Briefwechsel

von Frank Wedekind und Otto Eisenschitz

Otto Eisenschitz schrieb am 1. September 1895 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Eisenschitz vom 7.9.1895 aus Lenzburg:]


Ihre Adresse die Sie so freundlich waren herzuschicken [...]

Frank Wedekind schrieb am 7. September 1895 in Lenzburg folgenden Brief
an Otto Eisenschitz

Lenzburg 7. Sept. 95.


Lieber Herr EisenschitzDer Name ist an dieser Stelle weggekratzt (siehe den Hinweis zur Materialität), aber noch lesbar. Otto Eisenschitz lebte als Publizist, Schriftsteller und Übersetzer von Schauspielen aus dem Italienischen in Wien [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1896, Teil II, Sp. 276].

mein BruderDonald Wedekind, über den Otto Eisenschitz mitgeteilt hat: „Frank Wedekind [...] hatte ich durch seinen mir befreundeten Bruder Donald [...] kennengelernt.“ [Otto Eisenschitz: Briefe von Frank Wedekind. Aus seinen Anfängen. In: Neues Wiener Journal, Jg. 26, Nr. 8749, 12.3.1918, S. 3] ist noch nicht angekommen. Er muß noch in BerlinWedekind hatte Wochen zuvor auch Franz Blei mitgeteilt, dass sein „Bruder Donald [...] noch in Berlin ist“ [Wedekind an Franz Blei, 16.7.1895]. sein. Seit mehreren Wochen habe ich keine NachrichtHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Donald Wedekind an Frank Wedekind, 16.7.1895. mehr von ihm. Ihre AdresseOtto Eisenschitz, der in Wien IX (Liechtensteinstraße 17) [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1895, Teil II, Sp. 273] gewohnt hatte, wohnte ab dem Spätsommer 1895 nach einem Sommeraufenthalt in Luzern in Wien I (Opernring 13): „Sept. b. April Wien I, Opernring 13; Mai b. Aug. Luzern, Villa Bienz.“ [Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1896, Teil II, Sp. 276] die Sie so freundlich waren herzuschickenHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Eisenschitz an Wedekind, 1.9.1895. Otto Eisenschitz hat nach Lenzburg adressiert wohl seine aktuelle Adresse (Wien I, Opernring 13) [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1895, Teil II, Sp. 276] ab dem 1.9.1895 mitgeteilt (siehe oben). habe ich nach Berlin gesandtHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Frank Wedekind an Donald Wedekind, 3.9.1895. Frank Wedekind hat seinem Bruder in Berlin die aktuelle Adresse von Otto Eisenschitz mitgeteilt (siehe oben).. Erlauben Sie mir jetzt vielleicht, Sie um einige Auskunft und um zwei Adressen zu bitten. Sie können es mir sehr wol auf einer Carte mittheilen. Ich habe ein Stück liegen | ‒ um es kurz zu charakterisieren ‒ in der Art von Kean von Dumasdas Lustspiel „Kean, oder Genie und Leidenschaft“ („Kean, ou Désordre et Génie“, 1836) von Alexandre Dumas (dem Älteren), dessen Titelfigur Edmund Kean, berühmter englischer Hamlet-Darsteller mit abenteuerlichem Werdegang, als Vorbild hatte. Wedekinds noch ungedruckter Schwank „Der Liebestrank“ (1899) mit dem Arbeitstitel „Fritz Schwigerling“ hatte mehrere Quellen; seine „nachträgliche Behauptung, er habe das Stück in der Art von Alexandre Dumas’ ‚Kean, oder Genie und Leidenschaft‘ (1836) geschrieben“, ist mehr als nur ein „Hinweis auf eine Motivparallele [...]. Dumas nahm das Leben von Edmund Kean (1811-1868), Schauspieler und Lebemann in London, zur Vorlage für sein Stück. Dessen Held geht ebenfalls wie Fritz Schwigerling aus einer Seiltänzergruppe hervor und flieht zum Schluß mit einer jungen Dame, die Schauspielerin werden will, nach New York.“ [KSA 2, S. 1017], die Abentheuer eines Kunstreiters in Rußland. Ich hatte gedacht es entweder dem Raimundtheaterdas Raimund-Theater (Direktion: Adam Müller-Guttenbrunn) in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1896, S. 533]. oder dem Volkstheaterdas Deutsche Volkstheater (Direktion: Emmerich Bukovics) in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1896, S. 532]. in Wien einzureichen, weiß aber von beiden nicht ob sie noch existirenBeide Wiener Bühnen, das 1893 eröffnete Raimund-Theater und das 1889 eröffnete Deutsche Volkstheater, existierten noch viele Jahre., und wie und was sie spielenAuf beiden Bühnen mit ihrem oft wechselnden Programm wurden überwiegend Schwänke und Possen mit Gesang gespielt, etwa den 7.9.1895 als Stichtag genommen war im Raimund-Theater „Der Alpenkönig und der Menschenfeind. Romantisch-komisches Märchen“ von Ferdinand Raimund (Musik von Wenzel Müller) und im Deutschen Volkstheater die Premiere „Alte Wiener. Volksstück mit Gesang“ von Ludwig Anzengruber (Musik von Franz Roth) zu sehen., wer maßgebende Persönlichkeitdie Direktoren der genannten Wiener Theater (siehe oben), dabei wohl insbesondere Emmerich von Bukovics, an den Otto Eisenschitz sich im Zusammenhang mit dem noch nicht aufgeführten „Erdgeist“ erinnerte: „Erst später übergab ich sein [...] Werk ‚Der Erdgeist‘, das mir Wedekind anvertraut hatte, der Direktion des Deutschen Volkstheaters (Direktor Emmerich v. Bukovics). Aber mein Versuch mißglückte gründlich. Als ich mir Bescheid holen kam, ob die Annahme erfolgen würde, sah mich der Direktor so eigentümlich an, wie wenn er erforschen wollte, ob ich mir mit ihm etwa einen schlechten Scherz hätte erlauben wollen. Dann sagte er – ich erinnere mich noch ganz genau seiner Worte: ‚Ja, haben Sie denn im Ernst gemeint, daß man so etwas aufführen könne?!‘ – ‚Gewiß,‘ war meine entschiedene Antwort. – ‚Dann weiß ich nicht, haben Sie uns für verrückt gehalten oder sollen wir Sie für verrückt halten!‘ – Ich aber lächelte bloß und meinte, der Name Wedekind werde den Herren wohl noch sehr geläufig werden...“ [Otto Eisenschitz: Briefe von Frank Wedekind. Aus seinen Anfängen. In: Neues Wiener Journal, Jg. 26, Nr. 8749, 12.3.1918, S. 3] ist e.ct. Würden Sie, Herr Eisenschitz, vielleicht die Liebenswürdigkeit haben mich darüber zu unterrichten, nur einige kurze Angaben, damit ich das Manuscript nicht ins Blaue hinausschicke.

Sollte ich mit dem Stück Glück haben, so sollte es mir eine Ehre und ein Vergnügen sein, | eventuell von Ihnen übersetzt zu werden. Aber nur dann. Das Risico bleibt auch im besten Fall immer noch groß genug für Sie. Das Stück ist nicht für Berliner Verhältnisse geschrieben. Dagegen meint auch mein Bruder daß es in Italien eventuell Glück haben könnte. Ich selber habe von vornherein an Wien gedacht und es daraufhin gearbeitet. Ich werde es übrigens auch am Gärtnertheaterdas Theater am Gärtnerplatz (Direktion: Georg Lang) in München [vgl. Neuer Theater-Almanach 1896, S. 438]. Wedekind hatte dem Theater am Gärtnerplatz vor Jahren bereits seine Posse „Der Schnellmaler“ angeboten [vgl. Georg Lang an Wedekind, 28.5.1886] – ohne Erfolg [vgl. KSA 2, S. 618-620]. in München einreichenWedekind bot seinen Schwank „Fritz Schwigerling“ (siehe oben) erst drei Jahre später dem Theater am Gärtnerplatz an [vgl. Wedekind an Beate Heine, 14.8.1898]..

