Postkarte.
Herrn Frank Wedekind
in München
Wohnung Franz Josefstraße 42
Straße u. Hausnummer. |
Ungrad StegreifsängerAlois (Louis) Kohn; zunächst annonciert unter seinem richtigen Namen und seinem Pseudonym – „des besten Stegreifsängers Louis Kohn, genannt: ‚Herr Ungrad‘“ [Illustrirtes Wiener Extrablatt, Jg. 30, Nr. 13, 13.1.1901, S. 10] – firmierte der „Ungrad-Loisl“ [Der Ungrad-Loisl lebt. In: Neues Wiener Tagblatt, Jg. 59, Nr. 21, 21.1.1925, S. 9], der in Wien eine der „populärsten Persönlichkeiten aus der Vorkriegszeit“ war, „der eigentlich Alois Kohn hieß“ und „aus der ungarischen Puszta“ stammte, „von einer vorbeiziehenden Zirkustruppe als Clown mitgenommen“ nach Wien kam, hier durch „seine originellen Reime auf bekannte Persönlichkeiten [...] große Beliebtheit“ errang, nur noch als „Ungrad, der sich seinen Künstlernamen in Selbstironie nach seiner Gestalt – er war bucklig – beigelegt hatte“ [Loisl Ungrad gestorben. In: Neues Wiener Journal, Jg. 33, Nr. 11.441, 28.9.1925, S. 2]; dieser „Urwiener“ und „bucklige Heurigendichter“ [Anton Kuh: Ein totgesagter und ein wirklich gestorbener Volkssänger. Loisl Ungrad – Josef Bauer. In: Die Bühne, Jg. 2, Nr. 3, 5.2.1925, S. 35] war ein Wiener Original und „der bekannteste Stegreifsänger Wiens“ [A. D.G.: Wiener Originale. XXVII. „Ungrad.“ In: Neues Wiener Journal, Jg. 14, Nr. 4571, 15.7.1906, S. 2], der auch im Café Reklame (siehe unten) auftrat.
Karl Kraus
[um 90 Grad gedreht:]
Frl. Hansinicht eindeutig identifiziert (möglicherweise die Wiener Soubrette Hansi Führer).. Sängerin.
[um 90 Grad gedreht:]
Erich Schuchnicht sicher zu entziffernder Namenszug (Person nicht identifiziert); im Erstdruck ohne Namensentzifferung als „ein unbekannter Unterzeichner“ [Nottscheid 2008, S. 39] ediert.
ein von der „Büchse“
Begeistertervon Wedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ (1903), die in Wien am 29.5.1905 und 15.6.1905 in den Privatvorstellungen zu sehen war, die Karl Kraus veranstaltet hatte.
[um 90 Grad gedreht:]
Eleonorenicht eindeutig identifiziert.
Café Reklamedas Café Reklame (Wien II, Taborstraße 1) [vgl. Lehmanns Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Wien 1905, Bd. 1, Teil IV, S. 1048], in dem die vorliegende wie die vorangehende Bildpostkarte [vgl. Karl Kraus an Wedekind, 19.6.1905] geschrieben wurden. Wedekind hat das Café Reklame nach der zweiten Wiener Vorstellung der „Büchse der Pandora“ am 15.6.1905 besucht (mit Alexander Rottmann und Carl Leopold Hollitzer): „Rottmann Hollitzer und ich gehen ins Café Reclame.“ [Tb] Es bot Varietéprogramm und Joe Beckles (Motiv der Bildpostkarte) dürfte auf seiner Gastspielreise durch Europa 1905 in Wien dort engagiert gewesen sein; vielleicht sind auch die Sängerin Fräulein Hansi (siehe oben) und die ebenfalls nicht identifizierte Eleonore (siehe oben) dort aufgetreten. Es trat im Café Reklame jedenfalls der Stegreifsänger Ungrad (siehe oben) auf, wie ein Pressebericht über ihn und einen anderen Wiener Volkssänger belegt: „Wer kennt sie nicht, die beiden? Wer hat nicht schon bei den lustigen Stegreifvorträgen des einen oder anderen gelacht? Diese beiden besten Interpreten des Stegreifgesanges werden sich nun allabendlich in einer großen Stegreifkonkurrenz gegenüberstehen. Den Schauplatz dieser lustigen, nein, zwerchfellerschütternden Schlachten bildet das bekannte Vergnügungs-Etablissement Café Reklame, Leopoldstadt, Taborstraße 1 (an der Ferdinandsbrücke). Außer dieser Stegreifkonkurrenz findet im Café Reklame täglich ein großes Doppelkonzert mit Sängern und Sängerinnen statt.“ [Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 8312, 3.12.1905, S. 3] – Dieses Café Reklame kann leicht verwechselt werden mit dem gleichnamigen Kaffeehaus, das am 15.11.1905 ganz in der Nähe eröffnet wurde: „(Im Nestroyhofe,) Leopoldstadt, Praterstraßs 34, vis-a-vis dem Carl-Theater, wurde Mittwoch den 15. d. das Café Reklame eröffnet. Das Kaffeehaus ist mit allem Komfort der Neuzeit auf das eleganteste ausgestattet“ [Wiener Allgemeine Zeitung, Nr. 8298, 17.11.1905, S. 2].
Joe Beckles
American Negro song and dance.