nicht daß ich Ihnen die Parole mitgetheilt da er mich für einen gewissenlosen Gauner hält. Ich schreibe Ihnen das gewiß nicht in meinem Interesse, sondern nur in dem Ihrigen. Vielleicht haben Sie irgend etwas auf LagerOtto Julius Bierbaum gehörte dann zu den mehr oder weniger regelmäßigen Beiträgern des „Simplicissimus“; sein erster Beitrag, ein Gedicht, erschien im dritten Heft [vgl. Otto Julius Bierbaum: Im Schlosse Mirabel. In: Simplicissimus, Jg. 1, Nr. 3, 18.4.1896, S. 3]., was sich unter obiger Marke in den Handel bringen ließe, sei es Poesie oder Prosa. Von mir hat er bisher nur GedichteWedekind hat im „Simplicissimus“ zwischen 1896 und 1902 insgesamt 54 Gedichte, teils unter seinem Namen, teils unter wechselnden Pseudonymen, publiziert [vgl. KSA 1/II, S. 2234-2236]. acceptirt; meine ProsaDas erste Heft des „Simplicissimus“ eröffnete mit Prosa Wedekinds, auf dem Titelblatt eine Zeichnung „Die Fürstin Russalka“ (sie stammt von Angelo Jank), im Heft Wedekinds gleichnamige Erzählung [vgl. Frank Wedekind: Die Fürstin Russalka. In: Simplicissimus, Jg. 1, Nr. 1, 4.4.1896, S. 2f.]. ist ihm immer noch nicht moralisch genug. Übrigens weiß ich | auch nicht ob er schon einen RedacteurAlbert Langen hatte als Redakteur des „Simplicissimus“ zunächst Otto Erich Hartleben vorgesehen [vgl. Abret 1993, S. 218], der bereits damit begonnen hatte, Mitarbeiter brieflich anzuwerben, am 17.11.1895 Richard Dehmel und Arno Holz, am 25.11.1895 Arthur Schnitzler [vgl. Heitmüller 1912, S. 227f.], sich dann aber zurückzog. Otto Erich Hartleben teilte Richard Dehmel am 4.1.1896 mit: „Es ist nichts mit dem Simplicissimus. [...] Der Esel will selber redigieren – gut: soll er sehn, wie weit er kommt. Ich mache nicht mit.“ [Heitmüller 1912, S. 229] Der Verleger selbst ist dann im ersten Heft als Chefredakteur ausgewiesen (und blieb es bis zu seiner Flucht Ende 1898 infolge der Majestätsbeleidigungsaffäre): „Verantwortlicher Redacteur: Albert Langen.“ [Simplicissimus, Jg. 1, Nr. 1, 4.4.1896, S. 7] für dieses neue Unternehmen hat. Führen Sie Ihre Bekanntschaft mit französischen Künstlern in’s Feld, pochen Sie überhaupt möglichst auf Beziehungen. Das ist eine Flagge vor der er noch am ehesten die Segel streicht. Wenn Sie mich fragen ob ich Ihnen rathe mit ihm anzubändeln, so muß ich unter allen Umständen sagen Ja, da er immer noch eine sehr solvente Nummer ist. Aber rechnen Sie mit dem größtmöglichen Mißtrauen seinerseits. Suchen Sie ihn zu stupificirenverblüffen, aus der Fassung bringen. durch irgend eine Idee, eine Novität, eine Entdeckung etwas Nochniedagewesenes. Das ist alles was ich Ihnen mit gutem Gewissen schreiben kann.

Und nun leben Sie wol. Empfehlen | Sie mich Frau BierbaumAuguste Bierbaum (geb. Rathgeber), Otto Julius Bierbaums erste Ehefrau (Heirat am 16.8.1892 in London), die zunächst mit ihm in Oed bei Beuerfeld gelebt hat, dann mit ihm nach Berlin ging und nun mit ihm das gemeinsame Domizil in Südtirol bezogen hat [vgl. Raff 2019, S. 41-47]. aufs bestem und seien Sie selber herzlich gegrüßt.

Ihr
Frank Wedekind.

Otto Julius Bierbaum, Julius Meier-Graefe, Julius Meier-Graefe und Julius Meier-Graefe schrieben am 13. Oktober 1897 in Eppan folgenden Brief
an Frank Wedekind , Frank Wedekind , Frank Wedekind

Wir bitten Sie um freundliches Gehör für folgende Darlegung. Sie behandelt ein Vorkommniß, das unseres Erachtens sehr dazu angethan ist, in den Reihen des deutschen Schriftthums, soweit es künstlerische Zwecke verfolgt, mit Aufmerksamkeit betrachtet zu werden.

Wir haben uns deshalb zu einer UmfrageDie von Otto Julius Bierbaum und Julius Meier-Graefe veranstaltete Umfrage „Ueber das Denunzieren. Urtheile deutscher Dichter“ wurde am 7.11.1897 in der „Frankfurter Zeitung“ abgedruckt (siehe zum Erstdruck des offenen Briefes) – mit Wedekinds Antwort [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, Julius Meier-Graefe, 18.10.1897]. entschlossen, die wir an fünfzig43 Antworten auf die Umfrage (siehe oben) – das sind „alle Antworten“, wie in einer Fußnote erklärt ist – wurden in alphabetischer Reihenfolge abgedruckt; sie stammen von Peter Altenberg, Hermann Bahr, Max Bernstein, Karl Bleibtreu, Michael Georg Conrad, Anna Croissant-Rust, Georg Ebers, Ernst Eckstein, Otto Ernst, Gustav Falke, Ilse Frapan, Ludwig Fulda, Marie Eugenie delle Grazie, Eduard Grisebach, Julius Grosse, Klaus Groth, Otto Erich Hartleben, Hermann Heiberg, Karl Henckell, Wilhelm Hertz, Paul Heyse, Hans Hoffmann, Arno Holz, Hugo von Hofmannsthal, Ricarda Huch, Wilhelm Jensen, Detlev von Liliencron, Hermann Lingg, Wilhelm von Polenz, Heinrich von Reder, Gabriele Reuter, Peter Rosegger, Paul Scheerbart, Emil von Schoeneich-Carolath, Friedrich Spielhagen, Carl Spitteler, Maurice von Stern, Bertha von Suttner, Johannes Trojan, Richard Voß, Frank Wedekind, Adolf von Wilbrandt, Joseph Victor Widmann, Ernst von Wolzogen. hervorragende Vertreter dieses Schriftthums ohne Unterschied des Alters und der künstlerischen Standpunkte richten. Wir geben uns der Hoffnung hin, daß auch Sie zu dieser Frage Stellung nehmen werden, und wir bitten Sie, sich dazu der beiliegenden Karte zu bedienen, wenn Sie nicht etwa vorziehen sollten, sich ausführlicher zu äußern. Ehe wir an die Darlegung des FallesDie Presse hatte über den Berliner Zensurprozess gegen Richard Dehmels Gedichtband „Weib und Welt“ (1896), erschienen bei Schuster & Loeffler in Berlin), berichtet: „Die erste Strafkammer des Landgerichts I hatte sich dieser Tage mit dem Buche ‚Weib und Welt‘ des bekannten Lyrikers Richard Dehmel im objectiven Verfahren zu befassen. Der in seinen Mußestunden auch schriftstellernde Referendar Börries von Münchhausen hatte Veranlassung genommen, einige der in jenem Buche enthaltenen Gedichte als ‚unzüchtig und gotteslästerlich‘ der Staatsanwaltschaft zu denunciren. Der als Interessent bei dem Verfahren anwesende Dichter vertheidigte seine Geisteskinder gegen die ihnen widerfahrene Charakteristik mit dem Aufwande seiner ganzen Beredsamkeit und versicherte, daß weder er noch seine Verleger eine ungünstige Entscheidung für möglich hielten. Aber, wie so manchmal im Rechtsleben, das Unerwartete wurde Ereigniß, denn der Gerichtshof erkannte – indem er im Uebrigen die Denunciation für unbegründet erklärte – auf Unbrauchbarmachung eines der Gedichte. Der Dichter hat durch Rechtsanwalt Paul Jonas hiergegen die Revision einlegen lassen.“ [Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 413, 4.9.1897, Morgen-Ausgabe, S. (5)] gehen, halten wir es für nöthig, ausdrücklich zu erklären, daß wir, indem wir Ihr Interesse für ihn erbitten, selbstverständlich alles Persönliche von ihm ausscheiden.

Es handelt sich um die Thatsache, daß vor kurzem ein deutsches Gericht auf Grund einer Denunziation eines deutschen Schriftstellers in die Lage versetzt worden ist, sich mit einem Erzeugnisse der poetischen Literatur zu befassen. Das denunzirte Werk ist das Gedichtbuch „Weib und Welt“ von Richard Dehmel, der Denunziant ist der Schriftsteller Börries Frh. von Münchhausen in Göttingen. Das Einschreiten des Staatsanwaltes (als Folge jener Denunziation ausdrücklich anerkannt), das UrtheilDas Landgericht I in Berlin verfügte im Zensurprozess gegen Richard Dehmel (siehe oben), sein Gedicht „Venus Consolatrix“ (lat. ‚Venus als Trösterin‘) im beanstandeten Band [vgl. Richard Dehmel: Weib und Welt. Berlin 1896, S. 119-121] sei in den Exemplaren zu schwärzen. 1901 in der zweiten Auflage war das Gedicht mit entsprechendem Vermerk nicht mehr abgedruckt. des Gerichtes (auf Tilgung eines der angeschuldigten Gedichte lautend und einstweilen in Folge der eingelegten Revision nicht rechtskräftig), die Anwendungvon zwei in Zensurprozessen oft maßgeblichen Paragrafen des Reichsstrafgesetzbuches: § 166 (Gotteslästerung) und § 184 (Verbreitung ‚unzüchtiger Schriften‘). der Gotteslästerungs- und Unzuchtsparagraphen auf ein künstlerisches Erzeugniß: alles dies bleibt ebenso außerhalb des Rahmens unserer Umfrage, wie die Person des Denunzianten und der Werth oder Unwerth des denunzirten Buches. Sie beschränkt sich lediglich auf die Thatsache, daß hier die Denunziation als ein Kampfmittel gegen einen antipathiaschen Berufsgenossen angewandt erscheint. In einer Zeit, in der das künstlerische Schaffen ohnehin von vielen Seiten aus unkünstlerischen Gründen niedergehalten und polizeilich bevormundet wird, scheint es uns von Werth zu sein, Stimmen verschiedenster Art darüber zu vernehmen, ob Angeberei auf literarischem Gebiete als erlaubt und ehrenhaft gelten darf. Wir sthenDruckfehler, recte: stehen. nicht an, mit aller Offenheit zu bekennen, daß wir auf einmüthige Brandmarkung einer solchen Handlungsweise hoffen, und wir erblicken den praktischen Zweck dieser Umfrage darin, daß die übereinstimmende Verwerfung des Denunziantenthums in Kunstdingen dazu beitragen werde, alle die davon abzuschrecken, die etwa gleicher Gesinnung wie der genannte Herr sein sollten. Auch für diesen selber wird es, glauben wir, nur eine wohlverdiente Zurechtweisung sein, wenn er erfährt, wie eine solche Handlungsweise von den verschiedensten Vertretern des schöpferischen Schriftthums jeden Alters in Deutschland beurtheilt wird. Der Umstand, daß es den Anschein haben könnte, als würde ihm, dem noch sehr jungen und unbekannten Manne, dadurch eine unverhältnißmäßige Bedeutung beigelegt, kann uns von unserem Schritte nicht abhalten, die wir, selbst noch zu den Jüngeren gehörend, es mit besonderer Beschämung empfinden, daß eine Angriffsart, die auch zu den Zeiten des heftigsten KampfesAnspielung auf die Auseinandersetzungen im literarischen Feld der 1880er Jahre, als Vertreter der frühen Moderne (die sogenannten ‚Jüngsten‘) sich gegen in der Gründerzeit etablierte literarische Konventionen stellten. zwischen den sogenannten Alten und Jungen stets verschmäht worden ist, nun von einem geübt wird, der mit zur dichtenden Jugend gehören will. Daß es sich in dem vorliegenden Falle wirklich um ein Hinübertragen ästhetischer Gegensätze auf forensischesgerichtliches. Gebiet handelt, geht aus dem Umstand hervor, daß die Denunziation unter Einsendung einer von dem Denunzianten verfaßten feindseligen und theilweise ehrenrührigen Kritik des denunzirten Buches geschehen ist.

Wir formuliren unsere Umfrage, deren Beantwortung wir unter Abdruck dieses Briefes in einer Zeitung von Rang veröffentlichen werden, wie folgt:

Welches ist Ihrer Meinung über die gerichtliche Denunziation in Kunstdingen überhaupt und besonders über die Verwerthung als Kampfmittel gegen literarische Standesgenossen?

Indem wir Sie bitten, Ihre uns sehr werthvolle Antwort uns bis spätestens 25. October zukommen zu lassen, zeichnen wir mit ausgezeichneter
Hochachtung
Otto Julius Bierbaum. Julius Meier-Graefe.

Frank Wedekind schrieb am 18. Oktober 1897 in Dresden folgenden Brief
an , Julius Meier-Graefe , Otto Julius Bierbaum , Julius Meier-Graefe , Otto Julius Bierbaum , Julius Meier-Graefe

Ich weiß Ihnen leider nicht viel mehr mitzutheilenWedekind antwortet auf eine Umfrage [vgl. Otto Julius Bierbaum, Julius Meier-Graefe an Wedekind, 13.10.1897]., als einen alten deutschen Spruch, der Ihnen aber wahrscheinlich schon bekannt ist. Meinem Ermessen nach stammt er aus der Zeit der Burschenschafterhetzen‚hetzen‘ im Sinn von ‚jagen‘ (‚Jagd auf Burschenschafter‘); gemeint ist die sogenannte Demagogenverfolgung im Vormärz (restaurative Unterdrückung der Freiheitsbestrebungen der Burschenschaften nach den Karlsbader Beschlüssen von 1819 bis in die 1830er und 1840er Jahre). und lautet:


Der ärgste SchuftZitat – zuerst unter Nr. 17 der Abteilung „Sprüche“ in Heinrich Hoffmann von Fallerslebens Sammlung „Politische Gedichte aus der Vorzeit Deutschlands“ (1843) – und geflügeltes Wort. Wedekind hat es in der Vorrede zu „Oaha“ (1909) nochmals aufgegriffen: „Wie lautet doch das bekannte alte Sprichwort? / Der ärgste Schuft im ganzen Land / Der ist und bleibt der Denunziant.“ [KSA 5/II, S. 315] im ganzen Land,
Der ist und bleibt der Denunziant!“


Dresden, Walpurgisstraße 14 II. Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 22. Oktober 1897 in Dresden folgende Widmung
an Otto Julius Bierbaum

Herrn Otto Julius Bierbaum mit den herzlichsten Grüßen. Dresden, Oct. 97Wedekind hat am 22.10.1897 das Erscheinen seiner Komödie „Die junge Welt“ erwartet [vgl. Wedekind an Hans Richard Weinhöppel, 8.10.1897], die wenige Tage später als erschienen angezeigt war [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 248, 25.10.1897, S. 7743].. Frank Wedekind.


Der UmschlagWedekinds Komödie „Die junge Welt“ im Verlag W. Pauli’s Nachfolger (H. Jerosch) in Berlin (Göbenstraße 6) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1898, Teil I, S. 987] ist in der „Ende Oktober 1897“ datierten Ankündigung („Im November erscheint:“) mit dem Hinweis versehen: „Illustrierter Umschlag von Hans Mützel.“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 248, 25.10.1897, S. 7761] Der Name des Illustrators Hans Mützel ist auf dem Umschlag unten über dem Verlagsnamen in die Umschlagzeichnung integriert (eine plastisch modelliert wirkende Rahmung, die figurativ oben links von Efeu und Schlangen umrankt den Kopf eines Satyrs und eine düstere Maske mit weit aufgerissenen Augen zeigt). ist noch nicht gedruckt.