Und nun leben Sie wohl, Herr Eisenschitz.Der Name mit dem Punkt danach ist an dieser Stelle weggekratzt (siehe den Hinweis zur Materialität), aber noch lesbar. Auf baldiges Wiedersehen. Mit bestem Dank im Voraus und ergebenstem Gruß Ihr
Frank Wedekind.


[Druck:]


Lenzburg, 7. Sept. 95.

Lieber Herr Eisenschitz, ich habe ein Stück liegen ‒ um es kurz zu charakterisieren ‒ in der Art des Kean von Dumas, die Abenteuer eines Kunstreiters von Rußland. Ich habe gedacht, es entweder dem Raimund-Theater oder dem Volkstheater in Wien einzureichen, weiß aber von beiden nicht, ob sie noch existieren, wie und was sie spielen, wer maßgebende Persönlichkeit ist ec. Würden Sie, Herr Eisenschitz, die Liebenswürdigkeit haben, mich darüber zu unterrichten, nur einige kurze Angaben, damit ich das Manuskript nicht ins Blaue hinausschicke.

Das Stück ist nicht für Berliner Verhältnisse geschrieben. Ich habe von vornherein an Wien gedacht und es daraufhin gearbeitet. Ich werde es übrigens auch dem Gärtner-Theater in München einreichen.

Und nun leben Sie wohl, Herr Eisenschitz. Auf baldiges Wiedersehen. Mit bestem Dank im Voraus und ergebenstem Gruß Ihr Frank Wedekind.

Otto Eisenschitz schrieb am 9. September 1895 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Eisenschitz vom 7.10.1895 aus Lenzburg:]


Auf Ihre freundliche Carte hin [...]

Frank Wedekind schrieb am 19. September 1895 in Lenzburg
an Otto Eisenschitz

[Hinweis, Referat und Zitat in J. A. Stargardt: Katalog 651 (1992), Nr. 507, S. 175:]


WEDEKIND, Frank […]. Lenzburg 19.IX.1895. […]

An den Wiener Verleger Otto Eisenschitz mit der Bitte, sein Stück „Der Schweigerling“ dem Raimund-Theater vorzulegen.

„… In wenigen Tagen wird mein Erdgeist erscheinen„Der Erdgeist. Eine Tragödie“ (1895) ‒ die Umarbeitung der ersten drei Akte der handschriftlichen Urfassung „Die Büchse der Pandora. Eine Monstretragödie“ zu einem vieraktigen Stück und ersten Teil einer Doppeltragödie ‒ erschien im Albert Langen Verlag in München als „Bühnenmanuscript“ [KSA 3/II, S. 858] und war soeben vorangekündigt [vgl. Wöchentliches Verzeichnis der erschienenen und der vorbereiteten Neuigkeiten des deutschen Buchhandels, Nr. 38, 19.9.1895, Sparte 17]., von dem ich literarisch Aufsehen erwarte. Das könnte dann dazu verhelfen, daß der Schweigerlingrecte: Schwigerling (oder: Schwiegerling). – Wedekinds noch ungedruckter Schwank „Der Liebestrank“ (1899) hatte den Arbeitstitel „Fritz Schwigerling“ oder wurde als „Schwiegerling“ bezeichnet; er wurde 1912 in den „Gesammelten Werken“ unter dem Titel „Fritz Schwigerling (Der Liebestrank)“ gedruckt [vgl. KSA 2, S. 997, 1003-1005]. ... auf alle Gefahr angenommen wird. Daß das Stück, wenn es auf die Bühne gelangt, seine Wirkung thun wird, davon bin ich trotz allem überzeugt...“

Otto Eisenschitz schrieb am 5. Oktober 1895 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Eisenschitz vom 7.10.1895 aus ]


[...] besten Dank für Ihren freundlichen Rathschlag. Sie schreiben [...]

Frank Wedekind schrieb am 7. Oktober 1895 in Lenzburg folgenden Brief
an Otto Eisenschitz

Lenzburg 7.10.95.


Lieber Herr Eisenschitz,

empfangen Sie meinen besten Dank für Ihren freundlichen RathschlagHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Eisenschitz an Wedekind, 5.10.1895.. Sie schreiben, die Directoren möchten wie Piraten über das StückWedekinds von Albert Langen in München verlegte Tragödie „Der Erdgeist“ (1895), keine drei Wochen zuvor vorangekündigt [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz, 19.9.1895], lag seit einigen Tagen als Buch vor – „Franz Wedekind: Der Erdgeist: eine Tragödie. Paris, Leipzig, München, Albert Langen 1895“ [Bibliographie. In: Beilage zur Allgemeinen Zeitung, Nr. 226, 1.10.1895, S. 8] – und wurde kurz darauf als erschienen verzeichnet [vgl. Wöchentliches Verzeichnis der erschienenen und der vorbereiteten Neuigkeiten des deutschen Buchhandels, Nr. 41, 10.10.1895, Sparte 17]. herfallen. Jetzt, nachdem Sie es gelesen, halten Sie die Gefahr vielleicht selbst nicht mehr für so dringend. Ich rechne darauf, daß das Stück in der literarischen Welt, in der Presse einiges Aufsehen er|regt und auf diesem Wege trotz seiner Extravaganz auf die Bühne gelangt.

Was aber die Agentur betrifft, so hat sich mein VerlegerWedekinds Verleger war nun Albert Langen (Privatwohnung in München: Steinsdorfstraße 10), der Albert Langen Verlag von Leipzig nach München (Kaulbachstraße 51a) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1896, Teil I, S. 267] übergesiedelt, wie in der Verlagsankündigung von „Der Erdgeist. Eine Tragödie“ angezeigt war: „Kaulbachstr. 51 A (vorher: Leipzig, Ross-Str. 9).“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 209, 9.9.1895, S. 4748] Er firmierte als „Verlag von Albert Langen“ oder unter „Albert Langen, Verlag für Litteratur und Kunst, in Paris, Leipzig, München.“ [Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 213, 13.9.1895, S. 4837] nämlich das Recht des BühnenvertriebesWedekind hatte sich, als er Albert Langen sein Drama „Der Erdgeist“ zum Verlag übergab, damit einverstanden erklärt, „Abmachungen mit den Theaterdirectoren“ [Wedekind an Albert Langen Verlag, Albert Langen, 10.7.1895] übernehme der Albert Langen Verlag. vorbehalten. Albert Langen ist ein rühriger Mensch und ich habe einiges Vertrauen in seine Unternehmungen. Auf jedenfall muß ich erst abwarten, wie er sich dazu stellt. Auf Ihre freundliche Cartenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Eisenschitz an Wedekind, 9.9.1895. Wedekind hatte um Adressen von Wiener Theatern gegebenenfalls „auf einer Carte“ [Wedekind an Otto Eisenschitz, 7.9.1895] gebeten. In der verschollenen Postkarte dürfte der Bühnenvertrieb von Wedekinds Stücken angesprochen gewesen sein. hin habe ich ihn um Zustellung des ContractesHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Albert Langen, 30.9.1895. Wedekind hat seinen Verleger gebeten, ihm den „Erdgeist“ betreffenden Vertrag zu senden. gebeten. Wenn die Überein|kunft mit ihm nicht zustande kommt, werde ich von Ihrer Empfehlung an BlochOtto Eisenschitz hatte Wedekind in seinem Schreiben (siehe oben) offenbar geraten, sich mit Blick auf eine „Erdgeist“-Aufführung an Felix Bloch Erben, Theateragentur in Berlin (Dorotheenstraße 61) [vgl. Neues Adreßbuch für Berlin 1896, Teil I, S. 85], zu wenden. Gebrauch machen.

Für meine Person habe ich die Überzeugung, daß das Stück auf der Bühne Erfolg haben würde, auch wenn es von schlechten Kräften gegeben wird. Aber ich bezweifle, daß ohne AnregungOtto Eisenschitz erzählte später, er habe Emmerich von Bukovics, Direktor des Deutschen Volkstheaters in Wien [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz, 7.9.1895], vorgeschlagen, den „Erdgeist“ aufzuführen: „Aber mein Versuch mißglückte gründlich.“ [Otto Eisenschitz: Briefe von Frank Wedekind. Aus seinen Anfängen. In: Neues Wiener Journal, Jg. 26, Nr. 8749, 12.3.1918, S. 3] irgend ein Director den Muth finden wird, es aufzuführen.

