Mein lieber Frank!
Du
weißt, wieviel mir immer seit wir uns kennenFriedrich Strindberg hatte mit seinem Vater am 14.9.1913 in Berlin Kontakt aufgenommen und sich daraufhin mit ihm getroffen: „Fritz Uhl telephoniert mich an. Wir lernen uns kennen.“ [Tb] und bevor ich Dich kennen lernte
an m/D/einer Freundschaft gelegen ist. Und ich kann den Vorwurf der
„Nachäfferei“vgl. Wedekind an Friedrich Strindberg, 17.9.1914. nicht zurückweisen. Ich habe mich so während der kurzen Zeit, da
wir uns kennen, in Dich hineingelebt; Du hast mich in allem und jeden so
beeinflußt, wie Du es am besten im „Triton“Das nicht überlieferte Stück hatte Friedrich Strindberg seinem Vater während seines Weihnachtsbesuchs in München vorgelesen: „Fritz liest sein Drama Triton vor“ [Tb, 26.12.1913]. an manchen Stellen siehst. Daß ich
Dich unbewußt dann viel nachahmte, ja in meinen Briefen an Dich, bitte ich Dich
mir nicht | anzurechnen.
Lieber
Frank, du sprichst von den Behauptungen unserer FamielieSchreibversehen, statt: Familie., nämlich meiner und
meiner Mutter Famielie. Ich erfahre und muß es erst heute hören, noch dazu von Dir, daß sie
anfechtbarWedekinds Bemerkung von „den sehr anfechtbaren Behauptungen deiner Familie“ [Wedekind an Friedrich Strindberg, 17.9.1914] war vermutlich eine ironische Replik auf den Vorwurf von Friedrich Strindbergs Großmutter, ihr Enkel sei ein „Bruder des Teufels“ [Friedrich Strindberg an Wedekind, 11.9.1914]. Friedrich Strindberg bezieht die Bemerkung seines Vaters hier überraschenderweise auf seinen Status als dessen Sohn. sind. Würde ich mich nach meinem „Menschenrecht“Figurenzeichnung und Handlungselemente in Friedrich Strindbergs Drama „Menschenrecht“ (nicht überliefert) führten zum Zerwürfnis mit seinem Vater, der das Stück als Schlüsseldrama verstand. Insbesondere in der Figur Frieda erblickte Frank Wedekind ein kompromittierendes Porträt seiner Frau Tilly Wedekind [vgl. Wedekind an Friedrich Strindberg, 24.8.1914; Friedrich Strindberg an Wedekind, 11.9.1914]. schämen, Deiner
gnädigen Frau Gemahlin ohne Entschuldigung meines Verhaltens unter den Augen zu
erscheinen, so muß ich Dich bitten mir zu glauben: Ich kenne mich nicht mehr
aus. Und das fasse bitte nicht als Achtungslosigkeit auf; nein! 15 Jahre
glaubte ich dies; Frank, was kann ich hiefür, wenn ich Dir dann freudig in die
Arme lief. | Ich weiß über meiner Mutter LebenFriedrich Strindberg wuchs in der Obhut seiner Großmutter Marie Uhl auf und hatte zu seiner Mutter Frida Strindberg nur sporadisch Kontakt. Mit ihrer Übersiedlung nach London 1908 brach er vollends ab. nichts, nicht soviel als
ein Sohn wissen sollte. Und höre dann von fremden Leuten Vorwürfe, die ich Dir
bei unserer Zusammenkunft erzählen werde. Was verschuldet von meiner Mutter
wurde. –
Und ich
hörte aus Deinem Munde nie einen Vorwurf; Du nahmst mich in Dein Haus
auf, und ich vergalt es in einem halben Jahre so –. Und daß Du mirch dennoch nicht verläßt und mir Gelegenheit gibst, Deine
Freundschaft wieder zu erringen, danke ich Dir tief. Insbesondere, da ich erst
jetzt von Tag zu Tag immer mehr einsehe, was das „Menschenrecht“ enthielt.
Am 1.am Donnerstag, den 1.10.1914.
beginnt unsere Schule. | Ich habe da immer Samstag, Sonntag Zeit, kann mich
aber auch sonst durch die Güte des Herrn Direktor freimachen am Nachmittag. Ich
danke Dir sehr, daß Du trotz der jetzigen Umstände mich besuchenWedekind traf sich ein Wochenende lang mit Friedrich Strindberg in Salzburg. Am 26.9.1914 notierte er: „Fahrt nach Salzburg. Hotel de l’Europe. Treffe Friedrich Strindberg bei Tisch. Mittag in der Traube. Spaziergang auf den Mönchsberg Aussprache. Hohensalzburg. Theaterkafe Augustiner Bräustüble. Peterskeller Cafe Tomaselli“ [Tb]. Und tags darauf, am 27.9.1914: „Friedrich weckt mich Frühstück im Hotel Spaziergang. Mittag in der Traube. Fahrt nach Hellbrunn Steintheater. Café Krimel Abendessen im Bahnhof. Rückfahrt.“ [Tb] wirst.
Und nun
zum Schlusse bitte ich Dich die Versicherung entgegen nehmen zu wollen, daß ich
alles was ich kann, tun werde, um Deine Freundschaft wieder zu erlangen. Und
wenn Dir in meinen Briefen unbedachtsame Stellen unterkommen, so bitte ich Dich
inständig sie zu entschuldigen.
Mit
Liebe
Dein dankschuldiger
Friedrich.
Salzburg, 20/2/. September 1914.