[Hinweis zum Zitat in Ottmar Schönhuth Nachfolger (Stobbe, Dultz & Co.): Katalog 31 (1911), Nr. 1330:]


Wedekind, F. [...] Die junge Welt. Komödie. Berlin, bei W. Pauli’s Nachf., 1897. [...]

Einer der allerersten Drucke der sehr seltenen ersten Ausgabe mit der handschriftlichen Widmung: [...]

Frank Wedekind schrieb am 28. August 1898 in München folgenden Brief
an Otto Julius Bierbaum

München, Türkenstraße 69. IIWedekind war seit dem 14.7.1898 wieder unter der früheren Adresse in München (Türkenstraße 69, 2. Stock) gemeldet [vgl. EWK/PMB Wedekind].. – 28. August 1898.


Lieber Herr Bierbaum,

Ihre VerlegerRichard Schuster und Ludwig Loeffler, Inhaber des Verlags Schuster & Loeffler in Berlin (Luckenwalderstraße 1) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1899, Teil I, S. 1382], der Ende 1895 gegründet wurde [vgl. Kuhbandner 2008, S. 138] und 1896 den Münchner Verlag Dr. E. Albert & Co. übernommen hatte [vgl. Kuhbandner 2008, S. 291], in dem 1892 und 1893 die beiden zustande gekommenen Bände des von Otto Julius Bierbaum herausgegebenen „Modernen Musen-Almanach“ herausgekommen sind (im zweiten Band Wedekinds Fragment „Elin’s Erweckung). Otto Julius Bierbaums Werke erschienen inzwischen bei dem Verlag Schuster & Loeffler, bei dem später die beiden ersten Jahrgänge (1899 und 1900) der Zeitschrift „Die Insel“ (mitherausgegeben von Otto Julius Bierbaum) in Kommission verlegte waren [vgl. Kuhbandner 2008, S. 125]., die Herren Schuster und Löffler wollen mich wegen eineSchreibversehen, statt: einer. zwei Jahre alten Schuld1896 hatte Wedekind offenbar von Schuster & Loeffler 100 Mark für seine dann in dem Sammelband „Die Fürstin Russalka“ (1897) im Albert Langen Verlag erschienenen Erzählungen erhalten und als Pfand ein „Mine-Haha“-Manuskript hinterlegt (siehe unten). von Mk. 100 verklagenHinweis auf die Klageandrohung durch den Berliner Rechtsanwalt Paul Jonas (siehe unten)., wenn sie es nicht schon gethan haben. In einem ausführlichen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Schuster & Loeffler (Verlag), 25.8.1898. suchte ich den Herren klar zu machen, daß ein solchen Vorgehen in diesem Moment I ihnen eventuell wenig Nutzen, mir dagegen unverhältnißmäßig großen Schaden bringen kann. Außer meinem Schuldschein haben die Herren ein allerdings unvollendetes RomanmanuscriptWedekinds Romanfragment „Mine-Haha“ [KSA 5/I, S. 839-883], das als Vorabdruck dann in drei Folgen von April bis Juni 1901 in der von Schuster & Loeffler in Kommission verlegten Zeitschrift „Die Insel“ (herausgegeben von Otto Julius Bierbaum, Alfred Walter Heymel und Rudolf Alexander Schröder) erschien [vgl. KSA 1/I, S. 1061]. Der „Insel“-Mitherausgeber Rudolf Alexander Schröder erinnerte sich später [vgl. KSA 5/I, S. 1055] an einen Besuch bei den Verlegern: „man saß zu dritt im Berliner Büro von Schuster und Loeffler, den Verlegern Bierbaums, Liliencrons und Dehmels, die auch unsern Verlag betreuen sollten [...]. Ich erinnere mich noch des Augenblicks, in dem einer der beiden Herren uns aus einem Geldschrank das Fragment der ‚Mine-Haha‘ von Frank Wedekind hervorlangte, das als Pfand für eine Schuld dort aufbewahrt lag“ [Rudolf Alexander Schröder: Aus Kindheit und Jugend. Erinnerungen und Erzählungen. Hamburg 1935, S. 176]. von mir in einziger Abschrift in Händen, daßSchreibversehen, statt: das. ich um keinen Preis der Welt verloren geben möchte | und welches einzulösen ich nur den ersten günstigen Moment abwarte. Ich habe seit zwei Jahren selten oder nie mehr als 50 Mk auf einmal in Händen gehabt und ein Blick auf mein Äußeres genügt jedem vernünftigen Menschen um mir das anzusehen. Nun bin ich aber wie Sie wissen im Begriff meine Dramen zu verwerthen und kann über kurz oder lang wirklich größere Einkünfte erzielen. Das alles schrieb ich den Herrenin dem nicht überlieferten Brief an Schuster & Loeffler (siehe oben). und erhielt eine Antwortnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Schuster & Löffler (Verlag) an Wedekind, 26.8.1898. in verächtlichstem Ton darauf, daß meine Dramen und meine Schauspielerei IhnenSchreibversehen, statt: ihnen. vollkommen Wurst seien e. ct. e. ct. Die Herren haben mir die Mk. 100 seinerzeit auf die Novellen in der Fürstin RussalkaWedekinds offenbar zunächst für eine Veröffentlichung bei Schuster & Löffler in Berlin vorgesehene acht Erzählungen, die dann unter dem Titel „Seelenergüsse“ im Sammelband „Die Fürstin Russalka“ (1897) im Albert Langen Verlag in München erschienen sind [vgl. KSA 5/I, S. 600-602, 604]. gegeben, wollten dieselben aber nachdem sie erfahren daß ich mit Langen im Streit | lag nicht drucken um ihr gutes Einvernehmen mit Langen nicht zu trüben. Ich haben Ihnen seither alles was ich geschrieben zur Einsicht vorgelegt ohne daß etwas ihre Billigung gefunden. Vor wenigen Tagen erhalte ich nun unter Androhung der Klage einen Zahlungsbefehlnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Paul Jonas an Wedekind, 23.8.1898. Paul Jonas in Berlin (Steglitzer Straße 66) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1898, Teil I, S. 581] war als Rechtsanwalt für Schuster & Loeffler tätig [vgl. Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Jg. 39, Nr. 69, 23.3.1900, S. 5]. von ihrem Advocaten Jonas in Berlin. Es erinnert mich das vollkommen an die Geschichte von dem Pfundzeichen (1 Pfund = ½ Kilo). Fleisch das Shilock dem AntonioAnspielung auf den Preis des Darlehens, das der Geldverleiher Shylock dem Kaufmann Antonio in William Shakespeares Drama „Der Kaufmann von Venedig“ („The Merchant of Venice“) gewährt; werde es nicht rechtzeitig zurückgezahlt, dürfe der Gläubiger dem Schuldner ein Stück Fleisch aus dessen Körper herausschneiden: „Laßt uns ein volles Pfund von Eurem Fleisch / Zur Buße setzen, das ich schneiden dürfe / Aus welchem Teil von Eurem Leib ich will.“ (Shylock zu Antonio, Szene I/8) aus den Rippen schneiden will, denn bei dem Stand meiner Habe ist eine PfändungWortspiel in Anknüpfung auf die vorangehende Shakespeare-Anspielung (siehe oben) durch die Wortähnlichkeit zwischen ‚Pfund‘ und ‚Pfand‘ (das bei Schuster & Loeffler hinterlegte Manuskript von „Mine-Haha“). bei mir für die Herren absolut aussichtslos, wogegen mir der Skandal meine ganze Position hier in MünchenWedekind war seit dem 21.8.1898 als Dramaturg und Schauspieler am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) engagiert [vgl. Wedekind an Beate Heine, 25.8.1898]. wieder ruiniren kann. Insofern ist es thatsächlich ein lebendiges Stück Fleisch, was man mir aus den Rippen schneiden will.

Ich glaube nichts Unpassendes zu thun, wenn | ich Sie bitte, lieber Herr Bierbaum, Ihren Einfluß bei den Herren zu meinen Gunsten geltend zu machen. Vor einigen Tagen erhielt ich eine Anfragenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wilhelm Rocholl an Wedekind, 19.8.1898. Der Autor ist ungesichert, war aber wohl ein für Schuster & Loeffler tätiger Rechtsanwalt in Bonn (siehe unten). von IhremSchreibversehen, statt: ihrem. Rechtsanwalt in Bonnmöglicherweise der Rechtsanwalt Wilhelm Rocholl in Bonn (Meckenheimerstraße 59) [vgl. Adress-Buch der Stadt Bonn 1898, S. 214], der in Verbindung mit dem Verlag Schuster & Löffler gestanden haben könnte, welcher die Werke von Detlev von Liliencron und Richard Dehmel verlegte. Detlev von Liliencron schrieb über ihn am 3.1.1897 an Richard Dehmel: „Herrn Rechtsanwalt W. Rocholl in Bonn. Er ist der größte Kenner und Liebhaber der neusten deutschen Litteratur.“ [Detlev von Liliencron: Ausgewählte Briefe. Hg. von Richard Dehmel. Bd. 2. Berlin 1910, S. 84] Wilhelm Rocholl war der Mitteilung des Amtsgerichts Bonn zufolge ab dem 29.9.1898 dort nicht mehr als Rechtsanwalt tätig: „Der zur Rechtsanwaltschaft bei dem hiesigen Amtsgerichte zugelassene Rechtsanwalt Rocholl in Bonn ist heute in der Rechtsanwaltsliste des Amtsgerichts auf seinen Antrag gelöscht.“ [Deutscher Reichs-Anzeiger, Nr. 234, 3.10.1898, abends, 4. Beilage, S. (3) S. (17)] Er zog von Bonn nach Dortmund, wo er im Alter von 37 Jahren an Influenza starb., die ich ebenfalls sofort nach Empfang meinem besten Wissen entsprechend beantworteteHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Wilhelm Rocholl, 20.8.1898. Der Empfänger ist ungesichert, war aber wohl ein für Schuster & Loeffler tätiger Rechtsanwalt in Bonn (siehe oben).. Was mich an der Sache am meisten ärgert ist das Unlogische, das Widersinnige in dem Vorgehen der Herren. Ich habe Schuldner Gläubiger in ziemlicher Anzahl, meistens weniger gut situirt als die Herren Schuster und Löffler, die aber sämmtlich ruhig abwarten in der einfachen Erwägung, daß es der schlechteste Weg ist zu ihrem Gelde zu kommen, wenn sie mich/r/ jetzt gerade wo ich die erste Sprosse erklommen, mit ihren Forderungen den weiteren Aufstieg erschweren oder unmöglich machen. Die Mahnung der Herren Schuster und Löffler ist thatsächlich die erste und einzige, die ich überhaupt in diesem Leben erhalten. Mit den herzlichsten Grüßen an Ihre verehrte Frau GemahlinAugusta Bierbaum (geb. Rathgeber), Otto Julius Bierbaums erste Ehefrau, die mit ihm auf Schloss Englar in Eppan bei Bozen lebte. und Sie Ihr ergebener Frank Wedekind.


WeinhöppelHans Richard Weinhöppel, Kapellmeister und Gesangspädagoge in München (Corneliusstraße 4, 1. Stock) [vgl. Adreßbuch von München auf das Jahr 1899, Teil II, S. 113], der Wedekinds Bekanntschaft „im Hochsommer 1890 in einem Münchner Bierkeller“ [Hans Richard Weinhöppel: Erinnerungen an Frank Wedekind. In: Kölnische Zeitung, Nr. 179, 31.3.1931, Abend-Ausgabe, Unterhaltungsblatt, S. (1)] gemacht hatte, seit der gemeinsamen Zeit 1892 in Paris mit ihm befreundet war [vgl. Tb] und nach einigen Jahren in New Orleans „Ende 1896 wieder in München auftauchte“ [Halbe 1935, S. 314], eher im Sommer 1896, war mit Wedekind seitdem wieder in engem Kontakt. und seine Freundin MizziMizzi Ledermann, jene „Freundin Weinhöppels mit dem Namen Mizzi“ [KSA 4, S. 661], der Wedekind im Vorjahr Grüße ausgerichtet hat [vgl. Wedekind an Hans Richard Weinhöppel, 1.4.1897]. Wedekind hat in seinem Entwurf „Schema eines Dramas“ (1897) die Beziehung zwischen den Figuren „R.W.“ (= Richard Weinhöppel) und „M.L.“ (= Mizzi Ledermann) skizziert: „R.W. und M.L. – M.L. treibt die Künstlerschaft bis zur Hurerei.“ [KSA 4, S. 305] „R.W. und M.L. – R.W. hält um M.L.’s Hand an.“ [KSA 4, S. 306] bitten mich, Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin die besten Grüße zu melden.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 1. September 1898 in Eppan folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Julius Bierbaum vom 2.9.1898 aus München:]


[...] herzlichen Dank für Ihre freundlichen Bemühungen.

Frank Wedekind schrieb am 2. September 1898 in München folgenden Brief
an Otto Julius Bierbaum

Münchner Schauspielhaus.
J. Georg Stollberg


Telefonruf 1274.
München, den 2. September 1898.
Neuturmstrasse 1.


Lieber Herr Bierbaum,

herzlichen Dank für Ihre freundlichen BemühungenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 1.9.1898.. Es ist bis heute auch noch keine Klage erfolgtOtto Julius Bierbaums Verlag Schuster & Loeffler in Berlin hatte Wedekind über den Rechtsanwalt Paul Jonas eine Klage angedroht [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 28.8.1898]. obschon der Termin läng abgelaufen. Ich freue mich Ihnen zugleich die Nachricht melden zu können, daß ich von heute an mit der allerdings bescheidenen Gage von Mk. 150 pro Monat als Dramaturg und Schauspieler am Münchner Schauspielhaus engagirtWedekind war seit dem 21.8.1898 als Dramaturg und Schauspieler am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) engagiert [vgl. Wedekind an Beate Heine, 25.8.1898], außerdem als Sekretär [vgl. Neuer Theater-Almanach 1899, S. 443], ein Engagement, das dem vorliegenden Brief zufolge am 2.9.1898 begann (und mit seiner Flucht infolge des Haftbefehls wegen Majestätsbeleidigung im „Simplicissimus“ knapp 2 Monate später endete). bin. Richard Weinhöppel versieht wie früher am Deutschen TheaterEin Engagement von Hans Richard Weinhöppel am Deutschen Theater in der Schwanthaler-Passage zu München unter der Direktion von Emil Meßthaler, eröffnet am 26.9.1896 und ein Jahr darauf zwangsversteigert (Wedekind hat das Geschehen im „Marquis von Keith“ verarbeitet), ist nicht belegt. die Stelle eines CapellmeistersWedekinds Freund Hans Richard Weinhöppel ist zwar als Kapellmeister und Gesangspädagoge in München (Corneliusstraße 4, 1. Stock) [vgl. Adreßbuch von München auf das Jahr 1899, Teil II, S. 113] verzeichnet, nicht aber als Kapellmeister am Münchner Schauspielhaus., allerdings vorläufig noch ohne Capelle.

