Bière 24 Juillet
Mein Lieber
Dein Brief von Dienstagnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Moritz Dürr, 22.7.1884. ist mir soeben Mittags überreicht worden &
und beeile ich mich trotztSchreibversehen, statt: trotz.
der 5 Minuten Zeit die man über Mittag blos hat Dir bewußtes zu
senden. Leider kann ich ihn jetzt nicht genügend beantworten da ich den Brief
kaum mit dem Mi/E/ssen hinuntergeschlukt istSchreibversehen: Konstruktionswechsel. & ihn noch lange nicht verdaut habe. Was d/D/u
betreff der Genferreise
bemerkt finde ich ganz richtig & hätt ich es im gleichen Falle ebenso. Ich
wäre nur insofern mit Dir gekommen um Dir als Vorwand zu dienen, da du einigen
Anstand nahmest | allein hinzugehen. Die Adressen sind
folgende
Herr N. Schärrersunsichere Lesart; nicht identifiziert. Bekannt war Wedekind mit der Familie Schärer (Scherer) wohl durch Emilie Scherer, für die er ehemals geschwärmt hatte [vgl. Fritz Rauber an Wedekind, 12.9.1883].,
Rue Beauregard no
1Adresse im Zentrum Genfs in unmittelbarer Nähe der Universität. Die Familie Schärer betrieb hier eine Pension, wie aus Zeitungsanzeigen hervorgeht: „Belles chambres meublées avec ou sans pension; prix modéré. S’adresser chez Madame Schærer rue Beauregard 1. 1262“ (Schön eingerichtete Zimmer mit oder ohne Verpflegung; moderate Preise. Kontakt Madame Schærer, rue Beauregard 1. 1262) [La Tribune de Genève, Jg. 8, Nr. 37, 13.2.1886, Ausgabe 4, (S.) 4].
Gaudard, Cours de
Rive 15Adresse im Zentrum Genfs, etwa 15 Minuten Fußweg von der Universität entfernt. Im Cours de Rive 15 (oder 16) in Genf dürfte das Ehepaar Emil und Magdalena Gaudard-Dürst gewohnt haben. Zusammen mit seinem Schwager Sebastian Dürst, später allein, betrieb Emil Gaudard ein Geschäft für Modewaren in Genf und Lenzburg [vgl. Neues vollständiges HANDELS- UND GEWERBE-ADRESSBUCH nebst ORTSLEXIKON der gesammten Schweiz, Zürich 1877, S. 24]. Die Tochter Blanche Zweifel-Gaudard – sie hatte das Lehrerinnenseminar in Aarau besucht [vgl. Fünfter Jahresbericht über das Töchterinstitut und Lehrerinnenseminar Aarau. Schuljahr 1877/78, S. 6] – war eine Freundin von Wedekinds Cousine Minna von Greyerz und seit 1882 verheiratet mit dem Lenzburger Kolonialwarenhändler Adolf Zweifel; Sohn Jules Gaudard besuchte das Gymnasium der Kantonsschule Aarau [vgl. Programm der Aargauischen Kantonsschule. Aarau 1883, S. 11 und 1884, S. 15] und hielt sich in den Sommerferien 1884 ebenfalls in Genf auf. Während seines Medizinstudiums ab 1885 ist er zunächst am Cours de Rive 15, ab 1886 ebenda Hausnummer 16 gemeldet [vgl. Liste Des Autorités, Professeurs, Ètudiants Et Assistants De L’Universitè De Genève Semestre D’Éte 1884-85, Genf 1885, S. 20; 1885-86, Genf 1886, S. 21] Mary Gaudard, auswärtiges Mitglied des Lenzburger Freundschaftsbundes Fidelitas, heiratete den Kaufmann Clemens Wehner in Leipzig. – Friedrich Wilhelm Wedekind empfahl seinen Söhnen Frank und Willy den Besuch der Familie Gaudard in Genf [Friedrich Wilhelm Wedekind an Frank Wedekind, 24.7.1884].
Den Weg wird/kann/ Dir jeder x beliebige sergent de ville(frz.) Stadtpolizist.
schon zeigen. Nun ge/zi/ehe mit Gott dahin a/A/lle meine besten
Wünsche begleiten Dich. Ich wage nicht Dich dann nachher um ei/we/nige
Nachrichten nachher zu bitten ich kann nur hoffen & auf Deine Herzensgüte bauen
wider bauen. Ich bin wirklich so neugierig wie Du selbst. Für Deine lieben
tröstenden BriefSchreibversehen, statt: Briefe. Nicht überliefert; erschlossene Korrespondenzstücke Wedekind an Moritz Dürr, 15.7.1884 und Wedekind an Moritz Dürr, 22.7.1884., die
mir immer so wonnevolle Augenblicke in diesen sauren WochenGemeint ist die Zeit während der Rekrutenschule in der Kaserne von Bière, die Moritz Dürr vom 24.6. bis 19.8.1884 absolviert haben dürfte [vgl. Neue Zürcher Zeitung, Jg. 64, Nr. 21, 21.1.1884, Zweites Blatt, Beilage zu Nr. 21, S. (1)]. bereiten, mein innigsten Dank. Dein
Dir
ganz ergebener Moriz.