Von Donald höre ich, daß Sie eine große Tournée vorhaben über London Paris, ect. Ich beneide Sie und wünsche Ihnen von Herzen alles Glück und besten Erfolg. Ich habe meinen Bruder nur einige Stunden gesehen, als er auf der | Durchreise nach ItalienDonald Wedekind kam von Berlin und reiste über Zürich nach Rom. über Zürich kam. Ich selber werde nächster Tage in Zürich mit einem Wandervortragwohl am 10.10.1895 angetretene Vortragsreise [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz, 24.10.1895], wobei unklar ist, wohin genau sie führte. Wedekind jedenfalls trat in Zürich als Ibsen-Rezitator unter dem Namen Cornelius Mine-Haha auf, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. So bot er sich dem Lesezirkel Hottingen in Zürich an [vgl. Wedekind an Hans Bodmer, 24.10.1895]. Seiner Mutter hat er über einen der Vorträge berichtet [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 29.10.1895]. beginnen von dem ich gleichfalls hoffe daß er mich ein Stück weit durch die Welt trägt.

Empfangen Sie meine herzlichsten Grüße. Wer weiß, wo man sich wieder begegnet
In größter Hochschätzung
Ihr
Frank Wedekind.


[Druck:]


Lenzburg, 7./10. 95.

Lieber Herr Eisenschitz, empfangen Sie meinen besten Dank für Ihren freundlichen Ratschlag. Ich rechne darauf, daß das Stück in der literarischen Welt, in der Presse einiges Aufsehen erregt und auf diesem Wege trotz seiner Extravaganz auf die Bühne gelangt.

Was aber die Agentur betrifft, so hat sich mein Verleger nämlich das Recht des Bühnenvertriebes vorbehalten. Albert Langen ist ein rühriger Mensch, und ich habe einiges Vertrauen in seine Unternehmungen. Auf jeden Fall muß ich erst abwarten, wie er sich dazu stellt. Wenn die Uebereinkunft mit ihm nicht zustande kommt, werde ich von Ihrer Empfehlung an Bloch Gebrauch machen.

Für meine Person habe ich die Ueberzeugung, daß das Stück auf der Bühne Erfolg haben würde, auch wenn es von schlechten Kräften gegeben wird. Aber ich bezweifle, daß ohne Anregung irgend ein Direktor den Muth finden wird, es aufzuführen.

Ich werde nächster Tage in Zürich mit einem Wandervortrag beginnen, von dem ich hoffe, daß er mich weit durch die Welt trägt.

Empfangen Sie meine herzlichsten Grüße. Wer weiß, wo man sich wieder begegnet.

In größter Hochschätzung Ihr Frank Wedekind.

Otto Eisenschitz schrieb am 10. Oktober 1895 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Eisenschitz vom 24.10.1895 aus Lenzburg:]


Jetzt danke ich Ihnen für alle Ihre Bemühungen.

Frank Wedekind schrieb am 24. Oktober 1895 in Lenzburg folgenden Brief
an Otto Eisenschitz

Lenzburg 24.10.95.


Lieber Herr Eisenschitz,

verzeihen Sie, daß ich Ihnen so lange nicht geschrieben. Ich war vierzehn TageWedekind hatte die Vortragsreise angekündigt [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz, 7.10.1895]; es dürfte sich bereits um den Vortrag von Henrik Ibsens „Gespenstern“ gehandelt haben, den er wenig später [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 29.10.1895] unter dem Pseudonym Cornelius Minehaha im Arbeiterbildungsverein Eintracht (Präsident: Ludwig Witt) in Zürich (Neumarkt 5) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1896, Teil III, S. 79] hielt, wie die Presse berichtete: „Henrik Ibsens ‚Gespenster‘ wurden auf der kleinen Bühne des Festsaales der Eintracht am Neumarkt von dem bekannten Rezitator Cornelius Minehaha in sehr bedeutsamer Weise interpretiert.“ [Tages Anzeiger für Stadt und Kanton Zürich, Nr. 259, 4.11.1895, 2. Beilage, S. (1)] mit einem Vortrage unterwegsWedekind hatte die Vortragsreise angekündigt [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz, 7.10.1895]; es dürfte sich bereits um den Vortrag von Henrik Ibsens „Gespenstern“ gehandelt haben, den er wenig später [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 29.10.1895] unter dem Pseudonym Cornelius Minehaha im Arbeiterbildungsverein Eintracht (Präsident: Ludwig Witt) in Zürich (Neumarkt 5) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1896, Teil III, S. 79] hielt, wie die Presse berichtete: „Henrik Ibsens ‚Gespenster‘ wurden auf der kleinen Bühne des Festsaales der Eintracht am Neumarkt von dem bekannten Rezitator Cornelius Minehaha in sehr bedeutsamer Weise interpretiert.“ [Tages Anzeiger für Stadt und Kanton Zürich, Nr. 259, 4.11.1895, 2. Beilage, S. (1)]. Jetzt danke ich Ihnen für alle Ihre BemühungenHinweis auf einen nicht überlieferten Brief; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Eisenschitz an Wedekind, 10.10.1895. Otto Eisenschitz dürfte Wedekind über seine vergeblichen Bemühungen berichtet haben, in Wien Wedekinds Schwank „Fritz Schwigerling“ beim Raimund-Theater [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz, 19.9.1895] und die Tragödie „Der Erdgeist“ beim Deutschen Volkstheater unterzubringen. Er erinnerte sich später an seinen Besuch beim Direktor des Deutschen Volkstheaters: So „übergab ich sein [...] Werk ‚Der Erdgeist‘ [...] der Direktion des Deutschen Volkstheaters (Direktor Emmerich v. Bukovics). Aber mein Versuch mißglückte gründlich. Als ich mir Bescheid holen kam, ob die Annahme erfolgen würde, sah mich der Direktor so eigentümlich an, wie wenn er erforschen wollte, ob ich mir mit ihm etwa einen schlechten Scherz hätte erlauben wollen. Dann sagte er – ich erinnere mich noch ganz genau seiner Worte: ‚Ja, haben Sie denn im Ernst gemeint, daß man so etwas aufführen könne?!‘ – ‚Gewiß,‘ war meine entschiedene Antwort. – ‚Dann weiß ich nicht, haben Sie uns für verrückt gehalten oder sollen wir Sie für verrückt halten!‘ – Ich aber lächelte bloß und meinte, der Name Wedekind werde den Herren wohl noch sehr geläufig werden...“ [Otto Eisenschitz: Briefe von Frank Wedekind. Aus seinen Anfängen. In: Neues Wiener Journal, Jg. 26, Nr. 8749, 12.3.1918, S. 3]. Mit dem Resultat muß man sich abfinden. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich habe Ihnen von vornherein gesagt daß ich | wenig Vertrauen dareinhege, daß irgend ein Directortatsächlich Direktoren von zwei Wiener Theatern (siehe oben): Adam Müller-Guttenbrunn, Direktor des Raimund-Theaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1896, S. 533], und Emmerich von Bukovics, Direktor des Deutschen Volkstheaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1896, S. 532]. sich so ohne weiteres an eins der Stücke wagen würde. Beim SchwiegeringSchreibversehen, statt: Schwigerling (oder: Schwiegerling). – Wedekinds noch ungedruckter Schwank „Der Liebestrank“ (1899) hatte den Arbeitstitel „Fritz Schwigerling“ oder wurde als „Schwiegerling“ bezeichnet; er wurde 1912 in den „Gesammelten Werken“ unter dem Titel „Fritz Schwigerling (Der Liebestrank)“ gedruckt [vgl. KSA 2, S. 997, 1003-1005]. schien es mir immer noch wahrscheinlicher. Glauben Sie nicht daß ich dabei irgendwie den Vortheil unterschätze den mir Ihre liebenswürdige Empfehlung bringen konnte und ja thatsächlich auch gebracht hat indem die Direction das Stück sonst jedenfalls nicht so prompt ent/r/ledigt haben würde. | Gegenwärtig arbeite ich für eine neue Zeitschriftdie von Albert Langen herausgegebene illustrierte Wochenschrift „Simplicissimus“ im Albert Langen Verlag in München, deren erstes Heft am 4.4.1896 mit Wedekinds auch auf dem Titelblatt präsenter Erzählung „Die Fürstin Russalka“ (1896) erschien [vgl. Simplicissmus, Jg. 1, Nr. 1, 4.4.1896, S. 1-3]. Die Vorbereitung der Zeitschriftengründung war wenige Wochen später öffentlich ersichtlich, wie Werbemaßnahmen dokumentieren. So war angezeigt: „Der Verlag für Literatur und Kunst von Albert Langen in Paris, Leipzig, München setzt einen Preis von 600 Mark aus für das beste Plakat, das dazu dienen soll, die in diesem Verlage vom 1. April nächsten Jahres an erscheinende (humoristisch-satirische) künstlerisch illustrierte Wochenschrift, den ‚Simplicissimus‘, anzukündigen. Näheres ersieht man aus dem von der Firma (München, Kaulbachstr. 51a) in dieser Angelegenheit versandten Circular.“ [Literarisches Centralblatt, Nr. 50, 14.12.1895, Sp. 1812] Kurz darauf hieß es: „Der Verlag für Litteratur und Kunst von Albert Langen in München setzte einen Preis von 600 M aus für das beste Plakat, das dazu dienen soll, die in diesem Verlage vom nächsten Jahre an erscheinende illustrierte Wochenschrift ‚Simplicissimus‘ anzukündigen. Das Plakat, in der Größe von 100x75 cm, soll keine Skizze, sondern ein in höchstens vier Farben fertig ausgeführter Entwurf sein und den Titel ‚Simplicissimus‘, sowie den Preis ‚10 Pfennig‘ in auffälligster Weise tragen. Letzter Einlieferungstermin ist der 1. Februar 1896.“ [Preisausschreiben für ein Plakat. In: Nachrichten aus dem Buchhandel, Nr. 297, 23.12.1895, S. 2363], die das/ie/ Albert Langen in München gründet und hoffe darin für meine Sachen Propaganda zu machen. Ich freue mich nur daß Ihnen mein Erdgeist gefallen hat. Das ist immerhin ein Sonnenstrahl.