Herzliche Grüße an Ihre verehrte Frau Gemahlin und Sie

Ihr ganz ergebener
Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 14. September 1900 in München folgenden Brief
an Otto Julius Bierbaum

Lieber Herr Bierbaum,

ich stecke noch bis ans Kinn in meinen EinrichtungsgeschäftenWedekind war noch immer mit der Einrichtung seiner Wohnung in München (Franz Josephstraße 42, 2. Stock) beschäftigt. sonst wäre ich in den letzten Tagen zu Ihnen hinausOtto Julius Bierbaum wohnte in München (Gernerstraße 4, 1. Stock) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1901, Teil I, S. 50] etwas abseits vom Stadtzentrum in Nymphenburg. gekommen. Darf ich mich bei Ihnen auf übermorgen, Sonntag zum Essen einladen? Meine erste GuitarrenlectionWedekind sollte Otto Julius Bierbaums Cousine (siehe unten) offenbar Gitarrenunterricht geben. könnte sich unmittelbar daran anschließen. | Die übrigen Lectionen würden dann rascher folgen. Wenn ich keine weitere Nachricht von Ihnen erhalte, stelle ich mich Sonntag um 1 Uhram 16.9.1900 um 13 Uhr. auf alle Gefahr hin bei Ihnen ein. Wenn es Ihnen nicht paßt, schreiben Sie mir vielleicht zwei Worte. Wollen Sie Ihrer verehrten Fräulein Cousinevermutlich Dora Siegert, aus der Familie von Otto Julius Bierbaums Mutter Henriette Bierbaum (geb. Siegert) stammend, der die Gedichte „Das Mädchen am Teiche singt“ („Meiner lieben Base Dora Siegert zugeeignet“) und „Mit der Gugeline“ („An meine Base Dora Siegert“) gewidmet sind [vgl. Otto Julius Bierbaum: Irrgarten der Liebe. Verliebte, launenhafte und moralische Lieder, Gedichte und Sprüche aus den Jahren 1885 bis 1900. Berlin, Leipzig 1901, S. 17, 415]. meine ergebenste Empfehlung ausrichten und mich der stattgehabten Verzögerung wegen bei der Dame zu entschuldigen suchen. |

Mit herzlichen Grüßen
Ganz der Ihrige
Frank Wedekind.


14.IX.1900.

Frank Wedekind schrieb am 7. August 1901 in München folgenden Brief
an Otto Julius Bierbaum

München, den 7. August. 1901.


Lieber Herr Bierbaum,

mit gleicher PostHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Manuskriptsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 7.8.1901. übersende ich Ihnen in Ihre SommerfrischeOtto Julius Bierbaum verbrachte den Sommer an wechselnden Orten in der Schweiz; so hielt er sich einem Brief an Gemma Pruneti-Lotti zufolge am 10.8.1901 gerade am Rigi in der Zentralschweiz auf [vgl. Otto Julius Bierbaum: Briefe an Gemma. München 1921, S. 19], wohin Wedekind vermutlich geschrieben hat und von dort auch Antwort erhielt [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 19.8.1901]. das druckfertige ManuscriptWedekind hat sein Lied „Ilse“ [KSA 1/III, S. 45f.], das 1901 „auf umfangreichen Repertoirelisten Wedekinds“ [KSA 1/IV, S. 911] zur Vorbereitung der Tournee der Elf Scharfrichter (siehe unten) auftaucht und durch den Vortrag von Marya Delvard seit der Eröffnungsvorstellung der Elf Scharfrichter am 13.4.1901 erfolgreich war [vgl. KSA 1/IV, S. 913], Otto Julius Bierbaum für eine Publikation im Insel-Verlag (siehe unten) angeboten. Ein Manuskript ist überliefert in einer „Reinschrift aller drei Strophen des Liedes im 6/4-Takt und in der Tonart D-Dur“ [KSA 1/IV, S. 905], deren „äußere Gestaltung [...] auf ein Publikationsvorhaben“ [KSA 1/IV, S. 906] vermutlich im Insel-Verlag schließen lässt, außerdem in einer weiteren „Reinschrift aller drei Strophen [...] in der Tonart D-Dur und im 3/4-Takt; sie überliefert zudem eine auskomponierte Klavierbegleitung“, was „die Vermutung erhärtet, daß es sich um die Druckvorlage für das geplante, aber nicht realisierte Publikationsvorhaben im Insel-Verlag handeln könnte.“ [KSA 1/IV, S. 906] Das Lied ist im Erstdruck noch 1901 unter dem Titel „Ilse. Text und Musik von Frank Wedekind“ in der Sammlung „Brettl-Lieder von Frank Wedekind“ (Nr. 1) im Harmonie-Verlag in Berlin erschienen [vgl. KSA 1/IV, S. 906]; weitere vier Lieder (Nr. 2: „Brigitte B.“, Nr. 3: „Das Goldstück“, Nr. 4: „Die Sieben Heller“, Nr. 5: „Mein Lieschen“) wurden dort gleichzeitig publiziert. der „Ilse“. und zwar 4 Blätter, für zwei Ausgaben bestimmt, je zwei FürSchreibversehen, statt: für. höhere und für tiefere Stimme, das eine Blatt mit Guitarren- das andere mit Klavierbegleitung. Für die absolute Richtigkeit der Niederschrift garantiert die Redaction Weinhöppels, der mir auch gerne | bei der Correctur behülflich sein will. Ich würde Ihnen nun mit Leichtigkeit alle 8 oder 10 Tage ein derartiges Manuscript liefern können – vorausgesetzt, daß ich Ihnen damit nicht ungelegen komme, daß Sie noch die Absicht haben, meine Lieder im InselverlagDer am 1.10.1901 mit Rudolf von Poellnitz als Geschäftsführer gegründete Insel-Verlag in Leipzig (Lindenstraße 20) [vgl. Leipziger Adreß-Buch für 1902, Teil I, S. 459] ging aus der von Otto Julius Bierbaum, Alfred Walter Heymel und Rudolf Alexander Schröder herausgegebenen bibliophilen Monatsschrift „Die Insel“ hervor. Wedekind hatte wohl für diesen demnächst existierenden Verlag eine handschriftliche Sammlung „Brettl Lieder von Wedekind“ angelegt, wobei die „Anlage der Sammlung zur Vorbereitung für den Druck der Lieder“ diente, wie „die Korrespondenz Wedekinds [...] mit Otto Julius Bierbaum“ nahelegt, „mit dem er über Publikationsmöglichkeiten von Liedern im Insel-Verlag sich austauschte [...]. Zu den für den sofortigen Druck angebotenen Liedern gehörten ‚Ilse‘ und ‚Gethsemane‘ (‚Das Opfer‘). Die Drucklegung der Lieder im Insel-Verlag kam allerdings nicht zustande.“ [KSA 1/IV, S. 318] erscheinen zu lassen. Sollten sich Ihre Dispositionen geändert haben, so seien Sie überzeugt, daß ich Ihnen das im Anbetracht der Veränderung aller irdischen Dinge nicht übel nehmen würde. Ich muß das um so mehr betonen, da ich genötigt bin, an die Herausgabe der Lieder eine Bedingung zu knüpfen. Ich habe im Laufe dieses Sommers zwei schwere pekuniäre Rückschläge | erlitten. Der eine war der Ausfall der AufführungEmil Meßthaler, der vom 15.6.1901 bis 15.8.1901 als Direktor am Neuen Theater in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 461] gastierte, hatte dort die Uraufführung des „Marquis von Keith“ geplant, das Vorhaben aber schließlich nicht realisiert. meines Marquis von Keith in Berlin; der andere war der gänzliche pekuniäre Mißerfolg der Scharfrichter-TournéeWedekind war gerade von der Tournee der Elf Scharfrichter vom 19.7.1901 bis 3.8.1901 zurück, die in Cannstatt bei Stuttgart begonnen hatte (vom 20. bis 24.7.1901 im Wilhelma-Theater) [vgl. Cannstatter Zeitung, Jg. 61, Nr. 171, 24.7.1901, 1. Blatt, S. 3], dann nach Darmstadt führte (vom 26. bis 30.7.1901 im Spielhaus der Künstlerkolonie) [vgl. Darmstädter Zeitung, Jg. 125, Nr. 348, 27.7.1901, Nachmittags-Blatt, S. 1497; Nr. 350, 29.7.1901, Nachmittags-Blatt, S. 1506], anschließend nach Kreuznach (heute: Bad Kreuznach, am 31.7.1901 im Kurtheater) [vgl. KSA 1/IV, S. 1269] und zuletzt in den mondänen Badeort Ems (heute: Bad Ems); finanziell war die Tournee des Ensembles, dessen Mitglied Wedekind war, offenbar weniger erfolgreich gewesen, als erhofft., die mit einem Deficit für jeden der Theilnehmer endete. Auf Anfang Oktober habe ich ein sehr vortheilhaftes EngagementWedekind hatte mit José Ferenczy, Direktor des Central-Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1902, S. 255], der ein literarisches Kabarett plante, das Martin Zickel initiiert hatte [vgl. Wedekind an Martin Zickel, 20.5.1901], einen Vertrag für das Kabarett-Projekt im Herbst geschlossen, den er dann bald zu lösen suchte [vgl. Wedekind an Martin Zickel, 21.9.1901]. Er wurde vertragsbrüchig und trat das Engagement nicht an. mit dem Central-Theater in Berlin abgeschlossen, aber momentan bin ich in Folge obiger Ereignisse aller Mittel entblößt. Ich halte es deshalb nicht für unbillig wenn ich an die Herausgabe meiner – wenigstens der bekannteren – Lieder dieselbe Bedingung knüpfe, die Weinhöppel mit seinem Verlegerwohl Wilhelm Salzer, Musikalienverleger in Leipzig (Verlagsadresse: Querstraße 13) [vgl. Leipziger Adreß-Buch für 1902, Teil I, S. 888], der Lieder von Hans Richard Weinhöppel, unter dem Pseudonym Hannes Ruch Hauskomponist und musikalischer Leiter der Elf Scharfrichter, im neu gegründeten Scharfrichter-Verlag in München verlegte, allerdings erst im Jahr darauf. 1901 waren noch „keine Kompositionen aus dem Repertoire der ‚Elf Scharfrichter‘ im gleichnamigen Verlag erschienen. Im April 1902 übernahm der Leipziger Musikverleger Wilhelm Salzer die Leitung der ‚Elf Scharfrichter‘ von Marc Henry und leitete damit vermutlich die Publikationen des Scharfrichter-Verlages ein. Im Herbst 1902 übernahm der Verleger Friedrich Hofmeister den Scharfrichter-Verlag von Salzer in Kommission. Im Oktober 1902 eröffneten die ‚Kompositionen von Hannes Ruch‘ das Verlagsprogramm im Scharfrichter-Verlag, der überwiegend Werke der Mitglieder der ‚Elf Scharfrichter‘ verlegte. Gedruckt lagen die ‚Balladen von Frank Wedekind‘, vier Lieder in Separatdrucken gleicher Aufmachung, spätestens im Frühjahr 1903 im Scharfrichter-Verlag vor“ [KSA 1/III, S. 332]. hat, und die mir vielleicht auch ein anderer | Musikverlag zugestehen würde, nämlich 100 Mark Vorschuß bei Ablieferung eines jeden Manuscriptes. Sollte diese Bedingung momentan Ihre Kräfte übersteigen, so brauchte sie ja vielleicht nur für die nächsten 4 oder 5 Lieder eingehalten zu werden. Aber augenblicklich ist die Not bei mir wirklich groß, so daß ich ohne sofortigen Ertrag nicht gut arbeiten kann. Anderseits sag ich mir, daß jetzt gerade der günstigste Augenblick zur Herausgabe der Lieder ist, da sie dann bei Beginn der SaisonDie Presse hatte den Beginn der nächsten Saison der Elf Scharfrichter für den 1.10.1901 angekündigt: „Wie bereits berichtet, beginnt die Wintersaison der Scharfrichter am 1. Oktober.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 328, 18.7.1901, Vorabendblatt, S. 2] sofort auf den Markt geworfen werden können. Übrigens würde Ihnen das eine, im Text noch nicht gedruckte LiedWedekinds hier „Gethsemane“ betiteltes Lied „Das Opfer“ [KSA 1/III, S. 276] (späterer Titel: „Mein Mädel“), das er Otto Julius Bierbaum wie sein Lied „Ilse“ (siehe oben) für eine Publikation im Insel-Verlag einzureichen anbot. „Ein Druck des Liedes durch die ‚Insel‘ kam [...] nicht zustande.“ [KSA 1/IV, S. 548f.] Es ist mit Noten in vier handschriftlichen Fassungen erhalten [vgl. KSA 1/IV, S. 549-551]Gethsemane“ mit der Musik natürlich auch für | die „Insel“ zur Verfügung stehen.

Bei alledem vergesse ich keineswegs die M. 500, die ich von Herrn Heymel als VorschußWedekind hat von Alfred Walter Heymel, Mitherausgeber der Zeitschrift „Die Insel“, aus welcher der Insel-Verlag hervorging, dessen Gesellschafter er war (vom Stammkapital von 70.000 Mark hielt er 50.000 Mark) [vgl. Kuhbandner 2008, S. 169], bereits früher Vorschüsse für den Vorabdruck des „Marquis von Keith“ in der „Insel“ entgegengenommen [vgl. Wedekind an Alfred Walter Heymel, 23.2.1900 und 7.4.1900] und nun offenbar 500 Mark an Vorschusshonorar für einen Neudruck von „Frühlings Erwachen“ (siehe unten) erhalten, das dann von dessen Rechtsanwalt zurückgefordert wurde [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 19.8.1901]. auf „Frühlings-Erwachen“ erhalten habe. Ein druckfertiges, derart revidiertes Exemplar von Fr. Erw., daß ein Conflict mit der Behörde thunlichst ausgeschlossen wäre, kann ich Ihnen jederzeit in wenigen Tagen herstellen. Ich möchte mich aber auch hierin durchaus auf den Standpunkt der Billigkeit stellen. Wenn Ihnen oder Herrn Heymel die Herausgabe des BuchesEine Neuauflage von „Frühlings Erwachen“ (1891 Erstausgabe bei Jean Groß in Zürich, 2. Auflage 1894 bei Caesar Schmidt) im Insel-Verlag kam nicht zustande; eine 3. Auflage erschien erst 1903 im Albert Langen Verlag in München [vgl. KSA 2, S. 772]. augenblicklich nicht gelegen wäre, dann würde ich mich | gerne gedulden und wir könnte die M. 500 bei Inselhonoraren oder später bei dem Ertrag meiner Lieder in Verrechnung bringen.

Ich fürchte lieber Herr Bierbaum, daß Ihnen diese geschäftlichen Erörterungen in Ihrer Weltabgeschiedenheit nicht sehr gelegen kommen. Ich würde mich auch scheuen, Sie damit zu behelligen, wenn mich die Verhältnisse nicht augenblicklich dazu nötigten. Darf ich Sie um eine baldige Antwort bitten?

Mit den herzlichsten Grüßen und den besten Wünschen für Ihr Wohlergehen

Ihr
Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 7. August 1901 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Julius Bierbaum vom 7.8.1901 aus München:]


[...] mit gleicher Post übersende ich Ihnen [...] das druckfertige Manuscript der „Ilse“ [...]

Otto Julius Bierbaum schrieb am 13. August 1901 in Rigi folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Julius Bierbaum vom 15.8.1901 aus München:]


Soeben erhalte ich die Nachricht von Ihrer Verlobung.

Frank Wedekind schrieb am 15. August 1901 in München folgenden Brief
an Otto Julius Bierbaum

FRANK WEDEKIND.


Lieber Herr Bierbaum!

Soeben erhalte ich die Nachricht von Ihrer Verlobungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 13.8.1901. Otto Julius Bierbaum hatte einige Tage zuvor das Einverständnis der Familie von Gemma Pruneti-Lotti mit der Verlobung erhalten und seiner Verlobten am 10.8.1901 aus Rigi geschrieben: „Eben erhalte ich die gute Botschaft, daß Deine Brüder einverstanden sind. [...] Nun wollen wir also alles so schnell als möglich betreiben, denn ich sehne mich mit ganzer Inbrunst danach, mit Dir vereinigt zu werden.“ [Otto Julius Bierbaum: Briefe an Gemma. München 1921, S. 19] Er dürfte Wedekind bald darauf darüber informiert haben. Wedekind könnte von der Verlobung aber auch durch seinen Besuch bei Alfred Walter Heymel (siehe unten) erfahren haben oder aus der Presse: „Otto Julius Bierbaum, dessen Familienglück vor einiger Zeit eine kleine Trübung erlitten hat, heirathet wieder. Er hat sich neuerdings mit einer jungen Florentinerin in Zürich [...] verlobt.“ [Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 379, 15.8.1901, Morgen-Ausgabe, S. 5] Später erst wurde der Name der Verlobten genannt: „Otto Julius Bierbaum zeigt jetzt seine Verlobung mit Frl. Gemma Pruneti-Lotti in Florenz an. Der Dichter befindet sich gegenwärtig auf Rigi-First.“ [Hamburger Fremden-Blatt, Jg. 73, Nr. 197, 23.8.1901, 1. Beilage, S. (2)] „Otto Julius Bierbaum hat sich vor Kurzem mit einer Florentinerin, Fräulein Gemma Pruneti-Lotti verlobt.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 30, Nr. 432, 26.8.1901, Abend-Ausgabe, S. (3)] Das Paar heiratete am 25.11.1901 in München.. Ich sende Ihnen meine aufrichtigsten und herzlichen Glückwünsche. Ich freue mich sehr auf den Moment wo es mir vergönnt sein wird, die Dame Ihrer Wahl kennen | zu lernen, und bitte Sie, der Dame jetzt schon den Ausdruck meiner Hochschätzung und Verehrung zu Füßen zu legen. Durch die Wahl, die die Dame getroffen ist sie deren in vollstem Maße theilhaftig; wollen Sie bitte auch Ihrer Braut meine aufrichtige Gratulation übermitteln.

