Kennung: 1585

Lenzburg, 24. Oktober 1895 (Donnerstag), Brief

Autor*in

  • Wedekind, Frank

Adressat*in

  • Bodmer, Hans

Inhalt

Herrn Dr. Hans Bodmer, Präsident des Lesezirkels „Hottingen“
Zürich


Sehr geehrter Herr Doctor,

erlauben Sie mir die ergebenste Anfrage, ob es möglich wäre, vor den geehrten Mitgliedern des „Lesezirkels HottingenDer Hottinger Lesezirkel wurde am 4.11.1882 durch Wilfried Treichler und Hans Bodmer gegründet und bestand bis 1939. Neben der unentgeltlichen Verbreitung von Literatur unter allen Bevölkerungsschichten organisierte der weithin bekannte Verein ein umfangreiches Vortragsangebot angesehener Intellektueller. Seit 1893 gehörte Hottingen zur Stadt Zürich.einen dramatischen VortragWedekind hielt seinen Vortrag unter dem Namen Cornelius Mine-Haha wahrscheinlich am 28.10.1895, vgl. die Postkarte an seine Mutter vom 29.10.1895. Die Presse urteilte über den Auftritt: „Ungekünstelt, ohne den mindesten Anklang an Deklamation, zauberte der eigenartige Künstler [… ] die Illusion der Wirklichkeit so lebensvoll hervor, daß man nur bewundernde Anerkennung über ihn aussprechen hörte.“ [Neue Zürcher Zeitung, Tages Anzeiger für Stadt und Kanton Zürich, Nr. 259, 4.11.1895; zitiert nach Vinçon 2021, Band 2, S. 172f.] Gespenster von H. Ibsen, zu halten. Über die Bedingungen würden wir uns ohne Schwierigkeiten einigen. Ich bin eben noch im Begriff mit derartigen Vorträgen zu beginnen, und würde es Ihnen überlassen, ein beliebiges Entrée zu bestimmen, das die Kosten des Abends einbringen könnte. Die Zwischenakte des Stückes lasse ich durch dem Stoff angepaßte Klaviervorträge, wenn möglich Piècen von Greeg1895 erschien das siebte von zehn Heften der „Lyrischen Stücke“ Griegs., ausfüllen. Ich würde Sie dabei nur um die Erlaubniß bitten, unter einem beliebigen angenommenen NamenWedekind trat in Zürich als Rezitator unter dem Namen Cornelius Mine-Haha auf. auftreten zu dürfen, indem ich meinen Schriftstellernamen gern von meiner Thätigkeit als Recitator getrennt halten möchte.

Was meine Person und meine künstlerische Befä|higung betrifft, so darf ich Sie bitten, sich bei Herrn Schriftsteller Karl Henckell oder bei der Neuen Zürcher Zeitung, speciell bei Herrn Dr. BiseggerWalter Bissegger war von 1885 bis 1915 Chefredakteur der „Neuen Zürcher Zeitung“., erkundigen zu wollen. Ihre geschätzte Entgegnung ersuche ich Sie, mir hierher zukommen zu lassen. Sollten Sie geneigt sein, auf meinen Vorschlag einzugehen, so würde ich zur persönlichen Besprechung nach Zürich kommen.

Mit der Bitte, die Versicherung meiner vorzüglichsten Hochschätzung entgegen nehmen zu wollen
ergebenst
Frank Wedekind.


Lenzburg, Aargau. 24. October 95.

Einzelstellenkommentare

Materialität des Dokuments

Bestehend aus 2 Blatt, davon 2 Seiten beschrieben

Schrift:
Kurrent.
Schreibwerkzeuge:
Feder. Tinte.
Schriftträger:
Liniertes Papier. Doppelblatt. Seitenmaß 22,5 x 29 cm.
Schreibraum:
Im Hochformat beschrieben.
Sonstiges:
Unter dem Brief notierte Bodmer: „Beantw. am 9. Nov. 1895.“ Auf der Rückseite ist ein Zuordnungsvermerk von fremder Hand notiert: „Akten der Literar-Kommission“.

Datum, Schreibort und Zustellweg

  • Schreibort

    Lenzburg
    24. Oktober 1895 (Donnerstag)
    Sicher

  • Absendeort


    Datum unbekannt

  • Empfangsort


    Datum unbekannt

Informationen zum Standort

Staatsarchiv des Kantons Zürich

Winterthurerstraße 170
8057 Zürich
Schweiz
https://staatsarchiv.zh.ch/internet/justiz_inneres/sta/de/home.html

Informationen zum Bestand

Name des Bestandes:
Lesezirkel Hottingen
Signatur des Dokuments:
StAZH W I 30.18.1
Standort:
Staatsarchiv des Kantons Zürich (Zürich)

Danksagung

Wir danken dem Staatsarchiv des Kantons Zürich für die freundliche Genehmigung der Wiedergabe des Korrespondenzstücks.

Zitierempfehlung

Frank Wedekind an Hans Bodmer, 24.10.1895. Frank Wedekinds Korrespondenz digital. https://briefedition.wedekind.fernuni-hagen.de (21.11.2024).

Status der Bearbeitung

In Bearbeitung
Zum Prüfen bereit
Freigegeben

Erstellt von

Cordula Greinert

Zuletzt aktualisiert

28.08.2024 12:01