Briefwechsel

von Frank Wedekind und Maximilian Harden

Frank Wedekind schrieb am 17. Juni 1892 in Paris folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 17.6.1892 in Paris:]


Expedireexpedieren = zum Versand fertig machen, versenden. ExemplareWedekind schickte ein Exemplar der Erstausgabe von „Frühlings Erwachen. Eine Kindertragödie(1891) ‒ erschienen im Verlag von Jean Groß in Zürich, auf dem Umschlag die Illustration von Franz Stuck, die eine Frühlingslandschaft darstellt [vgl. KSA 2, S. 771f.] ‒ an den bereits namhaften Kritiker [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1892, Teil II, Sp. 367] und Schriftsteller Maximilian Harden in Berlin (Köthenerstraße 27) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1892, Teil I, S. 552]. an Maximilian von Harden [...]

Frank Wedekind schrieb am 28. Oktober 1897 in Dresden folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Wedekinds Brief an Maximilian Harden vom 30.10.1897 aus Dresden:]


Vor einigen Tagen erlaubte ich mir, Ihnen ein älteres Stück „Die Junge Welt“ zu übersenden [...]

Frank Wedekind schrieb am 30. Oktober 1897 in Dresden folgenden Brief
an Maximilian Harden

Hochgeehrter Herr,

mit aufrichtiger großer Bewunderung habe ich soeben Ihren Essay „Rejane“ gelesenWedekind hat den Essay im aktuellen Heft der von Maximilian Harden herausgegebenen Wochenschrift „Die Zukunft“ [vgl. Réjane. In: Die Zukunft, Bd. 21, Jg. 6, Nr. 5, 30.10.1897, S. 220-232] gelesen und unmittelbar nach der Lektüre den vorliegenden Brief geschrieben. Bei dem Essay handelt es sich um eine Theaterrezension. Maximilian Harden sah die Abschiedsvorstellung der berühmten französischen Schauspielerin Réjane (d.i. Gabrielle Charlotte Réju) am 15.10.1897 ‒ „ich muß morgen ins Theater (Réjane)“ [Hellige 1983, S. 305], schrieb er Walther Rathenau am 14.10.1897 ‒ im Lessingtheater, wo sie zum Abschluss ihres Gastspiels in Berlin die Hauptrolle in dem Dramas „La Douloureuse“ von Maurice Donnay spielte.. Es ist mehrfach darin von „Ironie auf der Bühnefreies Zitat aus dem genannten Essay (siehe oben). Maximilian Harden hatte geschrieben, Réjane habe eine „ironische Grundstimmung, die ihr erlaubte, mit einem Blick, einem aufleuchtenden Ton, einer raschen, kaum merkbaren Geberde die Komik der ernsten und den Ernst der komischen Vorgänge zu zeigen [...]. Ironie ist der Trost und die Wonne der Müden, denen [...] die festen Grenzen von Gut und Böse verwischt sind und die nun an nichts mehr glauben [...]. Der natürliche, gesunde Mensch kennt und versteht ironische Regungen nicht; wo sie sich melden, muß schon eine Kultur überreif geworden und mit Schimmelgespinnst bedeckt [...] sein. [...] Ironie ist die letzte Stütze der dem Tode Geweihten;“ ein „fader Fäulnißduft“ sei deshalb spürbar; er gestand der Schauspielerin allerdings zu: „Frau Réjane putzt die wurmstichige Schwäche nicht zum Heldenthum heraus, sie giebt ihre sittlich kranken Geschöpfe nicht für Gesunde“ [Réjane. In: Die Zukunft, Bd. 21, Jg. 6, Nr. 5, 30.10.1897, S. 224, 226f., 229, 232].“ die Rede. Ich müßte Sie falsch verstehen, oder Sie schätzen und Sie verdammen zugleich in dieser Ironie den echten menschlichen Humor, der, quasi in Fäulniß übergegangen, seine positive Seite, seinen erhabenen Standpunkt eingebüßt hat. Eine so verstandene Ironie war mir, | ‒ neben meinem ersten und hauptsächlichsten Bestreben, Schönheit auf der Bühne zu creiren ‒ künstlerisches Princip, als ich die Tragödie „Erdgeist“ schrieb. Wenn ich mir die Freiheit nehme, Ihnen das Buch vorzulegenWedekind sandte Maximilian Harden als Beilage zum vorliegenden Brief die Erstausgabe „Der Erstgeist. Eine Tragödie“ (1895), die im Albert Langen Verlag erschienen ist [vgl. KSA 3/II, S. 858]., so glaube ich mich durch die Überzeugung gerechtfertigt, daß Sie meine Ziele im vollsten Maße würdigen und daß, wenn Sie das Stück nicht für bühnenwirksam halten, ich nicht mehr darüber im Zweifel sein kann, daß ich meine Ziele nicht erreicht habe.

Im vergangenen Winter trug sich die Dramatische Gesellschaft in Berlin | mit dem Gedanken, das Drama aufzuführen, hat dann aber davon Abstand genommenDie im Herbst 1896 gegründete Dramatische Gesellschaft zu Berlin [vgl. Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 493, 20.10.1896, Morgen-Ausgabe, S. 7], eine freie Bühnenvereinigung, die sich der Förderung des modernen Dramas verpflichtet sah, hatte um die Jahreswende 1896/97 erwogen, Wedekinds Stücke „Der Erdgeist“ und „Die junge Welt“ [vgl. KSA 1/II, S. 1308] aufzuführen, sich dann aber dagegen entschieden. Den Vorstand bildeten Ludwig Fulda und Bruno Wille, Beisitzer waren Otto Neumann-Hofer, Emil Lessing und Otto Erich Hartleben [vgl. KSA 1/II, S. 1308-1310], im Jahr darauf war Otto Erich Hartleben Vorsitzender, Theodor Entsch Schatzmeister [vgl. Beilage zur Norddeutschen Allgemeinen Zeitung, Nr. 348, 18.10.1897, S. 3-4]. Wedekind verarbeitete 1897 in seinem Gedicht „Die Dramatische Gesellschaft“ [KSA 1/I, S. 381] seine Enttäuschung über die Ablehnung [vgl. KSA 1/II, S. 1307-1310]., und ich kann mich, so anmaßend es klingen mag, der Überzeugung nicht erwehren, daß man eine Wirkung für ausgeschlossen hielt, weil man die Wirkung, die man empfand für unbeabsichtigt ansah und dafür eine Wirkung erwartete, die ich vermeide.

Vor einigen Tagen erlaubte ich mir, Ihnen ein älteres Stück„Die junge Welt“ (1897) ist eine Umarbeitung oder „grundlegende Überarbeitung“ [KSA 2, S. 630] des älteren Lustspiels „Kinder und Narren“ (1891) [vgl. KSA 2, S. 643].Die Junge Weltzu übersendenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Buchsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 28.10.1897. Wedekind sandte Maximilian Harden „Die junge Welt. Comödie in drei Aufzügen und einem Vorspiel“ (1897); das Stück war soeben bei W. Pauli’s Nachfolger (H. Jerosch) in Berlin erschienen [vgl. KSA 2, S. 646]., in dem ich nicht diese Principien verfolge, sondern nur auf reinmenschlichen Humor ausgehe, auf eine Art spielenden Humors, wie er in den Lustspielen des 16. Jahrhunderts waltet und wie ich ihn in der modernen Literatur, wenigstens | auf moderne Stoffe verwandt, nicht vorfinde.

Dieses, geehrter Herr, sind meine Illusionen, die mich dazu drängen, Ihnen meine Arbeiten vorzulegen, und die ich mir, wenn sie nicht berechtigt sind, gerne zerstören lasse, was Sie als die für mich im vollsten Sinne maßgebende Autorität, dadurch bewirken werden, daß Sie schweigend darüber hinweg gehenMaximilian Hardens erste ausführliche Besprechung der Werke Wedekinds, darunter vor allem „Erdgeist“, erschien erst Jahre später in der „Zukunft“ vom 31.1.1903 [vgl. Martin 1996, S. 191-194].. Es bleibt mir dann nur noch die Pflicht, Sie wegen unnützer Inanspruchnahme Ihrer Zeit um Entschuldigung zu bitten.

Ich ersuche Sie, geehrter Herr, die Versicherung meiner größten Hochschätzung entgegennehmen zu wollen.

Frank Wedekind


Dresden, Walpurgisstraße 14.II. ‒ 30. Okt. 97.

Frank Wedekind schrieb am 16. September 1903 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Postkarte an Wedekind vom 17.9.1903 aus Berlin:]


Ihnen und Ihren Freunden danke ich herzlich für den liebenswürdigen Gruß [...]

Maximilian Harden schrieb am 17. September 1903 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


An Herrn Frank Wedekind
in München
Wohnung (Straße und Hausnummer) Franz Josefstr. 42 II |


Grunewald-Berlin, 17/9 1903


Verehrter Herr Wedekind,

Ihnen und Ihren Freunden danke ich herzlich für den liebenswürdigen Grußnicht überliefert (eine Postkarte oder Bildpostkarte); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 16.9.1903. Wer die Grußkarte mitunterschrieben hat, ist nicht ermittelt., den ich in derselben Tonart erwidere.

Zu meinen Wünschen gehört längst, Sie, dessen Gaben ich so hoch schätzeMaximilian Harden hatte Anfang des Jahres seine erste größere Würdigung Wedekinds veröffentlicht und zum Auftakt geschrieben, Wedekind sei „der begabteste der jüngeren deutschen Dramatiker“, er sei ein „merkwürdig polyglottes Talent, dem die lustigsten Bänkelsänge und wüstesten Melodramenstimmungen gelingen.“ [Theaternotizen. In: Die Zukunft, Bd. 42, Jg. 12, Nr. 18, 31.1.1903, S. 205-207, hier S. 305], endlich einmal kennen zu lernen. Ich bin recht ungesund und durch ekelste ArbeitMaximilian Harden, Herausgeber der von ihm allein verantworteten politischen Wochenschrift „Die Zukunft“ in Berlin, dürfte mit seinem Artikel über den Parteitag der deutschen Sozialdemokraten in Dresden beschäftigt gewesen sein; er klagt dort, dass in Dresden „groteske Schimpfreden [...] gegen mich ausgespien wurden“, man habe diskutiert, ob er „ein über alle Maßen abscheuliches Ungethüm sei und ob ein Sozialdemokrat für die ‚Zukunft‘ schreiben dürfe.“ [Trianon. In: Die Zukunft, Bd. 44, Jg. 6, Nr. 51, 19.9.1903, S. 455-461] belastet; sonst käme ich nach München.

Vielleicht aber kommen Sie zunächst wenigstens mal literarisch? Ich würde Sie mit Freude als MitarbeiterBeiträge Wedekinds sind in Maximilian Hardens Wochenschrift „Die Zukunft“ zunächst nicht erschienen. begrüßen.

Nochmals: besten Dank und Gegengruß
von Ihrem sehr ergebenen
Harden

Frank Wedekind schrieb am 6. Oktober 1904 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr geehrter Herr Harden,

es erübrigt mir noch, Ihnen für den schönen ang/r/egenden Abend in BerlinWedekind, der sich vom 22. bis 26.9.1904 zu einem Gastspiel in Berlin aufhielt, war gleich am ersten Abend bei dem mit Maximilian Harden befreundeten Geschäftsinhaber der Berliner Handels-Gesellschaft Dr. phil. Walther Rathenau (Viktoriastraße 3, 2. Stock) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1905, Teil I, S. 1643] zu Besuch, wie er am 22.9.1904 notierte: „Abends mit M Harden bei Dr. Ratenau diniert.“ [Tb], für Ihre persönliche BekanntschaftWedekind hat am 22.9.1904 (siehe oben) Maximilian Harden und Walther Rathenau persönlich kennengelernt. Maximilian Harden schrieb am 23.9.1904 an eine unbekannte Person: „Gestern lernte ich Wedekind kennen; einen höchst ungewöhnlichen Menschen, dessen Talent ich, nicht ohne manches Widerstreben, ungemein schätze. Als Menschen kann ich ihn freilich noch nicht durchblicken.“ [Katalog Antiquariat Herbst-Auktionen (Detmold): https://www.herbst-auktionen.de (zuletzt abgerufen 16.8.2023)] und die des Herrn Dr. Rathenau meinen aufrichtigen DankWedekind hat nicht nur Maximilian Harden seinen Dank ausgesprochen, sondern zugleich auch Walther Rathenau [vgl. Wedekind an Walther Rathenau, 6.10.1904]. Den vorliegenden Brief Wedekinds hat Maximilian Harden seinem Brief an Walther Rathenau vom 9.10.1904 beigelegt: „Und damit Sie nicht zu stolz werden: einen Wedekindbrief, den ich heute empfing.“ [Hellige 1983, S. 381] auszusprechen. Neben dem höchsten Gut auf Erden, der persönlichen Freiheit, war mir die Möglichkeit, mit Menschen meiner Verehrung und meiner Wahl verkehren zu dürfen, bei | allem was ich that von jeher das erstrebenswertheste Ziel, und Ihre Bekanntschaft rechne ich zu den größten Erfolgen die mir meine literarische Thätigkeit bis jetzt eingetragen hat.

Mit besten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


München. 6. Okt. 04Wedekind notierte am 6.10.1904: „Briefe an Rathenau [...] Harden“ [Tb]..

Maximilian Harden schrieb am 9. Oktober 1904 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald-Berlin, 9.10.1904


Sehr geehrter Herr Wedekind,

aufrichtig danke ich Ihnen für Ihren liebenswürdigen Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 6.10.1904. Maximilian Harden sandte diese Brief am 9.10.1904 an Walther Rathenau: „Und damit Sie nicht zu stolz werden: einen Wedekindbrief, den ich heute empfing.“ [Hellige 1983, S. 381]. Mir wars eine große, lange ersehnte Freude, Sie kennenzulernenWedekind hatte Maximilian Harden am 22.9.1904 in Berlin persönlich kennengelernt, der ihn zu einem Abendessen bei Walther Rathenau mitnahm, den er bei dieser Gelegenheit ebenfalls persönlich kennenlernte: „Abends mit M Harden bei Dr. Ratenau diniert.“ [Tb] Maximilian Harden schrieb am 23.9.1904 an eine unbekannte Person: „Gestern lernte ich Wedekind kennen; einen höchst ungewöhnlichen Menschen, dessen Talent ich, nicht ohne manches Widerstreben, ungemein schätze. Als Menschen kann ich ihn freilich noch nicht durchblicken.“ [Katalog Antiquariat Herbst-Auktionen (Detmold): https://www.herbst-auktionen.de (zuletzt abgerufen 16.8.2023)]. Und daß ich Sie so ganz unkonventionell bat, den Abend mit meinem Freunde zu verbringen, läßt sich nur durch die Thatsache begründen, daß Rathenau der feinste, verständnißvollste Bewunderer Ihrer Kunst ist, den ich kenne.

Ich hoffe, wir verlieren einander nicht wieder. Kann ichs irgend ermöglichen, so suche ich Sie bald in München auf.

Herzlich grüßt Ihr sehr ergebener
Harden

Maximilian Harden schrieb am 3. März 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 3/3 1905


Sehr geehrter Herr Wedekind,

Sie scheinen zwar diesmalWedekind war seit dem 1.3.1905 wieder in Berlin (Rückfahrt nach München am 5.3.1905) und hatte sich anscheinend noch nicht gemeldet ‒ weder bei Maximilian Harden noch bei Walther Rathenau. Sein Aufenthalt in Berlin dürfte Harden durch andere bekannt geworden sein, möglicherweise durch Max Reinhardt oder Felix Hollaender, mit denen Wedekind am 2.3.1905 in Berlin dinierte [vgl. Tb]. von Ihren neuen FreundenWährend seines letzten Aufenthalts in Berlin hatte Wedekind sowohl Maximilian Harden als auch Walther Rathenau persönlich kennengelernt, am 22.9.1904 bei einem Abendessen bei Walther Rathenau (Viktoriastraße 3) [vgl. Adreßbuch für Berlin 1905, Teil I, S. 1643]. Sie zählten seitdem zu Wedekinds engerem Berliner Freundeskreis. nichts wissen zu wollen, werden mir aber gestatten, mich eines Auftrages zu entledigen, den ich sehr gern übernommen habe. Walther Rathenau, Viktoriastraße 3, der Ihnen ja gefiel, hat morgen, Sonnabend, um 8An dem auf 20 Uhr festgesetzten Abendessen am 4.3.1905 (Samstag) bei Walther Rathenau mit Maximilian Harden, Walther Rathenaus Vetter Max Liebermann, dessen Frau Martha Liebermann (geb. Marckwald) und vermutlich den Brüdern Heinrich und Julius Hart nahm Wedekind zwar nicht teil, er kam an diesem Samstag aber später hinzu, wie er am 4.3.1905 notierte: „Nachts mit Harden den Harts und Liebermann bei Walther Rathenau.“ [Tb] ein paar Menschen (darunter Liebermanns u. Ihren Ergebendsten) bei sich zum Essen und würde sich sehr freuen, wenn Sie Zeit und Lust hätten, auch zu ihm zu kommen.

Daß ich mich besonders freuen würde, Sie wiederzusehen, wissen Sie.

Mit verbindlichen Grüßen
Harden

Maximilian Harden schrieb am 12. Mai 1905 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Maximilian Hardens Brief an Wedekind vom 4.10.1905 aus Berlin:]


[...] daß ich Ihren liebenswürdigen Besuch damals verfehlte, habe ich aufrichtig bedauert, schrieb es Ihnen auch.

Frank Wedekind schrieb am 2. Oktober 1905 in Berlin folgende Kartenbrief
an Maximilian Harden

Kartenbrief


An Herrn Maximilian Harden
in Berlin Grunewald
Wohnung (Straße und Hausnummer) Wernerstrasse. |


Abs: Wedekind
Schiffbauerdamm 6.III. |


Sehr geehrter Herr Harden!

Seit einigen Tagen bin ich wieder hierWedekind traf am 8.9.1905 in Berlin ein und mietete sich am 9.9.1905 in einer Wohnung „Schiffbauerdamm No 6 ein.“ [Tb]. Es wäre mir eine große Freude, wenn ich Sie gelegentlich einmal wiedersehnZu einem Wiedersehen kam es gleich am darauffolgenden Samstag (entsprechend ist von fremder Hand auf den Kartenbrief „Sonnabend abend!“ notiert), dem 7.10.1905: „Triclinium mit Harden bei Rathenau.“ [Tb] Das wird, da Wedekind auch an diesem Samstagabend in „Hidalla“ spielte (siehe unten), kaum vor 23 Uhr gewesen sein. könnte. Sind Sie vielleicht NachmittagsAls ein Treffens zu dritt ‒ Wedekind, Maximilian Harden und Walther Rathenau ‒ zur Debatte stand und Rathenau einen Abend vorschlug, verwies Harden auf Wedekinds Vorschlag und bemerkte am 5.10.1905 gegenüber Rathenau, Wedekind käme doch sicher erst gegen 23.30 Uhr und dann würde es wieder 3 Uhr nachts: „Hätten Sie [...] mich gefragt! [...] Der Knabe kommt gegen 11½; es wird 3. Hätten Sie ihn, wie er mir vorschlug, für nachmittag gebeten! ‚Jause‘ nennt mans in Wien.“ [Hellige 1983, S. 428] einmal im Café | zu treffen? AbendsWedekind war abends gebunden durch die fast täglichen Vorstellungen von „Hidalla“ am Berliner Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky), die jeweils um 20 Uhr begannen. Er spielte in dem Stück, das am 26.9.1905 Premiere gehabt hatte, die Hauptrolle des Karl Hetmann. wird es Ihnen zu spät sein, da ich selten vor 11 Uhr frei bin. Bei meinem letzten HierseinWedekinds Kurzbesuch vom 11. bis 13.5.1905 in Berlin [vgl. Tb]. habe ich Sie leider verfehltWedekind hatte Harden am 11.5.1905 nicht in seiner Wohnung im Grunewald angetroffen, wie er notierte: „Besuch bei Maximilian Harden, Walter Rathenau und Gertrud Eysold die ich alle drei nicht treffe.“ [Tb].

Mit besten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


Schiffbauerdamm 6.III.

2.10.5.

Maximilian Harden schrieb am 4. Oktober 1905 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 4/10 05


Sehr geehrter Herr Wedekind,

daß ich Ihren liebenswürdigen Besuch damalsWedekind notierte am 11.5.1905 in Berlin: „Besuch bei Maximilian Harden, Walter Rathenau und Gertrud Eysold die ich alle drei nicht treffe.“ [Tb] verfehlte, habe ich aufrichtig bedauert, schrieb es Ihnen auchHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Maximilian Harden an Wedekind, 12.5.1905.. Und jetzt bin ich so von Schmerzen gepeinigtMaximilian Harden litt unter anderem unter Zahnschmerzen und hatte Fieber, wie er am 4.10.1905 an Walther Rathenau schrieb: „Seit Sonntag früh keine schmerzfreie Minute. Linke Schulter (Nr. II) und linker Backzahn furchtbar vereitert. 40°, konstatierte mein Zahnarzt.“ [Hellige 1983, S. 422], daß ich noch nicht einmal Ihren HetmannWedekind spielte in „Hidalla“ am Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) in Berlin die Hauptrolle des Karl Hetmann (Premiere war am 26.9.1905). Die Inszenierung, die allein bis zum Jahresende 40 Vorstellungen erlebte, hatte einen starken Publikumserfolg. sehen konnte, auf den ich mich so sehr gefreut hatte.

(Uebrigens: Blödsinn genugDie Berliner Kritik hatte kaum Verständnis für die „Hidalla“-Inszenierung – man meinte gleich am 27.9.1905, „das Ganze“ sei „ein lauwarmer Kuddelmuddel dummer Weltbeglückungsideen und halber Ironien“ (Viktor Auburtin, „Berliner Börsen-Zeitung“), beklagte „Banalitäten“ (Arthur Eloesser, „Vossische Zeitung“), sprach von einer „philosophischen Clowniade“ (Norbert Falk, „Berliner Morgenpost“), sah „Wahnwitz ohne Methode“ und „klingenden Unsinn“ (F.H., „Berliner Lokal-Anzeiger“), aber auch ein „ernstes, strenges Thesenstück“ (Monty Jacobs, „Berliner Tageblatt“), sah einen „Vortrag in fünf Akten“ (Isidor Landau, „Berliner Börsen-Courier“), zählte es zu den „unverzeihlichen Theatersünden“ („Deutscher Reichs-Anzeiger“), meinte, „den Gedanken und Sehnsüchten Hetmanns fehlen Klarheit und Schlagkraft“ („National-Zeitung“) oder „Tragik und Groteske zerfließen ineinander“ (R.P., „Die Post“), man nannte das Stück am 28.9.1905 einen „Kopfläufer“ (Paul Lerch, „Germania“) oder am 29.9.1905 „ein aus Ödipus und Sphinx [...] scheußlich zusammengekuppeltes Ungeheuer“ (Julius Hart, „Der Tag“) [vgl. KSA 6, S. 551-558]. ist über Hidalla geschrieben worden.)

Sobald ich irgend kann, komme ich ins Theater; und schlage Ihnen für den Nachmittag ein RendezvousWalther Rathenau, der Wedekind ein Treffen womöglich gemeinsam mit Maximilian Harden vorgeschlagen hatte [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 3.10.1905], schrieb am 4.10.1905 an Harden: „Cher, ich habe Wedekind auf Sonnabend eingeladen; er spielt und kommt erst um 11h Wollen wir zusammen vorher das Stück sehen? Wir können ihn dann gleich mit nach Hause nehmen. Ein Telephonwort, damit ich Billets besorgen kann.“ [Hellige 1983, S. 424] Rathenau hat auf diesen Brief ein markantes Wedekind-Porträt gezeichnet [vgl. Hellige 1983, S. 430], das Harden „fabelhaft ähnlich“ [Hellige 1983, S. 428] fand. Er hat diesen Brief zu schreiben Wedekind angekündigt sowie die Uhrzeit am 7.10.1905 (Samstag) – 23 Uhr nach der „Hidalla“-Vorstellung (siehe oben) – bestätigt [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 4.10.1905]. Harden antwortete Rathenau am 5.10.1905, er fühle sich krank und könne Wedekind daher „leider nicht sehen. [...] Ob ichs Sonnabend kann, weiß Jahwe. [...] aber etwa orgiastisch zu schwärmen, wäre in meinem Zustand (3 Tage 40°) ganz unmöglich. Wie gräßlich leid mirs tut, wissen Sie. Hätten Sie, weniger despotisch, mich gefragt! Es ist fast stillos, daß ich nicht dabei sein soll. [...] Hidalla müssen wir jedenfalls zusammen sehen.“ [Hellige 1983, S. 428] Daraufhin suchte Rathenau Harden am 6.10.1905 zu überreden: „Sie müssen morgen abend kommen, wenn Sie ein netter Kerl sind. Ich habe W. ausdrücklich um einen Endtag gebeten, um Sie zu ‚sichern‘. Eben habe ich ihm notificiert, daß Sie auszubrechen suchten, weil ich weiß, daß er sich auf Sie spitzt, und anheimgestellt, zu verschieben, wenn er das Risico nicht will.“ [Hellige 1983, S. 430] Das Treffen zu dritt am 7.10.1905 im Anschluss an die „Hidalla“-Vorstellung fand stand, wie Wedekind notierte: „Triclinium mit Harden und Rathenau.“ [Tb] vor. Hierher kann ich Sie, da Sie jeden Abend spielen, leider nicht locken.

Ich freue mich aufrichtig, Sie wiederzusehenÜber das Wiedersehen zu dritt ‒ Wedekind, Harden und Rathenau (siehe oben) ‒ am 7.10.1905 nach der Vorstellung von „Hidalla“ schrieb Rathenau am 8.10.1905 an Harden: „Lieber Maxim, es war doch ein famoser Abend [...]. Wedekind, in seiner neuen Erscheinung, war weniger Rätsel, aber sympathischer. Auch hat der große Eindruck der Vorstellung mich für ihn gestimmt.“ [Hellige 1983, S. 431], danke Ihnen für Ihren Briefein Kartenbrief [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 2.10.1905]. und bin mit herzlichem Gruß,
Ihr
Harden


Eigentlich müßten Sie selbst Etwas über Ihr Drama schreibennicht realisierter Vorschlag; eine Stellungnahme Wedekinds zu „Hidalla“ ist in der Wochenschrift „Die Zukunft“ (Herausgeber: Maximilian Harden) nicht erschienen.. Ich wills auch versuchenMaximilian Harden äußerte sich über „Hidalla“ gut drei Monate später in einem großen Artikel über Wedekinds Gesamtwerk, indem er unter anderem bemerkte: „Hetmann ist das [...] mit dem Fluch der Lächerlichkeit beladene soziale Genie, das zusehen muß, wie andere, Hohlköpfe und Lumpen, munter Kinder zeugen, das mit dem Zwergriesenschädel gegen die Mauer des Familienhauses rennt“ ‒ ausgedrückt sei in der Figur „leidenschaftlicher Glaube, so mächtig der Rhythmus einer Persönlichkeit, daß dieser schönheitssüchtige Krüppel, der doch baren Unsinn bekennt, als ein echter Prinz aus Genieland vor uns steht.“ [M.H.: Theater. In: Die Zukunft, Bd. 54, Jg. 14, Nr. 25, 13.1.1906, S. 77-86, hier S. 86]. Das wäre aber kein Hinderniß.

Maximilian Harden schrieb am 4. Dezember 1905 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


An Herrn Frank Wedekind
in Berlin NW
Wohnung (Straße und Hausnummer) Schiffbauerdamm 6 III |

Grunewald, 4/12 1905


Hochgeehrter Herr Wedekind,

mein VersuchMaximilian Harden dürfte die Postkarte an Wedekind unmittelbar nach seinem Besuch, bei dem er Wedekind in seiner Wohnung am Schiffbauerdamm 6 nicht antraf, geschrieben haben. Da die Postkarte zwischen 10 und 11 Uhr abgestempelt ist, fand der erfolglose Besuch davor statt. Wedekind hatte am 4.12.1912 vormittags „Arrangierprobe Marquis von Keith“ [Tb] im Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) – er spielte die Titelrolle in der Berliner Inszenierung des „Marquis von Keith“, deren Premiere am 13.12.1905 stattfand., Sie in Ihrer Wohnung zu finden, ist leider mißglückt; und da ich, wie immer, Visitenkarten vergessen hatte, konnte ich nicht mal acte de présence machenRedewendung ‚pour faire acte de présence‘ (frz.) = sich zeigen, präsent sein..

Meine zweimonatige akute KrankheitMaximilian Harden litt unter schmerzhaften Hautentzündungen und zog diverse Ärzte zu Rate. „Beständig die abscheuliche Furunkelei“, gegen die „fast nichts“ [Hellige 1983, S. 436] zu machen sei, klagte er Walther Rathenau am 2.11.1905, über die daraus resultierende gelegentliche „fast völlige Unbeweglichkeit des Arms“ [Hellige 1983, S. 438] am 8.11.1905, außerdem: „Vier Wochen Fieber“ [Hellige 1983, S. 439]. Dazu kamen heftige Zahnschmerzen und Zahnbehandlungen; davon hat er zwei Monate zuvor auch Wedekind geschrieben [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 4.10.1905]. hat mich um die Freude gebracht, Sie sehen zu können. Vielleicht haben Sie in einer zweiten WochenhälfteMaximilian Harden war Anfang der Woche stets sehr beschäftigt, da er dienstags das jeweilige Heft der „Zukunft“ im Einmannbetrieb fertig redigierte. „Die Zukunft“ erschien, jeweils datiert auf den folgenden Samstag, immer freitags. Wedekind wusste von Rathenau [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 3.10.1905], dass Harden Verabredungen von Donnerstag bis Samstag besser passten. mal Zeit und Lust, hier oder in der Stadt mit mir zusammenzuseinWedekind sah Maximilian Harden am 7.12.1905 bei einem Diner bei Walther Rathenau wieder (ohne die Begegnung zu notieren): „Abends großes Diner bei Rathenau. Ich führe Frau Kommerzienrath Deutsch zu Tisch.“ [Tb] Harden bedankte sich am 8.12.1905 bei Rathenau für den Abend: „Dank für gestern. Es war sehr schön. Deutschs [...] hatte die ungemeine Güte, mich heraus zu fahren.“ [Hellige 1983, S. 446].

Mit verbindlichen Grüßen
ergeben
Harden

Frank Wedekind schrieb am 5. Dezember 1905 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Lieber verehrter Herr Harden!

ich bedaure ungemein, daß Sie sich zu mir bemühtvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 4.12.1905. haben, ohne daß ich die Freude hatte Sie zu sehen. Um so mehr freut es mich, daß Sie endlich Ihren Schmerzen und Leidenvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 4.12.1905. enthoben sind. Wenn ich den nächsten Dienstagder 12.12.1905, an dem die „Generalprobe“ [Tb] zu Wedekinds Gastspielpremiere in der Titelrolle des „Marquis von Keith“ am 13.12.1905 am Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) in Berlin stattfand. hinter mir | habe, werde ich mir auch das Vergnügen nicht nehmen lassen, Sie aufzusuchenEin Besuch Wedekinds bei Maximilian Harden in den Tagen nach dem 12.12.1905 ist nicht belegt../,/ an einem der ersten Wochentage.

Mit den herzlichsten Glückwünschen zu Ihrer Wiedergenesung und ergebenstem Gruß
Ihr
Frank Wedekind.


5 XII 5.

Frank Wedekind schrieb am 18. Januar 1906 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Kleines Theater zu Berlin
Direktion und Bureau: Unter den Linden 44

den 190


Lieber verehrter Herr Harden,

empfangen Sie meinen innigen DankWedekind bedankte sich bei Maximilian Harden für einen Artikel über sein Gesamtwerk [vgl. M.H.: Theater. In: Die Zukunft, Bd. 54, Jg. 14, Nr. 25, 13.1.1906, S. 77-86]. Walther Rathenau schrieb Harden am 20.1.1906 von seiner „vollen Freude über Ihren schönen Wedekind-Essay“ [Hellige 1983, S. 452] und Hedwig Pringsheim meinte in ihrem Brief an Harden vom 23.1.1906: „Famos der Wedekind; so gutes, treffendes hat noch niemand über ihn gesagt. Habe mich richtig drüber gefreut.“ [Neumann 2006, S. 42] für das glänzende Spiegelbild, das Sie mir vorhalten. Ich bin stolz auf das unverkennbare Wohlwollen, mit dem Sie das Bild vom ersten bis zum letzten Strich gezeichnet haben, und werde glücklich sein, wenn das Bild im Lauf der Jahre nicht schlechter wird als es heute ist. Ich hoffe mich Ihrer Güte dadurch würdig zu zeigen, daß ich auch in schärferen Beurtheilungen immer nur den Beweis Ihrer | Freundschaft sehe.

Eben komme ich aus der Hauptmannschen GeneralprobeWedekind notierte am 18.1.1906: „Generalprobe von ,Und Pippa tanzt‘ im Lessingtheater“ [Tb]. Gerhart Hauptmann notierte dazu am 19.1.1906: „‚Pippa‘ Gestern war Generalprobe. Wedekind war sehr mitgenommen. Sagte, ich habe mich übergipfelt. [...] W[edekind] stürzte auf die Bühne und in dem erstrebten und überlebten Jargon duzte er Pippa. Es riss mich.“ [Tb Hauptmann] Gerhart Hauptmanns Drama „Und Pippa tanzt! Ein Glashüttenmärchen“ (1906) wurde am 19.1.1906 im Berliner Lessingtheater unter der Regie von Otto Brahm mit Ida Orloff in der Titelrolle uraufgeführt; Beginn der Vorstellung: 19.30 Uhr [vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 35, Nr. 33, 19.1.1906, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (4)]. Wedekind war in der Vorstellung, wie er am 19.1.1906 festhielt: „Uraufführung von ‚Und Pippa tanzt.‘“ [Tb]. Ich bildete mir ein auf diesem oder jenem Gebiet mit ihm ringen zu können. Nun zerschlägt mir dieser Großkaufmann mit einer einzigen Schiffsladung meinen ganzen Gemüsekram. Mit dem einen Stück thut er den Sprung bis ans letzte Ende, jenseits desses/n/ es nichts mehr giebtMaximilian Harden, dem Gerhart Hauptmanns Stück „Und Pippa tanzt!“ nicht gefiel, berichtete Walther Rathenau am 20.1.1906 von Wedekinds Brief: „Wedekind schrieb mir, über dieses Werk hinaus gebe es nichts mehr.“ [Hellige 1983, S. 451].

Mit den herzlichsten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


18.I.6Wedekind notiert am 18.1.1906: „Brief an Harden.“.

Maximilian Harden schrieb am 19. Januar 1906 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


An Herrn Frank Wedekind
in Berlin NW
Wohnung (Straße und Hausnummer) Schiffbauerdamm 6 |


Grunewald, 19.1.06


Lieber Herr Wedekind,

für Ihre sehr liebenswürdigen Wortevgl. Wedekind an Maximilian Harden, 18.1.1906. danke ich Ihnen aufrichtig. Ich bin zufrieden, wenn Sie nicht unzufrieden sind; hätte selbst aber meinem VersuchMaximilian Harden hat in einem Aufsatz Wedekinds Gesamtwerk gewürdigt [vgl. M.H.: Theater. In: Die Zukunft, Jg. 14, Nr. 25, 13.1.1906, S. 77-86]. noch viel besseres Gelingen gewünscht. Doch läßt MinervaGöttin der Künste und des Handwerks in der antiken Mythologie, hier Metapher für die schriftstellerische Tätigkeit des Literatur- und Theaterkritikers Maximilian Harden. sich nicht kommandiren. Ich hoffe, Sie bald wiederzusehenMaximilian Harden sah Wedekind spätestens am 26.1.1906 in größerem Kreis wieder, wie Wedekind notierte: „Abendgesellschaft bei Borchardt mit Reinhart Rathenau Harden Holländer, Salten, Sandrock und Tilly.“ [Tb]; bald und lange.

Mit herzlichen Grüßen bin ich
Ihnen ergeben
Harden

Frank Wedekind schrieb am 11. März 1906 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Schiffbauerdamm 6. III

11.III.6.


Sehr geehrter Herr Harden!

Würden Sie mir die große Freude machen, Donnerstag, den 15. Abends 8 Uhr mit Herrn Dr. Rathenau Frau Eysoldt und mir zu Abend zu essen und zwar Markgrafenstraße No 52.A im ersten StockDas Restaurant von Jean Hupka, ein Gastwirt, der auch eine Weinhandlung betrieb, lag im 1. Stock der Markgrafenstaße 52a [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 919]. Im selben Haus gab es noch eine andere Weinhandlung., wo wir voraussichtlich unter uns | sein werden.

Ich würde mich unendlich freuen, wenn wir uns endlich einmal wieder in vertrautem KreisWedekind hat Maximilian Harden zuletzt dem Tagebuch zufolge nur größerem Kreis gesehen – so am 26.1.1906 („Abendgesellschaft bei Borchardt mit Reinhart Rathenau Harden Holländer, Salten, Sandrock und Tilly“) und zuvor am 4.1.1906 („Abend bei Kommerzienrat Deutsch“). Wedekind dachte vermutlich an intimere Zusammenkünfte wie zuletzt den Abend mit Maximilian Harden und Walther Rathenau am 7.10.1905 [vgl. Tb]. sprechen könnten.

Ich bitte Sie, meine ergebensten Grüße entgegenzunehmen.
Ihr
Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 12. März 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 12/3 06


Sehr geehrter Herr Wedekind,

herzlichen Dank für Ihre liebenswürdige Einladungzu einem gemeinsamen Abendessen mit ihm, Walther Rathenau und Gertrud Eysoldt in einem Restaurant [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 11.3.1906].! Ich bin traurig, daß ich ihr nicht folgen kannMaximilian Harden erwähnte die ‚halbe‘ Absage in seinem Brief an Walther Rathenau vom 15.3.1906: „Zu Wedekind werde ich nicht kommen. [...] Ich hatte W. bereits halb abgeschrieben; die andere Hälfte folgt morgen.“ [Hellige 1983, S. 466]. Es wäre auch mir eine große Freude gewesen, endlich einmal wieder ohne viele Menschen mit Ihnen zusammenzusein. Doch hoffe ich bestimmt, daß es bald möglich sein wird.

Mit bestem Gruß bin ich
Ihnen ergeben
Harden

Frank Wedekind schrieb am 12. März 1906 in Berlin folgende Kartenbrief
an Maximilian Harden

Rohrpost

Kartenbrief


An
Herrn Maximilian Harden
in Grunewald Colonie
Wohnung (Straße und Hausnummer) Wernerstrasse 16. |


Sehr geehrter Herr Harden,

Frau Eysoldt sagt mir ebenGertrud Eysoldt schrieb Wedekind, sie sei am 15.3.1906 verreist, da sie in Bromberg (Bydgoszcz) die Elektra (die Titelfigur in der Tragödie des Sophokles) und Salome (die Titelfigur im Einakter von Oscar Wilde) spiele und erst am 17.3.1906 früh zurück in Berlin sei; sie schlug vor, das gemeinsame Abendessen auf den 17.3.1906 (Samstag), zu verschieben und bat, Walther Rathenau und Maximilian Harden zu grüßen [vgl. Gertrud Eysoldt an Wedekind, 12.3.1906]., daß s/S/ie Donnerstagder 15.3.1906. Wedekind hatte die Einladung an Maximilian Harden zu dem gemeinsamen Essen mit ihm, Walther Rathenau und Gertrud Eysoldt für diesen Abend ausgesprochen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 11.3.1906]. auswärts gastiere, sich aber sehr freuen würde wenn wir Sonnabendder 17.3.1906 (Samstag). zusammenkommen könnten. Würden Sie mich bis/t/te wissen lassen, ob es Ihnen auch Sonnabend am gleichen Ortim Restaurant Jean Hupka in Berlin (Markgrafenstaße 52a, 1. Stock), wie Wedekind angegeben hat [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 11.3.1906]. zur gleichen StundeWedekind hat 20 Uhr für das gemeinsame Abendessen am 15.3.1906 vorgeschlagen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 11.3.1906]. Das Souper im Restaurant Jean Hupka (siehe oben) fand dann mit Gertrud Eysoldt und Walther Rathenau ‒ allerdings ohne Maximilian Harden, der Wedekind am 12.3.1903 absagte (diesen Brief hatte Wedekind noch nicht erhalten, als er Harden den vorliegenden Kartenbrief schrieb), dafür mit Tilly Newes und Emil Gerhäuser ‒ am 17.3.1906 zu späterer Stunde statt (zuvor besuchte Wedekind andernorts ein Diner): „Diner bei Frau Dr. Löwenfeld [...]. Souppe mit Gertrud Eysold Tilly Gerhäuser und Rathenau.“ [Tb] passen würde.

Mit herzlichem Gruß
Ihr
Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 14. März 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 14/3 06


Sehr geehrter Herr Wedekind,

ich danke Ihnen aufrichtig für Ihre Liebenswürdigkeitvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 12.3.1906.; und verwünsche mein Mißgeschick. Seit Wochen trachte ich, von den russischen Spielerndie Schauspieler und Schauspielerinnen des Moskauer Künstlertheaters, das unter der Leitung von Konstantin Sergejewitsch Stanislawski und Wladimir Iwanowitsch Nemirowitsch-Dantschenko ein vom Berliner Publikum und von der Kritik begeistert aufgenommenes Gastspiel am Berliner Theater hatte; es wurde am 23.2.1906 mit Alexei Tolstois Tragödie „Zar Fedor Iwanowitsch“ eröffnet, dem zweiten Teil der Trilogie über den russischen Großfürsten Boris Godunow zur Zeit des Zaren Fjodor I, und dauerte bis zum 24.3.1906., wie die Pflicht gebietet, das Zarendrama zu sehen. Immer trafs meine Arbeitstage. Nun habe ich endlich für Sonnabend vorgemerktfür den 17.3.1906 (Samstag), an dem die Vorstellung des Moskauer Künstlertheaters (siehe oben), die Maximilian Harden besuchte und in der „Zukunft“ besprach, um 19.30 Uhr begann: „Gastspiel des Moskauer Künstlerischen Theaters [...] Zar Feodor Joannowitsch“ [Berliner Tageblatt, Jg. 35, Nr. 139, 17.3.1906, Morgen-Ausgabe, 2. Beiblatt, S. (3)]. Maximilian Harden schrieb am 15.3.1906 an Walther Rathenau über den kommenden Samstag: „Zu Wedekind werde ich nicht kommen. Wenn ich wohl genug bin, werde ich an diesem Abend endlich das Zarenstück bei den Russen sehen.“ [Hellige 1983, S. 466]. Jammervoll. Wenn ich in meinem morschen Leib noch ein Bischen Kraft behalte, komme ich nachher noch auf ein Stündchen (Essen bekommt mir ohnehin so schlecht); es wäre mir wirklich eine Freude, Sie endlich ohne Schwarmnicht in größerer Runde. wiederzusehen. Und gehts diesmal nicht, so müssen Sie mir in der nächsten Woche, mittags, nachmittags, abends, eine Stunde schenken.

Herzlich grüßt
Ihr
Harden

Frank Wedekind schrieb am 15. März 1906 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr geehrter Herr Harden!

