Briefwechsel

von Frank Wedekind und Reinhold Geheeb , (Verlag) Albert Langen Verlag

Frank Wedekind schrieb am 2. März 1899 in Paris
an (Verlag) Albert Langen Verlag , Reinhold Geheeb

[1. Hinweis und Zitat in Galerie Gerda Bassenge: Auktion 40 (1982), Nr. 2175:]


Wedekind, Frank […]

An Dr. Geheeb, Redakteur des Simplicissimus

eBmU, Paris, 2.III.1899


Sendet ihm ein Gedichtein Gedichtmanuskript als Beilage. Wedekind sandte Reinhold Geheeb sein Gedicht „An eine angehende Lehrerin“ [KSA 1/I, S. 515-516], das „im Februar 1899“ [KSA 1/I, S. 939] entstanden ist und (unter dem Pseudonym Müller von Bückeburg) am 14.3.1899 im „Simplicissimus“ [Jg. 3, Nr. 51, S. 405] erschien., „das ich seit drei Wochen liegen habe. Ich wagte es nicht abzuschicken aus Angst, es würde von Ihnen verändert. Sie werden mir auch zugestehen, daß, wenn man ihm seinen Charakter nimmt, nichts übrig bleibt, als eine blödsinnige Reimerei ... Dieses vorliegende kann ich Ihnen nur unter der Bedingung zum Druck überlassen, daß nicht ein Wort darin geändert wird ... Sie haben 7 Wochen gebraucht um aus Böhmischen Wäldern II die beste Strophe herauszustreichenaus dem zuvor am 28.2.1899 im „Simplicissimus“ [Jg. 3, Nr. 49, S. 387] mit 20 Strophen (unter dem Pseudonym Hieronymo Jobsio, Räuberhauptmann) veröffentlichten Gedicht „Aus den Böhmischen Wäldern II“ [KSA 1/I, S. 511-513]; die Reinschrift dieses Gedichts, „die aus einer 21strophigen Fassung bestanden haben muß, ist nicht erhalten.“ [KSA 1/I, S. 1046]. Ich gebe mir in dem Gedicht einige Mühe actuell zu sein und stehe nun als der Mensch da, der der Welt längst vermoderten Kohl aufwartet … Aber erwarten Sie keine ekelhaften kleinlichen gemeinen Schimpfereien von mir gegen Menschen, die mir nie etwas zu leide gethan haben (diese Stelle ist – offensichtlich vom Redakteur – mit blauem Farbstift unterstrichen sowie mit einem Fragezeichen versehen). Wenn ich darauf angewiesen bin, mich zu prostituieren, dann prostituiere ich lieber meinen Schwanz als meinen Kopf. Es ist kurzweiliger, weniger gefährlich, wird besser bezahlt und ist außerdem anständiger …“


[2. Hinweis und Referat im Brief von Korfiz Holm an Albert Langen, 7.3.1899 (Abret/Keel 1989, S. 44f.):]


Zum Punkte streichen übrigens einliegend ein reichlich alberner Brief von Wedekind. Können Sie dem Kerl vielleicht klar machen, daß er, wenn wir in seinen Gedichten nicht streichen sollen, es so einrichten soll, daß das nicht nötig ist.

Frank Wedekind schrieb am 1. Juni 1904 in München
an Reinhold Geheeb , (Verlag) Albert Langen Verlag

Vertrag


Zwischen Herrn Frank Wedekind in München und der Firma Albert Langen, Verlag in München, wurde folgender Vertrag abgeschlossen:

§ 1.