So unpassend es sein mag, an dieser Stelle Geschäftliches zu berühren, E/e/rlauben Sie mir doch die Mittheilung daß | ich heute Nachmittag eingehend mit Herrn Heymel gesprochenWedekind sprach mit Alfred Walter Heymel über einen möglichen Band mit Wedekinds Liedern im Insel-Verlag [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 7.8.1901], der nicht zustande kam. habe. Leider kann er sich zur Herausgabe der Lieder nicht entschließen aus Gründen die ich vollkommen anerkennen muß. Im übrigen hat er mir auf das liebenswürdigste aus der Verlegenheit geholfen. Ich muß Sie nun nur um das eine bitten, mir die „Ilsedas im Manuskript versandte Lied „Ilse“ [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 7.8.1901]. möglichst bald zurückzuschicken, da ich nächster Tage nach Berlin geheWedekind dürfte zur Premiere seines Einakters „Der Kammersänger“ am 31.8.1901 am Berliner Residenztheater (Direktion: Sigmund Lautenburg) nach Berlin gereist sein und war nachweislich kurz darauf in der Stadt, auch um sein Gastspiel im Rahmen eines geplanten literarischen Kabaretts im Central-Theater (Direktion: José Ferenczy) vorzubereiten [vgl. Wedekind an Max Halbe, 3.9.1901]; das hatte Martin Zickel initiiert, dem er bereits acht Vortragsnummern geschickt hat [vgl. Wedekind an Martin Zickel, 6.8.1901], „der sie der Berliner Zensurbehörde zur Genehmigung vorlegen sollte.“ [KSA 1/III, S. 463] Das Gastspiel, bei dem er seine Lieder zum Vortrag bringen sollte, darunter „Ilse“ (siehe oben), ein Lied, das er Martin Zickel in einer Fassung bereits geschickt hat [vgl. KSA 1/IV, S. 915], kam nicht zustande. und die Manuscripte | dort dringend nötig haben werde. Verzeihen Sie daß ich mit dieser Bitte Ihre idyllische Sommer-Einsamkeit störe, und seien Sie überzeugt, daß Ihr GlückOtto Julius Bierbaum war zuvor unglücklich gewesen, da seine erste Ehefrau Augusta Bierbaum (geb. Rathgeber) sich von ihm getrennt hatte und nach der Scheidung am 19.12.1899 inzwischen in Berlin mit dem Komponisten Oskar Fried (ein alter Bekannter Wedekinds) verheiratet war. mich mit großer Freude und Genugthuung erfüllt.

Mit den herzlichsten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


Franz Josefstraße 42.II.


Also nicht wahr, Sie vergessen die Manuscripte nicht.

Frank Wedekind schrieb am 17. August 1901 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 19.8.1901 vom Rigi:]


Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie fatal mir Ihretwegen [...] ist.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 19. August 1901 in Rigi folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 19.8.1901 vom Rigi:]


Das Manuskript schicke ich heute an Sie zurück.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 19. August 1901 in Rigi folgenden Brief
an Frank Wedekind

OJB
MÜNCHEN 39
GERNERSTRASSE 4


Rigi-FirstOtto Julius Bierbaum, der den Sommer an wechselnden Orten in der Schweiz verbrachte, hielt sich seit etwa 14 Tagen am Rigi auf; er logierte in einem großen Hotel mitten im Gebirge, dem mit der Rigibahn zu erreichenden „Rigi-First. Bei der Bahnstat. [...] Rigi-First, Kurhotel, elegant, komfort., ruhig u. vortreffl. geführt, für längern Aufenthalt vorzugsweise beliebt, inmitten aller Verkehrspunkte.“ [Iwan von Tschudi: Der Turist in der Schweiz und den Grenzrayons. Reisetaschenbuch. 33. Aufl. Zürich 1895, S. 219] Den Aufenthalt dort meldete auch die Presse: „Otto Julius Bierbaum [...] befindet sich gegenwärtig auf Rigi-First.“ [Hamburger Fremden-Blatt, Jg. 73, Nr. 197, 23.8.1901, 1. Beilage, S. (2)] d.
19.VIII.01.


Lieber Herr Wedekind,

Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie fatal mir IhretwegenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 17.8.1901. Wedekind dürfte sich zu der Handlungsweise des Rechtsanwalts Robert Voigt (siehe unten) geäußert haben., aber auch meinetwegen die HandlungsweiseHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Robert Voigt an Wedekind, 16.8.1901. Der Rechtsanwalt (siehe unten) dürfte den Vorschuss von 500 Mark, den Wedekind von Alfred Walter Heymel für eine mögliche Neuausgabe von „Frühlings Erwachen“ im Insel-Verlag erhalten hatte [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 7.8.1901], zurückgefordert haben. des Heymelschen RechtanwaltesDr. jur. Robert Voigt, Rechtsanwalt und Notar in Bremen (Lübecker Straße 27, Büro: Osterthorstraße 28-29) [vgl. Adreß-Buch der freien Hansestadt Bremen 1901, Teil I, S. 409], Schwager von Rudolf Alexander Schröder (gemeinsam mit Alfred Walter Heymel und Otto Julius Bierbaum Herausgeber der Zeitschrift „Die Insel“) und Rechtsanwalt von Alfred Walter Heymel. „Der Bremer Rechtsanwalt Robert Voigt fungierte bereits im Vorfeld“ der Gründung des Insel-Verlags am 1.10.1901 „als Rechtsberater von Alfred Walter Heymel.“ [Kuhbandner 2008, S. 109] ist. Seien Sie versichert, daß ich keinerlei Schuld | daran habe. Das Manuskript schicke ich heuteHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Manuskriptsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 19.8.1901. Wedekind hatte Otto Julius Bierbaum sein Lied „Ilse“ für eine mögliche Publikation in einem Band mit Liedern von ihm im Insel-Verlag geschickt [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 7.8.1901] und das Manuskript zurückerbeten, als klar war, ein solcher Band werde nicht realisiert [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 15.8.1901]. an Sie zurück.

Mit bestem Gruße
stets Ihr
Otto Julius Bierbaum

Frank Wedekind schrieb am 18. August 1902 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis im Brief von Rudolf von Poellnitz an Wedekind vom 16.8.1902 aus Leipzig:]


Sehr geehrter Herr, wollen Sie sich bezügl. des Honorars für „Die Büchse der Pandora[“] an O. J. Bierbaum wenden!

Otto Julius Bierbaum schrieb am 20. August 1902 in Stein am Rhein folgenden Brief
an Frank Wedekind

OJB
MÜNCHEN 39
GERNERSTRASSE 4Otto Julius Bierbaum nutzte ein altes Briefpapier mit einer früheren Wohnadresse (Gernerstraße 4) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1901, Teil I, S. 50] im Briefkopf; er hat zuletzt zwar in München gewohnt (Wotanstraße 50) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1902, Teil I, S. 52], war eigentlich aber wieder auf dem Schloss in Eppan in Südtirol ansässig oder logierte in wechselnden Orten – wie aktuell in Stein am Rhein in der Schweiz.


Stein am Rhein
d. 20.8.1902


Lieber Herr WedekindOtto Julius Bierbaum antwortet auf eine nicht überlieferte Anfrage; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 18.8.1902. Der Geschäftsführer des Insel-Verlags hatte Wedekind zu dieser Anfrage geraten [vgl. Rudolf von Poellnitz an Wedekind, 16.8.1902], nachdem Wedekind sich bei ihm nach Honorarzahlungen für seine in der Zeitschrift „Die Insel“ abgedruckte Tragödie „Die Büchse der Pandora“ erkundigt hatte [vgl. Wedekind an Rudolf von Poellnitz, 12.8.1902].!

Es ist sehr unrecht von Blei, daß er Ihnen bestimmte VersprechungenDr. phil. Franz Blei, Schriftsteller in München (Arcisstraße 19) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1903, Teil I, S. 59], der während der Abwesenheit Otto Julius Bierbaums die Redaktionsgeschäfte der Zeitschrift „Die Insel“ führte, hatte Wedekind bei Annahme der Tragödie „Die Büchse der Pandora“ für den Vorabdruck im Juli ein im September auszuzahlendes Honorar zugesagt [vgl. Wedekind an Rudolf von Poellnitz, 12.8.1902], dessen Höhe aus Sicht der Verlagsleitung mehr als fraglich war [vgl. Rudolf von Poellnitz an Wedekind, 16.8.1902]. gemacht hat, wo höchstens die Möglichkeit hingestellt werden konnte, daß, wenn etc. Wie heute die Sachen liegen, kann ich Ihnen Bestimmtes nicht sagen, | so gerne ich es möchte. Ich will Erkundigungen einziehen und, je nachdem, wie Sie ausfallen, dafür Sorge tragen, daß Ihnen etwas zukommtOtto Julius Bierbaum konnte eine Auszahlung von 100 Mark an Wedekind erreichen [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 29.8.1902]., und zwar so bald als möglich. Es ist ein Jammer, daß ich nicht mehr thun kann. Denn ich wüßte Niemand, dem ich lieber einem derartigen Gefallen erwiese, als Ihnen.

Es bleibt doch dabei, daß Sie nach Wien übersiedelnZusammenhang nicht ermittelt (über einen Plan Wedekinds, nach Wien überzusiedeln, ist nichts bekannt); vielleicht hat Wedekind angesichts der breiten Debatte über „Münchens Niedergang als Kunststadt“, die ein so betitelter Aufsatz am 14.4.1901 in der Berliner Tageszeitung „Der Tag“ ausgelöst hatte (Berlin habe München überflügelt), an der Wedekind sich mit einem ironischen Feuilleton „Münchens Niedergang als Kunststadt“ im „Simplicissimus“ vom 7.9.1902 beteiligte [vgl. KSA 5/II, S. 189-190; KSA 5/III, S. 577-579], in seinem nicht überlieferten Brief (siehe oben) scherzhaft geäußert, er könne auch nach Wien übersiedeln.? Ich werde schon am 1. Sept. | dorthin gehenOtto Julius Bierbaum, der bereits für die Wiener Wochenzeitung „Die Zeit“ geschrieben hatte, plante am 1.9.1902 nach Wien zu reisen, fuhr aber zunächst nach München – seine Ankunft meldete die Presse: „Schriftsteller Otto Julius Bierbaum, Berlin. (Hotel Grünwald.)“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 55, Nr. 420, 11.9.1902, Vorabendblatt, S. 3] – und war Ende des Monats in Wien (belegt durch seinen Brief aus Wien vom 29.9.1902 an Alfred Walter Heymel [DLA, A: Heymel, Alfred Walter]), um an der Wiener Tageszeitung „Die Zeit“ (aus der Wochenzeitung hervorgegangen) mitzuarbeiten; er ist dann zwar neben Isidor Singer und Hans Kanner als Mitherausgeber verzeichnet [vgl. Kürschners deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1903, Teil II, Sp. 1630), wurde als solcher aber offenbar nicht tätig, wie die Erklärung in der ersten Ausgabe nahelegt, in der sein Name nicht fällt: „Umgeben von einem erlesenen Stabe von Journalisten, von glänzendsten Federn unterstützt, [...] wird unser Blatt [...] das Unterhaltungs- und Bildungsbedürfniß des Publicums zu befriedigen befähigt sein.“ [Dr. Heinrich Kanner, Prof. Dr. J. Singer: Unser Blatt. In: Die Zeit, Jg. 1, Nr. 1, 27.9.1902, Morgenblatt, S. 1] Chefredakteur der Wiener Tageszeitung „Die Zeit“ war anfangs Hans Koppel.. Schade, daß Blei sich die Sachenicht ermittelt; vermutlich war Franz Blei wie Otto Julius Bierbaum eine führende Mitarbeit an der Wiener Tageszeitung „Die Zeit“ angeboten worden (siehe oben). hat entgehen lassen.

Mit bestem
Gruße
Ihr
Otto Julius Bierbaum

Frank Wedekind schrieb am 29. August 1902 in München folgenden Brief
an Otto Julius Bierbaum

FRANK WEDEKIND.


Lieber Herr Bierbaum!

Ich danke Ihnen sehr für Ihre freundlichen BemühungenOtto Julius Bierbaum hatte Erkundigungen eingezogen [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 20.8.1902] und dann eine Honorarauszahlung für den bereits erfolgten Vorabdruck von Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ in der Zeitschrift „Die Insel“ an den Autor veranlasst (siehe unten).. Die M 100 habe ich heute glücklich erhalten, allerdings erst auf ein TelegrammWedekind hatte unter Berufung auf Otto Julius Bierbaum wegen der 100 Mark Honorar (siehe oben) an den Insel-Verlag (Geschäftsführer: Rudolf von Poellnitz) telegrafiert [vgl. Wedekind an Insel-Verlag, 26.8.1902]. hin, das ich an PollnitzSchreibversehen, statt: Poellnitz. schickte. – Sie also | bringen diesen stillen Sommer in dem reizenden Städtchen SteinOtto Julius Bierbaums letzter Brief war in Stein am Rhein in der Schweiz geschrieben [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 20.8.1902]. zu. Neben dem Gasthof zur Sonne liegt ein uraltes Hausdas imposantes Haus Zur Vorderen Krone (am Rathausplatz) aus dem 14. Jahrhundert (ein Privathaus), mit Bemalungen aus späterer Zeit: „Ein anderes Haus, ‚zur vorderen Krone‘, hat eine gemalte Rococodekoration, vom Jahre 1734.“ [Jacob Burkhardt, Wilhelm Lübke: Geschichte der neueren Baukunst. Bd. 2. 2. Aufl. Stuttgart 1882, S. 258]die Krone“, in dem ich im Jahre 81im Jahr 1881 – Wedekind dürfte damals zu Besuch bei seiner ‚philosophischen‘ Tante Olga Plümacher (geb. Hünerwadel), der Jugendfreundin seiner Mutter, gewesen sein, die mit ihren Kindern in Stein am Rhein gewohnt hatte und mit ihnen dann im Frühjahr etwa 20 Kilometer weiter nach Schaffhausen umgezogen ist, wo sie sich am 29.4.1881 anmeldete [vgl. Luchsinger 1989, S. 442]; in den Jahren 1883/84, möglicherweise bis 1886 [vgl. Kieser 1990, S. 245], hat sie allerdings wieder in Stein am Rhein gelebt (siehe Wedekinds Korrespondenz mit ihr sowie mit Hermann Plümacher) und Wedekind besuchte sie dort. sehr schöne Stunden und Tage verlebt habe. Ich glaube mich auch noch dunkel des Klosters St. Georg zu erinnern. Dabei ist die Umgebung von Stein eine der stimmungsvollsten Landschaften die ich je gesehen habe. – Im September also gehen Sie schon nach WienOtto Julius Bierbaum wollte am 1.9.1902 nach Wien reisen (das hat sich einige Tage verzögert), um dort in leitender Position an der neuen Wiener Tageszeitung „Die Zeit“ mitzuarbeiten [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 20.8.1902].. Es ist wol möglich, daß ich auch komme, zumal sich hier in München jetzt thatsächlich gar nichts anfangen läßt. Auf jeden Fall hoffe ich mit der „Zeitmit der neuen Wiener Tageszeitung „Die Zeit“ (hervorgegangen aus der gleichnamigen Wiener Wochenzeitung), deren erste Ausgabe dann am 27.9.1902 erschien (siehe oben); Wedekind hat später gelegentlich dort Beiträge veröffentlicht. in Contact zu bleiben. Seien Sie | nochmals bedankt. Mit der Bitte, mich Ihrer verehrten Frau GemahlinGemma Bierbaum (geb. Pruneti-Lotti), Otto Julius Bierbaums zweite Ehefrau; die Heirat am 25.11.1901 in München war seinerzeit in der Presse angekündigt – „der Schriftsteller Herr Otto Julius Bierbaum hier mit der Privatière Fräulein Gemma Prunetti-Lotti in Berlin, Tochter des in Tavarnella (Italien) verstorbenen kgl. Advokaten und Gutsbesitzers Giuseppe Prunetti-Lotti“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 54, Nr. 541, 21.11.1901, Morgenblatt, S. 3] – und notiert: „Otto Julius Bierbaum [...] zeigt seine soeben in München vollzogene Vermählung mit Gemma, geb. Prunetti-Lotti an.“ [Hamburger Fremden-Blatt, Jg. 73, Nr. 282, 1.12.1901, 1. Beilage, S. (1)] zu empfehlen und herzlichen Grüßen

Ihr
Frank Wedekind.


