19.11.17. Geliebteste Tilly! Eben erhalte ich Deine liebe
Kartevgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 9.11.1917. vom 9. Meinen Briefvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 16.11.1917. wirst Du derweil bekommen haben. Ich schrieb am 16.
MorgenDie zweite Vorstellung nach der Uraufführung von „Schloß Wetterstein“ am 15.11.1917 im Pfauentheater (eine Spielstätte des Stadttheaters) fand am 20.11.1917 statt, wieder um 19.30 Uhr: „PFAUEN-THEATER Dienstag, abends 7½ Uhr: Gastspiel Frank Wedekind: Schloss Wetterstein, Drama von Wedekind.“ [Neue Zürcher Nachrichten, Jg. 13, Nr. 321, 20.11.1917, 1. Blatt, S. (4)] Elisabeth Bergner, als Schauspielerin am Stadttheater Zürich engagiert [vgl. Deutsches Bühnen-Jahrbuch 1918, S. 633], spielte die Rolle der Effie. soll die 2. Vorstellung von Wetterstein stattfinden, ist aber in Frage
gestellt wegen Erkrankung von Frl Bergner (Effie). VorgesternDer vom Literarischen Klub veranstaltete Wedekind-Abend am 17.11.1917 war gut besucht. „Der Literarische Klub des Lesezirkels Hottingen“ nahm seine „Wintersitzungen“ mit jenem „Frank Wedekind-Abend“ auf: „Der außerordentlich zahlreiche Besuch bewies, welche Anziehungskraft dieser Autorname bei uns heute besitzt. Frank Wedekind las zuerst die prachtvoll anschauliche, das sachlich-realistisch erzählte Geschehen gewissermaßen ins Symbolische steigernde Novelle ‚Der Brand von Egliswil‘, eine ausgezeichnete Schöpfung seiner Frühzeit, mit suggestiver Eindringlichkeit vor, so daß sie zu tiefer Wirkung kam. Und dann sang er zur Laute in meisterlichem Kabarettstil eine Fülle seiner Lieder, von jenen Sachen, die den balladesken Ton bei ganz modernem Inhalt so glänzend treffen. Ein wahrer Genuß ist, wie Wedekind durch seinen Vortrag, der nichts überflüssig und aufdringlich unterstreicht, diese zum Teil recht ungenierten Dichtungen zu objektiv-künstlerischer Wirkung zu bringen weiß. Das Auditorium dankte dem Dichter durch begeisterten Beifall.“ [Neue Zürcher Zeitung, Jg. 138, Nr. 2207, 23.11.1917, 1. Mittagblatt, S. (2)] Abend hatte ich Vortrag im Hott
Literarischen Klub, einer Herrengesellschaft, ich las Brand von EgliswylWedekind las am 17.11.1917 vor dem Literarischen Klub (siehe oben) seine frühe Erzählung „Der Brand von Egliswyl“ [KSA 5/I, S. 206-213] (1897), die zuerst im „Simplicissimus“ publizierte werden sollte, zuerst aber in der Sammlung „Die Fürstin Russalka“ (1897) erschien, dann überarbeitet im Band „Feuerwerk“ (1906) und schließlich nochmals leicht geändert im ersten Band der „Gesammelten Werke“ (1912) [vgl. KSA 5/I, S. 415f.]. Die Erzählung „handelt von dem Schicksal des Bauernknechts Hans, der sich, infolge sexuellen Versagens hoch erregt, dazu getrieben fühlt, ein ganzes Dorf anzuzünden.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 360] und
sang einige LiederWedekind hat für seinen Vortrag im Literarischen Klub (siehe oben) ein Programm entworfen, das 19 Liedtitel zum Teil mit Tonartangabe verzeichnet [vgl. KSA 1/IV, S. 1336], darunter das im nächsten Brief Wedekinds genannte Lied „Die sieben Rappen“ [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 21.11.1917].. Du hast Dich derweil ganz neu einrichten müssen,
hoffentlich bewährt sich die neue Köchinvermutlich Johanna Fuß [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 11.11.1917]. besser. Aber daß Du gar nichts
mitmachst, wie Du auf Deiner Karte schreibst,
entspricht durchaus nicht meinen Wünschen.
Du wirst derweil wohl auch schon Zerstreuung gefunden haben. | Grüße und küsse
die Kinder von mir. Auch an Hanskarl und Martha beste Grüße. Hier ist
herrliches Herbstwetter. Deine Grüße an
die BahnhofstraßeBriefzitat: „Grüß’ mir die geliebte Bahnhofstr. u. den See“ [Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 8.11.1917]. und den See habe ich ausgerichtet.
Mit innigem Kuß
Dein
Frank
Adresse des Absenders. – Text.
Adresse de l’expéditeur. – Texte.
Indirizzo del mittente. – Testo.
Postkarte.
Carte postale
Cartolina postale
SCHWEIZ SUISSE SVIZZERA
I.H.
Frau Tilly Wedekind
München
Prinzregentenstrasse 50