Geehrtes Fräuleinvermutlich Tilla Durieux, mit der Wedekind sich bereits über Lieder ausgetauscht und ihr ein Lied wohl von sich übersandt hatte, wie er am 12.7.1904 notierte: „Brief an Tilla Durieux. [...] Lieder an [...] Frl. Durieux geschickt.“ [Tb] Tilla Durieux lebte inzwischen als Schauspielerin in Halensee bei Berlin (Kurfürstendamm 125) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1905, S. 292], war am Neuen und Kleinen Theater (Direktion: Max Reinhardt) in Berlin engagiert, war aber auch Partnerin von Rudolf Bernauer und Carl Meinhard im literarischen Kabarett Die Bösen Buben [vgl. Budzinski/Hippen 1996, S. 27, 39]. Sie trat am 24.11.1904 dort erstmals in einem „Verbrecherterzett“ auf: „Rudolf Bernauer und Carl Meinhard, die Erfinder all dieser Bösen Buben-Streiche, sangen und mimten mit Tilla Durieux die herbe spottenden Verse mit prachtvollem Humor“ [Die Bösen Buben. In: Berliner Tageblatt, Jg. 33, Nr. 601, 25.11.1904, Abend-Ausgabe, S. (2)].,
zu meinem Bedauern kann ich Ihrer liebenswürdigen Einladungnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Tilla Durieux an Wedekind, 27.9.1904. Die Schauspielerin dürfte Wedekind im Zusammenhang mit dem literarischen Kabarett Die Bösen Buben (siehe oben) eingeladen haben, einen Liedtext vermutlich zu dem Lied „Die Triller-Camilla“ (siehe unten) zu verfassen.
nicht folgenEs folgt ein öffnendes Einfügungszeichen, das den Beginn des auf der Gegenseite notierten Alternativtextes markiert. und da ich nicht die geringste Begabung dazu besitze, Texte auf
fremde Musik zu schreiben und michEs folgt ein schließendes Einfügungszeichen, das das Ende des auf der Gegenseite notierten Alternativtextes markiert. und da mir
die Begabung völlig fernliegt, Texte für fremde Musik zu schreiben und ich
mich bisher auch nie mit diesem Handwerk befaßt
habe, muß ich Sie bitten, die Kompositionen gelegentlich wieder bei mir abholen
zu lassen.
Hochachtungsvoll ergebenst
F.W.
Inliegend die Karte von Frau N.nicht identifiziert; Zusammenhang nicht ermittelt. |
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Camilladas Lied „Die Triller-Camilla“ [vgl. Tilla Durieux an Wedekind, 10.10.1904], zu dem Rudolf Bernauer Jahre später einen Liedtext mit drei Strophen veröffentlichte [vgl. Rudolf Bernauer: Lieder eines bösen Buben. Berlin (1907), S. (31-32)]; er habe Leo Fall mit der Komposition der Noten zu seinem Lied beauftragt, ihm einen Text probeweise mitgegeben, um ihn dann als Musiker und Komponist für die Bösen Buben (siehe oben) zu engagieren: „Am nächsten Tag kam er wieder. Er hatte meine ‚Triller-Camilla‘, die ulkig-traurige Geschichte einer in ihren Klavierlehrer verliebten Schülerin, mit virtuosem Einfall unter Liszts zweite Rhapsodie gelegt. Dabei brauchte ich keine Silbe zu ändern.“ [Bernauer 1955, S. 125]
RapsodieSchreibversehen, statt: Rhapsodie. Gemeint ist ein von Franz Liszt komponiertes Klaviersolo, die Ungarische Rhapsodie (Rhapsodie Hongraise) Nr. 2 in cis-Moll; sie bildete melodisch für das Lied „Die Triller-Camilla“ (siehe oben) die Grundlage.
Hongraise(frz.) Ungarische.
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