29. August 1902

Otto Julius Bierbaum schrieb am 31. August 1903 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

München, Wotanstr. 44Otto Julius Bierbaum lebte wieder in München (Wotanstraße 44) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1904, Teil I, S. 55], in der Nähe seiner letzten Wohnung (Wotanstraße 50) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1902, Teil I, S. 52]..
31. Aug. 1903.


Lieber Herr Wedekind,

Ich sende Ihnen hier meinen, wie ich bekennen muß, ziemlich oberflächlichen Versuch über Sie als DramatikerOtto Julius Bierbaums Feuilleton „Frank Wedekind, der Dramatiker“ aus der „Frankfurter Zeitung“, die Briefbeilage, ist nicht erhalten. Wedekind ist darin als bewunderter Antipode des naturalistischen Theaters charakterisiert, der stilprägend auf die Moderne gewirkt habe, dessen begeistert gefeierte Eigenart aber nicht abschließend beschrieben werden könne: „Der Naturalismus hat der Bühne eine Reihe höchst sauber gearbeiteter Werke geschenkt, die nur allesamt keine Dramen waren. Dichtungen wie die beiden Teile von ‚Lulu‘ nehmen sich daneben roh, ja wüst aus, aber es sind wirkliche dramatische Dichtungen. Keine Lebensbilder, sondern Leben selber sind sie. Offenbarungen einer Kraft, die nicht bloß zum Abbilden, sondern zum Zeugen geschickt ist. [...] Wedekinds Dramen erinnern an die der vorshakespearischen Bühne. Aber man darf oft genug auch an Shakespeare selber denken [...]. Er ist eine Kraft ohnegleichen unter uns, und wo eine solche Kraft einmal gewirkt hat, gibt es Nachwirkungen. Kraft entfesselt Kraft. Mit diesem Trank im Leibe verträgt das Publikum auf die Dauer weder bühnenlyrische Limonaden, noch die Schnapsneigen des dramatischen Elends. [...] Wer nur einen Hauch dramatischen Geistes als Schaffender in sich hat, der wird mit Frohlocken erkennen, daß das Tor zum großen [...] Drama wieder aufgestoßen worden ist [...]. Man wird nicht fertig mit diesem Frank Wedekind. In keinem Betracht. Er ist kein Literat, sondern eine Natur.“ [Otto Julius Bierbaum: Frank Wedekind, der Dramatiker. In: Frankfurter Zeitung, Jg. 47, Nr. 227, 17.8.1903, Morgenblatt, S. 1-2], indem ich Sie bitte, den guten Willen als Milderungsgrund für seine Schwächen gelten zu lassen und jedenfalls das Eine daraus zu entnehmen, wie sehr ich Ihre dichterische Kraft und Kunst bewundere.

Mit besten Grüßen
Ihr
Otto Julius Bierbaum

Frank Wedekind schrieb am 1. Juli 1904 in München folgende Widmung
an Otto Julius Bierbaum

Meinem lieben Freunde Otto Julius Bierbaum in Verehrung und Treue. München, im Juli 1904. Frank Wedekind.


[Hinweis zum Zitat in Ottmar Schönhuth Nachfolger (Stobbe, Dultz & Co.): Katalog 31 (1911), Nr. 1318:]


Wedekind, F. [...] Hidalla od. Sein. u. Haben. Schauspiel. Münch. 1904. [...] Erste Ausgabe. [...] Mit der handschriftlichen Widmung: [...]

Otto Julius Bierbaum und Gemma Bierbaum schrieben am 19. Februar 1905 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

OJB
MÜNCHEN 38
WOTANSTR. 44
TELEFON-NUMMER 10164.


19.2.5.


Lieber Herr Wedekind, –

Ich habe Ihnen bereits nach dem 3. Akte gesternWedekind, der am 18.2.1905 „Uraufführung Hidalla“ [Tb] notierte, hat offenbar in der Pause nach dem 3. Akt seines fünfaktigen Schauspiels mit Otto Julius Bierbaum gesprochen, der mit seiner Ehefrau Gemma Bierbaum die Uraufführung im Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) unter der Regie von Georg Stollberg mit Wedekind in der Rolle des Karl Hetmann besucht hat (Beginn: 19.30 Uhr, Ende: 22 Uhr): „Samstag, den 18. Februar. Uhraufführung: Hidalla oder Sein und Haben. Schauspiel in fünf Akten von Frank Wedekind. [...] Herr Frank Wedekind als Gast.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 82, 18.2.1905, General-Anzeiger, S. 3] Die Inszenierung war sehr erfolgreich und hatte ein entsprechendes Presseecho [vgl. KSA 6, S. 536, 544-548]. gesagt, wie tief mich Ihre Dichtung und Ihr Spiel ergriffen hat. Wir haben gestern einen der bedeutsamsten Theaterabende unserer Zeit erlebt. Ihnen erwachsen daraus gewaltige Verpflichtungen, denn von Ihnen erwarten nun wol a/A/lle, die Urtheil haben, das Höchste moderner deutscher Dramatik. In der Gestalt Het|mannsKarl Hetmann, die männliche Hauptfigur in „Hidalla“ (1904), in der Uraufführung (und später noch oft) von Wedekind gespielt (siehe oben). erblicke ich den Beweis Ihrer Kraft zum Höchsten, und der dramatische Konflikt zwischen ihr und der weiblichen GestaltFanny Kettler, die weibliche Hauptfigur in „Hidalla“ (1904), in der Uraufführung am 18.2.1905 im Münchner Schauspielhaus von Ottilie Gerhäuser gespielt. ist für mich gleichfalls eine schwere und souverän bewältigte Kraftprobe. – Entschuldigen Sie dieses Geurteile. Aber Sie müssen sich das ja jetzt von Jedermann gefallen lassen. – Es würde mich freuen, Sie bald einmal zu sehenWedekind kam am 24.2.1905 zum Essen [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 23.2.1905]..

Mit bestem Gruße
Ihr
Otto Julius Bierbaum


Ja, ich würde mich auch herzlichst freuen Sie bald bei uns zu begrüssen und Ihnen mündlich sagen alles was ich genossen habe, gestern Abend im Theater!! Kommen Sie bald: telefonieren Sie unsWedekind hat geschrieben, wie aus der Antwort hervorgeht [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 23.2.1905]. Im gedruckten Briefkopf des vorliegenden Briefs ist die Telefonnummer angegeben. wann Sie zu uns zu Tische kommen können! Heute, nur meine ergebenste Grüsse.

Gemma Bierbaum

Frank Wedekind schrieb am 22. Februar 1905 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 23.2.1902 aus München:]


Sie sind uns morgen, Freitag, hochwillkommen.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 23. Februar 1905 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

OJB
MÜNCHEN 38
WOTANSTR. 44
TELEFON-NUMMER 10164.


24Schreibversehen, statt: 23..2.5.


Lieber Herr Wedekind!

Sie sind uns morgender 24.2.1905 (Freitag)., Freitag, hochwillkommenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 22.2.1905. Wedekind reagierte auf eine Einladung zum Essen [vgl. Otto Julius Bierbaum, Gemma Bierbaum an Wedekind, 19.2.1905].. Wir essen um 2 Uhr14 Uhr..

Mit
bestem Gruße,
auch von meiner Frau,
Ihr
Otto Julius Bierbaum

Otto Julius Bierbaum und Gemma Bierbaum schrieben am 21. März 1905 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

OJB
MÜNCHEN 38
WOTANSTR. 44
TELEFON-NUMMER 10164.


21.3.5.


Lieber Herr Wedekind! Als mich dieser Tage der Inhaber des Wiener VerlagsFritz Freund, Schriftsteller und Verleger in Wien (IX, Kolingasse 3), war der Inhaber des Wiener Verlags Fritz Freund (Wien IX, Garelligasse 2) [vgl. Lehmanns Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1905, Teil VII, S. 308], den er 1903 von Oscar Friedmann (dem Bruder von Egon Friedell) übernommen hatte. Wedekind hat im Vorjahr bereits brieflichen Kontakt mit dem Verleger gehabt [vgl. Wedekind an Fritz Freund, 5.6.1904] und am 5.6.1904 seinen Brief an den „Wiener Verlag“ [Tb] notiert. Herr Fritz Freund besuchte, erzählte er mir, daß er sich vergebens an CassiererSchreibversehen, statt: Cassirer. in Berlin mit dem Anerbieten gewandt habe, die in Deutschland verboteneWedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ (1903) wurde am 14.7.1904 in Berlin beschlagnahmt: „Auf Beschluß des Amtsgerichts Berlin ist am 14. d. M. die Beschlagnahme der Buchausgabe des Trauerspiels ‚Die Büchse der Pandora‘ von Frank Wedekind (Verlag von Bruno Cassirer, Berlin) erfolgt.“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 71, Nr. 164, 18.7.1904, S. 6145] Wedekind wurde dazu in München vorgeladen, wie er am 4.8.1904 notierte: „Vorladung auf heute in 14 Tagen wegen Verbreitung Unzüchtiger Schriften“ [Tb]; das war am 18.8.1904 die „Vorverhandlung in München“ [KSA 3/II, S. 1102], nach der am 12.5.1905 vor dem Landgericht I in Berlin der Prozess gegen Wedekind und seinen Verleger Bruno Cassirer wegen Vergehens gegen §184 (‚Verbreitung unzüchtiger Schriften‘) in der Buchausgabe eröffnet wurde und sich über drei Instanzen hinzog [vgl. KSA 3/II, S. 1153-1181]. In der Wiener Presse war die Zensurmaßname publik gemacht worden: „Der Oberstaatsanwalt am Landgerichte I in Berlin hat gegen den Verleger Bruno Kassirer sowie gegen den Verfasser der Komödie ‚Die Büchse der Pandora‘, Frank Wedekind, die Anklage nach § 184 des Strafgesetzes wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften erhoben. Die Anklage spricht dem Werke jegliche literarische Qualität ab und erklärt es als pornographische Schmutzliteratur. (Das Stück ist bereits auf mehreren reichsdeutschen Bühnen, unter anderen in Nürnberg, aufgeführt worden. Die Nachricht von dem bevorstehenden Prozesse wird in literarischen Kreisen großes Aufsehen machen.)“ [Neues Wiener Tagblatt, Jg. 38, Nr. 284, 13.10.1904, S. 13] Büchse der Pandora zu übernehmen und von Wien aus zu vertreiben. Ich nehme an, daß die Ablehnung dieses Vorschlages nicht in Ihrem Sinne ist, und teile es Ihnen deshalb mit. Der Wiener Verlag hat, wie Sie wol | wissen, schon ein paar derartige Geschäfte gemacht, die auch den Autoren gut bekommen sind. So hat er von SchnitzlersReigenArthur Schnitzler hatte von „Reigen“ (entstanden 1896/97), da sein Verleger Bedenken hatte, die Szenenfolge im S. Fischer Verlag in Berlin als Buch zu veröffentlichen, im Jahr 1900 auf eigene Kosten einen Privatdruck in einer Auflage von 200 Exemplaren „als unverkäufliches Manuscript“ herstellen lassen; die Erstausgabe des „Reigen“ erschien 1903 im Wiener Verlag und „erregte [...] außerordentliches Aufsehen: in acht Monaten wurden 14000 Exemplare verkauft.“ [Thomas Koebner: Arthur Schnitzler. Reigen. Stuttgart 1997, S. 11f.] Felix Salten schrieb zu der Ausgabe im Wiener Verlag: „Von den Büchern, die Arthur Schnitzler geschrieben hat, ist dem ‚Reigen‘ der größte äußere Erfolg zuteil geworden. [...] In acht Monaten hat diese Dialogreihe zehn Auflagen erlebt.“ [Felix Salten: Arthur Schnitzler und sein „Reigen“. In: Die Zeit, Jg. 2, Nr. 398, 7.11.1903, Morgenblatt, S. 1] Sie war in Deutschland verboten: „Durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts I Berlin [...] vom 31. Januar 1905 ist die Unbrauchbarmachung des Buches: ‚Reigen‘ von Arthur Schnitzler auf Grund des § 184 [...] angeordnet. [...] Berlin, den 9. Februar 1905. Staatsanwaltschaft I.“ [Verbotene Druckschriften. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 38, 15.2.1905, S. 1584] 30.000, von Kahlenbergs NixchenDer Briefroman „Nixchen: Ein Beitrag zur Psychologie der höheren Tochter“ (1899) von Helene von Monbart (Pseudonym: Hans von Kahlenberg) lag 1904 im 12. bis 14. Tausend im Wiener Verlag vor; im Sommer 1905 war im Wiener Verlag das 91. bis 95. Tausend angekündigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 178, 28.7.1905, S. 6715]. Der ebenfalls wegen Vergehens gegen §184 in Deutschland verbotene Roman hat eine Zensurgeschichte, die der von Wedekinds „Büchse der Pandora“ ähnelt: „Die Schriftstellerin Helene von Monbart hat im Jahre 1899 bei Karl Reißner in Dresden unter dem Namen Hans von Kahlenberg den Roman ‚Nixchen‘ erscheinen lassen [...]. Verfasserin und Verleger wurden von der Anklage, mit diesem Roman eine unzüchtige Schrift verbreitet zu haben, vom Landgericht I in Berlin freigesprochen. Auf die Revision des Staatsanwalts hob das Reichsgericht das Urteil auf; aber am 29. September vorigen Jahres erkannte das Landgericht abermals auf Freisprechung. Daneben aber erkannte es auf Einziehung des Romans sowie auf Unbrauchbarmachung der Platten und Formen. [...] Gegen das Urteil, soweit es auf Einziehung und Unbrauchbarmachung lautet, hatte nur die Angeklagte von Monbart Revision eingelegt, die am 8. d. M. durch Justizrat Jonas aus Berlin vertreten wurde.“ [Vom Reichsgericht. – „Nixchen.“ – Begriff der unzüchtigen Schrift. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 71, Nr. 7, 11.1.1904, S. 303] gar 70.000 Stück verkauft.

Ich füge hinzu, daß Herr Freund mir den Eindruck eines sehr verständigen Verlegers macht.