Verbindlichsten Dank für Ihre ZusageWedekind, der am 13.3.1906 früh zu einem Gastspiel nach Dresden gereist, am 14.3.1906 aber abends wieder zurück in Berlin war [vgl. Tb], beantwortet einen Brief [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 14.3.1906], der nicht als Zusage zu seiner Einladung zu dem gemeinsamen Abendessen, das nun am 17.3.1906 (Samstag) stattfinden sollte, gedacht war, sondern als ‚halbe‘ Absage. Maximilian Harden schrieb am 15.3.1906 an Walther Rathenau: „Ich hatte W. bereits halb abgeschrieben; die andere Hälfte folgt morgen.“ [Hellige 1983, S. 466]. Wenn Sie von den Russen kommenvom Gastspiels des Moskauer Künstlertheaters, der Vorstellung am 17.3.1906 [vgl. Maximilian Harden an Wedekind 14.3.1906]., werden Sie uns um so mehr bringen. Eben sagt mir Herr Dr. Rathenau zuWalther Rathenau teilte Wedekind mit, er sei am 17.3.1906 durch ein Geschäftsessen verpflichtet, werde aber wohl später am Abend noch zu dem Beisammensein dazukommen [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 14.3.1906]. Er schrieb am 16.3.1906 an Maximilian Harden, das werde möglicherweise erst um 23 Uhr sein: „Zu Wedekind komme ich erst ‒ wenn überhaupt ‒ um 11 h.“ [Hellige 1983, S. 468] Harden antwortete Rathenau am 17.3.1906: „Famos selbst im Detailgeschäft unser Frank (schon der Name ist Hochstapelei). Als ich ihm abgeschrieben hatte, dankte er rohrpustend ,für die frdl. Zusage‘. Und meldete, auch Dr. R. habe zu seiner Freude zugesagt. Nun sehe ich, daß Sie auch nicht oder wenigstens erst nach der Kaffeepause kommen.“ [Hellige 1983, S. 469]. Also auf Sonnabend.

Mit herzlichem Gruß
Ihr
FrWedekind


15.III 6.

Maximilian Harden schrieb am 16. März 1906 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


An
Herr Frank Wedekind
in Berlin NW
Wohnung (Straße und Hausnummer) Schiffbauerdamm 6 III. |


Grunewald, 16/3 06


Sehr geehrter Herr Wedekind,

herzlichen Dank für Ihre liebenswürdigen Wortevgl. Wedekind an Maximilian Harden, 15.3.1906..

Aber Sie dürfen sich morgen durch mich nicht stören lassen. Ich bin so wenig wohl, daß ich gar nicht sagen kann, ob mirs möglich sein wird, nach dem TheaterMaximilian Harden besuchte am 17.3.1906 die Gastspielvorstellung des Moskauer Künstlertheaters am Berliner Theater. noch zu kommen; umso weniger, als ich leider heute abends ausgehen mußMaximilian Harden besuchte am 16.3.1906 einen Empfang der Berliner Literarischen Gesellschaft, bei der Maxim Gorki zu Gast war. Maxim Gorki wurde, wie Maximilian Harden am 17.31906 an Walther Rathenau schrieb, neben Lou Andreas-Salomé, „die Halbrussin, gepackt.“ [Hellige 1983, 468] Den Tag darauf traf auch Wedekind mit dem russischen Schriftsteller zusammen, wie er am 17.3.1906 notierte: „Diner bei Frau Dr. Löwenfeld mit Gorki e.ct.“ [Tb] Nach diesem Diner ging Wedekind zu dem Beisammensein, zu dem er eingeladen hatte (siehe die vorangehende Korrespondenz).. Wenn ich irgend kann, ist mirs natürlich eine Freude, noch auf ein HalbstündchenMaximilian Harden kam nicht. Sie u. Ihre FreundeWedekind notierte am 17.3.1906 als seine Gäste Gertrud Eysoldt, Tilly Newes, Emil Gerhäuser und Walther Rathenau: „Souppe mit Gertrud Eysold Tilly Gerhäuser und Rathenau.“ [Tb] zu sehen. Aber Sie dürfen mich nicht erwarten.

Herzlich der Ihre
H.


Gratulire für RenaissanceMaximilian Harden bezieht sich auf eine Pressemeldung: „Im Kleinen Theater wird am nächsten Montag Frank Wedekinds ‚Hidalla‘, mit dem Dichter in der Hauptrolle, nach längerer Pause wieder zur Aufführung gelangen.“ [Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 126, 16.3.1906, Morgen-Ausgabe, S. 9] In der Tat wurde Wedekinds Tagebuch zufolge am 19.3.1906 noch eine Vorstellung „Hidalla“ gegeben. von „Hidalla

Maximilian Harden schrieb am 17. März 1906 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


An
Herr Frank Wedekind
in Berlin NW
Wohnung (Straße und Hausnummer) Schiffbauerdamm 6 III. |


Grunewald, 17/3 06


Sehr geehrter Herr Wedekind,

eine niederträchtige Migraine erlaubt mir nur, Ihnen und Ihren GästenMaximilian Harden kam nicht zu dem Souper am 17.3.1906, zu dem Wedekind eingeladen hatte (siehe die vorangehende Korrespondenz). Es kamen, wie ursprünglich gedacht, Gertrud Eysoldt und Walther Rathenau, außerdem Tilly Newes und Emil Gerhäuser, wie Wedekind am 17.3.1906 notierte: „Souppe mit Gertrud Eysold Tilly Gerhäuser und Rathenau.“ [Tb] herzliche Wünsche und Grüße zu senden.

Ich hoffe, Sie recht bald zu sehen.

Sehr ergeben
Ihr
H.

Frank Wedekind schrieb am 16. November 1906 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Lieber verehrter Herr Harden!

Morgen Vormittag 10 Uhr soll wenn ich recht unterrichtet bin GeneralprobeEs handelte sich am 17.11.1906 lediglich um eine Probe, wie Wedekind notierte: „Vormittags Probe in Gegenwart von Harden.“ [Tb] Hermann Bahr notierte dazu: „Auf der Probe große Confusion, weil Herr Henrich, [...] der [...] den Moritz Stiefel, die Hauptrolle, spielen soll, eine Mittelohrentzündung hat und absagt; [...] Probe natürlich verworren und ärgerlich. Ich tratsche mit Maximilian Harden, der zufällig da ist.“ [Tb Bahr, Bd. 5, S. 149] Als Ersatz für Georg Henrich wurde spät abends Alexander Moissi gewonnen. Die Generalprobe fand dann am 19.11.1906 statt: „Abends Generalprobe.“ [Tb] „Frühlings Erwachen. Eine Kindertragödie“ wurde am 20.11.1906 in den Kammerspielen des Deutschen Theater (Direktion: Max Reinhardt) zu Berlin uraufgeführt (mit Wedekind in der Rolle des vermummten Herrn), 15 Jahre nach dem Erstdruck des Stücks, in einer Fassung, die am 24.10.1906 von der Zensur freigegeben worden war [vgl. Tb]. Maximilian Harden hatte am 14.10.1906 eines der Gutachten für eine Genehmigung der Berliner Uraufführung verfasst [vgl. KSA 2, S. 932f.] und trug „maßgeblich dazu bei, daß das Stück gespielt werden kann“ [KSA 2, S. 921]. Die Berliner Inszenierung unter der Regie von Max Reinhardt wurde zum großen Theatererfolg und „bleibt auf Jahre hin vorbildlich.“ [KSA 2, S. 921] von Fr. Erwachen stattfinden. Um wie viel Uhr, das werde ich Ihnen später noch mittheilen. Darf ich Sie nun ersuchen, Ihrem Versprechen | gemäßWedekind hatte Maximilian Harden in den Wochen zuvor häufig getroffen oder besucht, wie sein Tagebuch dokumentiert. Er sah ihn am 12.10.1906, am 14.10.1906, am 19.10.1906, am 20.10.1906, außerdem notierte er am 3.11.1906: „Nachmittags im Grunewald“ [Tb] ‒ dort wohnte Harden. Bei diesen Begegnungen dürfte die anstehende Inszenierung von „Frühlings Erwachen“ durch Max Reinhardt Thema gewesen und Harden, der in Besetzungsfragen, in der Programmgestaltung und bei Proben häufig Hilfestellung für Max Reinhardt leistete, sein Versprechen, die Generalprobe zu besuchen, gegeben haben. zu kommen? Einiges ist zwar noch sehr unfertig, aber eben deshalb. Ihr Eindruck wird mir und ich glaube auch Reinhart von großem Werth sein. Eine ganz entzückende WendlaDie Rolle der Wendla Bergmann in „Frühlings Erwachen“ spielte in Max Reinhardts Inszenierung (siehe oben) Camilla Eibenschütz, Schauspielerin im Ensemble des Deutschen Theaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1907, S. 287]. wird Sie für die geopferte Zeit vielleicht schon reichlich entschädigen.

Herr Sally Liebling bom|bardiert mich mit Anfragen, wann die in Aussicht genommene UnterredungSally Liebling, Mitinhaber der Konzertdirektion Julius Sachs in Berlin [vgl. Berliner Adreßbuch 1906, Teil I, S. 1317], war an einer Unterredung mit Maximilian Harden gelegen, um eine Lesung von ihm zu organisieren [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 17.11.1906]. Wedekind hatte ihn selbst schon einmal konsultiert, wie er am 29.12.1905 notierte: „Nachmittag bei Liebling wegen Vortrag.“ [Tb] stattfinden werde.

Mit der Bitte, Ihrer verehrten Frau Gemahlin meine ergebensten Empfehlungen auszusprechen
Sie herzlich grüßend
Ihr
Frank Wedekind


16.11.6.

Maximilian Harden schrieb am 17. November 1906 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


An
Herr Frank Wedekind
in Berlin W
Wohnung (Straße und Hausnummer) Kurfürstenstr. 125 III |


Grunewald, 17/11 06


Lieber Herr Wedekind,

nochmals Dank für Ihren Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 16.11.1906.. Die Vorlesung muß ich etwas vertagen; ich werde mich dann mit Herrn L. in Verbindung setzenSally Liebling, Mitinhaber der Konzertdirektion Julius Sachs in Berlin, war an einer Unterredung mit Maximilian Harden interessiert [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 16.11.1906], um eine Lesung von ihm zu organisieren..

Wird die Aufführung Ihres schönen Gedichtes verschobenDie Uraufführung von „Frühlings Erwachen“ an den Kammerspielen des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt) in Berlin fand am 20.11.1906 statt – wie angekündigt: „Die nächste Novität der Kammerspiele des Deutschen Theaters ist Frank Wedekinds Kindertragödie ‚Frühlings Erwachen‘. Die Premiere findet am Dienstag, 20. November vor den Abonnenten der Kammerspiele statt. Die Regie führt Max Reinhardt.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 35, Nr. 580, 14.10.1906, Morgen-Ausgabe, S. (3)], so würde ich empfehlenWedekind gab die vorliegende Postkarte mit den Empfehlungen für die Inszenierung von „Frühlings Erwachen“ an Max Reinhardt weiter [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 30.11.1906]., das Ganze um ein paar Zoll vom Erdboden zu heben, ins Lyrische, ins Wunderland der Phantasie. „Nichts für ungutgebräuchliche Redewendung (eine Bitte, etwa nicht übel nehmen zu nehmen).“, sagt man altmodisch in solchem Fall.

Herzlich Ihr
H

Frank Wedekind, Franz Evers und Emil Gerhäuser schrieben am 30. November 1906 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Postkarte an Wedekind vom 2.12.1906 aus Berlin:]


Ihnen und Ihren Freunden danke ich aufrichtig für den liebenswürdigen Gruß.

Frank Wedekind schrieb am 30. November 1906 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr verehrter Herr Harden!

Es wird also nichts aus einem gemeinschaftlichen Wirkennicht ermittelt. Das Vorhaben hätte dem vorliegenden Brief zufolge gemeinsame Reisen eingeschlossen, womöglich Vortragsreisen.. Schade! Schade! Hier in Berlin sehe ich Sie ja auch sonst dann und wann, aber sehr leid thut es mir um etwaige gemeinschaftliche Reisen, auf die ich mich schon so gefreut hatte. Es ist wirklich schade!

Ihr Urtheil, das Sie mir als Ergebnis Ihres BesuchesMaximilian Harden besuchte am 17.11.1906 eine Probe von „Frühlings Erwachen“ [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 16.11.1906], die erste und letzte vor der Generalprobe zur Uraufführung. | der einen Probe auf der liebenswürdigen Karteeine Postkarte [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 17.11.1906]. schrieben entsprach durchaus meinem Gefühl. Ich gab Ihre Zeilen sofort an Reinhartals Briefbeilage [vgl. Wedekind an Max Reinhardt, 18.11.1906]. weiter

In einer WeinstubeIm Tagebuch ist ein Besuch Wedekinds in der Weinstube Eugen Steinert in Charlottenburg (Kurfürstendamm 22) erstmals am 14.12.1905 dokumentiert, danach bis zum vorliegenden Brief noch 21 Besuche, der letzte am 29.11.1906 zusammen mit Tilly Wedekind, Ida Orloff und Albert Steinrück: „Nachts mit Tilly Iduschka und Steinrück bei Steinert“ [Tb]., in der ich jetzt dann und wann nach der Vorstellung sitze, erfuhr ich, daß auch Sie früher öfter dort waren und so kam mir der Gedanke, ob Sie sich dazu nicht vielleicht auch jetzt wieder entschließen würden. Die Weinstube heißt Eugen | Steinert und liegt am Kurfürstendamm, neben dem Café des Westens, nicht zu verwechseln mit Steinert und Hansen, das gegenüber neben Austernmeier liegt. Heute Freitag Abend habe ich mich auf 11 Uhrum 23 Uhr. Wedekind notierte die Zusammenkunft in der Weinstube Eugen Steinert (siehe oben) am 30.11.1906: „Nachts mit Franz Evers, Konrad Ansorge Gerhäuser und Braun bei Steinert.“ [Tb] mit Franz nicht Hans Heinz Ewers dorthin verabredet. Vielleicht kommt auch Emil Gerhäuser, der in Halensee wohnt. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß uns Ihr Erscheinen eine sehr große Freude wäre. Aber vielleicht ist Ihnen die Stunde zu spät. Dann würde | ich um die Erlaubnis bitten, Sie einandermal, wenn wir wieder dortWedekind besuchte die Weinstube Eugen Steinert (siehe oben) zwar sehr häufig, Maximilian Harden war dort aber nachweislich erst am 19.4.1907 in einer Runde mit dabei: „bei Steinert mit Harden Rathenau und Theodor Wolff und Cassirer Durieux Tilli.“ [Tb] zusammen kommen, telephonisch benachrichtigen zu dürfen.

Aber ein gnädiger günstiger Zufall könnte es Ihnen ja vielleicht auch heute passend erscheinen lassen.

Darf ich Sie bitten, Ihrer verehrten Frau Gemahlin meine ergebensten Empfehlungen aussprechen zu wollen.

Mit besten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


30.11.6.

Maximilian Harden schrieb am 1. Dezember 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 1.12.06


Hochgeehrter Herr Wedekind,

ich danke Ihnen sehr für Ihren liebenswürdigen Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 30.11.1906 (Brief).. Leider war ich gestern nicht wohl genug, um ausgehenWedekind hatte Harden eingeladen, zu einem Beisammensein in die Weinstube Eugen Steinert in Charlottenburg zu kommen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 30.11.1906 (Brief)]. zu können. Ich werde aber sehr gern nächstens ein Rendezvous vorschlagen. Sie wissen ja, wie ich mich freue, Sie wiederzusehen. Alles Andere besprechen wir dann. Herzlich beglückwünsche ich Sie zum großen Erfolgvon „Frühlings Erwachen“ (1891), am 20.11.1906 an den Kammerspielen des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt) uraufgeführt und ein überwältigender Erfolg [vgl. KSA 2, S. 920f.]. Harden hat das Stück in einer regulären Vorstellung noch nicht gesehen, war aber bei einer Probe dabei gewesen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 16.11.1906]..

Mit besten Grüßen
und der Bitte, mich Ihrer verehrten Gattin zu empfehlen
bin ich
Ihnen sehr ergeben
Harden

Maximilian Harden schrieb am 2. Dezember 1906 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
Berlin W Kurfürstenstr. 125)


Grunewald 2/12 06


Sehr geehrter Herr Wedekind,

Ihnen und Ihren FreundenMaximilien Harden bezieht sich auf die Runde, die am 30.11.1906 um 23 Uhr in die Weinstube Eugen Steinert (Kurfürstendamm 22) zusammenkam sowie ihm geschrieben hat – darunter Franz Evers und Emil Gerhäuser (siehe unten) – und zu der Wedekind ihn am selben Tag eingeladen hatte [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 30.11.1906]. danke ich aufrichtig für den liebenswürdigen Grußnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 30.11.1906. Die Postkarte (oder Bildpostkarte) wurde spät abends in der Weinstube Eugen Steinert (Kurfürstendamm 22) geschrieben und wahrscheinlich von Franz Evers und Emil Gerhäuser mitunterschrieben, die Wedekind nannte, als er Harden vorschlug, an diesem Abend um 23 Uhr dorthin zu kommen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 30.11.1906], vielleicht auch von Konrad Ansorge und Georg Braun. Wedekind notierte am 30.11.1906: „Nachts mit Franz Evers, Konrad Ansorge Gerhäuser und Braun bei Steinert.“ [Tb]. Ich werde mich sehr freuen, wenn ich bald mit Ihnen zusammen sein kann.

Herzlich grüßt Sie
Ihr
Harden


Von allen Seiten höre ichMaximilian Harden, der noch keine Vorstellung besucht hatte, dürfte von Personen im Umkreis des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt) auf den überwältigenden Erfolg von „Frühlings Erwachen“ angesprochen worden sein. Hermann Bahr, in den Jahren 1906/07 als Regisseur bei Max Reinhardt tätig, schrieb Harden am 5.12.1906 im Auftrag des Deutschen Theaters, man habe ihn „wieder ersucht, Ihnen zu sagen, daß man hier schon ein bischen gekränkt ist, wie Sie sich neuestens ,um unser Theater kümmern‘, noch nicht einmal in einer Aufführung von ‚Frühlings Erwachen‘ waren“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 2]. Erst Wochen später erschien in der „Zukunft“ eine sehr positive Besprechung des Stücks, die allerdings nicht von Harden stammte, sondern von Lou Andreas-Salomé [vgl. Lou Andreas-Salomé: Frühlings Erwachen. In: Die Zukunft, Jg. 15, Nr. 16, 19.1.1907, S. 97-100]., zu m. Freude, wie tief Ihr „Frühling“ wirkt.

Frank Wedekind schrieb am 29. Dezember 1906 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr geehrter Herr Harden!

Darf ich Sie um die Ehre bitten, nächsten Freitag, 4. JanuarWedekind hat am 4.1.1907 seine Gäste (Walther Rathenau, Max Reinhardt, Emil Gerhäuser, Heinrich Welti, Rudolf Blümner, Efraim Frisch, Arthur Kahane, Edmund Reinhardt, Felix Hollaender und Paul Cassirer) im exquisiten Weinlokal F. W. Borchardt in Berlin (Französische Straße 47/48) notiert: „Gastmahl bei Borchardt Rathenau Reinhart Gerhäuser Welti Blümner Frisch, ich, Kahane, Edmund, Holländer Kassirer.“ [Tb] Das waren überwiegend Leute vom Deutschen Theater – zuletzt war Wedekind am 20.12.1906 „mit dem Deutschen Theater bei Borchardt“ [Tb]; dort lief gerade mit großem Erfolg die erste Bühneninszenierung von „Frühlings Erwachen“ (am 29.12.1906 war die 25. Vorstellung). Einladungen Wedekinds zu dem Beisammensein – wie hier an Maximilian Harden – sind nur teilweise überliefert [vgl. Wedekind an Efraim Frisch, 29.12.1906; Wedekind an Heinrich Welti, 29.12.1906]. Abends 11 UhrDie späte Uhrzeit ‒ 23 Uhr ‒ erklärt sich dadurch, dass Wedekind am 4.1.1907 zunächst die Generalprobe von Gerhart Hauptmanns Drama „Das Friedensfest“ in den Kammerspielen und dann die Doppelpremiere von Goethes Stücken „Die Geschwister“ und „Die Mitschuldigen“ im Deutschen Theater besuchte [vgl. Tb], um anschließend in geselliger Runde bei Borchardt (siehe oben) zusammenzukommen. bei Borchardt in der Französischen Straße mit unseren Freunden zu einem kleinen Mahl zusammenkommen zu wollen. Sie wissen | welche Freude Ihr Erscheinen uns allen bereiten würde, ganz besonders aber
Ihrem ergebenstem
Fr. Wedekind.


Kurfürstenstraße 125.

29.XII 6.

Maximilian Harden schrieb am 30. Dezember 1906 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 30/12 06


Sehr geehrter Herr Wedekind,

drei Glückwünsche schreiten voran: zur GeburtFrank und Tilly Wedekinds erste Tochter Anna Pamela wurde am 12.12.1906 „um 8 Uhr“ [Tb] morgens in Berlin geboren.Tilly und Frank Wedekinds erste Tochter Anna Pamela wurde am 12.12.1906 dem Tagebuch zufolge „um 8 Uhr“ morgens geboren. des Kindes, das ein rechter Kerl werden soll, zum Erfolg„Frühlings Erwachen“ ‒ Uraufführung an den Kammerspielen des Deutschen Theaters unter der Regie Max Reinhardts am 20.11.1906 und seitdem fast täglich zu sehen ‒ war ein sensationeller Erfolg, der „großes Aufsehen erregt und den eigentlichen Durchbruch Wedekinds als Bühnenautor markiert.“ [KSA 2, S. 920] Ihrer starken Dichtung, zum neuen Jahr, das Ihnen und Ihrer verehrten Frau viele feine Freuden bringen soll und muß.

Herzlich danke ich für Ihre liebenswürdige Einladungvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 29.12.1906.. Wenn der (recht elende) Kadaver es irgend erlaubt, komme ichMaximilian Harden kam nicht. Wedekind hat am 4.1.1907 seine Gäste (Walther Rathenau, Max Reinhardt, Emil Gerhäuser, Heinrich Welti, Rudolf Blümner, Efraim Frisch, Arthur Kahane, Edmund Reinhardt, Felix Hollaender und Paul Cassirer) im exquisiten Weinlokal F. W. Borchardt in Berlin (Französische Straße 47/48) notiert: „Gastmahl bei Borchardt Rathenau Reinhart Gerhäuser Welti Blümner Frisch, ich, Kahane, Edmund, Holländer Kassirer.“ [Tb]; und sehr gern. Wenn auch nur auf ein Stündchen; denn für einen uralten Mann ists ja ein Bischen spät...

Prosit 1907 Ihnen Dreien!

Herzlich
Ihr
Harden

Frank Wedekind schrieb am 24. März 1907 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Lieber verehrter Herr Harden,

würden Sie Herrn Rathenau, Herrn Cassirer, Herrn Gerhäuser und besonders mir die Freude machen Charfreitag Abend um 9. Uhrum 21 Uhr am 29.3.1907 (Karfreitag), an dem Wedekind notierte: „Abends gebe ich eine Gesellschaft im Palasthotel mit Rathenau Gerhäuser Cassirer, Durieux und Tilly.“ [Tb] Dabei waren neben Walther Rathenau, Emil Gerhäuser und Paul Cassirer auch Tilla Durieux und Tilly Wedekind. im Palasthotel am Potsdamer PlatzDas Palast-Hotel (Königgrätzer Straße 130/131) [vgl. Berliner Adreßbuch 1907, Teil I, S. 1750] lag am Potsdamer Platz; es gab noch eine Filiale am Leipziger Platz 18/19. mit uns zu Abend zu essen.

Ich glaube Sie dann durch eine | Geschichte unterhalten zu können die sich an den Artikel Der vermummte Herr anschließt und die meines Erachtens noch nie dagewesenes Beispiel von KünstlerstolzWedekind bezieht sich auf die Reaktion seines Schneiders Johann Christoph Jureit auf Karl Schefflers Besprechung „Der vermummte Herr“ in der „Zukunft“, in der vom Kostüm des von Wedekinds gespielten vermummten Herrn in „Frühlings Erwachen“ die Rede ist, das ein Berliner Schneider gearbeitet habe: „Jetzt erscheint der vermummte Herr in einer neuen raffinirten Verkleidung; einer, die auch die ,oberen Schichten‘ der Gesellschaft kirren soll. Er kommt im eleganten Ueberrock, mit glänzend gebürstetem Cylinder, eine schwarze Maske vor dem Gesicht; [...] das monumentale Achselzucken kleidet vortrefflich in einem Gewand, das vom Modeschneider Unter den Linden bezogen ist.“ [Karl Scheffler: Der vermummte Herr. In: Die Zukunft, Jg. 16, Nr. 24, S. 403-407, hier S. 404] Wedekinds in Frankfurt am Main ansässiger Schneider dürfte sich in seinem Stolz verletzt gesehen haben ‒ jedenfalls unterbreitete Wedekind ihm einen Vorschlag, auf den Artikel zu reagieren [vgl. Wedekind an Johann Christoph Jureit, 16.3.1907]. enthält.

Wegen der Rückkehr nach dem Grunewald brauchen Sie auch nicht zu besorgt zu sein, da Herr Gerhäuser mit Ihnen den gleichen WegEmil Gerhäuser wohnte im Berliner Ortsteil Halensee (Friedrichsruherstraße 7) [vgl. Emil Gerhäuser an Wedekind, 21.11.1906], der an den Ortsteil Grunewald angrenzt, wo Maximilian Harden (Wernerstraße 16) [vgl. Berliner Adreßbuch 1907, Teil I, S. 801] wohnte. hat.

Also bitte, machen Sie uns | allen die Freude!

Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


Kurfürstenstraße 125.

24.3.7.

Maximilian Harden schrieb am 25. März 1907 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald 25/3 07


Lieber Herr Wedekind,

für Ihre sehr liebenswürdige Einladungvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 24.3.1907. danke ich Ihnen herzlich. Ich habe Frau DeutschLili Deutsch, die Frau des AEG-Direktors Felix Deutsch, mit der Maximilian Harden gut bekannt und Walther Rathenau befreundet war, führte einen großen Salon, ein Treffpunkt bekannter Persönlichkeiten. zugesagt am Karfreitag abendsWedekind hatte Maximilian Harden für diesen Abend um 21 Uhr zu einem Essen im Palast-Hotel eingeladen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 24.3.1907]; er notierte am 29.3.1907: „Abends gebe ich eine Gesellschaft im Palasthotel mit Rathenau Gerhäuser Cassirer, Durieux und Tilly.“ [Tb] etwas bei ihr zu sein; sie will singen. Doch hoffe ich bestimmt, nachher (essen darf ich doch nicht) mit Ihnen und Ihren FreundenWedekind hatte Maximilian Harden auch im Namen von Walther Rathenau, Emil Gerhäuser und Paul Cassirer eingeladen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 24.3.1907]. ein Stündchen im Palasthotel zusammenseinzukönnen; und freue mich sehr darauf.

Es ist wirklich sehr nett, daß Sie an mich dachten.

Mit der Bitte, mich der verehrten Gattin zu empfehlen, deren holde Jugend neulicham 14.3.1907, ein festliches Abendessen ebenfalls im Palast-Hotel, zu der Artur Landsberger eingeladen hatte, wie Wedekind notierte: „Dr. Landsberger giebt ein Diner mit Georg Brandes dessen Tochter Frau Philipp Herrn Philipp, Harden, Tilly und mir im Palasthotel.“ [Tb] Gäste waren Georg Brandes, den Wedekind an diesen Abend erinnerte [vgl. Wedekind an Georg Brandes, 28.3.1907], Edith und Reinhold Philipp (Tochter und Schwiegersohn des dänischen Kritikers), Maximilian Harden, Tilly und Frank Wedekind. wie Lenzwie der Frühling. neben Brandes strahlte, bin ich, herzlich grüßend, Ihr
Harden

Maximilian Harden schrieb am 29. März 1907 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 29.3.07


Hochgeehrter Herr Wedekind,

bis zur letzten Stunde hatte ich gehofft, mit Ihnen und Ihren FreundenWedekind hatte Maximilian Harden auch im Namen von Walther Rathenau, Emil Gerhäuser und Paul Cassirer zu dem Essen im Palast-Hotel (siehe unten) eingeladen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 24.3.1907]; bei dem Essen dabei waren außerdem Tilla Durieux und Tilly Wedekind. eine schöne NachmahlzeitMaximilian Harden, den Wedekind für 21 Uhr am 29.3.1907 zu einem Essen im Palast-Hotel (Königgrätzer Straße 130/131) eingeladen hatte [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 24.3.1907], kam nicht zu der Gesellschaft, wie Wedekinds Notiz zu diesem Abend zu entnehmen ist: „Abends gebe ich eine Gesellschaft im Palasthotel mit Rathenau Gerhäuser Cassirer, Durieux und Tilly“ [Tb]; er hatte sein Kommen zu späterer Stunde aber in Aussicht gestellt [vgl. Maximilian Harden an Frank Wedekind, 25.3.1907]. verbringen zu können. Aber ich war (und bin) von so grenzenlos abscheulichem Kopfschmerz geplagt, daß es einfach unbescheiden gewesen wäre, mich in diesem Zustand fröhlichen Menschen zuzumuthen. Mir thuts wirklich sehr leid; und ich kann nur noch einmal aufrichtig für Ihre Freundlichkeit danken.

Ihnen und Ihrer verehrten Gattin sendet herzliche Ostergrüße
sehr ergeben
Harden

Frank Wedekind schrieb am 16. Juni 1907 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maxumilian Hardens Postkarte an Wedekind vom 16.6.1907 aus Berlin:]


[...] aufrichtig danke ich für Ihren liebenswürdigen Zuruf.

Maximilian Harden schrieb am 16. Juni 1907 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


An
Herr Frank Wedekind
in Berlin W
Wohnung (Straße und Hausnummer) Kurfürstenstr. 125 |


Grunewald, 16/6 07


Verehrter Herr Wedekind,

aufrichtig danke ich für Ihren liebenswürdigen Zurufnicht überliefert (wohl eine Postkarte oder ein kurzer Brief); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 16.6.1907. Gegen Maximilian Harden war Anfang des Monats Privatklage von Graf Kuno von Moltke wegen Beleidigung eingebracht worden. Wedekind dürfte ihm seine Solidarität versichert haben, da Harden im Zuge des Prozesses gegen ihn scharf angegriffen wurde ‒ so klagte er am 16.6.1907 gegenüber Walther Rathenau, die Presse schreibe über ihn „das Bübischste, was eine Fälscherphantasie ersinnen könnte.“ [Hellige 1983, S. 527].

Mit herzlichen Grüßen an Sie und Ihre verehrte Gattin
bin ich
Ihnen ergeben
Harden

Frank Wedekind schrieb am 29. Oktober 1907 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 29.10.1907 in Berlin:]


Telegramm an Harden wegen FreisprechungDas von Graf Kuno von Moltke gegen Maximilian Harden angestrengte Beleidigungsverfahren vor dem Schöffengericht in Moabit endete am 29.10.1907 mit einem Freispruch [vgl. Hellige 1983, S. 539]..

Frank Wedekind schrieb am 16. Juli 1908 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

An Harden

Wenn Preußen nur nicht ein so unbildsames Material wäre. Ein unfertiger Sandstein, aus dem ein Bildhauer immer vergebens Statuen zu meißeln versucht.

Frank Wedekind schrieb am 11. August 1908 in Berlin folgende Postkarte
an Maximilian Harden

Postkarte


Herrn Maximilian Harden
im Grunewald
Werner Strasse 16. |


Sehr verehrter Herr Harden!

ich verreise auf 14 TageWedekind brach am 17.8.1908 zu einem Gastspiel „Marquis von Keith“ nach Breslau auf und reiste am 27.8.1908 zurück nach Berlin [vgl. Tb]. und würde Sie gerne bitten, das Stück was ich Ihnen brachteWedekind notierte zu dem im Winter 1907/08 entstandenen Schauspiel „Oaha“ (1908), das seine Erlebnisse während seiner Mitarbeit am „Simplicissimus“ verarbeitet [vgl. KSA 8, S. 395-398], am 16.7.1908: „Ich bringe Harden Oaha, finde ihn aber nicht zu Hause.“ [Tb], derweil niemandem zu zeigen. Vor allem wäre es mir nicht lieb, wenn etwa Reinhardt es kennen lernte bevor es im Druck erscheintDie im Verlag Bruno Cassirer als „Schauspiel in fünf Aufzügen“ erschienene Erstausgabe von „Oaha“ [vgl. KSA 8, S. 419] enthält gleich zum Auftakt eine Bühnenanweisung, die sich gegen Max Reinhardt richtet: „Auffallende Dekorationen und Requisiten, Entfaltung eines besonderen Stiles, Verwendung einer Drehbühne, sowie aller sonstige Humbug einer klobigen, marktschreierischen Regie sind bei der Aufführung dieses Stückes unzulässig.“ [KSA 8, S. 13] Das Buch lag am 17.9.1908 gedruckt vor – „Cassirer bringt mir das erste fertige Buch OAHA“ [Tb] – und war wenig später als erschienen gemeldet [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 75, Nr. 230, 2.10.1908, S. 10646]., was Anfang September geschehen wird.

Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


11.8.8.

Maximilian Harden schrieb am 17. August 1908 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Frank Wedekinds Postkarte an Tilly Wedekind vom 18.8.1908 aus Breslau:]


Ich bekam einen Brief von Harden [...]

Frank Wedekind schrieb am 17. Oktober 1908 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

[1. Briefentwurf:]


Da mir Herr Direktor Reinhart die Direktion des Deutschen Theaters das Recht streitig macht über meine eigene geistige Arbeit zu verfügen, ersuche ich Sie höflichst von beiliegenden Zeilen Kenntnis nehmen zu wollen.


[2. Abgesandter Brief:]


Sehr verehrter Herr Harden!

Da mir die Direktion des Deutschen Theaters das Verfügungsrecht über meine geistige Arbeit streitig macht, ersuche ich Sie höflichst, von beiliegenden ZeilenDem abgesandten Brief liegt heute nichts mehr bei. Briefbeilage war ein von Wedekind verfasstes „Tagebuch“ [KSA 5/II, S. 278-281; vgl. 5/III, S. 695-702] über seine Auseinandersetzungen mit Max Reinhardt um die Auflösung seiner Verträge mit dem Deutschen Theater, das er seinem tatsächlichen Tagebuch zufolge am 11.9.1908 in Berlin schrieb (Entwurf der Beilage): „Ich stelle das Reinhardttagebuch zusammen bei Steinert und C. d. W.“ Am 14.9.1908 notierte er zur Herstellung des Typoskripts (Beilage): „Abschrift des Reinhardt-Tagebuches. Gebe Reinhardt Tagebuch zum Verfielfältigen.“ Eines der vervielfältigten Exemplare ging an Maximilian Harden. Kenntnis nehmen zu wollen.

Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


17.10.8Im Tagebuch hält Wedekind am 17.10.1908 fest: „Tagebuch nach Berlin verschickt.“ Das ist die Beilage, die Wedekind mit Anschreiben am 17.10.1908 außer an Maximilian Harden an Emmy Loewenfeld, Fritz Andreae, Hermann Rosenberg, Robert von Mendelssohn, Walther Rathenau und Paul Cassirer sandte..


[Entwurf der Beilage:]


Tagebuch

Ich habe von Max Reinhardt das schmutzigste geschäftliche Vorgehen erfahren, das ich in meiner zwanzigjährigen Schriftstellerpraxis erlebt habe.

21.12.5.

Abschluß eines Schauspielervertrages zwischen der Direktion Max Reinhart und mir gültig vom 1.X.6 bis und mit 31.III 07 zu M. 1000 pro Monat. Direktor Reinhart hat das Recht, den Vertrag auf ein weiteres Jahr 1 X 1907 ‒ 31 III 1908 unter gleichen Bedingungen verlängert zu erklären.

15.III 06

Tartuffeprobe. Herr Max Reinhart führt Regie. Nachdem Herr Reinhart die h zwei Stunden hindurch die Rolle des Tartuffe | sehr anstrengend mit mir probiert hat stürzt Felix Holländer in der Pause mit einem fertig aufgesetzten Kontrakt auf mich zu, von dem vorher nie mit einer Sylbe die Rede war. Er bittet mich ins Bureau zu kommen und sagt versichert mir der gleiche Contrakt sei von allen übrigen Autoren des Deutschen Theaters unterzeichnet worden, ich werde daher nicht zögern ihn auch ebenfalls zu unterschreiben. Der Kontrakt verpflichtet den Unterzeichner ohne jeder Gegenleistung, ohne daß auch nur ein Aufführungstermin ++ für die einzelnen Stücke fixirt ist auf fünf Jahre alle seine dramatischen Werke zum Zweck der Aufführung zuerst dem Deutschen Theater einzureichen. Irgendwelche Gegenleistung | die dieser Verpflichtung entspräche ist in dem Kontrakt nicht fixiert. Es ist nicht einmal ein Aufführungstermin für die einzureichenden Stücke festgesetzt.

Ich unterschreibe Angespannt und verwirrt wie ich bin unterzeichne ich den Kontrakt/Vertrag/.

Nachdem dann die Probe noch etwa eine Stunde gedauert hat lädt mich Felix Holländer zum Mittagessen bei Borchart ein, an dem auch außer uns Reinhart theilnimmt Else Frl. Heims und Herr Lewin theilnehmen.

19.6.07.

Reinhardt fragt mich im Deutschen Theater ob ich dazu bereit bin meinen Schauspielervertrag mit ihm auf ein weiteres Jahr zu verlängern. Ich erkläre mich damit einverstanden.

1.X.07

Vom Seit dem 19.6.07 warte | ich vergeblich auf eine schriftliche Erledigung der von uns besprochenen KontraktverlängerungAbmachungen, treffe aber heute trotzdem pünktlich am 1.X. in Berlin ein nachdem ich die vorhergehenden drei Wochen anstrengend an den Vorbereitungen für die Aufführung gearbeitet habe, die als erste der Saison festgesetzt ist.

8.X.07 Ich gehe Nachdem ich 8 Tage auf Benachrichtigung gewartet ich ins die Kammerspielhaus, betheilige mich an den Proben und frage Felix Holländer, da schriftlichen/es/ nichts darüber abgeschlossen ist, ob mein Schauspielervertrag als verlängert zu betrachten ist oder nicht. Felix Holländer giebt die feste Zusicherung, daß der Vertrag durch die mündliche Vereinbarung thatsächlich verlängert worden ist. |

10.X.07 Felix Holländer erklärt auf der Probe sämmtlichen Beteiligten, daß vorderhand keine weiteren Proben des festgesetzten Stückes stattfinden.

11.X.07 Ich erhalte einen Brief von Herrn Edmund Reinhart, daß die Proben des festgesetzten Stückes bis auf weiteres verschoben eingestellt sind.

29.X.07 Die Proben werden unter meiner Mitwirkung wieder aufgenommen und finden bis 8.XI täglich statt.

4 XI 07 Ich gehe in die Kanzlei um meine Gage zu erheben. Der Rendant theilt mir mit, daß er keine Anweisung hat mir etwas zu bezahlen. Ich mache Herrn Max Reinhart davon Mitteilung. Herr | Max Reinhart sagt mir: „Ich werde die Sache sofort in Ordnung bringen“.

5.XI 07 Ich gehe in die Kanzlei um meine Gage zu erheben. Der Rendant theilt mir mit, daß er immer noch keine Anweisung hat mir etwas zu bezahlen. Daraufhin mache ich keine weiteren Versuche mehr meine Gage zu erheben und habe sie auch thatsächlich nicht erhalten.

8 XI 8 XI 07 Herr Reinhardt bietet mir auch eine Verlängerung des Kontraktes unter anderen veränderten Daten an, eine Verlängerung des Kontraktes unter abgeänderten Daten an, auf die ich mich aber nicht mehr einlasse.

14 XI 07 Ich mache Herrn Dramaturg Holländer Kahane Holländer Mittheilung daß ich auf mein Engagement für den laufenden Winter (M. 6000) verzichte, wenn ich dafür den am 15 III 06 unterzeichneten Autorenvertrag zurückerhalte. Herr HolländerKahane Holländer sagt entgegnet mir daß nicht er, sondern Herr Reinhart darüber zu entscheiden habe. |

15.II 08 Herr Reinhart sagt mir, daß nicht er, sondern Herr Holländer den Autorenvertrag vom 15.III.06 mit mir vereinbart habe. und giebt mir aber in Gegenwart des Herrn Direktor André die Versicherung daß er mir für die in dem Vertrag noch vorgesehenen drei Jahre eine entsprechende Entschädigung für meine Verpflichtungen auszahlen werde.

[Einweisungszeichen am linken Seitenrand]

22.4.8 Herr Max Reinhardt unterbreitet mir einen Vertrag in dem im Gegensatz zu unserer Unterredung vom [Lücke] keine Bezahlung für meine Verpflichtungen festgesetzt ist sondern von denen statt einer Garantie der Forderungen meines Verlegers | unter der Bedingung, daß ich in/an/ den Kammerspielen zu Spielhonoraren auftrete, die dreimal niedriger sind, als wie sie mir von irgend einem andern Theaterdirektor bezahlt werden. Theaterdirektor bezahlt werden.

[Einweisungszeichen am linken Seitenrand]

Ich bitte Herrn Max Reinhart inständig mir den Autorenvertrag vom 15 III 06 zurückzugeben. Meine Zugehörigkeit zum Deutschen Theater werde dadurch keinerlei Schaden erleiden, dagegen werde eine Quelle fortlaufenden Mißtrauens dadurch befestigt.

Ich erkläre Herrn Reinhart, daß ich nicht zwanzig Jahre um meine persönliche Freiheit gekämpft habe, um | schließlich ein unbezahlter Angestellter des Deutschen Theaters zu sein.

8.4.8. Herr Direktor Reinhart weigert sich mir irgendwelche Bezahlung für den Autorenvertrag zuzugestehen. Ich bitte Herrn Reinhart inständig mir den Vertrag zurückzugeben. Meine Zugehörigkeit zum Deutschen Theater werde dadurch keinerlei Schaden erleiden, dagegen werde mein Gefühl persönlicher Erniedrigung und Entwürdigung dadurch die Zurückgabe beseitigt. Ich suche Herrn Reinhardt begreiflich zu machen daß ich nicht zwanzig Jahre um meine persönliche Freiheit gekämpft habe, um | schließlich unbezahlter Angestellter des Deutschen Theaters zu sein, um schließlich weniger Rechte (in Berlin) zu haben, als jeder erste beste beliebige hergelaufene andere Schriftsteller der nach Berlin kommt zu haben. Ich suche Herrn Reinhardt ganz vergeblich davon zu überzeugen, daß der zwischen uns bestehende Vertrag zwischen anständigen Menschen unmöglich ist. und daß ein anständiger Mensch niemals auf der Erfüllung eines so unbilligen Vertrages bestehen würde.

Herr Reinhart entgegnet mir, daß den Vertrag ohne Einwilligung seiner Sozietäre nicht lösen dürfe/arf/. Auf diese handgreifliche Unwahrheit hin erkläre ich ihm daß ich mich | mit meinen Beschwerden dann eben dann eben notwendigerweise an seine Sozietäre wenden (müsse.) muß werde

Aus den mir vorgelegten Verträgen ersehe ich daß nicht ein einziger Autor des Deutschen Theaters den gleichen Vertrag wie ich unter den gleichen Bedingungen unterzeichnet hat, daß ich also durch die mir von Herrn Felix Holländer am 15.III 06 gegebene Versicherung schlechtweg betrogen worden bin. [Darunter durchgezogener Trennstrich, darunter Text in anderem Zusammenhang] |

Sollten sich die Herren Sozietäre das Deutsche Theater nicht zur Lösung des Kontraktes dazu entschließen können
Sollte der in Rede stehende Vertrag nicht gelöst werden, dann würde ich andere Maßnahmen vorbehalten mich eben gezwungen sehen für die nächsten drei Jahre meine dramatische Produktion einzustellen. In diesem Falle wäre es aber ziemlich ausgeschlossen, daß das Deutsche Theater nach Ablauf dieser Frist noch jemals eine Bühnenarbeit von mir zur Aufführung erhielte. |

Ich sage mir ganz bescheiden, daß sich der Mensch nicht zum Künstler emporringt, um durch die Thatsache daß er sich zum Künstler emporgerungen hat eine solche Ansammlung von Ekelhaftigkeiten erleben zu müssen.

