T. W.
Samstag,
11.VII.14.
Innigst geliebter Frank,
ich danke Dir sehr für Deinen Brief von Freitag dem 10.vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 10.7.1914. Ich habe
den ganzen Tag in meinem Zimmer auf diesen Brief gewarte/t/, u. immer an
Dich geschrieben. Ich bin sehr froh, dass Du Dienstagder 14.7.1914, an dem Wedekind notierte: „Ankunft in München.“ [Tb] oder Mittwoch
zurückkommen willst, sende Dir daher den Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 9.7.1914. auch lieber nicht, damit wir uns
nicht missver|stehen. Vielleicht können wir uns mündlich doch besser verständigen.
Von ganzem Herzen hoffe ich, dass meine beiden letzten Schreiben,
die Kartenein auf Briefkarten geschriebener Brief [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 9.7.1914]. u. der Briefvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 10.7.1914., nicht Deine Stimmung wieder gestört haben!
An Bertl schrieb ich heuteTilly Wedekind schrieb in dem nicht abgesandten Brief an ihren Bruder: „Mein lieber Bertl, herzlichsten Dank für Deinen letzten Brief. Seitdem haben sich die Dinge sehr geändert, so dass ich mich nicht entschließen konnte zu schreiben. Aber bevor ich alles verloren gebe, möchte ich doch noch dieses letzte Mittel versuchen und mich mit Dir aussprechen. Du bist auch nach Frank’s Meinung der Einzige, der mir alles klar machen könnte. 2 Tage nach dem Fest am 24. Juni reiste Frank nach Florenz. Dort blieb er aber nur 4 Tage, dann fuhr er nach Paris, wo er jetzt noch ist. Bei dem Fest ereignete sich etwas wofür ich absolut nichts kann, dass aber Frank’s Meinung, er werde durch mich lächerlich, neuerdings Nahrung gab. Es handelt sich um eine Kette von Dingen, die ich Dir hier unmöglich alle aufzählen kann. Ich würde Dir gern ausein[ander]setzen wie die Dinge liegen. Freilich wäre es auch wichtig, dass Du Frank’s Meinung hörst. Denn jeder sieht die Sache nur von seinem Standpunkt an, u. für einen Dritten ist es schwer das richtige Bild zu bekommen, wenn er nicht beide Teile hört. Aber dafür ist der Dritte objective. Du kannst uns vielleicht helfen, denn wir leiden Beide sehr darunter! [...] Ich möchte Dir nur von vornherein versichern, dass ich Dich in keinem Fall für das Ergebnis verantwortlich machen will. Du wirst nach bestem Wissen u. Gewissen urteilen, das weiß ich. Du liebst und schätzt sowohl Frank wie mich.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 269] auch, werde aber nun den Brief nicht
wegschicken.
Ich freue mich sehr, dass Du in Paris soviel Schönes gesehen
hast, u. freue mich auf Deine Erzählungen. |
Martha fuhr heute Mittag wieder weg. Den Kindern geht es
Gottlob gut. Anna Pamela wollte Nachmittags so gern schwimmen gehen, so schickte
ich sie mit dem Mädchen. Nachher war sie noch bei AnnaAnna Wölfel, „das Münchner Kindermädchen.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 125] u. der Kleinen im
englischen Garten. Beide schicken Dir viele Küsse u. freuen sich schon sehr auf
Dich.
Ich hoffe in Deinem Sinne zu handeln, wenn ich jetzt nicht mehr
ausführlich ant|worte, da Du doch Dienstag oder Mittwoch kommst.
Ich fürchte auch zu sehr, Dir damit die letzten Tage in
Paris zu verderben.
Wenn Du Dienstag oder Mittwoch kommst, reiche ich schon noch
mit dem Geld; ich habe nämlich viel bezahlt, auch für mich. Ich kann Dir die
Verrechnung vorlegen.
Anna Pamela hat jetzt immer Hunger. Sie sagte eben, sie sei
ein Vielfraß. Hoffentlich auf baldiges, glückliches Wiedersehn! Mit innigstem
Kuss, Deine Tilly