Und nun will meine Frau schreiben:


Sehr geehrter und lieber Herr Wedekind, Sie kommen ganz bestimmt zu uns am nächsten Sonnabendder 25.3.1905 (Samstag). Wedekind war vom 23. bis 31.3.1905 zu einem „Hidalla“-Gastspiel (Premiere: 25.3.1905) in Nürnberg [vgl. Tb], wo er am Intimen Theater die Hauptrolle des Karl Hetmann spielte; insofern konnte er der Einladung nicht folgen. zum Abendbrod! um 8 Uhr20 Uhr.! Wir geben eine kleine Gesellschaft und werden wir uns herzlichst freuen Sie als unser Gast zu haben! Also, schnelle Zusage! Mit den ergebenste Grüsse Ihre
Gemma B. |


Entschiedener sind Sie gewiß noch nicht zu Tisch und Tanz befohlen worden, lieber Herr Wedekind. Kommen Sie, bitte! Es werden etwa 18 Personen da sein, Damen und Herren, und, wie ich glaube, nur solche, mit denen Sie gerne zusammen sein werden. Zum Tanze sind Sie nur gezwungen, wenn Sie die Lust treibt.

Mit bestem Gruße
Ihr
Otto Julius Bierbaum

Frank Wedekind schrieb am 26. August 1905 in München folgende Widmung
an Otto Julius Bierbaum

Dem Dichter und Menschen
Otto Julius Bierbaum
in größter Verehrung
Frank Wedekind.


München, im Sommer 1905Wedekind notierte am 26.8.1905: „Zu Mittag bei Bierbaum in Pasing.“ [Tb] Er dürfte dem Freund hier, bei ihrer ersten Begegnung im Sommer 1905, nachdem sie sich länger nicht gesehen hatten, das mit der Widmung versehene Exemplar seiner Gedichtsammlung „Die vier Jahreszeiten“ (1905), die wenige Wochen zuvor im Albert Langen Verlag in München erschienen ist [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 156, 8.7.1905. S. 6198], überreicht haben..


Die vier Jahreszeiten

Otto Julius Bierbaum schrieb am 27. September 1905 in Pasing folgenden Brief
an Frank Wedekind

OJB
MÜNCHEN 38
WOTANSTR. 44
TELEFON-NUMMER 10164.


PasingOtto Julius Bierbaum, der die alte Münchner Adresse im gedruckten Briefkopf eigenhändig durchgestrichen hat, wohnte inzwischen in Pasing (Hermannstraße 13) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1906, Teil I, S. 43], eine Stadt, die 1938 nach München eingemeindet wurde. 27.9.5.


Lieber Herr Wedekind, Ich gratuliere Ihnen herzlich zu dem anscheinend großen Erfolge von Hidalla in BerlinDie Berliner „Hidalla“-Premiere fand am 26.9.1905 im Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) statt, wie schon in München und Nürnberg wieder mit Wedekind in der Hauptrolle, wie er notierte: „Hidalla Premiere in Berlin. Spiele zum 29. Mal Hetmann.“ [Tb] und möchte es gerne als günstiges Omen für meine beiden StilpekomödienOtto Julius Bierbaum veröffentlichte im Georg Müller Verlag in München das Buch „Zwei Stilpe-Komödien. Das Cenacle der Maulesel und Die Schlangendame“ (1905), zwei Einakter, welche den „so charakteristischen Stilpe im Mittelpunkte der Handlung haben“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 72, Nr. 213, 13.9.1905, S. 8019], wie angekündigt war, im Rückgriff auf jene Schelmenfigur Willibald Stilpe, die durch seine Romane „Die Schlangendame“ (1896) und „Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive“ (1897) populär geworden war. nehmen, daß ich sie Ihnen gerade an diesem Zeitpunkte über|senden kannBeilage war Otto Julius Bierbaums druckfrischer Band „Zwei Stilpe-Komödien. Das Cenacle der Maulesel und Die Schlangendame“ (1905).. – Stollberg wünschte starke StricheGeorg Stollberg, Direktor des Münchner Schauspielhauses [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 485], inszenierte die beiden Komödien – „am 1.10.1905 am Stadttheater Elberfeld uraufgeführt“ [Stankovich 1971, S. 166] – am Münchner Schauspielhaus, wo sie unter seiner Regie am 7.10.1905 Premiere hatten: „Stilpe. Zwei Komödien von Otto Julius Bierbaum. 1. Das Cenacle der Maulesel in einem Akt. [...] Hierauf: 2. Die Schlangendame in einem Akt.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 469, 7.10.1905, General-Anzeiger, S. 3] Wedekind hat dann drei Monate später in Berlin – Otto Julius Bierbaum war angereist – nicht nur die dortige „Premiere der Stilpekomödien“ [Tb] besucht, wie er am 25.12.1905 notierte, sondern zuvor am 23.12.1905 auch die „Generalprobe der Stilpe Komödien“ [Tb]., – ich habe mich nur zu kleinen Strichelchen entschließen können. Entweder: diese von Natur geschwätzige PersönlichkeitBesprechungen der Uraufführung von Otto Julius Bierbaums Komödien (siehe oben) registrierten für die Hauptfigur, „der junge Stilpe [...] macht nun seiner jahrelang geknechteten Natur durch einen ungemein kräftigen Redefluß Luft“ [Münchner Schauspielhaus. In: Münchener Ratsch-Kathl, Jg. 17, Nr. 81, 11.10.1905, S. (3)], er sei „ein Dauerredner schlimmster Sorte; seine Paradoxe betäuben [...]. Er [...] spricht immer noch ganze Feuilletons“ [Bierbaums Stilpe. Erstaufführung im Münchner Schauspielhause. (7. Oktober 1905.) In: Allgemeine Zeitung, Jg. 108, Nr. 464, 10.10.1905, Vorabendblatt, S. 1] und konstatierten für sein Vorbild Stilpe (siehe oben), dass dieses „in einem großartigen Mundwerk bestand.“ [Hanns von Gumppenberg: Zwei Komödien von Otto Julius Bierbaum. Das Cenacle der Maulesel. In einem Akt. – Hierauf: Die Schlangendame. In einem Akt. – (Uraufführung im Münchner Schauspielhause.) In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 58, Nr. 472, 10.10.1905, Vorabendblatt, S. 1] interessiert das Publikum durch ihre Art Geist, – dann ist es schade, zu streichen, oder sie mißfällt an sich, – dann nützt kein Strich. – Ich wüßte gerne Ihre Meinung darüber bald, wage aber nicht darauf zu setzen, da Sie in BerlinWedekind lebte seit dem 8.9.1905 in Berlin [vgl. Tb]. wol Besseres zu thun haben.

Ihr
Otto Julius Bierbaum

Otto Julius Bierbaum schrieb am 20. Februar 1906 in Pasing folgenden Brief
an Frank Wedekind

OJB


Pasing
20.2.6.


Lieber Frank!

Was sagst DuOtto Julius Bierbaum und Wedekind, die sich in der vorangehenden Korrespondenz gesiezt hatten, duzten sich seit knapp zwei Monaten – Wedekind notierte am 24.12.1905 in Berlin: „mit Weinhöppel und Bierbaum im Tucherbräu Bierbaum und ich machen Brüderschaft.“ [Tb] zu der Simplicissimus-RevolutionRevolution hier als ironischer Begriff für einen Umsturz überkommener Verhältnisse (scherzhaft: Palastrevolution); die Revolte in der Redaktion des „Simplicissimus“ am 17.2.1906, der finanziell ertragreichen Zeitschrift, gegen den Alleinbesitzer Albert Langen [vgl. Abret 1993, S. 106-113] – da „begehrten sie auf, die Mitarbeiter, die Zeichner und die Dichter, und forderten ein nahrhaftes Stück an dem Gewinn, der zur Verteilung stand. Ja, sie frondierten.“ [Abret/Keel 1987, S. 119f.] Sie forderten eine Gewinnbeteiligung durch Umwandlung des „Simplicissimus“ in eine G.m.b.H. und stellten ein Ultimatum (die wichtigsten Mitarbeiter würden gehen und ein eigenes Konkurrenzblatt gründen), auf das Albert Langen einging; vorbereitet war die Sache von Thomas Theodor Heine (siehe unten), „dem sich die anderen Mitarbeiter anschlossen“ [Pöllinger 1993, S. 118], der am 17.2.1906 allerdings krank war und Ludwig Thoma (siehe unten) die Verhandlungen mit dem Verleger führte und einen Kompromiss erzielte: „Langen standen 50%, den übrigen Mitarbeitern und Redakteuren zusammen ebenfalls 50% am Reingewinn zu“ [Pöllinger 1993, S. 118]. Das Geschehen hat Thomas Theodor Heine in einem ausführlichen Brief vom 19.2.1906 an Dagny Langen geschildert [vgl. Abret/Keel 1987, S. 120-124].? Oder – weißt Du überhaupt davon? Unser Freund Langen hüllt sich in den Mantel des Sozial-Geringsten und thut, als habe er freiwillig die G.m.b.H. begründetAlbert Langen veröffentlichte im nächste Heft eine Notiz, in der es heißt: „Die letzte Nummer des Simplicissimus wurde in weit über 100,000 Exemplaren abgesetzt. [...] Es liegt auf der Hand, daß hierdurch auch der geschäftliche Nutzen, den der Verleger aus dem Blatt zieht, bedeutend wachsen muß. Der Simplicissimus hat das, was er geworden ist, zum großen Teile seinen ständigen Mitarbeitern und seinen Redakteuren zu verdanken, die ihre Kraft dem Blatte seit dessen Gründung ausschließlich gewidmet haben. In dieser Erkenntnis habe ich beschlossen, die Mitarbeiter des Simplicissimus am Reingewinn zu beteiligen und zu Mitbesitzern des Blattes zu machen. Der Gewinn wird in Zukunft zu gleichen Teilen zwischen mir und den Mitarbeitern geteilt. Diese Neuerung war praktisch am besten zu lösen durch Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in deren Verlag der Simplicissimus vom 1. April 1906 ab erscheint.“ [Albert Langen: In eigener Sache. In: Simplicissimus, Jg. 10, Nr. 48, 26.2.1906, S. 570]. In Wahrheit liegt die Sache so, daß die Simplizissimus-Leute mit Hans von Weber einen Eventualvertrag gemacht hatten, wonach, wenn L. nicht sofort auf Alles eingegangen wäre, ein anderes Blatt mit dem Titel „Peter Schlemihlnach Adelbert von Chamissos Kunstmärchen „Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte“ (1814); der „Titel ‚Peter Schlemihl‘“ [Pöllinger 1993, S. 118] für das nicht realisierte Konkurrenzblatt zum „Simplicissimus“ wird auch in einem unveröffentlichten Brief von Thomas Theodor Heine an Ludwig Thoma vom 3.3.1906 genannt, der weitere Einzelheiten des Ultimatums an Albert Langen diskutiert [vgl. Abret 1993, S. 111].“ | und H. v. W. als Direktordas nicht realisierte Konkurrenzblatt „Peter Schlemihl“ (siehe oben) von Hans von Weber geleitet – sein Name ist bisher, soweit ermittelt, in der Literatur zur „Simplicissimus“-Revolte (siehe oben) nicht erwähnt. Hans von Weber dürfte der Gewährsmann von Otto Julius Bierbaum gewesen sein, die Quelle seiner Schilderung der Zusammenhänge. zu erscheinen begonnen hätte. Alle, bis auf J. B. Englder Zeichner Josef Benedikt Engl, seit der Gründung 1896 bis zu seinem Tod ständiger Mitarbeiter des „Simplicissimus“ [vgl. Pöllinger 1993, S. 432]., hatten unterschrieben, und Alles war vorhanden dazu: 1.) eine Million und sodann bereits Bureaux etc. etc. Bei diesem Anblick ließ sich Langen gefesselt in die G.m.b.H. Simplizissimus abführen – unter Bedingungen, die nicht leicht schmerzlicher sein können. Vor Allem: die Hälfte des Reingewinns, außer den früheren Gehältern etc., gehört den Mitarbeitern. L. aber ist – Geschäftsführer. – Erinnerst Du Dich an unser Gesprächnicht ermittelt. im Nymphenburger Park? Wer hat nun Recht? L. ist mit Heine und Thomader Zeichner Thomas Theodor Heine, „der Anführer der Frondeure“ [Abret/Keel 1987, S. 120] in der „Simplicissimus“-Revolte, seit der Gründung der Zeitschrift 1896 einer der erfolgreichsten Mitarbeiter, und Ludwig Thoma, der „Verhandlungsführer“ [Pöllinger 1993, S. 118] bei der Revolte, am 1.11.1899 als literarischer Mitarbeiter eingestellt und zum 1.4.1900 als Redakteur sowie kurz darauf als Chefredakteur [vgl. Pöllinger 1993, S. 17-30]. nicht fertig geworden, sondern sie mit ihm. – Die Sache war von langer Hand vorbe|reitet. Außer H. v. W. waren noch drei andre Figuren bereit, den Peter Schlemihl zu gründen. L. war völlig ahnungslos. Er sieht jetzt aus wie ein zerquetschter Käse.

Ich kann nicht leugnen, daß ich mich freue, es erlebt zu haben, daß er seine Meister gefunden hat. – Wie ich Ursache habe, zu glauben, tröstet er sich mit der Hoffnung auf eine RestaurationWiederherstellung der alten Verhältnisse, die im Zuge einer Revolution beseitigt worden sind – insofern politischer Komplementärbegriff zur Revolution (siehe oben)., weil er meint, es werde ohne ihn nicht gehen. Darin wird er sich zweifellos täuschen. Thoma und Heine ergänzen sich aufs Beste als die zwei Consuln der neuen Re|publikmetaphorische Fortführung der ironischen politischen Rhetorik (siehe oben) in Anspielung auf die Geschichte des antiken Roms, die Konsuln als höchste Staatsbeamte in der römischen Republik. „Die Institution des Konsulats, die stets kollegial mit zwei Personen besetzt wurde, geht auf die Zeit nach dem Sturz der Monarchie zurück, doch ist umstritten, ob sie unmittelbar eingerichtet wurde oder erst nach einer gewissen Übergangsphase.“ [Brodersen/Zimmermann 2006, S. 307], und L. hat nur noch zu fürchten, daß sie ihm auch noch den Rang ihres Finanzministers nehmen werden.

Daß ich von Dir gar nichts vernehme, außer was in den Blätternin den Zeitungen. steht, und daß dieses mich fürchten läßt, nach Berlin reisen zu müssen, wenn ich Dich sehen will (wonach mich sehr verlangt) thut mir recht leid. Ich war in der letzten Zeit krank und tief verdrossen. Jetzt ist es besser.

Ich grüße Dich mit Gemma
herzlichst
Dein
Otto Julius

Frank Wedekind schrieb am 25. Februar 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Julius Bierbaum

[Hinweis in Otto Julius Bierbaums Brief an Wedekind vom 26.2.1906 aus Pasing:]


[...] Gemma und ich beglückwünschen Dich zu Deinem Entschlusse, zu heiraten [...]

Otto Julius Bierbaum schrieb am 26. Februar 1906 in Pasing folgenden Brief
an Frank Wedekind

OJB


Pasing
26.2.6.


Lieber Frank,

Gemma und ich beglückwünschen Dich zu Deinem Entschlusse, zu heiratenHinweis auf eine nicht überlieferte Mitteilung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 25.2.1906. Wedekind hat dem Freund seinen Entschluss mitgeteilt, die junge Schauspielerin Tilly Newes, mit der er sich am 18.2.1906 in Berlin verlobt hat, zu heiraten. Die Heirat fand am 1.5.1906 in Berlin statt., und bitten Dich, uns Deiner zukünftigen Frau zu empfehlen. Verflucht schade nur, daß alle die erfreulichen Entscheidungen Deines Lebens Dich von uns wegführen. Aber es wäre unanständig, in diesem Augenblicke zu klagen. Ich will Dir lieber genau berichten, wie es um das Eheschließen in EnglandWedekind hatte sich wohl in seinem nicht überlieferten Schreiben (siehe oben) nach den Modalitäten einer Eheschließung in England erkundigt, da er von der ersten Heirat Otto Julius Bierbaums in London wusste [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 21.4.1892 und 25.9.1892] und offenbar befürchtet hatte, aufgrund fehlender Dokumente sei eine Heirat in Preußen schwierig [vgl. Wedekind an Otto Julius Bierbaum, 16.5.1906]. Otto Julius Bierbaum informiert ihn im vorliegenden Brief über die Erfahrungen, die er bei seiner Heirat am 16.8.1892 mit Augusta Rathgeber, seiner ersten Ehefrau, auf dem Standesamt St. Giles in London gemacht hat [vgl. Raff 2019, S. 33-35]. beschaffen ist.