Datum 1 VIII 08

1 VIII 08 Für die Gefahr Möglichkeit daß mir Herr Max Reinhart am 8. April die Wahrheit gesagt haben sollte, stelle ich aus meinen Tagebuchaufzeichnungen die auf obigen diesen Blättern enthaltenen Daten zusammen für die Sotietäre des Deutschen Theaters und richte an die Herren Sozietäre die erg des Deutschen Theaters die ergebene Bitte Herrn Direktor Reinhart zur Rückgabe Lösung des unbilligen und für mich unwürdigen Kontraktes zu bevollmächtigen, damit ich nicht nach dreijähriger künstlerischer Thätigkeit in Berlin diese Stadt mit dem Gefühl persönlicher Demütigung und Erniedrigung verlassen muß. Ich sage mir ganz bescheiden, daß sich der Mensch nicht zum Künstler emporringt um durch die Thatsache daß er Künstler geworden ist, eine solche Ansammlung von Ekelhaftigkeiten zu erleben.

Frank Wedekind


[Beilage:]


Tagebuch.

21. Dezember 1905In Wedekinds Tagebuch ist unter diesem Datum der Abschluss des Schauspielervertrags nicht vermerkt..

Abschluss eines Schauspielervertrages zwischen der Direktion Max Reinhardt vom Deutschen Theater in Berlin und mir, gültig vom 1. Oktober 1906 bis 31. März 1907 zu M. 1000 pro Monat. Direktor Reinhardt hat das Recht, den Vertrag auf ein weiteres Jahr unter gleichen Bedingungen für verlängert zu erklären.

15. März 1906Im Tagebuch ist unter diesem Datum notiert: „Tartuffeprobe. Diner mit Lewin Reinhart Holländer und Else Heims bei Borchart. Kontract auf 5 Jahre unterschrieben“. Molieres Lustspiel „Tartüff“ hatte unter der Regie von Max Reinhardt mit Frank Wedekind in der Rolle des Tartüff am 25.4.1906 am Deutschen Theater Premiere und erlebte 7 Aufführungen..

Probe von „Tartüffe“. Herr Max Reinhardt führt Regie. Nachdem Herr Reinhardt die Rolle des Tartüffe zwei Stunden hindurch sehr anstrengend mit mir probiert hat, kommt Herr Felix Holländer in der Pause mit einem fertig aufgesetzten Kontrakt auf mich zu, von dem vorher nie mit einer Silbe die Rede war. Er bittet mich ins Bureau zu kommen und versichert mir dort, der gleiche Kontrakt sei von allen übrigen Autoren des Deutschen Theaters unterzeichnet worden, ich werde daher nicht zögern ihn ebenfalls zu unterschreiben. Der Kontrakt verpflichtet den Unterzeichner, auf fünf Jahre alle seine dramatischen Werke zum Zweck der Aufführung zuerst dem Deutschen Theater einzureichen. Irgendwelche Gegenleistung, die dieser Verpflichtung entspräche, ist in dem Kontrakt nicht stipuliertvertraglich vereinbart.. Es ist nicht einmal ein Aufführungstermin für die einzelnen Stücke festgesetzt. |

2.

Abgespannt und verwirrt, wie ich infolge der vorangegangenen Anstrengungen bin, unterzeichne ich den Vertrag.

Nachdem dann die Probe noch etwa eine Stunde gedauert, lädt mich Herr Holländer zum Mittagessen bei Borchardt ein, an dem auch Herr Direktor Reinhardt und Herr Lewin teilnehmen.

19. Juni 1907Im Tagebuch ist unter diesem Datum notiert: „Besprechung mit Reinhardt.“.

Herr Reinhardt fragt mich im Deutschen Theater, ob ich dazu bereit bin, meinen Schauspielervertrag auf ein weiteres Jahr mit ihm zu verlängern. Ich erkläre mich damit einverstanden.

1. Oktober 1907Im Tagebuch hat Wedekind unter diesem Datum lediglich notiert, er habe „an Censur gearbeitet.“.

Seit dem 19. Juni warte ich vergeblich auf eine schriftliche Erledigung der zwischen uns besprochenen Kontraktverlängerung, treffe aber heute trotzdem pünktlich in Berlin ein, nachdem ich seit drei Wochen an den Vorbereitungen für die als erste der bevorstehenden Saison festgesetzte Aufführung gearbeitet habe.Seit dem 19. Juni warte ich vergeblich auf eine schriftliche Erledigung der zwischen uns besprochenen Kontraktverlängerung, treffe aber heute trotzdem pünktlich in Berlin ein, nachdem ich seit drei Wochen an den Vorbereitungen für die als erste der bevorstehenden Saison festgesetzte Aufführung gearbeitet habe.

8. Oktober 1907Im Tagebuch ist unter diesem Datum notiert: „Ich gehe auf die Probe M. v. K. Gespräch mit Holländer“. Die Premiere des „Marquis von Keith“ in den Kammerspielen des Deutschen Theaters unter der Regie von Frank Wedekind, der zugleich die Rolle des Konsul Kasimir spielte, fand am 9.11.1907 statt..

Nachdem ich acht Tage auf Benachrichtigung gewartet, gehe ich ins Kammerspielhaus, wo ich mich an den Proben beteilige, und frage Herrn Holländer, ob mein Schauspielervertrag, da schriftlich |
3.
nichts darüber abgeschlossen ist, als verlängert zu betrachten ist oder nicht. Herr Holländer gibt mir die feste Versicherung, dass der Vertrag durch die mündliche Vereinbarung vom 19. Juni tatsächlich verlängert worden ist.

4. November 1907Im Tagebuch ist unter diesem Datum notiert: „Keithprobe. Ich suche vergeblich Gage zu erheben.“.

Nachdem ich seit dem 8. Oktober an sämtlichen stattgehabten Proben teilgenommen, gehe ich in die Kanzlei, um meine Gage zu erheben. Der RendantBuchhalter. teilt mir mit, dass er keine Anweisung hat, mir etwas auszubezahlen. Ich mache Herrn Max Reinhardt davon Mitteilung. Herr Reinhardt sagt mir: „Ich werde die Sache sofort in Ordnung bringen.“

5. November 1907Im Tagebuch ist unter diesem Datum wie am Vortag notiert: „Keithprobe [...] Ich suche vergeblich Gage zu erheben.“.

Ich gehe in die Kanzlei, um meine Gage zu erheben. Der Rendant teilt mir mit, dass er immer noch keine Anweisung hat, mir etwas zu bezahlen. Daraufhin mache ich keine weiteren Versuche mehr zu meiner Gage zu kommen und habe sie auch tatsächlich nicht erhalten.

8. November 1907Im Tagebuch ist unter diesem Datum in diesem Zusammenhang lediglich notiert: „Generalprobe.“.

Herr Reinhardt bietet mir schriftlich eine Verlängerung des Kontraktes unter abgeänderten Daten an, worauf ich mich aber nicht mehr einlasse.Herr Reinhardt bietet mir schriftlich eine Verlängerung des Kontraktes unter abgeänderten Daten an, worauf ich mich aber nicht mehr einlasse. |

4.

14. November 1907Im Tagebuch ist unter diesem Datum in diesem Zusammenhang lediglich notiert: „Keith 4.“.

Ich mache Herrn Holländer Mitteilung, dass ich auf mein Engagement für den laufenden Winter (Mark 6000) verzichte, wenn ich dafür den am 15. März 1906 während der Tartüffe-Probe unterzeichneten Autoren-Vertrag zurückerhalte. Herr Holländer entgegnet mir, dass nicht er, sondern Herr Max Reinhardt darüber zu entscheiden habe.

15. Februar 1908Im Tagebuch ist unter diesem Datum notiert: „Große Abendgesellschaft bei Reinhart“..

Auf meine Vorstellung, dass der zwischen uns bestehende Vertrag vom 15.III.06 unbillig sei, lehnt Herr Max Reinhardt die Verantwortung ab, da nicht er, sondern Herr Holländer ihn mit mir vereinbart habe. Herr Reinhardt gibt mir aber in Gegenwart des Herrn Direktor André wiederholt die feste Versicherung, dass er mir für die in dem Vertrag noch vorgesehenen drei Jahre eine entsprechende Entschädigung für meine Verpflichtung auszahlen werde.

8. April 1908Im Tagebuch ist unter diesem Datum notiert: „Abends Unterredung mit Reinhardt und Holländer im Deutschen Theater. Nachher allein bei Steinert.“.

Herr Reinhardt weigert sich auf das entschiedenste, irgendwelche Bezahlung für die durch den Autoren-Kontrakt vom 15.III.06 mir auferlegten Verpflichtungen kontraktlich mit mir zu vereinbaren, erbietet sich aber mündlich, die Forderungen meines Verlegers an das |
5.
Deutsche Theater für die drei Jahre in bestimmter Höhe zu garantieren. Ich ersuche Herrn Reinhardt inständig, mir den strittigen Kontrakt, für den er nicht einen Pfennig bezahlt hat, zurückzugeben. Meine Zugehörigkeit zum Deutschen Theater werde dadurch in keiner Weise beeinträchtigt werden, dagegen werde mein Gefühl persönlicher Entwürdigung durch die Zurückgabe beseitigt. Ich suche Herrn Reinhardt begreiflich zu machen, dass ich nicht zwanzig Jahre um meine persönliche Freiheit gekämpft habe, um schliesslich unbezahlter Angestellter der Direktion Max Reinhardt zu sein; um schliesslich weniger Rechte in Berlin zu haben als jeder erste beste beliebige andere Schriftsteller. Ich suche Herrn Reinhardt ganz vergeblich davon zu überzeugen, dass der zwischen uns bestehende Vertrag zwischen Menschen, die gesellschaftlich miteinander verkehren, unmöglich ist und dass ein anständiger Mensch dem anderen gegenüber nie auf der Erfüllung eines so unbilligen Vertrages bestehen würde.

Herr Reinhardt entgegnet mir, dass er den Vertrag ohne Einwilligung der Sozietäre des Deutschen Theaters nicht lösen darf. Auf diese handgreifliche Unwahrheit hin erkläre ich ihm, dass ich mich dann eben an die Sozietäre des Deutschen Theaters wenden werde.

Aus den mir vorgelegten mit anderen Autoren abgeschlossenen Verträgen ersehe ich, dass kaum ein einziger mit dem von mir unterzeichneten übereinstimmt, dass ich also durch die mir am 15. März 1906 von Herrn Felix Holländer gegebene Versicherung schlechtweg betrogen worden bin. |

6.

22. April 1908Im Tagebuch findet sich unter diesem Datum kein Hinweis auf den vorliegenden Zusammenhang..

Herr Max Reinhardt unterbreitet mir schriftlich einen Vertrag, in dem auf drei Jahre eine Garantie der Forderungen meines Verlegers festgesetzt ist unter der Bedingung, dass ich in den Kammerspielen und am Deutschen Theater zu Spielhonoraren auftrete, die dreimal niedriger sind, als wie sie mir zur Zeit von anderen Theaterdirektoren bezahlt werden.

1. Juli 1908Im Tagebuch findet sich unter diesem Datum kein Hinweis auf den vorliegenden Zusammenhang. Wedekind stellte das „Reinhardttagebuch“ erst am 11.9.1908 zusammen..

Für die Möglichkeit, dass mir Herr Max Reinhardt am 8. April die Wahrheit gesagt haben sollte, stelle ich aus meinen Tagebuchaufzeichnungen die auf diesen Blättern enthaltenen Daten für die Herren Sozietäre des Deutschen Theatershier Unterstreichung und mit Einweisungszeichen versehen unten auf der Seite notierte Ergänzung zu dieser Stelle von fremder Hand: „zu denen Dr. R. gehörte, / Gaitner / Sekr.“ zusammen und richte an die Herren Sozietäre das Gesuch, Herrn Direktor Reinhardt zur Lösung des unbilligen und für mich unwürdigen Kontraktes zu bevollmächtigen, damit ich nicht nach dreijähriger künstlerischer Tätigkeit in Berlin diese Stadt mit dem Gefühl persönlicher Demütigung verlassen muss. Ich sage mir ganz bescheiden, dass sich der Mensch nicht zum Künstler emporringt, um durch die Tatsache, dass er Künstler geworden ist, eine solche Ansammlung von Ekelhaftigkeiten zu erleben. Sollte sich das Deutsche Theater nicht zur Lösung des Kontraktes entscheiden können, dann würde ich, ‒ andere Massnahmen vorbehalten ‒ mich eben gezwungen sehen, für die nächsten drei Jahre meine dramatische Produktion einzustellen. In diesem Falle wäre es aber ziemlich ausgeschlossen, dass das Deutsche Theater nach Ablauf dieser Frist noch jemals eine Bühnenarbeit von mir zur Aufführung erhielte.

Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 14. November 1908 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Maximilian Harden vom 15.11.1908 aus München:]


Für Ihre liebenswürdigen Worte in der Reinhardt-angelegenheit meinen besten Dank.

Frank Wedekind schrieb am 15. November 1908 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Hochverehrter Herr Harden!

Trotz des Ernstes der über uns waltet, kann ich meine Freude darüber nicht verbergen, Ihren Kampfplatzdie politische Öffentlichkeit in Deutschland. Wedekind setzt zwei innenpolitische Krisen in Beziehung zueinander: Nachdem das Image Wilhelms II. durch Maximilian Hardens Enthüllungen im Zuge der Eulenburg-Affäre beschädigt war, löste die „Daily-Telegraph“-Affäre eine Staatskrise aus. Der Londoner „Daily Telegraph“ hatte am 28.10.1908 ein Interview mit dem Kaiser über das deutsch-englische Verhältnis veröffentlicht, in dem Wilhelm II. erklärte, im Unterschied zum deutschen Volk hege er höchst freundschaftliche Gefühle für England. Sein ‚persönliches Regiment‘ löste in allen Parteien Empörung aus, die Affäre kam am 10. und 11.11.1908 im Reichstag zur Sprache und Harden griff seinen alten Gegner publizistisch massiv an. So eröffnete er am 7.11.1908 in der „Zukunft“ seine Artikel-Serie „Gegen den Kaiser“, die er am 14.11.1908 fortsetzte und in diesem Heft, auf das Wedekind sich offenbar bezieht, seinen Angriff mit zwei weiteren Artikeln ‒ „Monarchen-Erziehung“ und „König Phaeton“ ‒ zuspitzte. Diese Artikel in der „Zukunft“ trafen die öffentliche Stimmungslage und wirkten entsprechend. in so herrlicher Weise geändert zu sehen. Nachdem Sie den destruktiven Feldzug endgültig siegreichAnspielung auf die Eulenburg-Affäre mitsamt der nachfolgenden Prozesse Kuno von Moltkes gegen Maximilian Harden, deren letzter dieser gewann [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 29.10.1907]. beschlossen, stehen Sie mit einem Schlage plötzlich an der Spitze des Volkes, das um | seine politische Ehre ringt. Wohin dieses Ringen führt, ist wohl das tiefste geschichtliche Geheimnis, das es seit Beginn der französischen Revolution gegeben hat. Ob die Angelegenheit im Sand verläuft oder ob sie zu eine Katastrophe führt, die Folgen, scheint mir, werden gleich schwer und erschütternd sein. Aber Deutschland muß sich meiner Ansicht nach dazu Glück wünschen, daß jemand lebt, der nicht nur selber auf das Geschehene vorbereitet war, sondern auch Andere darauf vorbereitet hat, der in dem allgemeinen Chaos | seinen ruhigen Blick bewahrt. Wie uninteressant können die größten re/ge/schichtlichen Ereignisse sein, wenn keine Persönlichkeiten dabei in den Vordergrund treten. Ob der Weg, den Sie gehen in absehbarer Zeit zu einem Erfolg führen wird scheint mir eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit. Aber der einen Thatsache sind Sie doch jetzt wohl schon sicher, daß tausende und tausende von Menschen ihre Haltung bei Ihnen suchen und an Ihnen finden, Menschen, die Ihnen zeitlebens dafür dankbar bleiben werden, wenn Sie | es Ihn ihnen jetzt auch nur ermöglichen den Gang unserer Schicksale so zu sehen, wie er sich in wirklichkeit vollzieht.

Für Ihre liebenswürdigen Wortenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Maximilian Harden an Wedekind, 14.11.1908. Maximilian Harden dürfte zu einem Brief mit Beilage [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 17.10.1908] Stellung genommen haben, zum „Reinhardt-Tagebuch“ (siehe unten). in der Reinhardt-angelegenheitWedekind hatte Maximilian Harden sein sogenanntes „Reinhardt-Tagebuch“ geschickt [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 17.10.1908], um seine Auseinandersetzungen mit Max Reinhardt um die Auflösung seiner Verträge mit dem Deutschen Theater zu Berlin zu dokumentieren. meinen besten Dank. Die Sache ist für mich erledigt, ich will nichts von Reinhardt.

Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin bitte ich meiner Tilly und meine ergebensten Empfehlungen auszusprechen und verbleibe in ernster Erwartung
mit herzlichen Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


15.11.8.

München, Prinzregentenstr. 50.

Maximilian Harden schrieb am 24. Juli 1909 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München, Prinzregentenstr. 50)


Wärmsten DankZusammenhang nicht ermittelt., lieber Herr Wedekind, und herzlichen Glückwunsch zum Riesenerfolgzum ersten Wedekind-Zyklus vom 1. bis 30.7.1909 am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg), ein Gastspiel von Frank und Tilly Wedekind, das ein großer Erfolg war., dessen Echo mich aufrichtig freut.

Mit bestem Gruß und Empfehlungen an Ihre verehrte Gattin bin ich
Ihr
Harden


M. DamenSelma Isaac, die Lebensgefährtin Maximilian Hardens, und die gemeinsame Tochter Maximiliane Harden. Diese Bezeichnung verwendete Maximilian Harden auch in einem Brief vom 24.7.1909 an seinen Freund Ernst Schweninger, bei dem Selma Isaac und Maximiliane Harden zu Gast waren: „herzlichen Dank, lieber Freund; die Damen können gar nicht genug die gütige, freundschaftliche, rührend liebenswürdige Aufnahme rühmen.“ [Bundesarchiv Potsdam, Nachlass Ernst Schweninger, 90 Schw 4, Nr. 230]. sind bei Schweningerin der maschinenschriftlichen Abschrift: Schwienger (handschriftlich korrigiert zu: Schweninger). ein paar Tage u haben vielleicht die Freude, Sie zu sehen.

Frank Wedekind schrieb am 20. April 1910 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Brief an Wedekind vom 24.4.1910 aus Berlin:]


[...] die liebe Sendung Ihres neuen Gedichtes [...]

Maximilian Harden schrieb am 21. April 1910 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Maximilian Hardens Brief an Wedekind vom 24.4.1910 aus Berlin:]


[...] die Karte [...] kam als unbestellbar (!) zurück.

Frank Wedekind schrieb am 23. April 1910 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Verehrter Herr Harden!

eben erhalte ich einen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Artur Landsberger an Wedekind, 22.4.1910. von Dr. Landsberger, aus dem ich ersehe, daß Sie noch dieselbe Theilnahme für meine AngelegenheitWedekinds Verlagsangelegenheiten, die Konflikte mit seinem Verleger Bruno Cassirer, über die er mit Maximilian Harden dem Tagebuch zufolge am 4.4.1910 („Nachmittag bei Harden“) bereits gesprochen haben dürfte. Die Auseinandersetzungen mit seinem Verleger sind unter dem Stichwort „Contra Cassirer“ auch in Wedekinds Notizbüchern dokumentiert [vgl. KSA 5/III, S. 126-141]. hegen. Zwischen J.R. Jonas und Dr. Oskar Meyer schweben seit 14 Tagen VergleichsverhandlungSchreibversehen statt: Vergleichsverhandlungen. Diese führten Wedekinds Anwalt Dr. Paul Jonas, Justizrat, Rechtsanwalt am Landgericht I, II, und III in Berlin und Notar (Kanzlei: Taubenstraße 16-18) [vgl. Berliner Adreßbuch 1910, Teil I, S. 1210], und Bruno Cassirers Anwalt Dr. Oscar Meyer, Rechtsanwalt und Kammergerichtsrat in Berlin (Belle-Alliance-Straße 92) [vgl. Berliner Adreßbuch 1910, Teil I, S. 1840]., nachdem ich zuvor mein Versprechen geben mußte mich um nichts mehr zu kümmern. Als Käufer | der Cassirerschen Rechte kam Georg Müller in Betracht. Daß/s/ erste Ergebnis war daß Cassirer seine ohnehin horrende Forderung um 8000 Mark erhöhte. Ich kann daher kaum mehr glauben, daß Cassirer einen Vergleich wünscht. Ich glaube, es war ihm nur darum zu thun bis zum Prozeß Ruhe vor mir zu haben.

Ich weiß nicht, verehrter Herr Harden, wie ich dazu komme, Sie | mit meinen Existenzfragen zu belästigen, aber wenn Sie Gelegenheit nehmen, mit Cassirer zu sprechen, würde es mich natürlich im höchsten Grad interessiren zu wissen wie Sie meine Sachlage ansehen. Ihre Zeit möchte ich damit gewiß nicht in Anspruch nehmen, aber vielleicht hätten Sie mir irgend einen werthvollen Wink zu geben.

Auf Dr. Landsbergers VorschlagArtur Landberger meinte in einem Brief an Maximilian Harden vom 26.4.1910, Wedekind sei „bei Justizrat Jonas in den ungeeignetsten Händen. Ich habe ihm zu Philipp geraten, und er acceptierte freudig unter der Bedingung, daß für Jonas ein plausibler Grund gefunden würde.“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 63], Rechtsanwalt Dr. PhilippIn Berlin sind für den fraglichen Zeitraum zwei promovierte Rechtsanwälte mit dem Nachnamen Philipp zu identifizieren [vgl. Berliner Adreßbuch 1910, Teil I, S. 2107; Berliner Adreßbuch 1911, Teil I, S. 2207]: Dr. Hans Philipp (Rechtsanwalt beim Berliner Landgericht I, II und III, Pressemeldungen zufolge eher auf Strafrechtsfälle und Gewaltverbrechen spezialisiert) und Dr. Richard Philipp (wie der andere Rechtsanwalt und wie Wedekinds Anwalt Dr. Paul Jonas am Landgericht II in Berlin tätig [vgl. Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 509, 30.19.1910, Morgen-Ausgabe, S. 2]; er war wohl die gemeinte Person). zuzuziehen bin ich sofort eingegangenvgl. Wedekind an Artur Landsberger, 23.4.1910.. Er wird mir | mittheilen, wie das, ohne daß sieSchreibversehen statt: sich. J.R. Jonas verletzt fühlt möglich ist.

Paul Cassirer konnte als mein künftiger Verleger nicht in Betracht kommen aus dem einfachen Grunde weil ihm seinenSchreibversehen statt: seine. anderen Geschäfte keine Zeit übrig lassen. An dem Montag als ich bei Ihnen waram 4.4.1910: „Nachmittag bei Harden“ [Tb]. kam es Abends zu keiner Besprechung weil er plötzlich verreisen mußte. Er blieb dann bis nach meiner Abreise fort und ist jetzt wieder auf Reisen. Über seine Qualitäten als Mensch und auch als Geschäftsmann, bin ich durchaus Ihrer Ansicht und schätze Paul Cassirer sehr als Freund. Leider zwangen mich die einfachsten praktischen Gründe | mich an Georg Müller zu wenden, da sonst die spärlichen Verhandlungen, die derweil stattfanden gar nicht möglich gewesen wären.

Wollen Sie bitte Ihrer verehrten Frau Gemahlin meiner Frau und meine ergebensten Empfehlungen aussprechen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München, Prinzregentenstraße 50.

23.4.10Wedekind notierte am 23.4.1910: „Briefe an Harden Jonas Landsberger“ [Tb] – das sind der vorliegende Brief sowie Briefe an den Rechtsanwalt [vgl. Wedekind an Paul Jonas, 23.4.1910] und den mit Wedekind befreundeten Schriftsteller [vgl. Wedekind an Artur Landsberger, 23.4.1910]..

Maximilian Harden schrieb am 24. April 1910 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 24/4 10


Verehrter Herr Wedekind,

ich hatte Ihre Adresse nichtWedekinds letzter Brief, auf den der vorliegende Brief antwortet, enthält die Münchner Adresse (Prinzregentenstraße 50) [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1910]. und die Kartenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Maximilian Harden an Wedekind, 21.4.1910. Maximilian Harden bedankte sich in der verschollenen Postkarte für eine Sendung (siehe unten) und erkundigte sich nach dem Stand der Verhandlungen Wedekinds mit dem Verleger Bruno Cassirer, den er aufzusuchen gedachte, wie aus dem vorliegenden Brief hervorgeht., auf der ich für die liebe SendungHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 20.4.1910. Wedekind schickte Maximilian Harden wohl einen maschinenschriftlichen Durchschlag seines Einakters „In allen Wassern gewaschen“, den er in einem anderen Exemplar am 20.4.1910 seinen Verleger gebracht hat: „Bringe Iawg zu Georg Müller.“ [Tb] Er hatte das Manuskript von „In allen Wassern gewaschen“ am 14.4.1910 „zu Cito“ [Tb] gebracht; „Cito“ war ein in München (Holzstraße 28) ansässiges Büro für Schreibmaschinenarbeiten (Inhaberin: Amalie Mohr) [vgl. Adreßbuch für München 1910, Teil I, S. 80] – eine der dort hergestellten Abschriften des Einakters, so ist anzunehmen, hat Wedekind an den Herausgeber der „Zukunft“ gesandt. Ihres neuen Gedichtes dankte, kam als unbestellbar (!) zurück. Jetzt also nochmals: herzlichen Dank. Ich fragte darin auch, wie es mit den VerhandlungenWedekinds über die Rechtsanwälte Paul Jonas und Oscar Meyer verhandelte Verlagsangelegenheiten, die Konflikte mit seinem Verleger Bruno Cassirer, über die Wedekind dem Tagebuch zufolge am 4.4.1910 mit Maximilian Harden bereits gesprochen haben dürfte und deren Stand er brieflich erläutert hat [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1910]. stehe, damit ich nicht uninformirt zu Cassirer komme.

Nun werde ich mit Ihm sprechen; in dieser Woche, wenn er erreichbar ist. Und Ihnen dann sofort berichten.

Philipp ist ein vortrefflicher Mann, aber ich rathe: nur, wenn Jonas einverstanden ist. Sonst ists schlechter als ohne Philipp. Und die Sache ist ja höchst einfach.

Ich versuche alles Mögliche, um B C traktabel zu machen; und freue mich stets, wenn ich Ihnen irgendwie nützlich sein kann.

Haben Sie die Güte, mich Ihrer verehrten Frau zu empfehlen.

Herzlich grüßt
Harden

Frank Wedekind schrieb am 25. April 1910 in München folgendes Telegramm
an Maximilian Harden

maximilian harden berlin grunewald
wernerstrasse 16

Telegraphie des Deutschen Reichs.
Amt Grunewald (Bz. Berlin).


Telegramm aus münchen [...]


herzlichen dankfür den soeben erhaltenen Brief [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1910]. und gruss. ausführlicher brief folgtein 12 Seiten umfassender Brief [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 25.4.1910]..

wedekind

Frank Wedekind schrieb am 25. April 1910 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr verehrter Herr Harden!

Ihrer liebenswürdigen AufforderungMaximilian Harden hatte nach dem Stand der Verhandlungen mit Bruno Cassirer gefragt [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1910]. entsprechend erlaube ich mir Ihnen noch einige positive Daten über den augenblicklichen Stand meiner AngelegenheitWedekinds Verlagsangelegenheiten, die Konflikte mit seinem Verleger Bruno Cassirer, die unter dem Stichwort „Contra Cassirer“ auch in Wedekinds Notizbüchern dokumentiert sind [vgl. KSA 5/III, S. 126-141]. zu geben.

Ich muß vorausschicken, daß Herr Bruno Cassirer mit zwei Unwahrheiten arbeitet. Erstens mit der Behauptung, ich hätte ihn zum Ankauf meiner Werke verleitet, während er mir jahrelang die Propaganda die Albert Langen für meine Bücher machte als unzulänglich hinstellte, was ich auch durch Briefe beweisen kann. Zweitens mit der Behauptung, ich hätte mich ihm gegenüber | vor dem Ankauf mündlich verpflichtet, ihm meine zukünftigen übrigen Werke in Verlag zu geben.

Die Unwahrheit dieser letzten Behauptung ist durch einen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Bruno Cassirer an Wedekind, 19.11.1909. Wedekind hat am 1.4.1910 im Tagebuch notiert: „Habe die ganze Correspondenz B. Cassirer durchgearbeitet.“ bewiesen, in dem mir Bruno Cassirer selber schreibt: „Sie wünschten damals über diese Bücher keinen Vertrag abzuschließen, sagten mir aber, daß Sie natürlich keine Veranlassung hätten, mir diese künftigen Bücher nicht zu geben.“

Diese Worte entsprechen genau der Thatsache. Wenn ich aber Herrn Cassirer zum Ankauf meiner Werke verleitet hätte, dann müßte er ein Thor sondergleichen gewesen sein, sich meine künftige Produktion nicht durch schriftlichen Vertrag zu sichern. Das wäre doch sicherlich | die erste Antwort auf meine Verleitungsversuche gewesen.

Seit unserer letzten Unterredungam 4.4.1910: „Nachmittag bei Harden“ [Tb]. hat Herr Cassirer seine Verkaufsbedingungen um 8000 Mark erhöht. Angesichts dieser Thatsache schrieb ich die Erklärungdie Beilage zum vorliegenden Brief. nieder die ich am Schluß beilege. Ich habe die Erklärung sonst noch niemandem mitgetheilt. Herr Cassirer will für das Verdienst, daß er mich nicht gänzlich ruinirt, einen glatten Gewinn Verdienst von 20,000 Mark einstreichen. Ich wäre heute schon in Verlegeheit wenn mir die Einnahmen aus meinen Gastspielen nicht zugute kämen. Dabei schreibt Cassirer an seinen RechtsanwaltDer Brief Bruno Cassirers an Oscar Meyer ist nicht ermittelt.:

„Ich bitte Sie jetzt, Herrn Justizrat Jonas den Text für eine möglichst eingehende und umfassende Ehrenerklärung vorlegen zu wollen.“ |

Augenscheinlich erwartet Herr Cassirer, daß ich den Fehlbetrag, den der Käufer nicht bezahlen will, aus eigenen Mitteln erlege. Wenn ich das Geld dazu hätte, dann wäre ich also, abgesehen von dem Schaden, den mir Herr Cassirer bis jetzt zugefügt hat, auch noch um zirka 20,000 Mark geschädigt. DeDemgegenüber drängt sich mir die Frage auf, ob es denn wirklich dem Berliner Großkapital, zu dem Herr Cassirer doch ohne Zweifel gehört, da er sein Geld kaum geschäftlich engagiert, weil er zu seinem Lebensunterhalt darauf angewiesen ist ‒ ob es dem Berliner Großkapital denn wirklich so vollkommen gleichgültig bleiben kann, diese Rollen, erstens des Schädigers, zweitens des Erpressers gegenüber | einem Schriftsteller zu spielen, dem das, was er bisher erreicht hat, nicht gerade leicht ge wurde.

In welchem Maße ich durch Bruno Cassirer bis jetzt geschädigt wurde ergiebt sich aus einer Zusammenstellung meiner Einnahmen aus dem Bücherverkauf seit 1903, wobei ich die Honorare für Neuerscheinungen abziehe, weil solche ja jeweilen mehr von meiner Thätigkeit als vom Geschäftsbetrieb abhängen. Vor 1903 warfen meine Bücher keine Einnahmen ab. Weil Bruno Cassirer meine Bücher am 18. Oktober 1908 übernahm, rechne ich je vom 18. Oktober zu 18. Oktober:

18. Oktober 1903 – 1904 M. 2590

"    "        1904 – 1905  "   2200 |

18 Oktober 1905 – 1906 M. 4600

"         "       1906 – 1907  "   5200

"         "       1907 – 1908  "   5900

"         "       1908 – 1909  "   1650.

Wie dieser Rückgang des Absatzes zustande kam, ist sehr einfach. Nach Erscheinen von „Oaha“ bot der Verlag Albert Langen Cassirer selbst meine Werke zum Kauf an und Bruno Cassirer bezahlte 23,0,00Der auf den 24.10.1908 datierte Vertrag zwischen Albert Langen und Bruno Cassirer nennt einen Kaufpreis von exakt 23.500 Mark [vgl. KSA 5/III, S. 136]. Bruno Cassirer forderte dann nachträglich Unterlagen an, wie sein Brief vom 18.11.1909 an den Verlag Albert Langen dokumentiert: „Da aber, wie das ja vorauszusehen war, mit Herrn Wedekind nicht anders als durch Vermittlung der Gerichte auszukommen ist, so möchte ich für alle Fälle gerüstet sein und gern das gesamte Vertragsmaterial in Händen haben.“ [Koch 1969, S. 142]0 M. dafür, fand aber sehr bald, daß er, wie er selber schreibtnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Bruno Cassirer an Wedekind, 20.2.1909., die Bücher viel zu theuer gekauft habe und daß er von Albert Langen „hineingelegt“ worden sei. Derweil hatte er, seiner eigenen Mittheilung nach, die | Exemplare aus dem Buchhandel zurückgezogen, um seine Verlagsfirma darauf drucken la zu lassen. Nun ließ er die neuen Titel aber nicht drucken und erhöhte dafür den Verkaufspreis der mit den alten Titeln versehenen Bücher gegenüber dem Sortimentsbuchhändler. An Propaganda that er gar nichts, während er mir jahrelang die Propaganda, die der Verlag Langen mit HülfeWerbemaßnahmen; in der von Albert Langen verlegten Wochenschrift „Simplicissimus“ wurden Wedekinds Bücher annonciert, die im Albert Langen Verlag erschienen. des „Simplizissimus“ gemacht hatte, als eine für meine Bücher gänzlich unzureichende hingestellt hatte. Cassirer hat bis zum heutigen Tag nicht einmal einen Prospekt über meine Bücher drucken lassen. Er verfolgte nur den einen Zweck, durch Verkaufen der Bestände, also gewissermaßen des geschäftlichen | Handwerkszeugs, wieder zu seinen Auslagen zu kommen. Damit war ein Ertrag für mich auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen.

Wie ich Ihnen, geehrter Herr Harden, schon mittheilteDie Mitteilung erfolgte vermutlich mündlich, dem Tagebuch zufolge entweder am 3.4.1910 („Besuch bei Harden“) oder am 4.4.1910 („Nachmittag bei Harden“)., spielte sich, als ich am 1. Februar zu Herrn Cassirer ins BureauWedekind notierte am 1.2.1910 in Berlin: „Besuch bei Cassirer.“ [Tb] Er hat die im vorliegenden Brief in dramatischer Form geschilderte Begegnung mit seinem Verleger Bruno Cassirer in einem anderen Brief als tätliche Auseinandersetzung beschrieben [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 1.2.1910]. trat, um ihn zu Rede zu stellen folgendes Gespräch zwischen uns ab:

Ich trat mit den Worten ein:
„Warum beantworten Sie meine Briefe nichts?“
Darauf Cassirer:
„Ich verbitte mir diesen Ton von Ihnen!“
Ich: „Ich kämpfe hier um meine gesellschaftliche Stellung!“ |
Er: „Verlassen Sie das Zimmer!“
Ich: „Fällt mir nicht ein, solange Sie mein Lebenswerk zugrunde richten!“
Er: „Machen Sie daß Sie hinauskommen!“
Ich: „Ich gehe nicht eher, als bis ich Antwort von Ihnen habe!“
Er: (drückt auf den elektrischen Knopf auf dem Schreibtisch) „Ich lasse Sie durch meine Leute hinaus werfen!“
Darauf erfolgte die Beleidigung.

Verehrter Herr Harden, da es sich um meine Existenz und die Existenz meines Werkes handelt, schäme ich mich nicht, Ihre Hülfe, die Sie | mir so liebenswürdig anboten mit innigem Dank in Anspruch zu nehmen.

Seien Sie herzlich gegrüßt.
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München, Prinzregentenstraße 50

25.4.10Wedekind notierte am 25.4.1910: „12 seitiger Brief an Harden.“ [Tb].


[Beilage:]


Erklärung.

Herr Bruno Cassirer hat mich durch geschäftliche Unfähigkeit und Untätigkeit um tausende von Mark geschädigt. Solange sich Herr Bruno Cassirer Verleger nennt, ist diese Thatsache jedenfalls keine Ehre sondern höchstens das Gegentheil für ihn. Jetzt geht er darauf aus mit Hülfe dieser Thatsache sich kurzer Hand einen Gewinn von 20,000 Mark zu verschaffen. Für 23,0,000 Mark hat er meine Werke von Albert Langen gekauft und erklärt sich bereit, sie für 2/4/3,000 an einen anderen Verleger abzugeben. Mit Hülfe des Unglücks das er als mein Verleger für mich bedeutet, will er 20,000 Mark verdienen; und da ich, wenn er mein | Verleger bleibt, die nächsten Jahre mit den ärgsten finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben werde, hofft er den Preis auch zu bekommen. Herr Bruno Cassirer wünscht eine Ehrenerklärung von mir. Ich glaube es ruhig dem allgemeinen Sittlichkeitsgefühl überlassen zu können, die richtige Bezeichnung für diese Art von Charakter f/z/u finden.

Oder aber: Herr Bruno Cassirer hat gar nicht die Absicht, den Verlag meiner Werke zu verkaufen und fordert den hohen Preis nur, um keinen Käufer zu finden. In diesem Fall hat er mich dadurch, daß er den Verlag meiner Werke in einem InseratBruno Cassirer hatte folgende Anzeige aufgegeben: „Ich beabsichtige, aus meinem Verlage sämtliche bei mir erschienenen Werke von / FRANK WEDEKIND / zu verkaufen. / Es handelt sich um die Dramen: / TOTENTANZ, 4te Aufl. / BÜCHSE DER PANDORA, 6te Aufl. / ZENSUR / SO IST DAS LEBEN, 2te Aufl. / OAHA, 2te Aufl. / FRÜHLINGS ERWACHEN, 24te Aufl. / DER KAMMERSÄNGER, 4te Aufl. / ERDGEIST, 7te Aufl. / MUSIK, 4te Aufl. / JUNGE WELT, 2te Aufl. / MARQUIS VON KEITH, 2te Aufl. / um den Gedichtband: VIER JAHRESZEITEN, 4te Aufl. / und die Erzählungen: FEUERWERK, 3te Aufl. / Ich bitte die Herren Kollegen, die sich für den Ankauf der Bücher Wedekinds mit allen Vorräten und Rechten für Neuauflagen interessieren, sich mit mir in Verbindung setzen zu wollen. / Hochachtungsvoll / BRUNO CASSIRER, VERLAG. BERLIN W., / Derfflingerstr. 16.“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 77, Nr. 56, 10.3.1910, S. 3079] im „Börsenblatt für den deutschen Buchhandel“ öffentlich zum Verkauf ausbot in meinem Ansehen als Schriftsteller mit vollem Bewußtsein in so hohem Maße beleidigt und geschädigt, daß mir dadurch die Beleidigung die ich ihm zufügte reichlich aufgewogen erscheint, und ich keinen Grund einsehe, irgendwelche Erklärung abzugeben.

München April 1910
Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 28. April 1910 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 28/4 10


Hochgeehrter Herr Wedekind,

besten Dank für Ihren Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 25.4.1910.. Ich hatte schon vorher an Cassirer geschriebenam 24.4.1910, wie aus Maximilian Hardens Brief an Artur Landsberger vom 27.4.1910 hervorgeht: „Ich habe Sonntag, in W[edekind]’s Interesse, an Bruno C[assirer] geschrieben, aber noch keine Antwort erhalten.“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 143]. Maximilian Hardens Brief an Bruno Cassirer ist nicht überliefert.. Aus seiner AntwortBruno Cassirer schrieb am 24.4.1910 an Maximilian Harden: „Sehr verehrter Herr Harden, ich bin Ihnen für Ihren Brief durchaus dankbar, aber es ist schwierig, Ihnen mit wenigen Worten Einblick in die Situation zu geben, die Ihnen natürlich vom Standpunkt Wedekinds nur einseitig geschildert worden ist. Wedekinds Verhalten mir gegenüber verbietet jede Möglichkeit eines gütlichen Ausgleichs. Ich habe, da ich seine Arbeiten nahm, seit Jahren, und im letzten Jahre intensiv, für ihn gearbeitet. Ich habe seine Produktion unter erheblichen materiellen Opfern in meiner Hand vereinigt. Dann hat Wedekind, gepackt von dem ihn verfolgenden Argwohn, daß ich, wie alle, die für ihn eintraten, auf seinen Ruin ausginge, mich schon öfters im Stich gelassen. Um nur Eines zu versichern: ich habe ohne Vertrag seiner Zusage geglaubt, daß er mir seine kommenden Bücher geben würde. Ich habe ihm vor dem Ankauf der Langenschen Bücher gesagt, daß ich die Bücher ohne diese Zusage nicht kaufen würde. Er hat diese Zusage bei dem ersten Buch, das er seitdem schrieb, gebrochen. Er beklagt das Zurückgehen seiner Einnahmen. Er hat alles gethan, um sich selbst zu schädigen. Ich habe ihm ein größeres Honorar in Aussicht gestellt für eine Gesammtausgabe, er hat sie verweigert, der Neudruck von Oaha lag 6 Monate bei ihm, er hat nichts imprimiert, ich wünschte zwei Auflagen von ‚Feuerwerk‘ zu drucken, er hat das verboten. In derselben Weise hat er im Bühnenvertrieb gegen sich selbst gewirtschaftet. Ich habe ihm von meiner Berliner Bühne das Angebot eines mehrwöchigen Gastspiels in seinen Stücken verschafft. Ein Zyklus seiner Hauptwerke sollte bei einigem Erfolg 4 Wochen gegeben werden. Das hatte ihm mindestens 7000 M. eingebracht. Er hat auch das nicht angenommen. Beinahe, als ob er sich absichtlich in eine Situation hat bringen wollen, um dann mit großer Geste sagen zu können: ich bin ein durch meinen Verleger ruinierter Schriftsteller! Wenn Sie aber anzunehmen scheinen, daß ich das Alles Wedekind entgelten lassen will, so irren Sie sich. Ich habe zunächst von einer Strafanzeige Abstand genommen, sah mich aber gezwungen, Beleidigungsklage zu erheben, um vor öffentlichen und brieflichen Verfolgungen mich zu wehren. Wedekind hat mich vor einiger Zeit bitten lassen, die Klage zurückzunehmen, und ich habe mein Einverständnis erklärt. An der Form der ‚Ehrenerklärung‘, die ich durch seinem Anwalt vereinbart habe, liegt mir an sich garnichts. Meine Ehre hat nichts zu thun mit der Meinung, die Wedekind von ihr hat. Also dieser Punkt dürfte keine Schwierigkeiten machen. Ich habe ferner erklärt, daß ich bereit bin, seine Bücher abzugeben, und ich bin mit demjenigen Verlag in Unterhandlungen getreten, der, soviel ich weiß, von Wedekind autorisiert ist. Es dürfte nur an ihm liegen, ob diese Verhandlungen zum Abschluß kommen; denn ich vermute, daß die Schwierigkeiten in den Zusicherungen liegen werden, die dieser Verlag angesichts der vorliegenden Erfahrungen von W. wird fordern müssen. Ist mein Nachfolger sicher, daß bezgl. kommender Arbeiten, Neuauflagen, Gesammtausgabe und Bühnenrechte ihm Garantien geboten werden, so dürfte der von mir geforderte Preis angemessen sein. Jeder verständige Verleger weiß sehr wohl, daß der Gesammtbesitz der Rechte Wedekinds ein moralischer Wert ist, der sich schwer bewerten läßt. Ich habe mit Vergnügen die Gelegenheit benützt, um Ihnen einige Aufklärungen geben zu können. Stets gern zu Ihren Diensten Ihr sehr ergebener Bruno Cassirer“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 24]., die heute kam, hier das Wesentlichste:

Er habe intensiv für Sie gearbeitet. Daß Sie es nicht glauben, entspringe nur Ihrem unausrodbaren Mißtrauen. Die Zusage, ihm Ihre neuen Bücher zu geben, haben Sie nicht gehalten. Gesammtausgabe verweigert. Eben so zwei Auflagen von „Feuerwerk“. Berliner Gastspiel nicht angenommen, trotzdem es Ihnen in 4 Wochen 7000 Mk eingebracht hätte. Das Alles wolle er Sie aber nicht entgelten lassen; auch nicht, was gefolgt ist. Er wolle auf Klage verzichten, bei der „Ehrenerklärung“ keine Schwierigkeit machen, Ihre Bücher dem von Ihnen autorisirten Verlag geben; sein Preis (den er fordert) sei durchaus angemessen, wenn Sie dem neuen Verleger kommende Arbeiten, Neuauflagen, Gesammtausgabe, Bühnenrechte sichern.