Ich hätte garnicht geglaubt daß Sie so lange in Wien bleiben würden, da mir Donald von einer TournéeFrank Wedekind hatte bereits erwähnt, sein Bruder Donald Wedekind habe ihm von dieser geplanten Tournee berichtet [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz, 7.10.1895]. nach Paris und London erzählte, die Sie vorhätten. Ich siedle Ende dieser Woche nach Zürich über, Briefe werden mir aber nachgeschickt. | Bis Ende des Winters hoffe ich bis München vorgedrungen zu sein.

Und nun leben Sie wohl, lieber Herr Eisenschitz. Nochmal vielen Dank für alles. Das ManuscriptEs dürfte sich um ein Manuskript „Fritz Schwigerling“ gehandelt haben (siehe oben). darf ich Sie vielleicht bitten an folgende Adresse schicken zu wollen
Herrn
E. Tomarkinder mit Wedekind befreundete Elias Tomarkin, der in Zürich bei der Zimmerwirtin Elob. Feldmann (Dufourstraße 138) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1896, Teil I, S. 121] in Untermiete wohnte.
Dufourstrasse 138
Zürich.

Mit herzlichen Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.


[Druck:]


Lenzburg, 24. Oktober 1895.

Lieber Herr Eisenschitz! Verzeihen Sie, daß ich Ihnen so lange nicht geschrieben. Ich war vierzehn Tage mit einem Vortrag unterwegs. Jetzt danke ich Ihnen für alle Ihre Bemühungen. Mit dem Resultat muß man sich abfinden. Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich habe Ihnen von vornherein gesagt, daß ich wenig Vertrauen dareinsetze, daß irgendein Direktor sich so ohne weiteres an eines der Stücke wagen würde. Glauben Sie nicht, daß ich dabei irgendwie den Vortheil unterschätzte, den mir Ihre liebenswürdige Empfehlung bringen konnte und ja tatsächlich auch gebracht hat, indem die Direction das Stück sonst jedenfalls nicht so prompt erledigt haben würde. Gegenwärtig arbeite ich für eine neue Zeitschrift, die Albert Langen in München gegründet, und hoffe, darin für meine Sachen Propaganda zu machen. Ich freue mich nur, daß Ihnen mein „Erdgeist“ gefallen hat. Das ist immerhin ein Sonnenstrahl.

Ich siedle Ende dieser Woche nach Zürich über, Briefe werden mir aber nachgeschickt. Bis Ende des Winters hoffe ich bis München vorgedrungen zu sein.

Und nun leben Sie wohl, lieber Herr Eisenschitz. Nochmal vielen Dank für alles. Mit herzlichen Grüßen Ihr Frank Wedekind

Ständige Adresse: Leipzig, Langestraße 3.

p. ad. Herrn Dr. Heine.

Frank Wedekind schrieb am 31. Juli 1896 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Eisenschitz

[Hinweis in Frank Wedekinds Brief an Emilie Wedekind vom 1.8.1896 aus München:]


Nun ich die Ziffer genau weiß, habe | ich sie auch an Eisenschitz geschrieben […]

Otto Eisenschitz schrieb am 21. März 1898 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Eisenschitz vom 24.3.1898 aus Hannover:]


[...] ich danke Ihnen herzlich für Ihre Carte.

Frank Wedekind schrieb am 24. März 1898 in Hannover folgenden Brief
an Otto Eisenschitz

Ständige Adresse: Leipzig, Lampestraße 3.
p. ad. Herrn Dr. Heine.


Lieber Herr Eisenschitz,

ich danke Ihnen herzlich für Ihre Carte. Während den letzten zwei Jahren erhielt ich zu verschiedenen Malen Ihre Adresse von Ihnen zugeschickt, meine Verhältnisse waren aber so unbeständiger Natur, daß ich mich scheute darauf zu reagiren indem ich selten wußte wo ich vierzehn Tage später sein werde. Ich sehe daß Sie wissen, daß ich mich consolidirt habe und auch ich sende Ihnen, als liebem Collegen, meine besten Grüße. Vielleicht sehen wir uns früher wieder als ich | [...] | Tage schicke ich Ihnen eine Kritik über die Erdgeistaufführung zu; augenblicklich habe ich keine bei der Hand. ‒ Es thut mir sehr leid, daß ich Ihnen über meinen von mir sehr geliebten Bruder nicht mehr schreiben kann. Jedenfalls würde er sich sehr freuen, von Ihnen zu hören. Es ist wie gesagt lediglich meine Schuld, indem ich im Kampfe um eine entsprechende Position die Correspondenz in den letzten Monaten vernachlässigt habe.

Es freut mich sehr, daß ich Sie als Collegen begrüßen darf. Wenn wir nach Wien kommen, sind Sie sicher, daß mich mein erster Gang zu Ihnen führt. Unsere Berliner Erlebnisse so harmlos sie waren, sind mir immer eine sehr hübsche Erinnerung gewesen und ich wünsche nur daß wir uns baldmöglichst zu dritt wieder ebenso zusammen finden.

Mit herzlichem freundschaftlichen Gruß
Ihr
Frank Wedekind.


[Rekonstruktion:]


Ständige Adresse: Leipzig, Lampestraße 3.
p. ad. Herrn Dr. HeineDr. phil. Carl Heine in Leipzig (Lampestraße 3, 2. Stock) war als „Privatgelehrter“ [Leipziger Adreßbuch für 1898, Teil I, S. 312] verzeichnet; er war Direktor des Theaters der Literarischen Gesellschaft in Leipzig, für das er zu Beginn des Jahres Wedekind als Dramaturg und Schauspieler (Pseudonym: Heinrich Kammerer) engagiert hatte [vgl. Neuer Theater-Almanach 1899, S. 408] und das als Ibsen-Theater (Direktion: Carl Heine) gerade auf Tournee war..


