Kennung: 3629

Berlin, 13. Januar 1914 (Dienstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Wedekind, Tilly

Inhalt

HOTEL HABSBURGER HOF
FRITZ OTTO, Hoflieferant.

Fernsprech-Anschlüsse:
Amt Lützow, 1663 Hotel
                       4077
                        5442 Restaur.

Personen-Fahrstuhl
Tag und Nacht im Betrieb.


Berlin S.W. 11, den     191

Askanischer Platz 1.


Berlin 13.1.14.


Geliebteste Tilly!

Innigsten Dank für Deine beiden lieben Briefevgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 11.1.1914 und 12.1.1914.. Meinen Brief von gesternvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 12.1.1914. wirst Du derweil auch erhalten haben. Es freut mich sehr, daß es euch allen gut geht. Hier ist es auch sehr kalt. Wenn Du mir also den Pelzmantel schicken willst, bin ich Dir sehr dankbar. Ich werde ihn nicht für gewöhnlich tragen sondern für den Fall, daß ich im Frack ausgehen muß. Das wird nächsten Sonntag AbendWedekind war am 18.1.1914 auf einer „Abendgesellschaft bei Dr. Elias“ [Tb], bei dem Privatgelehrten und Schriftsteller Dr. phil. Julius Elias (Matthäikirchstraße 4) [vgl. Berliner Adreßbuch 1914, Teil I, S. 613]. der Fall | sein, wo ich zu Dr. Elias eingeladen bin. Die gleiche Notwendigkeit kann sich aber schon vorher ergeben.

Gestern AbendWedekind besuchte am 12.1.1914 die Inszenierung von Henrik Ibsens Drama „Peer Gynt“ mit Musik von Edvard Grieg im Lessingtheater (Premiere war am 15.9.1913 gewesen) und war anschließend zuerst im Linden-Restaurant (Unter den Linden 44) und dann in der Künstlerklause Carl Stallmann (Jägerstraße 14): „Abend in Peer Gynt. Dann allein Lindenrestaurant und Stallmann“ [Tb]. war ich nach der Peer Gynt Aufführung richtig allein bei Stallmann. Peer Gynt hat mir sehr gefallen, ein herrliches Stück, die Musik allein ist ein großer Genuß. Heute war bis zwei Uhr ProbeWedekind notierte am 13.1.1914 zur Vorbereitung der Uraufführung von „Simson“ am 24.1.1914 im Lessingtheater (Direktion: Victor Barnowsky): „Arrangiere III Akt. Probe I Akt.“ [Tb] Friedrich Kayßler spielte die Titelrolle, Alexander Rottmann den Og von Basan.. Ich arrangierte den 3. Akt und dann probierten wir den ersten. Kayßler ist herrlich, ich sehe jetzt erst wie wenig ich schauspielerisch der Rolle gewachsen wäre. Auch Rottmann gefällt mir sehr gut. Barnowsky war nicht erschienen da er wegen Fieber zu Bett lag. | Jetzt werde ich die beiden Varieté-AgentenRichard Weiniger betrieb eine Künstleragentur (Behrenstraße 14-16) [vgl. Berliner Adreßbuch 1914, Teil I, S. 3430] und annoncierte ein „Bureau für Bühnenangehörige“ (Inhaber: Richard Weiniger) in „Berlin, Behrenstraße 14-16“ mit der „Spezialität: Management von ersten Bühnenkünstlern am Varieté, Konzert und Kabarett.“ [Neuer Theater-Almanach 1913, Anzeigenanhang, S. 41] Sein Partner (oder Betreiber einer eigenen Agentur?) war möglicherweise Moritz Waldapfel, zunächst Kunsthändler [vgl. Berliner Adreßbuch 1913, Teil I, S. 3300], dann Gastwirt [vgl. Berliner Adreßbuch 1914, Teil I, S. 3375] (die einzige männliche Person, die unter diesem Namen verzeichnet ist). Wedekind notierte am 15.1.1914 eine „Unterredung mit Weiniger.“ [Tb] Weiniger und Waldapfel besuchen. Nachher gehe ich vielleicht in WetterleuchtenWedekind besuchte am 13.1.1914 Max Reinhardts Inszenierung von August Strindbergs „Wetterleuchten“ in den Kammerspielen des Deutschen Theaters (Premiere war am 10.12.1913): „Abend Wetterleuchten von Strindberg.“ [Tb] in den Kammerspielen. Es freut mich sehr, liebe Tilly, daß Du im Theater warst. Ich möchte nicht, daß Du Dich während meiner Abwesenheit langweilst. Kassirer hat heute den ganzen Tag über ProzeßPaul Cassirer verbrachte den 13.1.1914 vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte [vgl. Der Sezessionsstreit vor Gericht. In: Vorwärts, Jg. 31, Nr. 13, 14.1.1914, 1. Beilage, S. (3)]; gegen ihn war von einigen Mitgliedern der Berliner Secession wegen Beleidigung geklagt worden – er wurde freigesprochen [vgl. Freisprechung im Sezessionsprozeß. Die Klage gegen Paul Cassirer. In: Berliner Tageblatt, Jg. 43, Nr. 23, 14.1.1914, Morgen-Ausgabe, 1. Beiblatt, S. (1)].. Da er bis jetzt nichts hat hören lassen, werde ich ihn heute Abend wohl nicht sehen. Nun leb wohl, geliebte Tilly, küsse die Kinder von mir.

Mit innigstem Kuß
Dein
Frank


Bitte entschuldige die verwischte Schrift. Das Löschblatt ist nichts wert.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 3 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Liniertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 14,5 x 22,5 cm. Mit gedrucktem Briefkopf. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat das Briefpapier (eigentlich 1 Blatt mit 2 Seiten) zu Doppelblättern gefaltet und unabhängig vom in anderer Schreibrichtung aufgedruckten Briefkopf und von der Linierung beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Berlin
    13. Januar 1914 (Dienstag)
    Sicher

  • Absendeort

    Berlin
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    München
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
279-280
Briefnummer:
420
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 320
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 13.1.1914. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (23.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

25.09.2023 17:19