Der Brief, den Sie citirennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Bruno Cassirer an Wedekind, 19.11.1909. Wedekind hatte aus diesem Brief zitiert [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 25.4.1910]., wäre kein gerichtlicher Beweis für eine Unwahrhaftigkeit Cassirers. Er sagt ja, es lag kein Vertrag, aber ein Versprechen vor. Das ist aber gleich|giltig. Auf dem sogen. „Rechtsboden“ ist jetzt nichts zu erreichen; und Klugheit empfiehlt, den Mann heute nicht zu reizenMaximilian Harden schrieb am 27.4.1910 an Artur Landsberger: „Rechtlich liegt die Sache für unseren Klienten nicht gut; er darf den Gegner also nicht reizen. Ich thue, was ich irgend kann, für ihn.“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 143]. Ihre „Erklärung“die Beilage zu Wedekinds letztem Brief [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 25.4.1910]. würde Sie ans Messer liefern, und sehr harter Verurtheilung aussetzen.

Nach meiner Ueberzeugung können wir nur versuchen, in „Güte“ vorwärts zu kommen. Georg Müller wird das Geschäftliche ordentlich machen, denke ich, verhandeln und abschließen, wenns irgend geht. Ich schreibe an C und stelle ihm vor, daß es klüger sei, den an Langen gezahlten Preis zu nehmen u.sw.

Regen Sie sich, verehrter Herr Wedekind, so wenig wie möglich auf und versuchen Sie, die Sache ganz leidenschaftlos zu nehmen, wie ein Kaufmann. (Was ja nicht ganz leicht ist.) Jeder falsche Schritt kann schaden, jetzt gerade. Cassirers Brief an mich zeigt, trotz Allem, den starken Willen, entgegenzukommen. Vielleicht läßt sich auch durch LiebermannMax Liebermann war über den Konflikt Wedekinds mit Bruno Cassirer informiert. Wedekind traf den Maler dem Tagebuch zufolge am 4.4.1910 bei Paul Cassirer („bei Cassirer, wo ich Liebermann, Tuaillon und Slevogt treffe“), wo sicher davon die Rede war. noch auf ihn wirken.

Landsberger schrieb mirArtur Landsberger schrieb am 26.4.1910 an Maximilian Harden: „Ich möchte nun Wedekind, der seit dieser Affaire in seinem Schaffen lahm gelegt ist, gern, so weit oder so wenig ich dazu imstande bin, in jeder Weise unterstützen. Darf ich Ihnen, hochverehrter Herr Harden, über den Fall Jonas sprechen? Es ist doch nun einmal so, daß in allen Dingen des Verstandes Maximilian Harden die letzte Instanz ist; daß daher Ihre Güte, von der Niemand besser Zeugnis geben kann, als ich, so übermäßig in Anspruch genommen wird. Darf ich kommen? Und wann?“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 63] u will mich besuchen, um über die Sache zu sprechen.

Ich glaube, Sie wissen, daß ich thue, was ich irgend vermag, um Ihnen diese leidige Sache vom Halse zu schaffen.

Mit herzlichen Wünschen
Ihr
Harden

Frank Wedekind schrieb am 30. April 1910 - 1. Mai 1910 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

München 30. April 1910.


Hochverehrter Herr Harden!

Empfangen Sie meinen aufrichtigen herzlichen Dank für die Schritte, die Sie für mich gethan haben und für Ihren ausführlichen Briefvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 28.4.1910.. Allerdings kann ich von den Einwürfen Cassirers, die Sie mir zu übermitteln die Güte haben, keinen anerkennen. Auch mein Zuwiderhandeln gegen die Zusage erfolgte erst nachdem ich mehrere Tausend M. Verlust zu verzeichnen hatte und mich Cassirer in seinen BriefenBruno Cassirers Briefe an Wedekind in dieser Sache sind verschollen. Wedekind hat aus ihnen bereits zitiert [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 25.4.1910]. Der hier zitierte Brief ist nicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Bruno Cassirer an Wedekind, 20.2.1909. mit Phrasen abspeiste wie: „Während Langen für Ihre Bücher | sehr wenig gethan hatte“ (der ärgste Hohn auf den wirklichen Sachverhalt.) Nachdem ich also nicht mehr sagen konnte: „Ich habe keine Veranlassung, es nicht zu thun.“

Meine Entgegnungen auf die Einwürfe Cassirers habe ich mir erlaubt, auf beiliegenden Blätterndie Briefbeilage, 5 paginierte Seiten (die der Seite 1 der Beilage zugeordnete Ergänzung auf der nicht paginierten Seite 6 der Beilage dürfte Wedekind erst am 1.5.1910 vorgenommen haben). so kurz als möglich zu fassen.

Ihrer freundlicheSchreibversehen, statt: freundlichen. Anregung, an Professor Liebermann zu schreibennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Max Liebermann, 1.5.1910., werde ich folgen und alle Überlegung aufwenden, um den richtigen Ton zu treffen. |

1 Mai 10.

Mit Ihrem zweiten Briefvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 30.4.1910., den ich eben erhalte, für den ich herzlich danke, gehe ich morgenWedekind notierte am 2.5.1910: „Besuch bei Müller der auf 8 Tage verreist ist.“ [Tb] zu Georg Müller, um ihn zu bitten, ein neues Angebot zu machen. Selbstverständlich ist es unmöglich, verehrter Herr Harden, daß Sie sich in den Schacher der Kaufleute mengen. Aber durch Ihr Dazwischentreten haben Sie mir ja bis jetzt schon mehr genützt als alle Kämpfe, die ich seit Oktober 1909 mit Cassirer geführt.

In Verehrung der Ihrige
Frank Wedekind.


[Beilage:]


Herr Cassirer stellt in seiner ErwiderungBruno Cassirers Brief an Maximilian Harden vom 24.4.1910 [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 24], den Harden in seinen beiden letzten Briefen an Wedekind referiert hat [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 28.4.1910 und 30.4.1910]. an Herrn Maximilian Harden augenscheinlich überall die Wirkungen als Ursachen hin.

Von einem „unausrottbaren Mißtrauen“ hat Herr Cassirer vor dem 28 Mai 1909 keine Spur von einem Anzeichen erhalten. Erst als bei einem vierzehntägigen GastspielWedekind brach am 16.5.1909 auf zu einem Gastspiel (siehe unten) nach Zürich und trat die Rückreise am 28.5.1909 an [vgl. Tb]. in Zürich mit drei PremierenBei Wedekinds Gastspiel am Pfauentheater in Zürich vom 19. bis 27.5.1909 wurde „So ist das Leben“ (Premiere: 19.5.1909), „Erdgeist“ (Premiere: 21.5.1909) und „Frühlings Erwachen“ (Premiere: 27.5.1909) gespielt. und starker Reklamewirkung in keinem Schaufenster ein Buch von mir zu sehen war, kombinierte ich diese Thatsache mit der anderen, daß die Einnahmen aus dem Buchverkauf im Vorjahre bis Ende Mai M. 4800 betragen hatten gegen M. 600 im laufenden Jahr. Und erst als ich auf die Frage nach den Gründen einen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Bruno Cassirer an Wedekind, 20.2.1909. erhielt mit der Klage, daß Herr Cassirer meine Bücher viel zu theuer bezahlt habe, |
entstand daraus mein „unerschütterliches Mißtrauen.“

Meiner Zusage, ihm meine neuen Bücher zu geben, bestehend in den Worten: „Ich habe keine Ursache es nicht zu thun.“ handelte ich erst am 1. September zuwider, als der Ertrag des Buchverkaufs im laufenden Jahr von M. 600 einem solchen im Vorjahre von M. 5400 gegenüberstand.

Die Behauptung, ich hätte die Herausgabe einer Gesammtausgabe verweigert, ist glatt aus der Luft gegriffen. Herr Cassirer kann nicht einen Schimmer von Beweis dafür aufbringen.

Für die zwei Auflagen „Feuerwerk“ wünschte Herr Cassirer einen neuen Beitrag, während ich keine Zeit hatte, etwas neues zu schreiben, und das Buch bei Langen immer ohne Erweiterung neugedruckt | worden war. Erst am 13. Dezember 1909 machte er den Vorschlag, das Buch in alter Form zu drucken. An der Aufstellung des Ertrages vom 18 Oktober 1908 bis 18. Oktober 1909 ändert diese Sache also nichts.

Daß mir das Berliner Gastspiel 7000 Mark eingebracht hätte, ist eine Annahme des Herrn Cassirer. Das Angebot lautete auf 4500 Mark. Ich ließ mich nicht darauf ein, weil Herr Cassirer sich mir als völlig unpraktischer Vermittler gezeigt hatte und ich eine günstigere Gelegenheit abwarten wollte. Da das Gastspiel erst nach Oktober 1909 gefallen wäre, hat es mit dem von mir angeführten Ergebnis des Buchverkaufes nichts zu thun. |
Was den geforderten Preis von 43,000 Mark betrifft, so hatte Herr Cassirer selber, ohne daß ihm irgendetwas bestritten wurde, meine künftigen Arbeiten zu erwarten, konnte Neuauflagen und eine Gesammtausgabe veranstalten, hatte den Bühnenvertrieb in Händen, kurzum alles, was jetzt das Kaufobjekt ausmacht, und beklagte sich mir gegenüber, daß er das alles mit 23,000 Mark viel zu theuer bezahlt habe, und daß er von Albert Langen „hineingelegt“ worden sei.

Unter anderem hatte Herr Cassirer | von Albert Langen einen seit einem Jahr von mir gekündigten Vertrag übernommen, dessen beiden Hauptparagraphen ich in beiliegender AbschriftDiese Abschrift liegt dem Brief nicht bei. angestrichen habe. Jetzt bietet Herr Cassirer diesen Vertrag Herrn Georg Müller für 8000 Mark (in den 43000 M inbegriffen) an und schreibt dazu:

„Dieser Besitz ist ein sehr wertvolles Objekt ... Ich möchte Sie auf folgendes aufmerksam machen: die Bühnenrechte der oben genannten Werke besitze ich als einen unkündbaren Besitz.“

Dabei liegt vom Verlag Albert Langen die schriftliche Bestätigung meiner Kündigung vor. Als sich Georg Müller eine Abschrift des Kontraktes erbatDieser Brief von Georg Müller an Bruno Cassirer ist nicht ermittelt., erhielt er sie nichtDieser Antwortbrief von Bruno Cassirer an Georg Müller ist nicht ermittelt., unter der Begründung:

„Dieser Vertrag ist nur im Zusammenhang mit anderen Verträgen klar verständlich.“nachträgliche Ergänzung mit Bleistift (nicht ganz eindeutig, ob von Wedekinds Hand). |

zu pag 1.

Der Wortlaut des Cassirerschen Briefes an mich heißt: „und er (Langen) hat neulich einem Bekannten gegenüber seine Freude darüber ausgedrückt, daß er mich mit dem Verkauf der Bücher hineingelegt habe.“ der Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Bruno Cassirer an Wedekind, 20.2.1909. ist vom 20. Februar 09.

Daß Albert Langen das wirklich gethan hat, wurde mir von den Angestellten des Langenschen Verlags Korfiz Holm und Bernhart Reese bestätigtWedekind hat mit Korfiz Holm, der den Albert Langen Verlag nach dem Tod Albert Langens treuhänderisch leitete, und Bernhard Rehse, ebenfalls in der Verlagsleitung tätig, gesprochen. Wedekind hat am 18.11.1909 (der Tag, an dem er seinen Kündigungsbrief an Bruno Cassirer schrieb) festgehalten: „Besuch bei Korfiz Holm.“ [Tb] Er notierte am 19.11.1909: „Brief vom Verlag Langen“ [Tb] ‒ dieser dürfte eine entsprechende Bestätigung enthalten haben. Wedekind notierte außerdem am 25.1.1910: „Rehse kommt zu mir. Lange Unterredung“ [Tb], am 27.4.1910: „Besuch von Reese.“ [Tb].

Maximilian Harden schrieb am 30. April 1910 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

30/4 10


Hochgeehrter Herr Wedekind,

ich schrieb Ihnen vorgesternvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 28.10.1910.; und theile Ihnen nun die Fortsetzung mit.

Herr Cassirer findetMaximilian Harden hatte bereits begonnen, Bruno Cassirers ausführlichen Brief an ihn vom 24.4.1910 zu referieren [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 28.10.1910]. den Preis, den er fordert, angemessen[“] und dem Werth des Objekts entsprechend. Er habe nie gesagt, Langen habe ihm zu viel abgenommen. Auch besitze er 3 Bücheralle drei Titel zuerst im Verlag von Bruno Cassirer in Berlin erschienen: „Die Büchse der Pandora. Tragödie in drei Aufzügen“ (1903) [vgl. KSA 3/II, S. 862], „Die Zensur. Theodizee in einem Akt“ (1908) [vgl. KSA 6, S. 838] und „Oaha. Schauspiel in fünf Aufzügen“ (1908) [vgl. KSA 8, S. 419]. mehr, als Langen hatte, darunter Pandora, die vermuthlich noch großen Absatz haben werde. Er sei in jeder Weise entgegengekommen, beim Kaufpreis aber handle sichs um ein Geschäft, in das Sentiments nicht gehören. Uebrigens sei erweislich, daß der Absatz der Bände (abgesehen von „Frühlings Erwachen“) bei ihm eben so gut war wie bei Langen. Man dürfe nicht vergessen, daß er von L. etwa 20000 Bände übernahm, die schon honorirt waren. U.sw.

Ich glaube nun, Georg Müller muß ihm jetzt ein Angebot machen. Die Summe, die G. M. möglich scheint. Vermuthlich wird B C dann | noch etwas nachgeben. Ich werde dazu das Meine thun. Die Hauptsache ist ja, daß wir den Prozeß vermeiden, der höchst unangenehm wäre, und daß Sie Ruhe zur Arbeit haben. Auf welchen Betrag die beiden Firmen sich schließlich einigen, ist nicht so wichtig, dünkt mich. Wenn G. M. klug handelt, wird er das Verlagsrecht zu erträglichem Preis bekommen.

Dr. Landsberger, der Sie herzlich grüßt, war bei mirArtur Landsberger dürfte Maximilian Harden am 29.4.1910 vormittags besucht haben, um über Wedekinds Verlagsangelegenheiten zu sprechen; am 26.4.1910 hatte er bei Maximilian Harden angefragt: „Ich möchte nun Wedekind [...] in jeder Weise unterstützen. [...] Darf ich kommen? Und wann?“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 63] Maximilian Harden antwortete am 27.4.1910 und schlug ihm einen „Vormittag“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 143] vor. Maximilian Harden hatte Wedekind angekündigt, Artur Landsberger werde ihn wohl besuchen, um über die Sache zu sprechen [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 28.4.1910].. Ich hoffe, wir brauchen der Frage PhilippJonasArtur Landsberger hatte angeregt, den Wedekind in seinen Verlagsstreitigkeiten vertretenden Anwalt zu wechseln – Rechtsanwalt Dr. Richard Philipp anstatt Justizrat Dr. Paul Jonas [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1910; Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1910]. gar nicht näher zu treten, weil der Prozeß vermieden wird.

Mit besten Grüßen und Wünschen
bin ich Ihnen ergeben
Harden

Frank Wedekind schrieb am 2. Mai 1910 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

München Prinzregentenstraße 50.

2. Mai 1910Wedekind vermerkte am 2.5.1910: „Brief an Harden Jonas Landsberger“ [Tb]..


Hochverehrter Herr Harden!

Soeben war ich bei Müller. Er ist auf acht Tage verreistWedekind notierte am 2.5.1910: „Besuch bei Müller der auf 8 Tage verreist ist.“ [Tb]. Ich werde ihm also schreibenWedekind hat dem Brief den Entwurf eines Anschreibens von Georg Müller an Bruno Cassirer beigelegt [vgl. Wedekind an Georg Müller, 2.5.1910]., habe aber keine Ahnung, ob er noch wirklich Interesse für die Sache hegt.

Jetzt bin ich im Begriff, an meine Schwesternicht überlieferter Brief; erschlossenes Korrespondenzstück: Frank Wedekind an Erika Wedekind, 2.5.1910. in Dresden zu schreiben. Wollen Sie mir erlauben, Sie mit folgenden Daten zu belästigen.

Laut seinen Briefennicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke: Bruno Cassirer an Wedekind, 20.2.1909 und 19.11.1909. vom 20.2.9 und 19.11.9. hat Cassirer an Albert Langen für 16,659 Exemplare, die einen Laden|preis von 35,000 Mark representierenSchreibversehen, statt: repräsentieren., die Verlagsrechte, den Bühnenvertrieb und die Druckplatten von FrülingsSchreibversehen, statt: Frühlings. Erwachen und Erdgeist inbegriffen 23,500 Mark bezahlt.

Laut seiner eigenen Aufstellungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Bruno Cassirer an Wedekind, 23.3.1910. vom 23.3.10 hat er jetzt 18,665 Exemplare meiner sämmtlichen Bücher zu verkaufen, die genau gerechnet einen Ladenpreis von 42,418 Mark representieren.

Den Preis, den Cassirer an Langen bezahlt hat als Maßstab genommen und nach dem Verhältnis der verschiedenen Ladenpreise berechnet, hätten diese 18,665 Exemplare inclusive aller Rechte e. ct. e. ct. einen | Werth von 28,481 Mark.

Nach den Zeugnissen Cassirers und Langens war der Preis, den Cassirer bezahlte außerordentlich hoch. Theurer zu kaufen kann ich also mit gutem Gewissen niemandem zuraten. Cassirer hätte bei dieser Summe die Genugthuung, nicht mehr der Hereingelegte zu sein und die Bücher, die er früher von mir besaß, ebenso günstig zu verkaufen, wie Langen an ihn verkauft hat.

Ich habe meine Schwester gefragtim Brief an Erika Wedekind (siehe oben)., ob sie mir die paartausend Mark, die ich noch besitze, auf 28,481 Mark ergänzen | würde, wenn Cassirer meine Bücher und Rechte dafür hergiebt. Für mich ist der Schritt insofern gewagt, als ich dann vorderhand von der Hand in den Mund leben würde. Das käme mir aber gegenüber der wiedergewonnenen Bewegungsfreiheit gar nicht in Betracht. Die Antwort meiner Schwester warte ich nicht erst ab, da für sie aller Voraussicht nach die Bereitwilligkeit Cassirers ausschlaggebend wäre. Ich würde die Bücher dann fürs erste einem hiesigen Verleger in Kommission geben.

Nun sehe ich aber die Gefahr vor | mir, daß Cassirer, sobald er von dem Angebot hört, umso halsstarriger auf seinen Forderungen besteht oder eventuelSchreibversehen, statt: eventuell. noch in die Höhe geht. Wie diese Gefahr zu umgehen ist, darüber bin ich mir völlig unklar. Wenn es zum Prozeß kommt und sich Gelegenheit dazu giebt, dann würde ich Cassirer dieses Angebot auch vor Gericht machen.

Meine augenblickliche Lage hat insofern etwas unerträgliches, als ich mich vor jedem, auch dem geringsten Erfolg fürchten muß, da die Forderungen | Cassirers dadurch erhöht werden.

Erlauben Sie mir, verehrter Herr Harden, diese Angelegenheit in Ihre Hände zu legen mit dem Vertrauen, wie man es nur zu seinem besten Freund hat.

Mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 4. Mai 1910 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

4.5.10


Hochgeehrter Herr Wedekind,

besten Dank für Ihre freundlichen Wortevgl. Wedekind an Maximilian Harden, 2.5.1910..

Erlauben Sie mir, Ihnen dringend vom Erwerb der Verlagsrechte abzurathen. Weder Sie selbst noch ein Kommissionär können das Geschäftliche so versorgen wie ein mit seinem Geld daran interessirter Händler. Und Sie laden sich eine neue schwere Sorge auf. Ich würde darin die unglücklichste Lösung der Sache sehen. Was ist denn das Ziel? Ruhe für Sie. Die Möglichkeit, neue Werke in leidlicher Sorglosigkeit zu schaffen. Deshalb: Vermeidung des Prozesses u. ein Arrangement, das Ihnen einen guten Verleger schafft. Müller ist einer. Zieht sich die Sache hin, so schadet es schließlich nicht so viel. Wenn Ihre große Selbstdisziplin Ihnen die Möglichkeit giebt, sie einstweilen aus ihrem Hirn auszuschalten. Der Vortheil der (im Uebrigen natürlich unangenehmen Verzögerung ist, daß Cassirer sich beschwichtigt und mit sich reden läßt. Nur, um Gottes willen, nicht die materielle Sorge des Selbstverlages, die Sie auf Jahre hinaus lähmen könnte. Ich verstehe völlig das | Gefühl, das Sie zu dem Gedanken trieb. Aber in Ihrem Interesse muß ich mit aller Entschiedenheit abrathen.

Hoffentlich macht Müller ein acceptables Angebot. (Piper, Erich Reiß?Im Verlag von Erich Reiß in Berlin waren die Bücher von Maximilian Harden verlegt.) Wenn die vorhandenen Bände zum Theil verkauft sind, müßte er eine ganz billige Gesammtausgabe machen, die heute möglich u Erfolg verheißend ist.

Einstweilen müssen wir uns bemühen, C traktabel zu machen. Ich theile ihm von Ihren Antworten mit, was nicht geradezu kränkend ist, und mahne ihn wieder sehr ernstlich zu vernünftigem Entgegenkommen. Wenns auch Liebermann thut, mit dem ich sprach, ists ganz gut. Bleibt er, im schlimmsten Fall, aber noch eine Weile Ihr Verleger, so dürfen Sie, um Ihrer selbst willen, sich dadurch Ihren Arbeitfrieden nicht stören lassen. Ein bischen Geduld! Und ein Tausendstel des Humors, des/n/ Sie doch für alles Weltgeschehen haben, auch für diese Sache!

Mit herzlichen Grüßen und Wünschen bin ich
Ihr
Harden


habe eben ausführlich u. dringend an B C geschriebenDer Brief von Maximilian Harden an Bruno Cassirer ist nicht überliefert.

Frank Wedekind schrieb am 5. Mai 1910 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Hochverehrter Herr Harden!

Ihre lieben Zeilenvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 4.5.1910. waren mir eine große Wohlthat. Ihr für mich so ehrenvoller ApellSchreibversehen, statt: Appell. an Selbstdisciplin soll seine Wirkung nicht verfehlen. Nocheinmal dank ich Ihnen herzlichst für all die | Mühe, die Sie auf sich genommen, und für die große Theilnahme, die Sie für meine Arbeit hegen.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München 5. Mai 1910

Maximilian Harden schrieb am 7. Mai 1910 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

7.5.10


Hochgeehrter Herr Wedekind,

besten Dank für Ihren Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 5.5.1910.. Heute nur die Nachricht: nach einer langen Unterredung hat Herr Cassirer sich bereit erklärt, die Gesammtrechte für 30000 Mk. zu verkaufen. Nachweislich ist (u. mir nachgewiesen), daß sie ihn mehr kosten; wie auch unzweifelhaft, daß sie mehr werth sind. Nach dem Material, das ich gesehen habe (Briefe, Verlagsarbeit etc.), bedaure ich in Ihrem Interesse eigentlich die Trennung von B C. Aber das ist ja nun nicht mehr zu ändern.

Ich bin furchtbar beschäftigtDer ohnehin vielbeschäftigte Maximilian Harden, der wöchentlich für seine Zeitschrift „Die Zukunft“ die Leitartikel verfasste (selten für andere Blätter), schrieb am 9.5.1910 an Walther Rathenau, er werde „unaufhörlich gedrängt [...], einer Zeitung einen Pfingstbeitrag zu liefern“ [Hellige 1983, S. 605], ein Leitartikel, der, datiert auf Berlin, 13.5.1910, dann in der Wiener „Neuen Freien Presse“ erschien [vgl. Maximilian Harden: Onkel und Neffe. In: Neue Freie Presse, Wien, Nr. 16425, 15.5.1910, Morgenblatt, S. 1-3]. Maximilian Harden war darüber hinaus als Sachverständiger stark eingebunden in Walther Rathenaus diplomatische Vermittlungsmission in der Marokko-Minen-Frage [vgl. Hellige 1983, S. 605-608]. u. will Ihnen nur die Hauptsache, um Sie zu beruhigen, schnell schreiben. Noch Eins ‒ in Sachen der TheaterrechteStreitpunkt in der Auseinandersetzung mit Bruno Cassirer waren die Bühnenvertriebsrechte an Werken Wedekinds gewesen; der Vertrag zwischen Georg Müller und Bruno Cassirer über die Übernahme der Werke Wedekinds wurde am 5.7.1910 unterzeichnet, ein Generalvertrag, der die Übergabe sämtlicher Bühnenvertriebsrechte an den Verlag Georg Müller anerkannte, erst am 2.9.1914 geschlossen [vgl. KSA 5/III, S. 140]. hat C Recht. Korfiz Holm hat dafür schriftlich seinen Eid angebotenDer Brief von Korfiz Holm an Bruno Cassirer ist nicht überliefert.. Einerlei jetzt. |

Also: eine für beide Theile honorige Erklärung, Rücknahme des Einspruches in Sachen Theaterrecht, Preis 30000Diese Summe steht dann auch am 5.7.1910 im Vertrag zwischen Bruno Cassirer und Georg Müller über die Übernahme der Werke Wedekinds [Mü, L 3477/38]. Alles in Allem ‒ und die Sache ist erledigt. Ich glaube, Sie werden finden, daß wir ein besseres Resultat nicht erreichen konnten.

Jetzt freue ich mich auf Ihr nächstes Werk.

Herzlich grüßt
Ihr
H.

Frank Wedekind schrieb am 9. Mai 1910 in München folgendes Telegramm
an Maximilian Harden

Maximilian Harden Berlin
Wernerstr. 10irrtümliche Hausnummer. Maximilian Harden wohnte Wernerstraße 16.


Telegraphie des Deutschen Reichs.
Amt Grunewald (Bz. Berlin).


Telegramm aus münchen [...]


herzlichen dankfür Maximilian Hardens Vermittlungsbemühungen in Wedekinds Verlagsangelegenheiten und deren akzeptables Ergebnis [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 7.5.1910]. und gruss: angenommenWedekinds neuer Verleger Georg Müller war mit den Wedekind von Maximilian Harden mitgeteilten Konditionen einverstanden, zu welchen der Wechsel vom Bruno Cassirer Verlag zum Georg Müller Verlag erfolgen könne [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 7.5.1910]. Wedekind notierte am 7.5.1910: „Besuch bei Müller der Cassirers Bedingungen annimmt.“ [Tb]. müller schreibt an cassirer
wedekind

Frank Wedekind schrieb am 18. Mai 1910 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Hochverehrter Herr Harden!

Jetzt ist wieder Ruhe und Einklang um mich her und die Angelegenheiten gehen einen vernünftigen menschenwürdigen Gang. Das alles danke ich Ihnen. Erlauben Sie mir noch auf eine Bemerkung Ihres letzten Briefesvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 7.5.1910. | zurückzukommen, in dem Sie fast bedauerten, daß Ihre Verwendung einen so promtenSchreibversehen, statt: prompten. Erfolg hatte.Ich kann von diesem Bedauern nichts mitempfinden. Alles das, was C. jetzt bewogen hat, die Sache doch zu erledigen, hätte er einigermaßen überblicken, vorausahnen können. Von alledem hatte weder in seinem Empfindungsvermögen noch in seinem Begriffsvermögen eine Idee Platz. Dieser Thatsache | wegen danke ich Ihnen und meinem Schicksal jeden Tag, daß ich die Beziehungen losgewordenWedekinds Trennung von seinem Verleger Bruno Cassirer (siehe die vorangehende Korrespondenz mit Maximilian Harden). bin. Sie sind so liebenswürdig, S/s/ich nach meiner nächsten Arbeit zu erkundigen. Es sind dies drei zusammenhängende Einakter„In allen Sätteln gerecht“ (erster Teil), „Mit allen Hunden gehetzt“ (zweiter Teil) und „In allen Wassern gewaschen“ (dritter Teil), 1910 jeweils in Einzelausgaben im Georg Müller Verlag erschienen [vgl. KSA 7/II, S. 690], wurden 1912 zum dreiaktigen Schauspiel „Schloß Wetterstein“ zusammengefasst [vgl. KSA 7/II, S. 692]. Maximilian Harden hatte den dritten Einakter „In allen Wassern gewaschen“ vor einigen Wochen bereits als maschinenschriftlichen Durchschlag erhalten [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1910]., von denen ich Ihnen den ersten nächste Woche zuschicken zu können hoffe. Ansonsten habe ich etwas über Theater spielen geschrieben mit besondern Bezug auf die Dramatik Herbert EulenbergsAusführungen in der Broschüre „Schauspielkunst“ (1910 im Georg Müller Verlag erschienen), in der ein Abschnitt „Herbert Eulenberg“ [KSA 5/II, S. 369f.] überschrieben ist, eine Würdigung von Herbert Eulenbergs Trauerspiel „Leidenschaft“ (1901), dem eine verfehlte Aufführungspraxis und die Theaterkritik nicht gerecht würde, und verstreute solidarische Bemerkungen zu dem Dramatiker. Wedekind hatte am 17.5.1910 notiert: „Schauspielkunst fertig diktiert an Müller geschickt“ [Tb]; am 10.6.1910 hielt er fest: „Bringe letzte Korrektur Schauspielkunst zu Müller.“ [Tb]. Sobald Druckbogen davon zu haben | sind, werde ich mir die Ehre nehmen, sie Ihnen zuzuschicken. Sie schrieben mir in Ihrem letzten Briefvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 7.5.1910., daß Sie sehr viel zuthun haben. Ich freue mich mit Deutschland in der Zukunft +++r. Deshalb habe ich auch einige Wochen Zeit durch Briefe in Anspruch zu nehmen. Meine Frau und ich studierenFrank und Tilly Wedekind hatten für den zweiten Wedekind-Zyklus am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) vom 1. bis 30.7.1910 die Stücke „So ist das Leben“, „Marquis von Keith“, „Erdgeist“, „Musik“, „Die Zensur“, „Der Kammersänger“ und „Hidalla“ zu proben. augenblicklich für unser Juli Gastspiel am hiesigen Schauspielhaus. Jedenfalls | werde ich keine Gelegenheit versäumen, um Sie, verehrter Herr Harden, recht bald wiederzusehen. Sie haben mir sehr viel Schönes gezeigt, was ich von Ihnen lernen zu können hoffe.

Mit bester Empfehlung auch an Ihre verehrte Frau Gemahlin von uns beiden
Ihr dankbar ergebener
Frank Wedekind.


München 18.5.10.

Maximilian Harden schrieb am 19. Mai 1910 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München Prinzregentenstr. 50)


Grunewald 19.5.10


Hochgeehrter Herr Wedekind,

ich danke Ihnen sehr für den freundlichen Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 18.5.1910..

Es ist ein Glück, daß die Sache erledigtWedekinds aufreibender Verlagswechsel von Bruno Cassirer zu Georg Müller (siehe die vorangehende Korrespondenz mit Maximilian Harden). und Ihre Ruhe gesichert ist. Ich freue mich auf Ihr neues Werk. Und möchte, wenn ich mich fortmachen könnte, auf einen Tag nach München kommen, um Sie Beide spielenFrank und Tilly Wedekind spielten die Hauptrollen in den Stücken, die im Rahmen des zweiten Wedekind-Zyklus am Münchner Schauspielhaus vom 1. bis 30.7.1910 auf dem Programm standen („So ist das Leben“, „Marquis von Keith“, „Erdgeist“, „Musik“, „Die Zensur“, „Der Kammersänger“, „Hidalla“). zu sehen.

Nehmen Sie, bitte, für heute mit diesen ärmlichen Worten eines Totmüden vorlieb.

Mit bestem Gruß und der Bitte, mich Ihrer verehrten Frau zu empfehlen, bin ich
Ihr
H.

Frank Wedekind schrieb am 11. Juni 1910 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Hochgeehrter Herr Harden!

Mit beiliegenden BogenDie Druckbogen von „Schauspielkunst“ (1910) liegen dem Brief nicht mehr bei. Wedekind notierte am 11.6.1910: „Sende Schauspielkunst an Harden.“ [Tb] beehre ich mich, Ihnen meine Brochüre „Schauspielkunst[“] zu übersenden. Mein Bestreben darin war, alles, was ich vortheilhaftes zu sagen hatte, möglichst persönlich und alles nachtheilige, was mir auf der Seele lag, möglichst unpersönlich auszusprechen. Das Bewußtsein, daß ich dieses | Prinzip verfolgte gab mir den Mut, das/en/ ersten AbschnittDer erste Abschnitt der Broschüre „Schauspielkunst. Ein Glossarium“ (1910) ist mit „Maximilian Harden“ überschrieben [vgl. KSA 5/II, S. 363], eine ausdrückliche Würdigung des Publizisten und zugleich eine Danksagung. hinzuzufügen. Sollte ich damit irgendwie gegen Takt oder Klugheit verstoßen haben, so ersuche ich Sie, den guten Willen anzuerkennen und in Rechnung zu ziehen, daß ich in dem ersten Abschnitt eben doch nur meine Überzeugung ausspreche.

Ändern läßt sich an der Brochüre leider nichts mehr, da sie sich bereits im Druckseit dem Vortag, wie Wedekind am 10.6.1910 notierte: „Bringe letzte Korrektur Schauspielkunst zu Müller.“ [Tb] Die Broschüre „Schauspielkunst. Ein Glossarium“ erschien im Georg Müller Verlag und war am 18.6.1910 im Handel [vgl. KSA 5/III, S. 728, 730]. befindet.

In meiner VerlagsangelegenheitWedekinds aufreibender Verlagswechsel von Bruno Cassirer zu Georg Müller (der Vertrag zwischen den beiden Verlagen war am 5.7.1910 geschlossen worden), bei dem Maximilian Harden als Vermittler eine entscheidende Rolle gespielt hat (siehe die vorangehende Korrespondenz mit Maximilian Harden). fehlt mir noch die Abgag/b/e der Ehrener|klärungErhalten ist unter dem Titel „Erklärung“ [vgl. KSA 5/III, S. 140f.] ein Entwurf Wedekinds [vgl. Wedekind an Bruno Cassirer, 17.7.1910]., die momentan zwischen Herrn Justizrat Jonas und Dr. Meyer vereinbart wirdJustizrat Dr. Paul Jonas war bei dem Verlagswechsel als Wedekinds Anwalt tätig, Dr. Oscar Meyer als Anwalt Bruno Cassirers (siehe die vorangehende Korrespondenz mit Maximilian Harden)..

Georg Müller hat letzte Woche 15000 ausbezahltWedekind notierte am 6.6.1910: „Müller schickt 15000 M an Cassirer.“ [Tb] womit das Geschäftliche erledigt war.

Im Lauf der nächsten WochenDie drei Einakter „In allen Sätteln gerecht. Komödie in einem Aufzug“ – Maximilian Harden bedankte sich für den Erhalt eines Exemplars [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 27.7.1910] – und „Mit allen Hunden gehetzt. Schauspiel in einem Aufzug“ – hier dankte Harden für den Erhalt eines mit einer Widmung versehenen Exemplars [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 17.6.1910] – sowie „In allen Wassern gewaschen. Tragödie in einem Aufzug“ erschienen jeweils einzeln im Georg Müller Verlag [vgl. KSA 7/II, S. 690]. hoffe ich Ihnen auch meine drei Einakter zusenden zu können, deren erster in den nächsten Tagen ent/d/lich im Buchhandel„Mit allen Hunden gehetzt“ erschien am 18.6.1910 im Handel [vgl. KSA 7/II, S. 656, 671]. erscheinen soll.

Mit den besten Empfehlungen an Ihre Frau Gemahlin und Sie
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München 11.6.10.

Maximilian Harden schrieb am 12. Juni 1910 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 12/6 10


Hochgeehrter Herr Wedekind,

aufrichtig danke ich Ihnen für diese Sonntagsüberraschungdie übersandten Druckbogen der Broschüre „Schauspielkunst. Ein Glossarium“ mit dem „Maximilian Harden“ überschriebenen ersten Abschnitt [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 11.6.1910].. Für das Buch und für die guten, starken Worte, die Sie zu mir sprechen. Aufrichtig.

Ich habe schnell zunächst Alles durchgelesen; und mich herzlich mancher Uebereinstimmung in Wesentlichem gefreut. Nun kommt die längere und feinere Freude des beschaulichen Lesens.

Und während dieses Genießens kann ich schon auf die neuen Einakter hoffen. Auch dafür danke ich IhnenWedekind hatte die Zusendung der demnächst im Georg Müller Verlag erscheinenden Einakter „In allen Sätteln gerecht“, „Mit allen Hunden gehetzt“ und „In allen Wassern gewaschen“ angekündigt [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 11.6.1910].. Wie gut wars, daß Sie Ruhe bekamen. Ich wünsche von Herzen, daß Sie mit „GeschäftlichemAnspielung auf den konfliktreich verlaufenen Verlagswechsel Wedekinds von Bruno Cassirer zu Georg Müller, in dem Maximilian Harden als Vermittler agiert hatte (siehe die vorangehende Korrespondenz mit Maximilian Harden).“ sich nie mehr zu plagen brauchen.

Empfehlen Sie mich, bitte, Ihrer verehrten Frau.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Harden

Frank Wedekind schrieb am 16. Juni 1910 in München folgende Widmung
an Maximilian Harden

An Maximilian Harden mit freundlichem Gruß Frank Wedekind München im Juni 1910

Maximilian Harden schrieb am 17. Juni 1910 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München Prinzregentenstr. 50)


17.6.10


Herzlichen Dankfür ein Exemplar der Buchausgabe des Einakters „In allen Wassern gewaschen“ (1910), das Wedekind mit einer Widmung versehen übersandt hatte [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 16.6.1910]., hochgeehrter Herr Wedekind; ich freue mich schon auf die Lecture. Leider wieder mal elend; aber sobald es leidlich geht, gönne ich mirs.

Mit besten Grüßen
Ihr
H.

Frank Wedekind schrieb am 21. Juni 1910 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Postkarte an Wedekind vom 22.6.1910 aus Berlin:]


[...] es ist so sehr liebenswürdig, daß Sie [...] sich Zeit nehmen, mir zu schreiben.

Maximilian Harden schrieb am 22. Juni 1910 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München, Prinzregentenstr. 50)


22.6.10


Herzlichsten Dank, lieber Herr Wedekind; es ist so sehr liebenswürdig, daß Sie in diesen schönen, für Sie anstrengenden TagenFrank und Tilly Wedekind hatten täglich Proben für ihr bald beginnendes Gastspiel ‒ wie schon im Vorjahr ‒ am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) mit dem dann zweiten Wedekind-Zyklus dort vom 1. bis 31.7.1910 [vgl. Tb]. sich Zeit nehmen, mir zu schreibenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben (vermutlich ein Brief); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 21.6.1910..

Die Münchener sind hoffentlich noch immer unbefangen und aufnahmefähig.

Haben Sie die Güte, mich der verehrten Frau zu empfehlen.

Mit bestem Gruß
Ihr
H.

Frank Wedekind schrieb am 25. Juli 1910 in München folgende Postkarte
an Maximilian Harden

Königreich Bayern
Postkarte


Herrn Maximilian Harden
Berlin-Grunewald
Wernerstrasse 10Maximilian Harden wohnte in der Wernerstraße 16 (später 16/18).. |


Sehr verehrter Herr Harden!Maximilian Harden hat die vorliegende Postkarte später in seiner Auswahl an Korrespondenzstücken Wedekinds Fritz Strich für die „Gesammelten Briefe“ (1924) zur Verfügung gestellt, Fritz Strich aber erklärte ihm am 15.9.1923, sie entziehe „sich wohl noch der Veröffentlichung, die einer späteren Zeit vorbehalten bleiben muß.“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 103]

Eben lese ich die SchmierereienAnspielung auf die zuletzt erschienene Polemik von Karl Kraus gegen Maximilian Harden, die zuerst in der Münchner Zeitschrift „März“ veröffentlicht war [vgl. Karl Kraus: Schoenebeckmesser. In: März, Jg. 4, Heft 14, 15.7.1910, S. 81-88], dann gleich darauf in der „Fackel“ mit dem Hinweis auf den Erstdruck: „Zuerst in der Halbmonatsschrift ‚März‘ erschienen.“ [Karl Kraus: Schoenebeckmesser. In: Die Fackel, Jg. 12, Nr. 305/306, 20.7.1910, S. 1-10, hier S. 1] Das war ein scharfer Angriff auf einen von Maximilian Harden in seiner Wochenschrift „Die Zukunft“ publizierten Artikel [vgl. Schoenebecks. In: Die Zukunft, Jg. 18, Nr. 39, 25.6.1910, S. 407-422], der die sexualpsychologischem Hintergründe eines Mordfalls zum Thema hat und Maximilian Harden eine Anklage wegen Verbreitung ‚unzüchtiger Schriften‘ einbrachte. Karl Kraus geht darauf ein, kommt auch auf Wedekind zu sprechen und spielt zum Auftakt darauf an, dass er Maximilian Harden sonst wegen seines Sprachstils angegriffen hatte: „Wenn die Erinnerung an Herrn Maximilian Harden [...] verrinnen sollte, wenn es selbst meiner philologischen Mühe nicht gelingen mochte, seine Prosa unsterblich zu machen, so wird sich doch einst ein deutscher Sittenforscher dazu entschließen müssen, das Profil dieses zwischen Staats- und Bettgeheimnissen angestrengten Chiffreurs nachzuzeichnen. [...] Seitdem Herr Maximilian Harden einmal Wedekinds ‚Frühlingserwachen‘ das ‚Männern der Knaben und Böckeln der Mädchen‘ genannt hat, wissen wir, daß er eine deutliche Sprache liebt. [...] Er, der tüchtigste Markthelfer der Moral, hat es erleben müssen, daß ihm der preußische Staatsanwalt den Artikel über den Fall Schoenebeck konfisziert hat.“ [Die Fackel, Jg. 12, Nr. 305/306, 20.7.1910, S. 1, 4, 10] von K. K. und hoffe zu allen heiligen, Sie werden auch diesmal nicht antwortenMaximilian Harden hat auf die Angriffe von Karl Kraus gegen ihn nie öffentlich geantwortet.. Für jeden halbwegs vernünftigen Menschen fällt ja alles was er schreibt direkt auf ihn selbst zurück. Und sein einziges Ziel ist ja eine Ihre Erwiderung
Außerdem:

Jeder Wallfischältere Schreibweise, statt: Walfisch. hat seine LausMaximilian Harden nahm den Reim „Laus“ auf „Kraus“ [KSA 1/I, S. 582] aus Wedekinds Versen [vgl. KSA 1/II, S. 1735f.] in seinem Brief an Hermann Bahr vom 1.6.1911 auf, in dem er von der „Krauslaus“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 148] sprach.,
Gleich wie Harden seinen Karl Kraus,
So muß ich die meinige haben.

