Kennung: 2677

Budapest, 19. Oktober 1906 (Freitag), Brief

Autor*in

  • Holitscher, Arthur

Adressat*in

  • Wedekind, Frank

Inhalt

Budapest, VI. Király.-u. 100. IIIdie Király-Straße 100 (3. Stock) im 6. Bezirk von Budapest (Pest). Arthur Holitschers Briefadresse in Budapest war eigentlich die Lazargasse 5 [vgl. Kürschners Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1907, Teil II, Sp. 659]..


19.10.06.


Lieber Freund, Dank für Deine Kartenicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Arthur Holitscher, 13.10.1906., glaube mirs, ich würde mich am unbändigsten freuen, könnte ich wieder bald bei FrederichWedekind hat zuletzt am 13.10.1906 das Berliner Weinlokal A. Frederich (Potsdamerstraße 12) besucht – „mit Tilly bei Frederich“ [Tb], wo er die erwähnte Postkarte (siehe oben) an Arthur Holitscher geschrieben haben dürfte. Wedekind war dem Tagebuch zufolge wohl mit ihm am 14.6.1906 in dem Stammlokal („Am Abend begegne ich Holitscher. Er ißt mit uns zu Abend. Dann im Weihen-Stephan und bei Fredrichs“), außerdem am 20.6.1906 („Abends mit Kraus und Hollitscher bei Friedrich“), nicht aber bei dem weiteren notierten Treffen am 22.6.1906 („mit Kraus Hollitscher und Sulzberger zu Treppchen“). in Eurer Mitte sitzen, meinetwegen sogar mit Oskar FriedWedekind kannte Oskar Fried seit 1892, hatte ihn zwischenzeitlich aus den Augen verloren, ihn aber am 22.10.1905 in Berlin wiedergetroffen, wie er im Tagebuch notierte („Ich sehe Oskar Fried wieder“). Arthur Holitscher kannte den Musiker aus seiner Zeit beim „Simplicissimus“ 1896/97 in München ebenfalls und war von ihm nicht sehr angetan; er erinnerte sich an Zusammenkünfte im Haus Albert Langens mit ihm (und mit Wedekind): „Oskar Fried war da, Komponist eines Bierbaumschen Operntextes, er trug mit zynischem Berliner Witz seine traurige Armut zur Schau, betonte seine noch nicht gehörig gewürdigte Bedeutung“ [Holitscher 1924, S. 136].. Allein ich bin durch einen beträchtlichen DallesGeldnot (umgangssprachlich, jiddischer Herkunft). sicher u. gut an diese meine Vaterstadt, an dieses verdammte Opperettenmaß, gebunden, u. bloß, wenn sich mir in Berlin soetwas wie eine Chance bieten würde, könnte ich mich auf die Bahn setzen. Du weißt, (hab ich Dir’s nicht schon geschrieben?) ich bin eben daran ein Drama zu beendenArthur Holitscher arbeitete an einer ersten Fassung seines Dramas „Der Golem“ (1908), die er Wedekind einige Monate später zu lesen gab [vgl. Wedekind an Arthur Holitscher, 2.4.1907].. Nun, vielleicht reißt mich Das heraus! Für alle Fälle bewahre mir Dein Wolwollen, lieber Freund; ich leseArthur Holitscher dürfte in Budapest im international verbreiteten „Berliner Tageblatt“ die Meldungen gelesen haben, Max Reinhardt werde an den Kammerspielen des Deutschen Theaters in Berlin „Die Büchse der Pandora“ aufführen – „In den Kammerspielen des Deutschen Theaters [...] war als [...] Aufführung eine neue Bühnenbearbeitung von Frank Wedekinds ‚Büchse der Pandora‘ geplant. Nach einer Verständigung mit der Zensurbehörde kann eine öffentliche Aufführung dieses Dramas nicht stattfinden. Infolgedessen wird dieses Werk außerhalb der acht Abonnementsvorstellungen vor geladenen Gästen, und zwar lediglich vor Mitgliedern der Gesellschaft für Kammerspiele ausgeführt werden.“ [Berliner Tageblatt, Jg. 35, Nr. 501, 2.10.1906, Abend-Ausgabe, S. (2)] – und darüber hinaus die Kindertragödie (bis dahin noch nicht aufgeführt): „Eine schwierige Ausgabe hat sich die Direktion des Deutschen Theaters gestellt. Sie schreibt uns: ‚Als zweite Premiere für die Abonnementsvorstellungen der Kammerspiele des Deutschen Theaters [...] ist Frank Wedekinds Kindertragödie ‚Frühlingserwachen‘ vorgesehen. Der Dichter hat dies Werk für die Aufführung der Kammerspiele neu bearbeitet.‘ Wer diese Tragödie kennt – neben dem ‚Liebestrank‘ und einigen Erzählungen wohl die hervorragendste Schöpfung Frank Wedekinds! – der weiß, daß sich ihrer Darstellung fast unüberwindliche Hindernisse entgegentürmen. Man darf gespannt sein, wie der Dichter bei seiner Neubearbeitung und der Regisseur bei der Einstudierung des Werkes, das entscheidende Erlebnisse der heranwachsenden Jugend behandelt, sich mit diesen Hindernissen abfinden werden.“ [Wedekinds „Frühlingserwachen“ auf der Bühne. In: Berliner Tageblatt, Jg. 35, Nr. 517, 11.10.1906, Morgen-Ausgabe, S. (2)] mit großer Genugtuung alle die Taten, | die für Dich jetzt bei Reinhardt u. ailleurs(frz.) woanders. getan werden u. beiße in die Kissen, da ich nicht mit dabei sein darf. Der Corona(lat.) Krone; gemeint ist: Korona = fröhliche Runde (umgangssprachlich), hier: der gemeinsame Berliner Bekanntenkreis. meinen Gruß! Deiner Frau meine ergebensten Empfehlungen. Dir aber, Teurer, alles Schöne u. Freundschaftliche von Deinem
Arthur Holitscher

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Kopierstift.
Schriftträger:
Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 11 x 17,5 cm. Gelocht.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Budapest
    19. Oktober 1906 (Freitag)
    Sicher

  • Absendeort

    Budapest
    Datum unbekannt

  • Empfangsort

    Berlin
    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Münchner Stadtbibliothek / Monacensia

Maria-Theresia-Straße 23
81675 München
Deutschland
+49 (0)89 419472 13

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Nachlass Frank Wedekind
Signatur des Dokuments:
FW B 71
Standort:
Münchner Stadtbibliothek / Monacensia (München)

Danksagung

Wir danken der Münchner Stadtbibliothek / Monacensia für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Arthur Holitscher an Frank Wedekind, 19.10.1906. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Ariane Martin

Zuletzt aktualisiert

21.06.2024 14:15