Münchener Schauspielhaus.
Sehr geehrter Herr Bjoernson,
mit gleicher Post sende ich Ihnen meine „Junge Welt“ und in
einigen Tagen, sobald ich die Exemplare erhalten, werde ich Ihnen auch mein „Frühlings
Erwachen“ schicken. Ich füge diesen Zeilen meine besten | Wünsche
bei und freue mich, dass der Eindruck, den mir die Vorstellung der „Johanna“Die deutschsprachige Erstaufführung des Stückes war zunächst für den 16.8.1898 angesetzt, an ihr sollte Bjørn Bjørnson teilnehmen [vgl. „Björn Björnsons ‚Johanna‘“, in: Berliner Tageblatt, Berlin, Jg. 27, Nr. 391, 4.8.1898, Abend-Ausgabe, S. 3]. Die Premiere unter der Leitung von Ernst von Possart im Königlichen Residenztheater in München fand jedoch erst am 24.8.1898 statt [vgl. „‚Johanna‘, Schauspiel von Björn Björnson“, in: Allgemeine Zeitung, München, Jg. 101, Nr. 234, 25.8.1898, Abendblatt, S. 1-2]. Für die Aufführung am Deutschen Theater in Berlin am 31.8.1898 mussten nach Vorgabe der polizeilichen Zensur diverse Streichungen vorgenommen werden [vgl. „Die censurirte ‚Johanna‘“, in: Berliner Tageblatt, Berlin, Jg. 27, Nr. 439, 30.8.1898, Abend-Ausgabe, S. 3]. Vgl. hierzu auch Wedekinds Brief an Beate Heine vom 27.7.1898. hinterlassen, in München der allgemeine ist, dass das Drama ausser seiner
geistigen Bedeutung eine sehr starke Tragfähigkeit besitzt. Sie haben
jedenfalls in Berlin schon eine unvergleichlich nervösere durchgeistigtere
Auffassung vorgefunden. | Dabei habe ich die Überzeugung, dass sich keine
moderne Heroine die Rolle der Johanna entgehen lässt.
Ich bitte Sie, mich Ihrer verehrten Frau Gemahlin bestens zu
empfehlen und bin mit herzlichem Gruss
Ihr ergebener
Frank Wedekind.
München 29. August 98.