Lieber Herr Eisenschitz,

ich danke Ihnen herzlich für Ihre Cartenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Eisenschitz an Wedekind, 21.3.1898. Auf der Postkarte dürfte eine Adresse mitgeteilt worden sein.. Während den letzten zwei Jahren erhielt ich zu verschiedenen Malen Ihre AdresseOtto Eisenschitz, der nach seinem mehrjährigen Aufenthalt in Mailand bis 1894 zunächst in Wien IX (Liechtensteinstraße 17) [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1895, Teil II, Sp. 273] und zwischenzeitlich in Wien VI (Getreidemarkt 17) [vgl. Lehmann’s Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1896, Teil VII, S. 197] gemeldet war, wohnte dann in Wien I (Opernring 13) [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1896, Teil II, Sp. 276], was er Wedekind auch mitgeteilt hatte [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz, 7.9.1895], und zog dann um nach Wien VII (Neustiftgasse 21) [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1897, Teil II, Sp. 288], wo er noch immer gemeldet war [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1898, Teil II, Sp. 291; Lehmann’s Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1898, Teil VII, S. 208; 1899, Teil VII, S. 212]. von Ihnen zugeschickt, meine Verhältnisse waren aber so unbeständiger Natur, daß ich mich scheute darauf zu reagiren indem ich selten wußte wo ich vierzehn Tage später sein werde. Ich sehe daß Sie wissenOtto Eisenschitz dürfte über Wedekinds Tätigkeit als Dramaturg in Leipzig (siehe oben) informiert gewesen und ihm das in seiner Postkarte (siehe oben) zu verstehen gegeben haben, die er insofern wohl nach Leipzig geschickt hat., daß ich mich consolidirt habe und auch ich sende Ihnen, als liebem CollegenOtto Eisenschitz war inzwischen als Dramaturg am Theater in der Josefstadt in Wien tätig [vgl. Neuer Theater-Almanach 1898, S. 561] und als solcher verzeichnet [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1898, Teil II, Sp. 291]., meine besten Grüße. Vielleicht sehen wir uns früher wieder als ich | [mir je erhoffte. Es ist nicht ausgeschlossen daß das Ibsen-Theater noch im Laufe des Sommers in Wien gastirt. Ich bin nicht sicher darüber, ob die Verhandlungen schon zum Abschluß gelangt sind, da ich mich seit geraumer Weile hier in Hannover aufhalteWedekind hielt sich im Zuge der Tournee des Ibsen-Theaters seit dem 21.3.1898 in Hannover auf [vgl. Wedekind an Berthold Auerbach, 21.3.1898]., um unsere hiesige Kampagne vorzubereiten. Wenn es zustande kommt, würde es wohl Anfang JuniDas Gastspiel des Ibsen-Theaters im Carl-Theater in Wien begann am 2.6.1898, wie die Presse meldete – „Morgen Donnerstag eröffnet das Ibsen-Theater aus Leipzig unter artistischer Leitung des Herrn Doctor Carl Heine seinen Gastspielcyklus“ [Neues Wiener Tagblatt, Jg. 32, Nr. 149, 1.6.1898, S. 9] – und als Programm ankündigte: „Gastspiel des Ibsen-Theaters. Donnerstag, den 2. Juni, ‚Rosmersholm‘. – Freitag, 3., zum ersten Male: ‚Die Frau vom Meere‘. – Samstag, 4., ‚Rosmersholm‘. – Sonntag, 5., zum ersten Male: ‚Der Erdgeist‘.“ [Repertoire des Carl-Theaters. In: Wiener Zeitung, Nr. 124, 1.6.1898, S. 8] Die im Rahmen des Gastspiels geplante „Erdgeist“-Vorstellung wurde zwar hervorgehoben: „Sonntag den 5. d. M. wird Herr Director Karl Heine das in Wien noch nicht bekannte moderne Drama ‚Erdgeist‘ von Frank Wedekind zur Darstellung bringen.“ [Neues Wiener Journal, Jg. 6, Nr. 1653, 1.6.1898, S. 6] Gespielt wurde aber am 5.6.1898 Henrik Ibsens „Nora“ und am 6.6.1898 „Gespenster“ [vgl. Arbeiter-Zeitung, Jg. 10, Nr. 154, 6.6.1898, Mittagsblatt, S. 3, 4]. Das Gastspiel war verlängert worden, wobei die „Erdgeist“-Premiere dann für den 11.6.1898 und eine weitere „Erdgeist“-Vorstellung für den 12.6.1898 angekündigt war [vgl. Arbeiter-Zeitung, Jg. 10, Nr. 156, 8.6.1898, Morgenblatt, S. 7], beides aber nicht zustande kam; am 11. und 12.6.1898 wurde vom Ensemble des Ibsen-Theaters abschließend das Ibsen-Stück „Der Volksfeind“ gespielt [vgl. Arbeiter-Zeitung, Jg. 10, Nr. 162, 14.6.1898, Morgenblatt, S. 5]. Resümiert wurde: „Die Censur, die Anstandsdame der Zucht und guten Sitte, ist in der letzten Zeit wieder besonders geschäftig gewesen“, es wurde „verboten: Frank Wedekind’s ‚Erdgeist‘, den das sogenannte Ibsen-Theater aus Leipzig hat vorführen wollen“ [Neues Wiener Journal, Jg. 6, Nr. 1668, 16.6.1898, 1]. sein. Gebe Gott, daß Sie dann noch in Wien sind. Ich hätte Ihnen gerne condolirt zu dem schweren Verlust den Sie durch den Tod MitterwurzersFriedrich Mitterwurzer, der bewunderte Charakterschauspieler am Wiener Hoftheater, der in Wien I (Opernring 13) gewohnt hatte [vgl. Neuer Theater-Almanach 1897, S. 530], starb im Alter von nur 54 Jahren am 13.2.1897 in Wien. Er dürfte Otto Eisenschitz, der dieselbe Adresse hatte (siehe oben), die Anstellung als Dramaturg am Theater in der Josefstadt (siehe oben) vermittelt haben, wie Wedekind andeutet., des Trägers Ihrer dramatischen Thätigkeit, erlitten aber ich wußte damals Ihre Adresse nicht und außerdem ging es auch mir selber nicht ganz grün. Haben Sie vielleicht über meine Erdgeist AufführungWedekinds Tragödie „Der Erdgeist“ (1895) war mit ihm in der Rolle des Dr. Schön unter der Regie von Carl Heine (siehe oben) am 25.2.1898 im Kristallpalast in Leipzig unter dem Titel „Der Erdgeist. Eine Burleske von Frank Wedekind“ [Leipziger Tageblatt, Jg. 92, Nr. 100, 25.2.1898, Morgen-Ausgabe, S. 1457] uraufgeführt worden; angekündigt war: „Die Litterarische Gesellschaft veranstaltet Freitag den 25. Februar ihren fünften Theaterabend. Zur Aufführung gelangt: Der Erdgeist, eine Burleske von Frank Wedekind. Der Erdgeist, der an diesem Abend seine Première erlebt, stellt eine völlig neue Gattung der modernen Dramatik dar. Das Drama ist für seine hiesige Aufführung vom Dichter einer Umarbeitung unterworfen worden, die der Bühnenwirkung des Stückes zum Vortheil gereichen dürfte. Die Aufführung findet im Theatersaale des Krystall-Palastes statt und beginnt pünctlich um 8 Uhr.“ [Leipziger Tageblatt, Jg. 92, Nr. 96, 23.2.1898, Morgen-Ausgabe, 5. Beilage, S. 1415] Das Ibsen-Theater ging mit dem Stück im Repertoire am 5.3.1898 auf Tournee und wurde auf diversen Gastspielstationen gespielt, nicht aber in Wien (siehe oben). in Leipzig etwas gelesen? Ich weiß noch nicht, ob ich es als einen Erfolg betrachten kann; die weiteren Schicksale des Stückes werden mich darüber belehren. Donald lebt seit zwei JahrenDonald Wedekind schrieb seinem Bruder seinerzeit „verschiedentlich von Paris“ [Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 10.5.1896]. ununterbrochen in Paris. Ich habe ihn seit unseren gemeinsamen ErlebnissenFrank und Donald Wedekinds Begegnungen mit Otto Eisenschitz in Berlin lagen etwa drei Jahre zurück. Otto Eisenschitz war nachweislich um den 5.4.1895 in Berlin, wie die Presse meldete: „Das für das Mitterwurzer-Gastspiel im Neuen Theater in Aussicht genommene Stück ‚Die Schlange‘ ist von der Polizeibehörde verboten worden. Der in Berlin anwesende Uebersetzer, Herr O. Eisenschitz, versucht, die Aufhebung des Verbotes für die Zeit des Gastspiels zu erwirken.“ [Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Jg. 34, Nr. 162, 5.4.1895, Morgen-Ausgabe, S. 3] Er könnte bereits zur Premiere eines Lustspiels – dem „kleinen italienischer Einakter ‚Er, sie und ich‘ von Roberto Bracco, deutsch von Otto Eisenschitz“ [Berliner Tageblatt, Jg. 24, Nr. 139, 17.3.1895, Morgen-Ausgabe, S. (3)] – am 16.1895 im Deutschen Theater in Berlin gewesen sein. Frühere Aufenthalte von ihm in Berlin – er kam, als er noch Korrespondent des „Berliner Tageblatt“ in Mailand war, am 1.12.1891 als Übersetzer zu einer Premiere nach Berlin [vgl. Berliner Tageblatt, Jg. 20, Nr. 610, 1.12.1891, Abend-Ausgabe, S. (3)] sowie am 20.3.1894: „Giacinto Giacosa, der Dichter des Dramas ‚Sündige Liebe‘, trifft heute in Berlin ein, um den letzten Proben seines Werkes beizuwohnen. Sein Uebersetzer, Otto Eisenschitz, weilt bereits seit dem Dienstag in Berlin“ [Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Jg. 33, Nr. 136, 22.3.1894, Morgen-Ausgabe, S. 5] – kommen nicht in Frage, da Frank Wedekind sich da nicht in Berlin aufhielt. Sein Bruder Donald Wedekind hatte ihn wohl 1895 mit Otto Eisenschitz bekannt gemacht, wie dieser später berichtete: „Frank Wedekind [...] hatte ich durch seinen mir befreundeten Bruder Donald [...] kennengelernt.“ [Otto Eisenschitz: Briefe von Frank Wedekind. Aus seinen Anfängen. In: Neues Wiener Journal, Jg. 26, Nr. 8749, 12.3.1918, S. 3] in Berlin kaum einige Tage mehr gesehen. Ich habe ihm seit Jahren nicht mehr geschrieben, werde es nun aber auch nicht länger aufschieben. Sobald ich in meiner neuen Sphäre einigermaßen festen Fuß gefaßt, werde ich ihn aus seiner Weltabgeschiedenheit herausholen. Nächster] | Tage schicke ich Ihnen eine Kritik über die Erdgeistaufführung zu; augenblicklich habe ich keine bei der Hand. ‒ Es thut mir sehr leid, daß ich Ihnen über meinen von mir sehr geliebten Bruder nicht mehr schreiben kann. Jedenfalls würde er sich sehr freuen, von Ihnen zu hören. Es ist wie gesagt lediglich meine Schuld, indem ich im Kampfe um eine entsprechende Position die Correspondenz in den letzten Monaten vernachlässigt habe.

