Kennung: 606

München, 3. September 1912 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Schlenther, Paul

Inhalt

München, 3. September 1912.


Sehr verehrter Herr DoctorHofrat Dr. phil. Paul Schlenther in Berlin-Wilmersdorf (Kaiserplatz 14) [vgl. Berliner Adreßbuch 1913, Teil I, S. 2717].!

Wollen Sie erlauben, Ihnen für das große augenfällige Wohlwollen, mit dem Sie meines Einakters wie meiner Anwesenheit in Ihrer Besprechung der Hamburger Feierdie Feierlichkeiten zur Eröffnung des mit 1300 Plätzen ausgestatteten Neubaus des Thalia-Theaters (Direktion: Max Bachur) am 31.8.1912 [vgl. Neuer Theater-Almanach 1913, S. 459] in Hamburg (Alsterthor 1) [vgl. Hamburger Adressbuch 1913, Teil II, S. 854]; gespielt wurde in einer Doppelvorstellung das Festspiel „Der Einzug“ von Otto Ernst und Wedekinds Einakter „Der Kammersänger“ von Mitgliedern des Ensembles unter der Regie von Leopold Jessner. Wedekind war nach Hamburg gereist, im Tagebuch entsprechend notiert – am 30.8.1912 („Fahrt nach Hamburg Treffe vor dem Theater Jeßner und die Franck-Witt, wir begleiten sie nach Hause. Essen bei Siechen zu Abend“), am 31.8.1912 („Kammersängerprobe. Spaziergang mit Jeßner und Käthe Frank-Witt an der Alster Mittagbrod mit Jeßner. [...] Eröffnungsvorstellung des neuen Thaliatheaters. Großes Diner im Hamburger Hof. Mit Schlenther Holzbock und Osborn im Alsterkafé“), am 1.9.1912 („Mit Jeßner gespeist. [...] mit Direktor Jeßner und Adolf Paul bei Siechen“), am 2.9.1912 („Abendessen im Ratskeller. Rückfahrt nach München“) und am 3.9.1912 („Ankunft in München“) – den vorliegenden Brief hat Wedekind noch am Tag seiner Rückkehr nach München geschrieben. ErwähnungPaul Schlenther, der vor allem das Festbankett der Eröffnungsfeier des Thalia-Theaters am 31.8.1912 (siehe oben) mit etwa 300 Gästen im Hotel Hamburger Hof besprach, hat Wedekind in seiner Besprechung erwähnt: „Von Autoren waren außer den beiden Dichtern der Festvorstellung Frank Wedekind und Otto Ernst noch Adolf Paul, Viktor Hahn, Georg Engel, Erich Korn, Friedmann-Frederich, Rudolf Lothar [...] und der Verfasser der ersten Novität im neuen Thaliatheater Rudolf Herzog zugegen. [...] Noch vor dem Rebhuhn verherrlichte Barnay die jetzigen Künstler des Thaliatheaters, die sich besonders in Wedekinds ‚Kammersänger‘ wirklich ausgezeichnet hatten; sogar der Dichter war beglückt.“ [P.S.: Ein Hamburger Theaterfest. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 446, 2.9.1912, Montags-Ausgabe, S. (2-3)] taten, aufrichtigen herzlichen Dank zu sagen. Nach dreiundzwanzigjährigerDie Bekanntschaft Wedekinds mit Paul Schlenther währte 23 Jahre und datierte demnach seit Wedekinds erstem Aufenthalt in Berlin 1889 [vgl. Kutscher 1, S. 187-189]. Wedekind hielt sich seinerzeit vom 18.5.1889 [vgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 19.5.1889] bis 4.7.1889 [vgl. Tb] in Berlin auf, wo Paul Schlenther wohnte (Köthenerstraße 46) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1889, Teil I, S. 1021]. Bekanntschaft und reichlichster Erfahrung der Unbeugsamkeit, mit der Sie auf Ihren literarischen ForderungenPaul Schlenther ist erst nach seiner Zeit als Direktor des Wiener Burgtheaters (1898 bis 1910) öffentlich als Kritiker Wedekinds in Erscheinung getreten (in den Urteilen gemischt, aber von Respekt für Wedekinds dichterische und schauspielerische Leistung getragen), zuerst in einer Besprechung von Wedekinds Berliner Gastspiel in „Die Zensur“ und „Der Liebestrank“ am Kleinen Theater [vgl. P.S.: Kleines Theater. In: Berliner Tageblatt, Jg. 39, Nr. 509, 7.10.1910, Morgen-Ausgabe, S. (2)], zuletzt mit Besprechungen des Wedekind-Zyklus am Deutschen Theater zu Berlin [vgl. P.S.: Frank-Wedekind-Spiele. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 276, 2.6.1912, Morgen-Ausgabe, S. (2); P.S.: Der Zwergriese. In: Berliner Tageblatt, Jg. 41, Nr. 281, 5.6.1912, Morgen-Ausgabe, S. (2)]. bestehen, | müssen mir Ihre freundlichen Worte mehr als eine vorübergehende Freude sein. Vielleicht glauben Sie es auch dem Interesse, das wir an Menschen nehmen, die uns Jahre hindurch zu denken geben, daß das kurze ZwiegesprächWedekind hat mit Paul Schlenther in Hamburg abends am 31.8.1912 gesprochen (siehe oben). mit Ihnen, geehrter Herr Doctor, mir als der ertragreichste Augenblick des Festes in Erinnerung ist.

Mit hochachtungsvollem Gruß
Ihr ergebener
Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Kariertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14,5 x 23 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    3. September 1912 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin-Wilmersdorf
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Deutsches Literaturarchiv Marbach

Schillerhöhe 8-10
71672 Marbach am Neckar
Deutschland

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
B: Wedekind, Frank
Signatur des Dokuments:
B: Wedekind, Frank 57.253
Standort:
Deutsches Literaturarchiv Marbach (Marbach am Neckar)

Danksagung

Wir danken dem Deutschen Literaturarchiv Marbach für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Paul Schlenther, 3.9.1912. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (03.12.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Mirko Nottscheid

Überarbeitet von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

21.08.2024 17:20