Sehr geehrter Herr DirectorWedekind schrieb nicht an einen bestimmten Theaterdirektor, sondern einen Rundbrief an mehrere Direktoren, den er Ludwig Thoma, der „zusammen mit Reinhold Geheeb, Korfiz Holm und Georg Mischeck eine Kollektivprokura“ [Pöllinger 1993, S. 742] des Albert Langen Verlags besaß, übergeben haben dürfte. In der internen Verlagskorrespondenz ist von „Wedekinds Rundschreiben [...] an die Theaterdirektoren“ [Albert Langen an Ludwig Thoma, 23.4.1902; Pöllinger 1993, S. 333] die Rede; befürchtet wurde, dass „Wedekind [...] bei allen [...] Bühnen die Beschwerde herumreicht“ [Ludwig Thoma an Albert Langen, 22.4.1902; Pöllinger 1993, S. 333]; man hoffte, „daß das Rundschreiben an die Theaterdir. unterbleibt – dasselbe ist noch an niemanden geschickt“ [Ludwig Thoma an Albert Langen, 2.5.1902; Pöllinger 1993, S. 334f.]. Dass Wedekind das „Rundschreiben drucken“ ließ, „um es an die wichtigsten deutschen Bühnen zu versenden“ [Pöllinger 1993, S. 742], ist nur durch Artur Kutscher bezeugt (ein gedruckter Brief ist nicht überliefert), der irrtümlich annahm, es sei versandt worden: Wedekind „sandte [...] im April 02 an die wichtigsten deutschen Theater eine gedruckte Kundgebung, in welcher er protestierte gegen die verständnislose und nachlässige Geschäftsführung und erklärte, er halte sich geschäftlich nicht mehr für gebunden und werde jeden mit A. Langens Bühnenvertrieb über eines seiner Stücke abgeschlossenen Vertrag gerichtlich beanstanden.“ [Kutscher 2, S. 112] Der von Wedekind und Ludwig Thoma am 2.5.1902 unterschriebene Vertrag belegt, dass der Rundbrief nicht versandt wurde: „Herr Wedekind erklärt, seine Beschwerden gegen den Bühnenvertrieb Albert Langen gegenüber keinem der Bühnenleiter aussprechen zu wollen, und nimmt insbesondere Abstand von der Versendung eines bereits verfaßten Cirkulars.“ [Aa, Wedekind-Archiv E, Mappe 5, Nr. 3]
Darf ich Sie höflichst ersuchen „mit Herrn Arthur von Langen, Berlin, Königgrätzerstraße 19“ durch die vorangestellte Ziffer „I“ an diese Stelle vorgezogen. Arthur von LangenAlbert Langen hatte den mit ihm nicht verwandten Arthur Langen (der Adelstitel, den er teils benutzte, teils nicht benutze, war ihm aberkannt worden) in Berlin für „den Bühnenvertrieb“ seines Verlags „im März 1901“ als „Theateragent [...] übernommen“ [Abret 2005, S. 29].,
Berlin, Königgrätzerstraße 19Adresse des Bühnenverlags Albert Langen in Berlin (Königgrätzerstraße 19): „Albert Langen Verlag u. Vertrieb dramatischer Werke“ [Berliner Adreßbuch 1902, Teil I, S. 951], während der eigentliche Albert Langen Verlag für Literatur und Kunst seinen Sitz weiterhin in München (Kaulbachstraße 91) [vgl. Adreßbuch von München für das Jahr 1902, Teil I, S. 353] hatte. Arthur Langen war als Beamter in Berlin, der nur inoffiziell für den Bühnenvertrieb des Albert Langen Verlags tätig war, als Arthur von Langen unter einer anderen Adresse verzeichnet (Zwinglistraße 14) [vgl. Berliner Adreßbuch 1902, Teil I, S. 951]. über keine„über keine meiner dramatischen Arbeiten“ durch die vorangestellte Ziffer „II“ an diese Stelle umgestellt. meiner dramatischen Arbeiten mehrvorangestellt die Ziffer „III“, um den Anschluss an die mit „II“ gekennzeichnete Passage deutlich zu machen.
