Mein lieber Freund!
In aller Eile und entsprechender Kürze die
Mitteilung, daß ich am 31 Juli nächsthin mit meiner lieben Braut die
langersehnte HochzeitDie Heirat von Heinrich Welti und Emilie Herzog – nur sie ist in Berlin wohnend verzeichnet (Lützowstraße 20) [vgl. Berliner Adreß-Buch für das Jahr 1890, Teil I, S. 463] –am 31.7.1890 war zunächst in den „Münchner Neuesten Nachrichten“ (im Vorabendblatt einen Tag vordatiert) angezeigt: „Frl. Emilie Herzog, welche allen Münchnern von ihrer hiesigen Thätigkeit am Hoftheater noch in bester Erinnerung steht, hat sich mit Herrn Musikschriftsteller Dr. Heinrich Welti vermählt. Unsere herzlichsten Glückwünsche!“ [Münchner Neueste Nachrichten, Jg. 43, Nr. 347, 1.8.1890, Vorabendblatt, S. 4], dann in Berlin: „Fräulein Emilie Herzog vom Königlichen Opernhause hat sich, wie wir den ‚Münch. N. N.‘ entnehmen, mit Herrn Musikschriftsteller Dr. Heinrich Welti vermählt.“ [Berliner Börsen-Zeitung, Nr. 355, 1.8.1890, Morgen-Ausgabe, S. 9] feiere. In steter Erinnerung an die Freundschaft und
Teilnahme, die Du mir gerade zur Zeit meiner VerlobungWedekind hat über die Beziehung des Freundes zur Verlobten am 1.6.1889 in Berlin die Äußerung der gemeinsamen Bekannten Anna Spichart über Heinrich Welti notiert: „Er werde eben immer der Mann seiner Frau bleiben.“ [Tb] Und am 28.8.1889 in München hat er über Heinrich Welti festgehalten: „Es scheint das in seiner Bestimmung zu liegen, nicht nur der Mann seiner Frau zu sein sondern geradezu ihr Laufbursche. Er fühlt sich offenbar glücklich in dieser Rolle.“ [Tb] und in den schweren
Stunden & Tagen, die ihr vorangingen, bewiesen hast, wird es mir unmöglich,
Dir die endliche Erfüllung unsrer Wünsche nur durch eine gedruckte Karte
kundzutun. Freilich lassen mich die Geschäfte, die ein solches Fest mit sich
bringt, auch nicht zu einem | Briefe ankommen, sonst hätt’ ich Dir
vielerlei zu sagen und tausenderlei zu fragen. Ich
hoffe, diese Fragen aber, falls Du noch in München weilstDie aus Berlin über Lenzburg versandte Briefkarte dürfte Wedekind in München erreicht haben, wo er seinerzeit noch wohnte., Mitte August
selbst stellen zu können & bitte Dich nur um Deine Adresse, damit wir Dir
Bericht geben können, wenn wir an der Isar das Ende unsrer Ferien verbummeln.
Wir denken vom 18 ‒ 25 August
uns dort aufzuhalten. Emilie grüßt Dich bestens und hofft, wie ich, daß wir
Dich gesund und froher Laune treffen. Da ich gar nicht weiß, wo Du steckst send’
ich dies Kärtchen nach Lenzburg; Deine Frau Mutter, der wir uns bestens
empfehlen, wird dann wohl die Güte haben, es an die richtige Adresse zu
befördern
Mit bestem Gruß in alter Treue
Dein Heinrich Welti
26 Juli 1890.