München,
Samstag, 26. Sept. 14.
Geliebter Frank,
heute morgenWedekind notierte am 26.9.1914 in München seine Reise nach Salzburg, um sich dort mit seinem Sohn Friedrich Strindberg zu treffen (und sich mit ihm auszusprechen): „Tilly begleitet mich auf den Bahnhof Fahrt nach Salzburg. Hotel de l’Europe. Treffe Friedrich Strindberg bei Tisch. Mittag in der Traube. Spaziergang auf den Mönchsberg Aussprache.“ [Tb] Wedekind reiste am 27.9.1914 zurück nach München. war es viel zu früh, der Zug hatte noch 10
Minuten Aufenthalt. Ich hoffe von Herzen, dass Du nicht zu große UnannehmlichkeitenWedekind fuhr nach Salzburg, um mit seinem Stiefsohn Konfliktlösungsgespräche zu führen (siehe seine Korrespondenz mit Friedrich Strindberg).
hast! Vormittags holte ich Anna Pamela von der Schule ab u. besorgte dann
Einiges. Nachmittags war ich mit den Kindern spazieren. Im englischen Garten
trafen wir Fr. Dir. SchrumpfJohanna Marianne Schrumpf (geb. Thon Freiin von Dittmer), die zweite Ehefrau von Ernst Schrumpf (Heirat am 30.1.1907 in Dresden), bis Sommer 1914 Direktor des Münchner Volkstheaters [vgl. Neuer Theater-Almanach 1914, S. 564], der einen von ihm gegen den Chefredakteur der Zeitschrift „Der neue Weg“ (offizielles Organ der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger) wegen Beleidigung angestrengten Prozess am 8.6.1914 verlor [vgl. Ein Münchner Theaterprozeß. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 67, Nr. 290, 9.6.1914, Vorabendblatt, S. 3-4]; der Prozess hat „einen für Direktor Schrumpf moralisch vernichtenden Ausgang genommen“ [Münchner Stadtanzeiger, Jg. 26, Nr. 24, 13.6.1914, S. 1], da er „sexuelle Verfehlungen des Direktors an den Damen seines Ensembles“ [Erich Mühsam: Schrumpf. In: Kain, Jg. 4, Nr. 3, Mitte Juni 1914, S. 37] bestätigte. mit ihren Kindern. Hoffentlich hast
Du in Salzburg | recht schönes Wetter! Den Kindern geht es gut u. sind sie sehr
vergnügt. Hoffentlich bekommst Du die Karte bald. Innigst umarmt u. küsst Dich,
Deine Tilly
Von den Kammersp. wollte man Deine AdresseDie Anfrage der Münchner Kammerspiele bezog sich vermutlich auf die Veröffentlichung von Wedekinds am 18.9.1914 in den Münchner Kammerspielen gehaltenen Kriegsvortrag am 27.9.1914 im „Berliner Tageblatt“ [vgl. KSA 5/III, S. 493-499].; ich
war nicht da.
Königreich
Bayern
Postkarte
Herrn
Frank Wedekind
Salzburg.
Hotel de l’Europe.
Abs: Wedekind
München
Prinzregentenstr. 50 III.