Briefwechsel

von Yvette Guilbert und Frank Wedekind

Yvette Guilbert schrieb am 26. März 1908 in Berlin folgenden Brief
an Frank Wedekind

PALAST-HOTEL, BERLIN. W. 9.
RESTAURANT ·· WEINGROSSHANDLUNG
EIGENTÜMER: EDUARD GUTSCHER, HOFLIEFERANT


Jeudi 26


Cher Monsieur Wedekind

J’ai vu hier au soirAm 24.3.1908 wurde „Frühlings Erwachen“ in Berlin in den Kammerspielen aufgeführt [vgl. Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Jg. 37, Nr. 153, 24.3.1908, Morgen-Ausgabe, S. (19)]. In Bezug auf das Schreibdatum wäre dies zwar nicht „gestern Abend“, sondern „vorgestern Abend“, allerdings kann ein anderes Datum nicht plausibel rekonstruiert werden und so wird angenommen, dass Yvette Guilbert sich um einen Tag vertat [vgl. die Ausführungen zur Datierung]. votre comedie : Des Fruehlings Erwachen et je viens vous prier | de m’autoriser a l’adapter pour une scène francaiseDie französische Uraufführung von „Frühlings Erwachen“ fand am 28.10.1908 im von Robert d’Humières geleiteten Théâtre des Arts am Boulevard Batignolles statt [vgl. den auf September 1908 datierten Brief von d’Humières an Wedekind]. Eine Inszenierung des Stücks durch Yvette Guilbert ist nicht bekannt.. Je désirerais avoir une option jusqu’eu/a/ la fin delasaison d’hiver 1909.

Je suis enthousiasmée de cette pièce, dont l’idée est si humainement audacieuse. Voila enfin du théatre utile et bienfaisant, j’espere que, les mères de Paris qui l’applaudiront comprendront l’admirable leçon..!! |

Je quitte Berlin cesoir. Voulez vous me répondre a Paris 23bis Boulevard Berthier.

Je ferai de suite traduire votre pièce par Melle Kahanenicht ermittelt. Im Berliner Adressbuch der Jahre 1907 und 1908 ist unter der Adresse Fichtestraße 55 in Steglitz keine Bewohnerin mit dem Namen Kahane verzeichnet. (de Stéglitz).

Mes compliments les plus sincèrement enthousiastes
Yvette Guilbert


Melle Kahane habite 55 Fichtestrasse a Stéglitz.


[Übersetzung:]


Donnerstag, der 26.


Lieber Herr Wedekind,

gestern Abend habe ich Ihre Komödie „Frühlings Erwachen“ gesehen und schreibe Ihnen nun mit der Bitte, mir zu gestatten, sie für eine französische Bühne zu bearbeiten. Ich möchte gerne eine Option bis zum Ende der Winterspielzeit 1909 erhalten.

Ich bin begeistert von diesem Stück, dessen Idee menschlich so kühn ist. Endlich sinnvolles und wohltuendes Theater. Ich hoffe, dass die Pariser Mütter, die ihm Beifall spenden werden, die bewundernswerte Lektion verstehen werden..!!

Ich verlasse Berlin heute Abend. Würden Sie mir an folgende Adresse antworten: Paris, 23a Boulevard Berthier.

Ich werde Ihr Stück sogleich von Frl. Kahane (aus Steglitz) übersetzen lassen.

Mit meinen höchst aufrichtig begeisterten Glückwünschen
Yvette Guilbert


Frl. Kahane wohnt in der Fichtestraße 55 in Steglitz.