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Lenzburg,
Mittwochder 18.9.1907..
Mein einzig geliebter Frank,
es muss schon sehr schlimm mit uns stehen, wenn Du nur „liebe
Tilli“ Zitat der Anrede aus dem letzten Brief [vgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 17.9.1907].u. dann mit i zum Schluss schreibst. Nein Frank, ich hoffe von ganzem
Herzen, dass dies nichts Schlimmes zu bedeuten hat.
Geschrieben hab’ ich Dir doch Freitagvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 13.9.1907. u.
dann gestern Dienstagvgl. Tilly Wedekind an Frank Wedekind, 17.9.1907.. Also in 1 Woche 2 Briefe. Heute hab’ ich Dir ein Telegramm
nachgeschicktnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Anna (siehe unten) an Wedekind, 18.9.1907.. |
Freilich hab’ ich nicht sehr ausführlich geschrieben, aber
sieh’ mal, ich hatte nicht das Gefühl, dass Dir meine Epistelnlängere Briefe. Tilly Wedekind hat während ihres Aufenthalts in Graz vom 10. bis 29.7.1907 mehrere längere Briefe an Frank Wedekind geschrieben. aus Graz eine solche Wonne waren. Und sieh’ mal, um mich
aufzudrängen bin ich zu stolz! Wenn ich mich jetzt mit einem Herzen voll Liebe
hinsetzte, um Dir alles Liebe u. Gute zu sagen, dann fällt mir das ein, u. ich
fürchte zu viel zu tun. |
Wenn Du von mir hören willst, geliebter Frank, so freut mich
das von Herzen.
Wir sind alle wohl u. munter, sei
nur ganz ausser Sorge! Heute hast Du ja auch meinen Brief, sonst hätte ich
telegraphiert.
Ich freu’ mich so, dass Du Dich wohl fühlst u. arbeiten
kannst. Bitte richte es ganz ein wie Du willst! Hier ist’s kalt aber schön, u.
können wir gut bis Anfang October bleiben. Dann fahr’ ich wohl nach Berlin, Du
kannst vor oder | nach mir kommen, ganz wie Du willst! Ich begreife ja so sehr,
dass Du allein sein musst, dassSchreibversehen, statt: das. habe ich Dir auch
schon das erste Maldie frühere Trennung, Tilly Wedekinds Aufenthalt vom 10. bis 29.7.1907 bei ihren Eltern in Graz. gesagt. Wenn es mir schwer fällt, wenigstens der Abschied,
so ist das begreiflich u. auch keine Beleidigung für Dich. Dass ich
Schwierigkeiten machte, war ein großer Fehler von mir,
dafür habe ich aber wieder viele Vorzüge, u. habe mich in alles andere sehr gut
hineingefunden. |
Oder findest Du, dass ich so absolut nicht zu Dir passe? In
Lenzburg wurde erzählt Du seist auf dem Alpenzeiger„eine Falschmeldung“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 67]. Der Alpenzeiger „ist der höchste Aussichtspunkt am Hungerberg in 420 m Höhe über Aarau, von wo aus, jenseits der Aare am Waldrand gelegen, sich eine prächtige Aussicht über die historische Altstadt auf die Alpen eröffnet“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 68].. Mich ergriff ein freudiger
Schreck! Aber Dein Briefvgl. Frank Wedekind an Tilly Wedekind, 17.9.1907. ist aus München. Hoffentlich wirst Du durch die
Arbeiten im Hause nicht gestört. Wird Dir denn immer ordentlich auf|geräumt?
Hast Du alles was Du brauchst? Oder besser noch, als wenn ich Dir einen
schlechten Kaffée mache?
Ich hoffe dies bis October noch alles viel besser zu können.
Willst Du mit Basil wieder z studierenhier: Schauspielunterricht nehmen.?
Grüße alle Bekannten die Du siehst! |
Nun lebwohl, geliebter, einziger Frank!
Du musst ein Bischen Nachsicht mit
mir haben.
Von ganzem Herzen
Deine ergebene Tilly
Grüße von allen! |
Geliebter Frank,
Anna„die Zugeherin des Berliner Wedekind-Haushalts“ [Vinçon 2018, Bd. 2, S. 68]. schickte die Depeschedas oben erwähnte Telegramm von Anna an Wedekind (nicht überliefert), das sie nach Lenzburg geschickt hat. an mich. Bitte schreib’ mir, wenn
Du eine neue Adresse hast.
Innigst
Deine Tilly