Ihr habt nichts weiter zu thun, als über den Kanal zu fahren und auf ein Standesamt zu gehen, wo Du nichts zu sagen hast, als: Ich wünsche hier die Ehe zu schließen, worauf Du nebst | Deiner zukünftigen Frau um Angabe der Punkte ersucht wirst, die Du auf beifolgendem Scheinnicht eindeutig identifiziertes Eheschließungsdokument (eines von zweien); überliefert ist das Duplikat der Heiratsurkunde, das „Certificate of Marriage“, das Otto Julius Bierbaum, der es wohl für seine Scheidung benötigt hatte, am 30.10.1899 in London ausgestellt wurde [vgl. Raff 2019, S. 35; Faksimile]. findest. Dann wird Dir gesagt, wann Du ihr kommen sollt. Es sind zwei Zeugen nötig, die sich aber ebensowenig zu legitimiren haben, wie ihr. Du kannst irgend einen Straßenkehrer oder König mitbringen, auch einen Chinesen, Juden, Preußen, Zulu, – ganz gleich. Er muß nur seinen Namen schreiben können. – Soll die Sache billig sein (etwa ein Pfund, wenn ich mich recht erinnere), so ist es nötig, daß ihr erklärt, daß eine/s/ von euch 14 Tage vorher auf englischem Boden geweilt habe/t/, und daß jedes von euch mindestens 21 Jahre alt ist. Die Erklärung genügt. Es wird nicht nachgefragt (darf nicht nachgefragt werden), ob es auch wahr ist. Nur: die Ehe ist eigentlich ungiltig, wenn irgend eine Angabe von euch falsch ist, denn ihr habt als Erklärung vor dem Eheschluße folgendes ein jeder vorzulesen (steht auf einer Papptafel): (ich zitiere aus dem Gedächtnis und unorthographisch) I do solemnly declare(engl.) Beginn des Zitats, übersetzt: Ich erkläre feierlich, dass mir kein Hindernis bekannt ist, warum ich (Frank Wedekind) nicht die Ehe mit …. schließen sollte., that I know not of any impediment, why I (Frank Wedekind) | may not be joined in matrimony to ….. Und als impediment gilt, wenn keins von euch 14 Tage vor dieser Handlung sich auf englischem Boden aufgehalten und wenn der Mann oder die Frau weniger, als 21 Jahre Lebens hinter sich hat. Aber auch in diesem Falle könnt ihr, selbst wenn ihr zu gewissenhaft seid, die Unwahrheit zu sagen, getraut werden, doch kostet es „Lizenzgebührt“, – ich glaube pro Fall zehn Pfund. Einfacher und billiger ist also der Modus, es mit der Wahrheit nicht so genau zu nehmen, oder wirklich 14 Tage in London zu bleiben. – Ich bin damals, da ich kein Wort englisch und die jetzige Frau FriedAugusta Bierbaum (geb. Rathgeber) hatte nach ihrer Scheidung von Otto Julius Bierbaum am 19.12.1899 den Komponisten Oskar Fried geheiratet [vgl. Raff 2019, S. 49-50, 60]. rein oberbayrisch sprach, zum Correspondenten der Kölnischen Zeitung, Herrn MöderHugo Möder ist auf dem Duplikat der Heiratsurkunde (siehe oben) als Trauzeuge der Heirat von Otto Julius Bierbaum mit Augusta Rathgeber am 16.8.1892 in London verzeichnet [vgl. Raff 2019, S. 35]., gegangen, an den ich empfohlen war, und der hat den Dolmetsch und, kurz drauf, den Zeugen gespielt. Der andre Zeuge war der Portier des Stan|desamtsR. Postle ist auf dem Duplikat der Heiratsurkunde (siehe oben) als zweiter Trauzeuge der Heirat von Otto Julius Bierbaum mit Augusta Rathgeber am 16.8.1892 auf dem Standesamt St. Giles in London verzeichnet [vgl. Raff 2019, S. 35]. In seinem nur halbfiktionalen satirischen Briefroman „Die Freiersfahrten und Freiersmeinungen des weiberfeindlichen Herrn Pankrazius Graunzer“ (1896) heißt es über die beiden Trauzeugen: „Unser Zeuge, ein liebenswürdiger junger Landsmann namens Möder, Sekretär bei dem hiesigen Vertreter einer großen deutschen Zeitung, erwartete uns und stellte uns dem zweiten Zeugen vor, dem Türhüter des Office, der ein einträgliches Geschäft daraus macht, als Trauzeuge zu fungieren, und in seinem schwarzen Bratenrocke ganz würdig aussah.“ [Raff 2019, S. 34], der daran gewöhnt ist und 10 Schillings dafür erwartet. Die Ehe ist absolut giltig in Deutschland, doch wird empfohlen, sich den Eheschein vom deutschen Consul (falls Du Reichsangehöriger bist, – sonst vom Schweizer) abstempeln zu lassen, was euch wieder, glaub ich, ein paar Schillings kostet. – Wir sind damals in dem mit lauter deutschen Kellnern versehenen de Kaysers Royal Hôtelein großes Hotel in London, das De Keyser’s Royal Hotel am „Victoria Embankment, Blackfriars, conducted in the continental fashion, is well situated“ [K. Baedeker: London and its environs. Handbook for travellers. 8. Aufl. Leipzig 1892, S, 8]. abgestiegen und dann in das Boarding HousePension mit Verköstigung = ‚boarding‘ (engl.), eine preiswertere Übernachtungsmöglichkeit; hier das Temperance Hotel an der genannten Adresse. 17 Great Coram Street gezogen. (Natürlich immer schon als Eheleute.) – Die beiden Scheine, die ich beilege, bitte ich nicht zurückzuschicken, sondern aufzuheben. – Bei Deiner Kenntnis des Englischen kannst Du ungeniert ohne Dolmetscher hingehen. Der Standesbeamte ist an Besuche von Deutschen gewöhnt, die nur mäßig englisch sprechen, und er weiß sich demgemäß zu verhalten. Als die jetzige Frau Fried den englischen Text mehr buchstabengetreu, als ausspracherichtig, ablas, belohnte er sie mit einem „Bravo!“ – Wenn wir jetzt nicht leider in Folge des Stilpe-MißerfolgsOtto Julius Bierbaums Komödien „Das Cenacle der Maulesel“ und „Die Schlangendame“, beide unter dem Titel „Zwei Stilpe-Komödien“ (1905) als Buch herausgebracht, hatten unter der Regie von Georg Stollberg am 7.10.1905 am Münchner Schauspielhaus Premiere [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 27.9.1905], waren aber in dieser Form auf der Bühne so wenig erfolgreich, dass nach einigen Vorstellungen auf den ersten der Einakter verzichtet und nur noch „Die Schlangendame“ (kombiniert mit Stücken anderer Autoren) gespielt wurde. Wedekind hat in Berlin – Otto Julius Bierbaum war angereist – nicht nur die dortige „Premiere der Stilpekomödien“ [Tb] besucht, wie er am 25.12.1905 notierte, sondern zuvor am 23.12.1905 auch die „Generalprobe der Stilpe Komödien“ [Tb], die dort wie in München nur bedingt Erfolg hatten. den Geldmangel litten, würde ich sagen: wir gehen mit nach London. Es könnte ein paar vergnügte Tage geben, | ohne daß wir euch lästig würden. Mehr Sehnsucht hab ich freilich nach Tagewerk. – Unsern Berliner Aufenthalt haben wir aus demselben Grunde verschoben. – Ich wünschte, gleich Dir, nicht blos auf den Federhalternicht nur auf die Schriftstellerei; Anspielung auf Wedekinds gleichzeitige schauspielerische Tätigkeit. angewiesen zu sein, denn mir wird kaum etwas anders übrig bleiben, als die gemeinste aller Beschäftigungen: Redigieren. Um meinen RomanOtto Julius Bierbaum arbeitete an „Prinz Kuckuck. Leben, Taten, Meinungen und Höllenfahrt eines Wollüstlings. In einem Zeitroman“ (1907/08), dann in drei Bänden im Georg Müller Verlag in München erschienen. thut mirs leid. Ich kann keine Zeile davon schreiben. – Kürzlich war Harden hierMaximilian Harden hielt am 22.2.1906 um 20 Uhr auf Einladung der Dramatischen Gesellschaft im Hotel Vier Jahreszeiten vor großem Publikum einen Vortrag über die Theaterverhältnisse in München, in dem es auch um die Kontroverse um Hermann Bahr ging (siehe unten), wie angekündigt war: „Der Vortragsabend von Maximilian Harden findet Donnerstag Abend 8 Uhr in den Vier Jahreszeiten statt. Herr Harden wird sich besonders über Münchner Angelegenheiten, speziell den Fall Bahr äußern.“ [Münchner Dramatische Gesellschaft. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 59, Nr. 87, 22.2.1906, Vorabendblatt, S. 2] und hat sehr gut über den Fall Bahr gesprochenHermann Bahr, der seiner Tätigkeit als Theaterkritiker müde geworden war, wurde gegen Ende des Vorjahres zum 1.8.1906 als Oberregisseur und Dramaturg an das Münchner Königliche Hoftheater (Intendant: Albert von Speidel) berufen. „Doch die konservative Presse Münchens schießt sich auf ihn ein, und so wird aus einer inhaltlichen Debatte ein Taktieren, wie man Bahr aus dem Vertrag bekommt respektive wie es ihm gelingt, eine gute Ablöse zu erhalten.“ [Ifkovits/Müller 2018, S. 852] Der mit ihm befreundete Maximilian Harden hat ihn in seinem Vortrag (siehe oben) zwar gegen die Vorwürfe in Schutz genommen, führte aber zugleich aus, wie Hermann Bahr selbst sich durch seine publizistische Selbstinszenierung zum angreifbaren Ziel gemachte habe, wie Pressezitaten zu entnehmen ist: „Nun hat sich um eine Person ein recht heftiger Kampf entsponnen. Das ist der liebe gute Hermann Bahr aus Wien – eigentlich ist er aus Linz, er ist aber gerne aus Wien und wenn man die Wahl hat, ist man lieber aus Wien als aus Linz. (Heiterkeit.) Er war auch einmal aus Paris, er hat viele Wandlungen durchgemacht. Ich bin der letzte ihm das vorzuwerfen, ich habe ihn persönlich sehr gern. [...] Ich kenne ihn seit 20 Jahren und habe ihn in vielen Verkleidungen gesehen und ich halte ihn für absolut sauber und glaube, daß diese Vorwürfe nicht gerade aus einer reinen Quelle stammen. [...] Er hat sich bezeichnet als Sozialdemokrat und früherer Anarchist. Erstens: Anarchisten, die Häuser haben, sind nicht so gefährlich, zweitens ist sein Anarchismus artistisch. Und die Tragik sehe ich darin, daß ihn dieses Ungemach ja nicht ganz unverschuldet trifft. Er hat die Angewohnheit gehabt, möglichst Dinge von sich selbst zu sagen, die ein bißchen an Räuberromantik streifen. [...] Ich habe ihm entschieden abgeraten, die Stellung anzunehmen. [...] Erstens, weil ich der Meinung bin, daß es doch fraglich ist, ob ein Mann von 50 Jahren, der praktisch dem Theater fern gestanden hat, das Talent aufbringen kann, das dazu gehört. Denn Bahr ist ein guter Kritiker, ein feiner Schriftsteller, aber die Frage wie weit er imstande ist, etwas selbst aufzubauen, ist noch unbeantwortet. Nach den Kämpfen, die ihm hier bereitet worden sind, halte ich die Sache für vollkommen aussichtslos [...]“ [Maximilian Harden über Münchener Theaterverhältnisse. In: Allgemeine Zeitung, Jg. 109, Nr. 89, 24.2.1906, Vorabendblatt, S. 5].. Es ist mir mehr als ärgerlich, daß ich mit diesem Manne „verfeindet“ sein muß, mit dem ich, wie mit wenigen, übereinstimme, und für den ich die höchste Schätzung hege. Ich würde nicht davor zurückschrecken, mich ihm zu nähern, müßte ich nicht befürchten, daß er dies falsch auslegen würde. – Dadurch, daß Lackner den Fuß gebrochenHans Lackner, Schauspieler am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1906, S. 486], der in der dortigen Inszenierung von Otto Julius Bierbaums Komödien „Das Cenacle der Maulesel“ und „Die Schlangendame“ (siehe oben) die männliche Hauptrolle des Willibald Stilpe gespielt hatte, war verunglückt und konnte nicht spielen; die Presse meldete: „Herr Hans Lackner, der durch einen Unfall vier Wochen seiner künstlerischen Tätigkeit entzogen war, ist jetzt wieder hergestellt und wird Donnerstag, 15. März, zum ersten Male wieder auftreten“ [Allgemeine Zeitung, Jg. 109, Nr. 119, 14.3.1906, Vorabendblatt, S. 5] Er trat in dem Einakter „Die Schlangendame“ zuerst am 19.3.1906 im Münchner Schauspielhaus wieder als „Journalist Stilpe“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 59, Nr. 131, 19.3.1906, General-Anzeiger, S. 2] auf, dann am 20. und 26.3.1906 sowie in diversen weiteren Vorstellungen, denn das Stück blieb im Programm. hat, ist auch hier Stilpe verschwunden. Übrigens | verstehe ich jetzt den Mißerfolg dieses Theaterabends. Die beiden Stückedie Einakter „Das Cenacle der Maulesel“ und „Die Schlangendame“ (siehe oben). heben einander in der Wirkung auf. Entweder müßte die Schlangendame allein gespielt, oder es müßte ein drittes, das Stilpeschicksal abschließendes Stück dazu gegeben werden. – Ich finde die Wahl des Tartuffe als DebutrolleWedekind, der einen Schauspielvertrag mit dem Deutschen Theater zu Berlin (Direktion: Max Reinhardt) abgeschlossen hatte, sollte als erste Rolle die Titelrolle in Molières Komödie „Der Tartuffe“ spielen (Premiere: 25.4.1906); er notierte am 7.2.1906 „Besuch im Deutschen Theater Kahane giebt mir Tartuffe und Cäsar und Kleopatra zu lesen. [...] Lese Tartuffe“ [Tb], am 9. und 10.2.1906 „Tartuffe gelernt“ [Tb], am 24.2.1906 „Im Franziskaner studiere ich Tartuffe“ [Tb], am 27.2.1906 „Tilly [...] überhört mich Tartuffe“ [Tb] und ab dem 5.3.1906 bis zur Premiere häufig „Tartuffeprobe“ [Tb]. für Dich ausgezeichnet und bin fest überzeugt, daß Du Dich damit glänzend einführen wirst. Ist es Reinhardt, der darauf verfallen ist, so stärkt das meine Meinung von seinem Talent als Bühnenleiter sehr. – Es wäre, glaub ich, von Wirkung, wenn Du an Hans von Weber aufmunternd schriebest. Er hat, wie er mir sagte, etwas vorHans von Weber, der in die Palastrevolte des „Simplicissimus“ involviert war und in diesem Zusammenhang ein nicht zustande gekommenes Konkurrenzblatt geplant hat [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 20.2.1906], gründete im Spätsommer den Hans von Weber Verlag für Kunst und Literatur (Schellingstraße 37) [vgl. Adreßbuch für München 1907, Teil I, S. 601], später: Hyperion-Verlag, in dem 1908 bis 1910 die Zeitschrift „Hyperion“ erschien., – nur weiß ich, nicht, was. Literarisch wäre der Simpl. leicht aus dem Felde zu schlagen, aber künstlerisch kaum.

Wir grüßen Dich herzlich!

Dein
Otto Julius

Frank Wedekind schrieb am 16. Mai 1906 in Berlin folgenden Brief
an Otto Julius Bierbaum

Lieber Otto Julius!

