Königreich Bayern
Kartenbrief
An
Frau Tilly Wedekind-Newes
in Graz Steiermark
Wohnung (Straße und Hausnummer) Brandhofgasse 1. |
Adresse des
Absenders: |
Geliebteste Tilly! Ich danke Dir herzlich für Deinen lieben Briefvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 27.5.1908..
Meinenvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 28.5.1908. hast Du derweil auch bekommen. Wenn es Dir recht ist, fahren wir also
Mitte nächster Woche, wenn MarthaMartha Newes ging am 9.6.1908 mit nach Berlin und blieb dort als Gast bis zum 10.9.1908 [vgl. Tb]. bis dahin frei ist nach Berlin. Ich kann Dir
nicht gut auf all Deine Vorschläge antworten, so sehr sie mich interessierten. Aber ans Meer gehen, ich glaube gerne daß
Du aufgehen würdest wie eine Dampfnudel obschon Du mir gar nicht zu schlank bist.
Aber wenn es mir dann ebenso geht? Ich habe in den fünf Tagen die ich hier badeWedekind hat seine Badekur in München am 25. und 26.5.1908 („Dampfbad“), am 27.5.1908 („Heißes Bad“) sowie am 29. und 30.5.1908 („Elektrisches Bad“) im Tagebuch vermerkt.
5 Pfund verloren und habe jetzt nur noch 12 Pfund zu viel. Ich glaube aber daß
ich die auch in Berlin loswerden kann. Ich sprach gestern noch einmal mit
SchröderWilhelm Schröder, der Vermieter von Wedekinds Wohnung im 3. Stock der Prinzregentenstraße 50, der innerhalb seines Hauses umzog [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 28.5.1908]. wegen der leeren Parterrewohnung. Er sagt, es sei allerdings möglich
daß wir dort eine Zeit lang wohnten da er jetzt gleich in den zweiten Stock
zieht, aber nur wenn er die Wohnung bis zum Herbst nicht vermietet. Die Aussicht ist also sehr ungewiß. Im übrigen muß ich
jetzt zu meinen Geschäften in Berlin zurück, und außerdem oder in erster Linie
habe ich auch große Sehnsucht nach Dir. Nur möchte ich nicht gerne wieder durch
Platzmangel und Mangel an Bequemlichkeit in n/N/ervosität verfallen die
Du dann auf Dich beziehst. | Deshalb bin ich nicht sehr dafür, daß wir uns
jetzt wieder im Hotel oder auf dem Lande mit zu wenig Raum behelfen. Wir wohnen
eben nun doch einmal in Berlin. und sind
bald 7 Wochen auf Reisen.
Langen habe ich heute und gestern verfehlt, da er
nachmittags keine Büreaustunden mehr hat, was ich nicht wußte. Ich werde also
Montagder 1.6.1908; Wedekind hat dann allerdings bereits am 31.5.1908 mit seinem Verleger Albert Langen gesprochen: „Unterredung mit Langen.“ [Tb] zu ihm gehen. Dann bleibt noch der Arzt.
Vielleicht, liebe Tilly sc kannst du mir im nächsten
Brief schon schreiben wann du von Graz abreisen kannst. Daß wir sobald wieder
auf Reisen gehen hast du nicht zu fürchten.
Küsse Anna Pamela von mir.
Mit innigsten Kuß und Gruß
Dein Frank.
Grüße an all Deine Lieben. |
In der Ausstellungdie Architektur- und Kunstgewerbe-Ausstellung vom 16.5.1908 bis 31.10.1908 in München („Ausstellung München 1908“). bin ich noch nicht gewesen. Das Theaterdas Münchner Künstlertheater; es war „Bestandteil“ der „großen kunstgewerblichen Ausstellung“ [Wilhelm Michel: Das Münchner Künstlertheater. II. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 151, 30.3.1908, S. 13], ein 1908 auf dem Ausstellungsgelände zur 750-Jahr-Feier der Stadt München auf der Theresienwiese fertiggestellter sezessionistischer Theaterbau, der ohne städtische Subventionierung vom Verein Ausstellungspark (dem Eigentümer) betrieben wurde [vgl. Neuer Theater-Almanach 1913, S. 555]. Das Künstlertheater wurde am 29.5.1908 mit „total ausverkauftem Hause“ [Ausstellung München 1908. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 61, Nr. 252, 30.5.1908, Vorabendblatt, S. 4] eröffnet mit Goethes „Faust“ (der Tragödie erster Teil).
soll sehr gut sein aber das bleibt bestehen. Das übrige soll G’eschnas(öster.) Gschnas (G’schnas) = wertloses Ding; „hier im Sinn von billige Unterhaltung.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 94] sein.
Gestern begegnete ich Therese Rosenthalmit Wedekind befreundete „Witwe des Münchner Justizrats Friedrich Rosenthal“ – verstorben am 9.8.1906, mit dem sie 30 Jahre verheiratet war – „und Cousine des Rechtsanwalts Wilhelm Rosenthal.“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 94], die mich
sehr bat, sie in die Ausstellung zu führen. Sie erbot sich dafür zu allen
Diensten an, wenn wir von Berlin aus etwas in der Wohnung auszurichten hätten.
Ich hoffe nun nur daß Du nicht eifersüchtig wirst denn dann würde ich natürlich
verzichten.