Postkarte
An
Herrn Karl Kraus
Herausgeber der „Fackel“
in Wien IV.
Wohnung (Straße und Hausnummer) Schwindtgasse 3. |
Lieber Herr Kraus, ich sandte Ihnen heuteHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Manuskriptsendung (siehe unten); erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Karl Kraus, 23.5.1907. die 7. Worte„Die sechzig Zeilen oder Die sieben Worte“ [KSA 1/I, S. 562-564], als selbstständiges Gedicht umgearbeitet aus einem Gedicht „7 Worte“ aus dem Projekt „Die große Liebe“ [vgl. KSA 5/I, S. 1141], das in handschriftlichen Fassungen noch den Titel „Die sieben Worte“ [vgl. KSA 1/II, S. 1356-1358] trug. und
bin Ihnen nicht böse wennim Erstdruck: böse, wenn. Sie Bedenken haben. Aber ich bitte Sie, wenn Sie sie
druckenKarl Kraus druckte das Gedicht [vgl. Frank Wedekind: Die sieben Zeilen oder Die sieben Worte. In: Die Fackel, Jg. 9, Nr. 227-228, 10.6.1907, S. 1-3], allerdings ohne die Korrektur, wie er im Erstdruck auch anmerkte: „Es ist dann doch bei ‚stirbt‘ geblieben.“ [Kraus 1920, S. 129] Erich Mühsam hat sich in seinem Brief vom 22.6.1907 an Karl Kraus begeistert über das veröffentlichte Gedicht geäußert: „Diese 7 Worte gehören zum Großartigsten, was überhaupt geschrieben ist. Sie stellen nicht nur das Extrakt aus allen Wedekindschen Arbeiten dar, sondern erweitern sie zu einer Bejahung, in der er weit über Nietzsche hinausgreift, und die Sprache dieser 60 Zeilen erhöht sie zu einem Katechismus modernen Menschentums.“ [Jungblut 1984, S. 102], im Wort VII statt stirbt schmilzt zu setzen, besonders weil im Übrigen viel
von Leben und Sterben die Rede ist. Physiologisch müßte es heißen
„zusammensinkt“ aberim Erstdruck: „zusammensinkt“, aber. das paßt nicht in den RhytmusSchreibversehen, statt: Rhythmus. – So auch im Erstdruck korrigiert..
Ich sitze hier allein bei TreppchenWedekind saß am 23.5.1907 im Weinhaus Zum Treppchen (Unter den Linden 56), wo er die vorliegende Postkarte schrieb: „Abends allein bei Treppchen.“ [Tb]. Berlin prangt im
Frühlingsschmuck, aber es bleibt unerfreulich. Ich danke Ihnen für die schönen
Abende dieim Erstdruck: Abende, die. wir in WienWedekind, der auf der Rückreise von Graz nach Berlin vom 19. bis 21.5.1907 in Wien Station machte, hat Karl Kraus dem Tagebuch zufolge am 20.5.1907 („mit Kraus bei Bertha Kunz“) und 21.5.1907 („Prachtvolle Automobilfahrt mit Kraus auf die Louisenalp und nach Einbach. [...] im Dominikanerkeller. Rückfahrt nach Berlin“) dort getroffen; davor war er mit ihm zuletzt kurz vor seiner Abreise von seinem „Hidalla“-Gastspielaufenthalt am 8.5.1907 in Wien zusammen („Abends mit Kraus“). zusammen erlebten. Heute Nachmittag las ich den Artikel
über BrucknerWedekind las den Artikel von Karl Kraus über die Reaktion Anton Bruckners auf die Ablehnung seiner Kompositionen 1885 durch Wiener Musikkritiker [vgl. Anton Bruckner’s Bittschrift. In: Die Fackel, Jg. 9, Nr. 223-224, 12.4.1907, S. 1-3], ein Kommentar zu dem als „Beilage der ‚Fackel‘ Nr. 223-224“ angefügten faksimilierten Briefentwurf „Anton Bruckner’s Gesuch an die Philharmoniker (Handschriftliches Konzept.)“. Ich kenne die Situation, vor allem Bruckner zu wenig, um darin
Bescheid zu wissen. Aber ich bekomme ebenHinweis auf ein nicht überliefertes Begleitschreiben zur Sendung (das neue „Fackel“-Heft Nr. 226 vom 22.5.1907); erschlossenes Korrespondenzstück: Karl Kraus an Wedekind, 22.5.1907. die neue Fackel und freue mich
darauf.
Mit besten Grüßen Ihr
FrWedekindim Erstdruck: Fr. Wedekind..