Briefwechsel

von Frank Wedekind und Konrad Dreher

Konrad Dreher schrieb am 28. September 1903 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Konrad Dreher vom 4.11.1903 aus München:]


Verzeihen Sie bitte, daß ich noch nicht geantwortet.

Frank Wedekind schrieb am 4. November 1903 in Nürnberg folgenden Brief
an Konrad Dreher

Sehr geehrter Herr DreherKonrad Dreher, Volksschauspieler und Gesangskomiker in München (Cuvilliésstraße 6) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1903, Teil I, S. 116], am Münchner Hoftheater etabliert: „Titular-Hofschauspieler: Conrad Dreher, in Schliersee bei München.“ [Neuer Theater-Almanach 1904, S. 438] Er war Direktor des Schlierseer Bauerntheaters und dort Oberregisseur, allerdings nur in der Sommersaison; „während der Winterspielzeit unternimmt das ‚Schliersee’r Bauerntheater‘ Gastspielreisen.“ [Neuer Theater-Almanach 1904, S. 443] Konrad Dreher begann sein Gastspiel am Münchner Theater am Gärtnerplatz (Direktion: Georg Stollberg und Cajetan Schmederer) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 441] am 28.11.1903 [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 56, Nr. 557, 28.11.1903, Vorabendblatt, S. 6] und trat dort bis zum 6.1.1904 [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 7, 6.1.1904, Vorabendblatt, S. 5] in verschiedenen Schwänken (teilweise von ihm mitverfasst) fast täglich auf; unmittelbar nach der Sommerspielzeit in Schliersee gastierte sein Ensemble seit dem 9.9.1903 in Nürnberg, wo auch der Direktor erwartet wurde: „Konrad Dreher’s ‚Schlierseer‘ spielten am Mittwoch abends im Apollotheater [...]. Das ganze 30 Mitglieder zählende Personal ist beschäftigt [...]. Zu den heurigen Gastspielen kommt auch Herr Konrad Dreher mit nach Nürnberg; er wird hier die Proben zum ‚Pfarrer von Kirchfeld‘ leiten, welcher in der zweiten Gastspielwoche in Szene gehen wird.“ [Rosenheimer Anzeiger, Jg. 49, Nr. 207, 15.9.1903, S. (2)] Diese zweite Gastspielwoche endete am 23.9.1903; danach dürfte Konrad Dreher nach München zurückgekehrt sein und Wedekind von dort geschrieben haben (siehe unten).!

verzeihen Sie bitte, daß ich noch nicht geantwortetHinweis auf eine nicht überlieferte Anfrage; erschlossenes Korrespondenzstück: Konrad Dreher an Wedekind, 28.9.1903. Möglicherweise ging es in dieser Anfrage um ein von Konrad Dreher in Frankfurt am Main geplantes „Lustspieltheater“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 56, Nr. 452, 28.9.1903, S. 3]. Wedekind hat auf die Anfrage wohl nicht so rasch geantwortet, da er vor der Nürnberger „Erdgeist“-Premiere am 10.10.1903 am Intimen Theater (Direktion: Emil Meßthaler) einige Tage in Nürnberg war – er habe „bekanntlich 8 Tage lang selber den Proben angewohnt“ [„Fränkischer Kurier“, 12.10.1903; KSA 3/II, S. 1226] – und dann zu seinem Gastspiel in „Marquis von Keith“ seit dem 31.10.1903 wieder in Nürnberg war (siehe unten).. Das allabendliche SpielenWedekind spielte seit der Premiere des „Marquis von Keith“ am 31.10.1903 im Intimen Theater (Direktion: Emil Meßthaler) in Nürnberg allabendlich die Titelrolle. geht E einem etwas auf die Nerven | wenn man es nicht gewohnt ist.

