WEBER’S HOTEL
DRESDEN
Ecke Postplatz u. Zwingerpromenade
Telefon 140
Lift. Elektrisch. Licht.
Centralheizung.
Dresden, den 13. März 1909
Geliebteste Tilly!
Herzlichsten Dank für Dein liebes Telegrammnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 13.3.1909. – Wedekind notierte am 13.3.1909: „Telegramm über Premiere von Junge Welt“ [Tb], womit wohl das Telegramm seiner Frau gemeint war; es bezog sich auf die von der Akademischen Bühne veranstaltete Premiere seines Jugendstücks „Die junge Welt“ am Vorabend im Hebbel-Theater in Berlin, die er am 12.3.1909 notierte: „Premiere von Junge Welt.“ [Tb]. Ich weiß noch nicht,
worauf es sich gründet. Die Telegramme aus dem Theater werden natürlich sehr
günstig sein. Die Kritik im B.T.Monty Jacobs schrieb im „Berliner Tageblatt“ über die Berliner Premiere (siehe oben), es sei „eine Kraftverschwendung“ gewesen, „gerade Wedekinds Erstling ‚Die junge Welt‘“ für eine Inszenierung auszuwählen; es handle sich um „ein schlechtes Theaterstück“, um „eine Satire von vorgestern“, um „ein dramatisches Gefüge ohne Wirbelsäule“ [M.J.: Akademische Bühne. „Die junge Welt“, Komödie von Frank Wedekind. In: Berliner Tageblatt, Jg. 38, Nr. 131, 13.3.1909, Morgen-Ausgabe, S. (2-3)]. ist sehr abfällig. Ich stehe eben
vor dem Vortrag. GesternWedekind ist dem Tagebuch zufolge morgens am 12.3.1908 von München nach Dresden gereist („Stehe ½ 7 auf Tilly begleitet mich zur Bahn Abfahrt von München [...]. Nach Tisch repetiere ich Vortrag Wohne Webershotel“), um dort am 13.3.1909 auf Einladung des Dresdner Goethebundes im Künstlerhaus (Beginn 20 Uhr) einen Vortrag zu halten; er las aus „Die Zensur“ und „Totentanz“ – ein erstmals am 25.11.1908 in München präsentiertes Programm [vgl. Wedekind an Emil Gutmann, 21.11.1908]. hab ich während der ganzen Fahrt studiert. Abends war
ich alleinWedekind war am 12.3.1908 abends in einer von Paul Kneist betriebenen Dresdner Schankwirtschaft (große Brüdergasse 2) [vgl. Adreßbuch für Dresden 1909, Teil I, S. 447] in diskussionsfreudiger Gesellschaft: „Bei Kneist mit Pastor Kaiser und seinem Schwiegersohn. Philosophische Unterhaltung.“ [Tb], ging um 12 zu Bett. Heute MittagFrank Wedekind notierte am 13.3.1909 das Mittagessen bei seiner Schwester Erika Wedekind, der berühmten Hofopernsängerin: „Zu Mittag bei Mieze.“ [Tb] war ich bei Mieze zu Tisch. Ich hoffe,
daß Ihr, Du und Anna Pamela gesund seid und daß es Euch gut geht. Nach dem
VortragWedekind war am 13.3.1909 nach seinem „Vortrag“ auf Einladung des Dresdner Goethebundes im Künstlerhaus (siehe oben) auf einer „Gesellschaft“ [Tb] im Palais de Saxe „mit Dr. Stössel“ [Tb] – Dr. phil. Alfred Stößel, der Schatzmeister des Dresdner Goethebundes; anschließen war er bis in die frühen Morgenstunden in einem Lokal: „Bis 5 Uhr Stadkaffe“ [Tb], im Stadtcafé (Sophienstraße 3) [vgl. Adreßbuch für Dresden 1909, Teil IV, S. 47]. schreib ich wenn möglich noch eine Karte. Herzliche Grüße und Küsse
Dein Frank.