Königreich Bayern
Kartenbrief
An
Herrn Karl Kraus
Redacteur der Fackel
in Ischl Oesterreich
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Verehrter Herr Kraus, ich danke Ihnen sehr dafür, daß Sie
sich in Hamburg für mich verwendetKarl Kraus hat sich für eine Aufführung der „Büchse der Pandora“ am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg eingesetzt, wie er Wedekind brieflich mitteilte [vgl. Karl Kraus an Wedekind, 22.9.1907]. haben. Das Thaliatheater hat aber schon
letzten WinterWedekind dürfte mit Leopold Jessner, Oberregisseur am Hamburger Thalia-Theater [vgl. Neuer Theater-Almanach 1908, S. 400], wo unter dessen Regie eine erfolgreiche „Erdgeist“-Inszenierung (Premiere: 27.9.1906) stattgefunden hatte [vgl. KSA 3/II, S. 1229f.], außer über eine Tournee mit „Erdgeist“ auch über eine mögliche Inszenierung der „Büchse der Pandora“ gesprochen haben, als er ihn am 22.11.1906 in Berlin traf: „Leopold Jeßner bespricht mit mir seine Erdgeisttournee.“ [Tb] mit mir über eine eventuelle AufführungWedekind hatte seiner Frau zehn Tage zuvor mitgeteilt, das Hamburger Thalia-Theater (Direktion: Max Bachur), an dem Leopold Jessner stellvertretender Direktor und Oberregisseur war [vgl. Neuer Theater-Almanach 1908, S. 400], werde seine Tragödie „Die Büchse der Pandora“ aufführen [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 15.9.1907] und zugleich Leopold Jessner für die Inszenierungspläne gedankt [vgl. Wedekind an Leopold Jessner, 15.9.1907]; eine Aufführung dort kam aber erst Jahre später zustande – die Premiere fand am 23.4.1911 unter der Regie von Leopold Jessner statt [vgl. KSA 3/II, S. 1262]. von Pandora gesprochen.
Außerdem habe ich wenig Zutrauen zur Berger’schen Regieim Erstdruck danach kein Komma. Vorbehalte Wedekinds gegen die Regieleistungen von Alfred von Berger, seit 1900 Direktor des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg [vgl. Neuer Theater-Almanach 1908, S. 397], stammen wohl aus der Zeit, als der mit ihm befreundete Carl Heine dort gerade Regisseur geworden war; so bemerkte er, man munkele, „daß Berger etwas verkitscht sei“ [Wedekind an Beate Heine, 10.3.1902]., die für mich der
Inbegriff der Schulmeisterlichkeit ist. Das alles hindert natürlich nicht, daß
Sie den Kungu PotiKarl Kraus hatte die Rolle in der Wiener Inszenierung der „Büchse der Pandora“ am 29.5.1905 und 15.6.1905 gespielt und in Erwägung gezogen, sie auch in Hamburg zu spielen [vgl. Karl Kraus an Wedekind, 22.9.1907]. | spielen. Übrigens bin ich eben dabei eine dankbarere Rolledie Rolle des Dr. Cajetan Prantl, „Sekretär des Beichtvaters Seiner Majestät“ [KSA 6, S. 207], im entstehenden Einakter „Die Zensur“ [vgl. KSA 6, S. 827], die zu spielen Wedekind Karl Kraus für geeignet hielt [vgl. KSA 6, S. 830]. Er hat sich am 23. und 24.9.1907 (dann nochmals am 26.9.1907) mit dem Franziskanermönch Pater Expeditus (Dr. Carl Hermann Schmidt) getroffen [vgl. Tb] und über die Gestaltung dieser Figur gesprochen hat – der Pater „diente Wedekind als Gesprächspartner“ und zugleich „als Modell für die Figur des Dr. Prantl“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 70], deren Rollenname anspielt auf den Hegelianer, Religionsgegner und Philosophieprofessor Carl von Prantl [vgl. KSA 6, S. 859].
für Sie zu schreiben. Deshalb antworte ich Ihnen auch so kurz, da ich nur noch
acht Tagebis zum 3.10.1907, an dem Wedekind nach Berlin reiste [vgl. Tb]. für die Arbeit übrig habe.
Auf baldiges WiedersehnWedekind sah Karl Kraus am 8.11.1907 in Berlin wieder: „Nachmittags kommt Karl Kraus.“ [Tb] mit besten Grüßen Ihr
FrWedekindim Erstdruck: Fr. Wedekind..
Amalienstraße 86.
25.9.7.