Es freut mich sehr, daß ich Sie als Collegen begrüßen darf. Wenn wir nach Wien kommen, sind Sie sicher, daß mich mein erster Gang zu Ihnen führt. Unsere Berliner Erlebnisse so harmlos sie waren, sind mir immer eine sehr hübsche Erinnerung gewesen und ich wünsche nur daß wir uns baldmöglichst zu dritt wieder ebenso zusammen finden.
Mit herzlichem freundschaftlichen Gruß
Ihr
Frank Wedekind.


[Druck:]


Lieber Herr Eisenschitz, ich danke Ihnen herzlich für Ihre Karte. Während der letzten zwei Jahre erhielt ich zu verschiedenen Malen Ihre Adresse von Ihnen zugeschickt, meine Verhältnisse aber waren aber so unbeständiger Natur, daß ich mich scheute, darauf zu reagieren indem ich selten wußte, wo ich vierzehn Tage später sein werde. Ich sehe, daß Sie wissen, daß ich mich konsolidiert habe und auch ich sende Ihnen, als liebem Kollegen, meine besten Grüße. Vielleicht sehen wir uns früher wieder, als ich mir je erhofft. Es ist nicht ausgeschlossen, daß das Ibsen-Theater noch im Laufe des Sommers in Wien gastiert. Ich bin nicht sicher darüber, ob die Verhandlungen schon zum Abschluß gelangt sind, da ich mich seit geraumer Weile hier in Hannover aufhalte, um unsere hiesige Kampagne vorzubereiten. Wenn es zustande kommt, würde es wohl Anfang Juni sein. Gebe Gott, daß Sie da noch in Wien sind. Ich hätte Ihnen gerne kondoliert zu dem schweren Verlust, den Sie durch den Tod Mitterwurzers, des Trägers Ihrer dramatischen Tätigkeit, erlitten, aber ich wußte damals Ihre Adresse nicht und außerdem ging es auch mir selber nicht ganz grün.

Haben Sie vielleicht über meine Erdgeistaufführung in Leipzig etwas gelesen? Ich weiß noch nicht, ob ich es als einen Erfolg betrachten kann; die weiteren Schicksale des Stückes werden mich darüber belehren. Donald lebt seit zwei Jahren ununterbrochen in Paris. Ich habe ihn seit unseren gemeinsamen Erlebnissen in Berlin kaum einige Tage mehr gesehen. Ich habe ihm seit Jahren nicht mehr geschrieben, werde es nun aber auch nicht länger aufschieben. Sobald ich in meiner neuen Sphäre einigermaßen festen Fuß gefaßt, werde ich ihn aus seiner Weltabgeschiedenheit herausholen. Nächster Tage schicke ich Ihnen eine Kritik zu; augenblicklich habe ich keine bei der Hand. Es tut mir sehr leid, daß ich Ihnen über meinen von mir sehr geliebten Bruder nicht mehr schreiben kann. Jedenfalls würde er sich sehr freuen, von Ihnen zu hören. Es ist, wie gesagt, lediglich meine Schuld, indem ich ich Kampfe um eine entsprechende Position die Korrespondenz in den letzten Monaten vernachlässigt habe.

Wenn wir nach Wien kommen, sind Sie sicher, daß mich mein erster Gang zu Ihnen führt. Unsere Berliner Erlebnisse sind mir immer eine sehr hübsche Erinnerung gewesen und ich wünsche nur, daß wir uns baldmöglichst zu Dritt wieder ebenso zusammenfinden. Mit herzlichem freundschaftlichen Gruß Ihr
Frank Wedekind.

Frank Wedekind schrieb am 8. Januar 1900 in Festung Königstein folgenden Brief
an Otto Eisenschitz

Mein lieber alter FreundOtto Eisenschitz in Wien (VIII, Langegasse 44) [vgl. Lehmann’s Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger für Wien 1900, Teil VII, S. 215], Dramaturg am Theater in der Josefstadt [vgl. Neuer Theater-Almanach 1900, S. 567].,

lang lang ists her, seit wir uns gesehenFrank Wedekind traf Otto Eisenschitz mit Donald Wedekind im Frühjahr 1895 in Berlin und hatte bereits an die dortigen gemeinsamen Erlebnisse erinnert [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz. Hannover, 24.3.1898].. Es wundert mich übrigens außerordentlich, daß wir einander vor zwei Jahren nicht in Wien begegnetwährend des Gastspiels des Ibsen-Theaters (Direktion: Carl Heine) in Wien vom 2.6.1898 bis 12.6.1898 in, dessen Ensemblemitglied Wedekind seinerzeit war. Wedekind hatte das Wiener Gastspiel angekündigt [vgl. Wedekind an Otto Eisenschitz. Hannover, 24.3.1898]. sind. Ich hatte freilich von früh bis gen Mitternacht Arbeit vollauf sonst würde ich Sie wol aufgestöbert haben. Es ist nicht ausgeschlossen daß ich | im Lauf des nächsten Sommers wieder nach Wien komme. Vor der Hand besuche ich nach Abschluß meiner HaftWedekind wurde am 3.2.1900 aus der Festungshaft entlassen, die er auf der Festung Königstein wegen Majestätsbeleidigung absaß. meinen Freund Dr. Heine in HamburgDr. phil. Carl Heine in Hamburg (Eichenallee 11), dort inzwischen „Director des Carl Schultze-Theater“ [Hamburger Adreß-Buch 1900, Teil III, S. 256]., mit dem ich seinerzeit in Wien war und gehe dann nach München zurück um mich in meiner so schmählich unterbrochenen SchauspielereiWedekind war vor seiner Flucht in die Schweiz am 30.10.1898 infolge der Majestätsbeleidigungsaffäre um den „Simplicissimus“ am Münchner Schauspielhaus als Sekretär, Dramaturg und Schauspieler tätig gewesen. weiter zu bilden.