irgend welchen Vertrag abschließen zu wollen
Ich bin mit Herrn Arthur von Langen keinerlei geschäftliche Verbindlichkeiten
eingegangen und
mußte gegen jedes mit ihm persönlich getroffenes Abkommen gerichtlich
protestieren.; und
Als Vertreter der Firma Albert Langen Verlag
in München kommt Herr Arthur v. Langen in Berlin für mich deshalb für mich nicht in Betracht weil Reklamationen wegen über verständnisloser und
nachlässiger Geschäftsführung, die Ihnen und
mir auf die
Dauer zum größten
Nachtheil gereicht bei
dem Chef dieser/der/ Firma, Herrn Albert Langen, Paris Rue de la Pompe
187 vollkommen nicht
nur erfolg|los, ja
sogar sondern vollkommen unbeantwortetAlbert Langen hat Wedekinds letzte Briefe offenbar nicht beantwortet; die Korrespondenz des Autors in seinen Verlagsangelegenheiten lief über die Verlagsmitarbeiter in München. Der in Berlin für den Bühnenvertrieb zuständige Mitarbeiter Arthur Langen hat Wedekinds Briefe nur unzureichend beantwortet, wie Ludwig Thoma am 22.4.1902 an Albert Langen berichtete: „Wedekind wies mir folgendes nach: Er hat im Dezember 2mal bei Arthur Langen um Mitteilung der kontraktlichen Aufführungstermine für Hannover und Stuttg. nachgesucht. Am 7.I.1902 schrieb Arthur, er sei mit Arbeit am Jahresschluß überhäuft; er werde ihm die Termine mitteilen. [...] Bis jetzt hat Arthur Langen Wedekind keine Mitteilung über die Termine gemacht.“ [Pöllinger 1993, S. 332]
bleiben. Gegenüber Herr Albert Langen in
Paris (Albert
Langen Bühnenvertrieb) dem Decernenten der Firma mit dem ich Vertrag über den VertriebDer Albert Langen Verlag hatte Artur Kutscher zufolge vom Berliner Bühnenverlag A. Entsch (Inhaber: Theodor Entsch) vier Stücke Wedekinds in den Bühnenvertrieb übernommen: „Von dem Bühnenvertrieb Entsch, der gar nichts für Wedekind getan hatte, übernahm Langen die Junge Welt, Liebestrank, Erdgeist und erwarb außerdem den Kammersänger.“ [Kutscher 2, S. 112] Es existierte allerdings ein auf den 1.9.1898 datierter Vertrag, nach dem der Bühnenvertrieb von „Der Liebestrank“ bei Theodor Entsch verblieben ist [vgl. Georg Zurhellen, Albert Langen Verlag an Wedekind, 19.10.1899]; überliefert ist außerdem ein am 18.11.1898 von Wedekind und Albert Langen in Zürich unterzeichneter Vertrag, der in „§ 3“ den Bühnenvertrieb von Wedekinds entstehendem Stück „Ein Gastspiel“ (später: „Marquis von Keith“) vereinbart: „Herr Langen nimmt die beiden dramatischen Werke Wedekinds ‚Ein Gastspiel‘ und ‚Der Liebestrank‘ unter den üblichen Bedingungen [...] in Vertrag und ‚Ein Gastspiel‘ auf in seinen Bühnenvertrieb.“ [Mü, Nachlass Pamela Wedekind, PW B 89] Es ging jedoch in erster Linie um Wedekinds neues Stück „So ist das Leben“, wie aus Ludwig Thomas Brief an Albert Langen vom 2.5.1902 hervorgeht: „Ich gebe den Bühnenvertrieb für ‚so ist das L.‘ frei, mit der schriftlich stipulierten Bedingung, daß hieraus keinerlei Consequenzen für die Zukunft erwachsen, und daß das Rundschreiben an die Theaterdir. unterbleibt“ [Pöllinger 1993, S. 334f.] – das war dann in dem Vertrag, den Wedekind und Ludwig Thoma am 2.5.1902 unterzeichneten, entsprechend festgehalten: „Herr Albert Langen überläßt Herrn Wedekind den Bühnenvertrieb des Stückes ‚So ist das Leben‘ [...]