Sehr geehrter Herr DoktorDr. jur. Fritz Braumüller, Dramaturg am Münchner Schauspielhaus [vgl. Neuer Theater-Almanach 1904, S. 441], der 1. Vorsitzende der Münchener Dramatischen Gesellschaft. Insofern galt: „Alle die Gesellschaft betreffenden Anfragen und Mitteilungen sind an Herrn Dr. Braumüller, Adelgundenstraße 34, zu richten.“ [Münchner Dramatische Gesellschaft. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 55, 4.2.1904, Vorabendblatt, S. 3f.] Einige Wochen später wurde Fritz Braumüller von Michael Georg Conrad abgelöst: „Die Gesellschaft teilt uns mit, daß neben Dr. Fritz Braumüller, der das Amt des zweiten Vorsitzenden nach wie vor beibehält, Dr. Michael Georg Conrad erster Vorsitzender geworden ist.“ [Münchner Dramatische Gesellschaft. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 238, 22.5.1904, S. 5]!
Darf ich Sie höflichst ersuchen, den geehrten Herren
Mitgliederndie Vorstandsmitglieder Edgar Steiger, Julius Nassauer, Kurt Aram, Fritz Basil, Hermann Bischoff, Michael Georg Conrad, Georg Hirth, Albert Langen, Hermann Popp, Alexander Salzmann, Karl Schüler, Bernhard Stavenhagen; der Vorstand der Münchener Dramatischen Gesellschaft setzte sich bei seiner konstituierenden Sitzung am 1.12.1903 „zusammen aus Dr. jur. Fritz Braumüller, Regisseur und Dramaturg am Münchener Schauspielhaus, erster Vorsitzender und provisorischer Schriftführer [...]; Edgar Steiger, zweiter Vorsitzender; Julius Nassauer, Schatzmeister; Kurt Aram; Friedr. Basil, Hofschauspieler und Regisseur; Hermann Bischoff, Komponist; Dr. Michael Georg Conrad; Dr. Georg Hirth; Albert Langen, Verleger; Dr. Hermann Popp, Kunsthistoriker; Alexander Salzmann, Kunstmaler; Karl Schüler, Hofbuchhändler; Bernhard Stavenhagen, Hofkapellmeister und Direktor der kgl. Akademie der Tonkunst, Beisitzer.“ [Allgemeine Zeitung, Jg. 106, Nr. 346, 14.12.1903, 3. Abendblatt, S. 3] Die erste von diesem Verein organisierte Vorstellung fand am 11.2.1904 statt, die zweite am 29.3.1904 (die geschlossene „Büchse der Pandora“-Vorstellung). Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, „erstens junge, noch unbekannte Autoren, deren Werke Anspruch auf literarische Wertung erheben können, zu Worte kommen lassen und zweitens solche Dramen zur Aufführung bringen will, denen aus irgend welchen Gründen, nicht lediglich auf Grund eines zu befürchtenden oder schon bestehenden Zensurverbotes, die hiesigen Bühnen verschlossen blieben.“ [Dramatische Gesellschaft. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 56, Nr. 555, 27.11.1903, Vorabendblatt, S. 3] der „Dramatischen Gesellschaft“ meinen aufrichtigen herzlichsten
Dank dafür aussprechen zu wollen, daß sie durch eine künstlerisch würdige und
im ganzen wohl auch trefflich gelungene AufführungWedekind notierte am 29.3.1904: „Aufführung der Büchse der Pandora in München.“ [Tb] Das war eine einmalige geschlossene Vorstellung im Münchner Schauspielhaus, ein Gastspiel des Nürnberger Intimen Theaters, veranstaltet von der Münchener Dramatischen Gesellschaft, wie kurzfristig bekannt gemacht worden war: „Wie wir erfahren, veranstaltet die Münchner ‚Dramatische Gesellschaft‘ Anfang nächster Woche im Schauspielhause eine Subskriptionsvorstellung, in welcher Frank Wedekinds ‚Büchse der Pandora‘ durch das Ensemble des ‚Intimen Theaters‘ in Nürnberg zur Aufführung gelangt.“ [Dramatische Gesellschaft. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 141, 24.3.1904, Morgenblatt, S. 3] Hanns von Gumppenberg berichtete: „Im Schauspielhause fand gestern Frank Wedekinds dreiaktige Tragödie ‚Die Büchse der Pandora‘ in der durch die Münchner Dramatische Gesellschaft veranstalteten Subskriptionsvorstellung des Nürnberger Intimen Theaters eine scharf geteilte Aufnahme. Der Kampf der Parteien artete zuletzt in einen Theaterskandal erster Güte aus, doch dankte Wedekind mehrmals mit den Darstellern für den durch ein wahres Pfeifkonzert bestrittenen Applaus.“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 151, 30.3.1904, Morgenblatt, S. 4] Otto Julius Bierbaum berichtete nicht nur von „Zischen und Pfeifen“, sondern auch von Husten: „Man hat versucht, das Stück auszuhusten. [...] Das Aushusten ist eine heimtückische Technik, sein Mißfallen zu bezeigen, denn es fehlt ihr die Aufrichtigkeit. Wer pfeift, tut offen kund, daß ihm das Stück nicht paßt; [...] wer aber geflissentlich immer dann Hustenanfälle heuchelt, wenn die Situation des Stückes leises Sprechen der Darsteller erfordert (wie es am 29. März offenbar systematisch betrieben wurde), handelt hinterhältig und unanständig.“ [Otto Julius Bierbaum: Eine neue Technik. In: Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 57, Nr. 159, 4.4.1904, S. 1f.] der „Büchse der Pandora“ das
lebhafte Interesse einer zahlreichen, erlesenen Zuhörerschaft auf meine Arbeit
lenkten und mir dadurch Gelegenheit boten, Richtigkeit ober Unrichtigkeit eines
dramatischen Problems an dem lebendigen Eindruck des gesprochenen Wortes zu
prüfen. Ich würde es ungemein bedauern, wenn die „Dramatische Gesellschaft“
vielleicht insofern keinen Dank für ihr Unternehmen erntete, als von mancher
Seiteeinige Theaterkritiker [vgl. KSA 3/II, 1256f.]. die Tatsache verkannt wurde, daß es sich bei dieser Aufführung unmöglich
um eine unbestreitbar bühnenfähige Darbietung handeln konnte, da das
unbestreitbar Bühnenfähige ja mit größter Bereitwilligkeit von unseren
öffentlichen Bühnen zur Aufführung gebracht wird, sondern daß gerade das
Problematische meiner Arbeit der „Dramatischen Gesellschaft“ Anlaß dazu gab,
das Stück zur Darstellung zu bringen. Ich habe auch die Zuversicht, daß dieser
Gesichtspunkt allmählichim Druck in der „Münchener Zeitung“ (9.4.1904): allmählich wieder. von jedermann bei Beurteilung Ihres Unternehmens
eingenommen werden wird, und gebe mich der Hoffnung hin, daß die „Dramatische
Gesellschaft“, wenn nicht augenblicklich so doch später, ohne Bedauern auf
diese Aufführung zurückblicken werde.
Indem ich Sie noch einmal meines herzlichsten Dankes
versichere, bitte ich Sie, den Ausdruck meiner größten Hochschätzung
entgegenzunehmen.
Frank
Wedekind.