Kennung: 4508

Wien, 21. April 1907 (Sonntag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Neues Wiener Tagblatt, (Zeitung)

Inhalt

[1. Entwurf:]


Nachdem in der letzten Sonntagsnummer des „Fremdenblattes eines Wiener Blattes ein Artikelein Interview mit Victor Barnowsky, Direktor des Kleinen Theaters in Berlin [vgl. Neuer Theater-Almanach 1908, S. 262], über das anstehende Ensemblegastspiel des Kleinen Theaters im Wiener Bürgertheater mit „Hidalla“ (Premiere: 27.4.1907), über einige im Stück zensierte Stellen, über die Besetzung der Hauptrollen und über Wedekind als Schauspieler im Wiener „Fremden-Blatt“ vom 21.4.1907 [vgl. Fremden-Blatt, Jg. 61, Nr. 108, 21.4.1907, S. 16f.; vgl. den Nachdruck: KSA 5/III, S. 45-48]. erschienen ist, in dem sich Herr Direktor Barnowsky gerade über die ernstesten Stellen meines Stückes „Hidallaöffentlich lustig macht, und in dem welchem er besonders den Gegensatz zwischen dem Inhalt des Dramas und der Thatsache, daß meine Frau und ich in diesem Drama die Hauptrollen spielenFrank Wedekind spielte im „Hidalla“-Gastspiel am Wiener Bürgertheater vom 27.4.1907 bis 7.5.1907 die Rolle des Karl Hetmann, Tilly Wedekind die Rolle der Fanny Kettler. werden constatiert feststellt, muß ich zu meinem Bedauern, der Kritik sowohl wie dem Publicum gegenüber und als Autor sowohl wie als Darsteller jede Verantwortlichkeit/ung/ für die WirkungEine Wirkung war Victor Barnowskys Reaktion auf den offenen Brief Wedekinds, der am 22.4.1907 notierte: „Barnowsky schickt verschiedene Leute, um mich zum Zurückziehen der Notiz zu bewegen.“ [Tb] Er vermerkte dann am 24.4.1907: „Barnowsky schickt den Zeitungen ein Communique“ [Tb]; das war ebenfalls ein offener Brief [vgl. KSA 5/III, S. 49], der in Wiener Zeitungen veröffentlicht wurde: „Hochgeehrte Redaktion! Als ich vor zwei Jahren von Max Reinhardt das Kleine Theater übernahm, galt mein erstes Interesse Frank Wedekind und seinem Schauspiele ‚Hidalla‘, das zirka 70mal am Kleinen Theater in Berlin gespielt wurde. Als es sich jetzt darum handelte, für das Gastspiel des Kleinen Theaters im Wiener Bürgertheater ein Repertoire zusammenzustellen, war Wedekinds ‚Hidalla‘ wieder dasjenige Stück, für das ich mich aus künstlerischen Gründen auch vor dem Wiener Publikum einsetzen wollte. Wer mich kennt, weiß, wie ich Frank Wedekind schätze, wer Frank Wedekind kennt, wird es verstehen, wenn ich selbst seiner temperamentvollen Aufwallung gegenüber Ruhe und Wertschätzung bewahre. Hochachtungsvoll Viktor Barnowsky.“ [Neues Wiener Journal, Jg. 15, Nr. 4850, 24.4.1907, S. 8; vgl. Neue Freie Presse, Nr. 15327, 24.4.1907, Morgenblatt, S. 11; Illustrierte Kronen-Zeitung, Jg. 8, Nr. 2627, 24.4.1907, S. 10; Illustrirtes Wiener Extrablatt, Jg. 36, Nr. 111, 24.4.1907, S. 12; Neues Wiener Tagblatt, Jg. 41, Nr. 111, 24.4.1907, S. 13] der hier stattfindenden Aufführung meines Dramas Hidalla ablehnen.


[2. Druck:]


Nachdem in der letzten Sonntagsnummer eines Wiener Blattes ein Artikel erschienen ist, in dem sich Herr Direktor Barnowsky über die ernstesten Stellen meines Stückes „Hidalla“ lustig macht und in welchem er besonders den Gegensatz zwischen dem Inhalte des Dramas und der Tatsache, daß meine Frau und ich darin die Hauptrollen spielen werden, hervorhebt, muß ich zu meinem Bedauern vor der Kritik sowohl wie vor dem Publikum, als Autor sowohl wie als Darsteller, jede Verantwortung für die Wirkung der hier stattfindenden Aufführung meines Dramas „Hidalla“ ablehnen.

(Gez.) Frank Wedekind.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Bleistift.
Schriftträger:
Liniertes Papier. Notizbuchseite. 10 x 17 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Der Briefentwurf ist im Notizbuch [Nb 41, Blatt 30r] überliefert, konzipiert als offener Brief; der abgesandte Brief ist verschollen.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Schreibort und Schreibdatum des als offener Brief konzipierten Schreibens sind durch das Tagebuch am 21.4.1907 in Wien belegt: „Notiz gegen Barn. im Café Pucher“ [Tb]. Der Versand erfolgte am 22.4.1907: „Expediere Notiz bei Kraus.“ [Tb]

Erstdruck

Neues Wiener Tagblatt

Datum der Zeitung:
1907
Kommentar:
Detaillierter Nachweis: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 41, Nr. 110, 23.4.1907, S. 10. Die redaktionelle Vorbemerkung lautet: „Von Herrn Wedekind werden wir um die Aufnahme folgender Zuschrift ersucht:“ Die redaktionelle Nachbemerkung lautet: „Zur Orientierung des Publikums müssen wir bemerken, daß die Angelegenheit, um die es sich hier handelt, jedenfalls eine sehr kuriose ist. Herr Barnowsky ist es, der mit der Gesellschaft des Kleinen Theaters das Drama ‚Hidalla‘ aufführen wird, und Herr Wedekind klagt darüber, daß sich Herr Barnowsky über das Stück lustig gemacht habe. Er und seine Frau sollen an der Darstellung seines Stückes mitwirken, und das Künstlerpaar klagt darüber, daß der Spott des Herrn Barnowsky auch ihm gegolten habe. Nichtsdestoweniger will Herr Barnowsky das Stück geben, und wollen Herr und Frau Wedekind unter seiner Direktion auftreten ‒ sehr durchsichtig und psychologisch klar ist also das Verhalten keiner der Parteien.“ – Wedekind vermerkte am 23.4.1907: „Meine Notiz erscheint in den Zeitungen.“ [Tb] Der offene Brief erschien außer im „Neuen Wiener Tagblatt“ gleichzeitig in der „Arbeiter-Zeitung“, im „Illustrirten Wiener Extrablatt“ und in der „Neuen Freien Presse“, einen Tag später in der „Illustrierten Kronen-Zeitung“ und möglicherweise noch in weiteren Wiener Zeitungen. Das „Berliner Tageblatt“ druckte ihn unter Hinweis auf das „Neue Wiener Tagblatt“ nach [vgl. Wedekind contra Barnowsky. In: Berliner Tageblatt, Jg. 36, Nr. 206, 24.4.1907 Abend-Ausgabe, S. (3)]. – Neuedition unter dem Titel „An die Redaktionen der Wiener Zeitungen“ (Nachdruck aus der „Neuen Freien Presse“): KSA 5/II, S. 241.
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
L 3501/41
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an (Zeitung) Neues Wiener Tagblatt, 21.4.1907. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

18.05.2023 11:13