Interessanter scheint mir die heilige Allianzin der Metternich-Ära das am 26.9.1815 geschlossene Bündnis zwischen Russland, Österreich und Preußen; hier im übertragenen Sinn Ausdruck für einen Unterdrückungsmaßnahmen sichernden Zusammenschluss. Der „Simplicissimus“ machte durch Anzeigen und das Angebot von Probeheften Werbung für „März. Halbmonatsschrift für deutsche Kultur / Begründet von Albert Langen / Herausgeber: Ludwig Thoma und Hermann Hesse [...] Albert Langen, Verlag“ [Simplicissimus, Jg. 15, Nr. 17, 25.7.1910, S. 290], im „März“-Heft vom 15.7.1910 (siehe oben) war der im Albert Langen Verlag erschienene Aphorismen-Band „Sprüche und Widersprüche“ von Karl Kraus beworben [vgl. Pfäfflin/Dambacher 1999, S. 163]. In der „Fackel“ brachte Karl Kraus unter „Selbstanzeigen“ Hinweise auf seine in beiden Münchner Zeitschriften und im Albert Langen Verlag veröffentlichten Texte: „Der ‚März‘ [...] brachte die folgende Kritik: [...] Karl Kraus, den der Philister durch die ‚Fackel‘ und den ‚Simplicissimus‘ kennen und hassen gelernt hat, gab im Verlag Langen eine Sammlung seiner Aphorismen mit dem Titel ‚Sprüche und Widersprüche‘ heraus.“ [Die Fackel, Jg. 11, Nr. 298/299, 21.3.1910, S. 44] Fackel März Simplizissimus. Bei diesem Anblick wird mir Albert Langen immer mehr zu einer übermenschlichen Idealfigurironische Anspielung auf das gespannte Verhältnis Wedekinds zu seinem ehemaligen Verleger, den am 30.4.1909 gestorbenen Albert Langen, Begründer und Herausgeber der im Albert Langen Verlag erscheinenden Münchner Zeitschriften „Simplicissimus“ und „März“, der Wedekind zufolge die Allianz mit Karl Kraus, dem Herausgeber der „Fackel“, gegen Maximilian Harden wohl nicht zugelassen hätte..

Mit herzlichen Grüßen
Ihr
FrWedekind.


25.7.10.

Maximilian Harden schrieb am 27. Juli 1910 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


Herrn Frank Wedekind
München
Prinzregentenstr. 50 |


Grunewald, 27/7 10


Verehrter, lieber Herr Wedekind,

aufrichtig danke ich Ihnen für die „Sättel“ (ich freue mich drauf, dies Alles im GanzenMaximilian Harden hatte den Einakter „In allen Sätteln gerecht“ (1910) erhalten, der im Georg Müller Verlag für „Mitte oder Ende August“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 77, Nr. 159, 13.7.1910, S. 8203] angekündigt war und erst im Oktober als erschienen gemeldet ist [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 77, Nr. 233, 7.10.1910, S. 11637]. Zusammen mit „Mit allen Hunden gehetzt“ als zweiter und mit „In allen Wassern gewaschen“ als dritter Teil, der Maximilian Harden bereits vorlag [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 17.6.1910], wurden die drei Einakter 1912 von Wedekind zu dem Stück „Schloß Wetterstein“ zusammengefasst [vgl. KSA 7/II, S. 619]. zu betrachten) und für Ihre liebenswürdigen Wortevgl. Wedekind an Maximilian Harden, 25.7.1910.. Ihr famoser DreizeilerWedekinds dreizeiliges Gedicht, das auf eine Polemik von Karl Kraus gegen Maximilian Harden reagiert [vgl. Wedekinds an Maximilian Harden, 25.7.1910]. wird sogar den FackelndenKarl Kraus, Herausgeber der Zeitschrift „Die Fackel“ (Wien). überleben.

In welcher Welt müssen diese armen Leute leben, da Sie den guten Mann, mit rothem SignallichtAnspielung auf die roten Titelblätter der von Karl Kraus herausgegebenen Zeitschrift „Die Fackel“, auf denen anfangs das Markenzeichen der brennenden Fackel noch abgebildet war., in diesem Stil „leitartikelnAnspielung auf den Leitartikel im letzten Heft der Münchner Halbmonatsschrift „März“ (Herausgeber: Ludwig Thoma und Hermann Hesse), in dem Karl Kraus gegen Maximilian Harden polemisierte [vgl. Karl Kraus: Schoenebeckmesser. In: März, Jg. 4, Heft 14, 15.7.1910, S. 81-88].“ lassen! Und der ehrliche Bernstein stellte mir den Mann mit der LederhoseDer bayrische Schriftsteller Dr. Ludwig Thoma, Mitherausgeber des „März“ und Redakteur des „Simplicissimus“, trug gerne die für seine Heimatregion typische Kleidung; in Wedekinds Satire „Oaha“ trägt die von ihm inspirierte Figur des Dr. Kilian „Lederhose“ und bekommt gesagt: „Sie brauchten nicht erst krachlederne Hosen anzuziehen! Ihren Mangel an Erziehung merkt man auch so!“ [KSA 8, S. 37] stets als den hehrsten aller Idealisten hin. Der Versuch, mit allen Mitteln die vente(frz.) Verkauf. zu haben u. sich in jeden Kassenerfolg miteinzuschleimen: Sankt Albertus blickt segnend herabvom Himmel herab (ironisch) ‒ Albert Langen, Begründer, Herausgeber und Verleger der Zeitschriften „Simplicissimus“ und „März“, ist am 30.4.1909 gestorben.. Denn ich nehme sicher an, daß er (durch BBBjörnstjerne Björnson, der norwegische Dichter und Literaturnobelpreisträger (verstorben am 26.4.1910), war der Schwiegervater Albert Langens.) in den Himmel gekommen ist.

Herzliche Grüße Ihnen und der verehrten Frau!

„Ausverkaufte Häuser“: meldet LandsbergerEin Brief Artur Landsbergers an Maximilian Harden, der über den Erfolg von Wedekinds Gastspiel am Münchner Schauspielhaus (dem zweiten Wedekind-Zyklus vom 1. bis 31.7.1910) berichtet, ist nicht überliefert. Möglicherweise handelte es sich um eine mündliche Mitteilung.. Gratulor(lat.) Glückwunsch..

Ihr
Harden

Frank Wedekind, Bernhard von Jacobi, Gustav Waldau, Erich Mühsam, Lucy von Jacobi, Heinrich Mann und Hanns von Gumppenberg schrieben am 26. Dezember 1910 in München folgende Postkarte
an Maximilian Harden

Königreich Bayern
Postkarte


Herrn Maximilian Harden
Grunewald b/Berlin
Wernerstrasse |


Sehr geehrter Herr Harden!

Aus der TorggelstubeWedekind notierte am 26.12.1910 zu dem Besuch in seinem Stammlokal, der Münchner Weinstube Zur Torggelstube (Platzl 8), in dem er die Postkarte schrieb (mitunterschrieben von Erich Mühsam, Lucy von Jacobi, Heinrich Mann, Hanns von Gumppenberg, Bernhard von Jacobi, Gustav Waldau): „TS. Gumppenberg Mühsam Heinrich Mann Waldau Waldau erzählt mir, er sei an die Burg engagiert. Fahre mit ihm nach Haus.“ [Tb] Der Schauspieler Gustav Waldau war an das Burgtheater in Wien engagiert worden. in München senden Ihnen Ihrer in Freude und Liebe gedenkend, herzlichste Grüße und Wünsche zum Neuen Jahr
Frank Wedekind, dem der Artikel von BergerAlfred von Berger, der neue Direktor des Hofburgtheaters in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1911, S. 682], hatte im Feuilleton der Wiener „Neuen Freien Presse“ eine ausführliche Besprechung von Maximilian Hardens Essayband „Köpfe“ (1910) veröffentlicht und dabei auch die Persönlichkeit des Verfassers in besonderem Maße gewürdigt [vgl. Alfred Freiherr von Berger: „Köpfe“. In: Neue Freie Presse, Nr. 16597, 5.11.1910, Morgenblatt, S. 1-2]. größter Genuß war.


Erich Mühsam

Lucy v. Jacobi

Heinrich Mann

Hanns von Gumppenberg

Dr. Bernhard v Jacobi

GWaldau


26/XII 1910

Maximilian Harden schrieb am 28. Dezember 1910 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald 28/12 10


Verehrter und lieber Herr Wedekind,

herzlich und dankbar erwidere ich Ihnen und Ihren Freunden den liebenswürdigen Glückwunscheine Postkarte [vgl. Wedekind, Erich Mühsam, Lucy von Jacobi, Heinrich Mann, Hanns von Gumppenberg, Bernhard von Jacobi, Gustav Waldau an Maximilian Harden, 26.12.1910]. zum neuen Jahr. Es ist ungemein freundlich und wohlthuend, daß Sie meiner gedenken; und ich bin Ihnen doppelt dankbar, wenn Sie auch den HerrenMaximilian Harden hat wohl übersehen, dass die Postkarte (siehe oben) auch von einer Frau unterzeichnet worden ist, von der Schriftstellerin Lucy von Jacobi (Gattin des Schauspielers Bernhard von Jacobi). v. GunggenbergFehllesung in der Abschrift, statt: Gumppenberg (Hanns von Gumppenberg war gemeint). und v. Jacobi, Mann, Mühsam, Waldau gelegentlich sagen, wie sehr Sie Alle mich erfreut haben.

Prosit Ihnen und Ihrer verehrten Frau 1911!

Auf baldiges Wiedersehen hofft
Ihr
Harden

Frank Wedekind schrieb am 17. November 1911 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Wedekinds Tagebuch vom 17.11.1911 in München:]


Franziska an Harden geschicktWedekind hat Maximilian Harden „Franziska. Modernes Mysterium in fünf Akten“ geschickt, die auf 1912 vordatierte Erstausgabe seines Stücks im Georg Müller Verlag. „Das Buch lag bereits im November 1911 gedruckt vor.“ [KSA 7/II, S. 994] Es war am Monatsende als erschienen gemeldet [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 78, Nr. 275, 27.11.1911, S. 14819]..

Maximilian Harden schrieb am 3. Dezember 1911 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 3/12 11


Lieber Herr Wedekind,

herzlich danke ich Ihnen dafür, daß Sie mir Ihre neue Dichtung geschicktWedekind hatte Maximilian Harden „Franziska“ geschickt [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 17.11.1911). haben; sehr herzlich. Denn ich freue mich schon, in diesem Werk Sie wiederzufinden. Wäre nicht so tolle ZeitAnspielung auf die 2. Marokkokrise und ihre Folgen. Nach der Besetzung Marokkos durch französische Truppen landeten im Oktober 1911 italienische Truppen in Tripolitanien (heute Libyen), das türkisches Einflussgebiet war, um die Anerkennung ihrer Interessen in Tripolis zu realisieren. Die Türkei, die von Deutschland, Österreich-Ungarn, Frankreich, England und Russland keine Unterstützung fand, leistete Widerstand gegen das italienische Vorgehen. Der italienisch-türkische Krieg veranlasste die Balkanstaaten zu einem Angriff auf die europäischen Besitzungen der Türkei. Maximilian Hardens Leitartikel „Judica“ [vgl. Die Zukunft, Jg. 20, Nr. 8, 25.11.1911, S. 239-252], „Englisches Salz“ [vgl. Die Zukunft, Jg. 20, Nr. 9, 2.12.1911, S. 273-283] und „Finish“ [vgl. Die Zukunft, Jg. 20, Nr. 10, 9.12.1911, S. 307-322], die alle die deutsche Marokko-Politik anprangern, die mit Blick auf kolonialistische Machterweiterung zu nachgiebig sei, sind vor diesem Hintergrund zu lesen., so verhängnisvolle, vielleicht, dann hätte ich dieses Neuste allsogleich verschlungen.

Ich denke noch gern an die NachtstundenMaximilian Harden war am 11.11.1911 wegen eines Vortrags in München – „Samstag abend halb 8 Uhr findet im Hotel ‚Vier Jahreszeiten‘ der Vortrag ‚Die politische Lage‘ von Maximilian Harden statt“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 64, Nr. 528, 11.11.1911, Morgenblatt, S. 9] – und sah Wedekind anschließend zunächst in kleinerer Runde zum Abendessen im Hotel Vier Jahreszeiten (mit Hedwig Pringsheim und Thomas Mann), dann in der Torggelstube in größerer Runde: „Hardenvortrag. Vierjahreszeiten mit Harden Frau Pringsheim Thomas Mann. T.St. Große Gesellschaft Dauthendey Drache Grauli.“ [Tb] Das war die Premierengesellschaft, die aus dem Münchner Schauspielhaus kam, wo das Drama „Der Drache Grauli“ (1911) von Max Dauthendey uraufgeführt worden war. Hedwig Pringsheim notierte zu dem bis in die Nacht gehenden Abend am 11.11.1911: „Vortrag glänzend, nur viel zu lang: geschlagene 3 Stunden! viel Beifall. Danach mit dem gänzlich erschöpften Harden, mit Tommy u. Wedekind in den Jareszeiten soupirt, anregend u. gemütlich. Dann noch in die ‚Torgelstube‘, da Harden zu aufgeregt, dort erst selbviert, dann mit der ganzen Premièrengesellschaft von Dauthendey’s ‚Drache Grauli‘ (Stolbergs, Halbe, Dauthendey’s, Holms, Peglers, Randolfs ect) dort bis zur Polizeistunde um 3 Ur zusammengesessen!“ [Tb Pringsheim], die wir gemeinsam verlebten. Aber so recht kommt man doch nur zu Zweien zur Aussprache. Ich hoffe, das erleben wir bald einmal.

Wollen Sie sich nicht in der Zkft. mal hören lassenMaximilian Harden erhielt von Wedekind für die „Zukunft“ ein Gedichtmanuskript [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 21.2.1912].? Sie vermögen sich ja so zu objektiviren, daß Sie auch über die Censur sprechen könnten, die Ihnen jetzt so viel AergerWedekind hatte in München Ärger mit der Zensur wegen der nicht erfolgten Freigabe von „Oaha“ für eine öffentliche Vorstellung [vgl. KSA 8, S. 606]. zu machen scheint. Oder über Anderes. |

Empfehlen Sie mich, bitte, Ihrer verehrten Gattin, die ich neulich sehr vermißte.

Herzliche Wünsche von
Ihrem
Harden

Frank Wedekind schrieb am 5. Januar 1912 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

[1. Briefentwurf:]


Sehr geehrter Herr Harden.

Mit der Braut von Messina will es nicht vorwärts gehen. Das hat seinen guten Grund. Nach der Aufführung von Oaha glaubten Robert und ich die Polizei werde das Verbot aufheben, da sich kein Mensch gekränkt gefühlt hat. Die Polizei denkt aber nicht daran und das verursacht neue Scherereien. Diese Scherereien würden mich nun wol nicht hindern etwas für die Zukunft zu schreiben wenn ich einen ich aktuelleren aufregenderen Stoff als die Br. v. M hätte. Sie schlugen mir die Zensur vor. Was ich aber darüber schreibe ringe ich mir gleichfalls nur mit größter Überwindung ab und notzüchtige behellige dann lieber die Tagespresse damit. Für Proteste und Manifeste hat die Zukunft | wol ebenso wenig Sympatie wie ich selber, für den sie leider ein notwendiges Übel sind.

Nun giebt es aber sicher 100 Dinge über die zu schreiben mir die größte Freude und eine angenehme Zerstreuung wären. Nur glaube ich müßten Sie und ich wir uns über diese hundert Dinge einmal gründlich orientieren, über das was Ihnen willkommen wäre etc. Ich kann Ihnen nur soviel sagen, daß es mir die größte Freude wäre regelmäßig mit kleinen Beiträgen für die Zukunft zu arbeiten. Mit diesen Zeilen möchte ich Sie mir ersuchen mir mitzutheilen ob s/S/ie in den nächsten Tagen Woche dieser Woche in Berlin sind mich durch eine Carte wissen zu lassen und eine oder einige Stunden für mich Zeit übrig hätten oder ob es Ihnen besser paßt wenn ich erst nach Donnerstag komme. Ich würde dann | sämmtliche Notizen die ich habe zusammenpacken und dieses Material sowie andere Dinge die mich beschäftigen mit Ihnen wenn möglich kurz mit Ihnen durchsprechen. Darf ich mir also eine kurze Mitentscheidung von Ihnen erwarten ob Ihnen An eine Störung zu Anfang oder Ende der Woche weniger beschwerlich wäre.

Mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
FrW.


Soviel ich weiß ist paßt Ihnen für Besprechungen ja wol die Zeit nach ab Donnerstag eher besser als vorher Donnerstag. |

Darf ich eine kurze Mittheilung von Ihnen erwarten ob Sie diese Woche in Berlin sind. Soviel ich weiß würde Ihnen die Zeit Tage nach Donnerstag besser für eine eventueleSchreibversehen, statt: eventuelle. Besprechung passen als vorher. Ich möchte nur gerne sicher sein. Sehe ich Sie nicht etwa gänzlich zu verfehlen


[2. Abgesandter Brief:]


Sehr geehrter Herr Harden!

Mit der Braut von Messina will es nicht vorwärts gehenWedekind hatte, angeregt durch den Besuch einer Vorstellung von Friedrich Schillers Trauerspiel „Die Braut von Messina oder die feindlichen Brüder“ am 2.8.1909 – „Mit Tilly und Frau Durieux Braut von Messina“ [Tb] – im Münchner Künstlertheater in der Inszenierung Max Reinhardts, damit begonnen, vom 3. bis 7.8.1909 einen Aufsatz „Braut von Messina“ [KSA 5/II, S. 322-324] zu konzipieren [vgl. KSA 5/III, S. 108-111], den er nach der Aufforderung, einen Beitrag für die „Zukunft“ zu liefern [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 3.12.1911], wieder aufnahm [vgl. KSA 5/II, S. 428; KSA 5/III, S. 111-113], der aber Fragment blieb.. Das hat seinen guten Grund. Nach der Aufführung von „Oaha“ glaubten Dr. Robert und ich, die Polizei werde das VerbotDie von Eugen Robert, Direktor des Lustspielhauses in München [vgl. Neuer Theater-Almanach 1912, S. 558], bei der Zensurbehörde beantragte öffentliche Aufführung von „Oaha“ war am 16.11.1911 abgelehnt worden; nachdem „Oaha“ am 20.12.1911 unter der Regie von Eugen Robert im Lustspielhaus als geschlossene Veranstaltung des Neuen Vereins uraufgeführt worden war, reichte Wedekind am 27.12.1911 bei der Polizeidirektion München erneut ein Gesuch um Freigabe für eine öffentliche Vorstellung ein, das am 10.1.1912 abgelehnt wurde [vgl. KSA 8, S. 606f.]. aufheben, da sich kein Mensch gekränkt gefühlt hat. Die Polizei denkt abSchreibversehen, statt: aber. nicht daran und das verursacht neue Scherereien. Diese Scherereien würden mich nun nicht hindern, etwas für die „Zukunft“ zu schreiben, wenn ich einen aktuelleren, fesselnderen | Stoff als die Braut von Messina hätte. Sie schlugen mir die Zensur selber vorvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 3.12.1911.. Was ich aber darüber schreibe ringe ich mir erst recht nur mit größter Überwindung ab und behellige dann lieber die TagespresseWedekind hat der Tagespresse zuletzt seinen offenen Brief „Sieben Fragen an den Münchner Zensurbeirat“ [KSA 5/II, S. 426f.] angeboten, die ihn am 29.12.1911 druckte [vgl. Wedekind an Münchner Neueste Nachrichten, 28.12.1911]. damit. Für Proteste und Manifeste hat die „Zukunft“ wol ebenso wenig Sympathie wie ich selber, für den sie leider ein notwendiges Übel sind.

Nun giebt es aber sicher 100 Dinge, über die zu schreiben mir die größte Freude und eine anregende | Zerstreuung wäre. Nur glaube ich müßten Sie und ich uns über diese 100 Dinge einmal gründlich orientieren, über das was der „Zukunft“ willkommen wäre sowie darüber, wo mein Verständnis aufhört und ich nicht mitreden kann. Ich kann nur soviel sagen, daß es mir die größte Freude wäre, regelmäßig mit kleinen BeiträgenWedekind schickte dem Herausgeber der „Zukunft“ dann sein Lied „Mahnung“ [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 20.2.1912]. für die „Zukunft“ zu arbeiten.

Darf ich eine kurze Mittheilung von Ihnen erwarten, ob Sie diese WocheWedekind reiste am 10.1.1912 nach Berlin (am 14.1.1912 fuhr er zurück nach München) [vgl. Tb] und besuchte Maximilian Harden am 12.1.1912 (ein Freitag): „Besuch bei Harden.“ [Tb] in Berlin sind. Soviel ich weiß würden Ihnen die Tage nach Donnerstag besserMaximilian Harden „war Anfang der Woche stets sehr beschäftigt, da er dienstags das jeweilige „Zukunft“-Heft im Einmannbetrieb fertig redigierte.“ [Martin 1996, S. 55] Die Wochenschrift „Die Zukunft“ erschien, jeweils datiert auf den folgenden Samstag, immer freitags. Wedekind wusste, dass Maximilian Harden Verabredungen von Donnerstag bis Samstag besser passten [vgl. Walther Rathenau an Wedekind, 3.10.1905]. | für eine eventuelle Besprechung passen als vorher. Ich wäre nur gerne sicher Sie nicht etwa gänzlich zu verfehlen oder Ihnen in einem Augenblick großer Anstrengung lästig zu fallen.

Mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München, Prinzregentenstraße 50

5.1.12Wedekind notierte am 5.1.1912: „Brief an Harden“ [Tb]..

Maximilian Harden schrieb am 6. Januar 1912 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München Prinzregentenstr. 50)


Grunewald, 6/1 12


Sehr geehrter Herr Wedekind,

dem herzlichen Dank für Ihren liebenswürdigen Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 5.1.1912. gesellt sich das Bedauern darüber, daß man Ihnen wieder Aerger bereitet und Ihre Zeit belastet, die so viel besser anzuwenden wäre.

Kommen Sie nächstens hierherWedekind reiste am 10.1.1912 mit dem Nachtzug nach Berlin, traf am 11.1.1912 dort ein und besuchte Maximilian Harden am Freitag, den 12.1.1912 [vgl. Tb]., so freue ich mich aufrichtig, Sie zu sehen. Von den Donnerstagen an können wir uns wohl stets, wenn Sie die Güte haben, mich zu benachrichtigen, über eine Beiden passende Zeit verständigen. Freilich ist hier jetzt so gräuliches Wetter (ich huste wie ein Spittelweib„weib als insassin eines spittels“ [DWB Bd. 16, Sp. 2562]; eine im Spital untergebrachte Frau.), daß ich keinem Werthvollen rathen kann, sich in diesen Wochen hierher zu wagen.

Mit herzlichem Gruß und der Bitte, mich Ihrer sehr verehrten Gattin zu empfehlen, bin ich
Ihr
H

Frank Wedekind schrieb am 12. Januar 1912 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr geehrter Herr Harden!

Eben komme ich aus der ProbeWedekind notierte am 12.1.1912: „Generalprobe Zorn des Achill“ [Tb]; er besuchte den Abend darauf die Premiere der Tragödie „Der Zorn des Achilles“ (1909) von Wilhelm Schmidtbonn unter der Regie von Felix Hollaender am Deutschen Theater zu Berlin (siehe unten)., sehr schöne BühnenbilderDie Bühnenbilder zur Berliner Inszenierung von Wilhelm Schmidtbonns Tragödie „Der Zorn des Achilles“ stammten von Ernst Stern, der auch die Kostüme entworfen hat., sehr schöne Sprache. Das Stück konnte mir kaum einen Eindruck hinterlassen, da ich nur das letzte Drittel sah. Ich vermute sehr starke Originalität. Morgen AbendWedekind notierte am 13.1.1912: „Premiere von Der Zorn des Achilles“ [Tb]; die Vorstellung begann um 19 Uhr [vgl. Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 20, 13.1.1912, Morgen-Ausgabe, S. 12]. werde ich es ganz sehen. KahaneArthur Kahane war Dramaturg am Deutschen Theater zu Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1912, S. 283]. sagte mir, daß Reinhardt am 16.Die Presse berichtete: „Max Reinhardt, der von Mitte Dezember ab einen vierwöchigen Urlaub dazu benutzte, um in London die Vorstellung von ‚Miracle‘ und die englische Aufführung des ‚Oedipus‘ zu inszenieren, wird von Beginn der Woche die Proben von Strindbergs ‚Totentanz‘ leiten.“ [Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 22, 14.1.1912, Morgen-Ausgabe, S. 6] Max Reinhardt war am 15.1.1912 (Montag) noch in London, wie ein Telegramm vom 16.1.1912 meldete – „London, 16. Jan. (Telegr.) Im Convent Garden-Opernhaus wurde gestern abend König Oedipus, in Szene gesetzt von Max Reinhardt, mit großem Erfolg zum ersten Male gegeben. Reinhardt wurde mehrere Male gerufen“ [Kölnische Zeitung, Nr. 54, 16.1.1912, Mittags-Ausgabe, S. (2)] – und er dürfte am 16.1.1912 zurück in Berlin gewesen sein, wo Wedekind ihn nicht mehr hat treffen können, da er am 14.1.1912 zurück nach München gereist ist [vgl. Tb]. also nächste Woche zurückkommt. Über meinen GastspielvorschlagWedekind wollte dem Deutschen Theater ein Gastspiel vorschlagen; ob und mit wem er darüber gesprochen hat, ist unklar (siehe unten), das Deutsche Theater zu Berlin veranstaltete jedenfalls vom 1. bis 16.6.1912 einen Wedekind-Zyklus. sprach ich bis jetzt noch mit niemandem, da alles sehr beschäftigt war. Morgen AbendWedekind rechnete mit Gesprächen mit Mitgliedern des Deutschen Theaters zu Berlin nach der Premierenvorstellung von Wilhelm Schmidtbonns Tragödie (siehe unten), die offenbar nicht stattfanden, denn er notierte am 13.1.1912 nach dem Theaterbesuch: „Nachher allein Habsburgerhof“ [Tb]; er war in seinem Hotel nicht in Gesellschaft. wird wol die Rede darauf kommen. Seien Sie noch einmal herzlich bedankt für die große Freundlichkeit, mit der Sie mich heute wieder empfingenWedekind hielt am 12.1.1912 fest: „Besuch bei Harden.“ [Tb].

Mit den besten Empfehlungen an Ihre verehrte Frau Gemahlin und herzlichem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


Berlin, 12.1.12.

Frank Wedekind schrieb am 20. Februar 1912 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Postkarte an Wedekind vom 21.2.1912 aus Berlin:]


[...] ich danke Ihnen herzlich.

Maximilian Harden schrieb am 21. Februar 1912 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


Herrn Frank Wedekind
München
Prinzregentenstraße |


Grunewald, 21.2.12


Sehr geehrter Herr Wedekind,

ich danke IhnenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Manuskriptsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 20.2.1912. Der Herausgeber der „Zukunft“ hatte Wedekind um einen Beitrag gebeten [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 3.12.1911], Wedekind hatte kleinere Beiträge in Aussicht gestellt [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 5.1.1912] und nun das Liedmanuskript „Mahnung“ [KSA 1/III, S. 205f.; vgl. 1/IV, S. 963-965] geschickt, das in der „Zukunft“ veröffentlicht wurde [vgl. Frank Wedekind: Mahnung. (Melodie aus dem Niggersong „Dixi“.) In: Die Zukunft, Jg. 20, Nr. 27, 6.4.1912, S. 30-31]. herzlich.

Ihnen und Ihrer verehrten Frau beste Grüße
von Ihrem
H

Frank Wedekind schrieb am 26. April 1912 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr geehrter Herr Harden!

Mit bestem Dank bestätige ich Ihnen den Empfang des HonorarsWedekind hat im Kontobuch am 16.4.1912 festgehalten: „Von der Zukunft für Mahnung 25“ Mark [Mü, L 3512]; das war das Honorar für sein Lied „Mahnung“ [KSA 1/III, S. 205f.], das er Maximilian Harden geschickt hat [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 21.2.1912], der es in der „Zukunft“ veröffentlichte [vgl. Frank Wedekind: Mahnung. (Melodie aus dem Niggersong „Dixi“.) In: Die Zukunft, Jg. 20, Nr. 27, 6.4.1912, S. 30-31]. für „Mahnung“. AnliegendBeilage war das Manuskript der Szene II/4 (3. Bild) aus der in Verse umgearbeiteten neuen Fassung von „Franziska“ [KSA 7/I, S. 341-344; vgl. KSA 7/II, S. 994]; ein Druck in der „Zukunft“ kam nicht zustande [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 9.6.1912]. die Umarbeitung des zweiten Aktes meiner „Franziska“. Ich fragte mich, ob sich einzelne Abschnitte daraus vielleicht für die „Zukunft“ eignen würden. Unschätzbar wäre mir zu wissen, welche Stellen Sie direkt schlecht und welche Sie überflüssig oder zu breit finden. Aber ich weiß ja wie restlos Sie Ihre Zeit ausnützen müssen. Vielleicht gelangt das Manuscript doch noch einmal mit Marginalnoten | an mich zurück.

Kerr bringt sich durch seine UnflätigkeitenAlfred Kerr attackierte den Herausgeber der „Zukunft“ seit Herbst 1911 vor allem in der Zeitschrift „Pan“ (er gab sie seit dem 1.4.1912 auch heraus) durch verunglimpfende Hinweise auf dessen Geliebte Elfride Schmaltz und Maximilian Hardens Sexualleben [vgl. Martin 1996, S. 101f.]. bei allen anständigen Menschen um jede Achtung. Schaden kann er Ihnen meinem Gefühl nach gar nicht sondern höchstens nützen. Sonderbar, wie der Neid so begabte Menschen wie KrausWedekind hatte zu den vor etwa 5 Jahren aufgenommenen [vgl. Maximilian Harden. Eine Erledigung. In: Die Fackel, Jg. 9, Nr. 234/235, 31.10.1907, S. 1-36] und seitdem kontinuierlich fortgesetzten Angriffen von Karl Kraus auf Maximilian Harden in der „Fackel“ und zuletzt auch im „März“ bereits Stellung genommen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 25.7.1910]. und Kerr an Ihnen zu Affen werden läßt. Das muß Sie mit Stolz erfüllen. Beide weisen Einem den Weg von sich zu Ihnen. Übrigens wird Kraus über die Konkurrenz nicht sonderlich erbaut sein. Der BrodneidSchreibversehen, statt: Brotneid. wird die beiden bald aufeinander losschlagenKarl Kraus hatte Alfred Kerr in einer Serie von Artikeln in der „Fackel“ bereits angegriffen – zum Auftakt erschien „Der kleine Pan ist tot“ [vgl. Die Fackel, Jg. 12, Nr. 319/320, 1.4.1911, S. 1-6], dann „Der kleine Pan röchelt noch“ [vgl. Die Fackel, Jg. 13, Nr. 321/322, 29.4.1911, S. 57-64] und „Der kleine Pan stinkt schon“ [vgl. Die Fackel, Jg. 13, Nr. 324/325, 2.6.1911, S. 50-60] – und entsprechende Antwort erhalten, eine Entgegnung Alfred Kerrs auf seine Angriffe, die er mit seinem Kommentar dazu veröffentlichte [vgl. Der kleine Pan stinkt noch. In: Die Fackel, Jg. 13, Nr. 326/327/328, 8.7.1911, S. 28-34]. lassen. Dann ist alles in bester Ordnung.

Darf ich Sie bitten, mich Ihrer | verehrten Frau Gemahlin bestens zu empfehlen.

Mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


26.4.12.

Maximilian Harden schrieb am 9. Juni 1912 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 9.6.12


Sehr geehrter Herr Wedekind,

vor Allem: ich freue mich herzlich Ihrer ErfolgeMaximilien Harden gratuliert zum ersten Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater (Direktion: Max Reinhardt) zu Berlin (1. bis 16.6.1912) mit Frank und Tilly Wedekind in den Hauptrollen ‒ seit dem 1.6.1912 insgesamt 9 Vorstellungen („So ist das Leben“, „Hidalla“, „Musik“, es folgten vom 10.6.1912 bis 16.6.1912 „Erdgeist“, „Oaha“, „Marquis von Keith“); er war bei Publikum und Kritik ein großer Erfolg.. Vivant sequentes!(lat.) die Nachfolgenden sollen leben!

Ich hatte gewartet, weil ich hoffte, über „Franziska“ mit Ihnen mündlich mich verständigen zu können. Nun haben Sie die „Blätter fürs D.Th.vorgezogenWedekind hatte dem Herausgeber der „Zukunft“ das Manuskript der Szene II/4 aus der neuen Fassung von „Franziska“ [KSA 7/I, S. 341-344] geschickt und für den Druck angeboten [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 26.4.1912], die nun anlässlich des Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater (siehe oben) soeben in der Wedekind-Nummer der „Blätter des Deutschen Theaters“ erschienen war [vgl. Frank Wedekind: Franziska. Ein modernes Mysterium. Umarbeitung in Versen. In: Blätter des Deutschen Theaters. Nr. 19, 1.6.1912, S. 289-291]; vorangestellt war eine Zusammenfassung des Stücks und der Hinweis: „Wir bringen hier die Hauptszene dieses Aktes in einer bisher unveröffentlichten Umarbeitung.“ (was ich Ihnen gewiß nicht verdenke). Aber ich hoffe noch, mit Ihnen darüber reden zu können. Ich muß Sie ja auch auf der Bühne sehen. Und vielleicht läßt sichs ermöglichen, daß Sie, trotz Ihrer Riesenarbeit, mit Ihrer verehrten Frau, die ich herzlich zu grüßen bitte, einmal hier frühstücken, zu einer frühen Stunde, die Ihnen die Theaterstimmung nicht verdirbt. Aber natürlich, wie es Ihnen bequem ist.

Glückauf! Ich denke, bald ins Theater kommen zu können.

Herzlich grüßt
Ihr
Harden

Frank Wedekind schrieb am 13. Juni 1912 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Elite-HotelWedekind notierte am 29.5.1912: „Ankunft in Berlin. Wir wohnen Elite Hotel.“ [Tb] Er ist auch bei späteren Aufenthalten in Berlin wieder in diesem renommierten Hotel abgestiegen.

Berlin N.W. Am Bahnhof Friedrichstr.


Sehr verehrter Herr Harden!

Empfangen Sie herzlichsten Dank für Ihre freundlichen Zeilenvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 9.6.1912.. Von ganzem Herzen beglückwünsche ich Sie zu den großen Tagen in SkandinavienMaximilian Harden hatte im Frühjahr 1912 auf Einladung der Osloer Studentenschaft eine Vortragsreise nach Norwegen unternommen (nach 24.4.1912 bis vor 5.5.1912). Man brachte ihm große Hochachtung, ja, Bewunderung und Begeisterung entgegen und die Reise wurde „zu einem wahren Triumphzug. Neben seinen Vorträgen [...] über deutsche Politik sprach er auch über Ibsen und kam der Aufforderung nach, am Grab Björnsons eine feierliche Ansprache zu halten.“ [Harry F. Young: Maximilian Harden. Censor Germaniae. Münster 1971, S. 161], von denen ich schon vor Wochen in München hörte. Ich habe die feste | Zuversicht, daß diese Errungenschaften klärend auf Deutschland zurückwirken.

Ihrer liebenswürdigen Einladung folgen zu können wird zu meiner Frau und meinem großem Bedauern vor Schluß der Woche nicht möglich sein. Bis Sonntag ist täglich ProbeWedekind verzeichnete im Zuge seines Gastspiels, dem Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater zu Berlin vom 1. bis 16.6.1912, fast tägliche Proben, zuletzt vom 13. bis 15.6.1912 zum „Marquis von Keith“, am 16.6.1912 (Sonntag) dann: „Keine Probe.“ [Tb]. Auf keinen Fall reise ich aber ab | ohne Sie aufgesucht zu habenWedekind hat Maximilian Harden vor seiner Abreise von Berlin am 20.6.1912 [vgl. Tb] nicht mehr aufgesucht.. Ich habe verschiedene Fragen auf dem Herzen auf die ich Ihre Antworten erbitten möchte.

Den Blättern des Deutschen Theaters hatte ich thatsächlich nicht eine andere Zeile als das FranziskafragmentWedekind hatte dem Herausgeber der „Zukunft“ die Szene II/4 aus der neuen Fassung von „Franziska“ [KSA 7/I, S. 341-344] für den Druck angeboten [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 26.4.1912], die dann aber zum Beginn des Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater (siehe oben) in der Wedekind-Nummer der „Blätter des Deutschen Theaters“ erschienen ist [vgl. Frank Wedekind: Franziska. Ein modernes Mysterium. Umarbeitung in Versen. In: Blätter des Deutschen Theaters. Nr. 19, 1.6.1912, S. 289-291]. zu bieten./,/ und da ich Sie in Norwegen wußte glaubte ich nicht auf Antwort von Ihnen hoffen zu dürfen.

Mit den besten Grüßen und | Empfehlungen an Sie und Ihre verehrte Frau Gemahlin von meiner Frau und mir Ihr ergebener
Frank Wedekind.


13.6.12.

Frank Wedekind schrieb am 17. August 1912 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr verehrter Herr Harden!

Wollen Sie mir erlauben, Ihnen als gelegentliches AusfüllselBeilage war das Manuskript des kleinen Gedichts „Entartung“ [KSA 1/I, S. 595], das Maximilian Harden in der „Zukunft“ veröffentlichte [vgl. Frank Wedekind: Entartung. In: Die Zukunft, Jg. 21, Nr. 1, 5.10.1912, S. 23] und das nur durch diesen Erstdruck überliefert ist [vgl. KSA 1/II, S. 1486f.]. beiliegenden Spruch zu senden.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München 17.8.12.

Maximilian Harden schrieb am 23. August 1912 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München Prinzregentenstraße)


Grunewald, 23/8 12


Hochgeehrter Herr Wedekind,

ich danke Ihnenfür das übersandte Manuskript des kleinen Gedichts „Entartung“ für eine gelegentliche Veröffentlichung in der „Zukunft“ [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 17.8.1912], wo es auch erschien [vgl. Frank Wedekind: Entartung. In: Die Zukunft, Jg. 21, Nr. 1, 5.10.1912, S. 23]. herzlich; mit Bleistift, weil ich, unter den Folgen einer Angina, recht marode bin. Entschuldigen Sie mich!

Ihren und der verehrten Frau herzliche Wünsche von Ihrem
H

Frank Wedekind schrieb am 30. September 1912 in München folgende Widmung
an Maximilian Harden

An Maximilian Harden mit dem Ausdruck größter Verehrung Frank Wedekind. München im September 1912.


[Hinweis auf Zitat in J. A. Stargardt: Katalog 532 (1957), Nr. 190:]


WEDEKIND, Frank [...]. Widmungsexemplar seines Schauspiels „Schloß Wetterstein“, 3. AuflageDie Erstausgabe des Schauspiels „Schloß Wetterstein“ (1912), das die Einakter „In allen Sätteln gerecht“ (1910), „Mit allen Hunden gehetzt“ (1910) und „In allen Wassern gewaschen“ (1910) vereinigt, „trägt auf dem Schmutztitel [...] den mißverständlichen Vermerk: ‚Dritte veränderte Auflage‘. Tatsächlich handelt es sich um die 1. Auflage von ‚Schloß Wetterstein‘.“ [KSA 7/II, S. 692] So missverständlich als 3. Auflage war die Erstausgabe von „Schloß Wetterstein“, die geheftet, gebunden und als Luxusausgabe erschien, auch angekündigt [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 79, Nr. 220, 20.9.1912, S. 10995, 11061]., München, Georg Müller. Pappband. Die eigenhändige Widmung auf dem Vorsatzblatt lautet: [...]

Frank Wedekind schrieb am 19. November 1912 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Postkarte an Wedekind vom 22.11.1912 aus Dresden:]


Herzlichen Dank [...].

Aufrichtig freue ich mich dieser schönen Ausgabe.

Maximilian Harden schrieb am 22. November 1912 in Dresden folgende Postkarte
an Frank Wedekind

aus DresdenMaximilian Harden hielt am 20.11.1912 um 20 Uhr in Dresden einen Vortrag: „Maximilian Harden hält seinen angekündigten Vortrag über den Balkankrieg diesen Mittwoch abends 8 Uhr im Vereinshause.“ [Dresdner Neueste Nachrichten, Jg. 20, Nr. 316, 20.11.1912, S. 3] Die „Dresdner Neuesten Nachrichten“ (siehe unten) haben ihn ausführlich gewürdigt [vgl. Maximilian Harden über die politische Lage. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Nr. 317, 22.11.1912, S. 3].
(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München)


22.11.12


Herzlichen DankHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Buchsendung (oder eine Widmung im Buch); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 19.11.1912. Wedekind hat ein druckfrisches Exemplar der Luxusausgabe von „Franziska. Ein modernes Mysterium“ (von 50 Exemplaren nach der 1. Auflage) nach Berlin geschickt, die soeben im Georg Müller Verlag als erschienen gemeldet war [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 79, Nr. 271, 21.11.1912, S. 14707]., verehrter und lieber Herr Wedekind.

Aufrichtig freue ich mich dieser schönen Ausgabe. Es geht nun doch rasch vorwärts. Endlich.

Gern und dankbar gedenke ich der schönen NachtstundenMaximilian Harden hielt am 15.11.1912 um 20 Uhr in München einen Vortrag, wie angezeigt war: „Heute abend 8 Uhr findet im Hotel ‚Vier Jahreszeiten‘ der Vortrag ‚Die politische Lage‘ von Maximilian Harden statt.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 65, Nr. 584, 15.11.1912, General-Anzeiger, S. 3] Wedekind hat mit seiner Frau den Vortrag besucht und verbrachte den Rest des Abends bis in die Nacht mit Maximilian Harden, Ernst Schweninger, Hedwig Pringsheim, Thomas Mann und Max Bernstein zunächst bei einem Souper, dann im Weinlokal Zur Torggelstube, wie er am 15.11.1912 notierte: „Mit Tilly in Hardenvortrag Balkan. Souper Schwenninger Pringsheim Th. Mann Bernstein. T.St. Harden Berstein Mann Pringsheim.“ [Tb] Hedwig Pringsheim notierte: „um 8 mit Tommy in die Jareszeiten zu Hardens Vortrag über ‚die politische Lage‘; sprach 2½ St. interessant und ernst, mit großem Beifall, aber one, wie er (vielleicht mit einigem Recht) meinte, den gewonten Widerhall zu finden; worüber er nach Schluß einen förmlichen Tobsuchtsanfall bekam. Nachdem er sich einigermaßen beruhigt, gemeinsames Abendessen in den Jareszeiten, mit Tommy, 3 Schweningers, Wedekinds u. Bernstein. Da Harden um ½1 noch nicht genug, alle, mit Ausnahme von Schweningers, noch in die Torgelstube, wo Wedekind Sekt bestellte! Angeregte Unterhaltung bis ½3 u. komischer Zwischenfall mit dem Schriftsetzer, der erst Harden feierte u. dann eine politische Rede hielt. Die 4 Herren brachten mich dann noch zufuß heim; um ½4 ins Bett!“ [Tb Pringsheim, 15.11.1912], die Ihre Freundlichkeit mir bereitet hat.

Ihnen und Ihrer liebenswürdigen Gattin die besten Wünsche. Ich hoffe bestimmt, Sie Beide bald wiederzusehen.