Herr Frank Wedekind verpflichtet sich alle künftig erscheinenden Bühnenwerke seiner Feder, ausgenommen „Hidalla“, der Firma Albert Langen in erster Linie zum Bühnenvertrieb anzubieten. Ueber Annahme oder Ablehnung des Stückes hat die Firma Albert Langen innerhalb drei Wochen vom Tage des Empfanges des Stückes an gerechnet zu entscheiden und den Autor vorSchreibversehen, statt: von. der Entscheidung in Kenntnis zu setzen. Im Falle der Annahme hat Herr Wedekind seine Stücke dem Langen’schen Bühnenvertrieb zu denselben Bedingungen zu überlassen, die für die bereits im Langen’schen Bühnenvertrieb befindlichen Stücke des Herrn Wedekind:
Erdgeist
Der Kammersänger
Der Liebestrank
Die Junge Welt
massgebend sind und in den folgenden Paragraphen fixiert werden.

§ 2.

Die Firma Albert Langen hat das alleinige und ausschliessliche Recht die Aufführung der in § 1 bezeichneten Stücke für sämtliche Bühnen des In- und Auslandes zu vergeben und Herr Frank Wedekind bevollmächtigt die Firma Albert Langen alle Vereinbarungen hinsichtlich Honorar und Tantiemen zu treffen, doch verpflichtet sich der Bühnenvertrieb Albert Langen allen speziellen Wünschen des Herrn Wedekind in Hinsicht darauf soweit als tunlich gerecht zu werden.

§ 3.

Die Firma Albert Langen erhält für ihre Tätigkeit im Interesse der in § 1 bezeichneten Werke als Provision zehn Prozent sämtlicher Eingänge, die | aus der Veranstaltung von öffentlichen Aufführungen dieser Werke vereinnahmt werden und verpflichtet sich, Herrn Wedekind darüber monatlich Abrechnung zuzustellen und nach Abzug seiner Provision und eventuell nach Abzug des in § 6 bezeichneten Prozentsatzes Zahlung zu leisten.

§ 4.

Um in etwaigen Streitfällen Herrn Wedekind vor Gericht rechtsgiltig vertreten zu können, gilt dieser Vertrag zugleich als Vollmacht für die Firma Albert Langen.

§ 5.

Die Firma Albert Langen hat das Recht, nach ihrem Ermessen eine Bühnenauflage der bezeichneten Werke, soweit die Herstellung einer solchen im Interesse der Werke notwendig ist, drucken zu lassen. Die Kosten solcher Bühnenauflagen hat die Firma Albert Langen zu verauslagen und sie soll berechtigt sein, diese Kosten in erster Linie aus den für das Werk zu erzielenden Einnahmen zu decken.

§ 6.

Wenn Herr Wedekind bei der Firma Albert Langen einen Vorschuss hat, ist die Firma Albert Langen berechtigt, von den Herrn Wedekind nach Abzug der zehn Prozent Provision zukommenden neunzig Prozent der Tantiemen vierzig Prozent nicht zur Auszahlung zu bringen, sondern zur Deckung des Vorschusses des Herrn Wedekind unter Gutschrift auf dessen Konto zu verwenden.

§ 7.

Dieser Vertrag ist auf die Dauer von drei Jahren für beide Teile unkündbar. vom 1. Juni 1907 ab steht sowohl Herrn Frank Wedekind, wie der Firma Albert Langen das Recht zu, diesen Vertrag jederzeit zu kündigen. Nach erfolgter Kündigung erlischt dieser Vertrag falls die Kündigung in der Zwischenzeit nicht zurückgenommen wurde, ein Jahr nach dem Tage an dem die Kündigung stattgefunden hat.

Vorstehender Vertrag wurde in zwei gleichlautenden Exemplaren ausgefertigt, von beiden Teilen gelesen, genehmigt und unterschrieben.

München, den 1. Juni 1904Wedekind notierte am 1.6.1904 in München einen Besuch im Albert Langen Verlag, bei dem er Honorar und Tantiemen erhalten sowie den vorliegenden Vertrag unterschrieben hat: „Erste Rate von Langen erhalten M. 500– An Tantiemen erhalten M. 124. Contrakt unterschrieben“ [Tb]. Frank Wedekind.


D. R. GeheebDr. phil. Reinhold Geheeb, seit dem 1.8.1897 Mitarbeiter des Albert Langen Verlags [vgl. Pöllinger 1993, S. 421].