T. W.
Lenzburg,
18.VI.13.
Mein lieber Frank,
herzlichsten Dank für Deinen lieben Briefvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 17.6.1913. u. hoffentlich
hast Du Deine ArbeitenWedekind war mit dem Diktat des 1. und 2. Akts von „Simson“ und mit der Umarbeitung von „Schloß Wetterstein“ beschäftigt. in München bald soweit, dass Du reisen kannst. Wenn es
von Deiner neuen Arbeit mehrere Abschriften giebt, würde ich mich natürlich
sehr freuen eine zu bekommen. Hoffentlich macht Dir auch die Hitze in Italien
nichts, Mama meinte bei sehr großer Hitze sei es doch gefährlich. | Vielen Dank
auch für Barnowsky’s Briefnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Victor Barnowsky an Wedekind, 15.6.1913., ich werde ihn Martha weitersenden, wollte Dich
schon darum bitten.
Sehr leid tut es mir, dass ich
nicht wusste dass es die Freundin Kutschers war, die mir die Blumen schickte.
Wie ich damals den Tag nach Franziska mit MamaMathilde Newes war vom 6. bis 10.6.1913 in Wien [vgl. Tb]; sie war zum „Franziska“-Gastspiel am Deutschen Volkstheater in Wien „aus Graz angereist.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 206] zu Franzi nicht identifiziert.hinausfuhr, fuhren wir
doch am Volkstheater vorbei um die Post abzuholen. Da war auch ein
Rosensträußchen mit einem | Brief, unterzeichnet „Helly Steglich“. Ich wusste
nicht mehr, dass das die Freundin Kutschers ist. Und da wir doch hinausfuhren,
gab ich die Blumen Franzi. Den Brief habe ich nochDer Brief von Helly Steglich an Tilly Wedekind ist nicht überliefert. u. werde ihr von hier aus
antworten u. mich entschuldigen.
Frau Laue werde ich auch schreiben. In der Lenzburger Zeitung
war diese NotizDie Notiz aus der „Lenzburger Zeitung“ über die „Lulu“-Inszenierung am 11.6.1913 im Pfauentheater in Zürich [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 17.6.1913] liegt dem Brief nicht mehr bei., die ich beilege. Mama hat sich sehr darüber gefreut! Nach
unserm gestrigen Abendspa|ziergang gieng ich bald schlafen, da ich sehr müde
war. Heute waren wir den ganzen Tag im Garten. AnnaAnna Wölfel, „das Münchner Kindermädchen.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 125] bügelte u. ich blieb bei
den Kindern. Wir badeten Beide im Sonnenwasser„an der Sonne gewärmtes Wasser für ein Kinderbad“ [Schweizerisches Idiotikon, Bd. 16, Sp. 1833]., was ihnen großes Vergnügen
machte. Ich will nur jeden 2. Tag schwimmen gehen, jeden Tag strengt mich
offenbar zu sehr an. Huch’s „Geschwister“ hab ich fertig gelesen. Sehr nett,
etwas weltfremd. Jetzt lese ich ein Stück von Fr. Dr. PariserTilly Wedekind las Erna Parisers Manuskript „Leda“, ein Künstlerdrama aus der Zeit der Renaissance, das sie im Jahr darauf ihrem Mann vorlas, wie dieser am 21.2.1914 notierte: „Tilly liest mir Leda von Erna Pariser vor.“ [Tb] Die Schriftstellerin (und ihr Mann Ludwig Pariser) war mit dem Ehepaar Frank und Tilly Wedekind befreundet. Ihr Drama „Leda. Ein Schauspiel in drei Bildern“ erschien unter ihrem Pseudonym Erna Ludwig erst 1915 (im Delphin-Verlag, München). Frank Wedekind hat das Stück ebenfalls vor der Drucklegung gelesen [vgl. Wedekind an Erna Pariser, 22.11.1914]. Das Buch enthält den Hinweis: „Das Manuskript wurde im Jahre 1910 beendet“ [Erna Ludwig (Erna Pariser): Leda. München 1915, S. (4)].. Ich fühle mich hier viel wohler als
ich gedacht hatte u. viel wohler
als voriges Jahr, wo ich mich doch so sehr hierher freute. Mit Mama verstehe
ich mich sehr gut! Sie lässt Dich vielmals grüßen. Küsse von d. Kindern.
[um 90 Grad gedreht am
linken Rand:]
Herzlichst umarmt Dich, Deine Tilly