Hochverehrter Herr Harden!
Jetzt ist wieder Ruhe und Einklang um mich her und die Angelegenheiten gehen
einen vernünftigen
menschenwürdigen Gang. Das alles danke ich Ihnen. Erlauben Sie mir noch auf
eine Bemerkung Ihres letzten Briefesvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 7.5.1910. | zurückzukommen, in dem Sie fast
bedauerten, daß Ihre Verwendung einen so promtenSchreibversehen, statt: prompten. Erfolg hatte.Ich
kann von diesem Bedauern nichts mitempfinden. Alles das, was C. jetzt bewogen hat, die
Sache doch zu erledigen, hätte er
einigermaßen überblicken, vorausahnen können. Von alledem hatte weder in seinem
Empfindungsvermögen noch in seinem Begriffsvermögen eine Idee Platz. Dieser
Thatsache | wegen danke ich Ihnen und meinem Schicksal jeden Tag, daß ich die
Beziehungen losgewordenWedekinds Trennung von seinem Verleger Bruno Cassirer (siehe die vorangehende Korrespondenz mit Maximilian Harden). bin. Sie sind so liebenswürdig, S/s/ich nach meiner
nächsten Arbeit zu erkundigen. Es sind dies drei zusammenhängende Einakter„In allen Sätteln gerecht“ (erster Teil), „Mit allen Hunden gehetzt“ (zweiter Teil) und „In allen Wassern gewaschen“ (dritter Teil), 1910 jeweils in Einzelausgaben im Georg Müller Verlag erschienen [vgl. KSA 7/II, S. 690], wurden 1912 zum dreiaktigen Schauspiel „Schloß Wetterstein“ zusammengefasst [vgl. KSA 7/II, S. 692]. Maximilian Harden hatte den dritten Einakter „In allen Wassern gewaschen“ vor einigen Wochen bereits als maschinenschriftlichen Durchschlag erhalten [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 24.4.1910]., von
denen ich Ihnen den ersten
nächste Woche zuschicken zu können
hoffe. Ansonsten habe ich etwas über
Theater spielen geschrieben mit
besondern Bezug auf die Dramatik Herbert EulenbergsAusführungen in der Broschüre „Schauspielkunst“ (1910 im Georg Müller Verlag erschienen), in der ein Abschnitt „Herbert Eulenberg“ [KSA 5/II, S. 369f.] überschrieben ist, eine Würdigung von Herbert Eulenbergs Trauerspiel „Leidenschaft“ (1901), dem eine verfehlte Aufführungspraxis und die Theaterkritik nicht gerecht würde, und verstreute solidarische Bemerkungen zu dem Dramatiker. Wedekind hatte am 17.5.1910 notiert: „Schauspielkunst fertig diktiert an Müller geschickt“ [Tb]; am 10.6.1910 hielt er fest: „Bringe letzte Korrektur Schauspielkunst zu Müller.“ [Tb]. Sobald Druckbogen davon zu
haben | sind, werde ich mir die Ehre nehmen, sie Ihnen zuzuschicken. Sie
schrieben mir in Ihrem letzten Briefvgl. Maximilian Harden an Wedekind, 7.5.1910., daß Sie sehr viel zuthun haben. Ich freue
mich mit Deutschland in der Zukunft +++r.
Deshalb habe ich auch einige Wochen Zeit durch Briefe
in Anspruch zu nehmen. Meine
Frau und ich studierenFrank und Tilly Wedekind hatten für den zweiten Wedekind-Zyklus am Münchner Schauspielhaus (Direktion: Georg Stollberg) vom 1. bis 30.7.1910 die Stücke „So ist das Leben“, „Marquis von Keith“, „Erdgeist“, „Musik“, „Die Zensur“, „Der Kammersänger“ und „Hidalla“ zu proben. augenblicklich für unser Juli Gastspiel am hiesigen Schauspielhaus. Jedenfalls | werde ich keine Gelegenheit versäumen, um Sie,
verehrter Herr Harden, recht bald wiederzusehen. Sie haben mir sehr viel
Schönes gezeigt, was ich von Ihnen lernen zu können hoffe.
Mit bester Empfehlung auch an Ihre verehrte Frau Gemahlin
von uns beiden
Ihr dankbar ergebener
Frank Wedekind.
München 18.5.10.