Also Kinder ‒ das ist von Euch eine GemüthsroheitSchreibversehen, statt: Gemüthsrohheit.. Ich,
armer kranker Hund schleppe mich da hinaufDie dem Tagebuch zufolge am 8.5.1906 endgültig bezogene gemeinsame Wohnung („Wir essen zum ersten Mal zu Hause zu Abend“) von Frank und Tilly Wedekind in der Kurfürstenstraße 125 lag im 3. Stock [vgl. Berliner Adreßbuch 1907, Teil I, S. 2583]. glaube Euch zärtlich zusammen
anzutreffen und Ihr Vergnügungssüchtigen Leutchen
seitSchreibversehen, statt: seid. fort geflogen.
Na ‒ ich halte |
es nun doch für die höchste Zeit das wir uns endlichdreimal unterstrichen. mal wiederseh’nWedekind hat Adele Sandrock, Mitglied im Ensemble des Deutschen Theaters (Direktion: Max Reinhardt) [vgl. Neuer Theater-Almanach 1907, S. 287], beruflich zuletzt bei den Proben zur geplanten Inszenierung der „Büchse der Pandora“ gesehen, die er seit dem 18.9.1906 besuchte [vgl. KSA 3/III, S. 1260], bei der Adele Sandrock die Rolle der Gräfin Geschwitz spielen sollte, ausweislich des Tagebuchs vom 10.9.1906 („Pandoraprobe. Adele fehlt“) und 18.9.1906 („Pandoraprobe. Adele hat sich mit dem Sonnenvogel verzankt“) aber wohl Probleme mit einem Ensemblemitglied hatte (zensurbedingt kam eine Aufführung nicht zustande und Max Reinhardt entschied sich, stattdessen „Frühlings Erwachen“ aufzuführen, was Wedekind am 28.9.1906 von Felix Hollaender mündlich mitgeteilt wurde); privat hat Wedekind sie zuletzt am 17.10.1906 getroffen („Mittags treffe ich Welti und später Adele“), seine Frau wurde von ihr am 14.12.1906 („Adele Sandrock und Lou Andreas Salomé besuchen Tilly“) und 31.12.1906 („Adele kommt zu Tilly“) besucht (nach der Geburt der Tochter Pamela am 12.12.1906); ein gemeinsamer Abend mit Frank und Tilly Wedekind ergab sich erst wieder am 16.1.1907 („Am Abend kommt Adele, die ich nach Hause begleite“).. Kommt doch heut Abend so
um 7 zu mir ‒ ausgeh’n kann
ich nicht weil ich krank bin. Frank ‒ der grüne | Federhalter von dirvermutlich ein Geburtstagsgeschenk Wedekinds für Adele Sandrock. Frank und Tilly Wedekind haben den 43. Geburtstag der Freundin am 19.8.1906 mit ihr verbracht: „Adeles Geburtstag. Abends mit Adele und Tilli im Biergarten“ [Tb]. macht mich
wahnsinnig. Ich denke ich habe einen Frosch in
der Hand. Was macht mein Stück, Musikironische Anspielung auf das „Parodistische des Titels“ [KSA 6, S. 750] von Frank Wedekinds „Musik. Sittengemälde in vier Bildern“ (1907), den Tilly Wedekinds Erinnerungen zufolge Adele Sandrock vorgeschlagen hat: „Er hatte damals gerade ein neues Stück beendet, das er ironisch ein ‚Sittengemälde‘ nannte. Der Titel zu diesem Stück stammt übrigens von Adele Sandrock. Er hatte ihr eines Abends im ‚Heidelberger‘, einem großen gemütlichen Eßlokal in einem Keller in der Friedrichstraße, den Inhalt des Stückes erzählt. [...] Als er [...] die Geschichte zu Ende erzählt hatte, nickte Adele Sandrock nachdenklich mit dem Kopf und dann sagte sie in ihrem hochdramatischen Burgtheaterton, den sie oft ganz bewußt ironisch anwandte: ‚Musik!‘“ [Wedekind 1969, S. 56] Der Autor dürfte Adele Sandrock den Inhalt seines geplanten Stücks, das er vom 19.7.1906 bis 21.9.1906 niederschrieb und am 9.10.1906 mit der fertiggestellten Reinschrift abschloss [vgl. KSA 6, S. 715], seinem Tagebuch zufolge noch vor dem Beginn der Niederschrift erzählt haben, am 17.4.1906 („Abends mit Tilly und Adele im Heidelberger“), denn die verbürgten früheren Besuche im Restaurant Zum Heidelberger mit ihr am 25.12.1905 („Diniere im Heidelberger mit Adele Sandrock und ihren Damen“) und 8.1.1906 („Im Heidelberger treffe ich Adele Sandrock und ihre Damen“) kommen zeitlich nicht in Frage, zumal Wedekind den Titel schon nutzte, als er den Beginn der Niederschrift am 19.7.1906 notierte („Ich beginne an ‚Musik‘ zu schreiben“).? Warum bekomme ich das nicht zum lesenWedekind hatte nach einer Überarbeitung der Arbeitshandschrift die Reinschrift von „Musik“ am 9.10.1906 abgeschlossen [vgl. KSA 6, S. 715, 723]; wann er Max Reinhardt diese Fassung seines Stücks zur Lektüre übergeben hat, ist unklar.?
Reinhardt sprach mir davonMax Reinhardt dürfte Adele Sandrock nicht nur von der Lektüre eines „Musik“-Manuskripts erzählt haben, sondern auch von seinem Plan, das Stück aufzuführen, den die Presse erst Wochen später publik machte: „Frank Wedekind hat soeben ein neues Stück vollendet. Es ist eine Komödie, die den Titel ‚Musik‘ führt. Das Stück wird zu Anfang der nächsten Saison in den Kammerspielen zum ersten Male aufgeführt werden.“ [Ein neues Stück von Wedekind. In: Berliner Tageblatt, Jg. 36, Nr. 64, 5.2.1907, Morgen-Ausgabe, S. (3)] Die angekündigte Inszenierung von „Musik“ an den Kammerspielen des Deutschen Theaters in Berlin kam nicht zustande.. GratulireAdele Sandrock dürfte Wedekind zu dem überwältigenden Theatererfolg seines am 20.11.1906 in den Kammerspielen des Deutschen Theaters unter der Regie von Max Reinhardt uraufgeführten Stücks „Frühlings Erwachen“ gratuliert haben. zu deinem
letzten großen Erfolg. Ich habe es nicht geseh’n weil ich | krank zu Bett lag.
Ich grüße Euch von ganzer Seele und bin
und bleibe Eure
Adele Sandrock