Kennung: 3260

München, 3. Februar 1910 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Tilly

Koautoren*in

  • Wedekind, Pamela

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

T. W.


Donnerstagder 3.2.1910..


Geliebter Frank,

ich bin auf weitere Nachrichtenvom Tod Otto Julius Bierbaums am 1.2.1910 in Dresden, der Beisetzung, der Trauerfeiern. sehr gespannt. In der Zeitung stand ja bis jetzt nichts. Wozu hast Du Dich entschlossen?

Heute Vormittag war ich mit Annapamela im ReisebüreauTilly Wedekind hat sich im Reisebüro nach den Reiseverbindungen für das anstehende Gastspiel vom 14. bis 17.2.1910 am Lustspielhaus in Düsseldorf erkundigt.. Der Unterschied von II. und III. Classe ist 12 M. u. der Schlafwagen. Ausserdem ist die Verbindung am Tag noch besser. Nachts fährt man von 10 Uhr22 Uhr. bis 12.58, | am Tage von 7 Uhr Früh bis 6 Uhr Abend. Wir fahren also am Mittwoch Früh, Donnerstag den 10. kann ich zur ProbeTilly Wedekind traf am 9.2.1910 zum Gastspiel am Lustspielhaus in Düsseldorf ein (gespielt wurde „Die Zensur“, „Totentanz“ und „Hidalla“) und nahm insofern am 10.2.1910 an der „Probe von Totentanz und Zensur um 10 Uhr“ [Tb] teil. sein.

Eben erhielt ich das Telegramm von Bierbaumnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Gemma Bierbaum an Wedekind, 3.2.1910. u. sende es Dir nach. Ich nehme an, dass Du ein Beileid-TelegrammWedekind hat der Witwe von Otto Julius Bierbaum telegrafisch kondoliert – in seinem eigenen Namen und dem seiner Frau [vgl. Frank und Tilly Wedekind an Gemma Bierbaum, 2.2.1910]. Er notierte am 2.2.1910: „Lese die Nachricht von Bierbaums Tod, telegraphiere Gemma.“ [Tb] geschickt hast, was ich auch noch tun werde. Es ist schrecklich! Gemma hat ihn gar nicht mehr lebend getroffen„Die in Italien weilende Gattin des Dichters traf erst nach seinem Tode ein; sie war untröstlich über seinen Verlust.“ [Bierbaums Begräbnis. In: Berliner Tageblatt, Jg. 39, Nr. 59, 2.2.1910, Abend-Ausgabe, S. (3)]. Hast Du die Absicht zur TrauerfeierEine Trauerfeier für den am 1.2.1910 in Dresden verstorbenen Schriftsteller Otto Julius Bierbaum fand am 4.2.1910 nachmittags in dessen Dresdner Wohnung statt [vgl. Trauerfeier für Otto Julius Bierbaum. In: Berliner Tageblatt, Jg. 39, Nr. 64, 5.2.1910, Morgen-Ausgabe, S. (3)]. zu fahren? |

Heute Nachmittag gehe ich zu Frau Henckellzu Anny Henckell (geb. Haaf), der Gattin von Karl Henckell, im Münchner Stadtteil Bogenhausen (Kufsteinerplatz 1) [vgl. Adreßbuch für München 1910, Teil I, S. 220]., die mich eingeladen hat. Meine Cousine kommt vielleicht auch. Sie bringt dann Hypolit zu uns u. die beiden KinderFerdinand von Sadkowski, genannt Hypolit, der Sohn von Tilly Wedekinds Cousine Eugenie (Jenny) von Sadkowski, und Pamela Wedekind. gehen mit dem Mädchenmit „Senta“ [Wedekind 1969, S. 138], dem Kindermädchen. „Seit Oktober 1908 beschäftigte die Familie Wedekind ein Kinder- und Hausmädchen. Tilly erwähnt für das Jahr 1911 den Namen Senta“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 113]. spazieren.

In der Elektrischender Trambahn (Straßenbahn). traf ich Frl. Terwin, sie trug mir Karten für „Das Conzertzwei von der Hofschauspielerin Johanna Terwin (sie hatte 1907 in Zürich die Lulu gespielt) übermittelte Theaterkarten für eine Vorstellung von Hermann Bahrs Lustspiel „Das Konzert“ (1909) am Münchner Residenztheater (Premiere: 29.1.1910), in dem sie die Rolle der Delphine spielte [vgl. Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 63, Nr. 46, 29.1.1010, Generalanzeiger, S. 2]. Tilly Wedekind besuchte die Vorstellung am 1.2.1910 (Dienstag) gemeinsam mit der befreundeten Schauspielerin Käthi Sandel, die seinerzeit in München gastierte. an. Ich sagte ich weiß noch nicht ob ich kann. Am nächsten Tag in der Früh schickte sie | gleich herüber, u. ließ sagen sie hätte 2 Karten. Ich holte mir die Sandel dazu ab, meine übrigen Bekannten sind ja größtentheils mit dem Hoftheater verheiratet. Aber an dem Abend war auch ganz München versammeltTilly Wedekind traf am 1.2.1910 im Residenztheater (siehe oben) Adele Sandrocks Bruder, den Maler und Schriftsteller Christel (Christoph) Sandrock und dessen Gattin Emmy Sandrock (geb. Emmrich, geschiedene Hübener), die er am 17.7.1900 in Gmunden geheiratet hatte, Franz Blei und dessen Frau, die Zahnärztin Maria Blei (geb. Lehmann), Korfiz Holm, Prokurist und nach Albert Langens Tod Treuhänder des Albert Langen Verlags, und dessen Frau Augusta Holm (geschiedene Ziemann), Emil Meßthaler, Jenny Albu (geb. Fischer), die Gattin des Schriftstellers Eugen Albu, und Elisabeth Steinrück (geb. Gussmann), die Gattin des Schauspielers Albert Steinrück und Schwägerin Arthur Schnitzlers.. Sandrock u. Frau, Blei u. Frau, Holm u. Frau, Met/s/sthaler, Fr. Albu, Fr. Steinrück. Ich sprach nur Frau Albu u. Frau Steinrück u. gieng nachher dem Theater gleich nach Hause. Das war am Dienstag. Gestern war ich zu Hause. Das sind alle meine Erlebnisse! Und Deine?

Innigsten Kuss Deine Tilly


5 Küsse schickt Dir Deine Annapamela.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 4 Seiten beschrieben

Schrift:
Lateinische Schrift.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 13 x 17 cm. Mit aufgeprägtem Monogramm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Die Grußzeile der drei Jahre alten Tochter Pamela Wedekind ist von ihr selbst zu Papier gebracht (die Hand wohl von der Mutter geführt). Wedekind hat oben auf Seite 1 mit blauem Buntstift das Datum „3.2.10“ notiert.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 3.2.1910 ist als Ankerdatum gesetzt – das Schreibdatum, wie der Briefinhalt und seine Kontexte belegt.

  • Schreibort

    München
    3. Februar 1910 (Donnerstag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    München
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Erstdruck

Briefwechsel 1905‒1918. Band 1: Briefe

Autor:
Frank Wedekind, Tilly Wedekind
Herausgeber:
Hartmut Vinçon
Verlag:
Göttingen: Wallstein
Jahrgang:
2018
Seitenangabe:
139
Briefnummer:
201
Status:
Sicher

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 221
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Tilly Wedekind, Pamela Wedekind an Frank Wedekind, 3.2.1910. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (03.12.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

01.11.2024 18:13