Postkarte.
An
Frau Tilly Wedekind
in München
Prinzregentenstrasse 50 |
A. FREDERICH
Weingrosshandlung.
Inhaber seit 1891:
M. C. u. F. Krüger.
BERLIN W. 9, den 20. Mai 19011
Potsdamerstrasse 12.
Tel.: Amt VI, 922.
Geliebteste Tilly! HerlichenSchreibversehen, statt: Herzlichen. Dank für Deine lieben ZeilenBrief [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 18.5.1911] und Kartenbrief [vgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 19.5.1911].. Ich
freue mich sehr, daß es euch etwas besser geht. Gestern MittagWedekind notierte am 19.5.1911 die Szenenprobe für die geschlossene Vorstellung der „Büchse der Pandora“ am 20.5.1911 im Hebbel-Theater in Berlin, veranstaltet von der Gesellschaft Pan, für die Paul Cassirer die Probe besuchte: „Um 11 Uhr Probe der Kassirer beiwohnt.“ [Tb] war Scenen
Probe. Nachmittag ging ich spazieren, aß zu Abend mit Bertlim Hotel Habsburger Hof. Wedekind notierte am 19.5.1911, dass sein Schwager Dagobert Newes ihn dort aufsuchte: „Bertel holt mich zum Abendessen.“ [Tb] im Hotel um halb
zwölf Uhrum 23.30 Uhr. Wedekind notierte am 19.5.1911: „Nachtprobe bis 4 Uhr.“ [Tb] war Nachtprobe. Jetzt soll die erste vollständige Probedie Generalprobe um 11 Uhr vormittags für die geschlossene Vorstellung der „Büchse der Pandora“ abends im Hebbel-Theater, wie Wedekind am 20.5.1911 notierte: „Um 11 Uhr Generalprobe.“ [Tb] sein. Marie
Meier ist sehr gutin der Rolle der Gräfin Geschwitz in der „Büchse der Pandora“, die Maria Mayer, Schauspielerin am Berliner Neuen Schauspielhaus [vgl. Neuer Theater-Almanach 1911, S. 307], im Hebbel-Theater in Berlin mit großem Erfolg spielte; die Presse lobte ihre Darstellung: „Weitaus die ehrlichste und strengste künstlerische Arbeit gab Fräulein Marie Mayer in der äußerst schwierigen und gefährlichen Rolle eines zwitterhaften Mannweibes; es war bewunderungswürdig, mit wie feinen und vorsichtigen, rein künstlerischen Mitteln sie diese Figur am Leben erhielt, ihr auch erst Leben gab.“ [P.S.: Münchener Gäste. In: Berliner Tageblatt, Jg. 40, Nr. 357, 21.5.1911, Morgen-Ausgabe, S. (3)] „Sehr gut war auch Maria Mayer in der schweren Rolle der Geschwitz“ [Vorwärts, Jg. 28, Nr. 119, 23.5.1911, 1. Beilage, S. (1)]. „Maria Mayer wurde der undankbaren Rolle der Gräfin Geschwitz [...] gerecht.“ [Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Jg. 50, Nr. 120, 23.5.1911, Unterhaltungs-Beilage, S. (2)]. Ich denke morgen AbendWedekind notierte am 21.5.1911: „Abfahrt nach München.“ [Tb] zu fahren, so daß ich Montag frühWedekind notierte am 22.5.1911: „Ankunft in München.“ [Tb] in
München wäre. Küsse Anapamela von mir. Ich lasse ihr recht gute Besserung wünschen.
Innigst umarmt Dich
Dein Frank.