Hochgeehrter Herr Brandes,
ich nehme mir die Ehre, Ihnen mit
gleicher Post meinen AufsatzBeilage war Wedekinds Aufsatz über Henrik Ibsen [vgl. KSA 5/II, S. 131-144, 176-188], der zwölf Jahre zuvor in vier Folgen in der „Neuen Zürcher Zeitung“ erschienen ist [vgl. Frank Wedekind: Schriftsteller Ibsen („Baumeister Solneß“). In: Neue Zürcher Zeitung, Jg. 116, Nr. 243, 2.9.1895, Morgenblatt, S. (1-2); Nr. 244, 3.9.1895, Morgenblatt, S. (1-2); Nr. 245, 4.9.1895, Morgenblatt, S. (1-2); Nr. 246, 5.9.1895 Morgenblatt, S. (1-2)]. Wedekind dürfte allerdings die Zweitfassung versandt haben, den Nachdruck in der „Fackel“ [vgl. Frank Wedekind: Schriftsteller Ibsen und „Baumeister Solneß“. Ein kritischer Essay. In: Die Fackel, Jg. 8, Nr. 205, 11.6.1906, S. 5-20], den er Georg Brandes eines Vortrags wegen später dann nochmals zu senden versprach [vgl. Wedekind an Georg Brandes, 6.4.1908]. über Baumeister Solnes zu übersenden. Heute würde
ich den Aufsatz voraussichtlich in weniger anmaßendem | Tone schreiben, aber
vor zwölf Jahren empfand ich es als meine Pflicht, die Blicke auf mich zu
lenken. Das nordische Buchnicht ermittelt., von dem Sie an jenem Abendam 14.3.1907 in Berlin, ein festliches Abendessen im Palast-Hotel (Königgrätzer Straße 130/131) [vgl. Berliner Adreßbuch 1907, Teil I, S. 1750], zu dem Artur Landsberger (der zukünftige Schriftleiter der wenig später gegründeten Zeitschrift „Morgen“, die Georg Brandes dann mitherausgab) eingeladen hatte, wie Wedekind notierte: „Dr. Landsberger giebt ein Diner mit Georg Brandes dessen Tochter Frau Philipp Herrn Philipp, Harden, Tilly und mir im Palasthotel.“ [Tb] sprachen, habe ich noch
nicht kennen gelernt, da ich den Titel vergessen habe, werde mich aber nächster
Tage bei Frau PhilippEdith Philipp (geb. Brandes), die ältere Tochter von Georg Brandes, verheiratet mit dem Kaufmann Reinhold Philipp, mit dem sie in Berlin (Prinzenstraße 96) [vgl. Berliner Adreßbuch 1907, Teil I, S. 1798] lebte; beide waren am Abend des 14.3.1907 (siehe oben) ebenfalls Gäste. nach dem Titel | erkundigen. An den schönen Abend im
Palasthotel denke ich mit großer Freude zurück und darf vielleicht hoffen, daß
es mit der einmaligen BegegnungWedekind hat den berühmten dänischen Literarhistoriker und Kulturkritiker Georg Brandes, Professor für Philosophie in Kopenhagen, dem vorliegenden Brief zufolge am Abend des 14.3.1907 (siehe oben) persönlich kennengelernt. nicht sein Bewenden haben möge.
Meine Frau bittet mich besondersMaximilian Harden hatte Wedekind daran erinnert, dass seine Frau Tilly sich an jenem Abend des 14.3.1907 (siehe oben) offenbar mit Georg Brandes nett unterhalten hat [vgl. Maximilian Harden an Wedekind, 25.3.1907].,
Ihnen ihre | Empfehlung auszusprechen.
Mit ergebensten Grüßen
Ihr
Frank Wedekind.
Kurfürstenstraße 125.
28. März 1907.