Bis zum 18 November ist nun mein Stück angesetztder 3. Akt von Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ (1903), im November-Programmheft der Elf Scharfrichter, die dann nicht am 6.11.1903, wie geplant, sondern erst am 10.11.1903 mit einer „Ehrenexekution [...] ihr neues November- Programm“ [Allgemeine Zeitung, Jg. 106, Nr. 310, 10.11.1903, 3. Abendblatt, S. 3] eröffneten, als Einakter angekündigt: „LULU. Tragödie in einem Aufzug vom Scharfrichter FRANK WEDEKIND“ [KSA 3/II, S. 1296]; am 12.11.1903 sollte er zuerst gespielt werden: „Die Einladungen zu den Subskriptions-Vorstellungen werden dieser Tage versandt. Um den zahlreichen Anfragen gerecht zu werden, sei bekannt gegeben, daß diese Vorstellungen (acht an der Zahl, deren jede einmal wiederholt wird) außer dem regulären Betrieb am Anfang jeden Monats stattfinden. – Bei der ersten Subskriptions-Vorstellung, am 12. November, werden folgende Bühnenwerke aufgeführt: Wedekinds ‚Lulu‘ (dritter Akt der ‚Büchse der Pandora‘)“ [Die Elf Scharfrichter. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 56, Nr. 505, 29.10.1903, Vorabendblatt, S. 2]; die Darbietung unterblieb, da die Münchner Zensurbehörde die Aufführung des Einakters verbot und ihre Entscheidung der Direktion der Elf Scharfrichter erst am 2.12.1903 mitteilte [vgl. KSA 3/II, S. 1296f.].. Ich würde Ihnen also den ersten Montagder 23.11.1903, der erste Montag nach dem 18.11.1903 (Mittwoch); unklar ist, wofür dieser Termin angesetzt war. nach dem 18 November vorschlagen. Ich habe keine Kalender zur Hand, werde mich aber sofort erkundigen, welches Datum es ist. Vielleicht theilen Sie mir mit ob das Ihnen so paßt.

Mit ergebenstem Gruß
Ihr
Frank Wedekind

Frank Wedekind schrieb am 16. Januar 1904 in München folgenden Brief
an Konrad Dreher

Sehr geehrter Herr Dreher!

wie ich Ihnen gestern sagteam 15.1.1904, vermutlich im Café Luitpold in München, wo der Hofschauspieler Konrad Dreher wohnte (Cuvilliésstraße 6) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1904, Teil I, S. 120], der zugleich Eigentümer, Direktor und Regisseur des Schlierseer Bauerntheater in Schliersee bei München war [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 443]. Konrad Dreher trat als beliebter Volksschauspieler und Gesangskomiker in zahlreichen (auch von ihm mitverfassten) Lustspielen, Possen und operettenartigen Gesangspossen außerdem am Theater am Gärtnerplatz in München auf [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 442]; sein letztes Gastspiel dort hatte am 28.11.1903 begonnen [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 56, Nr. 558, 28.11.1903, General-Anzeiger, S. 1]., erlaube ich mir heute, Ihnen ein Stück zu übersenden; ich thue es in der Erwartung, Sie möchten irgend etwas darin finden, was Sie interessiertWedekind suchte Konrad Dreher für seine Jugendposse „Der Schnellmaler oder Kunst und Mammon“ (1889) zu interessieren, er suchte ihn „für eine Rolle“ in seinem Stück „zu gewinnen“ [KSA 2, S. 610]. Konrad Dreher freute zwar „das große Vertrauen“, musste Wedekind aber enttäuschen, da er „als Possen- und Operettenmensch nicht die Verantwortung für eine so literarische Aufgabe übernehmen wollte.“ [Konrad Dreher: Abreiß-Kalender meines Lebens. 2. Aufl. München 1930, S. 152], damit Sie nicht bedauern müssen, es aufgeschlagen zu haben. Vielleicht erscheint es Ihnen zu kindlich; ich habe den innerlichen Seelen-Humor darin zu entwickeln gesucht, als dessen größten Meister ich Sie | kenne, der aber von der Menge nicht immer am höchsten geschätzt wird. Den Eindruck, den Ihnen das Manuscriptdas „Schnellmaler“-Manuskript (siehe oben); es ist nicht überliefert. macht, auch wenn Sie es nicht vollständig lesen, theilen Sie mir vielleicht einmal gelegentlich im „Luitpold“ mit. Ich bin kein ungeduldiger Autor und weiß aus eigener Erfahrung, wie lange man oft keine Zeit, etwas zu lesen, findet.

In Bewunderung Ihrer Kunst, mit besten Grüßen Ihr
Frank Wedekind


München, 16. Januar
1903/4/.

Frank Wedekind schrieb am 22. Februar 1904 in München folgende Widmung
an Konrad Dreher

Herrn Konrad Dreher
mit dem Ausdruck langjähriger Bewunderung und Hochschätzung
Frank Wedekind.


Februar 1904.


Der Liebestrank

Schwank in drei Aufzügen


von

Frank Wedekind


A L

Paris Leipzig München
Verlag von Albert Langen
1899