Kennung: 2892

Lenzburg, 23. August 1886 (Montag), Brief

Autor*in

  • Henckell, Karl

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Lieber Herr WedekindFrank Wedekind traf am 16.8.1886 in Lenzburg ein [vgl. Vinçon 2021, Bd. 2, S. 116], wo sich Karl Henckell, stud. phil. und Schriftsteller in Lenzburg [vgl. Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1887, S. 120], der seinerzeit „wöchentlich“ zum Schloss Lenzburg „hinauf steigt, auch wegen Franklins jüngerer Schwester Erika“ [Vinçon 2014, S. 39], im Sommer 1886 aufhielt.! Falls Sie etwa ein billet-dous(frz.) kurzer Liebesbrief, schriftliche Liebeserklärung. vermuthet haben sollten, so ist das ein Irrthum. Ich bitte um Verzeihung, wenn ich diesen holden Wahn, der jetzt schon gelüftet, herbeigeführt haben sollte.

Was mir äußerst intensiv im Kopfe herumgeht und mich zu dieser kuriosen schriftlichen Meinungsäußerung ‒ pardon, Fräulein FridaErika Wedekind – mit vollem Namen: Frida Marianne Erika Wedekind. sagt, „nur die Narren meinenRedensart.[“] ‒ item(lat.) kurzum. (lat.) kurzum. Meinungsäußerung veranlaßt, das ist der Ihnen schon angedeutete Gedanke einer zu gründenden ZeitschriftDas Zeitschriftenprojekt wurde nicht realisiert.. Sie schienen einer solchen Idee ja auch nicht totaliter(lat.) ganz und gar. abgeneigt ‒ wie wäre es, wenn wir die Sache einmal etwas näher und ernstlicher ins Auge faßten, vorausgesetzt, daß Sie Lust haben, mit mir gemeinsam ein gewis nicht unnützliches Werk zu beginnen?

Es bedarf eben in erster Linie des festen und entschiedenen Willens ‒ das Weitere macht sich dann, wie man zu sagen pflegt, von selbst. Das Selbst sind dann eben wir und unser Wille.

Zur Gewinnung eines unternehmungslustigen Verlegers könnte man ja vorläufig, ohne andere Bemühungen auszuschließen, den, nicht mehr ungewöhnlichen Inseratenweg betreten? ‒ Das Weitere bei der kolossalen Entfernung unserer beiderseitigen DomizileKarl Henckell wohnte in Lenzburg bei seinem Bruder Gustav Henckell (er hatte dort im Vorjahr eine Konservenfabrik gegründet), Wedekind wohnte auf Schloss Lenzburg über der Stadt – insofern war die Entfernung zwischen beiden Domizilen gering. brieflich durchzuschwätzen, halte ich für mindestens papierverschwenderisch; diese Zeilen vorzüglich deshalb, weil ich endlich einmal eines dieser mir von geliebter Schwesterhand bescheerten Blumenkärtchenan Karl Henckell gerichtete Korrespondenzstücke Erika Wedekinds. aus stagnirender Ruhe erlösen mußte ‒ sie vergilben sonst vor Gebrauchslosigkeit.

Freundlichsten Gruß Ihr Karl Henckell

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 1 Blatt, davon 1 Seite beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Papier. 11 x 14,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Wedekind hat mit Bleistift auf Seite 1 des Briefs das Datum „23.VIII 86“ notiert. Die Rückseite des Blattes, auf dem Reste von Pflanzenblättern kleben, ist mit Bleistiftkritzeleien (darunter die Ziffernfolge „4/4/4/4“) und mit recht sorgfältig ausgeführten Bleistiftzeichnungen versehen – insgesamt sieben Porträts, wobei es sich um drei porträtierte Frauen handelt; eine ist nicht identifiziert, eine zweite (vielleicht Erika Wedekind?) ist in zwei Ausführungen gezeichnet, eine dritte (vermutlich Minna von Greyerz, wie ein Foto [vgl. Austermühl 1989, S. 366] nahelegt) in vier Ausführungen. Sie stammen von Wedekind, der auf die Rückseite ebenso spielerisch wie die sonstigen Kritzeleien auch dreimal seinen Vornamen „Franklin“ geschrieben hat.

Datum, Schreibort und Zustellweg

Der 23.8.1886 ist als Ankerdatum gesetzt – das Schreibdatum, Wedekinds Datumsnotiz auf dem Brief zufolge (vielleicht auch das Empfangsdatum).

  • Schreibort

    Lenzburg
    23. August 1886 (Montag)
    Ermittelt (sicher)

  • Absendeort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Lenzburg
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 67
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Karl Henckell an Frank Wedekind, 23.8.1886. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

16.09.2024 17:45