ELITE-HOTEL ZÜRICH
Nüschelerstrasse 6 Bahnhofstrasse 41
Modernster Comfort der Neuzeit
Fliessendes Kalt- und Warmwasser in allen Zimmern
Appartments mit Bad
Elektromobil am Bahnhof
Telephon 9556
Telegr.-Adr.: Elitehotel
Zweiggeschäfte:
Parkhotel Gemmi
Hotel Waldrand und Pension Regina Kandersteg
Direktion: H. DETTELBACH-EGER
Zürich, 21.
November 1917.
Geliebte Tilly!
Herzlichsten Dank für Deinen Brief vom 16.vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 16.11.1917. und Deine lieben
Karten. Deine Nachrichten waren mir eine große Freude. Die Probenfür die Uraufführung von „Schloß Wetterstein“ am 15.11.1917 im Pfauentheater in Zürich. zu
Wetterstein namenSchreibversehen, statt: nahmen. rund acht Tage in Anspruch. Mir fiel meine RolleWedekind spielte in der Uraufführung von „Schloß Wetterstein“ (siehe oben) die männliche Hauptrolle des Rüdiger Freiherr von Wetterstein. gar nicht
leicht. Die Effiedie weibliche Hauptrolle in „Schloß Wetterstein“, in der Uraufführung (siehe oben) von Elisabeth Bergner gespielt. war ausgezeichnet, ist aber ein kapriziöses Luder die seitdem
immer mit Absagen droht. Morgen soll Wetterstein zum dritten MaleWedekind notierte versehentlich am 21.11.1917 (statt am 22.11.1917): „Dritte Vorstellung Schloß Wetterstein“ [Tb]. Die dritte Vorstellung fand am 22.11.1917 statt: „PFAUEN-THEATER Donnerstag, abends 7½ Uhr: Gastspiel Frank Wedekind: Schloss Wetterstein, Drama von Wedekind.“ [Neue Zürcher Nachrichten, Jg. 13, Nr. 323, 22.11.1917, 1. Blatt, S. (4)] sein. Dann
habe ich noch einen Vortrag | in DavosWedekinds „Herakles“-Lesung am 28.11.1917 im Kurhaussaal in Davos; er notierte am 27.11.1917 „Fahrt nach Davos“ [Tb], am 28.11.1917 „Vortrag in Davos.“ [Tb] und einen in AarauWedekinds „Herakles“-Lesung am 6.12.1917 in Aarau, wie er notierte: „Vortrag in Aarau.“ [Tb]. Ich hoffe zwischen
dem 7. und 11. Dezember zurückfahren zu können sodaß ich zu Annapamelas
GeburtstagPamela Wedekinds 11. Geburtstag am 12.12.1917. zu Hause wäre. Aber sicher ist es natürlich nicht, daß ich den Paß
rechtzeitig erhalte. Letzten SamstagDer Wedekind-Abend am 17.11.1917 im Literarischen Klub in Zürich hatte großen Erfolg. „Der außerordentlich zahlreiche Besuch bewies, welche Anziehungskraft dieser Autorname bei uns heute besitzt. Frank Wedekind las zuerst die prachtvoll anschauliche, das sachlich-realistisch erzählte Geschehen gewissermaßen ins Symbolische steigernde Novelle ‚Der Brand von Egliswil‘, eine ausgezeichnete Schöpfung seiner Frühzeit, mit suggestiver Eindringlichkeit vor, so daß sie zu tiefer Wirkung kam. Und dann sang er zur Laute in meisterlichem Kabarettstil eine Fülle seiner Lieder, von jenen Sachen, die den balladesken Ton bei ganz modernem Inhalt so glänzend treffen. Ein wahrer Genuß ist, wie Wedekind durch seinen Vortrag, der nichts überflüssig und aufdringlich unterstreicht, diese zum Teil recht ungenierten Dichtungen zu objektiv-künstlerischer Wirkung zu bringen weiß. Das Auditorium dankte dem Dichter durch begeisterten Beifall.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2207, 23.11.1917, 1. Mittagblatt, S. (2)] las ich im Literarischen Klub Brand von
Egliswyl und sang dann zur Laute ein Dutzend LiederWedekind hat für seinen Vortrag im Literarischen Klub (siehe oben) ein Programm entworfen, das 19 Liedtitel zum Teil mit Tonartangabe verzeichnet [vgl. KSA 1/IV, S. 1336], darunter das Lied „Die sieben Heller“ [KSA 1/III, S. 90-93], das als Lied seit der ersten Fassung von 1901 stets diesen Titel trug [vgl. KSA 1/III, S. 733-741], als Gedicht aber den Titel „Die sieben Rappen“ [KSA 1/I, S. 376f.] – so zuerst am 10.10.1896 im „Simplicissimus“ und dann wieder in der Gedichtsammlung „Die vier Jahreszeiten“ (1905) [vgl. KSA 1/II, S. 1367f.]. Wedekind bemerkte allerdings 1917: „Ursprünglich hieß das Lied ‚Die sieben Rappen‘ denn es ist in der Schweiz entstanden.“ [KSA 1/III, S. 742] Im Programmentwurf ist es unter diesem Titel aufgeführt. hintereinander. Dadurch
wurde eine vorzügliche Stimmung erzeugt. Am besten gefielen die 7. Rappendas Lied „Die sieben Rappen“ (siehe oben), das „zu den Vortragsstücken Wedekinds mit hoher Publizität“ [KSA 1/III, S. 742] gehört.. Es
war übrigens nur Herrengesellschaft. Überanstreng Dich nur nicht mit dem
KochenTilly Wedekind lernte von ihrer neuen Köchin kochen und backen [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 16.11.1917]., daß Du es Dir selber nicht zu rasch verleidest. Horwitz schreibtHinweis auf ein nicht überliefertes Schreiben; erschlossenes Korrespondenzstück: Fritz Horwitz an Wedekind, 10.11.1917. – Kriegsbedingt erfolgte die Postzustellung nur verzögert (der Postweg dauerte einige Tage bis gelegentlich über eine Woche), so dass unklar ist, wann es Wedekind vorlag., ob
wir am 6. Dezember Überfürchtenichts spielen können. Das ist nun leider nicht
möglich, da am selben Tag der Vortrag in Aarau stattfinden soll. Von Deiner KusineEugenie von Sadkowski in Zürich, für die Tilly Wedekind von ihrem Mann eine Freikarte für „Schloß Wetterstein“ erbeten hatte [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 16.11.1917].