Ihr
Harden


Herr u Frau J. F. Wollf grüßen Sie bestensMaximilian Harden bestellte Grüße von Johanna Sophie Wollf (geb. Gutmann) und deren Gatten Julius Ferdinand Wollf, dem langjährigen Chefredakteur der „Dresdner Neuesten Nachrichten“, der in der „Zukunft“ auch als Theaterfreund gewürdigt wurde: „Julius Ferdinand Wollf (mit zwei ‚l‘ und einem ‚f‘ [...]), der Herausgeber der größten sächsischen Tageszeitung, hat [...] seine Dresdener Dramaturgie veröffentlicht.“ [Herbert Eulenberg: Dresdener Theater. In: Die Zukunft, Jg. 22, Nr. 21, 21.2.1914, S. 252] Wedekind hatte mit Julius Ferdinand Wollf am 25.6.1912 in Dresden einen Abend verbracht: „Mit Ferdinand Wollf im Kuhstall Ratskeller und Kafé König“ [Tb]..

Frank Wedekind schrieb am 24. November 1912 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden


Sehr verehrter Herr Harden!

auf nächsten Sonnabend, den 30.den 30.11.1912, an dem mit starker Presseresonanz [vgl. KSA 7/II, S. 1193-1207] in geschlossener Vorstellung die Uraufführung von „Franziska“ in den Münchner Kammerspielen (Direktion: Eugen Robert) stattfand, von der Presse angekündigt: „In der Uraufführung von Wedekinds modernem Mysterium ‚Franziska‘ spielt der Dichter den Veit Kunz, Frau Tilly Wedekind die Titelrolle.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 65, Nr. 601, 24.11.1912, Morgenblatt, S. 2] Hedwig Pringsheim notierte am 30.11.1912: „abends in die ‚Kammerspiele‘, wo vor geladenem Publikum die ungestrichene Première von Wedekinds Mysterium ‚Franziska‘ [...]. Tout Munich, trotz der hohen Preise, sehr elegant, viel Beifall für Wedekind u. seine Frau. Ende nach ½ 12!“ [Tb Pringsheim] Maximilian Harden berichtete sie am 23.12.1912: „Ich war in der sogenannten vor ,geladenem Publikum‘ gegebenen Première [...], bei der man pro Kopf 20 M. in den Haushalt Wedekind beisteuern durfte.“ [Neumann 2006, S. 122] ist die erste Aufführung von „Franziska“ festgesetzt. Das Stück soll einmal in ungekürzter Form vor geladenem Publikum gespielt werden. Die erste öffentliche Aufführung, für die die Polizei sinnentstellende StricheDie Genehmigungsverfügung der Polizeidirektion München vom 3.12.1912 listet die Streichungen detailliert auf [vgl. KSA 7/II, S. 1192], wobei ein gestrichener Satz markant war, wie Hedwig Pringsheim am 23.12.1912 gegenüber Maximilian Harden bemerkte: „daß die Censur, die in unglaublicher, nie dagewesener Toleranz und fast sträflicher Liberalität die Auffürung selbst der heikelsten Scenen dieses ,Mysteriums‘ (weils kein Mensch versteht!) gestattet hatte, daß die Censur ihm einen Satz schließlich strich. Dieser Satz lautet, recht wedekindisch ,ich halte es immer noch für anständiger, zwei Väter zu einem Kind, als zwei Kinder von einem Vater zu haben.‘“ [Neumann 2006, S. 123] Dagegen notierte Wedekind am 3.12.1912: „Der 2. Akt fällt weg“ [Tb]. vorgenommen hat, soll Dienstag, den 3. DezemberWedekind hielt am 3.12.1912 fest: „Erste öffentliche Vorstellung von Franziska. Der 2. Akt fällt weg“ [Tb], notierte dann aber am 5.12.1912: „Vorstellung von Franziska. Der 2. Akt wird gespielt.“ [Tb] stattfinden.

Wenn es nun, was ich mir nicht einzubilden wage, nicht nur ein liebenswürdiger Scherz von Ihnen war, mir die Freude machen zu wollen, | der Uraufführung beizuwohnen, dann erlauben Sie mir, Ihnen herzlichst zu danken und Ihnen zu sagen, daß mir Ihre Gegenwart unschätzbar wäre, da Sie mir die größten Beweise von Wohlwollen geben, die ich bisher empfing und mir Ihr Urtheil das maßgebendste in Deutschland ist.

Zu meinem großen Bedauern kann ich Sie nicht bitten, in unserer Wohnung abzusteigen, da wir kein Besuchszimmer haben. Wenn Ihre freundliche Verkündigung, verehrter Herr Harden, also mehr als Scherz war und die Politik, was ich sehr begreifen würde, Sie nicht an deren | Ausführung hindert, dann darf ich Sie um kurze Mittheilung ersuchen, wieviel Plätze ich für Sie reservieren darf.

Mit herzlichen Grüßen und Empfehlungen an Sie und Ihre verehrte Frau Gemahlin von meiner Frau und mir
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München 24. November 1912.

Prinzregentenstraße 50.

Maximilian Harden schrieb am 27. November 1912 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 27.11.12


Ach, lieber, verehrter Herr Wedekind, wie schlimm trifft sich DasAbsage und Antwort auf die Einladung Wedekinds zur Uraufführung von „Franziska“ am 30.11.1912 nach München [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 24.11.1912].. Ich muß am 29tenMaximilian Hardens Vortrag „Der Balkankrieg“ fand am 29.11.1912 um 20 Uhr im großen Saal der Philharmonie (er bot etwa 2500 Personen Platz) in Berlin statt. „Er spendete den aufstrebenden Balkanvölkern großes Lob und beleuchtete sodann das Verhalten Rußlands, Frankreichs, Oesterreichs, Italiens und namentlich Englands gegenüber den Verwicklungen auf dem Balkan. Dann folgte eine Kritik des Verhaltens der deutschen Regierung“ [Harden über den Balkankampf. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 611, 20.11.1912, Abend-Ausgabe, S. (3)]. hier in der Philharmonie schwatzen und könnte es, leider, nicht erreichen. Es wäre schön gewesen; und ich hatte sehr ernstlich mich darauf gefreut.

Wenn nur Sie Freude davon haben! Ich hoffe, mit einiger Zuversicht. Können wirs später nicht auch hier machen? Nur vor künstlerisch leidlich sauberen Leuten.

Es ist mir recht leid, daß ich nicht dabei sein kann, wenn dieses Lieblingkind Ihnen zum ersten Mal leibhaftig ins Gesicht blickt.

Aufrichtig danke ich Ihnen dafür, daß Sie an mich dachten!

Haben Sie die Güte, mich der verehrten Frau zu empfehlen, die neulich so geduldig das Türkentrauerlied anhörteTilly Wedekind hatte mit ihrem Mann am 15.11.1912 im Münchner Hotel Vier Jahreszeiten den 2½-stündigen Vortrag (Beginn: 20 Uhr) von Maximilian Harden über den Balkan-Krieg besucht (im ersten Balkankrieg, der sich im November 1912 zu einem europäischen Krieg auszuweiten drohte, erhoben sich die Balkanstaaten und besiegten die Türkei), in dem der Vortragende, der eine „von Aversion gegen die Türkei gefärbte Haltung“ [Martin 1996, S. 106] hatte, entsprechend geklagt haben dürfte. Wedekind notierte am 15.11.1912: „Mit Tilly in Hardenvortrag. Balkan“ [Tb]..

Herzlich der Ihre
Harden

Frank Wedekind, Joachim Friedenthal, Artur Kutscher und Stefan Zweig schrieben am 6. Dezember 1912 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Postkarte an Wedekind vom 9.12.1912 aus Berlin:]


Ihnen [...] und Ihren vier Freunden aus dem Rathskeller den wärmsten Dank und die herzlichsten Wünsche [...]

Maximilian Harden schrieb am 9. Dezember 1912 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München Prinzregentenstraße)


Grunewald, 9.12.12


Ihnen, verehrter, lieber Herr Wedekind, und Ihren vier FreundenArtur Kutscher, Stefan Zweig, Joachim Friedenthal und ein nicht identifizierter Freund von Hans Richard Weinhöppel, mit denen Wedekind am 6.12.1912 im Anschluss an seine Lesung in Kutschers Seminar im Ratskeller (Marienplatz 8), einem Münchner Weinrestaurant (auch Rathauskeller genannt), zusammen war: „In Kutschers Seminar lese ich [...]. Nachher RK mit Kutscher Stephan Zweig Friedenthal und einem Freund Weinhöppels“ [Tb]. Stefan Zweig, der erst morgens in München eingetroffen war, notierte am 6.12.1912 seinen Besuch im „Seminar bei Kutscher“ von Wedekinds Lesung, außerdem: „Ich sitze bei ihm und Friedental [...] nachher noch nachts bis drei im Rathauskeller. Haß gegen Hauptmann haben sie alle, das spüre ich und Wut gegen die Kritik, man muß sie schonen.“ [Tb Zweig] aus dem Rathskeller den wärmsten DankHinweis auf eine nicht überlieferte Postkarte; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 6.12.1912. Mitunterschrieben haben Artur Kutscher, Stefan Zweig, Joachim Friedenthal und eine weitere nicht identifizierte Person (siehe oben). und die herzlichsten Wünsche von Ihrem
Harden,
der hofft, daß Sie Sieg und Plageder Erfolg der Uraufführung von „Franziska“ am 30.11.1912 an den Münchner Kammerspielen (Direktion: Eugen Robert) auf der einen Seite, Wedekinds Schwierigkeiten mit der Zensur, die für die öffentlichen Vorstellungen von „Franziska“ Streichungen angeordnet hatte [vgl. KSA 7/II, S. 1192], auf der anderen. gut überstanden haben, von Herzen gratuliert und sich der verehrten Frau empfiehlt.

Frank Wedekind schrieb am 10. Dezember 1912 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr geehrter Herr Harden!

Wollen Sie mir erlauben, Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten, den Vorschlag, daß Sie und ich zusammen ein Stück schreibenDer Plan wurde nicht realisiert, das Projekt von Wedekind aber noch weiter vorbereitet [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 17.12.1912]., dessen H/M/ittelfigur Sie sind. Daß das Drama ein Portrait darstellt, brauchte öffentlich nicht eingestanden zu werden, würde aber nicht in Abrede gestellt. Das Drama könnte im alten Rom, zur Reforma|tionszeit oder heute spielen. Der Vorschlag erwartet keine Antwort sondern möchte vor der Hand nur Ihr Vertrauen gewinnen. Ihn sofort zu erörtern wäre wol müßig, solange er Ihre Billigung noch nicht gefunden oder bei mir presentablereSchreibversehen statt: präsentablere. Form gewonnen hat.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München 10.12.12.

Maximilian Harden schrieb am 14. Dezember 1912 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München Prinzregentenstraße)


Grunewald, 14.12.12


Sehr geehrter, lieber Herr Wedekind,

Sie können sich vorstellen, wie sehr Ihr Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 10.12.1912. mich interessiert hat. Herzlichen Dank dafür. Ich will mich, da Sie ja keine Antwort fürs Erste wünschen, heute auf diesen Dank beschränken. Um so leichter kann ichs, weil ich bestimmt hoffe, bald mit Ihnen sprechen zu können.

Die besten Grüße! Empfehlen Sie, bitte, der verehrten Frau den
Ihnen ergebenen
H

Frank Wedekind schrieb am 17. Dezember 1912 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

[1. Briefentwurf und Entwurf der Beilage:]


Se ge He Ha.

Erlauben Sie mir Ihnen {}Einweisungszeichen für eine Einfügung, die nicht ausgeführt ist. beiliegende ErklärungDie Erklärung ist reinschriftlich erhalten, nicht aber der abgesandte Brief, dem sie beilag. zu übersenden. Mit der Bitte Ihrer verehrten Frau Gemahlin meiner Frau und meine Empfehlungen aussprechen zu wollen und herzlichen Grüßen
Ihr ergebener
FrW.

mit bestem Dank für Ihre liebenswürdige Kartevgl. Maximilian Harden an Wedekind, 14.12.1912.


Erklärung

Herrn Maximilian Harden, Berlin Grunewald bestätigt der Unterfertigte hiemit, daß 50 % (fünfzig Prozent) von den/r/ Tantiemen die das DramaWedekind hatte Maximilian Harden vorgeschlagen, gemeinsam ein Drama zu schreiben [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 10.12.1912]., das aus den Besprechungen oder dem Briefwechsel des Herrn Harden mit Herrn Wedekind hervorgeht, gleichviel ob das Buch die beiden Herren zusammen gemeinschaftlich oder nur einen von ihnen als Autor nennt, Herrn Maximilian Harden, und nach dessen Tod je nach den gesetzlichen Bestimmungen 30 oder 50 Jahre lang seinen Erben zufallen während Herr Wedekind die übrigen 50% erhält. Diese Vereinbarung soll vom Bühnenvertrieb vor Übernahme des Dramas kontraktlich übernommen und, bestätigt und bei weiteren und bei Auszahlung der Tantiemen zur Audführ ausgeführt werden.

München 17.12.12.   Frank Wedekind.


[2. Abgesandte Beilage:]


Erklärung.

Herrn Maximilian Harden, Berlin-Grunewald, bestätigt der Unterfertigte hiemit, daß 50 % (fünfzig Prozent) der Tantiemen, die das Drama, das aus den Besprechungen oder dem Briefwechsel des Herrn Harden mit Herrn Wedekind hervorgeht, gleichviel ob das Werk die beiden Herren gemeinschaftlich oder nur einen von ihnen als Autor nennt, Herrn Maximilian Harden und nach dessen Ableben dreißig oder fünfzig Jahre, je nach den geltenden Gesetzen seinen Erben zufallen, während Herr Frank Wedekind die übrigen fünfzig Prozent erhält. Diese Vereinbarung soll vom Bühnenvertrieb kontraktlich übernommen, bestätigt und bei Auszahlung der Tantiemen ausgeführt werden.

München, 17 Dezember 1912
Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 31. Dezember 1912 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

Sehr geehrter Herr Harden.

Sie erweisen mir die Ehre mich nach meiner politischen Überzeugung zu fragenZusammenhang nicht ermittelt.. Wenn ich mich nicht gänzlich falsch beurtheile habe ich seit dreißig Jahren auf der äußersten Linken gestanden. Das wäre kein Wunder da ich der Sohn eines AchtundvierzigersAnspielung auf Friedrich Wilhelm Wedekind, der „Anhänger der Märzforderungen von 1848“ [Vinçon 2021, Bd. 2, S. 7] war. und Enkel GroßsohnEnkel, Enkelsohn. eines Revolutionärs aus den 30ger JahrenAnspielung auf Jakob Friedrich Kammerer, Frank Wedekinds Großvater mütterlicherseits, der nach der französische Julirevolution von 1830 politisiert wurde, 1832 am Hambacher Fest teilnahm, revolutionärer Umtriebe verdächtigt 1833 auf der Festung Hohenasperg inhaftiert war und, um einer erneuten Verhaftung zu entgehen, 1838 über Straßburg nach Zürich floh, in das politische Exil in der Schweiz [Vinçon 2021, Bd. 2, S. 21.-23]. bin

Frank Wedekind schrieb am 11. Juli 1913 in Rom folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Postkarte an Wedekind vom 14.7.1913 aus Berlin:]


[...] herzlich danke ich für Ihr liebenswürdiges Erinnerungszeichen aus Rom.

Maximilian Harden schrieb am 14. Juli 1913 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München)


Grunewald, 14.7.13


Verehrter Herr Wedekind,

herzlich danke ich für Ihr liebenswürdiges Erinnerungszeichen aus Romnicht überlieferte Postkarte oder Bildpostkarte; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 11.7.1913. Wedekind hielt sich vom 20.6.1913 bis 11.7.1913 in Rom auf.. Ich hoffe, Sie haben aus der SoutaneKleidungsstück von katholischen Geistlichen, hier metaphorisch gemeint. Vergessen alles deutschen Aergers getrunken. Könnte ichs auch!

Mit besten Wünschen und der Bitte, mich der verehrten Gattin zu empfehlen, bin ich
Ihr
Harden

Frank Wedekind schrieb am 10. September 1913 in Berlin folgende Widmung
an Maximilian Harden

Lieblingseigenschaft am Manne: Temperament. Energie.

Lieblingseigenschaft am Weibe: Klugheit

Deine Idee vom Glück: Seinen Anlagen gemäß verbraucht zu werden

Deine Idee vom Unglück: Der eherne Reif um die StirnZitat aus der 1906 geschriebenen „Vorrede“ [vgl. KSA 3/II, S. 864f.], dem am 12.11.1912 überarbeiteten „Vorwort“ [vgl. KSA 3/II, S. 868] zur Tragödie „Die Büchse der Pandora“ (1913) über Hauptfiguren der griechischen Tragödie: „Sie sind aus Tantalus Geschlecht; von den Göttern ward ihnen ein eherner Reif um die Stirn geschmiedet.“ [KSA 3/I, S. 544] Das Bild für die unterdrückte weibliche Sexualität in seinem heroischen Pathos ist angeregt durch Goethes Schauspiel „Iphigenie auf Tauris“ (1787), Szene I/3: „doch es schmiedete / Der Gott um ihre Stirn ein ehern Band“ [KSA 5/III, S. 94]. Diese Antwort und die Frage fehlen im Erstdruck.

Worin bist Du am geschicktesten? im Lügen
Worin am ungeschicktesten? im Wahrheitsagen

Welche Wissenschaft ist Dir am liebsten? Religionswissenschaft

Welche Kunstrichtung liebst Du? Michelangelo, Tizian, Rubens, Makart.

Welche Gesellschaft ist Dir die liebste? harmlos lustige Gesellschaft

Deine unüberwindliche Abneigung: Klaviergeklimper

Lieblings-Schriftsteller Schiller
und -Componist: Bethoven |

Lieblings-Buch Casanova
und musikal. Instrument:
Streichquartett

Lieblings-Held in Poesie Richard der Dritte.
und Geschichte:
Alexander der Große

Lieblings-Farbe Rot
und -Blume
Kala„langstielige Blume mit großem, geschwungenem farbigen oder weißen Hüllblatt und einem mittig sitzenden, prägnanten Kolben“, der ihres Erscheinungsbilds wegen „eine ausgesprochen erotische Symbolik zugesprochen worden“ [KSA 5/III, S. 95] ist.

Lieblings-Speise Fisch, Geflügel, grüner Salat
und -Trank:
Leichter Landwein

Lieblings-Namen: TillyHommage Frank Wedekinds an seine Frau Tilly Wedekind.

Lieblings-Sport: Theaterspielen

Lieblings-Spiel: Das Spiel mit der Welt

Wie lebst Du? leidlich

Dein Temperament Melancholiker
und Dein Hauptcharakterzug: Ich hoffe: Starrköpfigkeit.

Motto: 2 ∙ 2 = 4

Dein Name: Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 26. Januar 1914 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
Berlin SW Hotel Habsburger Hof)


Grunewald, 26.1.14


Hochgeehrter Herr Wedekind,

die ganze Woche lang war ich durch arge „Erkältung“ (oder wie mans nennen will) lahm. Freitagden 23.1.1914. Maximilian Harden hat Wedekind nicht erreichen können, da Wedekind sich nicht mehr in Berlin aufhielt; er war am 11.1.1914 wegen der Proben zur Uraufführung von „Simson“ am 24.1.1914 am Lessingtheater (Direktor: Victor Barnowsky) nach Berlin gekommen, dann aber am 21.1.1914 wegen „Kompetenzstreitigkeiten mit Barnowsky“ [KSA 7/II, S. 1331 wieder zurück nach München gefahren [vgl. Tb]. Maximilian Harden hatte davon offenbar nichts mitbekommen, den offenen Brief [vgl. Wedekind an Victor Barnowsky, 20.1.1914] zur Sache im „Berliner Tageblatt“ [vgl. Frank Wedekind spielt nicht in seinem „Simson“. In: Berliner Tageblatt, Berlin, Jg. 43, Nr. 37, 21.1.1914, Abend-Ausgabe, S. (2)] nicht registriert. versuchte ich dennoch Sie zu erreichen; vergebens. Ich freue mich sehr darauf, Sie in dieser Woche zu sehen, und hoffe, Sie fröhlich zu finden. Ich hörte die Stimmen BegeisterterMaximilian Harden hatte von der Uraufführung von „Simson“ (siehe oben) gehört, die teilweise eine gute Kritik [vgl. KSA 7/II, S. 1332, 1338-1343] und jedenfalls eine große Resonanz hatte..

Herzlich
Ihr
H

Frank Wedekind schrieb am 7. Februar 1914 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

München 7.2.14.


Lieber, verehrter Herr Harden!

Morgenam 8.2.1914 (Sonntag). Wedekind fuhr am 8.2.1914 nach Berlin, sah dort abends allerdings nicht „Simson“ im Lessingtheater (dort lief an diesem Abend George Bernard Shaws Lustspiel „Pygmalion“), sondern im Rahmen von Max Reinhardts Shakespeare-Zyklus im Deutschen Theater um 19.30 Uhr „Romeo und Julia“ [vgl. Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 65, 8.2.1914, Morgen-Ausgabe, S. 15], wie er notierte: „Fahrt nach Berlin. Deutsches Theater Romeo und Julia.“ [Tb] Eine „Simson“-Vorstellung seines am 24.1.1914 im Berliner Lessingtheater uraufgeführten Dramas besuchte er erst am 9.2.1914 (Montag): „Simsonvorstellung“ [Tb] (die dann folgende Vorstellung fand am 12.2.1914 statt)., Sonntag Abend möchte ich in Berlin Simson ansehen. Sehr zu Dank verbunden wäre ich Ihnen wenn wir uns vielleicht Montag Nachmittag treffen könnten, vielleicht zu einem SpaziergangWedekind notierte für den Nachmittag des 9.2.1914: „Spaziergang mit Harden.“ [Tb] Wann der frühere Spaziergang mit ihm stattfand, ist unklar. wie damals am Bahnhof Zoologischer Garten Bei meinem letzten AufenthaltWedekind war zuletzt vom 11. bis 21.1.1914 in Berlin gewesen [vgl. Tb]; er hat mit Paul Marx, Chefredakteur der Berliner Tageszeitung „Der Tag“, spätabends am 18.1.1914 gesprochen: „Abendgesellschaft [...]. Nachher mit Marx im Roland von Berlin.“ [Tb]. | in Berlin übernahm ich es, Ihnen von Herrn Paul Marx einen Auftragnicht ermittelt. Paul Marx (siehe oben) hatte Wedekind möglicherweise auszurichten gebeten, Beiträge von Maximilian Harden seien in der Tageszeitung „Der Tag“ (die Zeitung, in der Alfred Kerr seinen Kollegen Maximilian Harden so oft verunglimpft hatte) willkommen [vgl. Martin 1996, S. 109f.]. Der Chefredakteur wünschte sich schon länger, ihn als regelmäßigen Mitarbeiter zu gewinnen; so hatte er Maximilian Harden am 11.3.1911 geschrieben: „Die Redaktion des ‚Tags‘ hat, wie Sie wissen, seit der Begründung des Blattes Ihnen wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass sie grossen Wert darauf legt, Sie zu den regelmässigen Mitarbeitern des ‚Tags‘ zu zählen. Die prinzipielle Geneigtheit, die Sie mitunter bekundeten, auf die Wünsche der Redaktion einzugehen, hat bisher leider noch nicht zu praktischen Ergebnissen geführt.“ [Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Maximilian Harden, Nr. 71] auszurichten, von dem ich allerdings nicht weiß ob er Ihnen willkommen ist, und des/n/ ich deshalb auch nicht gerne brieflich ausgerichtet hatte. Nun weiß ich ja allerdings daß Montag Ihr strengster Arbeitstagfür die Arbeit an seiner Wochenschrift „Die Zukunft“; Maximilian Harden musste jeweils montags das neue Heft fertigstellen, dienstags erfolgte dann die Schlussredaktion. ist. Aber abgesehen von dem Auftrag würde ich mich unendlich freuen, Sie endlich wieder einmal sprechen zu dürfen. Sollte Ihnen Montag | Abend besser zusagen als Nachmittag, dann würde ich mich auch darüber sehr freuen.

Darf ich m/Ihr/ liebenswürdigen Bescheid nach dem Hotel Habsburger Hof am Anhalter Bahnhof erbitten.

Mit der Bitte Ihrer hochverehrten Frau Gemahlin und Fräulein Maximiliane meiner Frau und meine Empfehlungen auszusprechen und schönstem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 24. Februar 1914 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden , Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Postkarte an Wedekind vom 27.2.1914 aus Berlin:]


[...] daß Sie mir die neue Franziska schickten [...]

Maximilian Harden schrieb am 27. Februar 1914 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
München)


Grunewald, 27.2.14


Verehrter und lieber Herr Wedekind,

sehr dankbar bin ich dafür, daß Sie mir die neue Franziska schicktenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Buchsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 24.2.1914. Beilage war die neue Buchausgabe „Franziska. Ein modernes Mysterium in neun Bildern von Frank Wedekind. Bühnenausgabe in gebundener Rede. Siebente Auflage. Verlag von Georg Müller. München 1914“ [KSA 7/II, S. 1260], die in Versform ausgeführte Fassung von „Franziska“ (1912). Wedekind, der zu dieser Ausgabe am 21.2.1914 notiert hatte: „Neues Regiebuch Franziska“ [Tb], notierte am 24.2.1914: „Schreibe eine Menge Briefe.“ [Tb] Einer dieser Briefe dürfte das nicht überlieferte Begleitschreiben zur neuen „Franziska“-Ausgabe gewesen sein.; herzlich. Und ungemein begierig, sie en détail(frz.) im Einzelnen, eingehend. kennen zu lernen.

Hoffentlich sehen wir uns bald wieder. Das letzte MalWedekind und Maximilian Harden hatten sich zuletzt am 9.2.1914 nachmittags in Berlin getroffen: „Spaziergang mit Harden.“ [Tb] wars zu kurz.

Der verehrten Frau meine Huldigung.

Herzlich der Ihre
H

Frank Wedekind schrieb am 3. April 1914 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

[1. Briefentwurf:]


Lieber hochverehrter Herr Harden!

Wollen Sie bitte nicht verargen, daß ich in Berlin keine Gelegenheit fand, Sie anzurufen. Vor unserem DurchfallDas Berliner „Simson“-Gastspiel am 26. und 30.3.1914 am Lessingtheater (Frank Wedekind spielte den Og von Basan, Tilly Wedekind die Delila) fand schlechte Kritiken [vgl. KSA 7/II, S. 1358f.]. So urteilte Fritz Engel über Wedekinds Darstellung: „er spielt schlecht.“ [Wedekind-Gastspiel. In: Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 157, 27.3.1914, Morgen-Ausgabe, S. (2)] fesselte mich die Arbeit. Daß ich nachher nicht dazu kam lag daran, daß wir einen Abend mit Reinhardt und den anderen mit Grunwald zusammenwaren, ein Umworbensein, daß/s/ ich (zum größten Theil) Ihnen verdanke. Reinhardt erzählte wie nach Ihrem Vortrag im Esplanade die Aufführungen von Wetterleuchten sofort ausverkauft waren. und welch gewaltigen Einfluß die Besprechungen der Zukunft auf den Besuch des Shakespearezyklus haben Grunwald gab nach den ersten Worten seiner zwanzigjährigen Verehrung für Ihr Wirken Ausdruck | und sprach davon, seine Bühne künftig in Ihrem Geiste zu leiten. Barnowsky empfindet es schmerzlich, daß Sie seinen wiederholten Einladungen zum Besuch seiner Vorstellungen noch nicht folgen wollten.

Es kann Sie daher nicht überraschen, verehrter Herr Harden, daß ich in Ihnen von heute ab den Leiter der deutschen Theater-Geschichte sehe. Ich sehe etwas erfüllt was vor 25 Jahren bei Gründung der Freien Bühne von Ihnen begonnen wurde, und was Sie dann kurzer Hand abschüttelten als Wege eingeschlagen wurden, die Ihnen nicht zusagten. Zu Ihrer heutigen Machtstellung beglückwünsche ich die Deutsche Bühne von ganzem Herzen.

Erlauben Sie noch, einen Eindruck zu erwähnen, den ich weder Reinhardt | noch Barnowsky gegenüber aussprechen/e/ würde. Es tut Ihnen weh daß ich die beiden in einem Athem nenne. Barnowsky scheint mir aber so wenig eine Konkurrenz für Reinhardt zu sein wie Georg Hirschfeld eine für Gerhart Hauptmann war. Barnowsky scheint mir das Ausrufungszeichen hinter dem Genie Max Reinhardt zu sein. Er bestätigt Barnowsky bestätigt, stützt und fu untermauert Reinhardt im leichteren Publikum ‒ natürlich ohne es zu wollen sondern aus brennender Eifersucht. Das Lessingtheater könnte für Reinhardt deshalb wol kaum in besseren Händen sein. Reinhardt kann dieser Überzeugung nicht beipflichten, solange eine Theater-Kasse eine Kasse bleibt und das hat ja auch sein gutes.

Diese Eindrücke mußte ich Ihnen mitteilen | in der Hoffnung, daß das Erkanntwerden Ihres Weges Errungenschaft Sie bestärkt und ermutigt. Sie haben sich eine gewaltige verantwortungsvolle Aufgabe geschaffen. Darf ich das laut verkünden? Ich warte auf ein Stichwort. sehne mich danach. Wenn ich das nicht öffentlich ausspreche hindert mich nur die Besorgnis Ihre Kreise zu stören.

Mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
FrW.


[2. Abgesandter Brief:]


Lieber hochverehrter Herr Harden!

Wollen Sie bitte nicht verargen, daß ich in BerlinWedekind fuhr am 22.3.1914 zu seinem „Simson“-Gastspiel am 26. und 30.3.1914 im Lessingtheater nach Berlin und reiste am 31.3.1914 zurück nach München [vgl. Tb]. keine Gelegenheit fand, Sie anzurufen. Vor unserem Durchfall fesselte mich die Arbeit. Daß ich nachher nicht dazu kam lag daran, daß wir einen Abend mit Reinhardtam 28.3.1914, ein Samstagabend, den Wedekind mit Max Reinhardt verbracht hat, außerdem mit dessen Frau, der Schauspielerin Else Heims, mit dem Dramaturgen Arthur Kahane und dessen Freundin Paula Oswald sowie mit Erich Reiß (Verleger von Maximilian Harden, der auch die „Blätter des Deutschen Theaters“ verlegte): „Mit Reinhardt Heims Kahane u. Frau und Reiß im Elite Hotel“ [Tb]. und den andern mit Grunwaldam 30.3.1914, ein Montagabend, den Wedekind unter anderen mit Willy Grunwald, Direktionsmitglied der Sozietät Deutsches Künstlertheater in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 300], verbracht hat: „Elite Hotel mit Grunwald“ [Tb]. zusammenwaren, ein Umworbensein, das ich Ihnen verdanke. Reinhardt erzählte, wie nach Ihrem VortragMaximilian Harden hatte am 25.1.1914 im Hotel Esplanade in Berlin einen Vortrag über Berliner Theater gehalten, von der Presse angekündigt: „Maximilian Harden wird am Sonntag, 25. Januar, nachmittags 5 Uhr, im großen Konzertsaale des Hotels Esplanade zum Besten des Vereins Seemannserholungsheim einen Vortrag über ‚Die Berliner Theater‘ halten.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 14, 9.1.1914, Morgen-Ausgabe, S. (3)] im Esplanade die Aufführungen von WetterleuchtenAugust Strindbergs Kammerspiel „Wetterleuchten“ (1907) hatte unter der Regie von Max Reinhardt am 10.12.1913 an den Kammerspielen des Deutschen Theaters zu Berlin Premiere und erlebte 100 Aufführungen. Wedekind hat die Inszenierung am 13.1.1914 gesehen: „Abend Wetterleuchten von Strindberg.“ [Tb] sofort ausverkauft waren und welch gewaltigen Einfluß die BesprechungenMaximilian Harden hat dem großen Shakespeare-Zyklus vom 14.11.1913 bis 13.3.1914 unter der Regie von Max Reinhardt am Deutschen Theater zu Berlin in drei aufeinander folgenden „Zukunft“-Heften ausführliche Besprechungen in Leitartikeln gewidmet [vgl. Theater. Shakespeare-Cyclus. In: Die Zukunft, Jg. 22, Nr. 20, 14.2.1914, S. 205-229; Theater. II. König Lear. In: Die Zukunft, Jg. 22, Nr. 21, 14.2.1914, S. 239-251; Theater. III. Romeo und Julia. In: Die Zukunft, Jg. 22, Nr. 22, 28.2.1914, S. 273-293]. Wedekind hat am 8.2.1914 zumindest „Romeo und Julia“ gesehen [vgl. Tb]. | der Zukunft auf den Besuch des Shakespeare-Zyklus haben. Grunwald gab nach den ersten Worten seiner zwanzigjährigen Verehrung für Ihr Wirken Ausdruck und sprach davon, seine Bühne in Ihrem Geiste zu leiten. Barnowsky empfindet es schmerzlich, daß Sie seinen wiederholten Einladungen zum Besuch seiner Vorstellungen noch nicht folgen wollten.

Es kann Sie daher nicht überraschen, verehrter Herr Harden, daß ich in Ihnen von heute ab den Leiter der deutschen Theater-Geschichte sehe. Ich sehe etwas erfüllt, was vor fünfundzwanzig Jahren bei der Gründung der | Freien BühneMaximilian Harden und Theodor Wolff hatten seinerzeit in Berlin die Gründung des Theatervereins Freie Bühne initiiert, der in Umgehung der Zensur geschlossene Aufführungen moderner Stücke veranstaltete; auf die Freie Bühne ist der Durchbruch des Naturalismus und der Aufstieg Berlins als Theaterhauptstadt zurückzuführen. Sie hatten zur Vereinsgründung am 5.3.1889 in der Berliner Weinstube Kempinski eingeladen: Otto Brahm, Paul Schlenther, Heinrich und Julius Hart, Julius Stettenheim, Samuel Fischer, Paul Jonas, Georg Stockhausen [vgl. Schanze 1978, S. 275]. Maximilian Harden, der den Verein (am 5.4.1889 Eintrag in das Vereinsregister) ebenso wie Theodor Wolff bald wieder verließ, begründete seinen Austritt mit der „Vereinsmeierei“, der Reklamesucht, mit der „auf Mitgliederfang im großen Stil“ gegangen werde, und dem „Niveau einer Provinzschmiere“, mit dem ausgezeichnete Stücke präsentiert würden, und sprach abschließend eine Mahnung aus: „Und hüte dich vor Clique und Claque – Freie Bühne!“ [Maximilian Harden: Die Freie Bühne in Berlin. In: Das Magazin für die Litteratur des In- und Auslandes, Jg. 59, Nr. 14, 5.4.1890, S. 209-212] von Ihnen begonnen wurde und was Sie dann kurzer Hand abschüttelten, als Wege eingeschlagen wurden, die Ihnen nicht zusagten. Zu Ihrer heutigen Machtstellung beglückwünsche ich die Deutsche Bühne von ganzem Herzen.

Erlauben Sie, noch einen Eindruck zu erwähnen, den ich weder Reinhardt noch BarnowskyMax Reinhardt, Direktor des Deutschen Theaters zu Berlin und der Kammerspiele des Deutschen Theaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 304, 306], und Victor Barnowsky, Direktor des Berliner Lessingtheaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 309]. gegenüber aussprechen würde. Es tut Ihnen weh, daß ich die beiden in einem Athem nenne. Barnowsky scheint mir aber so wenig ein Konkurrent für Reinhardt, wie Georg Hirschfeld einer für Gerhard/t/ Hauptmann war. Barnowsky scheint mir das Ausrufungszeichen hinter dem Genie Reinhardt | zu sein. Barnowsky bestätigt, stützt, untermauert Max Reinhardt gegenüber all denen die Reinhardt für eine Parteisache halten ‒ natürlich ohne es zu wollen sondern aus brennender Eifersucht. Das Lessingtheater könnte für Reinhardt deshalb wohl kaum in besseren Händen sein. Selbstverständlich kann Reinhardt dieser Überzeugung nicht beipflichten solange Konkurrenz Konkurrenz bleibt und das hat ja auch sein gutes.

Diese Eindrücke mußte ich Ihnen mittheilen in der Hoffnung, daß das Erkanntwerden Ihrer Errungenschaft, Sie stärkt und ermutigt. Sie haben sich eine gewaltige | verantwortungsvolle Aufgabe geschaffen. Wenn ich das nicht öffentlich ausspreche, so hindert mich nur die Besorgnis, Ihre Kreise dadurch zu stören.

Mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.


München 3. April 1914.

Maximilian Harden schrieb am 4. April 1914 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


Herrn Frank Wedekind
München
Äußere Prinzregentenstraße |


Grunewald, 4.4.14


Lieber, verehrter Herr Wedekind,

heute nur einen herzlichen Händedruck als Dank für Ihren schönen Briefvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 3.4.1914.. Ich war sehr betrübt, daß ich Sie nicht erreichen und sehen konnte, wie ich, bestimmt und froh, erwartet hatte. Aber ich begreife jetzt.

Viele herzliche Wünsche Ihnen und der verehrten Frau. Bald mehr.

Ihr
Harden

Maximilian Harden schrieb am 23. Juli 1914 in Berlin folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Maximilian Harden vom 7.8.1914 aus München:]


Dann danke ich Ihnen [...] für Ihren [...] freundlichen Geburtstagswunsch.

Frank Wedekind schrieb am 7. August 1914 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

[1. Briefentwurf:]


Hochverehrter Herr Harden!

Vor allem möchte ich Ihnen die herzlichsten Wünsche zu möglich rascher Genesung senden. Aus Ihrem herrlichen Aufsatz vom 1. August glaube und hoffe ich die Genesung schon heraus lesen zu können. | Dann danke ich Ihnen herzlich auch im Namen meiner Frau für Ihren ungemein freundlichen Geburtstagswunsch. Sie haben sehr recht daß es arg wäre wenn ich nicht aus tiefster Seele dankbar sein wollte. Als höchsten Lohn empfinde ich es, so liebe | Worte von dem Manne zu erhalten, dessen Namen die Geschichte eben im Begriff ist, in die Sterne zu schreiben. Leider! Leider! Gott sei Deutschland gnädig!

Wollen Sie bitte Ihrer verehrten Frau Gemahlin und Ihre Fräulein Maximiliane die besten Empfehlungen | von meiner Frau und mir übermitteln.

In Verehrung und Bewunderung
Ihr
Frank Wedekind.


[2. Abgesandter Brief:]


München, den 7. August 1914.


Hochverehrter Herr Harden!

Vor allem möchte ich Ihnen die herzlichsten Wünschen zu möglichst rascher Genesung von Ihrem schmerzhaften LeidenWoran Maximilian Harden seinerzeit gelitten hat, ist nicht ermittelt. senden. Aus Ihrem herrlichen AufsatzMaximilian Harden hatte pünktlich zum Kriegsbeginn am 1.8.1914 in der „Zukunft“ einen Leitartikel „Der Krieg“ publiziert, in dem er zum Auftakt daran erinnerte, dass er den Krieg vorausgesagt habe, das politische Geschehen aber zugleich als nun eben gegeben konstatierte: „,In diesem Sommer wird Schicksal.‘ Am sechzehnten Mai 1914 ists hier gesagt worden. [...] Jetzt gehts um die Macht; nicht um Recht oder Unrecht; ums Vaterland. Nicht heute mehr ist zu prüfen, ob das Wagnis des Wurfes klug war. Denn der Würfel fiel.“ [Der Krieg. In: Die Zukunft, Jg. 22, Nr.44, 1.4.1914, S. 137-149, hier S. 137f.] Maximilian Harden hat den Kriegsbeginn keineswegs problematisiert, er „entwickelte sich in der Julikrise und während der ersten Kriegsmonate zu einem leidenschaftlichen Kriegspropagandisten“ [Hellige 1983, S. 697]. vom 1. August glaube und hoffe ich die Genesung schon heraus lesen zu können. Und nun danke ich Ihnen herzlich auch im Namen meiner Frau für Ihren ungemein | freundlichen Geburtstagswunschnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Maximilian Harden an Wedekind, 23.7.1914. Maximilian Harden hat außer dem Glückwunschschreiben zu Wedekinds 50. Geburtstag am 24.7.1914 zuvor in der „Zukunft“ auch einen Aufruf für eine Ehrengabe zu Wedekinds 50. Geburtstag abgedruckt, unterzeichnet von Herbert Eulenberg, Maximilian Harden, Friedrich Kayßler, Thomas Mann, Kurt Martens, Georg Müller, Joachim Gans zu Putlitz, Felix Salten und Hans von Weber [vgl. Die Zukunft, Jg. 22, Nr. 34, 30.5.1914, S. 302], den kurz darauf auch die Zeitschriften „Kain“, „Der Zwiebelfisch“ und „Der Neue Merkur“ veröffentlicht haben.. Sie haben sehr recht, daß es arg um mich stünde, wenn ich nicht aus tiefster Seele dankbar sein wollte. Als höchsten Lohn empfinde ich es, so liebe Worte von dem Manne zu erhalten, dessen Namen die Geschichte eben im Begriff ist, in die Sterne zu schreiben. Leider! Leider! Gott sei Deutschland gnädig! |

Wollen Sie bitte Ihrer verehrten Frau Gemahlin und Fräulein Maximiliane die besten Empfehlungen von meiner Frau und mir übermitteln.

In schmerzlicher Bewunderung und Verehrung
Ihr ergebener
Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 23. April 1915 in München folgende Postkarte
an Maximilian Harden

Lieber verehrter Herr Harden!

Zu meinem außerordentlichen Bedauern ist es mir dieses MalMaximilian Harden hielt am 24.4.1915 um 20 Uhr in der Münchner Tonhalle einen Vortrag, wie angekündigt war: „Heute Samstag findet in der Tonhalle der zweite Kriegsvortrag ‚Wie steht’s?‘ von Maximilian Harden statt. Der Vortrag beginnt pünktlich 8 Uhr“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 68, Nr. 208, 24.4.1915, General-Anzeiger, S. 1]; das letzte Mal hatte Wedekind ihn in München am 12.2.1915 gehört und verbrachte nach dem Vortrag mit ihm in kleinerer Runde den Rest des Abends bis in die Nacht [vgl. Tb]. nicht möglich, die Ausführung Ihrer Ansichten über unsere Lage mitanzuhören. Ich hatte mich schon vierzehn Tage auf den Abend gefreut, da stellte sich die Notwendigkeit einer NachoperationWedekind unterzog sich nach seiner ersten Blinddarmoperation (29.12.1914) am 15.4.1915 einer zweiten „Operation“ [Tb], was wohl am 10.4.1915 entschieden worden ist: „Professor Trump kommt und räth mir zur Nachoperation. Professor Schmidt untersucht mich im Josefinum.“ [Tb] Sein zweiter Klinikaufenthalt dauerte vom 14.4.1915 bis 9.6.1915. ein. Man munkelt, daß FriedeWedekind hoffte auf ein rasches Kriegsende und klammerte sich an jedes Friedensgerücht. werden soll. Der Ge|danke ist mir eine große Wohltat. Für Ihren Aufenthalt in München wünsche ich Ihnen recht viel Freude und bedaure nur, daß ich nicht daran teilhaben kann. Mit herzlichsten Grüßen
In Verehrung
Ihr Fr Wedekind.


Königreich Bayern
Postkarte


S. H.
Herrn
Maximilian Harden
München
Hotel Kontinental

Maximilian Harden schrieb am 24. April 1915 in München folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grand Hotel Continental
München 24.4.15

Telegramme
Continentyp


Verehrter, lieber Herr Wedekind,

wie tief bedaure ich, daß Sie leidenvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1915.! Und danach, daß ich um die Freude komme, Sie zu sehen. Ich hatte gehofft, diesmal das Viertelstündchen nachzuholen, auf das ich voriges Malunklar; als Maximilian Harden zuletzt am 12.2.1915 zu einem Vortrag in München war, hat er Wedekind gesehen, wie Wedekind notierte: „Harden Vortrag mit Tilly [...]. Mit Harden bis 3½ Uhr bei Bruckmanns“ [Tb]. verzichten mußte; nun verwehrt mirs Ihr BriefWedekind hat eine Postkarte geschrieben [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1915].. Ich bin 4.15 früh von Nürnberg abgefahren u muß abends ins gräuliche Berlin zurück. Nur Sie wollte, könnte ich aufsuchen; Frau Hedwig P. kommtHedwig Pringsheim notierte dagegen für den Vormittag des 24.4.1915: „von Harden abgeholt 2 ½ St. mit ihm spaziert“ [Tb Pringsheim]. wohl auf einen Augenblick zu mir.

