Herrn
Dr. Eduard Brandes,
Kopenhagen.
Hochgeehrter Herr,
auf die freundlichen wohlwollenden Wortenicht ermittelt. hin, die Sie die
Güte hatten, vor etwa Jahresfrist | über meine Kindertragödie Frühlings
Erwachen im PolitikerGemeint ist die einflussreiche liberale dänische Tageszeitung „Politiken“ (dt.: „Die Politik“), die Edvard Brandes 1884 in Kopenhagen zusammen mit den Schriftstellern Viggo Hørup und Hermann Meyer Bing gegründet hatte. Der für das Feuilleton verantwortliche Brandes amtierte von 1901 bis 1904 als Chefredakteur des Blatts. erscheinen zu lassen, hat eine Dame in Paris, Mlle de
Némethy, das Buch im/n’s/ Dänische übersetztDie in Paris lebende Übersetzerin Emmy de Némethy hatte, wohl im Frühjahr 1893, zunächst eine Übersetzung von Wedekinds „Frühlings Erwachen“ (1891) ins Französische in Angriff genommen. Ein von Wedekind im Januar 1894 unternommener Versuch, die Übersetzung im Verlag von Albert Langen (damals Paris und Köln, später Leipzig, dann München) unterzubringen, scheiterte. Das Manuskript der französischen Übersetzung, von der unklar ist, ob sie vollendet wurde, ist ebenso verschollen, wie das der im vorliegenden Brief erwähnten dänischen. und die
Uebersetzung durch Vermittlung von Herrn Knut HamsunDer norwegische Schriftsteller Knut Hamsun und Wedekind hatten sich vermutlich im Januar 1894 in Paris kennengelernt, wo Hamsun mit Albert Langen über die deutsche Ausgabe seines Romans „Mysterier“ (1892) verhandelte, die im Frühjahr 1894 – als erstes Buch in Langens Verlag – erschien. Herrn Philippson in
KopenhagenGemeint ist Gustav Philipsen, der seit 1877 Mitinhaber des von seinem Vater gegründeten Verlags P. G. Philipsen (Kopenhagen) war, in dem von 1889 bis 1895 die Werke Knut Hamsuns erschienen. Die im Folgenden erwähnte Korrespondenz zwischen Wedekind und Philipsen ist nicht überliefert. angeboten. | Vor einigen Wochen frug ich bei Herrn Philippson nach
Ihrer Adresse an, da ich Ihnen für die freundliche Besprechung noch zu danken hätte
und es mir zur hohen Ehre anrechnen würde, wenn Sie mir erlauben wollten, Ihnen
das Buch in seiner Übersetzung zuzueignen. Herr Philippson schickte mir | das
Manuscript darauf zurück mit der Bemerkung dass er zu überhäuft von
Original-Werken sei, um Übersetzungen verlegen zu können.
Gestern traf ich in einer hiesigen Gesellschaftnicht ermittelt. Wedekind hielt sich von Ende Januar bis Mitte Juni 1894 in London auf. einen
dänischen Herrn, den Marinemaler Holst, der mir sagte, was ich auch ohnedem
hätte wissen | können, dass es keiner näheren Adresse bedarf, um Ihnen zu
schreiben. Erlauben Sie mir nun, Ihnen vor allem meinem/n/
schuldigen Dank auszusprechen und, für den Fall dass die Übersetzung dennoch
erscheinen sollte, Ihnen meine oben erwähnte Bitte vorzulegen.
Herr Hamsun hatte mir die Annahme | der Übersetzung durch Philippson als
ziemlich sicher hingestellt, so dass ich nicht wenig überrascht war auf meine
Anfrage hin das Manuscript zurück zu erhalten. Ein empfehlendes Wort von Ihnen,
geehrter Herr Doctor, würde vielleicht genügen, um Philippson oder einen
anderen Verleger für | die Herausgabe zu gewinnen. Neben der Huldigung, die ich
Ihnen so gerne von ganzem Herzen darbringen möchte, ist es auch die Schuld, in
der ich mich Mlle de Némethy gegenüber befinde, die mir den Muth giebt, mich
Ihnen in dieser Sache als Supplicant(lat./engl.) Bittsteller. zu nähern.
Ich bitte Sie ergebenst, | Herr Doctor, von meiner grössten
Hochschätzung und Verehrung überzeugt sein zu wollen.
London
25.5.94
Frank
Wedekind
13. Air
Street.
Piccadilly Circus.