Wie geht es Ihnen? Sie | leben und wirken auch nur noch als Priester ThaliensAnhänger der Thalia, der Muse des Lustspiels oder des Schauspiels überhaupt ‒ ein Stückeschreiber (die bewusst antiquierte Periphrase war eher im frühen 19. Jahrhundert gebräuchlich). Wedekind spielt darauf an, dass der Schriftsteller und Übersetzer Otto Eisenschitz nur noch als Dramaturg am Theater in der Josefstadt wirkte [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1900, Teil II, Sp. 305].. Ich sehne mich hier obenauf der Festung Königstein, wo Wedekind wegen Majestätsbeleidigung inhaftiert war (sie liegt oberhalb des Ortes Königsstein auf einem Felsplateau des Elbsandsteingebirges). danach zurück wie sich ein Fisch auf denSchreibversehen, statt: dem. Trocknen nach dem Wasser sehnen muß.

Mein Bruder Donald lebt in Zürich ziemlich einsam, mit Journalistik beschäftigSchreibversehen, statt: beschäftigt.. Der Strom des Lebens hat ihn noch nicht in den Strudel hineingerissen. Seine Adresse ist ManeggasseSchreibversehen, statt: Maneggstraße (in Zürich gab es keine Manegggasse). Donald Wedekind wohnte in der Maneggstraße 5 in Untermiete (er war jedenfalls unter dieser Adresse nicht namentlich in den Adressbüchern verzeichnet). 5. Es wird indessen | wol nicht lange dauern, dann treibt er auch wieder auf hohem Meer.

Seien Sie herzlich gegrüßt mein lieber Herr Eisenschitz. In der Erwartung eines baldigen Wiedersehens
Ihr
Frank Wedekind.


Festung Königstein

8. Januar 1900.


[Druck:]

Mein lieber alter Freund, lang, lang ist’s her, seit wir uns gesehen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ich im Lauf des nächsten Sommers wieder nach Wien komme. Vor der Hand besuche ich nach Abschluß meiner Haft meinen Freund Dr. Heine in Hamburg, mit dem ich seinerzeit in Wien war, und gehe dann nach München zurück, um mich in meiner so schmählich unterbrochenen Schauspielerei weiter zu bilden.

Wie geht es Ihnen? Sie leben und wirken auch nur noch als Priester Thaliens. Ich sehne mich hier oben danach zurück, wie sich ein Fisch auf dem Trockenen nach dem Wasser sehnen muß.

Mein Bruder Donald lebt in Zürich ziemlich einsam, mit Journalistikbeschäftigung. Der Strom des Lebens hat ihn noch nicht in den Strudel hineingerissen. Es wird indessen wohl nicht lange dauern, dann treibt er auch wieder auf hohem Meer.

Seien Sie herzlich gegrüßt, mein lieber Herr Eisenschitz. In der Erwartung eines baldigen Wiedersehens Ihr
Frank Wedekind.

Festung Königstein, 8. Januar 1900.

Otto Eisenschitz schrieb am 10. Oktober 1900 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Eisenschitz vom 1.11.1900 aus München:]


[...] daß ich heute erst dazu komme Ihre liebenswürdigen Zeilen zu beantworten.

Frank Wedekind schrieb am 1. November 1900 in München folgenden Brief
an Otto Eisenschitz

Frank Wedekind.

MÜNCHEN, den 1. Nov. 1900.
Franz Josefstr. 42/II


Mein lieber Freund,

verzeihen Sie, daß ich heute erst dazu komme Ihre liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Eisenschitz an Wedekind, 10.10.1900. Otto Eisenschitz hatte Wedekind angeboten, den „Kammersänger“ zu übersetzen und dessen Autorisation dazu erbeten (siehe unten). zu beantworten. Ich habe nämlich die letzten schönen TageWedekind unternahm mit Max Halbe Radtouren [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 10.10.1900]. des Jahres dazu benutzt, mir die Berge noch einmal von der Nähe anzusehen. Ihr freundliches Anerbieten ist mir sehr willkommen. Ich schicke Ihnen hiemit also die formelle Autorisationentweder der vorliegende Brief – oder die Autorisation Wedekinds zu einer Übersetzung des „Kammersänger“ durch Otto Eisenschitz (siehe unten) war in einer nicht überlieferten Beilage formuliert. vo/zur/ ÜbersetzungEine Übersetzung von Wedekinds Einakter „Der Kammersänger“ (1899) in das Französische oder Italienische durch Otto Eisenschitz, der aus beiden Sprachen Stücke für das Theater in der Josefstadt übertrug, ist nicht ermittelt. Im Theater in der Josefstadt hatte am 9.10.1900 der von Otto Eisenschütz aus dem Französischen übersetzte Schwank „Der schönste Zeitvertreib“ (nach dem Vaudeville „Joli Sport“ von Paul Dehère und Maurice Froyez) Premiere gehabt, von da ab ein Repertoirestück des Theaters; das von ihm aus dem Italienischen übersetzte Lustspiel „Er, sie und er“ (nach einem Stück von Roberto Bracco) stand seit der Premiere am 23.2.1900 auf dem Spielplan. des „Kammersängerund unter Theilung der Tantiemen zu gleichen Theilen zwischen Ihnen und mir. | Ihre Aufführung in WienOtto Eisenschitz war Dramaturg am Theater in der Josefstadt (Direktion: Josef Jarno) in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 550], wo am 26.10.1900 Wedekinds Einakter „Der Kammersänger“ Premiere hatte – im Rahmen eines Einakter-Abends, an dem Wedekinds Stück zwischen dem Lustspiel „Sommerregen“ (von Heinrich Vollrat Schumacher aus dem Französischen übersetzt) und der Operette „Madame Ledig“ (von Carl Henop und Benjamin Schier sen. mit Musik von Eduard Kremser) aufgeführt und danach in das Repertoire des Theaters aufgenommen wurde (die nächsten Vorstellungen fanden am 27., 28. und 30.10.1900 statt). Den Gerardo spielte Josef Jarno, den Professor Dühring Fritz Straßny (siehe unten). muß eine geradezu glänzende gewesen sein. Ich konnte das aus den KritikenDie Wiener Presse besprach die „Kammersänger“-Premiere im Theater in der Josefstadt (siehe oben) recht anerkennend: „Diese Bühne hatte gestern einen glücklichen Abend.“ Man habe bereits das Berliner Gastspiel im Sommer am Theater in der Josefstadt gelobt, aber die „Wirkung war gestern größer. Die Darstellung stand […] hoch über die der Berliner. Director Jarno in der Titelrolle errang einen großen Erfolg. Er hat eine so glänzende Leistung noch nicht in Wien geboten. Mit jedem Blick, mit jedem Satz, mit jeder Geberde zündete er. Herr Straßny spielte den alten Componisten zu polternd, nicht einfach genug, aber immerhin acceptabel.“ [Neues Wiener Journal, Jg. 8, Nr. 2518, 27.10.1900, S. 8] Das Stück sei „bald komisch, bald rührend, dann gar tragisch, und zum Schlusse wieder possenhaft. […] Herr Jarno spielte den Kammersänger in einer wirkungsvollen Weise, obwohl er, wie es schien, gegen eine Unpäßlichkeit anzukämpfen hatte, der es vielleicht zuzuschreiben war, daß er oft in einen zu ernsten Ton verfiel. Herr Straßny holte sich lebhaften Beifall in der Rolle des Professors Dühring“ [Neues Wiener Tagblatt, Jg. 34, Nr. 295, 27.10.1900, S. 7f.]. „Herr Jarno spielte den Kammersänger mit elegantem Pathos, Herr Straßny versuchte dem alten Komponisten nicht ohne Glück einige tragische Momente abzugewinnen.“ [Neue Freie Presse, Nr. 12995, 27.10.1900, Morgenblatt, S. 6] „Wenn auch die gestrige Aufführung nicht an die der Berliner hinanreichte, so war sie doch im ganzen gut, insbesondere war Herr Jarno als Kammersänger von jener trockenen und sicheren Komik, die diese Rolle erfordert.“ [Arbeiter-Zeitung, Jg. 12, Nr. 295, 27.10.1900, Morgenblatt, S. 6] „Doch nicht die äußere Handlung des Stückes, so geschickt sie aufgebaut ist, bildet den Reiz des Stückes, sondern die zahllosen geistreichen Aperçues über die Künstler und ihre Beziehungen zum Publikum, die gestern sehr häufig mit demonstrativem Beifalle aufgenommen wurden. Herr Jarno schuf aus dem Kammersänger ein schauspielerisches Cabinetstück, das gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Neben ihm“ sei „in höchst angenehmer Weise Herr Straßny“ aufgefallen [Deutsches Volksblatt, Jg. 12, Nr. 4245, 27.10.1900, Morgen-Ausgabe, S. 9]. sehr wol heraus lesen. Der Professor DühringFritz Straßny, Schauspieler am Theater in der Josefstadt in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 550], spielte in der Wiener „Kammersänger“-Inszenierung von der Presse durchaus verhalten gelobt die Rolle des Professor Dühring (siehe oben). so vorzüglich er gewesen sein mag, muß Herrn Jarno gegenüber einen schweren Stand gehabt haben. Das will um so mehr heißen, da die Rolle des GerardoJosef Jarno, Direktor des Theaters in der Josefstadt in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 550], spielte in der Wiener „Kammersänger“-Inszenierung von der Presse gelobt die Titelrolle des Gerardo (siehe oben). doch nicht so dankbar ist wie die des alten Musikers. Wollen Sie bitte den Herren meinen aufrichtigen herzlichen Dank für das glückliche Gelingen des Unternehmens sagen. Besonders Herrn Jarno fühle ich mich für die Riesen-Anstrengung, die die Rolle des Gerardo | beansprucht und die er in für mich so glücklicher Weise überwunden, verpflichtet.

