Sonntagder 11.1.1914.
abends.
Geliebter Frank,
heute Vormittag waren Anna Pamela u. ich mit Jenny u.
Hypolit im Deutschen MuseumTilly Wedekind war mit ihrer Tochter Pamela Wedekind und ihrer Cousine Eugenie (Jenny) von Sadkowski und deren Sohn Ferdinand (Hypolit) von Sadkowski entweder in der Abteilung I des Deutschen Museums (Maximilianstraße 26) oder in der Abteilung II (Zweibrückenstraße 12) oder in beiden Häusern (beide sonntags ab 9 Uhr geöffnet), sicher aber nicht im „Neubau, Museumsinsel. (Im Entstehen.)“ [Adreßbuch für München 1914, Teil III, S. 141]: „Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft u. Technik. [...] Die Sammlungen enthalten Originale, Modelle u. Demonstrationseinrichtungen, welche die Entwicklung der Naturwissenschaft u. Technik zur Darstellung bringen. Abteilung I: [...] Berg- u. Hüttenwesen, Maschinenwesen, Verkehrswesen, Astronomie, Physik, Chemie, Reproduktionstechnik, Uhren, Textilindustrie, Landwirtschaft, Flußbau, Kanalbau und Schiffbau. [...] Abteilung II: [...] Metallhüttenwesen, Metallbearbeitung, Gastechnik, Elektrotechnik, Beleuchtungswesen, Ingenieurbauwesen, Wohnbau, Städtehygiene, Heizung- und Kältetechnik, Musikinstrumente, Luftschiffahrt.“ [Adreßbuch für München 1914, Teil III, S. 160]. Es war sehr interessant, man muss wirklich öfter
hingehen. Dann aßen sie bei uns, nach Tisch | giengen wir spazieren u. dann
blieben sie noch bis 7 Uhr19 Uhr. bei uns. Es war ein sehr schöner Tag, wir sprachen
viel von Dir, von „Simson“ u. vor Allem von „Franziska“. Die Kinder
unterhielten sich auch sehr gut.
Hoffentlich bist Du gut angekommenWedekind, der wegen der anstehenden Uraufführung von „Simson“ am 24.1.1914 am Lessingtheater in Berlin von München abgereist ist, notierte am 11.1.1914: „Abfahrt. Tilly begleitet mich auf den Bahnhof. [...] Stille ruhige Fahrt Ankunft in Berlin.“ [Tb] u. hast Du eine angeneh|me Fahrt gehabt. Wie geht es mit Deinem ArmWedekind hatte dem Tagebuch zufolge seit dem 4.1.1914 („Forunkel am Arm“) Beschwerden wegen eines Furunkels am Arm, suchte am 7.1.1914 den Hausarzt auf („Bei Dr. Hauschildt“), konnte am 8.1.1914 der Beschwerden wegen nicht nach Berlin reisen („Stehe um 6 Uhr auf fahre aber nicht wegen starker Schmerzen. Fahre auch abends nicht da der Arm anschwillt. Dr. Hauschild kommt“) und war am 9.1.1914 („Bei Dr. Hauschildt“) und 10.1.1914 („Bei Dr. Hauschild“) nochmals beim Arzt.? Hoffentlich gut! Ist es in Berlin auch
so kalt? Hier war es heute sehr kalt. Wenn Du willst schicke ich Dir Deinen
Pelzmantel. Anbei 5 Drucksachennicht ermittelt. Briefvgl. Richard Dehmel an Wedekind, 9.1.1914. u. Kartevgl. Marie Uhl an Wedekind, 9.1.1914 (eine Bildpostkarte).. Ich schicke sie | gleichzeitig.
Hoffentlich bekomme ich bald Nachricht von Dir. Viele Küsse von
den Kindern!
Innigst umarmt Dich,
Deine Tilly