Ueber FriedenMaximilian Harden diskutierte in einem „Zukunft“-Artikel „Gerüchte über deutsche Friedensneigungen“ und plädierte dafür, Deutschland müsse deutlich machen, „daß wir rasche Rückkehr der Friedenszeit wünschen.“ [Psalter und Harfe. In: Die Zukunft, Jg. 23, Nr. 31, 1.5.1915, S. 127-133, hier S. 128f.] Im nächsten Heft zitierte er die Äußerung einer ausländischen Zeitung zu seiner Friedensvorstellung: „mag Harden sagen, der Friede müsse Deutschland die geistige und politische Hegemonie sichern“, dann sei das „abstrahirte Hoffnungseligkeit“ [Deutscher Frühling. In: Die Zukunft, Jg. 23, Nr. 32, 8.5.1915, S. 161-192, hier S. 176]. wird nicht verhandelt. Möglich, daß er dennoch bald kommt. Nicht wahrscheinlich. Die superi(lat.) die ‚Oberen‘. völlig rathlos; fürchten eigene Nation fast so wie Feind u wissen |
Postkarte
Carte Postale

weder, was, noch wie. KarpathenIn der Winterschlacht in den Karpathen 1914/15 hatte die geschwächte russische Armee vergeblich den Durchbruch nach Ungarn versucht, den Maximilian Harden für unvermeidlich hielt, wie aus seinem Briefwechsel mit dem kriegsbegeisterten Baron Eberhard von Bodenhausen hervorgeht [vgl. Martin 1996, S. 116]. abstreiten, durch Deutsche, gut. DardanellenIm Februar 1915 hatte sich die Entente zum Angriff auf die Dardanellen entschlossen, deren Verlust für die Mittelmächte eine entscheidende Verbesserung der russischen Versorgungslage und das Ende aller deutschen Bestrebungen im Nahen Osten bedeutete. Den Türken gelang es mit deutscher Hilfe die britisch-französischen Angriffe abzuschlagen. Die Dardanellen blieben in türkischer Hand.: Munitionfrage; die RumänenMaximilian Harden deutete in einem „Zukunft“-Artikel an, die Grenzen des neutralen Rumänien seien zum Vorteil der Mittelmächte durchlässig: „Sonst dürften wir ja auch nicht wünschen, daß Rumänien Waffen und Munition durchlasse.“ [Deutscher Frühling. In: Die Zukunft, Jg. 23, Nr. 32, 8.5.1915, S. 161-192, hier S. 170] Rumänien gehörte wie Bulgarien, Griechenland und – zu diesem Zeitpunkt noch – Italien zu den neutralen Mächten. lassen offiziell nichts durch (dürfen ja auch nicht); haben vor 8 Tagen aber, nach umfangreicher Bestechung, ohne Wissen d. Minister, 8 Wagons mit schweren Geschossen (entre nous(frz.) unter uns.) durchgelassen. Das sind fast 6000 Schuß. Ist aber bei uns oben kaum bekannt. Engländer vortrefflich gerüstet ca. 700000 Mann der FrontSchreibversehen, statt: an der Front; gemeint ist die englische Offensive in der Schlacht von Neuve-Chapelle (10. bis 12.3.1915) an der Westfront.. Italien fordert von Oesterreich Enormes, findet TrentoMaximilian Harden hatte am 10.4.1915 an Eberhard von Bodenhausen geschrieben: „Italien ist mit dem Trento nicht zufrieden. Das ist nur ein Zipfelchen.“ [Martin 1996, S. 116]. Damit Italien nicht in das Lager der Entente eintrete, hatte Österreich-Ungarn umfangreiche Angebote gemacht. allein „lächerlich“ u ist im Aufmarsch (wie ich genau weiß) Das aber beweist auch noch nichts. Gesammtsituation der sogen. Neutralen ganz dunkel, da Niemand weiß, was Venizelos plantIn einem „Zukunft“-Artikel zitierte Maximilian Harden ausführlich zwei in einer griechischen Zeitung abgedruckte Briefe des griechischen Politikers Eleftherios Venizelos, der bis März 1915 Ministerpräsident war und sich für den Anschluss Griechenlands an die Entente einsetzte, die die neutralen Länder, darunter Bulgarien, betreffen. Venizelos forderte den griechischen (mit Wilhelm II. verwandten und daher mit den Mittelmächten sympathisierenden) König Konstantin zur Unterstützung Serbiens und zum Kriegseintritt gegen Osterreich auf, um die Balkanstaaten zu einen: „Wir müssen die Mitwirkung Rumäniens und sogar Bulgariens erstreben. [...] Damit der Plan gelingt, müssen wir den Bulgaren Wichtiges gewähren. [...] Mir scheint, daß Rumänien nur schlagen will, wenn Bulgarien mitschlägt.“ [Deutscher Frühling. In: Die Zukunft, Jg. 23, Nr. 32, 8.5.1915, S. 161-192, hier S. 181, 183] u wie schließlich die bauernschlauen Bulgaren handeln werden, die sofort Alles ins Rollen | bringen können. Sicher ist, daß augenblicklich zum ersten Mal sehr starke anglo-russische Bemühungen bei Italien; ich halte nicht für ausgeschlossen, daß England ihm ein sehr großes Opfer schließlich brächte: Malta sogar; was es kann, weil es Lemnos hat, das Helgoland der Dardanellen mit vortreffl. Hafen (von dessen Besetzg. bei uns nicht geredet werden soll; ein sehr großer engl. Erfolg). Außerdem würde es sich in Sudabai„Meeresbucht an der Nordseite der Insel Kreta, zwischen der Halbinsel Akrotiri [...] und dem Kap Drepano“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon. Bd. 19. Leipzig 1909, S. 167]; in der Bucht von Souda auf Kreta lag ein strategisch wichtiger Hafen. (Kreta) u bei Byzantionarchaisierend (von: Byzanz): Konstantinopel (Istanbul). starke Flottenbasis sichern

Kluck u Bülow (Schlaganfall) werden als ArmeeführerGeneraloberst Alexander von Kluck (Kommandeur der 1. Armee) und Generalfeldmarschall Karl von Bülow (Kommandeur der 2. Armee) waren maßgeblich am verhängnisvollen Ausgang der Schlacht an der Marne (6. bis 9.9.1914) beteiligt. wohl ausscheiden. Falkenhayn verhaßter als jeMaximilian Harden hatte am 10.4.1915 lavierend an Eberhard von Bodenhausen über den in konservativen Kreisen inzwischen missliebigen Erich von Falkenhayn geschrieben: „Die Lage kann besser werden (besonders, wenn das heutige Gerücht Falkenhayn sei endlich gestürzt, richtig sein sollte); sie kann aber sehr viel schlechter werden.“ [Martin 1996, S. 117] u in stetem KonfliktErich von Falkenhayn stand in einem Dauerkonflikt mit dem Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, Oberbefehlshaber, und Erich Ludendorff, Generalstabschef der 8. Armee, die in der Schlacht bei Tannenberg (26. bis 30.8.1914) einen triumphalen militärischen Sieg errungen hatten; sie setzten den Generalstabchef des Heeres mit ihren Forderungen, ihre Erfolge unter anderen Bedingungen wiederholen zu wollen, unter Druck. mit Hindenbg-Ludendorff (über die auch die gesammte regirende Familie wüthend ist)

Die Chance der Gegner liegt im Hinziehen; denn wir sind (wenn nicht direkt „am Ende“, so doch) unfähig, das Maximum der ersten 8 Monate zu wiederholen. Ein Staatsmann hätte längst Frieden (einen vortrefflichen) gemacht. Noch | jetzt glaube ich, ihn in 14 Tagen machen zu können. Aber SieSchreibversehen (Großschreibung und damit eine Anrede), statt: sie. Maximilian Harden wird Wedekind kaum dazu aufgefordert haben, ihm eine Unterredung mit Wilhelm II. zu verschaffen. müßten mir dazu eine 2 ‒ 3 stündige Unterredg.Maximilian Hardens Wunsch nach einer Unterredung mit Wilhelm II. registrierte am 10.4.1915 auch Theodor Wolff: „Harden jetzt ganz für die Einigung mit England. Möchte, daß der Frieden auf Kosten der Türkei geschlossen werde ‒ sein altes Steckenpferd: los von der Türkei! Wünscht sich, drei Stunden mit dem Kaiser sprechen zu dürfen, den er dann für diese Idee gewinnen würde.“ [Tb Wolff] mit W II verschaffen...

Totmüde. Abends wirds grotesk öde u dumm. Aber das Wichtige ist mir jetzt, zu wissen, daß Sie schnell der Schmerzen ledig u frisch werden. Lassen Sie michs, bitte, recht bald nach Berlin wissen!

Grand Hotel Continental
München
Telegramme

Continentyp
Meine Ehrerbietung der verehrten holden Gattin
Ihnen von Herzen gute Erholungwünsche.

Ihr Harden


Wenn Sie noch irgendetwas „erfahren“ wollen, schreiben Sie 2 Zeilen an mich.

Frank Wedekind schrieb am 17. Juni 1915 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

München 17. Juni 1915.

Lieber verehrter Herr Harden!

Glauben Sie bitte nicht, daß ich die große Bevorzugung, die Sie mir am 24. April am Nachmittags Ihres VortragesMaximilian Harden hatte am 24.4.1915 in München einen Vortrag gehalten, den Wedekind nicht besuchen konnte [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1915]. durch Ihren ausführlichen lieben Briefvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1915. zuteil werden ließen, nicht in vollem Maße zu schätzen wußte. Aber seit jener Zeit verschob sich meine Entlassung aus der KlinikWedekind, der einer zweiten Blinddarmoperation wegen seit dem 14.4.1915 in der Klinik war, in der Privatheilanstalt Josephinum (Schönfeldstraße 16) [vgl. Adreßbuch für München 1915, Teil III, S. III], notierte am 9.6.1915: „Aus der Heilanstalt Josephinum entlassen, fahre mit Tilly nach Haus.“ [Tb] immer von einer Woche zur andern. Heute bin ich seit acht Tagenseit dem 9.6.1915 (siehe oben). zu Haus, kann ausgehen aber immer noch mit zwei | Wunden im Leib die stark absondern. Dies ist der erste Brief, den ich schreibe um Ihnen, verehrter Herr Harden für Ihre lieben Worte und Ihre weitblickenden Mitteilungen, die seitdem alle bestätigt wurden zu danken. Wollen Sie mir jetzt eine Bitte erlauben. Seit einem halben Jahr arbeite ich an einem Drama, das nur den Zweck hat die diplomatischen Verhandlungen Bismarcks in den Jahren 1863 ‒ 66, so wie sie uns historisch überliefert sind, in aufführbare Scenen zu konzentrieren. Wollen Sie mir die Freude machen, Ihnen | diese Arbeit in der Buchausgabe, die voraussichtlich im HerbstDie Buchausgabe „Bismarck. Historisches Schauspiel von Frank Wedekind“ im Verlag Georg Müller konnte, vordatiert auf 1916, erst „im Dezember 1915 ausgeliefert werden.“ [KSA 8, S. 691] erscheinen wird, widmenDie gedruckte Widmung in der Buchausgabe von „Bismarck“ lautet: „Maximilian Harden in größter Verehrung gewidmet“ [KSA 8, S. 154]. zu dürfen. Die bis jetzt erschienenen zwei ersten BilderWedekinds Drama erschien unter dem Titel „Bismarck. Bilder aus der deutschen Geschichte“ in der von Efraim Frisch herausgegebenen Monatsschrift „Der Neue Merkur“ (Georg Müller Verlag in München) im Zeitschriftenvorabdruck [vgl. KSA 8, S. 683, 685-687, 689-691]. Die ersten zwei von später insgesamt acht Bildern in fünf Akten lagen vor, das Erste Bild „Bismarck und Karolyi. 24. November 1863“ [vgl. Der Neue Merkur, Jg. 2, Heft 1, April 1915, S. 1-12], in der Buchausgabe: „Bündnis. 24. November 1863“ [vgl. KSA 8, S. 157], und das Zweite Bild „Die Londoner Konferenz. 17. Mai 1864“ [vgl. Der Neue Merkur, Jg. 2, Heft 2, Mai 1915, S. 129-137]. des Stückes werde ich mir erlauben Ihnen in den nächsten Tagen zuzusenden. Wenn Sie auch das übrige gelesen haben, mögen Sie dann über die Annahme der Widmung entscheiden. Übrigens fehlen mir infolge der Krankheit bis jetzt noch die letzten zwei Akte die natürlich die Hauptsache sind.

Ihrer verehrten Frau Gemahlin, bitte ich Sie für die freundlichen Wortenicht überliefert. Selma Isaac, die Lebensgefährtin von Maximilian Harden, dürfte auf Tilly Wedekinds Brief an sie vom 3.6.1915 geantwortet haben; in diesem Brief, der auch Hardens letzten Brief [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1915] anspricht, schrieb Tilly Wedekind: „Frank hat sich auch seinerzeit über Herrn Harden’s Brief so sehr gefreut. Verzeihen Sie wenn er noch nicht selbst antwortet, er ist immer noch in der Klinik und bedarf noch sehr der Schonung. Er ist täglich einige Stunden ausser Bett und macht die Heilung stetige, wenn auch sehr, sehr langsame Fortschritte.“ [Martin 1996, S. 118], die sie | an meine Frau zu richten die Güte hatte, meinen allerherzlichsten Dank zu sagen. Wie sehr Sie selber unter dieser schauerlichen Zeit leiden steht mir lebendig vor Augen. Dabei darf sich angesichts der Schrecknisse, die die Welt verwüsten, bei Keinem eine Klage hervorwagen. Und die Aussicht, daß Sie Ihrer geistigen FesselnMaximilian Harden stand unter dem Druck der Zensur, der sich ihm gegenüber, auch was seine Vortragstätigkeit anging, in der zweiten Jahreshälfte 1915 verstärkte. endlich entledigt werden, täglich geringer.

Mit ergebensten Empfehlungen an Ihre verehrten DamenSelma Isaak, die Lebensgefährtin von Maximilian Harden, und die gemeinsame Tochter Maximiliane Harden. und herzlichen Grüßen von meiner Frau und mir
Ihr getreuer
Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 18. Juni 1915 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Grunewald, 18/6 15


Verehrter und lieber Herr Wedekind,

aufrichtig freue ich mich, von Ihnen zu hörenvgl. Wedekind an Maximilian Harden, 17.6.1915., daß es, endlich, besser geht. Ich danke Ihnen sehr herzlich. Wie arge Zeit war für Sie! Nun, bitte, erholen Sie völlig, in schöner Natur!

Daß Ihr neues Werk mich aufs Höchste interessirtWedekind hatte Maximilian Harden angeboten, ihm sein neues Drama „Bismarck“ zu widmen [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 17.6.1915]. Maximilian Harden, der begeistert war von dem ehemaligen Reichskanzler Otto von Bismarck, galt in Fragen zu ihm als kompetent. So notierte Theodor Wolff am 2.12.1915: „Ich bitte Harden [...] alles zusammenzustellen, was Bismarck gegen die Idee der Neutralitätsverletzung in Beziehung auf Belgien geäußert hat. Harden kommt immer wieder darauf zurück, wie ganz vergessen Bismarck heute sei ‒ als habe er nie gelebt. Alles, was geschehe u. geschehen sei, sei die absolute Negation des Bismarckschen Werkes.“ [Tb Wolff], wissen Sie. Weil es Ihr Werk, ein Werk schwerer Zeit ist, und wegen des Stoffes. In Versailles (Ihnen ists gewiß bekannt) sagte Bismarck mal, seine Diplomatie von 63 bis 66 würde einen guten Stoff für das Theater geben (ich las die StelleMaximilian Harden dachte wohl an folgende Stelle: „Zuletzt kam die Rede auf die Politik der letztvergangnen Jahre, und der Kanzler äußerte: ‚Am Stolzesten bin ich doch auf unsere Erfolge in der schleswig-holsteinischen Sache, aus der man ein diplomatisches Intriguenspiel für’s Theater machen könnte. [...]‘“ [Moritz Busch: Graf Bismarck und seine Leute während des Kriegs mit Frankreich. Nach Tagebuchsblättern. Bd. 1. Leipzig 1878, S. 150] Das Werk war Wedekind bekannt [vgl. Kutscher 3, S. 197]; es zählt zu den Quellen seines „Bismarck“ [vgl. KSA 8, S. 697f.]; mit der Lektüre hatte er am 14.10.1914 begonnen: „Ich lese Bismark Tagebücher“ [Tb]. neulich wieder); er dachte vielleicht eher an Etwas à la Scribe(frz.) im Stil von Scribe. Maximilian Harden zufolge dachte Bismarck also an etwas in der Art der Unterhaltungsstücke des erfolgreichen französischen Dramatikers Eugène Scribe.; aber merkwürdig ist die Intuition. Alle guten Geister sind sicher bei Ihrem Schaffen. Daß Sie dieses Werk mir widmen wollen, ist mir eine rechte Ehre; eine der wenigen, die, wirklich, zugleich Freude sind. Ich danke Ihnen!

Eine reichlich fließende Quelle ist das (auch übersetzte) Werk Les origines diplomatiques de la guerre de 1870 (die ersten Bände8 Bände der Sammlung „Les origines diplomatiques de la guerre de 1870-1871. Recueil de documents publié par le Ministère des affaires étrangères“ (insgesamt 29 Bände der Aktenedition wurden von 1910 bis 1932 in Paris vom französischen Außenministerium veröffentlicht) waren bis 1914 erschienen, die Dokumente über den Zeitraum vom 25.12.1863 bis 31.12.1866 enthalten. Eine deutsche Teilübersetzung der französischen Aktenedition ist 1910/11 in drei Bänden unter dem Titel „Der diplomatische Ursprung des Krieges von 1870/71. Gesammelte Urkunden, herausgegeben vom französischen Ministerium des Auswärtigen“ in Berlin erschienen.); nur amtliche | Akten. Aber Sie brauchen wohl nichts mehr.

Militärisch im Westen unverändertDer deutsche Operationsplan an der Westfront (Schlacht an der Marne) war gescheitert und der Krieg zum Stellungskrieg erstarrt., im Osten ja gutDie deutsche Kriegsführung an der östlichen Front war von Anfang an (Schlacht bei Tannenberg) erfolgreicher als an der Westfront. Anfang Mai 1915 zwangen die Mittelmächte mit der Durchbruchsschlacht bei Tarnów und Gorlice die russischen Armeen zum Rückzug, was in der Folge zu großen Geländegewinnen im Osten führte. (fraglich, ob u wann die Russen sich retablirenwiederherstellen. können); Verluste ungeheuerVerluste an Menschenleben, vor allem an der Westfront durch den Einsatz von Giftgas.. Politik existirt nicht. Allgemeiner Diplomatenglaube: bis nächsten Sommer. Rumänien unsicher; war in letzten Tagen schlecht; heute wird gemeldet (privatimDie private Quelle war vermutlich Walther Rathenau, der für die Kriegsrohstoffabteilung arbeitete und Maximilian Harden über die Lebensmittellage informierte, insbesondere über die Getreideknappheit [vgl. Hellige 1983, S. 704]. Maximilian Harden hatte in seiner Wochenschrift soeben über die Versorgungslage während des Krieges geschrieben und auf Walther Rathenau hingewiesen: „in Berlin [...] wurde ein Rohstoffamt nöthig, dessen Aufbau und Leitung ein Civilist, der Ingenieur-Industrielle Dr. Walter Rathenau, übernahm“ [Die Zukunft, Jg. 23, Nr. 37, 12.6.1915, S. 337].), Grenzen seien für Petroleum u Getreide geöffnet worden; ganz ungewiß noch, ebenso BulgarienMaximilian Harden hatte sich gegenüber Wedekind bereits eingehend über das neutrale Bulgarien geäußert [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1915].. Unzählige Thorheiten, die ich Ihnen mündlich zu erzählen hoffe.

Die Zeitschrift werde ich nun wohl aufgebenMaximilian Harden äußerte Überlegungen, seine Wochenschrift „Die Zukunft“ einzustellen (er tat dies nicht), auch gegenüber anderen Personen. So notierte Theodor Wolff am 4.9.1915: Harden „möchte, angeblich, die ‚Zukunft‘ eingehen lassen und garnicht mehr schreiben.“ [Tb Wolff]. Ich kann in solcher Luft nicht athmen. Und das Talent all der Vortrefflichen, die den Weltbrandder Erste Weltkrieg. als „Konjunktur“ benutzen, habe ich nicht.

Ich bitte Sie herzlich, sich zu schonen, von Ihrer verehrten Frau, der ich dankbare Wünsche sende, sich pflegen zu lassen, und mir freundschaftlich zu bleiben.

Ihr
Harden

Frank Wedekind schrieb am 14. September 1915 in Lenzburg folgende Bildpostkarte
an Maximilian Harden

CARTE POSTALE
POSTKARTE ‒ CARTOLINA POSTALE


Adresse


Herrn
Maximilian Harden
Berlin-Grunewald
Wernerstrasse 16.


Lieber verehrter Herr Harden!

Aus dem mit x bezeichneten Häuschendas Steinbrüchli, auf der kolorierten Ansicht von Lenzburg das zweite Haus oben links, das langjährige Wohnhaus der Mutter Wedekinds, der seit dem 30.8.1915 seinen Sommerurlaub dort verbrachte [vgl. Tb]. schönste Empfehlungen und Grüße an Sie und Ihre verehrte Frau Gemahlin von meiner Frau und mir
Ihr ergebener
Frank Wedekind. |


x


1916 Lenzburg

Frank Wedekind schrieb am 14. September 1915 in Lenzburg folgende Postkarte
an Maximilian Harden

Adresse des Absenders. ‒ Text.
Adresse de l’expéditeur. ‒ Texte.
Indirizzo del mittente. ‒ Testo.


Absender
Frank Wedekind
z.Z. LenzburgWedekind hielt die Abreise von München am 30.8.1915 fest: „Sehr schöne Reise mit Tilly und den Kindern nach Lenzburg.“ [Tb] Er blieb bis zum 30.9.1915 in der Stadt, in der er seine Kindheit und Jugend verbracht hatte.
Ct. Aargau, Schweiz


Postkarte. Carte postale
Cartolina postale
SCHWEIZ SUISSE SVIZZERA


Herrn Maximilian Harden
Berlin-Grunewald
Wernerstrasse 16. |


Lieber verehrter Herr Harden! Nehmen Sie herzlichen Dank für Ihre freundlichen Grüßevgl. Maximilian Harden an Wedekind, 18.6.1915.. Seither mußte ich noch mehrere WochenIm Tagebuch zwischen dem 17.6.1915 und dem 30.8.1915 finden sich so gut wie keine Einträge. Wedekind notierte lediglich am 16.8.1915: „Zum ersten Mal aufgestanden.“ [Tb] wegen Wundrotlaufbakterielle Infektion der oberen Hautschichten. das Bett hüten. Jetzt schreibe ich hier Bismarck fertigWedekinds Arbeit am „Bismarck“-Manuskript war am 2.10.1915 in München mit der Korrektur des Diktats beendet [vgl. KSA 8, S. 665]. und bade in einem nahen SchwefelbadWedekind besuchte von Lenzburg aus alle zwei Tage das etwa 7 Kilometer entfernt liegende Schinznach im Kanton Aargau, das für seine natürliche Schwefelquelle bekannt war, ein „sehr besuchter Badeort [...] an der Eisenbahnlinie Aarau-Zürich“, der eine „berühmte gipshaltige Schwefeltherme“ [Meyers Großes Konversations-Lexikon. Bd. 17. Leipzig 1909, S. 809] besaß. Wedekind notierte zwischen dem 3. und 19.9.1915 neunmal „Bad in Schinznach“ [Tb].. Gleichzeitig erhalten Sie eine AnsichtHinweis auf die gleichzeitig verschickte Bildpostkarte mit der Ansicht von Lenzburg [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 14.9.1915]. dieses reizenden Städtchens, in dem ich mit Frau und Kindern bei meiner alten Mutter wohne. Hoffentlich geht es Ihnen so gut wie es in diesen Zeiten nur irgend möglich ist. Dies wünscht Ihnen und Ihren Lieben von Herzen
Ihr getreuer Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 16. September 1915 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


Herrn Frank Wedekind
Lenzburg (Schweiz, Aargau) |


Grunewald, 16/9 15


Verehrter, lieber Herr Wedekind,

ich bin sehr dankbar für Ihre liebenswürdigen Karteneine Postkarte [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 14.9.1915] und eine Bildpostkarte [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 14.9.1915]. und herzlich froh, zu wissen, daß Sie wohler und in schöner Herbstnatur sind. Dahin soll von den widrigen Geräuschen der rasenden „Welt“ nichts dringen; solange, wie Sie selbst es wünschen. Ich wäre glücklich, wenn ich auch, endlich, fort u, vielleicht, mit Ihnen zusammen sein könnte. Hier gräßlich.

In artibus(lat.) in den Künsten. nichts Neues. Ich freue mich auf Ihren Bismarck-Mimus(lat.) Stück..

Alle herzlichen Wünsche für Sie, die verehrten Frauen Mutter u Gattin und alles noch Jüngere von
Ihrem, ach, so müden
H

Frank Wedekind schrieb am 26. Dezember 1915 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

München 26. Dezember 1915Wedekind vermerkte am 26.12.1915: „Brief an Harden“ [Tb]..


Lieber, verehrter Herr Harden!
Lieber Freund!

Gestern Abend erfuhr ich die NachrichtMaximilian Harden hat als Herausgeber der Wochenschrift „Die Zukunft“ folgende Nachricht drucken lassen: „Am 22. Dezember 1915 ist das Erscheinen der ‚Zukunft‘ verboten worden.“ Nur dieser eine Satz steht gedruckt auf einem mit dem Kopf „Die Zukunft“ und der Adresse „Berlin. Verlag der Zukunft. Wilhelmstraße 3a. 1915“ versehenen Einzelblatt (heute ist es in Bibliotheksbänden der Zeitschrift zwischen den Heften vom 18.12.1915 und 29.1.1916, die Lücke im Erscheinen markierend, eingeheftet). Wedekind erfuhr die Nachricht am 25.12.1915 abends in der Torggelstube, wo er Max Halbe und dessen Kreis traf, wie er notierte: „T.S. mit Halbegesellschaft und Leutnant Mühe. Zukunft verboten.“ [Tb], die mich beinahe ebenso erschütterte wie der Ausbruch dieses Krieges. Die halbe Nacht konnte ich nicht schlafen und heute finde ich die/as/ schmachvolle Nachricht Verbot überall bestätigt. Ich habe das Gefühl, daß Deutschland seit der Schlacht an der MarneDie verlustreiche Schlacht an der Marne (6. bis 9.9.1914) markiert mit der Niederlage des deutschen Heeres das Scheitern des deutschen Operationsplans an der Westfront und war für den weiteren Kriegsverlauf von entscheidender Bedeutung. keine schwerere Niederlage erlitten hat. Gestern Abend konnte ich noch nicht glauben, daß wir | uns eigenhändig einen solchen Schlag versetzen, unseren Feinden ein solches Eingeständnis eigener Schwäche in die Hand spielen könnten. Nun ist es Tatsache, daß wieder ein Pfeiler unserer Existenz eingestürzt ist.

Erwarten Sie keine tröstenden Worte von mir. Der furchtbare Schlag läßt mir/ch/ das Schicksal der Allgemeinheit fast bedauerlicher erscheinen als das Ihre. Das schlimmste ist, daß ich keinen Trost für Sie oder für uns finde. Erlauben Sie mir nur, Sie um eines zu bitten: Besonnenheit. In Ketten | geworfen zu werden ist keine Schande. Der ungeheure Verlust, der Sie trifft, die scheinbare Vernichtung Ihres Lebenswerkes muß Sie aufs tiefste verbittern, aber das Höchste und wertvollste, Ihr eigenes Selbst retten Sie doch am heilsten aus dem Unglück, je mehr Kälte Sie dem Unglück entgegensetzen. Leicht gesagt! Trotzdem halte ich es für Pflicht, es Ihnen zu sagen, nicht aus Zweifel an Ihrer Stärke und Widerstandskraft sondern nur, weil es praktisch jetzt das wichtigste notwendigste ist. Sie danken Ihre Macht keiner Strömung, keiner Gunst. Wer wie Sie, vor dem Kriege so ganz auf | sich selbst gebaut in ununterbrochenem Ringen einzig und stark dastand, der wird auch nach dem Kriege, hoffentlich auch schon vorher wieder der Erste sein. Nach allem was ich von Kämpfern höre, muß das Verbot einen Rückschlag bewirken, der an Stärke den erreichten Zweck weit übertrifft und trauriger Weise auf unheilvolle Bahnen führt. Dies Unheil fällt Ihren Unterdrückern zur Last. Ihr Urteil in Flugschriften bekannt zu geben kann man Ihnen beschränken aber nicht verbieten, so | beschämend und erniedrigend das fortwährende Kettenrasseln allerdings auf den Kämpfenden wirken muß. Trauriger Weise läßt das Verbot ja eine weite Voraussicht erkennen und entspringt vielleicht mehr der Furcht vor dem was Sie nach dem Frieden äußern werden als vor Ihrem gegenwärtigen Wirken.

Eben ruft mich Frau Prof. Pringsheim an und erzählt mir/von/ Ihrem BriefDer Brief von Maximilian Harden an Hedwig Pringsheim ist nicht überliefert. Sie notierte dazu am 26.12.1915: „Äußerst deprimierter Harden-Brief, da die Zkft. definitiv verboten. Briefchen an ihn u. mit Wedekind telephonirt.“ [Tb Pringsheim] In ihrem Brief an Maximilian Harden vom 26.12.1915 nimmt sie auf dessen Brief und auf Wedekind Bezug: „Liebster Freund ‒ eben bekomme ich Ihren Brief […]. Und Wedekind, den ich sofort anrief, war fassungslos und meinte, es sei das traurigste Zeichen von Deutschlands Tiefstand, das er bisher erlebt habe. Er wollte Ihnen auch gleich selber schreiben.“ [Martin 1996, S. 124]. Empfangen Sie herzlichen Dank, daß Sie unter der Marter dieser Schicksalsstunde auch noch | meiner gedenken. Leider kann ich Ihnen ja nichts sagen, was sich Ihnen nicht viel lebendiger darstellt. Der Schriftstellerschutzverband muß ProtestWedekind hielt gleich am 27.12.1915 fest, er habe im Café Luitpold mit Kurt Martens und Georg Caspari darüber gesprochen, der Schutzverband deutscher Schriftsteller solle aktiv werden: „C.L. mit Martens und Castpari. Schriftstellerschutzverband soll gegen Verbot von Zukunft protestieren.“ [Tb] Das Verbandsorgan „Der Schriftsteller“ hat keinen Protest veröffentlicht, da das Verbot der „Zukunft“ bald wieder aufgehoben war. gegen das Verbot erheben. Ich benachrichtige sofort den hiesigen VorstandVorsitzender der Ortsgruppe München des Schutzverbandes deutscher Schriftsteller war seinerzeit Kurt Martens., dann werden wir uns nach Berlin wenden. Helfen wird es nicht aber es darf nicht versäumt werden.

Vielleicht vermag die Thatsache ein/Ihre/ Fassung zu stärken, daß das Verbot ganz ohne Zweifel die Folge der gewaltigen Wirkung ist, die „Die | Zukunft“ während des ganzen Krieges in Deutschland ausübte und die während des letzten halben Jahres von Woche zu Woche wuchs. Sie allein in ganz Deutschland fanden den Weg zur Wahrheit. Das konnte nicht länger geduldet werden. Es giebt keinen anderen Trost als das allgemeine Elend ringsumher. Lassen Sie sich nur Ihre Gesundheit nicht antasten.

Nun leben Sie wohl, lieber verehrter Herr Harden. Mit herzlichen Grüßen an Sie und Ihre Frau Gemahlin von meiner Frau und mir
Ihr treuergebener
Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 28. Dezember 1915 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden , Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Brief an Wedekind vom 1.1.1916 aus Berlin:]


[...] der Freude über Ihr Werk, über die Widmung, [...] über jedes Ihrer herzlichen Worte [...]

Maximilian Harden schrieb am 1. Januar 1916 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Berlin-Grunewald
16/18 Wernerstrasse 1.1.16


Lieber Freund, der Freude über Ihr Werk, über die WidmungHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Buchausgabe von Wedekinds „Bismarck“ mit der gedruckten Zueignung „Maximilian Harden in größter Verehrung gewidmet“ [KSA 8, S. 154]; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 28.12.1915. ‒ Wedekinds Verleger schickte ihm am 27.12.1915 die ersten beiden druckfrischen Exemplare und versprach weitere in den nächsten Tagen [vgl. Georg Müller an Wedekind, 27.12.1915] – sie dürften am 28.12.1915 (einen Tag für den Postweg gerechnet) bei ihm eingegangen sein. Sollte er Maximilian Harden eines dieser zwei Exemplare geschickt haben (was anzunehmen ist), dann dürfte dies sofort noch am 28.12.1915 geschehen sein, bevor er abends zu einer zweiwöchigen Gastspielreise nach Budapest aufbrach: „Abends 6 Uhr Abfahrt von München.“ [Tb], die mich ehrt, über jedes Ihrer herzlichen Worte rechten Ausdruck zu geben, ist in diesen Tagen innerer und äußerer Wirrniß nicht leicht. Doch was liegt an Worten? Sie wissen, wie ichs meine, wenn ich Ihnen sage: Ich danke Ihnen.

Ihr Werk ist in tiefem Sinn merkwürdig. Durch die Kargheit, die doch erkennen läßt, daß sich dahinter schamhaft Reichthum birgt. Als Versuch, aus Silhouetten ganze Gestalten, in voller Plastik, ahnen zu lassen. Hinter den Protagonisten die Völker. Nachprüfbare Thatsachen als ein Beet umrandet, aus dem die Persönlichkeit, mit Farbe und Duft, wächst. Ich sehne mich, mit Ihnen darüber zu sprechen. Auch über das zarte Band, das aus ihrem Frühlingstückvon „Frühlings Erwachen“ (1891), von Max Reinhardt (siehe unten) 1906 mit großem Erfolg uraufgeführt. in dieses hineinleitet, mir zu leiten scheint... Wenn Herr Reinhardt es rasch brächteMax Reinhardt, Direktor des Deutschen Theaters zu Berlin und der Kammerspiele des Deutschen Theaters [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 300, 303], nahm „Bismarck“ für das Deutsche Theater an, wie die Presse am 21.1.1916 meldete [vgl. KSA 8, 863], die Inszenierung kam aber nicht zustande, da die Zensur eine Freigabe wieder zurückzog., mit allem Ernst abstimmte, ich glaube: eine sehr starke Wirkung wäre gewiß.

(Uebrigens möchte ich die WiederaufnahmeNachdem Wedekinds „Simson“ erstmals Anfang 1914 in Berlin am Lessingtheater zu sehen war, wurde das Stück im Sommer 1916 im Rahmen des Wedekind-Zyklus an Max Reinhardts Deutschem Theater erneut aufgeführt (Premiere: 21.6.1916). Ihres Simson jetzt empfehlen. Herr KayßlerFriedrich Kayßler, Schauspieler am Theater in der Königgrätzer Straße (Direktion: Carl Meinhard und Rudolf Bernauer) in Berlin [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 295], hatte in der ersten „Simson“-Inszenierung (Uraufführung: 24.1.1914) am Berliner Lessingtheater die Titelrolle gespielt. ist ja hier thätig; und die so sehr geschätzte Frau TrieschIrene Triesch, Schauspielerin am Theater in der Königgrätzer Straße (Direktion: Carl Meinhard und Rudolf Bernauer) in Berlin [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1916, S. 295], hatte einmal bei Wedekind angefragt, ob in einem neuen Werk von ihm eine Rolle für sie sei [vgl. Irene Triesch an Wedekind, 22.5.1913]., die mit ihm spielt, würde sich wohl gern der großen Aufgabe annehmen; die Physis und manches Geistige hat sie dazu. Vielleicht hört manches Ohr erst jetzt recht das schaurige Lied von blinder Kraft; neben dem AnderenMaximilian Harden meinte mit diesem anderen ‚schaurigen Lied‘ den Krieg, der nun für das Verständnis von Wedekinds „Simson“ sensibilisiere..) |

Was ich thun werde, liegt noch in Dunkel. 23 Jahre und 3 MonateDas erste Heft der Wochenschrift „Die Zukunft“ ist am 1.10.1892 erschienen. Zkft., allein, ohne Hilfe: ganz spüre ichs erst, seit es vorüber ist. Ob ich „Talent“ zu Anderem habe, muß sich zeigen, nach einiger Ruhe. (Ich hatte nie einen Ferientag, einen ohne Briefe, Korrekturen, Sorgen fürs nächste Heft.) In Deutschland lebt sichs nicht schlecht, wenn man mit „Oeffentlichkeit“ nichts zu thun hat; mindestens mit regirender Gewalt. Auch Sie sind vor solcher Berührung stets in zornigem Stolz erschauert. Nirgends ist solche Verachtung geistiger Persönlichkeit. Auch nicht so wonnige Hingebung in Knechtschaft. Die Presse duldet jetzt nicht den Knebel: sie lutscht an ihm, wie an Süßstoff. Ich bin 13 MonateMaximilian Harden war wegen Majestätsbeleidigung zweimal zu längeren Haftstrafen in der Festung Weichselmünde bei Danzig verurteilt worden; wegen des Artikels „Pudel-Majestät“ [vgl. Die Zukunft, Jg. 6, Nr. 38, 18.6.1898, S. 495-499] verbüßte er sechseinhalb Monate (10.5.1899 bis 24.11.1899), wegen des Artikels „Der Kampf mit dem Drachen“ [vgl. Die Zukunft, Jg. 8, Nr. 45, 11.8.1900, S. 225-236] weitere sechs Monate (20.3.1901 bis 20.9.1901); dazu kamen vierzehn Tage Haft wegen eines Beitrags in der „Zukunft“ vom 16.4.1898, zu der er am 28.4.1898 wegen Verächtlichmachung des Königs Otto von Bayern verurteilt worden ist [vgl. Martin 1996, S. 126]. In seinem Brief an Kurt Tucholsky vom 4.7.1926 erinnerte sich Harden an „12 ½ Monate Festg. Weichselmünde“ [Martin 1996, S. 126]. in 1.eine. Festung gesperrt, mit niederträchtigen ProzessenMaximilian Harden hatte sich außer den drei Prozessen gegen Kuno von Moltke wegen Beleidigung im Zuge der Eulenburg-Affäre in den Jahren 1907 bis 1909 mit weiteren Privatklagen auseinanderzusetzen gehabt; im Brief an Kurt Tucholsky vom 4.7.1926 erinnerte er sich an „7 Anklagen, 3 Verurteilungen“ [Martin 1996, S. 126]. (6!) zermürbt, nun in hastiger Weise, im Dunkel, erdrosselt wordenAnspielung auf das am 22.12.1915 ergangene Verbot der „Zukunft“ [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 26.12.1915]. Theodor Wolff notierte dazu am 3.1.1916: „Hardens ‚Zukunft‘ ist seit zwei Wochen verboten. Telephonire mit ihm, er bestätigt, daß es sich um ein dauerndes Verbot handele. Ohne jede Motivierung, wegen ‚Gefährdung der öffentlichen Sicherheit.‘ Biete ihm an, Schritte zu tun, was er mit Dank akzeptirt. Er hat eine Eingabe an den Reichskanzler abgeschickt. – Bin Abends im Klub ‚Gesellschaft von 1914‘, wo ich Deutelmoser treffe u. mit ihm über Harden rede. Er sagt mir, Harden habe ihm geschrieben, er habe sich die Akten geben lassen. Das Verbot müsse natürlich aufgehoben werden. Der Grund des Verbotes liegt vor allem darin, daß die Ententepresse jeden Artikel Hardens gegen Deutschland ausgenutzt hat.“ [Tb Wolff] Und am 6.1.1916 heißt es: „Besuche Hammann im Ausw. Amt, sprechen über Harden. Hammann erklärt das Verbot der ‚Zukunft‘ für eine große Dummheit, der Reichskanzler sei gleichfalls der Meinung, daß es aufgehoben werden müsse, und werde in diesem Sinne interveniren.“ [Tb Wolff]. Das sind meine „BeziehungenMaximilian Harden war mit einer Reihe von Politikern persönlich bekannt.“ zur Staatsgewalt. Da ists nicht immer leicht, Paterjotverballhornt: Patriot. zu bleiben.

Wenn die geistigen Menschen wenigstens zusammenständen. Wie Seuche aber ists niedergegangen. Man schwatzt bis zum Erbrechen viel, über politische, wirthschaftliche, finanzielle Folgen des Krieges. Mich bekümmern die seelischen mehr als alle anderen. Da Sie jetzt so lange mit Bismarck verkehrt haben, fühlen Sie sicher, wie entsetzt er vor dieser Europa stände. | Als Leckerbissen des Psychologen schlürfe ich in diesen Tagen das Verhalten manches noch gestern „Begeisterten“. Wozu sich echauffirensich aufregen.? „Er hat doch kein Blatt mehrQuelle des Zitats nicht ermittelt (wohl Paraphrase)..“ Der ganze heilsame Ekel an „Journalistik“In den Anfangsjahren der „Zukunft“ hatte Maximilian Harden forciert gegen die Presse polemisiert. packt mich wieder. Viele, viele Fremde rufen mir Freundliches zu. Aber auch das Andere ist unverlierbar.

Wie undankbar, wie grausig schwer meine Arbeit in diesem Krieg war, ahnen Wenige. Immer wieder den Menschen, leise, zu sagen, was sie durchaus nicht hören möchten, sie streichelnd in Erkenntniß zu führen, die sie scheuen ... Ich las, daß ichs that, um „Geschäfte zu machenQuelle des Zitats nicht ermittelt..“

Einem Lande, das sie, im Zusammenwirken der Gewalten, Hof, Regirung, Presse, abwehrt, meine Dienste aufzudrängen, liegt meinem Wesen fern.

Ich hoffe, ein paar TageMaximilian Harden schrieb auch Hedwig Pringsheim von seinem Reiseplan, wie aus ihren Briefen an ihn vom 5.1.1916 – „Sie schreiben, daß Sie vielleicht einige Tage in unsere Residenz kommen“ [Neumann 2006, S. 169] – und 12.1.1916 – „Wenn Sie nicht ihren guten Plan ausfüren und nach München kommen, um sich zu erholen“ [Neumann 2006, S. 171] – hervorgeht. Maximilian Harden fuhr nicht nach München. in München zu sein (Vorträge werden mir nicht mehr erlaubt; Aechtung), das ich so sehr liebe. Dann wollen wir uns gründlich aussprechen. Ueber Ihr neues Werk zuerst. Das weist in Zukunft; und ist doch alt-deutsch.

Ich danke Ihnen für das freundschaftliche Gefühl und erwidere es kräftig. Empfehlen Sie mich, bitte, der holden Frau.

Aus Alledem muß ja, einst, dennoch Gutes werden!?

Herzlichen Handdruck von Ihrem
Harden


Schön ist auch, wie Sie, während die Anderen von Erneuerung, Verdeutschung der Kunst faselten, in der Stille ein hartes deutsches DramaWedekinds „Bismarck“-Drama ist gemeint, womit Maximilian Harden den Bogen zurückschlägt zum Briefauftakt mit der Widmung an ihn. fügten.

Frank Wedekind und Tilly Wedekind schrieben am 3. Januar 1916 in Budapest folgende Bildpostkarte
an Maximilian Harden

LEVELEZÖ-LAP


Herrn
Maximilian Harden
Berlin Grunewald
Wernerstrasse 16


Lieber verehrter Herr Harden!