. Den Bühnenverlag dieses Stückes behält Herr Albert Langen. Hieraus ergeben sich keinerlei Consequenzen für die Rechte der Firma Albert Langen auf die weiteren schriftstellerischen Arbeiten des Herrn Frank Wedekind. [...] Herr Wedekind erklärt, seine Beschwerden gegen den Bühnenvertrieb Albert Langen gegenüber keinem der Bühnenleiter aussprechen zu wollen“ [Aa, Wedekind-Archiv E, Mappe 5, Nr. 3]. meiner Stücke
abgeschlossen habe halte ich mich deshalb nicht mehr geschäftlichWedekind hat dem Albert Langen Verlag in einem Brief an den Verleger gekündigt [vgl. Wedekind an Albert Langen, 3.4.1902], was nicht wirksam wurde. Korfiz Holm berichtete Albert Langen am 10.4.1902: „Wedekind scheint seinen famosen Beziehungsabbrechungsbrief schon zu bedauern und hat Mischeck in seiner Privatwohnung aufgesucht und ihm Vorschläge gemacht, wie er mir bei einer zufälligen Begegnung wiederholt hat. Er sagte, er hätte weder gegen Ihren Verlag noch gegen Ihren Bühnenvertrieb das Geringste, nur daß Herr Arthur Langen den letzteren leitet, mache es ihm so schwer, sein Stück in Ihrem Bühnenvertrieb zu wissen.“ [Abret/Keel 1989, S. 293] für gebunden
weil er Herr
Albert Langen den vollen Geschäftsbetrieb einer
mir völlig unbekannten undzuerst gestrichen, durch Unterpunktung wieder hergestellt. fremden meine Überzeugung nach
völlig unfähigen PersönlichkeitArthur Langen hat auch bei Mitarbeitern des Albert Langen Verlags Vorbehalte ausgelöst. Korfiz Holm hielt ihn für einen „Windhund“ [an Albert Langen, 6.7.1901; Abret/Keel 1989, S. 247], Ludwig Thoma hielt ihn für „faul“ und war überzeugt, dass er Wedekind betreffend „gelogen hat“ [an Albert Langen, 22.4.1902; Pöllinger 1993, S. 332]. übergeben hat und weil er Herr Albert Langen selber, trotzdem er in |
Anbetracht der Thatsache daß er in Deutschland steckbrieflich verfolgtAlbert Langen war als Verleger und Herausgeber des „Simplicissimus“ der Majestätsbeleidigungsaffäre wegen im Herbst 1898 aus Deutschland geflohen und lebte seitdem im Exil, zunächst in Zürich, dann in Rom, seit Frühjahr 1899 in Paris (Rue de la Pompe 187), von wo aus er seinen Verlag in München führte; er wurde gegen Zahlung einer Summe von 20.000 Mark am 21.4.1903 an die Gerichtskasse in Leipzig begnadigt und kehrte nach München zurück [vgl. Abret/Keel 1987, S. 80-102]. wird,
Ursache hätte die den Interessen der ihm
vertragsmäßig verbundenen Autoren um so mehr Sorgfalt zu widmen sich um die
erwähnte Geschäftsangelegenheit gar nicht kümmert. Dementsprechend mache ich Sie darauf aufmerksam Ich muß Sie daher
darauf aufmerksam machen daß ich jeden mit Albert Langen, Berlin
Königgrätzerstraße 19 abgeschlossenen Vertrag gerichtlich beanstanden wer
über eines meiner Bühnenwerke gerichtlich beanstanden werde.
Mit der Bitte den Ausdruck meiner vorzüglichsten
Hochschätzung | entgegen nehmen zu wollen
zeichnezuerst gestrichen, durch Unterpunktung wieder hergestellt. ergebenst
FrW.