Endlich, endlich! Uff! Du bist mir natürlich böse daß ich Dir für Deinen ebenso lieben wie ausführlichen Briefder Brief über die Modalitäten einer Eheschließung in England [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 26.2.1906]. erst heute danke. Ich habe aber während der verflossenen 20 Jahre nie so viel zu schreiben gehabt und geschrieben wie in | den verflossenen zwei Monaten. Ich sage Dir also meinen aufrichtigen herzlichen Dank für die freundliche Theilnahme, die Du sofort meinem/r/ Absicht mich zu verheiratenWedekind hat sich am 18.2.1906 mit Tilly Newes verlobt und sie am 1.5.1906 in Berlin geheiratet. entgegenbrachtest. Leider bist Du ja nicht wie ich immer wieder hoffte auf längere Zeit hierhergekommen./,/ wir würden sonst sicher manche frohe Stunde zusammen erlebt haben, wie ich es nun nur mit WeinhöppelWedekind hat seinen Freund Hans Richard Weinhöppel, der in Berlin lebte, häufig getroffen, dem Tagebuch zufolge zuletzt am 15.2.1906 („Im kleinen Theater treffe ich Weinhöppel, der mir einen Vortrag über Tillys Charakter hält“), 15.2.1906 („mit Tilly und Weinhöppel bei Habel“) und 28.2.1906 („Im kleinen Theater treffe ich Weinhöppel und esse mit ihm bei Wedel“); Otto Julius Bierbaum hat bei seinem Besuch in Berlin zur Premiere seiner „Stilpe-Komödien“ (siehe unten) Hans Richard Weinhöppel und Wedekind täglich gesehen, am 23.12.1905 („mit Weinhöppel und Bierbaum im Lindenrestaurant. Generalprobe der Stilpe Komödien“), 24.12.1905 („mit Weinhöppel und Bierbaum im Tucherbräu“) und 25.12.1905 („Premiere der Stilpekomödien. Nachher mit Bierbaum Weinhöppel Welisch und Schaumberger im Prinzen Wilhelm“). und GerhäuserWedekind hat seinen Freund Emil Gerhäuser, der Trauzeuge bei seiner Heirat war (siehe oben), zuletzt am 1.5.1906 gesehen: „Um 10 kommt Gerhäuser. […] Trauung.“ [Tb] gethan. Es war | mir eine große Freude, daß die SchlangendameNachdem Otto Julius Bierbaums „Stilpe-Komödien“ (1905) „Das Cenacle der Maulesel“ und „Die Schlangendame“ am 25.12.1905 am Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) in Berlin Premiere gehabt hatten, wurde nach einigen Vorstellungen nur noch der Einakter „Die Schlangendame“ gespielt, zuletzt am 15.5.1906 [vgl. Vorwärts, Jg. 23, Nr. 111, 15.5.1906, 3. Beilage, S. (3)]. so recht wieder zur Geltung kam. Nun sie die Saison beschlossen hat, wird sie sicher auch im Herbst wieder aufgenommen.

Ich bin derweil bei Reinhart mit Tartuffe durchgefallenWedekind spielte unter der Regie von Max Reinhardt die Titelrolle in Molières Komödie „Der Tartuffe“ am Deutschen Theater zu Berlin (Premiere: 25.4.1906) und notierte am 25.4.1906: „Tartuffe. Durchgefallen.“ [Tb] Otto Julius Bierbaum hatte einen Erfolg prognostiziert [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 26.2.1906]., und bin jetzt sehr darauf gespannt ob ich schauspielerisch für Berlin abgethan bin. Weinhöppel verließ Berlin mit der Absicht in WienHans Richard Weinhöppel hatte die musikalische Leitung des am 5.1.1906 in Wien eröffneten Künstlerkabaretts Nachtlicht übernommen [vgl. Wedekind an Karl Kraus, 28.12.1905], bevor er nach Köln ging (siehe unten)./Cöln/ eine Stelle als Lehrer am ConservatoriumHans Richard Weinhöppel war inzwischen als Lehrer am Konservatorium der Musik zu Köln tätig, an das er Anfang des Jahres berufen worden ist; die Presse berichtete: „Herr Richard Weinhöppel ist soeben zum Nachfolger des verstorbenen Paul Haase als Gesanglehrer des hiesigen Konservatorium ernannt worden. Herr Weinhöppel, der gegen 40 Jahre alt ist, hat seine Gesangsstudien in Italien, Deutschland und Frankreich gemacht und war bisher zehn Jahre in München, zwei Jahre in Italien, zuletzt am Sternschen Konservatorium in Berlin als Gesangspädagoge tätig. Er beherrscht auch im Gesange neben dem Deutschen das Italienische, Französische und Englische und wird neben dem Gesange auch Mimik und Aesthetik der Gebärden an der hiesigen Musikanstalt lehren.“ [Kölnische Zeitung, Nr. 155, 12.2.1906, Mittags-Ausgabe, S. (2)] anzutreten, hat aber seitdem nicht ein Wort von sich hören lassen. Seit seiner | Abreise bin ich sehr wenig mehr in Gesellschaft gekommen, wie sich das offenbar leicht ergiebt, wenn man sich verheiratet. Ich hatte wirklich zuerst nicht geglaubt, daß mir, der ich nie ein PapierWedekind hat sich schriftlich an verschiedene Stellen gewandt, um die für die Trauung mit Tilly Newes (siehe oben) notwendigen Dokumente zu besorgen, etwa eine Konfirmationsbescheinigung [vgl. Wedekind an Rudolf Wernly, 22.2.1906] oder den Geburtsschein [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 24.2.1906] oder andere Familienpapiere [vgl. Wedekind an Marktkirche Hannover, 1.3.1906]. besessen die Verheiratung in Deutschland möglich wäre, aber der Polizei war der Schritt offenbar so wohlgefällig, daß sie alles that um ihn mir zu erleichtern.

Meine liebe Tilly läßt sich Deiner lieben Frau und Dir bestens empfehlend. Das letzte | was ich über Frau Gemma von Dir hörtewohl während Otto Julius Bierbaums Besuch Ende 1905 in Berlin (siehe oben)., war nicht erfreulich. Sie hatte eben eine NervenkrisisZusammenhang nicht ermittelt. überstanden. Ich hoffe daß sie sich ihrer Gesundheit wieder im vollsten Maße erfreut und bitte Dich, ihr meine herzlichen Grüße und aufrichtigen Wünsche für ihr Wohlergehen auszusprechen.

Im Sommer denke ich auf einige Tage nach MünchenFrank und Tilly Wedekind waren vom 26.6.1906 bis zum 30.7.1906 zu einem Gastspiel in München [vgl. Tb]. zu kommen. Ob Ihr dann dort | seid? Es wäre zu schön, wenn die Damendie Ehefrauen Gemma Bierbaum und Tilly Wedekind. sich kennen lernten und wir einige behagliche Stunden verleben könnten. Die Stadt Berlin ist schrecklich schwer zu ertragen. Was gäbe ich darum wenn ich gerade in dieser Zeit in München sein könnte.

Sei also noch einmal herzlichst bedankt und vergieb das lange Schweigen Deinem Dir treu ergebenen Freunde

Frank


z.Z. Marienstraße 23.II.lWedekind wohnte in Berlin „seit seiner Verheiratung“ [Vinçon 2018, Bd. 1, S. 50] mit seiner Frau in einer gemeinsamen „Wohnung in der Marienstraße“ [Wedekind 1969, S. 73], die Übergangswohnung in der Marienstraße 23 (2. Stock links), bis das Paar am 31.8.1906 in die Wohnung Kurfürstenstraße 125 (3. Stock) umzog [vgl. Tb], die bald darauf bereits besichtigt wurde, wie Wedekind im Tagebuch am 28.5.1906 („sehe die Wohnung an“) und 29.5.1906 („Sehe mit Tilly die Wohnung an“) notierte..
16.V.6. |


Die Papiere die Du mir geschickt hast, lege ich beiBeilage waren Otto Julius Bierbaums Eheschließungsdokumente zu seiner ersten Heirat in London, die er Wedekind geschickt hatte [vgl. Otto Julius Bierbaum an Wedekind, 26.2.1906]..

Otto Julius Bierbaum schrieb am 17. Juli 1906 in Pasing folgenden Brief
an Frank Wedekind

Pasing
17.7.6.


Lieber Frank! In einem Briefe Bleis an michFranz Bleis Brief an Otto Julius Bierbaum vom 16.7.1906, in dem es heißt: „Mein lieber Giulio, du gewöhnst dir schlechte Manieren an. Mir sind ja die Kritiken nicht sehr arg wichtig, ob sie nun gutes oder schlechtes von einem sagen. Aber dass Du keine Gelegenheit einer meiner Schreibereien verpasst, ohne Dich darüber allsofort in einem Blättchen zu äussern – hast Du es denn nötig? – und in diesem doch etwas sehr persönlichen Tone, das thut mir um unserer alten guten Freundschaft willen leid, die ich nicht begonnen habe, und um Deinetwillen, weil ich es Deiner unwürdig finde. ‚Ich finde das ja auch nicht sehr fein‘ hat unlängst Wedekind gesagt und ‚allerdings hast Du ja erzählt, dass Gullbransson u.s.w.‘ Na, über das letzte unter uns kein Wort; du weisst wie ich was es mit diesem ‚Erzählen‘ auf sich hat; ich führe es nur an, um Wedekinds erste Bemerkung und deren ‚auch‘ verständlich zu machen.“ [Mü, OJB B 18], in dem er sich darüber beschwert, daß ich seine „SchreibereienZitat aus Franz Bleis Brief an Otto Julius Bierbaum vom 16.7.1906 (siehe oben).“ ungünstig bespreche, befindet sich folgende Stelle: „Ich finde es Beginn des längeren Zitats aus Franz Bleis Brief an Otto Julius Bierbaum vom 16.7.1906 (siehe oben).ja auch nicht fein“ hat kürzlichunklare Zeitangabe; das letzte Treffen Wedekinds mit Franz Blei ist durch das Tagebuch am 9.5.1905 in München dokumentiert („mit Blei in der Torggelstube“), das nächste wiederum in München (Wedekind war seit dem 26.6.1906 zu einem Gastspiel in der Stadt) am 18.7.1906 („mit Blei [...] im Hoftheaterrestaurant“) – an diesem Tag dürfte er den vorliegenden Brief gerade erhalten haben. Wedekind gesagt und „allerdings hast Du ja erzählt, daß GulbranssonOlaf Gulbransson, Zeichner beim „Simplicissimus“, der Gefallen an Gemma Bierbaum gefunden haben soll, wie Korfiz Holm kolportiert: „Er dampfte gleichsam aus den Nüstern vor Entzücken, als er sie zuerst erblickte, und belegte sie von Stund an mit einem Trommelfeuer explosiver Huldigungen“ [Korfiz Holm: Ludwig Thoma und Olaf Gulbransson wie ich sie erlebte. München 1953, S. 37]. u.s.w.“ – In dieser Stelle ist mir durchaus unklar der Passus mit Gulbransson, und ich | bitte Dich, ihn mir zu ergänzenschriftlich wohl nicht erfolgt; Wedekind antwortete nicht oder jedenfalls nicht sofort, wie aus einem Brief von Otto Julius Bierbaums Gattin an ihn hervorgeht, in dem sie ihn dringlich um eine Antwort auf den vorliegenden Brief ihres Mannes bittet [vgl. Gemma Bierbaum an Wedekind, 8.9.1906].. Es liegt mir viel daran, zu erzählen wissen, was dieser greuliche Schwätzer von Gulbransson erzählt hat.

Indem ich nicht zweifle, daß Du mir reinen Wein einschenkenWedekind hat mit Otto Julius Bierbaum gesprochen, am 19.7.1906: „Abends bei Bierbaum in Pasing“ [Tb]. wirst, begrüße ich Dich und Deine verehrungswürdige junge Frau mit Gemma in herzlicher Freundschaft

Dein
Otto Julius

Otto Julius Bierbaum schrieb am 13. September 1906 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Rohrpost-Karte


An Herrn Frank
Wedekind
Kurfürstenstr. 125 III/r. |


Lieber Frank, Ich bin in Geschäften hier und hoffe, Dich morgender 14.9.1906 (Freitag); das Treffen dürfte stattgefunden haben, da Otto Julius Bierbaum bis Samstag blieb (siehe unten) – und möglicherweise mit Wedekind vormittags am 14.9.1906 bereits die „Wintermärchen Generalprobe“ [Tb] besuchte. (nach Deiner Zeitbestimmung) zu sehen. Wohne Anhaltstr. 12Otto Julius Bierbaum logierte im Hotel Stuttgarter Hof Eduard Wild (Anhaltstraße 12), Inhaber: Eduard Wild [vgl. Berliner Adreßbuch 1907, Teil I, S. 968]. Stuttgarter Hof. Wenn es Dir möglich wäre mir gegen Geld und gute Worte noch einen Platz zum Wintermärcheneine Theaterkarte für die Premiere von „Das Wintermärchen“ am 15.9.1906 um 19 Uhr im Deutschen Theater zu Berlin [vgl. Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 432, 15.9.1906, Morgen-Ausgabe, S. 12] im Rahmen von Max Reinhardts gefeiertem Shakespeares-Zyklus, die Otto Julius Bierbaum offenbar besuchte (siehe unten). zu verschaffen, so bleibe ich noch bis Samstagder 15.9.1906, an dem Wedekind notierte: „‚Wintermärchen‘ Première Nachher mit Bierbaum [...] bei Treppchen.“ [Tb] hier. – Dir und Deiner lieben Frau Tilli beste Grüße von Deinem Otto Julius

Frank Wedekind schrieb am 17. September 1908 in Berlin folgende Widmung
an Otto Julius Bierbaum

Meinem lieben Kampfgenossen Otto Julius Bierbaum in Verehrung und Liebe. Im Herbst 1908. Frank Wedekind.


[Hinweis zum Zitat in Ottmar Schönhuth Nachfolger (Stobbe, Dultz & Co.): Katalog 31 (1911), Nr. 1324:]


Wedekind, F. [...] Oaha. Schauspiel. Berl. 1908. [...]

Erste vergriffene Ausgabe mit der handschriftlichen Widmung: [...]

Otto Julius Bierbaum schrieb am 23. September 1908 in Lenzerheide folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Hartung & Hartung: Katalog 139 (2016), Nr. 1943:]


Bierbaum, Otto Julius [...]. E. Postkte. m. U. und aufgeklebt. Foto. 23.IX.1908 [...] an Frank Wedekind.

Otto Julius Bierbaum schrieb am 4. Dezember 1908 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 5.12.1908 in München:]


Bierbaum schreibt wegen Abends, wo wir uns treffenWedekind hat Otto Julius Bierbaum dem Tagebuch zufolge am 5.12.1908 abends in der American Bar des Hotels Vier Jahreszeiten getroffen („Abends mit Bierbaum e.ct. in der American Bar“); weitere Treffen fanden am 8.12.1908 („Zu Tisch kommen Bierbaum und Frau. Abends Torggelstube. Frau Bierbaum will sich scheiden lassen“) und 8.12.1908 („Spaziergang mit Bierbaum. Langes Gespräch über seine Ehe“) statt..

Otto Julius Bierbaum schrieb am 23. Dezember 1908 in München
an Frank Wedekind

[Hinweis in Hartung & Hartung: Katalog 139 (2016), Nr. 1943:]


Bierbaum, Otto Julius [...] e. Br. m. U. u. Adr. 23.XII.1908In den Tagen darauf kam es dem Tagebuch zufolge zu mehreren Treffen, am 26.12.1908 („Tilly und ich besuchen Bierbaum im Leinfelder. Mit Bierbaum in der Torggelstube“), 27.12.1908 („Bierbaum und Therese Rosenthal zu Tisch. Abends Torggelstube mit den Sandrocks Henckel Weinhöppel Reßner Bierbaum e.ct.“) und 30.12.1908 („Maß für Maß im Residenztheater mit Bierbaum“). [...] an Frank Wedekind.


[Kuvert:]


An Herrn
Frank Wedekind
in München
Prinz Regentenstraße 50