Es ist sehr wol möglich, daß ich im Laufe dieses Winters einmal nach Wien kommeWedekind reiste im Winter nicht nach Wien.; es wird mir dann eine große Freude sein, Sie wiederzusehen und Ihren schönen erfreulichen Wirkungskreis kennen zu lernen. Indessen verbleibe ich mit den herzlichsten Grüßen als ganz der Ihre
Frank Wedekind.


Ein Exemplar Marquis v Keith werde ich morgen an Sie abgehenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreibens zur Buchsendung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Otto Eisenschitz, 2.11.1900. Otto Eisenschitz erhielt ein Exemplar der ersten Buchausgabe des „Marquis von Keith. (Münchener Scenen)“ (1901), die im Albert Langen Verlag in München [vgl. KSA 4, S. 425] vordatiert bereits erschienen war [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Nr. 252, 29.10.1900, S. 8812]. lassen.


[Druck:]


München, den 1. November 1900.

Mein lieber Freund, verzeihen Sie, daß ich heute erst dazu komme, Ihre liebenswürdigen Zeilen zu beantworten. Ich habe nämlich die letzten schönen Tage des Jahres dazu benutzt, mir die Berge noch einmal von der Nähe anzusehen. Die Aufführung des „Kammersänger“ in Wien muß eine geradezu glänzende gewesen sein. Ich konnte dies aus den Kritiken sehr wohl heraus lesen. Der Professor Dühring, so vorzüglich er gewesen sein mag, muß Herrn Jarno gegenüber einen schweren Stand gehabt haben. Das will um so mehr heißen, da die Rolle des Gerardo doch nicht so dankbar ist wie die des alten Musikers. Wollen Sie bitte den Herren meinen aufrichtigen herzlichen Dank für das glückliche Gelingen des Unternehmens sagen. Besonders Herrn Jarno fühle ich mich für die Riesenanstrengung, die die Rolle des Gerardo beansprucht und die er in für mich so glücklicher Weise überwunden, verpflichtet.

Es ist sehr wohl möglich, daß ich im Laufe dieses Winters einmal nach Wien komme; es wird mir dann eine große Freude sein, Sie wieder zu sehen und Ihren schönen erfreulichen Wirkungskreis kennen zu lernen. Indessen verbleibe ich mit den herzlichsten Grüßen als ganz der Ihre Frank Wedekind.

Ein Exemplar Marquis v. Keith werde ich morgen an Sie abgehen lassen.

Frank Wedekind schrieb am 2. November 1900 in München folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Otto Eisenschitz

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Eisenschitz vom 1.11.1900 aus München:]


Ein Exemplar Marquis v Keith werde ich morgen an Sie abgehen lassen.

Otto Eisenschitz schrieb am 3. November 1900 in Wien folgendes Erschlossenes Korrespondenzstück
an Frank Wedekind

[Hinweis in Wedekinds Brief an Otto Eisenschitz vom 3.12.1900 aus München:]


[...] höchste Zeit, daß ich Ihnen Ihre liebenswürdigen Zeilen beantworte [...]

Frank Wedekind schrieb am 3. Dezember 1900 in München folgenden Brief
an Otto Eisenschitz

Mein lieber Freund, trotz einer schwierigen ArbeitWedekind dürfte entweder an seinem Romanmanuskript „Mine Haha“ gearbeitet haben [vgl. KSA 5/I, S. 1054f.] oder an seinem Dramenprojekt „Das Sonnenspectrum“ [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 10.10.1900]., die mich augenblicklich beschäftigt, ist es doch höchste Zeit, daß ich Ihnen Ihre liebenswürdigen Zeilennicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Otto Eisenschitz an Wedekind, 3.11.1900. Otto Eisenschitz, Dramaturg am Theater in der Josefstadt in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 550], schrieb Wedekind von der geplanten Inszenierung des „Marquis von Keith“ und informierte ihn darüber, der Direktor selbst werde die Titelrolle übernehmen (siehe unten). beantworte, da Sie im Dezember durch München zu kommen gedachten und es mir sehr schmerzlich wäre, wenn wir kein Wiedersehen feiern könnten. Wollen Sie mir also, bitte, sobald Sie dessen sicher sind, den Tag Ihrer Ankunft mitteilen.

Es war mir eine große Freude, von Ihnen zu hören, daß Herr Direktor Jarno selbst die Rolle des MarquisJosef Jarno, Direktor des Theaters in der Josefstadt in Wien [vgl. Neuer Theater-Almanach 1901, S. 550], spielte in der Inszenierung des „Marquis von Keith“ (1901) an seinem Theater, die dann allerdings erst am 30.4.1903 Premiere hatte (Regie: Josef Jarno), die Titelrolle [vgl. Wiener Zeitung, Nr. 98, 30.4.1903, S. 12]. Die Presse hatte aber schon früh gemeldet: „Director Jarno hat das neueste Werk Wedekind’s ‚Marquis von Keith‘ zur Aufführung im Theater in der Josefstadt angenommen.“ [Neues Wiener Journal, Jg. 8, Nr. 2523, 1.11.1900, S. 8] bei der Aufführung an Ihrem Theater spielen will. Ich setze in seine Interpretation ein unbeschränktes Vertrauen und habe um so mehr Ursache mich dieser Fügung zu erfreuen, da ich mir einerseits nicht verhehle, wie schwer die Rolle ist, und anderseits glaube, daß eine vollendete Darstellung derselben auch unter schwierigen Verhältnissen das ganze Stück tragen kann. Aber über all diese Dinge wird sich viel ergiebiger mündlich reden lassen. Es soll mir ein großes Vergnügen sein, wenn ich Ihnen bei Ihrem Aufenthalt in München als Mentor dienen kann, obschon mein Verkehr nicht über die hiesigen literarischen Kreise hinausreicht. Immerhin glaube ich, daß Sie es nicht bereuen würden, einige Abende in unserer Gesellschaft verlebt zu haben. Also schreiben Sie mir, bitte, recht bald, wann ich Sie erwarten darf. Hoffentlich haben Sie keine anderen Dispositionen getroffen oder gelangen diese Zeilen nicht schon zu spät an Sie.

Mit den herzlichsten Grüßen auf baldiges Wiedersehen Ihr
Frank Wedekind.

München, 3. Dezember 1900.