Sehr verehrter Herr JeßnerLeopold Jessner in Hamburg (Hansastraße 78) war Oberregisseur am Hamburger Thalia-Theater [vgl. Neuer Theater-Almanach 1911, S. 476].!
Ihre Nachrichtnicht überliefert; erschlossenes Korrespondenzstück: Leopold Jessner an Wedekind, 29.9.1910. trifft mich eben im Begriff nach BerlinWedekind notierte am 30.9.1910: „Fahrt nach Berlin.“ [Tb] zu
den Proben von LiebestrankProben für die Premiere seines Schwanks „Der Liebestrank“ (1899) am Kleinen Theater (Direktion: Victor Barnowsky) in Berlin (zusammen mit dem Einakter „Die Zensur“ aufgeführt) notierte Wedekind im Tagebuch am 4.10.1910 („Probe von Zensur und Liebestrank“) und 5.10.1910 („Generalprobe von Zensur und Liebestrank“), dann am 6.10.1910 die Premiere seines Gastspiels („Premiere von Zensur und Liebestrank“), das bis zum 19.10.1910 dauerte; er reiste am 20.10.1910 zurück nach München. zu fahren. Ich werde in Berlin wahrscheinlich in
einer PensionWedekind, der in einem Brief „Schiffbauerdamm 6“ [Wedekind an Alfred Holzbock, 5.10.1910] als Adresse angab, logierte demzufolge in Berlin im Orient-Hotel (Schiffbauerdamm 6/7) [vgl. Berliner Adreßbuch 1911, Teil I, S. 2125; Teil IV, S. 187]; das Haus, in dem sich das Hotel befand, gehörte dem Neuen Theater. wohnen. Sollten Sie nach Berlin kommen, dann würde ich Sie
bitten im Kleinen Theaterim Kleinen Theater in Berlin (Unter den Linden 44) [vgl. Berliner Adreßbuch 1911, Teil I, S. 1396]. zu fragen. Sonst Übrigens theile ich | IhnenHinweis auf eine nicht überlieferte Mitteilung; erschlossenes Korrespondenzstück: Wedekind an Leopold Jessner, 1.10.1910. meine
Adresse morgen Abend von Berlin aus mit.
Wenn Sie am 4am 4.10.1910; die Presse meldete (im Vorabendblatt einen Tag vordatiert) die Ankunft von „Oberregisseur Leopold Jeßner, Hamburg“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 63, Nr. 465, 5.10.1910, Vorabendblatt, S. 5] an diesem Tag in München im Hotel Deutscher Kaiser. nach München kommen, dann würde ich Sie
bitten, mit Herrn Bernhart RehseBernhart Rehse, als Schriftsteller in München-Gräfelfing verzeichnet [Kürschers Deutscher Literatur-Kalender auf das Jahr 1911, Teil II, Sp. 1340], wohnte als Redakteur ausgewiesen in Gräfelfing (Bahnhofstraße 91) [vgl. Adreßbuch für München 1911, Teil I, S. 476; Vororts-Adreßbuch, S. 19]., RubinverlagDer Rubinverlag in München (Goethestraße 49) war ein Theaterverlag (Inhaber: Wilhelm Köhler) [vgl. Adreßbuch für München 1911, Handels- und Gewerbe-Adreßbuch, S. 45], auch Köhler’s M. & W. Rubinverlag München [vgl. Adreßbuch für München 1911, Teil I, S. 304, 507], der offenbar den Bühnenvertrieb für den Georg Müller Verlag bearbeitete und Bernhart Rehse dort beschäftigt war., Göthestraße 49 zu sprechen. Ich
habe eine neue AusgabeWedekinds Tragödie „Die Büchse der Pandora“ (1903) erschien nach den Zensurprozessen 1905/06 in überarbeiteten Ausgaben, hier: „Die Büchse der Pandora. Tragödie in drei Aufzügen von Frank Wedekind. Vom Autor hergestellte Bühnenbearbeitung mit einem Prolog. Siebte Auflage. München und Leipzig bei Georg Müller 1911“ [KSA 3/II, S. 868], die erst im Jahr darauf im Georg Müller Verlag in München herauskam [vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Jg. 78, Nr. 129, 7.6.1911, S. 6813]. „Diese Auflage [...] enthält erstmals den ‚Prolog in der Buchhandlung‘.“ [KSA 3/II, S. 868] Leopold Jessner inszenierte die Tragödie nach dieser Fassung am Hamburger Thalia-Theater (Premiere: 23.4.1911) [vgl. KSA 3/II, S. 1274]; die Presse vermerkte: „Wedekind hat eine neue Bearbeitung hergestellt und in ihr alles sorgfältig vermieden, was die letzte Instanz, das Berliner Landgericht II [...] als unzulässig [...] erachtet hatte. Und in dieser Form, allerdings mit weiteren Kürzungen und Milderungen, brachte gestern das Thalia-Theater die Büchse der Pandora zu einer ersten Aufführung in Hamburg. [...] Herr Jeßner verdiente vollauf die Hervorrufe, die ihn am Schlusse auszeichneten.“ [H.O.: Thalia-Theater. Die Büchse der Pandora. Tragödie von Frank Wedekind. In: Neue Hamburger Zeitung, Jg. 16, Nr. 190, 24.4.1911, Abend-Ausgabe, S. (1-2)] der Pandora veranstaltet, in der sich kaum ein Wort
mehr findet, an dem die Zensur Anstoß nehmen könnte. Sodann | ist alles
literarisch polemische daraus weggelassen, was ja auch künstlerisch nur von übel
war. Außerdem enthält die Bearbeitung eine Anzahl Regiebemerkungen und einen „Prolog
in der BuchhandlungWedekinds Szene „Prolog in der Buchhandlung“ [KSA 3/I, S. 549-552] wurde erst einige Wochen später im „Pan“ veröffentlicht [vgl. Frank Wedekind: Prolog in der Buchhandlung. Zur „Büchse der Pandora“. In: Pan, Jg. 1, Nr. 2, 15.11.1910, S. 42-46]; sie wurde im Rahmen der Inszenierung am Thalia-Theater (siehe oben) von Leopold Jessner nicht aufgeführt, auch nicht in anderen „Büchse der Pandora“-Inszenierungen [vgl. KSA 3/II, S. 1206]. Wedekind hat im Typoskript „Prolog in der Buchhandlung“ (1910) „Hinweise zur Kostümierung der Sprecher und zur Szenerie verzeichnet“ [KSA 3/II, S. 867], die im Erstdrucke der Szene im „Pan“ nicht übernommen sind.“ der sehr leicht darzustellen ist.
Es thut mir ungemein leid, Sie in München nicht bei mir
sehen zu können. Meine Frau und mein Kind fahren auch mit nach Berlin. Dagegen
hoffe ich sehr auf eine | recht baldige andere Begegnung.
In vorzüglicher Hochschätzung
mit herzlichem Gruß
Ihr
Frank Wedekind
München 30.9.10.
Prinzregentenstraße 50.