Kennung: 5038

München, 10. Juli 1889 (Mittwoch), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Emilie

Inhalt

München 10.VII.89.


Liebe Mama,

in aller Eile nur einige Zeilen da ich fürchte mein letzter Briefvgl. Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 3.7.1889. könne dich beunruhigt haben. Ich bin seit Freitag hier und fühle mich sehr glücklich zumal da es mit meiner ArbeitDie in Berlin begonnene Arbeit an seinem Lustspiel „Kinder und Narren“ setzte Wedekind in München fort [vgl. KSA 2, S. 632-637]. rascher vorwärts geht als in Berlin. Man kommt sich hier wie auf dem Lande vor. Unvergleichlich reinere Luft und eine herrliche Umgebung. Was Verkehr anlangt ist München gegen Berlin freilich das reine BuxdehudeDie norddeutsche Stadt Buxtehude dient als Toponym für einen provinziellen Ort fernab der Zivilisation.. Ich denke du wirst Dich nun auch in das Unabänderliche ge|funden haben. Ich habe Berlin sehr viel zu verdanken und werde n/d/ie kurze Zeit meines Aufenthaltes niemals verwünschen. Hier hab ich indessen e/die/ angenehmste Gesellschaft vorgefunden wenn auch eben nicht viel, da gegenwärtig Ferien sind. Schon am ersten Abend war ich mit einer Gesellschaft von zirka 20 Personen Herren und Damen darunter eine Ibsen-ÜbersetzerinEmma Klingenfeld übersetzte seit 1875 Werke von Henrik Ibsen. Wedekind traf sie bereits an seinem Ankunftstag in München: „Auf dem Hackerkeller find ich die ganze Gesellschaft versammelt […] Fräulein Klingenfeld, die Ibsenübersetzerin“ [Tb 5.7.1889]. auf dem Hackerkeller. Außerdem hab ich indessen verschiedene mir bekannte PrivatdocentenIm Tagebuch erwähnt Wedekind seit seiner Rückkehr nach München zwei Treffen mit Franz Muncker, seit 1879 Privatdozent für Literaturgeschichte an der Ludwigs-Maximilian-Universität: „Nachdem ich vorzüglich geschlafen geh ich zu Dr. Munker“ [Tb 6.7.1889]. „Darauf auf den Hofbräukeller wo ich Dr. Munker in Gesellschaft dreier Juden treffe, eines Assesors und zweier Studenten“ [Tb 7.7.1889]. Außerdem ein Treffen mit Karl Güttler, Privatdozent für Philosophie: „Darauf in den Hofbräukeller wo ich unversehens mit Doktor Güttler zusammentreffe und eine höchst angenehme Stunde in raschem Gespräch verplaudere.“ [Tb 9.7.1889] von der hiesigen Universität angetroffen mit denen ich Abends öfters zusammenkomme. Du siehst es geht mir gut, wenn | es nur auch dir gut geht liebe Mama. Hammi schreibt mirnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Armin Wedekind an Frank Wedekind, 7.7.1889., du seist bei ihm gewesen, was mich einiger maßen beruhigt hat. Was das Reden oder nicht-Reden über meine Übersiedlung anbelangt, magst du es halten wie du es fürs/s/ beste hältst. Minna könntest du’s ja allenfalls sagen, damit sie mir mal wieder schreibt. Übrigens ganz wie es dir gut scheint. Läßt Tante Plümacher in ihrem Brief an dichDer Brief Olga Plümachers an Emilie Wedekind ist nicht überliefert. nicht von einem solchen verlauten, den sie von mir erhalten? Ich schrieb ihrnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Frank Wedekind an Olga Plümacher, 19.4.1889. zuletzt am Charfreitag und fürchte daß meine ganze Sendung verloren gegangen. Bitte schreib mir doch gelegentlich ihre genaue AdresseNach ihrer Rückkehr in die USA wohnte Olga Plümacher im Haus Danspring in der Schweizer Kolonie Gruetli in Beersheba Springs, Tennessee [vgl. Rolf, Kieser: Olga Plümacher-Hünerwadel. Eine gelehrte Frau des neunzehnten Jahrhunderts. Lenzburg 1990 (= Lenzburger Druck. Veröffentlichung der Lenzburger Ortsbürgerkommission 36), S. 12 u. 23].. Und nun leb wohl, Liebe Mama, und | bürde Dir nicht zu viel auf.

Dein treuer Sohn
Franklin
Adalbertstrasse 41.IV.R.
München.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14 x 22,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Auf Seite 4 ist unter der Knickkante von fremder Hand „4/5./5.“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    München
    10. Juli 1889 (Mittwoch)
    Sicher

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Erstdruck

Gesammelte Briefe. Erster Band

(Band 1)

Autor:
Frank Wedekind
Herausgeber:
Fritz Strich
Ort der Herausgabe:
München
Verlag:
Georg Müller
Jahrgang:
1924
Seitenangabe:
196-197
Briefnummer:
70
Kommentar:
Neuedition: Vinçon 2021, Bd. 1, S. 232-233 (Nr. 104).
Status:
Ermittelt (sicher)

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 191
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Emilie Wedekind, 10.7.1889. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Tilman Fischer

Zuletzt aktualisiert

23.01.2024 18:36