Eden Hôtel – Rome
SUCCURSAL: EDEN HOUSE – LUCERNE
Franz Nistelweck
Geliebteste Tilly!
Eben habe ich wegen des Geldes nach München geschriebenSchreiben nicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Deutsche Bank Filiale München, 28.6.1913. Es
kann also immerhin bis Mittwoch dauern bis es in Lenzburg ist. Aber gestern war
ich so in meiner Arbeit daß es mir schmerzlich gewesen wäre mich dabei zu
unterbrechen. Herzlichsten Dank für Deinen lieben Brief vom 26.vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 26.6.1913. und die nachgeschickten
Post. Die Orlow schreibt mir einen albernen Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Ida Orloff an Wedekind, 25.6.1913. den ich vorderhand nicht
beantworten werde. Sie könnte wohl den | richtigen Weg innehalten.
Für all Deine guten Nachrichten sag ich Dir herzlichsten Dank.
Ich denke daß ich Mitte JuliWedekind reiste am 11.7.1913 von Rom ab nach Lenzburg und notierte: „Abfahrt von Rom.“ [Tb] nach Lenzburg komme und wir dann zusammen nach
München fahren, wenn es Mama so recht ist. Was nun Mieze betrifft so weiß ich
daß Du in dieser Sacheein Streit mit Erika Wedekind am 7.2.1913 in Dresden: „Mieze und Eva holen Tilly ab. Mittagessen bei Mieze. Krakel. Aus dem großen Garten telephoniere ich an Mieze. Treffe Tilly zu Hause.“ [Tb] Um was es ging, ist unklar. Wedekind notierte am 12.7.1913 in Lenzburg: „Versöhnung mit Mieze.“ [Tb] vorsichtig und taktvoll sein wirst. Von Recht- oder
Unrechthaben kann natürlich keine Rede sein. Daß ich ihr nichts, gar nichts
übelgenommen habe ich in Dresden am gleichen Tag schon bewiesen, indem ich sie
vor der VorstellungGastspiel am 7.2.1913 um 20.30 Uhr im Gewerbehaus in Dresden auf Einladung des Vereins Dresdner Presse; aufgeführt wurde – mit Wedekinds Rezitation eines Prologs vorab [vgl. Frank Wedekind: Prolog. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Nr. 38, 9.2.1913, 1. Ausgabe, S. 1; nicht in KSA; vgl. Dresdner Presseball. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Nr. 38, 9.2.1913, 1. Ausgabe, S. 3] – das 3. Bild von „Franziska“ [vgl. KSA 7/I, S. 409-418] (Frank Wedekind als Veit Kunz, Tilly Wedekind in der Titelrolle) im Rahmen des Ballfestes des Vereins Dresdner Presse zum Fasching unter dem Titel „Eine Ehe im Jahre 2000“ [vgl. KSA 7/II, S. 1213] oder „Heirat im Jahre 2000“ bzw. „Eine Heirat im Jahre 2000“ [vgl. Dresdner Presseball. In: Dresdner Neueste Nachrichten, Nr. 24, 26.1.1913, 1. Ausgabe, S. 4; Dresdner Pressefest. In: Dresdener Nachrichten, Jg. 57, Nr. 11, 12.1.1913, S. (3)]. telephonisch und persönlich noch einmal zu sprechen suchte.
Das bitte ich Mieze zu sagen, wenn die Rede
auf die Sache kommen sollte. Ich halte es aber für richtig wenn du nicht davon
anfängst. Was ich tat geschah nur im Interesse der Vorstellung. Ob es richtig
war kann niemand andes/r/s beurtheilen, da er die Sachlage nicht kennt.
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Gestern Morgen war ich endlich in der Sixtinischen Kapelle, von
deren Großartigkeit ich mir keine Vorstellung gemacht hatte. Sie ist so groß
wie eine richtige Kirche. Die einzelnen Bilder müssen also etwa zehnmal größer
sein als die KopienKopien der Originale von Deckenfresken Michelangelos aus der Sixtinischen Kapelle im Vatikan in der Münchner Schack-Galerie (Prinzregentenstraße 9), jener Gemäldegalerie, die gegenüber von Wedekinds Wohnung (Prinzregentenstraße 50) lag. in der Schackgalerie.
Seit einigen Tagen regnet es hier täglich, so daß man
wirklich nicht über Hitze zu klagen hat. Ich habe sogar schon gefroren. Mit Dr. Barth bin ich seit zwei Tagen nicht zusammengewesen, heute
Abend sollen wir uns wieder treffen. Seine Frau ist eine geborene Ida
LombarderSchreibversehen, statt: Lamparter.. Sie bat mich Dir das zu schreiben für den Fall daß Frau Henckell im
Unklaren sein sollte.
Daß es Euch Allen gut geht ist mir eine große Freude. Ich habe
bis jetzt etwa den 10. Theil vom dritten AktWedekind arbeitete am 3. Akt seines Versdramas „Simson“ [vgl. KSA 7/II, S. 1266]. fertig. Das Meiste der
Sehenswürdigkeiten Roms werde ich in den nächsten Tagen gesehen haben. Ich
beeile mich natürlich | nicht. Für meine Zwecke kann ich mir Rom gar nicht
besser wünschen. Wenn wir uns zusammen ein Vergnügen machen wollen, dann tun
wir wohl besser daran nach Paris zu fahren. Das Pariser Leben ist ganz unvergleichlich interessanter.
Nun leb wohl, geliebteste Tilly. Grüße Mama und die Kinder herzlichst
und sag Mama meinen Dank für ihre Liebe.
Mit innigstem Kuß Dein getreuer
Frank.
28.6.13.