habe ich noch nichts gesehen und gehört. Ich müsteSchreibversehen, statt: müßte. ihr direkt schreiben aber da
| der DirektorDr. h.c. Alfred Reucker (Duforstraße 185), „Direktor des Stadttheaters“ [Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil I, S. 456], zugleich des Pfauentheaters [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 633]. kein großer Freund von Freikarten ist, habe ich das bis jetzt
unterlassen. Für Bertl freut es mich ungemein, daß er wieder bei der BankWedekinds Schwager Dagobert Newes war für seine Arbeit bei der Bank, bei der er angestellt war, vom Militärdienst freigestellt worden [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 16.11.1917]. ist.
Grüße ihn bitte herzlich von mir wenn Du ihm schreibst. Gestern bekam ich auch
Anna Pamelas Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Pamela und Kadidja Wedekind an Frank Wedekind, 14.11.1917.. Ich werde ihr eine Kartenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Frank Wedekind an Pamela Wedekind, 21.11.1917. schreiben, die aber natürlich
nicht so rasch ankommt wie dieser Eilbrief. Mit Armin sen.
Hatten sich die Beziehungen etwas gelockert weil er mir mein Geld noch nicht
bezahlt hatte, mit Armin jun. weil er sich in die Theaterangelegenheiten
mischte, aber beides ist auf dem Wege der Entspannung. Es freut mich, liebe
Tilly daß Du Dich gut unterhältst. HoffenlichSchreibversehen, statt: Hoffentlich. bist Du dann auch vergnügt und
munter wenn wir uns wiedersehen. Nächsten Sonntagder 25.11.1917. soll ich mit Legationsrat von
Simsonder auf dem Deutschen General-Konsulat in Zürich tätige Legationssekretär Hermann von Simson (Tobelhofstraße 20) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil I, S. 542], zuvor als Legationsrat verzeichnet (und unter dem Namen Hermann von Simson-Rauhaus, da mit Marianne Rauhaus verheiratet) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1917, Teil I, S. 520]. bei Eugène d’Albertbei dem Pianisten und Komponisten Eugen d’Albert (Freudenbergstraße 87) [vgl. Adressbuch der Stadt Zürich für 1918, Teil I, S. 6], der auf dem Zürichberg (im Stadtkreis 7) wohnte; Wedekind war seit vielen Jahren mit ihm bekannt. zu Abend essen. Ich war | schon einmal einen Abend
dortnicht ermittelt; ein Abend bei Eugen d’Albert (siehe oben) jedenfalls während Wedekinds derzeitigem Aufenthalt in Zürich seit dem 4.11.1917 (frühestens am 7.11.1917). aber allein. Sie wohnen in der Nähe vom Rigiblickdie Seilbahnstation (eröffnet 1901) auf dem Zürichberg, von der aus man einen weiten Blick bis zum Rigi, dem Bergmassiv in der Zentralschweiz, hatte. jenseits der Kirche
Flunterndie Kirche in Fluntern, seit 1893 Stadtteil von Zürich., mit herrlicher Aussicht auf den Seeder Zürichsee. und das LimmatthalTal in Zürich; vom Zürichsee aus fließt die Limmat zur Aare.. Gestern waren
sie in Schloß Wettersteinin der zweiten Vorstellung am 20.11.1917..
Nun leb wohl, Geliebte, auf baldiges Wiedersehn. Hoffentlich
bekomme ich den PaßWedekind hat die Münchner Polizeidirektion um ein Paßvisum für die Schweiz bis 15.12.1917 über das Deutsche General-Konsulat in Zürich ersucht [vgl. Wedekind an Polizeidirektion München, 21.11.1917].. Grüße und Küsse die Kinder und sei selber innigst geküßt
von
Deinem
Frank