T. W.
Innigst
Geliebter
bist Du mir böse? Ich habe noch keine Nachricht von Dir!
Und ich hatte das Gefühl, dass wir uns verständigt hatten.
Hoffentlich sind dies grundlose Befürchtungen, u. ich
bekomme morgen Nachricht.
Heute habe ich Dir 5 Briefe nachgeschicktvermutlich die im vorangehenden Brief [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 11.1.1912] aufgezählten 5 Briefe an Wedekind, die nicht überlieferten Briefe der Deutschen Bank Filiale München, der Modernen Galerie, des Drei Masken Verlags und der „Badischen Landeszeitung“ (von Gustav Werner Peters) sowie ein Brief der Münchner Zensurbehörde [vgl. Polizeidirektion München an Wedekind, 10.1.1912].. Guttmann’s Briefenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Emil Gutmann an Wedekind, 11.1.1912 (und mindestens ein weiterer nicht überlieferter Brief).
lege ich bei. Hr. Dr. Pohl Klaus Pohl, als Schauspieler und Sekretär am Stadttheater in Landshut tätig [vgl. Neuer Theater-Almanach 1910, S. 500], dann wohl freischaffend in München [vgl. Neuer Theater-Almanach 1912, S. 859], dürfte eine Wedekind-Inszenierung geplant haben, die nicht realisiert wurde.ließ ich sagen, dass Du meistens | keine besonders
eingerichteten BücherRegiebücher. hast u. dasSchreibversehen, statt: dass. die Besetzung richtig ist.
Wann kommst Du? Wens hast Du alles gesprochen u. was
lässt sich machen?
GesternTilly Wedekind war am 11.1.1912 abends bei Jenny Albu eingeladen, was sich dem vorliegenden Brief zufolge kurzfristig zerschlug. war ich nicht fort. Frau Albu sagte mir in letzter Stunde
ab, da sie ihre Köchinnicht identifiziert. hinausgeworfen hatte.
Heute Vormittag war ich bei Ceconibei dem Zahnarzt Dr. med. Ermanno Ceconi (Praxis: Amalienstraße 3) [vgl. Adreßbuch für München 1912, Teil I, S. 85], seit 1900 in München ansässig; er war der erste Ehemann der Schriftstellerin Ricarda Huch (mit ihr verheiratet 1898 bis 1906), der Wedekind 1887 in Zürich wohl begegnet ist und in der Figur der Ricarda Russ in „Kinder und Narren“ (1891) auf sie anspielte [vgl. KSA 2, S. 714f.]. Wedekind war nachweislich seit dem 1.8.1910 bei Ermanno Ceconi in Behandlung [vgl. Tb]. der mir erzählte, dass | Wolfskehl
den ganzen Tag mit „Franziska“ herumlaufemit der Erstausgabe von „Franziska. Ein modernes Mysterium in fünf Akten“ (1912) im Georg Müller Verlag – sie „lag bereits im November 1911 gedruckt vor.“ [KSA 7/II, S. 994] Karl Wolfskehl, der in enger Beziehung zu Franziska von Reventlow stand, dürfte die biografischen Anspielungen auf sie in Wedekinds Stück erkannt haben. u. allen Leuten sage, sie müssen
sich’s kaufen. Nachmittag kam Jenny worüber ich mich riesig freute! Erst war
ich mit Anna Pamela u. Jenny spazieren.
Den Kindern gehts Gottlob u. unberufen gut, ebenso mir. Hoffentlich
gehts Dir gut, bist Du guter Stimmung, u. bist nicht ganz böse auf mich. |
Gewiss, ich kann durch den kleinsten Anlass traurig sein,
aber ich glaube, dass mich auch der kleinste Anlass glücklich
u. froh machen kann. Wenigstens hab’ ich das in den 5 Jahrenseit der Ehekrise 1907. schon gelernt,
wenn ich es früher vielleicht nicht konnte.
In innigster Liebe
Deine Tilly