Erlauben Sie, Ihnen und Ihren verehrten Damen aus dem schönen BudapestFrank und Tilly Wedekind waren am 28.12.1915 zu einem Gastspiel vom 1. bis 15.1.1916 im Einakter „Der Kammersänger“ nach Budapest abgereist und kehrten am 18.1.1916 zurück nach München [vgl. Tb]. Die Presse hatte über die Premiere berichtet: „Heute abend stellte sich den Besuchern des Kristallpalastes der lange verkannte, heute jedoch bereits seinem Werte nach geschätzte Schriftsteller der Deutschen: Frank Wedekind, der geistreiche Autor von Dramen der Erotik vor. Wie sehr Wedekind heute von den Deutschen geschätzt wird, beweist der Umstand, daß im verflossenen Jahre an den Berliner Theatern allein 340 Wedekind-Abende stattfanden. Der Künstler trat mit seiner Gattin in seinem wirkungsvollen Stücke ‚Der Kammersänger‘ auf und beide eroberten ihr Publikum im Sturm. Ihre schauspielerischen Qualitäten, ihre prachtvoll pointierte Sprache fanden große Anerkennung. [...] Zum Schlusse des Stückes wurden der Autor und die Darsteller wiederholt stürmisch gerufen.“ [Pester Lloyd, Jg. 63, Nr. 2, 2.1.1916, Morgenblatt, S. 8] die herzlichsten Glückwünsche zum neuen Jahr zu senden, das Sie für die UnbillAnspielung auf das Verbot der „Zukunft“ vom 22.12.1915 [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 26.12.1915]. des alten Jahres reichlich entschädigen möge!

Frank Wedekind

Tilly Wedekind |


Budapest   Szt. István templom


Frank Wedekind schrieb am 24. Februar 1916 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

München 24. Februar 1916.


Lieber verehrter Herr Harden!

Sie beschämen mich tief. Ihnen Bismarck zu widmenDie Buchausgabe von „Bismarck“ ist mit der gedruckten Zueignung „Maximilian Harden in größter Verehrung gewidmet“ [KSA 8, S. 154] versehen. war mir eine große Freude in der Voraussicht, daß Sie sich öffentlich nicht über das Buch äußern könnten. Und nun haben Sie den Mut, sich in einer so monumental auszeichnenden Weise darüber zu äußernMaximilian Harden hat Wedekinds „Bismarck“-Drama öffentlich gewürdigt (in einem „Zukunft“-Artikel, der das ganze Heft umfasst): „Nur Herr Wedekind hat einen Wurf gewagt; von seinem schlanken, fast völlig entfleischten Bismarck-Mimus, dessen Sauberkeit die Bewunderer des ‚Weibsteufels‘ und andere Esel kunstlos dünken muß, wird noch ernsthaft zu reden sein.“ [Theater im Krieg. In: Die Zukunft, Jg. 24, Nr. 20, 19.2.1916, S. 97-126, hier S. 107]. Aber mein Dank dafür verstummt gegenüber dem Dank | den ich Ihnen für die umfassende glänzende Übersicht schulde, die Sie in Ihrer Arbeit „Theater im Krieg“ geben. Sicherlich hätte ich den Aufsatz auch ohne die meiner Arbeit verliehene Auszeichnung mit gleicher wachsender Spannung bis zum Schluß gelesen. Dabei kam mir ein EinfallWedekind hatte bereits am 20.5.1914 „Idee zu neuem Drama“ [Tb] notiert, dann am 9.8.1914: „Ich conzipiere das Drama Dejanira“ [Tb], das Konzept für das spätere „Herakles“-Drama; die Ausführung verzögerte sich aber. Wedekind hat vom 15. bis 17.11.1915 „Euripides Herakles gelesen.“ [Tb] Es waren die „Kriegsereignisse“, „die den Gedanken an ein griechisches Stück, an eine Tragödie großen Stils, wieder aufkeimen ließen.“ [KSA 8, S. 869] dessen Verwirklichung vielleicht eine Befreiung des Theaters von den engen Grenzen zur Folge haben könnte, die ihm der Krieg zieht. Herakles von Euripides als Drama | der KriegspsychoseDas Stichwort ist auch in einer Entstehungsnotiz zum 7. Bild des „Herakles“ überliefert [vgl. KSA 8, S. 888]. des heimgekehrten Kämpfers.

Meiner unbändigen Freude über die AuferstehungMetapher für die Aufhebung des am 22.12.1915 erlassenen Verbots der Wochenschrift „Die Zukunft“, die mit dem Heft vom 29.1.1916 wieder erscheinen konnte. Theodor Wolff notierte am 17.1.1916: „Treffe Major Deutelmoser, der mir sagt, die ‚Zukunft‘ sei wieder erlaubt. Harden habe einen Brief an den Höchstkommandirenden der Marken, v. Kessel, geschrieben, den man als genügend gelten lassen werde.“ [Tb Wolff] Und am 18.1.1916: „Harden kommt Nachmittags zu mir. Teile ihm mit, was mir Deutelmoser gestern gesagt hat. Er hat noch keine Nachricht. Wahnschaffe hat ihm im Auftrage des Reichskanzlers, auf seine (H[arden]’s) Eingabe hin, sehr freundlich geantwortet u. geraten, er möge sich nun noch an Kessel direkt wenden. Das habe er, H[arden], getan, sei dann vom Chef des Stabes, v. Berge, empfangen worden, der liebenswürdig, aber nichtssagend gewesen sei und offenbar etwas Schriftliches haben wollte. Er (H[arden]) habe dann auch einen Brief geschrieben, nicht zu entgegenkommend, aber immerhin mit der Bemerkung, daß er in Zukunft noch vorsichtiger als bisher sein werde.“ [Tb Wolff] Wedekind notierte am 29.1.1916: „Die Zukunft erscheint wieder“ [Tb]. der „Zukunft“ hätte ich längst wie jedem dem ich begegnete auch Ihnen gegenüber Ausdruck gegeben und Ihnen dabei für Ihren lieben freundlichen Neujahrsbriefvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 1.1.1916. gedankt, wenn ich nicht seit ersten JanuarWedekind war seit dem 1.1.1916 auf Gastspielreisen und mit Gastspielen beschäftigt; nach dem „Kammersänger“-Gastspiel in Budapest vom 1. bis 15.1.1916 notierte er am 18.1.1916 seine „Ankunft in München“ [Tb], reiste aber gleich am 19.1.1916 weiter zu einem Gastspiel mit „König Nicolo“ und „Erdgeist“ nach Mannheim (22./24.1.1916), von dem er am 25.1.1916 zurückkehrte [vgl. Tb]. Die Proben zum Wedekind-Zyklus („Marquis von Keith“, „Hidalla“ und „Erdgeist“) an den Münchner Kammerspielen (12.2.1916 bis 11.3.1916) haben am 2.2.1916 begonnen [vgl. Tb]. mit Aufführungen beschäftigt gewesen wäre. Es liegt mir fern, mir das Spiel als Arbeit anzurechnen aber es ist anstrengend | wie jedes Vergnügen. Die Freigabe der „Zukunft“ bewies mir aufs schlagendste wie durchaus Recht Sie mit Ihren Anschauungen haben. Ihr Sieg, der Ihre Kräfte ja allerdings bis zum äußersten angestrengt haben mag, war die glänzendste Rechtfertigung Ihres Kampfes. Erlauben Sie mir, Sie von ganzem Herzen zu dieser gewonnenen Kraftprobe zu beglückwünschen. Denn daß Sie irgendwelche Zugeständnisse in diesem Kampfe gemacht haben | sollten, das glaubt niemand von Ihnen. Um so mehr glaubt man es von Ihren Gegnern.

Für Ihren freundlichen VorschlagMaximilian Harden hatte Wedekind eine erneute Aufführung von „Simson“ nun am Deutschen Theater zu Berlin empfohlen [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 1.1.1916]. über Simson danke ich Ihnen herzlich. Sobald ich nach Berlin komme werde ich ihn zu verwerthen suchen. Sehr schöne TageFrank und Tilly Wedekind, die sich vom 29.12.1915 bis 17.1.1916 zu einem Gastspiel in Budapest aufhielten (siehe oben), haben Harden von dort eine Bildpostkarte geschickt [vgl. Frank Wedekind, Tilly Wedekind an Maximilian Harden, 3.1.1916]. haben meine Frau und ich in Budapest verlebt, wo wir vierzehn Tage lang Kammersänger spielten. Ein Mährchen- und Schlaraffenland inmitten der Kriegsgräul. Jedem der sich | erholen will würde ich raten, es dort zu tun, dabei die Preise niedriger als bei uns. Sie schrieben von einigen Tagen, die sie in München zubringen Maximilian Harden hat seinen Plan, einige Tage zur Erholung in München zu verbringen [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 1.1.1916], nicht umgesetzt.würden. Da ich noch von keiner Seite von Ihrem Besuch hörte, hoffe ich sehr daß er uns noch bevorsteht, vielleicht durch einen VortragMaximilian Harden sprach am 5.2.1916 um 20 Uhr im großen Saal der Philharmonie in Berlin vor großem Publikum über die politische Lage, wie die Presse berichtete: „Maximilian Harden sprach am Sonnabend in der Philharmonie. Der Saal war dichtgedrängt voll. Man applaudierte lebhaft, als der Redner auf dem Podium erschien und man zollte vielen seiner Ausführungen lauten Beifall. Nach einer längeren Einleitung vom Leben und Tod und vom nahenden Frühling kam Harden zum eigentlichen Gegenstand seines Vortrags, zur Betrachtung der Kriegszeit.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 45, Nr. 68, 7.2.1916, Montags-Ausgabe, S. (2)] Hedwig Pringsheim, zu Besuch in Berlin, notierte am 5.2.1916: „Um 8 in die Philharmonie zu Hardens Vortrag, der ‒ gestopft voll ‒ one Zwischenfall verlief, bis gegen 11: üblicher Harden.“ [Tb Pringsheim] wie Sie ihn jüngst in Berlin hielten. Sollte Ihr Besuch nicht öffentlich bekannt werden, so darf ich Sie wohl um | ein Wort der Benachrichtigung bitten. Es wäre mir die größte Freude, Sie nach Ihrem herrlichen Siege wiederzusehen.

Wollen Sie Ihrer verehrten Frau Gemahlin bitte die besten Empfehlungen von meiner Frau und mir übermitteln.

Mit herzlichem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 15. April 1916 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
Berlin W 62 Kurfürstendamm
Eden-Hotel)


15.4.16


Lieber Herr Wedekind,

gestern abendsWedekind, der am 10.4.1916 in Berlin eingetroffen war [vgl. Tb], verbrachte den Abend des 14.4.1916 „bei den Zwanglosen im Weihenstephan“ [Tb]. und heute frühWedekind hatte das Hotel am 15.4.1916 also vor 10 Uhr verlassen, wohl für einen ausgiebigen Museumsbesuch: „Bis drei Uhr in der Nationalgalerie“ [Tb]. 10 habe vergeblich im Hotel nach Ihnen gefragt. Ich bin sehr betrübt; denn Sonntagder 16.4.1916, für den ein gemeinsamer Abend bei Walther Rathenau in Aussicht genommen war. Wedekind notierte am 16.4.1916: „Abends mit Hermann Strube (Burte) bei Rathenau.“ [Tb] werde ich nicht frei sein. Ich gehe heute nachmittag ins Hotel u Edencafé, in der Hoffnung, Sie noch zu findenMaximilian Harden traf Wedekind nicht an..

Herzliche Wünsche!
Ihr
H


Soeben klingelten Sie anWedekind hat angerufen.. Dank! Ich versuche, mich für morgen abds auf eine Stunde frei zu machen

Maximilian Harden schrieb am 21. April 1916 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
Berlin W 62 Edenhotel Kurfürstendamm 243)


Lieber Herr Wedekind, es ist Verhängnis: so oft ich versuchte, in Zimmer u Halle: kein FrankMaximilian Harden, der bereits am 14. und 15.4.1916 vergebens versucht hatte, Wedekind im Hotel zu erreichen [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 15.4.1916], scheint einen erneuten Versuch am 21.4.1916 unternommen zu haben; allerdings hatte er Wedekind mittags gesehen, wie dieser notierte: „Zu Mittag bei Harden.“ [Tb]! Und Ihr Plan mit K u WZusammenhang nicht ermittelt. Bei „K“ könnte es sich um den Klub, wie die Deutsche Gesellschaft 1914 genannt wurde, bei „W“ um Theodor Wolff handeln ‒ Wedekind traf den Chefredakteur des „Berliner Tageblatt“ am 19. und 20.4.1916 dort: „Mittag im Klub mit Theodor Wolff.“ [Tb] scheint auch gescheitert zu sein.

Für jetzt nur, totmüdeHinweis darauf, dass Maximilian Harden die Postkarte spät abends schrieb., einen sehr herzlichen Gruß von Ihrem
H


Morgen mehr


21.4.16

Frank Wedekind schrieb am 23. April 1916 in Berlin folgenden Brief
an Maximilian Harden

Deutsche Gesellschaft 1914

Berlin W.
Wilhelmstr. 67Wedekind schrieb den vorliegenden Brief dem Briefkopf zufolge in den Räumlichkeiten der Deutschen Gesellschaft 1914, wo er am 23.4.1916 zu Mittag aß: „Mittagessen im Klub.“ [Tb].


23.4.16.


Lieber verehrter Herr Harden!

Wollen Sie erlauben, Ihnen bewunderungsvollen Dank für Ihre Tat zu sagen. Sie stehen als Einziger unter sechzig Millionen da, der die Kraft und die Macht hat, in die Speichen zu greifen. Diese Tatsache läßt mit Zuversicht die entscheidende Wirkung hoffen. Wie Sie dem Sturm Ihrer Gegner standhalten | werden, übersteigt mein Begriffsvermögen, obschon ich ein heiliges Vertrauen auf Ihre Unerschütterlichkeit und Stärke habe. Für diesen bevorstehenden Kampf empfinde ich, wie für die Tat selber nur schrankenlose Bewunderung. Wie nichtig ist unser ganzer Parlamentarismus gegen Ihr „Wenn ich Wilson wäre“!In diesem berühmt gewordenen Artikel legte Maximilian Harden dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson die Rolle des Friedensvermittlers nahe. Im ersten, „Krieg?“ überschriebenen Abschnitt stellte er die moderne Kriegsrealität heraus: „Der Krieg von heute, der Belagerungsgeschoß gröbsten Kalibers in Hagelsdichte auf Menschen niederprasseln läßt, der mit Flattermienen, Stickgas, Flammenwurf, Spreng- und Giftstoff, Trug und Tücke jeglicher Art arbeitet, hat mit Ritterkampf, hat auch mit den auf Fußvolk, Reiter, Feldgeschütz beschränkten Kriegen des neunzehnten Jahrhunderts nicht mehr die schmalste Gemeinschaft.“ [Wenn ich Wilson wäre. In: Die Zukunft, Jg. 24, Nr. 29, 22.4.1916, S. 55-82, hier S. 61]. Im zweiten, „Friede“ überschriebenen Abschnitt plädierte er für „Waffenstillstand“ [S. 77] und, als weitere Zukunftsperspektive, als „unseres Strebens Ziel: organisirter Friede.“ [S. 76] Angestrebt wird eine internationale Friedenssicherung: „Meines Geistes Auge sieht die Zeit, in der Staaten einander sich in Interessengemeinschaft verbünden“ [S. 77]; ausgesprochen wird außerdem die Überzeugung, dass nach dem Krieg „Demokratie unaufhaltsam ist“ [S. 78]. Die segensvolle Lösung des Welt-Unheils, die Sie mit größter geistiger Schöpferkraft der Menschheit vor Augen stellen, | entzieht den Böswilligen den Boden unter den Füßen. Vielleicht wird ein künftiges Deutschland auf Sie e/E/inzigen ebenso stolz, vielleicht auch stolzer sein als auf seine Siege.

Der vorangegangene KampfAnspielung auf das Verbot der „Zukunft“ vom 22.12.1915, das bald wieder aufgehoben wurde. um die „Zukunft“ scheint mir von größter Bedeutung für die durchschlagende Wirkung Ihrer Worte, da der Hörer heute außer von Ihren Worten selbst auch von Ihrer Macht durchdrungen ist. Das Bild des Kämpfers überragt das Bild des Politikers.

Eben im Begriff abzureisenWedekind notierte am 24.4.1916: „Fahrt nach München.“ [Tb] | bitte ich Sie noch, für die reiche GastlichkeitWedekind war während seines Aufenthalts in Berlin nachweislich am 21.4.1916 zu Gast bei Maximilian Harden: „Zu Mittag bei Harden“ [Tb]., die ich in Ihrem Hause genoß und durch die ich mich noch lange gestärkt fühlen werde aufrichtigen herzlichen Dank entgegen zu nehmen.

Mit der Bitte, mich Ihren verehrten Damen ergebenst zu empfehlen
Ihr alter
Frank Wedekind.

Maximilian Harden schrieb am 26. April 1916 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


Herrn Frank Wedekind
München
Prinzregentenstraße |


26/4


Lieber, verehrter Wedekind, jetzt nur einen ehrlichen Dank für ihr WortWedekinds Brief zum „Zukunft“-Artikel „Wenn ich Wilson wäre“ [vgl. Wedekind an Maximilian Harden, 23.4.1916], in dem Maximilian Harden den amerikanischen Präsidenten als Friedensvermittler vorschlägt [vgl. Die Zukunft, Jg. 24, Nr. 29, 22.4.1916, S. 55-82].. (Das einzige, das von einem in Deutschland dichtenden, schreibenden, journalästelndenWortschöpfung von Maximilian Harden (für eine journalistisch tätigen Menschen). Menschen kam.) Ich danke Ihnen aus dem Herzen. Sie wissen ja, daß es wieder konfiszirtAm 25.4.1916 erging vom Oberkommando in den Marken die Weisung, die Verbreitung des „Zukunft“-Heftes vom 22.4.1916 mit dem Artikel „Wenn ich Wilson wäre“ (siehe oben) zu unterbinden und alle Exemplare zu beschlagnahmen [vgl. Martin 1996, S. 133]. worden ist. Und wissen damit zugleich, daß ich ausscheide. Völlig. Habe es auch heute der mil. Instanz mitgetheilt. Das Letzte ihr gesagt. Was nun wird, später. Die amerik. SacheDie Torpedierung des englischen Passagierdampfers Sussex am 24.3.1916 durch ein deutsches U-Boot hatte ein amerikanisches Ultimatum an Deutschland zur Folge: Die amerikanische Note vom 20.4.1916 drohte mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Deutschland, falls der U-Boot-Krieg gegen Passagier- und Frachtschiffe nicht aufgegeben werde [vgl. Martin 1996, S. 133]. Wedekind sprach am 21.4.1916 in Berlin darüber mit Maximilian Harden: „bei Harden. Die neue Note Amerikas eingetroffen, noch nicht bekannt“ [Tb]. Maximilian Harden schrieb am 22.4.1916 in dieser Sache einen Brief an den Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg [vgl. Martin 1996, S. 133f.]. wird, hoffe ich, leidlich abgehen. Was ein Privater thun konnte, habe ich gethan. Ich sende Ihnen e. Abschrift des BriefesMaximilian Hardens Brief an den Reichskanzler über die amerikanische Note zum deutschen U-Boot-Krieg (siehe oben)., an BH, sobald ich sie habe.

Einstweilen:
aufrichtig dankbare Wünsche          
Ihr
H

Frank Wedekind schrieb am 2. Juni 1916 in Berlin folgende Postkarte
an Maximilian Harden

Lieber verehrter Herr Harden! Es drängt mich, Ihnen herzlichste Grüße zu senden ohne Sie in Ihrer schweren Arbeit zu stören. Bin ich doch ohnehin jede Woche drei bis vier Tage im Geiste bei Ihnen zu Gast. Mit großer Freude empfand ich in München die starke gesteigerte Wirkung Ihrer/s/ Aufsatzes über GreyMaximilian Harden stellte in einem „Zukunft“-Artikel die deutschlandfreundliche Haltung des britischen Außenministers Edward Grey in der Vorkriegszeit heraus und ging dann auf den widerstrebenden Kriegseintritt Englands gegen Deutschland ein: „Nie hat ein Staatsmann mit so dunkel umwölkter Stirn wie Sir Edward in Krieg gerufen. […] Früh schon die Erkenntniß, daß dieser Krieg den wüstesten Graus bereite, den Satanas ersinnen konnte. Grey hat (wir wissens von Fernen und Nahen) an jedem Tag und in jeder Nacht unter der Vorstellung dieses Gräuels gelitten; darf sich also der Menschheit zuzählen.“ [Krieg um Frieden. In: Die Zukunft, Jg. 24, Nr. 34, 27.5.1916, S. 193-222, hier S. 214f.] und höre nun hier zu meiner Bestürzung von neuen GewaltmaßregelnWedekind, am 31.5.1916 in Berlin eingetroffen, unterhielt sich am „Abend im Klub“ [Tb], in der Deutschen Gesellschaft 1914, mit Sozialdemokraten und dürfte von ihnen erfahren haben, dass der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes sich im Reichstag über Maximilian Hardens Artikel „Der wahre Wilson“ [vgl. Die Zukunft, Jg. 24, Nr. 31, 6.5.1916, S. 111-133] geäußert hat. Gottlieb von Jagow meinte in der Reichstagssitzung vom 25.5.1016, der Artikel sei „ein Verstoß gegen die Verfügung der Zensur. Da er aber zu einem Zeitpunkt erschienen war, wo er nicht mehr [...] störend einwirken konnte, (Heiterkeit) so lag vom Standpunkte meines Ressorts kein Grund vor, gegen diesen Artikel noch Maßnahmen zu beantragen.“ [Verhandlungen des Deutschen Reichstags. Stenographische Berichte. Bd. 307. Berlin 1916, S. 1264; online: Reichstagsprotokolle 1914/18. URL: https://www.reichstagsprotokolle.de/index.html] Beim gemeinsamen „Mittagessen im Klub“ [Tb] am 1.6.1916 mit Walther Rathenau könnte Wedekind ebenfalls über Maximilian Harden gesprochen haben, der im Visier der Zensur stand. gegen Sie und Ihren heroischen Kampf. Darf ich hoffen Sie nicht zu stören, wenn ich Sonntagam 4.6.1916. Nachmittag zu Ihnen | komme? Erhalte ich keinen Bescheid dann wage ich den Versuch auf gut Glück. Ihren verehrten Damen bitte mich ergebenst zu empfehlen
Mit herzlichen Grüßen
Ihr dankbar ergebener
Frank Wedekind.


Elite Hotel


Postkarte


S. H. Herrn
Maximilian Harden
Berlin Grunewald
Wernerstrasse 16/18.

Maximilian Harden schrieb am 3. Juni 1916 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

Postkarte


Herrn Frank Wedekind
Berlin NW 7
Elite-Hotel
Neustädtische Friedrichstr/Kirchstr/aße 6/7 |


Grunewald, 3.6.16


Verehrter und lieber Herr Wedekind, von Herzen freue ich mich, zu wissen, daß Sie hier sind. Vielmals Dank für Ihre guten Wortevgl. Wedekind an Maximilian Harden, 2.6.1916.. Ich wollte Sie heute schon begrüßen, traf Sie aber beim Anruf nicht; sonst wäre ich nach 7nach 19 Uhr. zu Ihnen hereingekommen. Wahrscheinlich ProbSchreibversehen, statt: Probe. Die erste Probe („Marquis von Keith“) für den dritten Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater zu Berlin (9.6.1916 bis 6.7.1916) fand am 2.6.1916 vormittags statt [vgl. Tb], die nächste, ebenfalls vormittags, am 3.6.1916: „Probe von Keith“ [Tb].; auch, wie ich fürchten muß, morgen vormittags. Und nachmittags könnte ich, leider, erst später, als Ihnen bequem sein wird. In jedem Fall rechne ich darauf, Sie und Ihre verehrte liebenswürdige Frau sehr bald hier im Grünim Grunewald, wo Maximilian Harden wohnte. zu sehen. Alles freut sich darauf.

Die Plage hier, der philisterische UnverstandAnspielung auf das Volk der Philister in Wedekinds Drama „Simson“ (1914), das Maximilian Harden auf die aktuelle politische Situation bezieht. ist kaum noch zu tragen, ‒ o Simson!

Herzlich der Ihre
H

Maximilian Harden schrieb am 17. Juni 1916 in Berlin folgende Postkarte
an Frank Wedekind

(Postkarte: Herrn Frank Wedekind
Berlin NW 6 Schumannstraße
Kammerspiele des Deutschen Theaters)


Grunewald, 17/6 16


Lieber Herr Wedekind,

da ich im EdenMaximilian Harden hat offensichtlich das Eden-Hotel (dort logierte Wedekind bei seinem letzten Aufenthalt in Berlin) mit dem Elite-Hotel verwechselt, an das er allerdings seine letzte Postkarte richtig adressiert hatte [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 3.6.1916]. immer hörte, Sie seien nicht da, muß ich annehmen, daß Sie eine Privatwohnung genommen haben. Ich hätte Sie längst gern gesehen, kam aber, leider, nicht dazu, Sie in der Werkstattin den Kammerspielen des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt). aufzusuchen (der Erdgeist fiel immer auf mir unmögliche Tagedas waren der 13. und 14.6.1916, die beiden Tage, an denen „Erdgeist“ im Rahmen des Wedekind-Zyklus an den Kammerspielen des Deutschen Theaters (9.6.1916 bis 6.7.1916) bis dahin gespielt worden ist, wie Wedekind am 13.6.1916 ‒ „Erdgeist-Vorstellung“ [Tb] ‒ und 14.6.1916 ‒ „2. Erdgeistvorstellung“ [Tb] ‒ notierte; eine der insgesamt 12 „Erdgeist“-Vorstellungen hat Maximilian Harden dann allerdings gesehen.). Noch hoffe ich, Sie und die verehrte Frau hier sehenEin Besuch Wedekinds bei Maximilian Harden kam während dieses Aufenthalts in Berlin nicht zustande. zu können. Einstweilen freue ich mich von fern Ihrer SiegeDer Berliner Wedekind-Zyklus (siehe oben) von 1916 (mit nur drei Stücken: „Marquis von Keith“, „Erdgeist“ und „Simson“) fand beim Publikum und bei der Theaterkritik große Anerkennung..

Auf bald! Herzlich Ihr
H

Maximilian Harden schrieb am 7. Juli 1916 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

Berlin-Grunewald
16/18 Wernerstrasse 7.7.16


Lieber Herr Wedekind,

ich bin erschreckt: zu hören, daß Sie sogleich fort wollen. Als ich Sie sahMaximilian Harden hat Wedekind am 25.6.1916 bei Walther Rathenaus Schwager Fritz Andreae gesehen und gesprochen, wie Wedekind notierte: „Zu Tisch bei Andree mit Harden“ [Tb]., sagten Sie, daß Sie jedenfalls noch einige Tage nach dem Spiel hier sein werden. Darauf hatte ich gerechnet. Während der Riesenanstrengung wars ja eine arge Zumuthung, Sie hierher zu bitten. Sie müssen wohl, Beide, arg müde sein. (Im TheaterMaximilian Harden sah Wedekind in den Kammerspielen des Deutschen Theaters in einer der „Erdgeist“-Vorstellungen (die letzte von insgesamt zwölf fand am 6.7.1916 statt) im Rahmen des laufenden Wedekind-Zyklus. wars, freilich, nicht merkbar. BeideFrank und Tilly Wedekind. schienen ganz frisch und Ihre Leistung stand geistig viel höher als die Steinrücks, den ich, vor Jahren, in der Rolle sahAlbert Steinrück hatte in der Berliner Inszenierung des „Erdgeist“ am Neuen Theater in Berlin (23.9.1904 bis 8.11.1904) die Rolle des Dr. Schön gespielt. Wedekind schrieb in „Schauspielkunst“ (1910) über die Darstellung: „Übrigens war mir Albert Steinrücks Dr. Schön von jeher das Faszinierendste, was ich mir unter einer brutalen Raubtierintelligenz vorstellen konnte.“ [KSA 5/II, S. 370]. Ich selbst war so lahm u trüb, daß ich nicht den Versuch machen konnte, Sie nachher zu sehen.) Als Kraftprobe wars noch nicht. Eigene Dichtung, RegieFrank Wedekind führte bei allen drei für den Wedekind-Zyklus an den Kammerspielen des Deutschen Theaters (siehe unten) inszenierten Stücken („Marquis von Keith“, „Erdgeist“, „Simson“) die Regie. unter schweren Umständen, HauptrollenFrank und Tilly Wedekind spielten in allen drei Stücken, die während des Berliner Wedekind-Zyklus (siehe unten) aufgeführt wurden, die Hauptrollen (im „Marquis von Keith“ die Titelrolle und die Rolle der Anna Werdenfels, im „Erdgeist“ Dr. Schön und Lulu, im „Simson“ die Titelrolle und Delila)., vier WochenDer dritte Wedekind-Zyklus an den Kammerspielen des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt) mit insgesamt 25 Vorstellungen fand vom 9.6.1916 bis 6.7.1916 statt. lang! Ein bißchen innere Freude müssen Sie empfinden. Trotz Allem, was draußen ist. Wie der MarathonboteAnspielung auf den Boten, der nach antiker Überlieferung von Athen nach Sparta lief, um den Sieg über die Perser zu verkünden (nach diesem sagenhaften Lauf allerdings vor Erschöpfung starb). kehren Sie heim. Aber, ich hoffe, noch nicht. | Sagen Sie mir, bitte, wann Sie fahrenWedekind notierte am 8.7.1916 seine Abreise von Berlin: „Schöne Fahrt nach München.“ [Tb] und obs gar nicht möglich ist, Sie zuvor noch einen Augenblick zu sehen.

Tief herzliche Wünsche Ihnen und der Anmuthreichen Gefährtin.
Ihr
Harden

Frank Wedekind schrieb am 24. Juli 1916 in München folgenden Brief
an Maximilian Harden

München 24. Juli 1916


Lieber verehrter Herr Harden!

Ein gehöriger Katarrh der mich in den letzten Tagen in Berlin überfiel ließ mich noch nicht dazu gelangen, Ihnen für die Auszeichnung, die Sie mir durch Ihren Besuch im Theater zuteil werden ließen zu danken. Hätte ich an jenem AbendMaximilian Harden sah eine Vorstellung des „Erdgeist“ im Rahmen des dritten Berliner Wedekind-Zyklus (9.6.1916 bis 6.7.1916) in den Kammerspielen des Deutschen Theaters, wie er Wedekind wissen ließ [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 7.7.1916]; welche, ist nicht ermittelt. eine Ahnung von Ihrer Anwesenheit gehabt, die | Vorstellung wäre mir zu einem Fest geworden. Aber auch so freue ich mich unendlich über die große Freundlichkeit, die Sie für unser Gastspiel übrig hatten.

Jede WocheWedekind las regelmäßig die Wochenschrift „Die Zukunft“. verfolge ich mit heißem Interesse, wie Sie den ganzen Erdball und seine Regierungen im Auge behalten. Unter Ihrer Führerschaft glaubt man in dem grausigen Labyrinth wenigstens das zu sehen, was irgendwo und | irgendwie zu erblicken ist. Und täglich begegne ich mehr Menschen, denen die Zukunft genau ebensoviel bedeutet wie mir. Das traurigste ist wohl daß die KämpfeNachdem die Kämpfe an der Westfront im Stellungskrieg, der zahllose Opfer forderte, erstarrt waren und die Hoffnung auf eine schnelle Beendigung des Krieges enttäuscht war, zeichnete sich im Sommer 1916 eine Radikalisierung der Arbeiterschaft ab. Zugleich wurde von verschiedenen Parteien die Forderung nach stärkerer Mitsprache an der Kriegspolitik laut; die militärische Führung lag in der Hand des Chefs des Generalstabes, nicht bei der Regierung. im Innern mit genau der gleichen Heftigkeit zunehmen wie die an der Westfront. Vor einigen Tagen bat ich den jungen Grafen Keyserlingk, Ihnen ein Echo der „Zukunftnicht ermittelt (wohl eine Bezugnahme auf die Zeitschrift in der russischen Presse oder in einem privaten Dokument). Wedekind hat Paul von Keyserlingk gemeinsam mit Kurt Martens am 17.7.1916 im Café Luitpold getroffen: „C.L. mit Martens und Graf Keyserling“ [Tb]. zuzusenden, das er aus Rußland erhalten hatte. Heute vor zwei JahrenAuftakt des Ersten Weltkriegs: Am 24.7.1914 wurde bekannt, dass die österreichische Regierung als Reaktion auf die Ermordung des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand und seiner Gemahlin in Sarajewo am 23.7.1914 ein auf 48 Stunden befristetes Ultimatum an Serbien gerichtet hatte. Obwohl die serbische Antwort im Grunde darauf einging, setzen danach Abbrüche diplomatischer Beziehungen, Kriegserklärungen und Mobilmachungen ein. war einer der | furchtbarsten Tage, den die Geschichte zu verzeichnen hat. Auch die Alldeutschen, Graf DumoulinWedekind hat sich am 23.7.1916 mit Richard Du Moulin-Eckart unterhalten: „Spaziergang mit Dumoulin“ [Tb]. z.B. sind keine Optimisten mehr und rechtfertigen ihren Wahnwitz schon durch die trostloseste Alternative, vor die wir gestellt sind. Hoffentlich bringt der Sommer Ihnen Erholung und die nötige Sammlung zu/fü/r Ihre unermüdliche heroische Arbeit. Herzlichen Dank für alles, was ich Ihnen zu danken habe. Bitte, mich Ihren verehrten Damen ergebenst zu empfehlen. Mit besten Grüßen von meiner Frau und mir
Ihr
Frank Wedekind.


[Kuvert:]


S. H.
Herrn Maximilian Harden
Berlin-Grunewald
Wernerstrasse 16/18. |


Absender: Frank Wedekind
Prinzregentenstraße 50.

Maximilian Harden schrieb am 31. Januar 1917 in Berlin
an Frank Wedekind

Berlin-Grunewald
16/18 Wernerstrasse 31.1.17


Verehrter Herr Wedekind,

da ich höre, daß Sie noch leidenWedekind wurde am 8.1.1917 operiert, eine „Bruchoperation“ [Tb], nachdem sich um die Jahreswende 1916/17 der befürchtete große Bruch eingestellt hatte., kann ich, ohne einer Stunde schmerzhafter UeberraschungMaximilian Harden spielt auf seinen heftigen Streit mit Wedekind an [vgl. Martin 1996, S. 183f.], der sich am 29.9.1916 in der Deutschen Gesellschaft 1914 in Berlin ereignet hatte (im Beisein von Max Reinhardt, Erich Reiß, Felix Hollaender, Wilhelm Herzog, Curt Baake und Walter von Rummel), wie Wedekind notierte: „Reinhardt lädt uns in den Club Harden Reiß Holländer und mich. Hardenskandal. Herzog Baake und Rummel“ [Tb]; seiner Frau berichtete er, dass „Harden plötzlich [...] einen Tobsuchtsanfall bekam und [...] auf mich einschimpfte“ [Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 30.9.1916]. Wilhelm Herzog erinnerte sich detailliert an den „heftigen Streit“ [Herzog 1959, S. 81], der so eskalierte, das Harden „zu toben“ [Herzog 1959, S. 224] anfing. Der Streit war der Grund für eine viermonatige Unterbrechung des Briefwechsels, den Maximilian Harden Wedekinds Krankheit wegen wieder aufzunehmen suchte. länger zu denken, nur von ganzem Herzen wünschen, daß Sie rasch wieder ganz gesund, stark, aufrecht seien.

Mit diesem Wunsch, der das Wohl Ihrer verehrten Frau einschließt, bin ich (selbst leidend)
Ihnen ergeben
Harden

Frank Wedekind, Waldemar Wendland, Walther Steinthal und Olga Wohlbrück schrieben am 11. August 1917 in Luzern folgenden Brief
an Maximilian Harden

Hotel St. Gotthard-Terminus

Walter Doepfner
Luzern


Sehr verehrter Herr Harden!

Wollen Sie bitte den Ausdruck tiefsten Mitempfindens mit dem schweren Verhängnisein erneutes Verbot der von Maximilian Harden herausgegebenen Wochenschrift. Wegen eines „Zukunft“-Artikels [vgl. Vor dem vierten Thor. In: Die Zukunft, Jg. 25, Nr. 39, 30.6.1917, S. 331-354], in dem „Meinungsäußerungen der Entente über die Kriegszielpolitik der deutschen Sozialdemokratie und über die geplante Stockholmer Friedenskonferenz abgedruckt“ [Hellige 1983, S. 730] war, wurde von der militärischen Zensurbehörde ein Dauerverbot verfügt, das Maximilian Harden in seinem Brief an Walther Rathenau vom 5.7.1917 beschrieb und die Mitteilung zitierte: „Die Zkft. ist ‚für die Dauer des Krieges‘ verboten, weil ‚die Ausführungen im letzten Heft den Interessen der militärischen Kriegführung zuwider laufen‘. Das Grab meines bißchen ‚Wirkens‘. 5 Zeilen.“ [Hellige 1983, S. 732] Die Zeitschrift war vom 3.7.1917 bis 1.12.1917 verboten und zu dem Publikationsverbot kam für Maximilian Harden ein Redeverbot [vgl. Martin 1996, S. 139]., das über Sie und Ihr Werk hereingebrochen ist entgegennehmen
Ihr herzlich ergebener
Frank Wedekind.


Sehr geschätzter Herr Harden!

Als DirectorWaldemar Wendland war Direktor des Künstlertheaters (im Saal Zur Kaufleuten) in Zürich, seine Frau Olga Wohlbrück dort Oberregisseurin und deren Tochter Vera Bern Bürochefin [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 635]. des Künstler-Theaters und der sich in diesem Herbst – Winter daran anschließenden | Schweizer Volksbühneder Dramatische Verein Zürich (als freie Bühne im Zentralverband Schweizer Dramatischer Vereine), der im Herbst nicht am Künstlertheater (siehe oben), sondern „nach langjähriger Pause zum erstenmal wieder“ [Neue Zürcher Nachrichten, Jg. 12, Nr. 324, 23.11.1917, 2. Blatt, S. (2)] am Pfauentheater und Stadttheater gastierte., zweier Bühnen, die Vorträge prominenter deutscher Persönlichkeiten in ihr Programm aufgenommen haben, will ich mit größter Freude und Hoffnung und mit Unterstützung Herrn Wedekinds bei der mir recht gewogenen Berner deutschen GesandschaftSchreibversehen, statt: Gesandtschaft. Das deutsche Konsulat, die Gesandtschaft des Deutschen Reichs in Bern [vgl. Adressbuch der Stadt Bern 1917, Teil I, S. 21], war für Kulturangelegenheiten zuständig; seit Ende 1916 war Harry Graf Kessler Leiter der Abteilung für deutsche Kulturpropaganda und somit für Vorträge in der Schweiz verantwortlich. versuchen, in der Schweiz im September ‒ Oktober einige Vortragsabende für Sie zu arrangieren ‒ wenn Sie wollen. Wollen Sie? Und Thema??? Wir wären sehr glücklich, Ihnen eine Freude | damit zu machen.

In aufrichtiger Verehrung
Ihr
Waldemar Wendland


Verehrter Meister Harden,

wir schaffens, daß wir Sie hier sehen. Wedekind und einige andere werden mir helfen. Tausend Grüße
Ihres immer getreuen
Steinthal

(Zürich, Fraumünsterstraße 19) |


Sehr verehrter Herr Harden,

Ich hoffe sehr, Sie bald in unsrer Mitte zu sehen. Ihnen zuhören zu dürfen und mit Ihnen auf die „Zukunft“ anzustoßen, die wir uns nie u. nimmer nehmen lassen!

Aufrichtig ergeben
Olga Wohlbrück-Wendland


Hochverehrte Herr Harden, dies schrieben wirErläuterung von Walther Steinthal zum vorliegenden Brief, ein dem Brief später hinzugefügter Nachsatz, der nicht exakt zu datieren ist. vor ein paar Wochenam 11.8.1917, wie Wedekind an diesem Tag notierte: „Fahrt nach Luzern. Hotel Germania. Abendessen mit Wendland, Wohlbrück, Frl. Wera und Dr. Steinthal (Berliner Montagszeitung) im St. Gotthart.“ [Tb] in Luzern, bekamen es aber nicht über die Grenze. Nun bin ich hier und brachte es mit. –

Stets in Verehrung Ihr
W. St.

Frank Wedekind schrieb am 12. August 1917 in Zürich folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Maximilian Harden

[Hinweis in Maximilian Hardens Brief an Wedekind vom 29.8.1917 aus Timmendorfer Strand:]


[...] in diesem Nestchen [...] empfange ich Ihren liebenswürdigen zürcher Gruß.

Maximilian Harden schrieb am 29. August 1917 in Timmendorfer Strand folgenden Brief
an Frank Wedekind

Ostseebad Timmendorferstrand b/Lübeck

Villa Bucheneck 29.8.17


Verehrter und lieber Herr Weg/d/ekind,

in diesem Nestchen erst, wohin mich der Ekel für kurze Zeit getrieben hat, empfange ich Ihren liebenswürdigen zürcher Grußnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Maximilian Harden, 12.8.1917. Wedekind dürfte mit diesem Gruß (eine Postkarte oder Bildpostkarte) die Buchausgabe von „Herakles“ angekündigt haben, wie der vorliegende Brief andeutet.. Ohne Scheu sage ich Ihnen, daß er mir ernste Freude bereitet; doppelte nach einer Zeit, in der ich meiner Ueberzeugung ein seelisch u materiell recht schweres OpferDas am 3.7.1917 von der militärischen Zensurbehörde verfügte zweite Dauerverbot der „Zukunft“ [vgl. Hellige 1983, S. 730f.] hatte für den Herausgeber auch materielle Folgen, die Maximilian Harden in seinen Brief an Walther Rathenau vom 5.7.1917 beschrieb; auch „der materielle Verlust“ sei „enorm.“ [Hellige 1983, S. 732]. bringen mußte u dessen Folgen spüre.

Lassen Sie mich hoffen, daß wir uns sehr bald wiedersehenMaximilian Harden hat Wedekind nicht wiedergesehen. und nun, nach häßlicher PauseAnspielung auf den von Wedekind am 29.9.1916 als „Hardenskandal“ [Tb] notierten heftigen Streit zwischen ihm und Maximilian Harden [vgl. Martin 1996, S. 183f.]; seitdem hatte man sich nicht mehr gesehen und der zuvor intensive Kontakt war unterbrochen., einander noch näher kommen werden.

Ich freue mich auf Ihren HeraklesDie Buchausgabe des Versdramas „Herakles. Dramatisches Gedicht in drei Akten“ [vgl. KSA 8, S. 880] erschien „erst im Dezember 1917“ [KSA 8, S. 871] im Georg Müller Verlag in München, obwohl sie schon seit dem Sommer in Aussicht stand. Wedekind hatte Typoskripte seines Stücks [vgl. KSA 8, S. 880] bereits im Frühjahr an seine beiden Verlage geschickt [vgl. Wedekind an Georg Müller, 24.3.1917; Wedekind an Drei Masken Verlag, 24.3.1917].. Jetzt könnten wir zusammen Das schreiben, was Sie früher so oft wünschten. Dieser wahnwitzig widrigen Zeit den Zerrspiegel vorhalten, den sie verdient. Das große Gelächter anstimmen ...

Empfehlen Sie mich, bitte, Ihrer verehrten Frau.

Ich bin Ihnen dankbar und drücke herzlich Ihre Hand.

Mit Wünschen, denen in/ch/ Kraft ersehne,
Ihr
Harden


Wir müssen, Jeder auf seine Art, versuchen, trotziger als je dieses läppisch wüste Schicksalspiel zu meistern u zu dauern, bis ....